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Full text of "Deutsches Badewesen in vergangenen Tagen : nebst einem Beitrage zur Geschichte der Deutschen Wasserheilkunde"

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MSfÖSIIEBTi-^^THE 


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http://www.archive.org/details/deutschesbadewesOOmart 


ALFRED  MARTIN 

DEUTSCHES  BADEWESEN 
IN  VERGANGENEN  TAGEN 


ALFRED  ^MARTIN  J 
^DEUTSCHES  BADEWESEN 
IN  VERGANGENEN  TAGEN 


NEBST  EINEM  BEITRAGE  ZUR  GESCHICHTE 
DER  DEUTSCHEN  WASSERHEILKUNDE 

MIT  159  ABBILDUNGEN  NACH  ALTEN  HOLZ- 
SCHNITTEN   UND    KUPFERSTICHEN 


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VERLEGT  BEI  EUGEN  DIEDERICHS  IN  JENA  1906 


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INHALTSVERZEICHNIS 

Seite 

Das  deutsche  Bad  von  der  Urzeit  bis  zur  Zeit  der  Karolinger     .    .  1 

Badebräuche,  die  dem  Urgermanentum  entstammen 10 

Baden  und  Schwimmen  unter  freiem  Himmel 39 

Die  ehehaften  Badestuben  und  das  Badergewerbe 64 

Die  privaten  Bäder 102 

Die  Vorgänge  in  den  öffentlichen  Badestuben 144 

Badeleben  im  späteren  Mittelalter  und  in  nachmittelaltedicher  Zeit  .  172 
Rückgang  und  Aufhören  der  öffentlichen  Badestuben,  Ersatz  derselben 

in  der  Neuzeit IQö 

Die  deutschen  Mineralbäder  im  Mittelalter  und  die  aus  diesem  in  die 

Neuzeit  hinübergenommenen  Badegebräuche 222 

Die  Gesundbrunnen   in  nachmittelalterlicher  Zeit  bis  zum  Dreißig- 
jährigen Kriege 272 

Die  deutschen  Mineralbäder   seit  dem  Dreißigjährigen  Kriege.     Die 

Wasserheilkunde 352 

Nachtrag 399 

Literatur 408 

Verzeichnis  der  Abbildungen 433 

Namenregister 439 

Ortsregister 445 


DAS  DEUTSCHE  BAD  /  VON  DER  URZEIT 
DER  KAROLINGER 


BIS  ZUR  ZEIT 


acitus  berichtet  uns  in  seiner  Germania,  „daß  die  Germanen  gleich 
nach  dem  Schlafe,  den  sie  meistens  bis  in  den  Tag  hinein  aus- 
dehnen, sich  öfters  baden  in  warmem  Wasser,  weil  bei  ihnen  die 
meiste  Zeit  über  Winter  ist"  '.  Weicher  Art  das  warme  Bad  war, 
können  wir  nur  vermuten.  Vielleicht  handelte  es  sich  um  ein 
Wasserbad,  das  durch  Hineinwerfen  von  heißen  Steinen  erhitzt 
wurde,  eine  Methode,  der  sich  Mitte  des  19.  Jahrhunderts  die 
Tiroler  an  der  Val-Sinistra-Quelle  in  Graubünden  noch  bedienten,  während  die  Ein- 
heimischen längst  mitgebrachte  Kessel  benutzten  2,  Die  Sprachwissenschaft  hat  uns 
jedoch  gezeigt,  daß  das  Wort  Stube,  das  erst  in  späterer  Zeit  für  ein  heizbares  Zimmer 
gebraucht  wird,  mit  dem  althochdeutschen  stiuban,  stioban  =  stieben  und  stoup  =  Staub, 
auch  stiebendes  Wasser  zusammenhängt  und  ursprünglich  eine  einfache  Vorrichtung 
zur  Erzeugung  von  Wasserdampf  bezeichnete.  Dann  ging  der  Name  auf  das  Badehaus 
über.  Die  Deutschheit  und  ursprüngliche  Bedeutung  dieses  gemein  germanischen 
Wortes,  das  nur  gotisch  nicht  überliefert  ist  (aber  altnordisch,  angelsächsisch,  althoch- 
deutsch vorkommt),  ist  völlig  sicher,  sagt  Moritz  Heyne  3.  Durch  Goten  und  Lango- 
barden kam  der  Name  nach  Italien  (stufa)  und  wurde  auch  von  den  Slaven  übernommen 
(litt,  stuba,  altslav.  istuba)  und  damit  auch  die  Einrichtung  der  Badestube. 

Die  erste  Erwähnung  findet  die  Badestube  in  den  alten  germanischen  Volksrechten. 
In  der  noch  zur  Merovingerzeit  entstandenen  Lex  Alemannorum  wird  die  Brandstiftung 
an  der  Stube  mit  der  an  Schaf-  und  Schweineställen  verglichen,  und  die  Lex  Bajuvariorum 
führt  als  Gebäude  für  sich  neben  Küche,  Backhaus  und  anderen  kleineren  Baulichkeiten 
den  balnearius*  auf.  Die  Badestube  war  demnach  ein  leicht  gebautes,  selbständiges 
Gebäude.    Ihre  Einrichtung  und  Benutzung  kennen  wir  jedoch  nicht. 

Dagegen  haben  wir  eine  Schilderung  der  ähnlich  gebauten  slavischen  Bäder  aus  älterer 
Zeit.  Der  jüdische  Arzt  Ibrahim-ibn-Jakub,  der  Q73  mit  einer  Gesandtschaft  des  Kalifen 
von  Corduwa  bei  Otto  I.  in  Merseburg  weilte,  besuchte  von  dort  aus  slavische  Länder, 
Mecklenburg  und  Böhmen.  Wo  er  beobachtete,  sagt  er  nicht,  sondern  hält  sich  im  all- 
gemeinen.   Sein  Bericht  lautet:  „Bäder  haben  die  Slaven  nicht,  aber  sie  machen  ein 

*  Der  balnearius  ist  ein  Gebäude  und  nicht,  wie  öfters  übersetzt  wurde,  der  Bademeister.    Dieser 
tritt  erst  später  auf. 

Martin,  Badewesen  1 


Die  slavischen  \  germanischen  und  finnisclien  Dampfbäder 


Abb.  1.  Porte  und  Badehaus  (rechts)  im  Kirchspiel  Pihtipudas,  Tavastland 
(Finnland).      Holzschnitt   aus:    Gustav  Retzius,    Finland.      Stockholm 
1881. 


Gemach  von  Holz, 
dessen  Ritzen  sie  zu- 
stopfen mit  etvi^as,  das 
auf  iiiren  Bäumen 
w^ächst  und  wie  Was- 
sermoos aussieht  und 
siemoch*  nennen.  Sie 
gebrauchen  das  auch 
zu  ihren  Schiffen  statt 
Pech.  In  einem  Wini<ei 
dieses  Gemachs  bauen 
sie  einen  Feuerherd 
von  Steinen  und  lassen 
darüber  eine  Öffnung, 
um  den  Rauch  hinaus- 
zulassen.   Wenn  nun 

der  Herd  erhitzt  ist,  so  verstopfen  sie  das  Luftloch  und  verschließen  die  Tür.  In  dem 
Gemache  sind  Gefäße  mit  Wasser,  woraus  sie  nun  Wasser  auf  den  glühenden  Herd 
gießen,  so  daß  der  Dampf  aufsteigt.  Jeder  hat  ein  Büschel  Heu  in  der  Hand,  womit  er 
die  Luft  bewegt  und  an  seinen  Leib  treibt.  Dann  öffnen  sich  die  Poren  und  das  Über- 
flüssige vom  Körper  kommt  heraus  und  läuft  in  Strömen  von  ihnen  ab,  so  daß  an 
keinem  von  ihnen  mehr  eine  Spur  von  Ausschlag  oder  Geschwulst  zu  sehen  ist.  Sie 
nennen  einen  solchen  Verschlag  itba"  3;  3i2. 

In  Anbetracht  der  Ergebnisse  der  Sprachforschung,  der  Tatsache,  daß  in  den  späteren 
öffentlichen  Bädern  die  Verhältnisse  ähnliche  waren,  und  nach  den  kurzen  Angaben  in 
den  Volksrechten  müssen  wir  uns  Bauart,  Einrichtung  und  Gebrauch  der  Badestuben 
auf  den  einzelnen  germanischen  Höfen  gleich  oder  ähnlich  vorstellen. 

Dampfbäder  in  dieser  primitiven  Form  bestehen  heute  noch  in  Rußland,  Esthland,  Liv- 
land  und  Finnland*  (Abb.  1).  Die  Finnen  baden  Sommer  und  Winter,  während  der  Ernte- 
zeit jeden  Abend,  die  ganze  Familie  mit  dem  Gesinde,  auch  neugeborene  Kinder.  Selbst 
der  arme  Mann  muß  sein  Badehaus  haben,  und  wenn  es  auch  noch  so  klein  und  ärmlich 
wäre,  daß  man  nicht  einmal  darin  gerade  stehen  oder  liegen  kann.  Es  ist  ein  aus  Balken 
gebautes  viereckiges  Häuschen  mit  einem  großen  Ofen  von  Feldsteinen  in  der  einen 
Ecke,  sowie  einem  hochgelegenen,  großen  und  breiten  Hängeboden  oder  Bretterregal, 
der  Schwitzbank,  auf  welche  die  Badenden  hinaufklettern,  um  ihr  Dampfbad  zu  nehmen. 
Der  Dampf  wird  dadurch  erzeugt,  daß  Wasser  schaufei-  oder  eimerweise  von  einer  Frau 
auf  den  Haufen  erhitzter  Steine  gegossen  wird.  Dabei  peitschen  sich  die  Badenden  mit 
Birkenreisern  und  übergießen  sich  von  Zeit  zu  Zeit  mit  kaltem  Wasser  (Abb.  2).    Das 


'  Das  slavische  Wort  moch  wird  heute  noch  in  der  Gegend  der  Untermulde  für  kurzes  Moos  ge- 
braucht; mochig  ist  dumpf,  feucht. 


Ansichten  über  das  germanische  Bad  der  Urzeit  3 

finnische  Dampfbad  ist  nach  Angabe  einheimischer  Ethnographen  von  auswärts  ein- 
geführt, ob  von  den  siavischen  oder  germanischen  Nachbarn,  bleibt  zweifelhaft.  Es 
wird  im  finnischen  Volksepos  Kalewala  oft  erwähnt  und  eingehend  beschrieben,  und 
dieses  Epos  entstand  erst  nach  der  Einwanderung  der  Finnen  aus  dem  Innern  Rußlands 
ins  heutige  Finnland,  also  an  die  germanische  Grenze,  die  um  800  n.  Chr.  erfolgte.  Auch 
die  Skandinavier  hatten  nicht  näher  beschriebene  kleine  Badehäuser  auf  ihren  Höfen  5. 
Ich  bin  im  Vorhergehenden,  soweit  die  Sprachwissenschaft  in  Frage  kommt,  Moritz 
Heyne  gefolgt.  Nach  ihm  ist  das  Dampfbad  urgermanisch  und  später  von  den  Slaven 
übernommen  worden,  eine  Ansicht,  die  vor  ihm  schon  E.  Martin  6,  wenn  auch  nicht 
in  so  bestimmter  Weise,  vertrat.-  Dieser  Anschauung  ist  Kochendörffer ^  entgegen- 
getreten, der  die  umgekehrten  Verhältnisse  annimmt  und  im  altgermanischen  Bade  ein 
Wannenbad  sieht.  Eine  weitere  Anschauung  läßt  das  Dampfbad  als  eine  indoger- 
manische Einrichtung  gelten  7.  Wir  finden  es  aber  auch  bei  den  Völkern  Amerikas. 
Meist  sind  es  steinerne  Gebäude,  bisweilen  so  kleine,  daß  nur  1  oder  2  Personen  darin  Platz 
haben.  Sie  werden  mit  dem  aztekischen  Worte  Temescal  oder  mit  dem  spanischen  Estufa 
bezeichnet.     Die  Glut  wird  darin  mit  Wasser  besprengt.     Die  Indianer  Guatemalas 


Abb.  2.    Inneres   einer  größeren  finnischen   Badestube.    Holzschnitt  aus:    Gustav   Retzius, 
Finland.    Stockholm  1881. 


Das  Dampfbad  der  Völker  Amerikas  j  Die  deutschen  Badegefäße 


schlagen    sich    selbst    oder 

gegenseitig     während     des 

Bades  mit  Zweigen,  die  sie 

vorher  in  eine  Schüssel  mit 

heißem     Wasser     getaucht 

haben.      in    den    größeren 

Dampfbädern   Neu-Mexikos 

finden  sich  in  der  Mitte  ein 

viereckiger    Steinherd     und 

ringsherum  Bänke  232 

Es     muß    befremden,     daß 

die    von    Ibrahim-ibn-Jakub 

geschilderte  Einrichtung  die- 

^uu  o    -T-    j^    j      u  r.  iu  ij         17  ■    ,    j  u  I     u  ■>-,.    scm  crst  auffäUt,  als  er  die 

Abb.  3.    Taufe   des  Herzogs  Rathold  von  Friesland.  Holzschnitt 

aus:  Stumpf,  Schweizerchronik.     Zürich,  Froschauer,  1548.  germanisch-slavische Grenze 

Überschreitet,  nachdem  er  sich  vorher  in  deutschen  Ländern  aufgehalten  hat.  Zudem  sind 
die  ersten  schriftlichen  Zeugnisse  über  germanische  Bäder  nur  Belege  für  Wasserbäder, 
so  daß  die  Möglichkeit  nicht  von  der  Hand  zu  weisen  ist,  daß  die  germanischen  Bade- 
häuser Wannen  enthielten  und  später  erst  die  slavischen  Dampfbäder  eingeführt  wurden, 
vorausgesetzt,  daß  der  viereckige  Herd  und  die  Bänke  auf  dem  noch  zu  besprechenden 
Bauriß  des  Klosters  St.  Gallen  nicht  eine  Dampfbadeeinrichtung  darstellen,  die  neben 
den  Wannenbädern  bestand. 

Das  zum  Wasserbade  benutzte  Gefäß  war  in  alter  Zeit  nur  kreisrund  und  dem 
Namen  stunz  nach  aus  einem  ausgehöhlten  Baumstamme  hergestellt  (Heyne).  Bei  den 
schon  erwähnten  Quellen  im  Val  Sinistra  fand  sich  noch  1874  ein  halbverfaulter  Baum- 
stamm vor,  der  von  den  Landleuten  aus  der  Umgebung  und  Tirolern  bis  in  die  60er 
Jahre  als  Badewanne  benutzt  worden  war  (s.  auch  später).  Im  Bauriß  des  Klosters  St. 
Gallen  8  vom  Jahre  820  sind  die  Badegefäße  rund  gezeichnet  (Abb.  4, 5).  Diese  Form  hat 
sich  bis  heute  im  Tauf  stein  erhalten,  der  wohl  ursprünglich  in  seinem  Äußern  der  Bade- 
wanne glich;  ja  man  benutzte  Badewannen  zum  Taufen.  Herzog  Rathold  von  Friesland 
zog  es  vor,  nachdem  er  schon  mit  dem  einen  Fuß  „in  den  Zuber  und  die  Tauf  getreten 
war",  dereinst  ungetauft  zur  Hölle  zu  fahren,  weil  er  dort  mehr  Menschen  als  im  Himmel 
antreffen  würdet  (Abb.  3).  Eine  Massentaufe  von  Pommern  in  Kufen  oder  Fässern,  die 
zum  bequemen  Einsteigen  der  Täuflinge  in  die  Erde  eingegraben  waren,  beschreibt 
Herbold  im  Leben  des  Bischofs  Otto  von  Bamberg  (1124)  lo.  Das  Salzburger  Anti- 
phonar  aus  dem  12.  Jahrhundert  bildet  den  heiligen  Rupertus  ab,  wie  er  erwachsene 
Heiden  in  einem  runden  Holzfasse  tauft  532.  Jn  ärmeren  Gemeinden  versah  noch  in  spä- 
teren Zeiten  die  Badewanne  die  Stelle  des  Taufsteins.  Der  Verfasser  der  Stretlinger 
Chronik,  Eulogius  Kiburger,  Kirchherr  des  Paradieses  zu  Einingen  (Kanton  Bern)  er- 
wähnt, daß  er  im  Jahre  1446  einen  Taufstein  machen  ließ,  da  man  vorher  in  einem  „hol- 


Das  Taufen  in  Badegefäßen  /  Die  Bäder  im  Kloster  St.  Gallen  5 

zernen  Stande  oder  Kübel"  zu  taufen  genötigt  warH.  Maaler  übersetzt  1561  Bap- 
tisterium  mit  Badstein  i62.  Nach  dem  Nürnberger  Meistersinger  Hans  Foltz  muß  der 
Vater  „ein  padmulter"  zur  Taufe  kaufen  12 

im  Kloster  St.  Gallen  waren  für  die  Wannenbäder  eigene  Zimmer  vorgesehen,  die 
in  Verbindung  mit  anderen  Einrichtungen  in  freistehenden  Gebäuden  untergebracht 
waren.  Vom  Wohnhaus  der  Brüder  führte  ein  langer  Gang  (egressus  de  pisale)  zu  einem 
kleinen  Gebäude  (balneatorium  et  lavandi  locus),  das  einen  Wasch-  und  einen  Baderaum 
enthielt.  Der  Grundriß  zeigt  in  ersterem  einen  viereckigen  Herd,  an  den  Wänden  rings- 
herum Bänke.  Durch  eine  Bogentür  gelangte  man  in  den  Baderaum  mit  2  runden  Bade- 
gefäßen; auch  hier  waren  an  den  Wänden  Bänke  aufgestellt  (Abb.  4/).  Über  diese 
Räumlichkeiten  sind  wir  durch  St.  Gailer  Schriftsteller  genauer  unterrichtet.  Das  Wohn- 
haus der  Brüder  (Abb.  4ö)  enthielt  nach  dem  Baurisse  im  oberen  Stockwerke  den  Schlaf- 
saal (dormitorium),  im  unteren  einen  Warmraum  (calefactoria  domus),  der  durch  einen 
Kamin  {c,  caminus  ad  calefaciendum)  geheizt  wurde.  Auffallenderweise  liegt  der  Ab- 
zugskanal des  Rauches  (evaporatio  fumi,  d)  nicht  über  diesem.  Die  Entfernung  des  Schorn- 
steines läßt  darauf  schließen,  daß  der  Rauch  und  die  mit  ihm  gemischte  heiße  Luft  auf 
dem  Wege  zu  diesem  noch  Verwendung  fand  und  vielleicht  zur  Erwärmung  des 
Zimmers  diente,  indem  er  den  hohl  angelegten  Fußboden  durchstrich,  daß  also  eine 


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b 


Aus  dem  Bauriß  des  Klosters  St.  Gallen 
vom  Jahre  820. 

a:  subtus  calefactoria  domus  supra  dormitorium 
(unten  der  Warmraum,  oben  der  Schlafsaal),  b:  lecti 
similiter  (Betten  und  ähnliches),  c:  caminus  ad 
calefaciendum  (Kamin  zum  Heizen),  d:  evaporatio 
fumi  (Ableitung  des  Rauches),  e:  egressus  de 
pisale  (Ausgang  aus  dem  Warmraum).  /:  balneatorium  et  lavandi  locus  (Bad  und  Waschraum). 
g:  exitus  ad  necessarium  (Ausgang  zum  Abtritt).    /:  sedilia  (Abtritte).    Nach  Keller. 


5  Die  Bäder  im  Kloster  St.  Gallen 

Hypokaustanlage  nach  römischem  Muster  vorlag.  In  kleinerem  Maßstabe  besaßen  sie 
die  innere  Schule  und  das  Krankenhaus.  Gestützt  wird  diese  Ansicht  durch  die  Er- 
wähnung eines  Hypokaustes  im  St.  Galler  Codex  No.  Q1513,  allerdings  als  Reinigungs- 
ort für  Hände  und  Kopf.  Dies  widerspricht  scheinbar  den  Angaben  im  Bauriß.  Doch 
gibt  uns  der  4.  Ekkehart  in  seinen  Casus  St.  Galli  (wahrscheinlich  1053  vollendet)  Auf- 
schluß 13.  Er  berichtet  von  einer  Untersuchung  der  Klosterzustände  durch  eine  kaiser- 
liche Kommission.  Diese  gelangt  auch  in  den  Warmraum  (pyrale)*,  in  diesem 
in  das  lavatorium  und  in  die  dem  Warmraume  zunächstliegende  Schreibstube,  „und", 
fährt  Ekkehart  fort,  „sie  versicheren,  daß  diese  3  Räumlichkeiten  vor  allen,  welche  sie 
jemals  gesehen,  die  regelrechtesten  seien".  Das  lavatorium  liegt  also  im  Warmraume 
und  ist  doch  eine  selbständige  Räumlichkeit.  Das  stimmt  mit  dem  Bauriß  gut  überein. 
Wir  müssen  demnach  die  Vorgänge,  die  sich  im  Warmraume  abspielen  und  zu  Baden 
und  Waschen  Beziehung  haben,  in  jenen  durch  einen  Gang  mit  dem  eigentlichen  Warm- 
raume verbundenen  kleinen  Bau  vedegen,  den  der  Bauriß  als  balneatorium  et  lavandi 
locus  bezeichnet*.  Hier  ließ  Bischof  Adalbero  von  Augsburg  im  Jahre  Q08  (St.  Oaller 
Codex  No.  Q15)  bei  seinem  Besuche  als  Geschenke  für  die  Mönche  elfenbeinerne  Kämme 

*  Der  Warmraum  ist  fälschlicherweise  von  Du  Gange  und  Meyer  von  Knonau  als  Kapitelsaal 
bezeichnet  worden.  Dem  Bauriß  nach  wurde  als  solcher  der  an  der  Kirche  hinlaufende  Flügel  des 
Kreuzganges  benutzt.  Kochendörffer'  trat  der  Ansicht  der  beiden  Forscher  entgegen  und  gab  fol- 
gende Erklärung:  „Wenn  es  im  Cod.  Sangall.  nr.  915  heißt  ad  mundandas  manus  et  capita,  cui  in 
hypocausto  locus  erat,  so  geht  daraus  erstens  hervor,  daß  die  Mönche  sich  im  hypocaustum  wuschen, 
und  zweitens,  daß  der  Waschraum  der  Mönche  nach  Art  des  alten  laconium  geheizt  wurde,  oder  mit 
anderen  Worten,  da  eine  derartige  Heizung  keinen  anderen  Zweck  haben  konnte,  daß  die  Mönche  ein 
dem  römischen  ähnliches  Schwitzbad  hatten."  Der  Warmraum  hieß  im  Mittelalter  auch  pyrale,  und  da 
Ekkehart  gelegentlicher  Züchtigungen  die  im  pyrale  aufgehängte  Rute  erwähnt,  Kochendörffer  diese 
als  Badegerät  auffaßt,  glaubt  er  einen  weiteren  Beweis  für  die  Benutzung  des  Warmraums  als  Bad  zu 
erbringen.  Er  geht  dabei  von  der  falschen  Voraussetzung  aus,  daß  eine  Hypokaustanlage  nur  mit  einem 
Schwitzbade  verbunden  sein  könne.  Wir  wissen  aber,  daß  in  den  römischen  Villen  nordwärts  der 
Alpen  auch  die  Wohnzimmer  durch  Fußbodenheizung  erwärmt  wurden  im  Gegensatz  zum  Badezimmer, 
das  auch  Wandheizung  besaß  "'^.  Für  ein  Schwitzbad  im  Kloster  St.  Gallen  haben  wir  keinen  Anhalt. 
Es  ist  die  Möglichkeit  nicht  von  der  Hand  zu  weisen,  daß  in  kleineren  Klöstern  Waschen  und  Baden 
im  Warmraume  selbst  vorgenommen  wurde,  fand  doch  in  anderen  Klöstern  (z.  B.  in  Wettingen)  der 
Aderlaß  im  calefactorium  statt,  während  auch  hierfür  St.  Gallen  seinen  eigenen  Raum  besaß.  In  jüngster 
Zeit  hat  Stephani  i**  zwar  nicht  im  Warmraume,  sondern  in  dem  als  balneatorium  et  lavandi  locus  be- 
zeichneten Hause  eine  Badeanlage  nach  römischem  Muster  gesehen.  Während  er  auf  Grund  der  Mit- 
teilungen Ekkeharts  für  das  10.  Jahrhundert  Wannenbäder  annimmt,  läßt  er  diese,  obwohl  sie  der 
Mönch  von  St.  Gallen  '^^  wenn  auch  nicht  im  Kloster  St.  Gallen,  erwähnt,  für  das  9.  Jahrhundert  nicht 
gelten.  Wohl  auf  Grund  der  Sprachforschung  kommt  er  zu  folgender  Deutung  der  betreffenden  Stelle 
des  Baurisses:  „Durch  die  im  Badehause  eingezeichneten  Kreise  werden  nicht  Badewannen,  oder 
richtiger  gesagt  Badefässer  angedeutet,  sondern  runde  Steinöfen,  welche  erhitzt  und  mit  Wasser  be- 
gossen Dampf  stäubten.  Mithin  konnten  in  dem  Badehause  nicht  Wasser-,  sondern  ausschließlich 
Dampfbäder  genommen  werden.  Der  dem  Baderaume  korrespondierende,  wörtlich  als  Waschhaus  be- 
zeichnete Raum  scheint  jedoch  nicht  das  gewesen  zu  sein,  was  wir  heute  unter  diesem  Worte  begreifen, 
ein  Haus  zur  Reinigung  der  Wäsche,  sondern  vielmehr  ein  Raum  zur  Vornahme  kalter  Abwaschungen 
(frigidarium),  welche  römischer  Sitte  gemäß  nach  dem  Dampfbade  genommen  wurden."  Auch  glaubt 
Stephani,  um  eine  weitere  Übereinstimmung  mit  dem  römischen  Bade  geltend  zu  machen,  daß  in 
Abb.  5  die  Küche  wahrscheinlich  als  Auskleideraum  (apodyterium)  gedient  habe.  Vergl.  damit  meine 
obigen  Ausführungen. 


Heilung  eines  Hysterischen  im  Bad  des  Klosters  St.  Gallen 


an  ehernen  Ketten  aufhängen,  denen  er  für  jeden  einzelnen  Handtücher  hinzufügte. 
Wo  sich  in  diesen  Räumen  die  Rute  befand,  und  ob  sie  zum  Bade  benutzt  wurde, 
läßt  sich  nicht  sagen;  jedenfalls  wird  sie  nur  als  Prügelinstrument  erwähnt  (s.  Anm. 
S.  6). 

Kehren  wir  zu  den  Badeanlagen  auf  dem  Bauriß  zurück.  Westlich  vom  Oebäude  der 
inneren  Schule,  aber  durch  eine  Gasse  von  diesem  getrennt,  stand  die  Küche  der  Stu- 
denten mit  einem  Herd  in  der  Mitte.  Neben  ihr  und  unter  demselben  Dache  befand  sich 
ein  Badezimmer  (Abb.  5)  mit  4  Wannen,  2  Bänken  und  einem  Feuerherde  in  der  Mitte. 
Ein  ebenso  eingerichtetes  Gebäude  gehörte  zum  Krankenhaus ;  nur  diente  hier  die  Küche 
noch  zum  Aderlassen.  Ein  viertes  Bad  (Abb.  6)  war  im  Oesindehaus,  das  aus  Küche, 
Speisekammer,  Badezimmer  und  3  hinter  diesen  gelegenen  kleineren  Kammern  bestand. 
Hier  fehlten  die  Badegefäße.  Neben  diesen,  lediglich  zu  Wasch-  und  Badezwecken  die- 
nenden Räumen  boten  auch  andere  Zimmer 
Badegelegenheit.  So  erzählt  uns  Ekkehart 
eine  köstliche  Badegeschichte,  die  im  Haus  der 
Fremden  und  Armen  (domus  peregrinorum  et 

pauperum  auf  dem  Bauriß)  spielt,  die  hier  fol-  ^         

gen  soll. 

„Weil  aber  auch  Ekkehart  (1.)  selbst  an 

sich  Almosener  war,   werden  wir  von  ihm  et-  Abb.  5.  Aus  dem  Bauriß  des  Klosters  St.  Gallen 

r,      .. ,   ,.  ,  ..,  ,  r^     r-  •  vom  Jahre   820.     a:  balneatorium  (Bad),    b: 

was  Ergötzliches  erzählen.  Da  Ekkehart  emen  ^^^^^  eorundem  (Küche  der  Studenten). 
gewissen  Mann  von  der  Hausdienerschaft   zu  Nach  Keller. 

dem  Zwecke  bestimmte,  daß  derselbe, 
wenn  ihm  von  jenem  etwa  Arme  oder 
Fremde  bezeichnet  würden,  dieselben 
heimlich  in  dem  dazu  bestimmten 
Hause  wüsche  und  schöre,  die  Beklei- 
deten erfrischte  und  bei  Nacht  von 
sich  entließe,  mit  dem  Befehl,  es 
keinem  Menschen  zu  sagen,  ge-  Abb.  6.  Aus  dem  Bauriß  des  Klosters  St.  Gallen  vom 
,     ,  .  .  -r-  ,   n     lahre  820.     a:  coquina  (Küche),     b:  cellarium  (Speise- 

schah  es  emes  gewissen  Tages,  daß    ,  ,        u  i      i    •      ^o  j\     j      *•      uv  i 

'='  >=     '  kammer).    r:  balneatonum  (Bad),    rf,  ?, /:  cubilia  famu- 

er  demselben  nach  Gewohnheit  einen  lantium  (Kammern  der  Diener).  Nach  Keller. 
Lahmen,  einen  Wälschen  von  Geschlecht,  welcher  auf  einer  Karre  herbeige- 
fahren worden  war,  anvertraute.  Als  nun  jener  den  Kranken,  welcher  nämlich  ein 
dicker  und  starker  Mann  war,  mit  aller  Anstrengung  seiner  Kräfte  mit  Mühe  in  das 
Badegefäß  vorwärts  gewälzt  hatte  und,  wie  er  geheißen  war,  die  Türe  hinter  ihnen  beiden 
allein  verschloß,  sprach  er  —  denn  er  war  zornmütig  —  unter  Schimpfworten :  „Fürwahr, 
heute  weiß  ich  keinen  einfältigeren  Menschen  als  meinen  Herrn,  welcher  nicht  zu  unter- 
scheiden weiß,  wem  er  wohltun  soll,  und  auch  mir  einen  so  fetten  Schlemmer  auf  den 
Rücken  zu  heben  aufgebürdet  hat."    Da  aber  dem  Lahmen  das  Wasser  des  Bades  allzu 


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8  Baden  vor  dem  Feste  /  Baden  der  Oeistllchen 

warm  zu  sein  schien,  sagte  er  in  seiner  bäurischen  Weise:  „Cald*,  caid  est!"  Aber 
jener  antwortete,  weil  das  in  der  Sprache  der  Deutschen:  Es  ist  i<alt  —  bedeutet:  „Und 
ich  will  ihm  warm  machen",  und  er  goß  aus  dem  vor  Hitze  wallenden  Kessel  geschöpftes 
Wasser  in  das  Bad  hinein.  Jener  jedoch  rief  mit  schauerlichem  Geschrei:  „Ei  mi !  Cald 
est,  cald  est!"  „Ja  wahrhaftig",  sprach  der  Diener,  „wenn  es  noch  kalt  ist,  so  will  ich, 
bei  meinem  Leben,  es  dir  heute  warm  machen",  und  er  schöpfte  noch  glühenderes  Wasser 
und  goß  es  hinein.  Wie  jedoch  jener  die  Hitze  des  wallenden  Wassers  zu  ertragen  nicht 
aushielt,  vergaß  er  seine  Lahmheit  und  erhob  sich  rasch,  sprang  aus  dem  Bade, 
um  die  Tür  aufzuschließen  und  zu  entfliehen,  kämpft  aber  nach  schnellem  Laufe  eine 
Zeitlang  mit  dem  hemmenden  Riegel.  Allein  auch  der  Diener,  wie  er  nun  den  Mann  als 
einen  Betrüger  vor  sich  sah,  riß,  schneller  als  ein  Wort,  vom  Feuer  ein  halbbrennendes 
Scheit  und  schlug  dem  Nackten  schwere  Streiche  ohne  Zahl  auf." 

Aus  dieser  Darstellung  erfahren  wir,  daß  man  das  Wasser  im  Kessel  erwärmte  und  in 
die  Badewanne  schöpfte,  und  des  weiteren,  daß  mit  dem  Baden  das  Scheren,  d.  h.  das 
Rasieren  verbunden  wurde.  Der  Ruodlieb  (gedichtet  um  1030)  erzählt  uns,  wie  ein 
Held  und  sein  junger  Verwandter  sich  im  Bad  rasieren,  dann  die  Bütte  verlassen  und 
sich  im  Bademantel  aufs  Bett  legen  bis  die  Hitze  weicht  6.  Diese  große  Toilette  fand  in 
der  Regel  vor  Feiertagen  und  festlichen  Gelegenheiten  statt ;  denn  man  badete  nicht  täg- 
lich. Kaiser  Ludwig  der  Fromme  nahm  jeden  Samstag  ein  Bad,  wie  uns  der  Mönch  von 
St.  Gallen**  berichtet,  und  von  demselben  erfahren  wir,  daß  ein  Diakonus,  ehe  er  vor 
Karl  dem  Großen  das  Evangelium  las,  früh  ein  Bad  nahm,  sich  den  Bart  ganz  glatt  ab- 
nehmen ließ,  die  Nägel  reinigte  und  die  Haare  ganz  kurz  schnitt. 

Der  heilige  Benedikt  gestattete  in  seiner  515  entworfenen  Ordensregel  den  Ordens- 
brüdern mäßigen  Gebrauch  der  Bäder.  Kranke  sollten  baden,  so  oft  es  der  Zustand  er- 
forderte, junge  Leute  nur  selten.  Die  Hirsauer  Mönche  badeten  bloß  zweimal  im  Jahre, 
vordem  Weihnachts- und  dem  Pfingstfeste  (Wilhelm,  Hirsaugens.,  gest.  1091),  Kranke  je- 
doch nach  Bedürfnis.  Der  heilige  Udalrich  (gest.  973),  Bischof  von  Augsburg,  badete 
nur  Samstags  vor  den  Fasten,  in  der  Mitte  derselben  und  am  Karsamstage  i6 

Das  Bad  vor  dem  kirchlichen  Feiertag  galt  als  geistige  Reinigung;  denn  als  sich  die 
Eltern  des  gelehrten  St.  Galler  Mönchs  Iso  (gest.  871)  nach  dem  Bade  gegen  kirchliche  Ein- 
richtungen vergingen,  badeten  sie  zum  zweiten  Male  (Ekkehart).  Überhaupt  wurden 
begangene  Sünden  durch  das  Bad  „abgewaschen",  und  als  eine  besondere  Buße  gaH  es, 
Arme  und  Pilger  zu  baden.  Ein  Bischof  von  Neustrien,  der  zur  Fastenzeit  Fleisch  ge- 
gessen hatte,  forderte  am  heiligen  Osterabend  aus  der  ganzen  Stadt  viele  Badewannen 
zusammen  und  ließ  allen  Dürftigen  bis  zum  Abend  warme  Bäder  darbieten.  Er  selbst 
nahm  jedem  einzelnen  den  Bart  ab  und  reinigte  mit  seinen  Fingern  die  Geschwüre  ihrer 
borstigen  Körper.  Zuletzt  ging  er  selbst  ins  Bad  und  stieg  mit  gereinigtem  Bewußtsein 

*  cald,  calidus  =  warm.  **  Als  Kaiser  Karl  der  Dicke  883  das  Kloster  St.  Gallen  besuchte,  for- 
derte er  den  „Mönch  von  St.  Gallen"  auf,  die  ihm  von  alten  Brüdern  überlieferten  Geschichten  auf- 
zuzeichnen 1^ 


Baden  von  Armen  und  Kranken  /  Enthaltung  vom  Bade  9 

daraus  hervor  (Mönch  von  St.  Gallen).  Auch  die  heilige  Wiborad,  eine  Klausnerin  beim 
Kloster  St.  Gallen  (gest.  925),  badete  Arme. 

Zappert  iö  führt  zahlreiche  Beispiele  aus  dem  10.  bis  13.  Jahrhundert  an,  nach  denen 
hochgestellte  Personen  weltlichen  und  geistlichen  Standes  (die  Bischöfe  von  Mainz  und 
Utrecht,  die  Gemahlin  Kaiser  Heinrichs  I.,  die  Tochter  Kaiser  Ottos  II.,  die  Mutter  Kaiser 
Heinrichs  IV.,  die  heilige  Elisabeth)  durch  Baden  von  Armen  und  Kranken  Barmherzig- 
keit übten.  Aus  diesen  Quellen,  wie  auch  aus  dem  Mönch  von  St.  Gallen,  ersehen  wir, 
daß  der  Aussatz  schon  vor  den  Kreuzzügen  bei  uns  Einkehr  gehalten  hatte  und  mit 
Warmwasserbädern  behandelt  wurde. 

Gesunden  galt  Baden  für  eine  Hauptannehmlichkeit  des  Lebens,  und  den  Kloster- 
schülern von  St.  Gallen  war  solches  an  ihren  Ergötzungstagen  eine  ihrer  Hauptfreuden, 
wie  uns  Ildefons  VON  Arx  für  den  Zeitraum  von  Q20 — 1076  berichtet '■?.  Deswegen 
wurde  Enthaltung  vom  Bade  als  kirchliche  Strafe  auferlegt,  was  wir  noch  im  12.  Jahr- 
hundert antreffen.  Der  exkommunizierte  Kaiser  Heinrich  IV.  brachte  die  Weihnachts- 
feiertage 1105  in  Bichelsheim  non  balneatus  et  intonsus  —  nicht  gebadet  und  unge- 
schoren zu,  und  der  Teichner  klagt  im  14.  Jahrhundert,  daß  Wallfahrer,  die  doch  zu 
den  Büßenden  zählen,  sich  scheren  und  „gen  gein  pat"  i6.  Aus  diesem  Grunde  enthielt 
man  sich  zur  Fastenzeit  des  Bades  (Ekkehart),  und  besonders  fromme  Personen  ver- 
zichteten dauernd  auf  den  Genuß  desselben.  Der  Bischof  Reginard  von  Lüttich  (gest. 
1037)  badete  nie,  und  die  heilige  Elisabeth  erklärte  mit  dem  Eintauchen  eines  Fußes  in 
das  Wasser  das  Bad  für  beendet,  als  sie  sich  auf  Zuspruch  endlich  entschlossen  hatte, 
ein  solches  zu  nehmen  iö.  Cäsarius  von  Heisterbach  erzählt,  wie  ein  frommer  Mönch 
eine  Weltdame,  die  in  sündiger  Liebe  zu  ihm  entbrannt  war,  auf  immer  dadurch  heilte, 
daß  er  ihr  seinen  von  Unsauberkeit  und  Ungeziefer  starrenden  Körper  zeigte  is 


BADEBRÄUCHE  /  DIE  DEM  URGERMANENTUM 
ENTSTAMMEN 


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he  wir  die  geschichtliche  Entwicl<lung  des  Badeiebens  weiter  ver- 
folgen, müssen  wir  hierher  gehörige  Bräuche  und  Sitten  besprechen, 
die  teilweise  bis  in  die  jüngste  Zeit  bestanden  oder  noch  bestehen 
und  zu  einem  beträchtlichen  Teile  im  Urgermanentum  wurzeln. 
Die  Ankunft  des  Sommers,  des  Maies  oder,  wie  wir  jetzt 
sagen,  des  Frühlings  wurde  von  alters  her  festlich  begangen.  Das 
Eintreten  des  Sommers  erfolgte  aber  nicht  auf  einen  bestimmten 
Tag  des  Jahres,  sondern  wurde  nach  zufälligen  Zeichen  wahrgenommen,  aufblühen- 
den Blumen  oder  anlangenden  Vögeln  i9  |m  Gebirge  trat  noch  das  Hervorsprudeln 
der  Quellen  hinzu,  die  im  Herbst  versiegt  waren,  der  Maibrunnen  (fontes  majales). 
„Sie  quellen  gemeinlich  in  dem  Meyen  einsmahls,  und  mit  solchem  Geräusch  hervor, 
daß,  wer  darbey  stehet,  erschricket",  sagt  Scheuchzer  20.  Von  einem  solchen  ober- 
halb Schwanden  im  Glarnerland  gelegenen  Quell  berichtet  er:  „Es  gewahren  die  An- 
wohner von  disem  Bach,  ^,.  ^  r»/-,  n 
daß   er  nicht  anfangt  fließen,                     ^C^^Ä^ttrtC^^e^art^CtEere 

bis  der  Winter  völlig  vor-  <Ört6ic§^i«nrtmr  mt  vcrfcrc 

über,  und  keine  rauhe  Win- 
terkälte mehr  dahinden,  daß 
daher  der  Fluß  dises  Was- 
sers angesehen  wird  als  ein 
Zeichen  der  vorstehenden 
Frühlingswärme",  und  Para- 
CELSUS  21  glaubt  vom  Pfäfers- 
wasser,  seine  Verjüngung 
gehe  mit  dem  Frühling  an  und 
terminiere  sich  mit  dem  Winter, 
es  wachse  mit  den  Kräutern 
und  sterbe  mit  ihnen  ab.  Diese 
Ansicht  scheint  heute  noch  im 

Volk  zu    herrschen   und   des-       ^j,^  ^    wasserbad.   Holzschnitt  von  Urs  Graf  aus:  Kalender 
halb    schon    vor    ParaCELSUS       des  Doctor  Kung  (Kungsberger).  Zürich,  Hans  am  Wasen.  1508. 


Das  Friihlinsswasser 


11 


Abb.  8.    Schmausen  und  Zechen  von 
Mann  und  Frau  im  Wasserbad.    Holz- 
schnitt   aus   dem  Kalender  von   1481. 
Augsburg,  Johannes  Blaubirer. 


bestanden  zu  haben,  obwohl  sie  nicht  den  Tat- 
sachen entspricht.  Vor  der  Herstellung  der  heutigen 
technischen  Anlagen  blieb  das  Wasser  wohl  mehr- 
mals des  Winters  aus,  floß  aber  auch  zuweilen,  so 
15Q6und  162820,  und  der  als  Chirurg  bedeutende 
Berner  Stadtarzt  Fabricius  Hildanus  (geb.  1560)  war 
der  Ansicht,  des  Paracelsus  Ausspruch  sei  nur 
bildlich  zu  nehmen  22.  Auch  das  Lenker  Thermal- 
wasser  nahm  im  Mai  dem  Volksglauben  nach  an 
Heilkraft  zu,  und  die  Anwohner  von  Sitten  ge- 
brauchten es  zu  ScHEUCHZERs  Zeit,  wenn  es  „in 
dem  Meyen  etliche  Tag  nacheinander  von  weißer 
Kalck-Materi"  trüb  lief,  „sonderlich,  weilen  sie  es 
zur  selben  Zeit  am  kräftigsten  zu  seyn  bedunken, 
vornehmlich,  wann  der  April  und  Meymonat  einen  großen  Grad  der  Wärme  außge- 
halten".  Der  Glaube  an  eine  besondere  Heilkraft  der  Bäder  im  Frühjahr  war  weit  ver- 
breitet und  nicht  nur  auf  germanische  Länder  beschränkt;  auch  im  Gebiete  der 
welschen  Zunge,  an  den  Wormser  Thermen  (Bormio)  im  Veltlin  lockten  die  ersten 
warmen  Frühlingstage  schon  zu  Ende  Januar  und  Anfangs  Februar  zahlreiche  Scharen 
von  Talbewohnern  zu  den  naturwarmen  Quellen  von  S.  Martino  23. 

Nicht  die  Schule  von  Salerno  mit  ihren  im  12.  Jahrhundert  aufgestellten  Gesundheits- 
regeln hat  das  Maibad  im  Mittelalter  und  der  nachfolgenden  Zeit  zu  Ansehen  verholfen. 
Es  war  uralte  Sitte,  die  durch  den  Glauben  an  die  heilende  und  stärkende  Kraft  der 
wieder  erwachenden  Natur  erstand  und  aufrecht  erhalten  wurde,  sei  es  im  naturwarmen 
oder  erwärmten  Quell  oder  den  Maikräutern,  die  dem  Wannenbad  zugesetzt  wurden. 

„Man  sagt  wol:  in  dem  meien 
da  sind  die  brünlein  gsund", 

wenn's  auch  der  zechende  Sänger  dieses  Volksliedes  nicht  glaubt  24 

„Arbeyten  in  dem  Meyen  ist  dir  nit  schad 
Loss  dyn  Odern  vnd  mach  ein  lustiges  bad", 

sagt  das  Straßburger  Regimen  sanitatis  vom  Jahre  1505  25.     Und  wie  lustig  es    im 

Maienbade  zuging,  zeigen  die  Illustrationen  aus  jener  Zeit.    Gewöhnlich  stellen  sie  das 

Gegenteil  von  dem  dar,  was  der  Text  sagt.  Verboten  auch  die  Ärzte  Essen  und  Trinken 

während  des  Bades,  setzt  auch  Urs  Graf  seinem  Bilde  im  Züricher  Kalender  von  1508 

die  Worte  vor:  „Ich  bad  nach  des  artzet  lere",  dem  Badenden  läßt  er  doch  den  Becher 

reichen  (Abb.  7)  26.    in  der  Regel  saßen  Mann  und  Frau  im  Bad  und  schmausten  und 

zechten  am  „zwerchen  Standenbrett"  (Abb.  8  und  andere),  das  im  17.  Jahrhundert  noch 

seinen  Sänger  fand: 

„Das  zwerche  Standenbrett  ist  eines  Bäders  Tisch, 

Der  nicht  ist  Vogelscheuch;  liebt  Hüner,  Krebs,  und  Fisch"-'. 


12 


Beziehung  des  Badens  zur  Venus 


Abb.  9.    Darstellung  des  Planeten  Venus.    Holzschnitt  aus  dem  15.  Jahrhundert.    Berliner  Blockbuch. 


Das  Maibad 


13 


Auch  das  Liebesspiel  der  Maifeste  durfte  im  Bad  niciit  feiilen.    In  einem  geistlichen 
Lied  des  15.  Jahrhunderts  findet  sich  folgende  Strophe: 

„Gar  warm  solt  du  dich  halten 
vnd  dich  nit  Ion  erl<alten 
noch  diser  mynne  bad. 
Din  baden  büle  sye 
die  allerschönst  Marie, 
ein  gott  vnd  namen  drye 
mit  andocht  zu  dir  lad"  2*. 

Diese  Verse  ins  Weltliche  übertragen,  würden  die  Badebuhlen  in  keinem  günstigen 
Lichte  erscheinen  lassen.  Wir  besitzen  genug  Illustrationen,  die  das  belegen.  Sehen 
wir  von  tendenziösen  Übertreibungen,  wie  Virgil  Solls  Wiedertäuferbadstube 
ab,  so  betreffen  die  Darstellungen  zügellosen  Liebeslebens  ausschließlich  Wannen- 
bäder, und  Wannen-  ^^m^ 
bad  findet  sich  meist  jJ^fttÖÄ 
gleichbedeutend  mit 
Maibad  gebraucht. 
Hans  Sachs  sieht  im 
großen  Höllenbade  die 
Hurer  und  Ehebrecher 
paarweise  im  Vollbad 
sitzen  29,  und  Thomas 
Murners  Illustration 
zum  „lürlesbad"  (Nar- 
renbad, Schilderung 
der  Hölle)  in  der  Nar- 
renbeschwörung (1512) 
zeigt  Mann  und  Frau 
in  der  Bütte.  Der 
Mann  hält  einen  Mai- 
blumenstrauß in  der 
Hand  so.  Sämtliche 
Darstellungen  des  Pla- 
neten Venus  haben 
Bäder,  meist  Wannen- 
bäder (Abb.  9  u.  10), 
nur  bei  Beham  wird 
in  einem  Teiche  unter 
freiem  Himmel  gebadet. 

In  den  Kurorten  sah 
es  ähnlich  aus. 


(5"3cf  bvn  D:oltc§  vn\>c  v^n  0ubcm  willen 
nvbcvtiWbatbplcgb«  VcC  tbo  (lillcit 

Sc  fynglXft  vwltc§ am  «de  l<« 

Abb.  10.  Darstellung  des  Planeten  Venus.     Holzschnitt  aus:   Eyn  nyge 
Kalender  recht  hollende.    1519.     Lübeck,  Steffen  Arndes. 


14  Baden  und  Maispiele 

„Jm  meyen  farend  wir  gen  baden  Vnd  bringt  nit  pfenniggelt  domit 

(in  der  Sciiweiz)  So  würcl<t  dasselbig  bad  do  nit 

Lug  das  der  seckel  sy  geladen  Denn  syn  natürlich  würckung  thut 

Denn  das  bad  hat  solche  art  Das  du  verdouwest  gelt  und  gut." 
Wer  mit  wybren  daryn  fart 

höhnt  Murner  151Q  in  der  Geuchmatl3i.  Das  Liebesspiel  konnte  aber  auch  durchaus 
harmloser  Natur  sein.  In  dem  auf  der  Wolfenbüttler  Bibliothek  befindlichen  Reisebuche 
Hansens  von  Waldheim,  Ratsmeisters  zu  Halle  an  der  Saale,  das  ungefähr  um  1474  ge- 
schrieben wurde,  berichtet  dieser  von  seiner  in  der  Pfingstwoche  begonnenen  Badekur 
zu  Baden  in  der  Schweiz.  Adlige  und  geistliche  Herrn  nahmen  ihn  in  ihr  Privatbad  auf, 
und  einer  derselben,  „Hans  von  Emsz,  rittere  szu  Friborg,  in  deme  Breiszkouwe  wohn- 
hafftigk,  eyn  rad  des  hochgebornen  fürsten  herczogin  Albrechtis,  erczherzogen  in 
Osterich"  bat  ihn  in  sein  Haus  und  tat  ihm  viel  Ehre  und  Gutes  „und",  fährt  Waldheim 
fort,  „gab  mir  syne  huszfrawe  zou  eynem  meyenbulen"  32. 

Die  älteste  Darstellung  des  Maibades  möchte  ich  in  einem  Bilde  der  sog.  Mannessi- 
schen Handschrift,  jetzigen  großen  Heidelberger  Liederhandschrift,  sehen,  das  aus  dem 
Anfang  des  14.  Jahrhunderts  stammt  (Abb.  45)33.  Auf  blumenbedeckter  Wiese  sitzt  der 
alte  Herr  Jakob  von  Warte  in  der  Badekufe  im  Schatten  einer  Linde,  deren  grüne  Laub- 
krone singenden  Vögeln  zum  Aufenthalte  dient.  Soll  das  etwas  anderes  darstellen  als 
den  Lenz,  den  die  Minnesänger  so  oft  besungen? 

„Es  get  gen  des  maien  zeit,  Jch  sag  euch  fürwar  das, 

Die  uns  neue  freüde  geit.  Es  grünet  schon  laub  und  gras, 

Die  vogl  alle  singen,  Der  summer  uns  vil  nahen  leit." 
Die  plüml  schön  entspringen. 

So  die  Schilderung  in  Neitharts  Veilchen  12.  Und  wie  im  späteren  Maibade  darf  hier 

der  Becher  nicht  fehlen,  den  eine  Jungfrau  dem  Ritter  darbietet.    Eine  andere  setzt  ihm 

den  Kranz  auf  den  kahlen  Scheitel,  und  ich  möchte  ihr  mit  demselben  Liede  Neitharts 

die  Worte  der  fünften  Jungfrau  Afra  in  den  Mund  legen : 

„Jch  han  eu  im  herzen  hold.  Wer  mich  mit  eren  ganzlich  maint, 

Mein  maienpuel  solt  ir  sein,  Mit  dem  so  will  ich  sein  veraint. 

Jch  pin  eur  und  ir  seit  mein.  Wir  süllen  frölich  hie  nun  leben. 

Was  mir  in  ern  wol  an  stat,  Jch  will  euch  das  kranzlein  geben." 

Daß  will  ich  laisten  fruo  und  spat. 

Man  führe  gegen  diese  Deutung  des  Bildes  nicht  an,  daß  der  dargereichte  Kranz  aus 
Rosen  gewunden  ist.  In  dem  angeführten  Neithartspiele  wird  aller  Naturwissenschaft 
zum  Trotz  vor  dem  Auffinden  des  ersten  Veilchens  zweimal  der  „Rosenkranz"  als  Tanz- 
preis (für  Mann  und  Jungfrau)  ausgesetzt.  Der  Begriff  „Rose"  wurde  in  einem  weiteren 
Sinne  als  heute  gebraucht;  auch  die  Veilchen  werden  als  „Veiolroesen"  bezeichnet. 
Vielleicht  war  Rose  gleichbedeutend  mit  wohlriechender  Blume,  und  deren  Darstellung 
geschah  unter  dem  Bilde  der  Rose. 

Bei  der  Hildesheimer  „Maigrevenfahrt"  erhält  derMaigreve  einen  Kranz  und  bewirtet 
die  Holzerben.  In  der  kölnischen  „Holzfahrt"  mußte  der  von  den  Bürgern  gewählte 
„Rittmeister"  von  Kopf  bis  zu  Fuß  gewappnet  sein,  und  nach  dem  nicht  näher  beschrie- 


Baden  in  der  Walpurgisnacht  zu  Pfäfers  und  im  Baseler  Gebiete  15 

benen  Zu^  in  den  Wald  wurde  ihm  ein  Kränzchen  aufgesetzt,  wofür  er  ein  Gastmahl 
zu  o-eben  hatte,  das  wieder  „Kränzchen"  hieß34.  Dies  Kränzchen  finden  wir  unter  den 
Badegebräuchen  in  der  „Morgensuppe"  zu  Baden  in  der  Schweiz  wieder  (Abb.  87);  es 
kam  sogar  unserem  heutigen  dadurch  näher,  daß  der  Gastgeber  abwechselte  und  das 
Kränzchen  der  Reihe  nach  umging.  Pantaleon35  berichtet  1578:  „Man  bettet  vor  vnd 
nach  der  morgensuppen  vnnd  dancket  dann  mit  einem  kurtzweiligen  Lied  dem  Wirt, 
damit  er  lang  mit  ehren  lebe,  biß  er  jnen  wider  gibt.  Nach  disem  bestellet  man  ein 
anderen  Wirt,  auff  welchen  die  Ordnung  kommet,  setzet  jm  einen  Krantz  auff,  vnd  dröwet 
jhm  in  dem  gesang  man  wolle  morgen  zu  jm  kommen,  mit  Pfeyffen  vnd  mit  Trommen". 
In  „Ein  badenfart  guter  gsellen"  36  heißt  es  darum: 

„Also  lieber  Vintzentz  von  Bernn 

gib  ich  dir  das  krentzli  gernn 

Das  du  morn  sigist  vnser  wirt." 

und 

„All  vol  lassend  vns  fröiich  singen 
ich  wil  den  krantz  dem  basler  bringen 
Vnd  jm  den  setzen  vff  mit  pracht 
lug  heinrich  das  die  sup  werd  gmacht." 

Als  man  nicht  mehr  ausschließlich  im  Mai  badete,  hielt  man  natürlich  die  Morgensuppe 
die  ganze  Badesaison  hindurch.  Nach  dem  Meistersinger  Hans  Foltz  ^'^  konnte  man 
sich  in  Baden  zwar  im  „meyen  zuo  vorauß",  aber  auch  im  Herbst  „ermeyen". 

Das  Maibad  steht  mit  dem  altgermanischen  Heidentum  in  enger  Beziehung.  Das 
Landvolk  aus  der  Umgebung  von  Pfäfers  wickelte  noch  1631  seine  Maibadekur  in  einer 
einzigen  Nacht  ab  und  zwar  zu  Walpurgis.  „Vnder  andern,  so  pflegt  auff  den  ersten 
Tag  Maij,  alten  Calenders,  ein  vnzehlbare  menge  Voicks,  zu  Vesper  vnd  Abendts  zeit,  auß 
allen  benachbarten  Dörffern,  Thälern  vnd  Gebirgen,  mit  einem  Wort  alles  gemein,  vnnd 
lauffige  Gesinde,  theyls  Gesund(heits),  theyls  Lust  vnd  Fürwitz  halber,  herbey  zu- 
kommen, in  die  Badschwämme,  einzusitzen,  vnnd  die  gantze  Nacht,  darinn  wachtsamb 
zuzubringen,  auch  dise  Nachtfrist,  einer  gantzen  Bad  Chur,  jhres  Sinns  abzuschätzen ; 
Alsdann,  folgenden  Morgen,  wann  sie  abreisen  wollen,  jhreHembter,  zuvor  in  das  Bad- 
wasser wol  einzutrucken,  vnd  also  anzuziehen,  mit  mainung,  einer  mit  sich  hinweg 
tragenden  großen  gefunden  Krafft,  welches  gleichfalls  auch  fürnehmer  vnnd  Edler,  mit 
einnetzung  jhrer  Hembter  vnnd  Leylacher,  zu  jhrem  Abzug  pflegen  349 

Sonst  finde  ich  Maibäder  in  diesem  Sinne  neben  anderen,  später  zu  erwähnenden  nur 
noch  im  Baseler  Gebiete*.  Hauptsächlich  kam  das  auf  der  Jurahöhe,  damals  schwierig 
zugängliche  Bad  Ramsen  in  Betracht.  Die  Kirchenbehörde  kämpfte  vergeblich  gegen  den 
Brauch.  1572  findet  sich  in  den  Akten  die  Angabe  der  Prediger  im  Amte  Homburg,  in 
deren  Sprengel  das  Bad  lag:  Bei  dem  Bad  Ramsen  „tryben  sy  uff  den  mey  und  Sant 
Johans  oben  Superstitiones".  Noch  1606  verzeichnen  die  Akten  des  Waldenburger 
Kapitels  „Anzug  des  Bades  halben  zu  Ramsen  in  Homburger  Vogtey  gelegen,  von 

*  Die  Nachrichten  darüber  verdanke  ich  Herrn  Alt-Schulinspektor  Dr.  J.  W.  HESS  in  Basel.  Sie  sind 
Ergänzungen  zu  dessen  Aufsatz  im  Basler  Jahrbuch  3^. 


16  Der  Glaube  an  das  Maibad  und  dessen  Bekämpfung 

wegen  dz  es,  aus  Aberglauben,  vom  Landvolck  auff  den  tag  der  Himmelfahrt,  Meytag 
und  S.  Johanstag  besucht  wirf.  Darauf  wurde  eri<annt,  dem  Obervogt  auf  Homburg 
vorzuschlagen,  er  solle  den  Badewirt  anhalten,  an  den  obengenannten  Tagen  keine  Gäste 
aufzunehmen,  „welches  leicht  geschehen  könnte,  so  der  wirt  oder  bader  das  bad  nit 
heitzen  wurde". 

Die  Bedeutung  der  Walpurgisnacht  kommt  auch  in  folgenden  Erlassen  des  Mark- 
grafen Christof  vom  Jahre  1488  für  Baden-Baden  zur  Geltung:  „Vff  das  hat  der  vor- 
genannt min  gnediger  Herr  geordnet,  vnd  will  gehabt  haben,  daß  das  gemelt  groß  Fry- 
bad  hinfür  allweg  durch  das  ganz  jähr,  one  am  Meyabend,  so  man  die  Mey- 
pfennig  gitt,  fry  sin  vnd  blyben,  vnd  von  niemand  mee,  er  sy  frembd  oder  heimsch, 
vmb  badens  willen  gelt  darin  genommen,  ....wie  von  alter  herkommen  ist", 
und  die  beiden  Bäder  sollen  frei  sein  „dann  vff  den  Maiabent,  da  soll  ein  jede  person, 
vßgenommen  kindere,  es  gang  vff  denselben  Abent  in  die  fryen  Bedere  oder  nit,  Hans 
Vlrichen  oder  siner  Husfrowen  vnd  sinen  Erben  geben  vnd  antwurten  1  pfenning,  als 
das  von  alter  herkomen  vnd  gewonheit  gewesen  ist"  40. 

Das  Maibad  ist  stets  ein  Wasserbad.  In  keinem  der  vielen  Kalender,  die  ich  durch- 
gesehen habe,  ist  in  diesem  Monat  das  Schweißbad  empfohlen,  wohl  aber  in  anderen. 
Es  findet  sich  meist  die  allgemein  gehaltene  Vorschrift,  im  Mai  zu  baden.  In  einer 
astrologischen  Gesundheitsanweisung  von  1556  wird  Baden  im  Gegensatz  zu  Schweiß- 
baden gesetzt  41.  Daraus  geht  auch  hervor,  daß  das  Baden  im  Mai  Wasserbaden  war. 
Es  finden  sich  auch  solche,  die  Kräuterbäder  empfehlen  und  zwar  nur  in  diesem  Monat. 
Die  eben  erwähnte  Anweisung  zur  Gesundheit  sagt:  „Alle  bad  seind  gutt,  besonder 
kreuter  bad".  Eine  Münchener  Handschrift  des  15.  Jahrhunderts  hat:  „Vnd  von  würczen 
adele  uolpade  sie  Die  zymen  wol  dem  Leibe  dein"  42.  in  dem  1428  von  Johannes  Gre- 
DiNQER  zu  Nürnberg  geschriebenen  Kalender 43  heißt  es:  „Päd  mit  guten  krewtern  in 
eym  schaff,  daz  oben  wol  bedeckt  sei",  in  einem  von  1467  der  Züricher  Stadtbibliothek 
(Msc.  E.  102):  „bad  ist  gut  vnd  besunder  wurtz  beder"  und  in  gedruckten  Züricher 
Kalendern,  z.  B.  von  1569  und  1641 :  „Von  aller  wurtz  vnd  krütern  bad". 

Es  handelt  sich  selbstverständlich  immer  um  frische  Frühlingskräuter,  denen  man  eine 
besondere  Wirkung  zuschrieb.  Daß  man  auch  das  Wasser  an  sich  im  Frühling  für  ge- 
sünder als  zu  anderen  Zeiten  hielt,  ist  schon  erwähnt  worden.  Man  muß  den  Begriff 
des  Maibades  deshalb  etwas  weiter  fassen  und  gleich  Frühlingsbad  setzen.  Die  Mainauer 
Naturlehre  (13.  Jahrhundert)  macht  ihre  Badevorschläge  nicht  für  Monate,  sondern  für 
Jahreszeiten.  Vom  Lenz  sagt  sie:  „so  ist  och  decheine  zit  besser ....  zu  badenne"44. 
Ein  Frühlingsbild,  das  wahrscheinlich  von  Michael  Wohlgemuth  stammt,  bringt  das 
gemeinsame  Bad  von  Mann  und  Frau  bei  Saitenspiel  und  Trank,  das  durch  Maiblumen 
als  Maibad  charakterisiert  wird  (Abb.  11)45. 

Mancherorts  wurden  die  Frühlingsbäder  schon  im  März  gehalten.  Die  Badstuben- 
oder Badwaid-Ordnung  von  Sonthofen  in  Bayern  von  1544  schrieb  vor,  im  ganzen  Jahr 
wöchentlich  1  Bad  am  Samstag  zu  halten,  aber  „mörzenbäder  an  den  3  Dornstag  in 


Fmhlingsbad 


17 


10      ao  I  po  j  4o~  10  \  o^    70  j  ffo  I   />oj  jooi   110 


i-ro   TIP 


Abb.  11.    Der  Frühling.    Holzschnitt  aus:  Conrad!  Celtis  quatuor  libri  amorum.    Nürnberg.    1502. 


18  Märzenbäder  /  Geschenke  ins  Maibad 

Mörzen",  und  zu  Rorbach  fanden  „an  den  dreyen  pfinztagen  (Donnerstagen)  im  Merzen 
die  Merzenpäder"  statt  46  in  Kaienderversen  Oswalds  von  Wolkenstein  (15.  Jahr- 
hundert) heißt  es  beim  März: 

„ädryänns  der  wardt  gesund 
phincztages  inn  merczischen  pad"3i3. 

Brunfels  (16.  Jahrhundert)  spricht  sonderbarerweise  von  Bädern  „in  dem  andern 
Meyen",  die  im  Gegensatz  zu  den  eigentlichen  Maibädern  gegen  auswendige  Schäden 
gut  sein  sollen  47. 

Im  engeren  Sinne  sind  unter  Maibädern  die  in  der  Walpurgisnacht  genommenen  zu 
verstehen.  Man  muß  berücksichtigen,  daß  es  früher  Brauch  war,  bei  einer  rechten  Bade- 
kur eine  bestimmte  Anzahl  Tage  und  an  diesen  mehrere  Stunden  im  Bad  zu  sitzen. 
Unter  der  Landbevölkerung  war  der  Glaube  verbreitet,  der  Erfolg  wäre  derselbe,  wenn 
man  die  gesamte  Kur  hintereinander  im  Bade  absäße.  Es  gibt  Berichte,  nach  denen  die 
Leute  noch  im  17.,  auch  vereinzelte  noch  im  19.  Jahrhundert  tagelang  ununterbrochen 
im  Bad  zubrachten  und  darin  sogar  schliefen.  Man  glaubte  deshalb,  daß  einen  Tag  un- 
unterbrochen gebadet  genüge,  um  die  Gesundheit  während  des  ganzen  Jahres  zu  er- 
halten. Noch  heute  kommen  die  Schwarzwaldbauern  aus  diesem  Grunde  jährlich  einmal 
in  die  bei  Freiburg  gelegenen  Bäder  Kuckucksbad,  Glotterbad  und  Silberbrünnlein,  wo 
gelegentlich  zwölf  Wannen  in  einem  Räume  zusammenstehen,  in  denen  die  Bauern  die 
Zeit  mit  Baden  und  Zechen  zubringen  6.  Man  darf  nicht  erstaunt  sein,  wenn  man  in 
früherer  Zeit  diesen  Badetag  auf  Walpurgis  oder  an  den  noch  zu  nennenden  Tagen  ab- 
hielt, an  denen  man  dem  Wasser  besondere  Kraft  zuschrieb. 

Schon  im  16.  Jahrhundert  verstand  man  unter  Maienbad  ein  gewöhnliches  Warmwasser- 
bad, aber  „fürnemlichen  imfrüling"  48;  der  Zusatz  von  Kräuterabsuden  scheint  eher  nicht 
erforderlich  gewesen  zu  sein.  Ryff  beginnt  ein  Kapitel:  „nechst  volgendt  die  warmen 
wasser  vnnd  lieplichen  Mayen  badt".  Er  spricht  dann  aber  nur  vom  Wasserbad  in  der 
Wanne  und  sagt:  „Zum  wasser  Badt  oder  gemeinen  Mayen  Badt,  ist  auch  das  Regen 
wasser  wo  man  es  haben  mag,  am  aller  bequemsten"  und  besser  als  Brunnen- und  fließen- 
des Wasser,  weil  es  reiner,  subtiler  ist,  die  Wärme  des  Sonnenscheins  und  kräftige  Influenz 
des  Gestirns  und  dadurch  seine  schädliche  Kraft  zum  Teil  verändert  und  gemildert  hat  48. 

Das  Volk  scheint  aber  im  Maienbad  ein  mit  Wohlleben,  d.  h.  ein  mit  Essen  und 
Trinken,  vielleicht  auch  mit  Venusdienst  verbundenes  gesehen  zu  haben.  „Sie  kamen  in 
kein  Maienbad",  heißt  es  höhnisch  im  Gedicht  auf  die  Bergtheimer  Schlacht  (1400)49. 
Die  sogenannten  Badschenken,  die  man  Vorgesetzten  oder  Freunden  vor  einer  Badekur 
oder  auch  ins  Bad  sandte,  waren  ursprünglich  nur  Nahrungs-  und  Genußmittel,  und 
da  man  ehedem  nur  im  Mai  ins  Bad  fuhr,  erscheint  es  nicht  auffällig,  wenn  im  Mittel- 
alter öfters  Geschenke  ins  „Maibad"  gegeben  werden.  So  sind  in  Ulm  „vff  Pfingsten 
3  Pfund  Schmalz  in  das  Maienbad"  verzeichnet  so.  1466  wurde  gestattet,  dem  Bürger- 
meister, den  Richtern  und  den  Räten  zu  Ulm  ein  Maß  Malvasier  oder  dessen  Wert  ins 
Maienbad  zu  schenken  ^i. 


Rückgang  des  Maibades  IQ 

Das  kurgemäß  gebrauchte  Maienbad  konnte  auch  in  einer  Badestube  stattfinden. 
142Q  fing  Caspar  Sommerer  in  Augsburg  ein  Maienbad  an,  „daß  man  badete  für  den 
Wertachbruggerthor".  Nach  einer  Biberacher  Chronik  wurde  im  17.  Jahrhundert  Maien- 
bad und  Maienmiich  dem  Kranken  im  Spital  verordnet.  Der  lutherische  Sittenprediger 
Martinus  Bohemus,  der  keinen  der  üblichen  Maibräuche  bestehen  lassen  will,  hält  da- 
gegen die  Maibäder  für  recht,  „das  man  seiner  Gesundheit  pflege,  das  man  warm  bade, 
auch  kreuterbade  gebrauche"  si. 

Sogar  von  einem  zwangsweise  gebrauchten  Maienbade  wird  berichtet.  Die  Mitglieder 
der  Schneidergilde  zu  Hildesheim  waren  verpflichtet,  an  den  sogenannten  „freien  Mon- 
tagen", d.  h.  am  Montage  nach  Ostern,  St.  Johannis  und  in  der  Maiwoche  unmittelbar 
nach  Beendigung  der  Messe  das  Bad  aufzusuchen.  „Wem  nicht  gelüste  zu  baden,  der 
soll  dem  Schaffer  (der  Gilde)  einen  Pfennig  zahlen"  52. 

Daß  man  in  den  Mineralbädern  ursprünglich  nur  im  Mai  und  nicht  im  Herbst,  wenig- 
stens nicht  gern  badete,  geht  aus  der  Mainauer  Naturlehre  aus  dem  Ende  des  13.  Jahrhun- 
derts hervor,  wo  es  beim  Herbst  heißt:  „Aber  dawider  so  derret  unde  swechit  den  lip 

daz  man  bade  in  den  badern  die  mit  listen  gemäht  sint,  daz  siu  selber  warment"  44 
1436  aber  hielt  sich  Frau  Anna  von  Weinsberg  vom  15.  September  bis  zum  1.  Oktober 
zur  Kur  im  württembergischen  Wildbad  auf  53,  1481  die  Pfalzgräfin  Amalie  von  Veldenz, 
die  Tochter  des  Kurfürsten  Albrecht  von  Brandenburg,  im  August  in  Baden-Baden  54 
Anemorinus  (Wintperger)  schlägt  für  Baden  bei  Wien  1511  sogar  unter  Weglassung 
des  Mais  den  Juni,  Juli,  August  und  September  als  Kurzeit  vorie,  ja  Dryander  will 
1535  für  Ems  Winterbäder  eingeführt  wissen  55.  |m  allgemeinen  herrschte  aber  die  alte 
Ansicht  vor,  die  dem  Mai  eine  Sonderstellung  zuschrieb.  Nach  Ryff  sind  für  die,  „welche 
allein  gesundtheit  zu  pflegen  zu  sonderlichem  leiblichem  wollust",  „fürnemlichen  im 
früling  die  Meyenbad  zugerichtet"  48,  und  ebenso  war  es  für  Kranke.  1597  sagt  Feur- 
berqk  (Pyrmontanus),  der  den  Schriftstellern  seiner  Zeit  gegenüber  als  Fortschrittler 
betrachtet  werden  muß :  „Nim  in  acht  die  fröliche  Meyzeit,  dan  zu  derer  zeit  ist  der 
Brun  (zu  Pyrmont)  am  krefftigesten"  56,  und  im  16.  Jahrhundert  singt  der  freigeistige 
Stadtpfarrer  Johann  Jakob  Müller  von  Luzern  (er  wagte  als  erster  den  berüchtigten 
Pilatussee  zu  durchwaten): 

„Im  Meyen  ist  die  beste  Zeit 
Ein  Badenfahrt  anstellen"  ^s. 

Nach  PiCTORius'  Baderbüchlein  (1560)  erfordern  etliche  Krankheiten  den  Mai  zum 
Baden  i52. 

Im  19.  Jahrhundert  war  man  anderer  Ansicht.  Die  „Kinder  im  Feld"  (Aussätzigen)  zu 
St.  Georg  bei  Winterthur  hielten  in  der  Mitte  des  16.  Jahrhunderts  ihre  jährliche  Badekur 
in  der  Badestube  des  Sondersiechenhauses  ab.  „Wenn  sie  im  Mai  baden,  giebt  man 
einem  jeden,  so  viel  im  Hause  sind,  alle  Fleischtage  sein  Pfund  Fleisch  und  eine  halbe 
Maß  Wein  und  in  der  Badenfahrt  7  oder  8  Pfund  süße  Butter,  auch  einen  Teller  mit  Eiern 
und  Zieger  (Kräuterkäse)  und  nach  der  Badenfahrt  2  Pfund  Badgeld  und  in  der  Baden- 


20  Die  Sommersonnenwende  /  Johannisbäder  in  Kannstatt 

fahrt  1  Viertel  Mehl  für  Küchly"  ss.  1813  hatten  die  Siechen  noch  ähnliche  Vergünsti- 
gungen ;  nur  der  Kräuterkäse  und  die  Küchly  werden  nicht  mehr  erwähnt,  und  die  Bade- 
kur fand  in  den  30  (!)  Juliustagen  statt  57.  Der  Glaube  an  den  Mai  war  verloren  gegangen. 

GuLER  erwähnt  in  seiner  Rätia  (1616)59  das  schon  besprochene  Hervortreten  der 
Therme  von  Pfäfers  im  Mai.  Ein-  oder  zweimal  habe  er  aber  erlebt,  daß  sich  die  An- 
kunft des  Wassers  hinausgezogen  und  zwar  bis  auf  „St.  Johansen  deß  Täuffers  tag", 
„daß  man  darvor  nicht  hat  baden  können,  vorbehalten  etlich  personen  im  Kessel  (einer 
der  Quellen)."  Der  Zusatz  zeigt,  daß  das  Wasser  doch  schon  vorher  eingetreten  war. 
Das  rechnet  Guler  aber  nicht  mit;  für  ihn  kommt  erst  der  Johannistag  in  Betracht,  weil 
diesem  nach  dem  Volksglauben  gleich  dem  Mai  oder  Walpurgis  besondere  Bedeutung 
im  Badeleben  zukam.  Ein  einziges  Bad  in  der  Johannisnacht  wirkt  so  viel  als  9  Bäder 
zu  anderer  Zeit,  sagte  man  besonders  im  Württembergischen  34  Es  war  über  fast  ganz 
Europa,  ja  außerhalb  desselben  verbreitet  i^;  nach  dem  Zeugnisse  des  heiligen  Augustin 
(395  n.  Chr.)  war  es  ein  heidnischer  Brauch  H  Für  unsere  Vorfahren  galt  der  24.  Juni, 
der  Mittsommertag,  der  Tag  der  Sommersonnenwende  als  festliche  Jahresmitte,  deren 
Feier  mit  vielerlei  Bräuchen  verbunden  vvar*!^  Klagte  die  alte  Kirche  über  heidnische 
Sitte,  so  bekämpfte  die  evangelische  das  Johannisbad  als  päpstliche  Einrichtung.  Das 
zeigt  folgendes  Gutachten  der  Stuttgarter  Synode : 

„Es  ist  Im-  Herbst  Synodo  Anno  1591  einkhommen,  wie  an  Joannis  Baptistae  uff  die 
Achzehn  doch  mehrentheils  Weibspersonen  das  Badt  In  der  Eßlinger  Vorstatt  allhie 
besucht,  die  ganze  nacht  und  den  Tag,  und  allßo  zwanzig  vier  stundt  gebadet,  welches 
auch  andere  Jahr  uff  Joannis  Baptistae  abends  beschehen. 

Daruff  der  Synodus  das  unterthänig  bedenkchen  gegeben,  weil  es  ein  Superstition 
seye,  möchte  dem  Vogt  bevolchen  werden,  den  Bädern  ernstlich  uffzulegen,  solches 
baden  nit  mehr  zu  gestatten,  sonst  werde  man  sie  und  die  Badleute  gepürlich  straffen. 

Der  meynung  seyn  unterzeichnete  Consistoriales  auch  noch,  darumb  sie  dem  Sulz- 
bäder zu  Canntstat  die  St.  Johanns  Bäder  zu  halten  allerdings  abstricken  ließen,  doch  zu 
der  Oberkait  fernerem  Erwägen.   Geben  Stuttgart  den  6.  July  1602.    Consistorium." 

Der  zu  diesem  Outachten  eingeholte  Bericht  des  Vogts  von  Kannstatt  lautete  dahin, 
daß  diese  Bäder  ein  Überrest  des  Papsttums  seien  und  hauptsächlich  nur  noch  von  den 
benachbarten  Katholiken  zu  Höfen  und  Öffingen  gebraucht  würden,  und  deswegen  um 
so  mehr  abgeschafft  zu  werden  verdienten,  als  sie  nur  Veranlassung  zu  Unfug  gäben  63 

Des  Kampfes  der  Baseler  Geistlichkeit  gegen  die  Johannisbäder  wurde  schon  beim 
Maibad  gedacht.  Die  Kirchenakten  zeigen  zugleich,  daß  das  Bad  in  der  Walpurgisnacht 

*  Die  Sommersonnenwende  findet  um  den  21.  Juni  herum  statt,  fällt  also  nicht  mit  dem  Johannistag 
zusammen.  Man  hielt  auch  beide  auseinander.  Bei  Jos.  Simler  findet  sich  1576  die  Stelle:  „Es  wirdt 
aber  järlich  vor  Sant  Johans  tag  zu  Sonnwenden  ein  Eydgnössischer  Tag  zu  Baden  gehalten"''''. 
Häufiger  aber  decken  sich  beide  Tage.  So  machte  Seifrit  der  Futraer  1333  den  Armen  im  Wiener 
Bürgerspitale  eine  Schenkung,  die  sie  „an  sand  Johans  tage  zu  sunniwenden"  zu  genießen  hatten  "'. 
Der  Inhaber  des  unteren  Bades  zu  Liebenzeil  hatte  1403  die  Hälfte  des  jährlichen  Zinses  „uff  s.  Johanns 
tag  zu  sungethen"  zu  zahlen  ^^,  und  die  Regensburger  Bader  durften  nach  einer  Verordnung  aus  dem 
15.  Jahrhundert  ihr  Gesinde  nicht  vor  „Sannt  johannstag  Sunwenden"  dingen  "2. 


Johaiinisbäder  im  Baseler  Gebiete  /  zu  Köln  und  im  Unterelsaß  21 

gegen  das  Johannisbad  zurückstand,  was  wohl  darin  zu  suchen  ist,  daß  dem  Volk  das 
Verständnis  für  die  Walpurgisnacht  verloren  gegangen  war,  während  das  Bad  zur 
Sommersonnenwende  in  dem  Glauben  an  die  Taufe  Johannis  des  Täufers  weiter  unter- 
halten wurde.  Dafür  spricht  auch  das  Bestehen  des  Johannisbades  in  einem  viel  größeren 
Gebiete.  Wir  dürfen  annehmen,  daß  zu  der  Zeit,  aus  der  die  Quellen  stammen,  das  Wal- 
purgisbad  an  den  meisten  Orten  nicht  mehr  gebraucht  wurde.  Sonst  wäre  es  erwähnt 
worden.  Die  Baseler  Akten  berichten  noch  1600:  „Im  bad  zu  Ramsein  wirf  uff  St. 
Johannis  abend  und  nacht  neben  großem  muttwillen  superstition  und  Aberglauben  ge- 
triben,  sonderlich  von  unsern  Leuten  (d.  h.  denen  aus  dem  Baseler  Gebiet),  welche  diß 
tags  halben  dem  Bad  große  Krafft  zuschreiben",  und  1605  „wird  geklaget  von  wegen 
der  Bädern  Ramsen  und  anderswo,  dz  man  deren  kraft  auf  gewisse  tag  lege,  sonderlich 
auf  den  tag  S.  Johannis  Baptistae".  Im  Jahre  darauf  erfolgte  dann  jener  schon  erwähnte 
Beschluß,  der  dem  Aberglauben  ein  Ende  bereiten  sollte. 

In  einem  Briefe  von  1330  hat  uns  Petrarca  die  älteste  Nachricht  über  das  Johannis- 
bad auf  deutschem  Boden  hinterlassen.  Am  Vorabende  des  Johannisfestes  beobachtete 
er  selbst  den  alten  Brauch.  „Kaum  war  ich  bei  meiner  Ankunft  zu  Köln  in  der  Herberge 
abgestiegen,  wo  meine  Freunde  mich  empfingen,  als  sie  mich  an  den  Rhein  führten,  um 
ein  eben  an  diesem  Tage  bei  Sonnenuntergang  aus  dem  Altertume  überkommenes 
Schauspiel  in  ihrer  Gesellschaft  anzusehen.  Das  ganze  Ufer  war  mit  einer  langen  Reihe 
von  Weibern  bedeckt.  Ich  stieg  auf  einen  Hügel,  um  eine  bessere  Aussicht  zu  gewinnen. 
Unglaublich  war  der  Zulauf.  Ein  Teil  der  Frauen  war  mit  wohlriechenden  Kräuterranken 
geziert,  mit  zurückgeschobenem  Gewände  fingen  Weiber  und  Mädchen  plötzlich  an,  ihre 
weißen  Arme  in  den  Fluß  zu  tauchen  und  abzuwaschen.  Dabei  wechselten  sie  in  ihrer 
mir  unverständlichen  Sprache  lächelnd  einige  Sprüche  miteinander.  Man  antwortete  mir, 
daß  dies  ein  uralter  Brauch  unter  der  weiblichen  Bevölkerung  Kölns  sei,  die  in  der 
Meinung  lebt,  daß  alles  Elend  des  ganzen  Jahres  durch  die  an  diesem  Tage  bei  ihnen 
gewöhnliche  Abwaschung  im  Fluße  weggespült  werde  und  gleich  darauf  alles  nach 
Wunsch  gelinge.  Es  sei  also  ein  jährliches  Reinigungsfest,  welches  von  jeher  mit  un- 
verbrüchlicher Pünktlichkeit  gefeiert  werde"  i^ 

Der  Hagenauer  Physikus  Heliseus  Rösslin  berichtet  in  seiner  Beschreibung  des 
Soolbades  Niederbronn  im  Wasgau  (Unterelsaß)  von  15Q3,  daß  „sonderlich  vmb 
Johannis  Baptistae  alle  jar  ein  große  menge  vom  Landvolck  dahin  kommen,  so  ein  tag 
zwen  dagebliben,  tag  vnd  nacht  im  wasser  gesessen,  in  den  Burgers  Heusern  dasselbig 
wärmen  lassen,  vnd  darein  in  Bütten  gesessen,  daß  das  gantz  Dorff  voll  Badgest  vnd 
erfüllet  gewesen,  vermeynend,  sie  seien  das  gantz  Jar  hernacher  von  kranckheiten  ver- 
waret  vnd  sicher"  64 

Von  dem  ebenfalls  im  Unterelsaß  gelegenen  Sulzbad  schreibt  Sebiz  in  seinen  Miß- 
bräuchen der  Bäder  1647:  „Ich  habe  gesehen,  zwar  nicht  in  dem  Sauerbrunnen,  sondern 
in  vnserm  Sultzbad,  das  gemeine  Leuthe  an  St.  Johanns  tag  24  stunden  continue  nach 
einander  in  dem  bade  gesessen,  die  baden  Cur  in  solcher  Zeit  zu  ende  geführt,  vnd  in 


22  Joliannisbäder  in  Biberach  /  Baden-Baden  und  Warmbrunn 

dem  bade  gessen,  getruncken,  geschlaffen,  auch  wol,  wann  sie  in  der  grösten  hitze  ge- 
wesen, vnd  l<öpffe  so  roth  als  die  Zinßi<appen  gehabt,  ein  Olaß  nach  dem  andern  von 
dem  gesaitzenen  Wasser  auß  getruncl<en"  65. 

Aus  dem  Württembergischen  liegt  ein  weiteres  Zeugnis  vom  Jahre  1673  vor.  Salomon 
Braun  spricht  bei  Beschreibung  des  1673  nach  der  Zerstörung  im  Dreißigjährigen  Kriege 
wieder  errichteten  Biberacher  Bades  von  den  Mißbräuchen  beim  Baden,  „darunter  auch 
noch  einer,  als  nicht  der  geringste  zu  mercken,  daß  auch  bey  uns  dieser  übele  Gebrauch 
bey  vielen  sich  gefunden,  die  da  zu  verkürtzung  der  Zeit  und  Bade  Cur  desto  länger, 
und  wol  gar  continuidich  24  Stunden  im  Zuber  sitzen  blieben,  darinnen  geessen,  ge- 
truncken, geschlaffen,  und  ja  theils  so  eine  sonderliche  Zeit,  nemblich  S.  Johannis  Bap- 
tistae  Nacht  dazu  erwehlet,  und  meynen  solche  Leuthe,  wenn  sie  nur  frisch  wider  heim- 
gehen können,  haben  sie  die  Sache  wol  getroffen,  gedencken  aber  nicht,  wenn  ihnen 
darnach  ein  und  anderer  Zufall  anstösset,  daß  der  Mißbrauch  deß  Bades  daran  schuldig 
sey,  welches  aber  viel  mit  Schaden  erfahren"  66. 

Als  Zeiller  auf  einer  Reise  abends  um  8  Uhr  nach  Baden-Baden  kam,  berichtet  er 
1632,  konnte  er  erst  nach  eineinhalbstündigem  Suchen  Unterkunft  finden,  „weiin  so 
viel  Badleuthe,  sonderlich  Bauern,  vorhanden  waren,  die  wegen  der  S.  Johans  Nacht 
jhnen  einbildeten,  wann  sie  selbigen  Abent  badeten,  daß  sie  hierdurch  das  gantze  Jahr 
für  Kranckheiten  sollen  befreyet  sein"  67.  Auch  im  Mineralbade  Laimnau  (1840  Bad- 
hütten bei  Laimnau  genannt  is*)  wurde  in  der  Johannisnacht  gebadet  68. 

Mit  einem  Beispiele  aus  Schlesien  will  ich  die  Johannisbäder  beschließen.  1607  schreibt 
ScHWENCKFELDT 69  vou  Warmbruun  bei  Hirschberg:  „Vnd  weil  man  zur  selbigen  Zeit, 
von  den  Warmen  Bädern  hier  zu  Lande,  wenig  Wissenschafft  gehabet,  ist  es  von  den  lieben 
Alten  vor  ein  Wunder  Wasser  gehalten  worden,  in  dem  sie  aus  Oottes  Wort  von  dem 
Teiche  Bethesda  zu  Jerusalem  beym  Schaffhause  vernomen,  daß  er  Järlichen  zu  gewisser 
Zeit,  von  einem  Engel,  der  das  Wasser  trübete,  sondediche  Krafft  vnd  Wirckung  vber- 
kommen,  daß  es  den  ersten  Menschen,  welcher  sich  darein  tauchete,  von  aller  Leibes 
Kranckheit  vnd  Schwachheit,  wie  die  auch  sein  möchte,  entledigte.  Allweil  sie  dann  be- 
funden, daß  dieses  Warme  Wasser  zu  vielen  gefährlichen  Kranckheiten  nützlich  vnd  gut, 
vnd  die  beste  fürnemeste  Krafft  vmb  Johannis  darinnen  beruhete  (weil  vmb  dieselbige 
zeit,  wegen  der  nahegelegenen  Sehne  Oebürgen,  dasselbige  zu  brauchen  die  bequemeste 
vnd  lustigste  Zeit  gewesen)  haben  sie  solche  Krafft  dem  H.  Johanni  zugeschrieben,  als 
wenn  er,  gleich  wie  der  Engel  zu  Bethesda,  daß  Wasser  im  Warmen  Brunnen  bewegete, 
vnd  dadurch  die  Krafft  erweckete  (vgl.  Abb.  12).  Welcher  Aberglaube  heutiges  Tages  bey 
dem  gemeinen  Volcke  noch  sehr  tieff  eingewurtzelt.  Denn  an  S.  Johannis  Abendt,  vnd  an 
Johannis  Tage  vberaus  viel  Volckes  von  nahen  vnd  fernen  Orthen,  dahin  sich  findet, 
Gesunde,  gesunden  Leib  vbers  Jahr  zubehalten,  Krancke,  Lahme,  Krätzige,  Außsetzige, 
Gichtbrüchige,  jre  Kranckheit  zuwenden.  Feilet  hauffenweise  vbereinander  in  Brunnen 
wie  die  Gänse,  gäntzlicher  meinung,  daß  Warme  Bad,  were  diesen  Tag  viel  kräfftiger, 
als  andere  Zeit  deß  Jahres,  vnd  gebe  in  einer  halben  Stunde  dem  Leibe  mehr  Krafft,  als 


Reinigung  der  Brunnen  am  Johannistage  /  Ostern  als  Badetag 


23 


sonsten  Vier  oder  Fünff  Wochen.  Derowegen  die  Alten  S.  Johanni  zu  Ehren  eine  Capeli 
erbawen  lassen,  in  welcher  vor  zeifen  Jährlichen  an  Johannis  Tage  eine  Messe  gelesen 
worden,  denen,  welche  das  Warme  Bad  gebrauchet  haben.  Wie  denn  vor  Jahren  eine 
große  Wallfahrth  dahin  gewesen  ist." 

Auch  die  Trinkbrunnen  entfalten  mit  dem  Johannistage  neue  Tätigkeit,  nachdem  man 
sie  gereinigt  hat.  Dies  geschieht  im  Elsaß  ^o^  am  Rhein,  wo  man  einen  neuen  Brunnen- 
meister wählt,  sich  die  Nachbarn  zu  einem  kleinen  Feste  zusammenfinden  und  die 
Kinder  in  der  Nachbarschaft  herumziehen,  um  Eier  zu  sammeln  ^i.  Am  bekanntesten 
ist  die  Brunnenfege  in  Thüringen.  In  Blankenhain  hat  man  gar  eine  Feier  der  Augs- 
burger Konfession  aus  dem  ahheidnischen  Gebrauche  gemacht,  die  mit  einem  Gottes- 
dienst und  fröhlichem  Treiben  auf  der  Straße  verbunden  ist,  wobei  man  den  eigentlichen 
Zweck,  die  Reinigung  des  Brunnens,  nicht  vergessen  hat.  Nachdem  dieser  ausgepumpt 
und  gesalzen  ist,  wird  er  ver- 
schlossen, mit  Blumen  be- 
kränzt, um  am  anderen  Tage 
von  neuem  seine  Tätigkeit 
aufzunehmen  72 

Nach  Grimm  fordert  die 
Saale  jährlich  ihr  Opfer  auf 
Walpurgis  oder  Johannis. 
Der  Glaube,  daß  der  See  oder 
der  Fluß  sein  Opfer  verlange, 
ist  weit  verbreitet;  daß  dies 
aber  am  Johannistage  ge- 
schehen solle,  läßt  sich  nicht 
gut  mit  der  Häufigkeit  des 
Bades  an  diesem  Tage  in 
Einklang  bringen.  Auch  ist 
mir  der  erwähnte  Aberglaube  in  etwas  anderer  Fassung  bekannt:  Es  soll  nicht  vor 
Johannis  gebadet  werden  wegen  des  angeblich  geforderten  Opfers.  Der  Johannistag 
ist  demnach  für  das  Volk  der  Anfang  der  Badesaison.  In  Schwaben  wird  im  Neckar 
erst  gebadet,  wenn  am  Fronleichnam  das  Allerheiligste  über  den  Fluß  getragen,  und 
in  der  Donau,  wenn  der  Meßner  am  Pfingstmontag  das  übrig  gebliebene  Weihwasser 
in  die  Donau  geschüttet  hat  73. 

Auch  Ostern  kam  als  Badetag  in  Betracht.  Zu  Osterode  am  Harz  galt  das  am  Oster- 
morgen  vor  Sonnenaufgang  genommene  Bad  für  gut  gegen  Grind  und  andere  Ge- 
brechen (1788)74^  in  der  Bunzlauer  Gegend  nahm  man  an,  daß  der  das  ganze  Jahr  ge- 
sund bliebe,  der  sich  am  1.  Ostertag  im  kalten  Wasser  badete  (17Q1/Q2)i9  Wuttke 
gibt  diesen  Glauben  für  die  Gegend  der  Niederelbe  und  Mitteldeutschland  an.  Er  be- 
steht in  Böhmen  für  das  Flußbad  am  Tage  der  Heiligen  drei  Könige.  In  Bayern,  Böhmen 


Abb.  12.    Der  Teich  Bethesda.     Holzschnitt  aus  der  Züricher 
Bibel.    Zürich,  Froschauer.    1545. 


24  Heilige  Brunnen  /  Maibrunnen 

und  im  Erzgebirge  schützt  man  sich  durch  Baden  am  Karfreitag  vor  Sonnenaufgang 
gegen  Fieber  und  vertreibt  damit  Ausschlag  und  Krätzers.  Wer  am  Fastendienstag 
morgens  nüchtern  badet,  der  bekommt  das  ganze  Jahr  kein  Rückenweh  (1650)  76 

Quellen,  neben  denen  oder  auch  über  denen  Kapellen  errichtet  waren,  wurden  natür- 
lich am  Namenstage  ihres  Schutzpatrons  besonders  eifrig  benutzt,  und  Cysat  ^7  ver- 
gißt nicht  (1661)  zu  betonen,  daß  im  kalten  Bad  auf  dem  Rigi  neben  der  Wallfahrt  die 
Wirkung  dem  Bade  zugute  komme.  Bei  manchem  dieser  Gesundbrunnen  läßt  sich 
trotz  ihrer  Beziehung  zu  christlichen  Heiligen  nachweisen,  daß  ihre  Verehrung  aus  heid- 
nischer Zeit  stammt.  So  führt  das  eben  erwähnte  kalte  Bad  auf  dem  Rigi,  dessen  Kapelle 
dem  Erzengel  Michael  geweiht  ist,  auch  den  Namen  Schwesternbrunnen,  und  die  Sage 
erzählt,  daß  zu  Kaiser  Albrechts  Zeit  drei  leibliche  Schwestern  vor  der  Landvögte 
Tyrannei  und  Übermut  dort  hingeflohen  und  ihr  Leben  am  Brunnen  heilig  beschlossen 
hätten. 

Trotz  dieser  lokalen  Sage  finden  sich  Schwesternbrunnen  von  den  Alpen  bis  nach 
Norddeutschland,  und  Runge  ^s  verweist  darauf,  daß  die  drei  heiligen  Schwestern  von  der 
Kirche  nicht  angenommen  sind  und  sich  mit  St.  Einbett,  St.  Warbett  und  St.  Wilbett, 
die  Panzer  für  Bayern  häufig  nachgewiesen  hat,  decken ;  diese  sind  aber  nach  Wolf  68 
die  drei  Schicksalsjungfrauen,  die  Nornen.  Auf  dem  Kronberg  in  Appenzell  befindet  sich 
der  noch  heute  benutzte  St.  Jakobsbrunnen,  auch  der  Wunderbrunnen  genannt,  in  der 
Nähe  einer  Kapelle  der  Apostel  Bartholomäus  und  Jakobus ;  der  letztere  soll  von  hier 
aus  seinen  Wanderstab  bis  nach  San  Jago  di  Compostella  geschleudert  haben.  Runge 
hat  nachgewiesen,  daß  sich  unter  dem  schleudernden  St.  Jakobus  Donar  verbirgt,  dessen 
Hammer  Miölnir  sich  in  manchen  Sagen  in  einen  Stab  verwandelt.  Bei  Courfaivre  im 
Berner  Jura  und  am  Ufer  der  Sorne  liegen  der  heiligen  Columba  (nicht  Columbus  oder 
Columban)  gewidmete  Heiibrunnen.  Die  Kirche  kennt  keine  Heilige  dieses  Namens, 
und  man  glaubt  sie  zu  den  keltischen  Feen  rechnen  zu  dürfen  ^s  ich  könnte  die  Bei- 
spiele noch  vermehren,  die  zeigen,  daß  die  Kirche  heidnische  Traditionen  auf  Heilige 
übertrug,  nachdem  ihre  Ausrottung  mißlungen  war,  ein  Zeichen,  daß  derartige  Heil- 
brunnen schon  in  uralter  Zeit  benutzt  wurden.  Das  letztere  gilt  auch  für  die  Heiden- 
oder Guggers-(Teufels-)brunnen.  Sie  galten  trotz  ihrer  Bezeichnung  für  heilkräftig  und 
wurden  wie  die  heiligen  Quellen  benutzt  ^s. 

Auch  die  Maibrunnen  suchte  übrigens  die  Kirche  in  Verbindung  mit  heiligen  Zeiten 
zu  bringen.  Von  einigen  dieser  Quellen  behauptet  das  Volk  heute  noch,  daß  sie  genau 
an  einem  Marientage  (Verkündigung,  25.  März)  hervorkommen  und  an  einem  anderen 
(Geburt,  8.  Sept.)  abstehen  78.  Zu  diesen  gehört  „Unserer  Lieben  Frauen  Brunnen" 
im  Lenker  Bad  79  Andere  fließen  zwischen  zwei  Kreuztagen  (Kreuzerfindung,  3.  Mai  bis 
Kreuzerhöhung,  14.  September).  Cysat  gibt  1616  diese  Zeit  für  einen  Brunnen  in  der 
See-Enge  (Vierwaldstätter  See)  zwischen  Lopp  und  Rotzberg  an.  Nach  Huggelin  (155Q)  so 
fließt  die  Pfäferser  Therme  vom  3.  Mai  bis  zum  24.  September,  wobei  irrtümlich  24.  für 
14.  gedruckt  ist.    (KempfeSI  gjbt  1706  den  4.  September  an).    174Q  wendet  sich  Wal- 


Die  heiligen  Brunnen  der  Schweiz  /  Steiernmii<s  und  des  übrigen  deutschen  Landes     25 

THIERS2  gegen  die  „fabulöse  Vorgebung",  daß  das  Wasser  „nicht  ehender,  als  bis  mans 
in  Festo  S.  Crucis  mit  Creutz  und  Fahnen  hohle",  i<omme. 

Von  heiligen  Heilquellen  in  der  Schweiz  seien  hier  nach  Runge  ^s  einige  angeführt. 
Bei  dem  Kirchlein  zu  Munzach  zeigte  sich  einst  die  Mutter  Gottes.  An  der  Stelle,  die 
ihr  Fuß  betrat,  entsprang  der  treffliche  Brunnen,  der  jahrhundertelang  von  Pilgern  mit 
Scheu  und  Ehrfurcht  getrunken  wurde,  wenn  sie,  Heilung  von  körperlichen  Leiden 
suchend,  hierher  kamen.  Man  leitete  ihn  als  Heilbrunnen  in  das  ziemlich  entfernte 
Siechenhaus.  Die  Quelle  von  Sakramentswald  in  Unterwaiden  entstand,  als  Räuber  auf 
der  Alp  das  gestohlene  Sakrament  niedergelegt  hatten.  Man  errichtete  sofort  über  ihr 
eine  Kapelle,  und  sie  zeigt  drei  wunderbare  Eigenschaften,  befreit  nämlich  den  Badenden 
von  allen  Krankheiten,  läßt  sich  nicht  trinken  und  kann  auch  nicht  herausgeführt 
werden*.  In  der  Kirche  zu  Beinwyl  stellte  der  Brunnen  des  heiligen  Pfarrers  Burkhardt 
so  viele  Krüppel  her,  daß  von  den  in  der  dortigen  Kirche  aufgehängten  Krücken,  Stelzen 
und  wächsernen  Gliedern  der  Ort  selbst  den  Beinamen  Ghanget-Beuel  empfing. 

Für  Steiermark  hat  Wichner  S4  die  beim  Volk  im  Rufe  besonderer  Heilkraft  stehenden 
Quellen  zusammengestellt.  Sie  sind  nicht  selten.  Öfters  wölbt  sich  auch  hier  über 
diesen  eine  Kapelle.  So  zu  Cilli  der  „Föns  decollationis  S.  Maximiliani",  zu  Kaltbrunn 
bei  Goß,  Ulrichsbrunn  bei  Graz,  Schüsserlbrunn,  Heilbrunn,  der  schon  im  17.  Jahr- 
hundert gegen  Augenleiden  gebraucht  wurde.  Bei  Mautern  fließt  in  einer  Kapelle  das 
Wasser  aus  der  Seitenwunde  des  Heilands.  Zu  Dietrichshag  bei  St.  Gallen  (in  Steier- 
mark) steht  die  Kapelle  neben  der  bei  Augenleiden  gesuchten  Quelle.  Auch  die  Kapelle 
„Maria  zum  guten  Rate"  im  Hauswalde  bei  Strechau  birgt  einen  für  Augen  und  Haut 
nützlichen  Brunnen.  Kleine  Kreuze,  an  Baumstämmen  angebracht,  bezeugen  die  Dank- 
barkeit der  Geheilten.  Dasselbe  geschieht  beim  „heiligen  Brunnen"  ob  Bärendorf  im 
Paltentale.  Am  „Stein"  bei  Mitterndorf  am  Fuße  des  Grimming  entspringt  seit  „un- 
denkbarer Zeit"  eine  Quelle  gegen  Gicht  und  Geschwüre  und  heißt  „Heilbrunn".  In  alten 
Zeiten  war  ein  steinernes  Becken  vorhanden,  und  noch  sieht  man  dort  ein  Bild,  Personen 
vorstellend,  die  ihre  Füße  baden.  In  Studenitz  war  schon  vor  Gründung  des  Klosters 
eine  wundertätige  Quelle.  Um  1249  bekam  ein  blindes  Mädchen  dort  das  Gesicht  wieder. 

Im  übrigen  Deutschland  finde  ich  zwei  Quellen,  die  beim  Volke  eine  besondere  Be- 
achtung fanden,  von  denen  „des  Merkwürdigen  und  Wundersamen  viel  erzählt  wurde", 
das  sind  die  Ludgeriquelle  bei  Helmstädt,  der  heilige  Born,  und  der  Ottoborn  bei  Pyritz 
in  Pommern,  wo  die  ersten  Sachsen  von  St.  Ludgerus,  bezw.  Pommern  vom  Bischof 
Otto  von  Bamberg  zu  Christen  getauft  wurden  85.  in  Königsberg  lag  ein  heiliger 
Brunnen  an  einer  Kirche,  und  die  eine  Quelle  der  Pegnitz  bei  Lindenhart  in  Bayern  wird 
heute  noch  der  heilige  Brunnen  genannt  70.  Über  Mineralquellen  oder  vermeintliche 
Mineralquellen,  welche  den  Namen  Föns  sacer  oder  heiliger  Brunn  führten,  wird  später 

*  1580  wurde  im  Dorf  Klein-Engstingen  bei  Aurach  in  Württemberg  ein  Brunnen  von  saurem 
Wasser  gefunden.  Ais  Merl<würdigl<eit  wird  angegeben  (1655),  er  lasse  sicii  nicfit  einschließen  (wohl 
wegen  der  Kohlensäure)  und  sei  doch  gesund  zum  Trinken  ^3. 


26  Die  kalten  Bäder  und  ihr  Gebrauch 

berichtet  werden.  Die  meisten  dieser  Bäder  sind  eisi<alt  und  wurden  gewöhnlich  unge- 
wärmt  an  ihrem  Ursprünge  benutzt.  Darauf  weisen  in  der  Schweiz  die  Namen  Kaltbad, 
in  Steiermark  Kaltbrunn  hin.  Im  Tobelbad,  einer  Therme  bei  Graz,  ließ  die  Landschaft 
1546 — 47  ein  kaltes  Bad  für  Arme  erstellen  §4  Die  Quelle  wurde  also  in  einer  Tempera- 
tur, wie  sie  die  Natur  gab  (25 — 2Q0  C),  benutzt.  In  Pyrmont  gebrauchte  man  1597  den 
siedenden  (späteren  Bad-)  Brunnen  zum  kalten  und  warmen  Bade  56  nig  war  der 
niedere  Badbrunnen  daselbst  mit  eichenen  Bohlen  22  Schuh  in  der  Länge,  16  in  der  Breite 
gefaßt  und  hatte  4  Schuh  Wassertiefe.  Er  wurde  als  kaltes  Bad  von  den  Armen  gebraucht, 
welche  den  Sommer  über  hineinstiegen  3si.  Der  schon  erwähnte  Brunnen  der  heiligen 
Columba  im  Berner  Jura  liegt  in  einer  prächtigen  Grotte,  welche  durch  ihre  fast  regel- 
mäßige Wölbung  die  Gestalt  eines  Backofens  erhält.  Das  Gewölbe  ist  fast  zwanzig  Fuß 
hoch,  die  Grotte  fünfzehn  Schritte  breit  und  dreißig  bis  vierzig  Schritte  tief.  Im  Grunde 
der  Grotte  fällt  von  der  Wölbung  der  letzteren  senkrecht  eine  ziemlich  starke  Quelle  in 
ein  schmuckloses  Bassin.  In  dieses  beständig  mit  kaltem  Wasser  gefüllte  Becken 
tauchen  Eltern  ihre  rachitischen  (nach  anderer  Mitteilung  verkümmernden)  Kinder.  Oft, 
wenn  man  die  Straße  entlang  geht,  hört  man  ein  Gebrülle  und  Geschrei ;  das  sind  die 
Kinder,  welche  man  eben  in  das  kalte  Wasser  taucht.  Dieser  Brauch  datiert  schon  seit 
undenklicher  Zeit  (1867)86.  Nach  Runge  geht  der  Eintauchung  ein  Gebet  voran,  und 
der  Volksglaube  verbietet  ein  Eintauchen  Unerwachsener  am  Freitag. 

In  der  Schweiz  nannte  man  die  „Kaltbäder"  auch  „Kaltwehbrunnen",  weil  sie  gegen 
Kaltweh,  Malaria,  benutzt  wurden.  In  der  Regel  bestand  die  Kur  in  einem  dreimaligen 
Eintauchen.  „So  hat  man  gnug",  wie  Stumpf  (1546)9  sagt.  Im  kalten  Bad  auf  der 
Rischi-Alp  hinter  der  Eck  in  Unterwaiden  (jetzt  Schwendikaltbad),  das  bis  ins  IQ.  Jahr- 
hundert sehr  schwer  zugänglich  war,  bestand  vormals  die  Sitte,  Leute  für  Geld  zu 
dingen,  um  sich  für  einige  Minuten  ins  kalte  Bad  zu  setzen  für  Rechnung  und  Frommen 
irgend  eines  Kranken,  welcher  diese  Verrichtung  an  dem  wilden,  sehr  entlegenen  Orte 
selbst  übernehmen  nicht  wollte  oder  konnte  §7.  Zu  Anfang  des  18.  Jahrhunderts  behielt 
man,  wenn  auch  nicht  immer,  beim  Eintauchen  die  Kleider  an  20.  Auch  noch  1826  war 
es  vielfältig  Sitte,  daß  man  den  ganzen  Körper  oder  einzelne  Teile  samt  den  Kleidern  in 
das  Wasser  tauchte  und  sie  dann  an  der  Sonne  trocknete  ss.  Von  ärztlicher  Seite  wurde 
jedoch  das  nackt  genommene  Bad  befürwortet  ss 

Obenan  stand  Rigikaltbad,  ein  großer  Trog,  in  den  der  nie  über  5^0  warme 
Schwesternbrunn  floß.  Zum  ersten  Male  wird  er  1661  von  Cvsat'?^  erwähnt,  dem 
glaubwürdige  Personen  versicherten,  das  Bad  habe  Fieber  und  andere  Gebrästen  ge- 
heilt. Noch  1826  bestand  es  aus  einer  Badewanne;  1832  fand  sich  neben  dieser  (als 
ausgehöhlter  Baumstamm  bezeichnet)  50  Schritt  davon  eine  kleine  Hütte  mit  2  Wannen, 
wo  man  um  24  Kreuzer  ein  Waschbad  nehmen  konnte  ss  Daneben  wird  schon  ein 
größeres  Gebäude,  die  Molkenkuranstalt,  erwähnt,  aus  dem  sich  allmählich  die  jetzige 
Anlage  auf  Rigikaltbad  entwickelte. 

Außer  diesem  hat  es  nur  noch  der  genannte  Brunnen  hinter  der  Eck  auf  Rischialp, 


Die  kalten  Bäder  der  Schweiz 


27 


das  heutige  Schwendikaltbad,  zu  einem  blühenden  Kurorte  gebracht.  1576  wird  es  von 
Adam  von  Bodenstein  zum  ersten  Male  erwähnt:  „In  Vnderwalden  ist  ein  solch  kalts 
bad,  das  sich  in  klüfften  in  welchen  der  schnee  zu  keiner  ewigen  zeit  abgeschmoltzen 
nimmet,  hat  seinen  Cataracten  durch  die  alabaster  vnd  gewaltige  kreuter,  wirt  von  vilen 
besucht,  aber  sie  verharren  nit  lang  darin,  vertreibt  etliche  kranckheiten  gar  schnell"  89. 
Es  scheint  erst  seit  1706  gewärmt  benutzt  zu  werden;  denn  in  diesem  Jahre  wurde  eine 
aus  Baumstämmchen  bestehende  Hütte  erweitert  und  ein  Kessel  zum  Erwärmen  des 
Wassers  eingestellt  90.  Das  Bad  erhielt  trotz  des  beschwerlichen  Zugangs  großen  Zu- 
lauf. Mitte  des  18.  Jahrhunderts  wurde  es  in  acht  Jahren  von  über  fünftausend  Personen 
besucht  SS.  RüschSS  führt  1826  an,  daß  die  Kur  dort  sehr  schnell  vollendet  werde;  zehn 
Tage  genügten  in  der  Regel.  „Zum  Beschluß  pflegt  man  gewöhnlich  noch  einige  Male 
den  Körper  oder  das  leidende  Glied  in  kaltes  Wasser  einzutauchen,  welches  freilich  nicht 
überall  anwendbar  ist."  Ein  letzter 
Rest  von  der  alten  Oebrauchsart  des 
Bades  war  im  Volksbewußtsein  doch 
noch  erhalten  geblieben. 

Auch  der  schon  erwähnte  Brunnen 
Unserer  lieben  Frauen  zu  Leuk,  der 
mit  einer  Temperatur  von  0 — 0,6"  C 
mitten  unter  den  heißen  Quellen  ent- 
springt 9i,  wurde  nach  dem  warmen 
Bade,  allerdings  in  direktem  Anschluß, 
benutzt,  nach  Collinus  (1574)  zum 
Schaden  der  Patienten  ■?9. 

Eingegangen  ist  das  einst  viel  benutzte  kalte  Bad  im  Krauchtal  (Kanton  Glarus),  das 
von  Stumpf  (1546)  9  irrtümlich  als  Bad  auf  demWepchen(Bad  auf  dem  Vepioberg)8s  be- 
zeichnet wird  86.  Beschreibung  und  Bild  (Abb.  13)  stimmen  nicht  mit  der  dortigen  Quelle 
überein,  sondern  mit  dem  Krauchtaler  Bade.  Auch  Waoner  ^3  und  ScheuchzerW 
vereinigen  beides  zu  einem  und  sprechen  von  einem  Krauchtaler  Bad  auf  dem  Wep- 
chen.  In  früherer  Zeit  zog  während  der  drei  ersten  Sonntage  im  August,  die  deshalb 
„kalte  Badsonntage"  genannt  wurden,  viel  Volk  ins  Krauchtal  zum  Zwecke  des  Badens. 
Noch  in  den  vierziger  Jahren  des  19.  Jahrhunderts  wurde  das  Bad  benutzt,  doch  bei 
weitem  nicht  mehr  wie  früher,  1867  gar  nicht  mehr  86.  Nach  Stumpf  vollbrachte  es 
Wunder;  verfinsterte  Augen  wurden  erleuchtet,  etliche  ihm  bekannte  Personen  bekamen 
das  Gehör  wieder;  doch  fügt  er  hinzu,  daß  etliche  Gebrechen  auch  böser  geworden 
seien.  Das  Bad  ist  ein  Wasserbecken  von  mehreren  Minuten  Umfang,  in  das  sich  einige 
kalte  Quellen  ergießen  86  nach  älteren  Schriftstellern  ein  Sammelbecken  von  Schnee- 
und  Gletscherwasser.  Zu  Wagners  Zeit  (1680)  besuchten  es  die  jungen  Leute  aus  dem 
Glarner  und  Sarganser  Land  um  den  Anfang  August,  mehr  um  sich  zu  erfrischen  als 
krankheitshalber.   Dasselbe  berichtet  Tschudi  (1714)92.   Wegen  Erkrankung  wurde  es 


Abb.  13.  Kaltes  Bad  auf  dem  Wepchen.  Holzschnitt  aus 
Stumpf,  Schweizerchronik.  Zürich,  Froschauer.  1548. 


28  '  Sonstige  kalte  Bäder 

auch  noch  zuweilen  besucht,  „habe  aber,  die  Wahrheit  zu  bekennen,  noch  von  keinen 
Proben  gehört,  die  mir  den  Glauben  darvon  geben  könnten". 

Eine  dem  Rigi-Kaltbad  ähnliche  Wirkung  schrieb  Cysat  einem  Kaltbad  im  Entiibuch 
nicht  weit  von  den  Brüderen  zu  ^7  Das  in  der  Jeninser  Alp  eine  Meile  von  Malans  ge- 
legene galt  1717  für  gut  gegen  Fieber  und  Raud^*.  Der  vor  Kälte  kaum  genießbare 
Jakobsbrunnen  in  Appenzell  und  der  Kaltwehbrunnen  auf  dem  Pilatus,  den  Konrad 
Gessner  1555  erwähnt,  scheinen  vornehmlich  zum  Trinken  benutzt  worden  zu  sein  und 
zwar  bis  zum  Erbrechen  gegen  Malaria,  eine  Behandlungsart,  der  sich  auch  Priessnitz 
bediente;  andere  Brunnen  trank  man  gegen  Dysenterie  und  Aussatz.  182Ö  waren  noch 
sichtbare  Merkmale  der  ehemaligen  Badeeinfassung  einer  Quelle  auf  dem  Falknißgebirge 
(in  der  Nähe  von  Ragatz)  oberhalb  der  Alphütten  sichtbar,  1830  waren  sie  unbekannt  88. 
RÜSCH  führt  auch  eine  Quelle  im  Maschanzertobel  in  der  Gemeinde  Trimmis  an.  In 
der  Nähe  von  Thun  lag  das  Juckibrünnelein,  das  noch  1832,  wenn  auch  selten,  benutzt 
wurde  88.  1707  tauchten  sich  die  Leute  in  allerhand  Krankheiten  mit  und  ohne 
Kleider  darin  ein.  Ein  zweiter  Brunnen  in  der  Nähe  von  Thun,  der  zu  Dießbach  am 
Schlag-Weg,  wurde  vorzüglich  gegen  Migräne,  Hemikranie  und  andere  Hauptschmerzen 
gerühmt  20. 

Man  gebrauchte  diese  sehr  kalten  Brunnen  demnach  besonders  gegen  Kopf-,  Lenden- 
und  Bauchschmerzen,  sowie  gegen  Fieber,  wie  es  scheint  besonders  gegen  Kaltweh, 
Malaria. 

Bei  den  zwei  genannten  Brunnen  in  der  Nähe  von  Thun  bemerkt  Scheuchzer  1707, 
daß  sie  in  die  Zunft  jener  Kaltwehbrunnen  gehören,  welche  hin  und  wieder  in  schwei- 
zerischen Gebirgen  zur  Heilung  dieser  Krankheit  angewendet  werden.  Der  Kaltweh- 
brunnen auf  dem  Pilatus  wurde  besonders  gegen  das  dreitägige  kalte  Fieber  getrunken. 
RüscH  führt  an,  diese  Bäder  seien  auch  gegen  Rachitis  gebraucht  worden,  doch  ist 
mir  in  dieser  Hinsicht  in  der  Schweiz  nur  der  erwähnte  Brunnen  der  heiligen  Columba 
bekannt.  Im  Württembergischen  schrieben  die  Bauern  (1840)  dem  „Heilbrönnle"  bei 
Möhringen  Kraft  gegen  die  englische  Krankheit  zui54;  ob  sie  den  Brunnen  kalt  ge- 
brauchten, wird  nicht  gesagt.  Des  weiteren  galt  er,  wie  die  schweizerischen,  als  Heil- 
mittel von  Hautkrankheiten.  Dies  wußte  auch  Paracelsus.  Räude  (pruritus)  und  Krätze 
(Scabies)  werden  nach  ihm  durch  Schneewasser  in  Gebirgen  geheilt.  Die  erkrankten 
Glieder  seien  darin  zu  baden,  wodurch  sie  narkotisiert  (wohl  in  bezug  auf  das  Jucken) 
und  die  Krankheit  vertrieben  würde  ^5. 

Seit  wann  die  kalten  Quellen  in  Gebrauch  waren,  ist  nicht  bekannt.  Das  dreimalige 
Eintauchen  läßt  auf  Beziehungen  zur  Taufe  schließen,  doch  wurde  schon  im  Vorher- 
gehenden auf  den  Zusammenhang  mit  dem  Heidentum  hingewiesen. 

Eine  ganz  auffallende  Ähnlichkeit  im  Gebrauch  der  kalten  Bäder  bestand  zwischen 
dem  Kontinent  und  England,  und  diese  englischen  Kaltbäder  waren  es,  welche  den 
Anstoß  zur  späteren  Kaltwasserbehandlung  der  Ärzte  und  dem  Abhärtungssystem  der 
Pädagogen  gaben. 


Kalte  Bäder  in  England  und  ihr  Gebrauch  29 

In  England  waren  nicht  alle  kalten  Brunnen  Heiligen  gewidmet,  doch  galten  diese 
als  die  heilsamsten,  und  Floyer  klagt  1702,  daß  zu  seiner  Zeit  mit  dem  Glauben  an  die 
Kraft  der  Heiligen  der  Glaube  an  die  Kraft  der  kalten  Bäder  verloren  gegangen  sei  96 
Aus  dem  Umstände  aber,  daß  die  Kirche  das  Eintauchen  in  Brunnen  verbot,  geht  her- 
vor, daß  es  sich  auch  hier  um  altheidnischen  Brauch  handelte.  Nach  Floyer  stammte 
er  aus  vorgeschichtlicher  Zeit. 

Die  Benutzungsart  der  kalten  Bäder  in  England  ist  uns  eingehender  als  anderorts 
überliefert  worden.  Floyer  erkundigte  sich  bei  Bekannten  nach  den  heiligen  Brunnen 
und  veröffentlichte  1702  die  eingegangenen  Berichte  in  seiner  Psychrolusia,  aus  denen 
ersichtlich  ist,  daß  das  Eintauchen  und  Baden  in  den  kalten  Bädern  doch  nicht  ganz 
abgekommen  war. 

Das  englische  gemeine  Volk  hat  nach  Floyer  entdeckt,  daß  Doppelglieder  (Rachitis) 
und  Flußschmerzen  (dolores  rheumatici)  durch  kalte  Bäder  kuriert  werden.  Hier  also 
dieselben  Indikationen  wie  in  der  Schweiz;  denn  die  Haupt-,  Rücken-,  Lenden-  und 
Mutterschmerzen  waren  nach  damaliger  Auffassung  Flüsse,  Rheumatismen.  Auch 
wurden  die  heiligen  Brunnen,  wie  auf  dem  Festlande,  als  Heilmittel  gegen  Krätze  und 
Aussatz,  die  wir  wohl  allgemein  als  Hautkrankheiten  bezeichnen  können,  Malaria  und 
böse  Augen  angewendet.  Am  berühmtesten  waren  St.  Winfreds  Brunnen  *,  der  schon 
im  Jahre  Ö44  Wunder  bewirkte,  St.  Mongahs  (auch  St.  Mungos  genannt),  St.  Bedes  und 
Honwick-Brunnen. 

Ich  teile  hier  einige  Auszüge  aus  den  interessanten,  an  Floyer  gerichteten  Briefen 
mit.  Ellison  schreibt  1700:  „Nichts  ist  gemeiner  in  diesem  Lande,  und  wird  gemeinig- 
licher nützlich  zu  Verhütung  oder  Curirung  der  Rhachitis  befunden,  als  Kinder  von 
einem  Jahre,  und  drüber,  zu  St.  Bede's,  Honwick  oder  St.  Mungo's  Brunnen  (welches 
sehr  kalte  Quellen  sind)  zu  schicken,  und  in  den  Monaten  Junii  und  Julii  des  Abends 
14  Tage  lang,  und  länger,  einzutauchen ;  wenn  aber  die  Kinder  sehr  schwach  sind,  in 
der  ganzen  Zeit  etwan  1  oder  2  Tage  mehr  auszusetzen.  Einige  tauchen  sie  2  bis  3  mal 
über  den  Kopf,  in  ihren  Nachthemdern  und  Kappen,  und  lassen  sie  zwischen  jedem  Ein- 
tauchen ein  wenig  Verblasen.  Andere  tauchen  sie  nur  bis  an  den  Hals  (weil  das  Wasser 
ihnen  den  Atem  benehmen  könnte),  tunken  aber  die  Nachtkappen  treulich  ein,  und 
setzen  sie  naß  auf  ihr  Haupt.  Andere  (wo  der  Brunnen  nicht  räumlich  genung)  sind  zu- 
frieden, ihre  Kinder  in  einen  Kübel  voll  von  der  Quelle  gesammleten  Wassers  zu  stecken, 

*  St.  Winfreds  oder  Wienfrieds  Brunnen,  jetzt  Holywell  genannt,  liegt  bei  dem  gleichnamigen  Ort 
in  der  Grafschaft  Flint  in  Wales.  Nach  einer  älteren  Angabe  von  1748  gibt  die  Quelle  in  der  Minute 
hundert  Tonnen  Wasser.  Ihre  Verehrung  knüpft  an  die  Enthauptung  der  heiligen  Winefrida  an.  An 
der  Quelle  wächst  grünes  IVloos,  das  „Winefrids  Haar",  das  angenehm  riechen  und  mit  Erfolg  auf 
eiternde  Wunden  gelegt  werden  soll.  Nach  authentischen  Nachrichten  wird  die  Heilung  eines  Ritters 
von  Bath,  der  an  Aussatz  litt  (1606),  erzählt,  ferner  die  eines  Geschwürs  nach  dreimaligem  Baden,  die 
Genesung  eines  gelähmten  Quäkers,  sogar  die  auf  einmaliges  Baden  erfolgte  Heilung  einer  Abge- 
zehrten, die  in  England,  Frankreich  und  Portugal  vergebens  Hilfe  gesucht  hatte.  Man  trank  das 
Wasser  nicht.  1863  wurde  es  noch  meist  äußerlich  und  namentlich  bei  Schnupfen  und  Unfruchtbarkeit 
gebraucht.    1360  wurde  die  Quelle  von  Ranulf  Hidgen  in  seinem  Polychronikon  besungen  '". 


30        Eintauchen  der  Kinder  in  kaltes  Wasser  mit  nachfolgendem  Schwitzen 

und  ihnen  das  Wasser  über  den  Kopf  zu  gießen.  Weiches  alles  so  geschwinde,  als 
möglich,  verrichtet  wird,  damit  das  Kind  nicht  länger  im  Wasser  bleiben  dürfe,  als  es 
nöthig,  das  ist,  bis  sein  Leib,  Hemde  und  Nachtkappe  recht  naß.  Andere  sind  aus 
Zärtlichkeit  gegen  das  Kind,  oder  in  Ansehen  der  Schwachheit  des  Kindes  zufrieden, 
daß  sie  nur  das  Hemde  und  Nachtkappe  eintauchen,  und  sie  ihnen  so  naß  anlegen.  So 
bald  als  die  Kinder  eingetauchet  worden,  werden  sie  in  ihren  nassen  Kleidern  in  warme 
Decken  über  das  Haupt  und  ganzen  Leib  eingehüllet,  und  bald  zu  Bette  geleget,  worauf 
sie  in  kurzem  heftig  schwitzen ;  in  welchem  Zustande  sie  die  ganze  Nacht  bis  gegen 
den  Morgen  liegen,  da  denn  nach  und  nach  die  Bedeckungen  weggethan  werden,  daß 
sie  nach  und  nach  sich  abkühlen;  des  Morgens  aber  bekommen  sie  trockene  Hemden 
und  Hauptkappen.  Innerhalb  3  Minuten  erholen  sich  die  Kinder  von  dem  Schrecken, 
worein  sie  das  Eintauchen  gebracht;  und  ob  sie  gleich  gegenwärtig  schwächer  sind  (in- 
dem sie  durch  heftiges  Schwitzen  die  Geister  erschöpfet),  so  erholen  sie  sich  doch 
gradatim,  durch  Beyhülfe  stärkender  Gallerten  von  Hirschhorn,  Kalbsfüßen  u. s.w.  so 
gar,  daß  wenn  das  Laub  zu  fallen  beginnet,  sie  entweder  völlig  gesund,  oder  doch 
viel  besser  sind.  Hat  das  Eintauchen  eines  Jahres  nicht  geholfen,  wird  es  das  nächste 
Jahr  wiederholet.  Es  werden  auch  zur  Vorbereitung,  oder  hernach  keine  Purgirmittel 
gebrauchet,  oder  Herzstärkungen  gegeben,  außer  1  Löffel  voll  Sectwein  bald  vor  und 
nach  dem  Eintauchen,  wenn  es  die  Kinder  nehmen  wollen.  Es  wird  ihnen  auch  ihre 
gewöhnliche  Diät  und  Ergezlichkeit  nicht  benommen;  nur  muß  Acht  gegeben  werden, 
daß  ihr  Nacken  warm  gehalten  wird,  damit  sie  sich  nicht  erkälten."  Er  versichert,  daß 
kein  Todesfall  bekannt  geworden  und  seine  eigenen  vier  Kinder  mit  guter  Wirkung  ein- 
getaucht worden  seien. 

Ich  habe  diesen  Brief  ziemlich  ausführlich  wiedergegeben,  weil  wir  über  das  Ein- 
tauchen bei  Rachitis  in  den  Brunnen  der  heiligen  Columba  so  wenig  wissen,  und  in  An- 
betracht des  Alters  dieses  Brauches,  der  vielleicht  gemeinsamen  Ursprung  hat,  das  Ver- 
fahren in  der  Schweiz  und  in  England  das  gleiche  war.  Wir  sehen  auch,  daß  hier  die 
sogenannte  PRiESSNiTZsche  Einpackung  gebraucht  wurde,  eine  Einrichtung,  die  also 
schon  vor  Priessnitz  bekannt  war.  Aus  einem  zweiten  Briefe,  der  die  Mitteilungen  eines 
Dr.  Davison  enthält,  erfahren  wir,  daß  Leute  vom  6.  Monat  bis  zum  80.  Jahre  die 
Brunnen  gegen  eingewurzelte  Schmerzen  in  Gelenken  und  Muskeln  nach  langwierigen 
Flüssen  (Rheumatismen)  und  Quartanfiebern,  wie  auch  von  Verdrehung  der  Flechsen 
und  Quetschungen,  gegen  Rachitis  und  alle  Schwäche  der  Nerven  entweder  überhaupt 
oder  eines  besonderen  Gliedes  anwandten.  Die  Behandlung  der  Kinder  wird  wie  im 
vorigen  Briefe  beschrieben,  nur  wird  noch  Massage  der  gelähmten  Glieder  nach  dem 
Eintauchen  erwähnt.  Erwachsene  Leute  blieben  1/4— 1/2  Stunde  im  Wasser.  Kranke  j 
schwitzten  darnach  im  Bette,  Gesunde  kleideten  sich  an  und  bewegten  sich  bis  zur  Er- 
wärmung. Die  Badekur  erforderte  keine  Vorbereitung  und  Wechsel  der  Lebensweise.  SieJ 
dauerte  vierzehn  Tage.  Täglich  wurde  zweimal  eingetaucht.  Davison  macht  den  Erfolg 
aliein  von  der  Kälte  abhängig,  obwohl  einer  der  Brunnen  mineralische  Bestandteile  enthielt. 


Des  Arztes  Floyer  und  des  Erziehers  Locke  Aiisiclit  über  die  lialten  Bäder    31 

Floyers  Verdienst  liegt  darin,  daß  er  das  bis  dahin  in  den  heiligen  Brunnen  geübte 
Baden  wieder  mehr  zur  Geltung  brachte  und  betonte,  daß  der  Erfolg  auch  bei  jedem 
anderen  kalten  Brunnen  zu  erwarten  sei*.  Er  erweiterte  die  Indikationen,  ja  allzusehr; 
es  gab  beinahe  keine  Krankheit,  bei  der  er  nicht  Heilung  erwartete.  Mit  Nachdruck  ver- 
teidigte er  seine  Lehre  gegen  seine  Gegner.  Er  konnte  sich  jedoch  auch  von  hergebrach- 
ten Vorstellungen  nicht  frei  machen.  Im  Gegensatz  zum  Volksbrauch  verlangte  er  eine 
Vorbereitungskur  durch  Purgieren.  Das  Auftreten  der  Rachitis  verlegte  er  ins  Jahr  1620 
und  schob  es  dem  damals  abgeschafften  Eintauchen  bei  der  Taufe  zu,  weswegen  er  die 
Wiedererrichtung  des  alten  Brauches  forderte.  Das  Volk  sollte  durch  Eintauchen  des 
Kindes  in  kaltes  Wasser  bei  der  Taufe  zu  der  Erkenntnis  gebracht  werden,  daß  kaltes 
Baden  den  Kindern  nicht  schädlich  sei ;  er  ging  aber  auch  hier  zu  weit,  indem  er  erklärte, 
allein  das  dreimalige  Eintauchen  bei  der  Taufe  verhindere  Rachitis  und  viele  erbliche 
Krankheiten.  Das  Schwitzen  nach  dem  kalten  Bade  verlangte  er  bei  Lähmungen,  Rachi- 
tis und  verschiedenen  Krankheiten.  Bei  anderen  sollte  es  wegfallen,  ebenso  da,  wo 
das  Bad  zur  Erhaltung  der  Gesundheit  dienen  sollte.  Hierzu  gibt  er  folgende  Anlei- 
tung: „Ich  kann  keine  bessere  Art  zu  Bewahrung  der  Gesundheit  anraten,  als  die  kühle 
Lebensart,  alle  ihre  Kinder  in  der  Taufe  einzutauchen,  hernach  oft  zu  waschen,  bis  sie 
3/4  Jahr  sind,  wodurch  die  Rachitis  und  Schwerenot  verhütet  wird;  die  Kinder  zu  kühler 
Luft  und  Wassertrinken  zu  gewöhnen,  und  wenige  Kleider  tragen  lassen,  welche,  wenn 
sie  zuviel  sind,  nur  das  Fleisch  verzehren,  und  die  Kinder  zu  Flüssen  geneigt  machen; 
sie,  wenn  sie  Knaben  sind,  zum  Baden  in  Flüssen,  und  wenn  sie  Männer  werden,  zu 
kalten  Bädern  gewöhnen,  damit  sie  ihre  Haut  wider  die  Veränderungen  der  Luft  ab- 
härten, und  den  Appetit  und  Dauung,  wie  auch  die  Stärke  der  Glieder  vermehren.  Es 
ist  auch  die  Erhaltung  der  Gesundheit,  die  Reinligkeit,  und  die  angenehme  Erfrischung 
nach  kalten  Bädern,  genung,  derselben  Gebrauch  zu  recommandieren." 

In  der  Empfehlung  des  kalten  Wassers  zur  Abhärtung  der  Jugend  hatte  Floyer  in 
seinem  Landsmann,  dem  Philosophen  und  Pädagogen  John  Locke  99,  einen  Vorgänger, 
der  16Q3  in  seinen  Gedanken  über  Erziehung  das  Baden  im  kalten  Wasser  während  des 
Sommers  vorschlug,  sowie  eine  Abhärtung  der  Füße  durch  Baden  in  immer  kälter  ge- 
nommenem Wasser  verlangte.  Er  stützt  sich  auch  auf  den  Gebrauch  der  heiligen 
Brunnen :  „Nicht  jedermann  ist  geneigt  zu  glauben,  es  sei  ein  Wunder  oder  eine  beson- 
dere Kraft  von  St.  Winifreds  Brunnen,  welche  es  bewirkt,  daß  das  kalte  Wasser  dieser 
berühmten  Quelle  den  zarten  Körpern,  die  darin  baden,  keinen  Schaden  zufügt.   Jeder- 

*  Floyer  hatte  übrigens  in  Robert  Wittie  einen  Vorläufer.  In  seinem  „Föns  Scarburgensis" 
beschrieb  er  1678  die  zu  Scarborough  in  der  Grafschaft  Yori<  an  der  Nordsee  gelegene  sehr  kalte 
Quelle.  Dort  tauchten  nach  ihm  die  Mütter  ihre  rachitischen  Kinder  fünf-  bis  neunmal  mehrere  Tage 
nacheinander  ein  und  ließen  sie  danach  in  warmen  Betten  schwitzen.  Krampfkranice  sollen  eine  halbe 
Stunde  darin  ausgehalten  haben.  WiTTiE  gebrauchte  auch  Seebäder  gegen  Gicht  mit  Nutzen'^. 
Auch  Erasmus  von  Rotterdam  berichtet  von  zwei  Brunnen  vor  einer  Kapelle  im  Weichselland,  die  der 
Jungfrau  heilig  waren  und  von  wunderlicher,  sehr  großer  Kälte  und  heilsam  den  Schmerzen  des 
Hauptes  und  des  Magens  sein  sollten.  Er  schreibt  diese  Wirkung  aber  jedem  kalten  Wasser  zu. 
Die  Hilfe  der  Jungfrau  würde  von  den  Weichselleuten  nur  zur  Ausbeutung  der  Fremden  vorgeschoben  '*. 


32         Ansichten  von  Schweizer  Ärzten  über  den  Oebrauch  der  kalten  Bäder 

mann  ist  gegenwärtig  voll  von  Wundern,  welche  kalte  Bäder  an  heruntergekommenen 
und  schwachen  Konstitutionen  für  die  Wiederherstellung  der  Gesundheit  und  Kraft 
wirken;  daher  können  sie  nicht  untunlich  oder  unerträglich  sein  für  die  Stärkung  und 
Abhärtung  des  Leibes  bei  Leuten,  welche  in  besseren  Verhältnissen  sind." 

LocKEs  Ideen  über  Abhärtung  der  Kinder  wurden  von  Rousseau  loo  aufgenommen 
und  nach  dessen  Art  erweitert.  Beider  Lehre  ging  an  die  Philanthropen  über.  In  ärzt- 
lichen Kreisen  (TissotSsq  und  dessen  Nachfolger),  glaube  ich,  hat  aber  Floyer  den  An- 
stoß zu  weiteren  Arbeiten  über  Abhärtung  der  Jugend  mit  kaltem  Wasser  gegeben. 

Auch  in  der  Schweiz  war  das  Eintauchen  Kranker  in  die  kalten  Quellen  den  Ärzten 
nicht  unbekannt  geblieben.  Der  Züricher  Arzt  Wagner  93  stellte  in  seiner  1680  erschie- 
nenen Helvetia  curiosa  die  zu  seiner  Zeit  in  der  Schweiz  gebräuchlichen  Bäder  zu- 
sammen. Er  vergißt  nicht,  neben  den  Mineralquellen  die  kalten  aufzuzählen,  auch  die 
Krankheiten,  gegen  die  sie  gebraucht  wurden,  anzugeben ;  weitergeht  er  aber  nicht.  Hier 
war  es  der  Züricher  Stadtarzt  und  Professor  der  Mathematik  Johann  Jakob  Scheuch- 
ZER94,  der  die  Heilwirkung  nicht  bestimmten  Brunnen,  sondern  dem  kalten  Wasser  zu- 
schrieb. 1717  schließt  er  seine  Beschreibung  der  bekannten  „sogenannten  kalten  Bäder" 
der  Schweiz  mit  den  Worten:  „Es  wäre  zu  wünschen,  daß  man  nicht  nur  von  jetzt  er- 
zehlten,  sondern  auch  anderen  kalten  Berg-Brünnen  (dann  zweifelsohne  alle  von  gleichen 
Wirkungen,  folglich  auf  allen  Bergen,  ja  auch  in  Thäleren  und  Dörfferen  dergleichen 
Wasser  anzutreffen)  mehrere  und  genaue  Proben  wurde  machen,  damit  diese  Materi  zum 
Nutzen  des  Menschen  in  mehrere  Heitere  könte  gebracht  werden",  und  beim  Kaltweh- 
brunnen auf  dem  Pilatus  schlägt  er  vor,  ihn  gegen  dreitägiges  Wechselfieber  nicht  nur  zu 
trinken.  „Es  lasset  sich  aber  auch  reden  von  dem  Baden,  mit  erforderlicher  Vorsicht, 
dann  durch  einmalige  starke  Einzeuhung  der  Haut-Zäseren  die  Zähe  in  denen  äußeren 
Röhrlein  sich  steckende  Materi  solcher  gestalt  kan  conquassiert,  zerrieben,  und  flüssig 
gemacht  werden,  daß  der  Kreis-Lauff  hernach  desto  besser  geschehen,  und  dieFiebrische 
Materi  durch  den  Harn  oder  Stuhlgang  ausgeführt  werden  kann." 

ScHEUCHZER  bringt  außerdem  eine  umständliche  Schilderung  der  physiologischen 
Wirkung  der  kalten  Bäder.  Als  Indikation  gibt  er  an:  „Blutflüsse,  Entzündungen,  Rothlauff, 
allerhand,  insonderheit  von  Flüssen  kommende  Schmerzen,  Gliedersucht,  Gichter".  Be- 
sonders empfiehlt  er  sie  den  Weichlingen,  „welche  durch  Mißbrauch  des  Weins,  warmer 
Bädern,  der  lieben  Venus,  der  Thee-  und  Coffee-Getränken  sich  verderbet,  den  Leib  und 
sonderlich  die  nervösen  Theil  geschwächet  haben". 

Ist  ScHEUCHZER  von  Floyer  beinflußt  worden?  Die  Frage  läßt  sich  mit  ja  und  mit 
nein  beantworten.  Floyer  berichtet,  daß  einige  Engländer  das  kalte  Bad  im  Winter  ge- 
brauchen, wie  es  die  Römer  getan.  Er  spricht  sich  nicht  über  den  Nutzen  oder  die 
Schädlichkeit  dieses  Verfahrens  aus.  Der  Brauch  selbst  war  Scheuchzer  bekannt.  Er 
schreibt:  „Es  haben  auch  vor  wenig  Jahren  die  kalten  Bäder,  selbst  in  Mitten  des  Win- 
ters, wiederum  eingeführt  die  Engelländer,  ob  sie  aber  damit  fortsetzen  werden,  und  ob' 
es  nicht  auch  Experimenta  per  mortes  geben  werde,  stehet  zu  erwarten."  Vielleicht  war 


Kaltwasserkaren  im  Mittelalter  33 

diese  Tatsache  Scheuchzer  auf  anderem  Wege  als  durch  Floyers  Buch  zur  Kenntnis 
gekommen.  Er  beschäftigte  sich  mit  der  englischen  Literatur  und  übersetzte  sie  auch 
ins  Deutsche.  Auffallend  ist  es  jedenfalls,  daß  er  Floyers  Namen  nicht  nennt,  während 
er  sonst  peinlich  genau  sogar  die  Seitenzahl  seiner  Quellen  angibt.  Wie  dem  auch  sei, 
Scheuchzer  hat  vor  Floyer  voraus,  daß  er  vorurteilsfreier  und  weniger  einseitig  den 
Gegenstand  behandelte.  „Es  können",  sagt  er,  „die  kalten  Bäder  viel  beytragen  zu  Er- 
haltung und  Wiederbringung,  aber  auch  zur  Verstörung  der  Gesundheit.  Es  gehet 
mancher  naher  Baden,  oder  in  andere  gewärmte  Bäder,  der  sich  weit  besser  befunden 
bey  unserem  kalten  Sil-,  Limmat-  oder  See-Bad.  hiergegen  gibt  es  auch  solche 
welche  sich  der  kalten  Bäderen  bedienen,  denen  gesünder  und  angemessener  wären 
die  warmen." 

Blicken  wir  noch  einmal  zurück,  so  müssen  wir  die  Tatsache  feststellen,  daß  unsere 
heutige  Kaltwasserbehandlung  von  uralten  Volksgebräuchen  ausgegangen  ist,  die  je- 
doch zur  Heilung  von  Krankheiten  nur  Wasser  bestimmter  Brunnen  zuließen.  Ärzte 
waren  es,  welche  die  Kaltwasserbehandlung  von  diesem  Banne  befreiten.  Seit  Floyers 
Auftreten  wurde  unaufhörlich  am  Ausbau  der  Hydrotherapie  weiter  gearbeitet.  Nicht 
mehr,  wie  es  vorher  in  einzelnen  Fällen  geschah,  fiel  das  Errungene  wieder  der  Ver- 
gessenheit anheim,  und  ehe  des  Laien  Vincenz  Priessnitz  Ruf  durch  Europa  ging,  war 
ein  Teil  der  Hydrotherapie,  die  Behandlung  fieberhafter  Erkrankungen,  der  Nerven- 
schwäche, aber  auch  mancher  anderen,  von  ärztlicher  Seite  so  fest  begründet  und  in 
einzelnen  Universitätskliniken  praktisch  zur  Anwendung  gekommen,  daß  es  unbegreif- 
lich erscheint,  wie  heute  noch  behauptet  werden  kann,  nicht  Ärzte,  sondern  Laien  hätten 
im  19.  Jahrhundert  den  Grundstein  zur  Hydrotherapie  gelegt.  Doch  davon  weiteres  in 
einem  anderen  Kapitel. 

Von  Kaltwasserkuren  erfahren  wir  schon  im  Mittelalter.  Die  erste,  von  der  uns  be- 
richtet wird,  wurde  an  einer  Friesin,  die  an  Verkrümmung  und  Zittern  der  Glieder  litt, 
vorgenommen.  Sie  erhielt  von  den  sie  bedienenden  Frauen  beinahe  eine  Stunde  lang 
ein  kaltes  Wasserbad.  Die  Folge  davon  war  eine  Verschlimmerung  der  Lähmung  und 
Verkrümmung.  Erst  am  Grabe  des  heiligen  Alexander  ward  sie  geheilt.  Später  aber 
nahm  der  Bischof  Otto  von  Bamberg  eine  Kur  an  sich  mit  Erfolg  vor,  als  die  Kälte 
seine  Füße  bis  aufs  Mark  angegriffen  hatte.  Er  wies  warmes  Wasser  zurück,  steckte 
die  Füße  in  kaltes  und  vertrieb  so  Kälte  mit  Kälte  3.  In  einzelnen  Gegenden  war  diese 
Behandlung  erfrorener  Gliedmaßen  Volksgebrauch,  doch  nicht  überall.  Im  17.  Jahr- 
hundert warnte  Fabricius  Hildanus  loi  vor  Wärme  und  schlug  Benetzung  mit  kaltem 
Wasser  oder  Reiben  mit  Schnee  vor.  Er  selbst  gibt  an,  dies  sei  bei  den  Nordländern 
Sitte,  und  bringt  ein  Beispiel,  nach  dem  ein  ihm  bekannter  Herr  einen  vor  Kälte  erstarrten 
Menschen  dadurch  rettete,  daß  er  den  ganzen  Körper  in  kaltes  Wasser  warf. 

Auch  Scheuchzer  schlug  1705  Begießungen  mit  kaltem  Wasser  vor  und  hielt  es 
für  nötig,  den  erstaunten  Leser  durch  eine  längere  Begründung  von  der  Wirksamkeit 
dieser  Behandlung  zu  überzeugen  20. 


34  Osterwasser  /  Heilawag  /  Taufwnsser 

Der  in  einer  Speierer  Urkunde  1344  vorkommende  Wasserarzt  102  dürfte  kein  Hydro- 
therapeut,  sondern  ein  Wasser,  also  Urin  beschauender  Arzt  gewesen  sein. 

Wie  aus  dem  Vorhergehenden  ersichtlich  ist,  schrieb  das  Volk  nur  dann  dem  Wasser 
eine  besondere  Kraft  zu,  wenn  es  an  der  Quelle  gebraucht  wurde.  Man  scheute  be- 
schwerliche Reisen  in  entlegene  Gebirgsgegenden  nicht  und  stellte  lieber  einen  Stellver- 
treter, als  daß  man  das  Wasser  holen  ließ.  Geschöpftes  Wasser  genügte  nur  in  seltenen 
Fällen,  wenn  es  nämlich  an  besonderen  Tagen  und  zu  bestimmter  Stunde  geholt  und 
nicht  von  der  Sonne  beschienen  worden  war  i9.  Ich  erinnere  an  das  Osterwasser,  das 
heute  noch  unter  strengstem  Stillschweigen  in  Bädern  oder  Flüssen  gegen  den  Strom 
geschöpft  wird.  Es  hält  sich  das  ganze  Jahr  frisch,  soll  nicht  nur  Krankheiten  heilen, 
sondern  auch  gegen  Hexen  und  Ungeziefer  das  Jahr  hindurch  schützen.  Das  gilt  in 
Böhmen  auch  für  das  in  der  Nacht  vor  dem  Tage  der  Heil,  drei  Könige  geholte  Wasser  ^^. 

Das  größte  Ansehen  genoß  früher  das  in  der  heiligen  Weihnacht  geschöpfte  Wasser, 
das  heute  seine  Bedeutung  vollständig  verloren  hat.  Es  führte  noch  in  späteren  Zeiten 
den  Namen  heilawäc,  heilwäc,  heilwaege  i9  Grimm  hebt  das  Alter  des  Ausdrucks  her- 
vor, der  sich  nur  wegen  des  großen  Ansehens  des  Heilwags  so  lange  in  der  alten  Form 
erhalten  konnte. 

Die  erste  Erwähnung  geschieht  durch  Reinmar  von  Zweier  : 

„Man  seit  von  heilawage  uns  vil, 

wie  heil,  wie  guot  ez  si,  wie  gar  voll<onien  der  saelden  spil, 

wie  gar  sin  i<raft  verlieilet,  swaz  wundez  an  dem  man  verseret  ist"  i°3. 

1482  nennt  Anshelm  in  seiner  Berner  Chronik  neben  anderen  vermeintlichen  heiligen 
Dingen  auch  „heilawag"  als  Mittel  gegen  Gespenster,  Hexenwerk,  Zauberei  und  Un- 
gewitter.  Das  hatte  eine  zu  Murten  verbrannte  Hexe  angegeben.  Aber  schon  Anshelm 
bekämpft  den  Aberglauben  104.  Dje  letzte  Erwähnung  geschieht  durch  Philander 
VON  Sittewald  1677,  der  ebenfalls  gegen  den  Aberglauben  predigt.  „Das  fließend 
brunnwasser,  so  man  in  der  H.  Weynacht  so  lang  die  Glock  Zwölffe  schlägt,  samlet, 
und  Heilwag  genant  wird,  ist  gut  wider  das  Nabelwehe"  ^e 

In  etwas  veränderter  Bedeutung  und  unter  entstelltem  Namen  kommt  es  um  1600  im 
Baseler  Gebiete  vor.  Dort  führte  der  Landmann  um  die  Weihnachtszeit  das  Vieh  an 
gewisse  Brunnen  oder  Quellen  zur  Tränke.  Diese  Örtlichkeiten  sind  bald  als  „helle- 
wag" oder  „hellenwag"  (1599  und  1601),  bald  als  „heiliger  Wegbrunnen"  (1572)  be- 
zeichnet 39.  Hier  ist  die  ursprüngliche  Bezeichnung  des  Wortes,  heilende  Woge,  kaun 
zuerkennen.  Ähnliche  Zusammenstellungen  sind  „Badwag"  (1462)  für  Badeplatz  73  unc 
Babenwag.  Heute  noch  wird  im  Kanton  Zürich  vom  Volk  eine  Sihlbrücke  als  „Brück« 
an  der  Babenwag"  bezeichnet.  Schon  1267  kommt  in  der  betreffenden  Gegend  eine 
Furt,  Babenwag  genannt,  urkundlich  vor  105. 

Besondere  Kraft  schrieb  man  auch  dem  Taufwasser  zu.  Der  Aberglaube  zu  Ost© 
rode  am  Harz  veriangte  (1788),  ein  Kind  so  lange  mit  demselben  zu  waschen,  bis  es  auf- 
gebraucht sei,  um  unreine  Ausschläge  zu  verhütend 


Wasserurteil 


35 


Zum  Schluß  muß  ich  der  unfreiwillig  genommenen  Bäder  gedenken,  die  mit  altger- 
manischen Rechtsgepflogenheiten  in  Zusammenhang  stehen. 

Das  Wasser  galt  als  heiliges  Element,  das  nichts  Unreines  duldete.  Diese  Ansicht 
macht  sich  noch  heute  im  Aberglauben  geltend,  nach  dem  Leichen  am  neunten  Tage  vom 
Wasser  ausgestoßen  werden  68.  im  Mittelalter  beruhte  darauf  ein  Gottesurteil,  das 
Wasserurteil,  und  zwar  das  kalte.  Es  wurde  auffallenderweise  nicht  im  fließenden 
Wasser,  sondern  nach  den  Bildern  des  Heidelberger  und  Dresdener  Sachsenspiegels 
in  großen,  viereckigen,  walzenförmigen  und  schalenartigen,  mit  Wasser  gefüllten  Ge- 
fäßen vorgenommen  (Abb.  14)*;  vielleicht  stand  dies  mit  der  Weihung  des  Wassers 
durch  den  Priester  in  Zusammenhang  is  Der  Angeschuldigte  wurde  mit  einem  Strick 
umwunden  ins  Wasser  geworfen.  Ging  er  unter,  war  er  unschuldig,  im  umgekehrten 
Falle  schwamm  er,  d.  h.  das  Wasser  stieß  ihn  aus.    Das  war  die  alte  Auffassung. 

In  einem  rheinischen  Weistume  von  1338  (des 
Dreieicher  Wildbanns  in  der  Nähe  von  Frankfurt) 
wird  Knebelung  an  Händen  und  Füßen  verlangt. 
Hier  dient  als  Gefäß  „eine  meieschebodin  (Bütte) 
von  dren  fudir  wassirs"  535.  Ähnlich  ist  die  Vor- 
schrift in  einem  Pfälzer  Weistum  von  1423.  Aber 
in  beiden  wird  der  Untersinkende  für  schuldig 
erklärt.  Die  alte  Auffassung  findet  sich  hier  ge- 
rade umgekehrt,  woraus  Grimm  folgert,  daß  die 
Ausübung  längst  unbekannt  war  i06  Schon  Lud- 
wig der  Fromme  erließ  823  ein  strenges  Verbot 
des  Wasserurteils.    Es  scheint  mehr  bei  den  ge- 

Abb.  14.     Wasserurteil.     Zeichnung    aus 

meinen  Leuten  beiderlei  Geschlechts  zur  Anwen-  dem  Heidelberger  Sachsenspiegel.  Hand- 
dung gekommen  zu  sein,  wie  dies  auch  in  einer  schritt.  13.  Jahrh.  Nach  Batt,  von  Babo. 
Verordnung  Kaiser  Heinrichs  III.  ausdrücklich  hervorgehoben  wird  is. 

Ein  Anklang  an  das  alte  Wasserurteil  in  großen  Gefäßen  fand  sich  zu  Eßlingen  noch 
im  16.  Jahrhundert.  Dort  hatte  1546  eine  Jungfrau,  Anna  Ulmerin  genannt,  ihre  Mit- 
bürger vier  Jahre  lang  mit  einem  künstlich  gemachten  Bauch  genarrt.  Als  man  der  Sache 
überdrüssig  war,  da  hat  der  Rat  „die  tochter  in  einem  Badzuber,  wie  man  böse  leut, 
so  mit  zauberey  befleckt,  zu  halten  pflegt,  durch  zwen  statkneckt  zum  gefencknuß  tragen 
lassen"  io7  (Abb.  15). 

Im  16.  und  17.  Jahrhundert  fand  bei  den  Hexenprozessen  die  Wasserprobe  wieder 
reichliche  Anwendung  is.    1584  empfahl  sie  Wilhelm  Adolf  Scribonius,  ein  berühmter 

*  In  einer  Wessobrunner  Pergamenthandschrift  von  814  oder  815  findet  sich  neben  dem  be- 
kannten Wessobrunner  Gebete  eine  Beschreibung  der  Begebenheiten  bei  und  nach  Auffindung  des 
heiligen  Kreuzes  und  dessen  Bewährung.  Auf  einer  der  Illustrationen  zieht  ein  Mann  einen  zweiten 
an  einem  Strick  aus  einem  viereckigen  Gefäße.  (Abbildung  bei  Kuoler)  •'-^  Ich  würde  die  Dar- 
stellung für  ein  Wasserurteil  halten,  wenn  nicht  die  Überschrift  „ubi  ascendit  iudas  a  lacu"  bestände, 
über  die  ich  auch  bei  Fachleuten  keine  Auskunft  erhalten  konnte. 


36 


Schwemmen 


Marburger  Arzt,  bei  Verdacht  auf  Hexerei  los.  Luther  wollte  sogar  einen  mit  Kropf 
behafteten  blödsinnigen  Knaben  (Wechselbalg,  Kilkropf)  zu  Dessau  in  der  Mulde  er- 
tränken lassen,  womit  aber  der  Kurfürst  zu  Sachsen  und  die  Fürsten  von  Anhalt  nicht 
einverstanden  waren  lo^.  Wir  finden  aber  auch  etwas  mildere  Verfahren,  den  Teufel 
auszutreiben.  So  führten  Mönche  einen  vermeintlich  besessenen  Knaben  in  ein  Kloster 
zu  Konstanz 

„Vnd  namen  in  darnach  gar  pald 

Vnd  satzten  in  in  ain  wasser  l<altt." 

Einer 

„Der  sprach:  bist  von  synnen  l<ommen, 

So  must  in  disem  wasser  baden, 

Biß  du  vergissest  deines  Schadens"  i^". 

In  einem  anderen  Falle,  den  der  Pfaffe  Amis  erzählt,  wurde  der  angeblich  Geistes- 
kranke im  Schweißbade  behandelt,  allerdings  so  energisch,  „daz  er  vil  nach  verbrunnen 
was"  3. 

Vom  Wasserurteil  ist  das  Hineinwerfen  ins  Wasser  als  Strafe  ohne  Tötung,  das 
Schwemmen,  zu  unterscheiden.    Daß  es  sich  nicht  um  ein  Gottesurteil  handelt,  geht 
aus  einer,  wahrscheinlich  1320  gegebenen  Luzerner  Verordnung  hervor.  Gotteslästerer 
sollten  mit  Geld  gebüßt  werden.   Wer  die  Strafe  nicht  bezahlen  konnte,  wurde  ge- 
schwemmt m.    Es  war  gleichsam  eine 
Vorstufe  des  Ertränkens: 
„Man  hat  dich  euch  z  Straßburg  geschwemmt 
Und  bist  ouch  fast  !<um  worden  erbätten ; 
Und  wo  sy  dich  noch  möchtend  beträtten, 
So  wurdest  du  von  inen  ertrenl<t"  i^. 

In  Luzern  (Abb.  16)  und  Zürich 
nahm  man  das  Schwemmen  wörtlich. 
Man  zog  den  Verbrecher  an  einem 
Seile  eine  vorgeschriebene  Strecke 
den  Fluß  hinab  112  Anderorts  hatte 
man  Badekörbe  (Mülhausen),  Wip- 
pen, Geigen  und  Fiedeln,  mit  welchen 
der  Frevler  ins  Wasser  gelassen  und 
wieder  herausgezogen  (geschnellt)  wur- 
de "3. 

Hierher  gehört  die  Wassertauche,  ein 
Verbrechen,  das  im  Altertum  häufig, 
späterhin  selten  war  und  darin  bestand 
daß  einer  unversehens  in  Wasser  ge- 
stürzt wurde,  aber  mit  dem  Leben  da- 
Abb.  15.  Anna  Ulmerin  wird  als  Hexe  im  Badzuber  ^^^  ^^^^,,,  ^^^  .  ^^j^,  ^^^  ^^^ 
von   den  Stadtknechten   ms  Gefängnis  zu   Eßlmgen  ==    * 

getragen.    Bilderbogen  von  1551.  Vorstellung  aus,  dem  Gegner  damit  et- 


i 


Uiifrciwäligcs  Hineinstürzen  ins  Wasser 


37 


was  Schimpfliches 
anzutun.  Jeckel 
MORE  von  Kederich 
warf  seinen  unge- 
zogenen Sohn  an 
ein  Seil  gebunden  in 
den  Bach.  Einem 
herzugeeilten  Manne 
erklärte  er,  „daz 
tede  er,  vmb  daz 
er  sich  vur  Ime 
deste  mehr  scheme- 
te"  114. 

Mehr  scherzhaf- 
ten Charakter  haben 
ähnliche  Gebräuche 
aus  späterer  Zeit. 
1480  erwähnt  Ans- 
HELM  in  seiner  Ber- 
ner Chronik  Miß- 
bräuche in  der  Fas- 
tenzeit. Neben  an- 
derem gebietet  der 
Rat,    „daß    fürohin 

sollte  abgestellt  syn  das  Werfen  der  Jungfrouwen  in  die  Bach"  lo*  im  Erfurter 
Zuchtbrief  von  1351  heißt  es:  „Vnser  hern  verbieten  auch,  das  niemant  zu  Ostern, 
zu  Pfingsten,  noch  zu  keiner  andern  Zeit  den  andern  in  das  Wasser  tragen  oder 
werffen  sal"  'i5.  Orimm  erwähnt  einen  ähnlichen  Brauch  in  Polen  und  Schlesien. 
Dort  werden  am  zweiten  Ostertage  Mädchen,  welche  die  Frühmette  verschlafen  haben, 
von  den  Burschen  gewaltsam  begossen  und  mit  Birkenruten  geschlagen,  oder  man 
reißt  sie  nackt  aus  den  Betten,  schleppt  sie  in  einen  Fluß  oder  Röhrentrog,  in  eine 
wassergefüllte  Krippe  und  läßt  sie  das  Bad  aushalten.  In  Schlesien  nennen  sie  das 
„schmagostern".  Der  Name  kommt  auch  in  Oberhessen  vor  und  heißt,  auf  Ostern 
die  Rute  geben  i9. 

Anderen  Ursprungs  ist  das  Bräuteln  in  Sigmaringen,  d.  h.  das  Inswasserwerfen  der 
Neuvermählten.  Man  nahm  es  so  streng  damit,  daß  sich  sogar  der  Erbprinz  Leopold 
von  Hohenzollern  und  der  König  von  Rumänien  vertreten  ließen.  Es  wurde  dabei  der 
Neuvermählte  um  den  Brunnen  getragen,  ihm  eine  Fußspitze  gewaschen.  Dann  mußte 
er  auf  einer  Stange  reiten  und  scheint  ins  Wasser  gestürzt  worden  zu  sein  si.  Ich 
glaube,  daß  der  Brauch  eine  feierliche  Aufnahme  in  die  zum  Brunnen  gehörige  Gemeinde 


Abb.  16.    Schwemmen  des  Hans  Hegenheim  in  Luzern  1473.    Holzschnitt 
nach  der  Miniatur  aus  Diebold  Schilling,  Schweizerchronik.    1484.    Nach 

VON    LiEBENAU. 


38  Aufnahme  in  die  Brunnengemeinde 

bedeutet.  So  wird  heute  noch  in  Blankenhain  in  Thüringen  am  Tage  der  Brunnenfege 
jede  Familie,  die  während  des  verflossenen  Jahres  in  das  um  den  Hütersbrunnen  ge- 
legene Stadtgebiet,  in  die  sogenannte  Nonnengemeinde  zog,  von  den  übrigen  Mit- 
gliedern durch  Musik  feierlich  bewillkommnet  ^2. 


BADEN  UND  SCHWIMMEN  /  UNTER  FREIEM  HIMMEL 


as  einfache  Bad  im  Icalten  Wasser  war  mit  Ausnahme  der  wenigen 
angeführten  Beispiele  zu  Heilzwecken  nicht  in  Gebrauch.  Die 
Schriftsteller  erwähnen  das  kalte  Bad,  um  es  in  der  systematischen 
Einteilung  der  Bäder  nicht  fehlen  zu  lassen,  und  kommen  dann  zu 
dem  Schluß,  daß,  wie  Ryff  sagt,  „solchs  baden  diser  zeit  gentz- 
lichen  aus  der  gewonheit  kommen, ....  dann  sich  diser  zeit  nie- 
mandts  mehr  deß  kalten  badens  oder  begießens  mit  kaltem  wasser 
gebraucht,  dann  die  vnerzogen  mutwillig  jugent  zu  Sommers  zeit  mehr  der  kurtzweil 
vnd  lusts  halben,  auch  etwan  schwimmen  zu  lernen,  dann  auß  notturft"  4s.  So  schreibt 
auch  der  dänische  Statthalter  Heinrich  Rantzau  in  Schleswig  vom  kalten  Bade  im  16.  Jahr- 
hundert :  „  Die  jungen  leute  und  handwerckspersonen  solche  bade  im  Sommer  allermeist 
gebrauchen,  sonsten  aber  nicht  gebreuchlichen"  -tsQ. 

Ich  stimme  mit  Zappert  überein,  daß  sich  die  Jugend  zu  keiner  Zeit  den  Flußbädern 
entfremdete  und  es  ihr  vom  Rhein  bis  zur  Donau  stets  als  Hochgenuß  galt,  sich  während 
der  warmen  Jahreszeit  im  kühlenden  Wogengischt  tummeln  zu  dürfen  i6 

Die  Markomannen  und  Quaden  wollten  nicht  in  Städten  wohnen,  weil  sie  dort  des 
Flußbades  hätten  entbehren  müssen  3.  Schon  Cäsar  berichtet  von  dem  Baden  der 
Sueben  im  Flusse  und  wiederhoH  es  von  den  Germanen  insgesamt,  wobei  er  hervor- 
hebt, daß  die  ganze  Jugend,  Mädchen  und  Knaben,  miteinander  badete  nß. 

Die  Schwimmkunst  war  in  hervorragendem  Maße  ausgebildet.  Nach  Tacitus  waren 
die  Bataver  so  eifrig  im  Schwimmen,  daß  sie  mit  Pferd  und  Waffen  in  geordneten 
Scharen  über  den  Rhein  dringen  konnten  n^.  Die  Franken  durchquerten  auf  ihren 
Schilden  die  Rhone;  denselben  Brauch  hatten  die  Alamannen^.  Die  Fertigkeit  im 
Schwimmen  wußten  die  Römer  an  den  in  ihren  Diensten  stehenden  Germanen  wohl  zu 
schätzen,  nachdem  sie  dieselbe  in  den  Jahren  6Q  und  70  zu  ihrem  Nachteil  genügend 
kennen  gelernt  hatten  "S.  So  wurden  die  Germanen  ausgewählt,  den  anderen  Soldaten 
voran  über  den  Tigris  zu  schwimmen.  Einen  Bataver  Soranus  rühmte  Kaiser  Hadrian, 
weil  er  vor  seinen  Augen,  mit  allen  Waffen  angetan,  die  Fluten  der  Donau  durch- 
schwamm iiö. 

Seinen  Helden  schrieb  das  Volk  übermenschliche  Geschicklichkeit  und  Kraft  darin  zu. 
Beowulf  gewann  ein  Wettschwimmen,  in  dem  er  sieben  Tage  aushielt  und  von  der  Küste 


40  Schwimmen  im  Mittelalter 

seiner  Heimat  bis  nach  dem  hohen  Norden  hinaufschwamm.  Auch  entrann  er  dem 
Feinde  durch  Schwimmen  übers  Meer  und  führte  dabei  noch  dreißig  erbeutete  Rüst- 
ungen mit  sich  nö. 

Von  Fürsten  werden  Kaiser  Karl  der  Große  und  Otto  II.  als  Schwimmer  gerühmt. 
Karls  Biograph  Einhard  sagt  von  ihm,  er  habe  seinen  Leib  fleißig  im  Schwimmen  ge- 
übt und  verstand  es  so  vortrefflich,  daß  es  ihm  keiner  darin  zuvor  tat  ii9.  Ais  Otto  II. 
982  bei  Cotrone  von  den  Sarazenen  geschlagen  war,  stürzte  er  sich  zu  Roß  ins  Meer 
und  erreichte  nach  einem  erst  gescheiterten  Versuche  zu  Roß  ein  bekanntes  Schiff,  das 
ihn  aufnahm  120.  Barbarossa  ertrank  1 190  beim  Baden  im  Flusse  Kalykadnos  in  Kleinasien. 
In  einzelnen  Fällen  wurden  badende  Krieger  vom  Feinde  überrascht,  so  die  Ala- 
mannen  367  von  den  Römern  3H^  gyg  die  Bayern  bei  Pilsen  unter  ihrem  Herzog  Heinrich 
von  Kaiser  Otto  II.  120^  und  auch  1499  inj  der  Schlacht  bei  Dorneck  griffen  die  Eidge- 
nossen das  Heer  des  schwäbischen  Bundes  unerwartet  an,  als  ein  Teil  in  der  Birs 
badete  121. 

Im  Mittelalter  gehörte  das  Schwimmen  zu  den  sieben  rittedichen  Künsten. 

„Di  ander  daz  her  kan  geswumme 

Und  in  dem  wazzir  getuclie, 

Sich  gewende  und  gei<rumme 

Uf  dem  rucke  und  uf  dem  buche." 

So  die  Vorschrift  in  dem  zu  Kassel  befindlichen  Ritterspiegel  des  15.  Jahrhunderts, 
und  weiter  heißt  es  dort: 

„Schizin  swummen  stigin, 

Sal  ein  ritter  wole  lerne, 

Dese  dri  stucke  in  grozin  krigin 

Mag  man  werHchin  kunnen  gerne"  122. 

Auch  die  Kirche  stand  dem  Flußbad  im  Mittelalter  und  auch  später  nicht  so  unfreund- 
lich gegenüber,  als  gewöhnlich  angenommen  wird.  Zwar  finden  sich  in  mittelaltedichen 
Beichtspiegeln  besondere  Fragen  für  Kinder,  ob  sie  sich  durch  Schwimmen  einer  Todes- 
gefahr ausgesetzt  hätten  123  Doch  badeten  die  Nonnen  von  Rathhausen  (Cisterciense- 
rinnen)  im  Kanton  Luzern  noch  um  das  Jahr  1470  in  der  Reuß  und  im  Rothsee.  Sie 
mußten  jedoch  ihr  Habit  anbehalten  und  durften  nur  soweit  in  den  See  hinausgehen, 
als  es  ohne  die  Schicklichkeit  zu  verletzen  mit  emporgehobenem  Kleide  möglich  war. 
Später  wurde  ihnen  dieses  Baden  allerdings  verboten  124  Im  Nekrologium  des  Klosters 
Wettingen  ist  von  1385 — 1691  mancher  Todesfall  von  Mönchen  verzeichnet,  der  sich  in 
der  am  Kloster  vorbeifließenden  Aare  beim  Baden  ereignete  125. 

Der  Froschmäusler  rechnet  neben  Fechten,  Ballschlagen  und  anderen  Unterhaltungen 

Gewandtheit  im  Schwimmen  zu  den  Gepflogenheiten  der  Studenten: 

„Wie  Jung  Geselln  zu  Sommers  zeit,  Baden,  vnd  tauchen  gleich  den  Enten. 

Am  Wassr  vnd  Wiesen  suchen  freud.  Schwemmen  künstlich,  wie  Qenß  vnd  Schwanen, 

Wie  auff  den  Schulen  die  Studenten,  Fischen,  fahren  in  Schiff  vnd  Kanen"  '-^ 

1548  badeten  in  Frankfurt  auch  die  Handwerksgesellen  täglich  im  Main,  1484  die 

Barchentweberknechte  sogar  noch  am  Allerseelentage  (2.  November),  was  wegen  der 


I 


Baden  im  Fluß  als  Kindcrbeliistigiuig 


41 


42 


Schwimmen  der  Jugend 


Jahreszeit  vom  Chronisten  als  unvernünftig  bezeichnet  wird  127  1521  wurde  von  et- 
lichen zu  Weißenhorn  in  Schwaben  am  heiligen  Tag  zu  Weihnachten  in  der  Rot  „von 
Wunders  wegen"  gebadet  128.  Offenbar  verlief  der  Winter  sehr  gelinde.  1660  war  der 
Herbst  so  warm,  daß  in  Aliensbach  die  „junge  Burst"  vielfältig  im  See  badete  129 

Schon  im  13.  Jahrhundert  wird  das  Baden  unter  den  Kinderspielen  aufgezählt  und 
ein  alter  Mann,  der  daran  teilnimmt,  für  dumm  erklärt: 

„Rite  ein  gra  man  vf  vnd  ab 

Mit  deinen  kinden  vf  einem  stab, 

vnd  spilte  gerade  vnd  vngerade 

vnd  ging  mit  in  zewasser  pade"  '3o_ 

PiETER  Brueohel  hat  es  auf  seinem  in  Wien  befindlichen  Oemälde  der  Kinderbe- 
lustigungen nicht  vergessen  (Abb.  17),  und  der  Züricher  Kupferstecher  Conrad  Meyer 
bildet  es  in  der  Mitte  des  17.  Jahrhunderts  unter  den  26  Kinderspielen  ab  (Abb.  18)  i32 
Georg  Pictorius,  Stadtarzt  zu  Ensisheim  im  Elsaß,  berichtet  1553,  seine  Lands- 
leute, hauptsächlich  die  adeligen, 
führten  zur  heißen  Sommerzeit 
ihre  Knaben  zum  Bad  nach  dem 
nächsten  Flusse  16,  im  Bader- 
büchlein (1560)  hält  er  jedoch  für 
seine  Pflicht,  den  Eltern  zu  eröffnen, 
„das  nit  hochuerstendig,  so  im 
summer  die  jugent  im  kalten  wasser 
badet.  Dann  ye  so  find  ich  geschri- 
ben,  vnd  zeigt  es  auch  gemeiner  ver- 
stand an,  dzactualisfrigidatis,  das  ist 
des  Wassers  kalte  wäsentlichkeit,  die 
porös  verschließet".  Die  Kom- 
plexion des  Menschen  sei,  wie  sie 


Abb.  18.    Schwimmen  der  Kinder  mit  luftgefüllten  Tier- 
blasen.    Kupfer  von  Conrad  Meyer.    Zürich.    1657. 

wolle,  sie  ist  allweg  vor  dem  Wasser,  das  vom  Sonnenschein  erwärmt  wird,  zu 
hüten  152  Conrad  Heresbach  (gest.  1576)  und  Johannes  Sturm  empfahlen,  daß 
man  Prinzen  im  Schwimmen  übeiß.  Nach  Rvff  war  das  Baden  im  Flusse  in  der 
ersten  Hälfte  des  16.  Jahrhunderts  im  „hefftigen  Gebrauch"  48,  Lersner  berichtet 
dasselbe  1706  von  Frankfurt  i33.  Hundert  Jahre  früher  schreibt  der  nicht  gerade  bade- 
freundliche steirische  Physikus  Guarinonius:  „Kein  Wunder,  daß  alle  Menschen 
Alter,  so  sonsten  in  jhrer  Natur  vnnd  Begierden  vnterschiedlich,  in  diesem  nicht  änderst, 
als  wir  Teutschen  im  Wein  trincken,  fast  all  zusammen  stimmen,  vnd  nichts  geliebters 
dann  im  Wasser  schwimmen,  baden,  schwemmen,  waten  vnnd  waschen.  Vnd  gleich  wie 
die  newgeborene  Kindlein  im  Wasserbad  alles  jhres  Leyds,  Schmertzens  vnd  Heulens  ver- 
gessen, also  ist  der  ersten  Jugend  nichts  annemblichers,  als  im  Wasser  herumb  zu 
schwimmen,  und  zu  baden"  i34.  ngo  lesen  wir  bei  Ferro  in  Wien:  „Alle  unsere  Land- 
leute, die  an  Seen  oder  Flüssen  wohnen,  üben  sich  von  Jugend  auf  im  Schwimmen,  und 


Schwimmen  als  körperliches  Erziehungsmittel  43 

man  sieht  oft  ganze  Schwärme  von  Bauern  an  heißen  Sommertagen  zu  ihrer  Belustigung 
und  Abkühlung  herumschwimmen.  Nur  unter  den  verfeinerten  Menschen,  besonders 
in  Städten,  ist  diese  natürliche  Geschicklichkeit  zu  einer  beschwerlichen  Kunst  gewor- 
den" 135. 

Von  einem  Rückgang  des  Flußbadens  kann  höchstens  —  wenigstens  für  Zürich  — 
in  den  siebziger  und  achtziger  Jahren  des  18.  Jahrhunderts  unter  der  Stadtbevölkerung 
die  Rede  sein,  bei  der  es  für  pöbelhaft  angesehen  wurde.  Doch  finden  wir  um  dieselbe 
Zeit  schon  die  lebhafteste  Agitation  für  dessen  Wiedereinführung.  Sie  nahm  ihren  Aus- 
gang, wie  schon  erwähnt  wurde,  von  England.  Floyer  als  Arzt  und  Locke  als  Er- 
zieher traten  zuerst  in  ihren  Schriften  dafür  ein.  „Ich  werde  nicht  nötig  haben,  es  erst 
zu  sagen,  daß  der  Knabe  schwimmen  lernen  muß",  lautet  ein  Ausspruch  Lockes  13ö. 

Man  hob  besonders  hervor,  daß  Baden  im  kalten  Wasser  nicht  nur  zum  Vergnügen, 
sondern  vor  allem  als  körperliches  Erziehungsmittel  zur  Verhütung  der  Weichlichkeit 
und  Abhärtung  der  Jugend  diene.  Eines  weniger  bekannten  Verfechters  dieser  Ideen 
sei  hier  noch  gedacht,  des  Baseler  Ratsschreibers  (von  1756—1782)  Isaac  Isilin137 

Verfehlt  muß  Rousseaus  Vorschlag  bezeichnet  werden,  nach  dem  die  Kinder  durch 
Baden  in  möglichst  kaltem  und  auch  in  möglichst  heißem  Wasser  gegen  Temperatur- 
schwankungen der  Luft  unempfindlich  gemacht  werden  sollen  loo.  Am  vernünftigsten  war 
unter  den  Erziehern  OuTS-MuTHS,  dessen  kleines  Lehrbuch  der  Schwimmkunst  1798 
erschien.  In  der  zweiten  Auflage  seiner  Gymnastik  für  die  Jugend  13ö  sagt  er:  „Ich  denke 
mir  diese  Art  des  Bades  (des  kühlen  und  kalten  von  den  warmen  Tagen  des  Frühlings 
bis  in  den  Herbst  hinein),  indem  ich  als  Pädagog  schreibe,  nie  anders  als  mit  Schwimmen 
verbunden,  weil  dadurch  der  Nutzen  desselben  ungemein  gesteigert  wird.  Ein  solches 
Bad  hat  seinen  entschiedenen,  großen  Nutzen  für  gesunde  Knaben  und  Jünglinge.  Für 
gesunde  sage  ich ;  denn  nur  diesen  bestimme  ich  die  ganze  Gymnastik."  Im  übrigen  sagt 
er:  „Bade,  wie  es  dir  wohl  bekommt."  Dadurch  unterscheidet  sich  Guts-Muths  vor- 
teilhaft von  Salzmann,  der  an  den  ihm  anvertrauten  Zöglingen  als  Lehrer  Kaltwasser- 
kuren in  Krankheitsfällen  vornahm  (Noch  etwas  über  die  Erziehung  nebst  Ankündigung 
einer  Erziehungsanstalt,  Leipzig  1784)  i38 

Kehren  wir  zu  vorhergehenden  Jahrhunderten  zurück,  so  finden  wir  unter  den 
Schulmännern  durchaus  andere  Ansichten.  Die  Sorge  um  das  leibliche  Wohlergehen 
ließ  sie  Baden  in  offenem  Wasser,  Wettlaufen,  Springen,  zuweilen  auch  Schlittschuh- 
laufen verbieten.  Solche  Vorschriften  wurden  1584  für  die  Hofmeister  und  Präzeptoren 
der  jungen,  elf  und  acht  Jahre  alten  Herzoge  von  Bayern,  Maximilian  und  Philipp,  ge- 
geben 139.  Valentin  Friedland  (genannt  Trotzendorf)  erließ  ähnliche  für  seine  be- 
rühmte Lateinschule  zu  Goldberg  in  Schlesien  i^o,  und  nach  seinem  Tode  wurden  sie 
1563  erneuert  1*1.  Sie  finden  sich  um  die  gleiche  Zeit  in  Schulpforta  und  noch  später 
unter  Bertuch,  der  von  1601—1621  Rektor  wari^i.  In  der  Schulordnung  des  Ham- 
burger Johanneums  vom  Jahre  1537  heißt  es  lateinisch:  „Qui  —  seaquis  committunt  — 
poenas  graves  dabunt",  deutsch  übersetzt:  „de  an  dat  Water  gehn  unde  sick  baden 


44  Verordnungen  gegen  das  Baden  im  offenen  Wasser 

unde  schwemmen  gelyck  alse  de  Göse  edder  de  Entechen  —  schälen  schwehrlicken  ge- 
straffet werden".  Auch  in  Eßlingen  ward  in  der  Schulordnung  von  1548  das  Baden  im 
Neckar  verboten;  ebenso  war  an  der  Fürstenschuie  zu  Meißen  nach  der  Schulordnung 
von  1580  das  Baden  im  Flusse  der  Gefährlichkeit  wegen  untersagt  ns  und  zu  Bern, 
wie  Wilhelm  Lutz,  Deutschlehrmeister  daselbst,  berichtet,  1685  in  der  Aare,  aber  in  den 
umliegenden  Bächen  gestattet  i42  Noch  1736  wurde  in  Baden  durch  obrigkeitlichen 
Erlaß  sämtlichen  Rektoren  und  Lehrern  befohlen,  ihre  Schüler  „vor  dem  so  gemeinen 
als  höchst  gefährlichen  und  ärgerlichen  Baden"  zu  warnen  und  die  Übertreter  zu  be- 
strafen 18 

Daneben  treffen  wir  behördlicherseits  angeordnete,  wohl  begründete  Verbote.  Im 
Stadtrecht  von  Wiener-Neustadt  (1221—1230)  wird  das  Baden  im  Stadtgraben  untersagt, 
damit  der  Feind  dessen  Tiefe  nicht  erspähe  i43.  1502  hatte  in  Würzburg  der  Viertel- 
meister (Quartiervorstand)  zu  Haug  von  Haus  zu  Haus  zu  gehen  und  anzusagen,  daß 
niemand  bei  Strafe  im  Stadtgraben  baden  dürfe  i44  1554  verordnete  ein  kurfürstlich 
St.  Ambergisches  Gesetz  die  Abschaffung  des  Badens  im  Stadtgraben  16  Würzburg 
verbot  auch  und  ließ  es  1504  im  Stadtteile  zu  Haug  und  im  Sande  von  der  Kanzel  ver- 
künden, das  Baden  der  Menschen  des  in  diesen  Bezirken  gelegenen  Eichelsees.  Dort 
wurde  nämlich  das  Vieh  geschwemmt  i44. 

Wiener  Verbote  aus  den  Jahren  1633,  1643  und  1711  betreffen  das  Bad  in  der  Donau. 
Die  Veranlassung  dazu  gab  1633  das  Ertrinken  einiger  bezechter  jungen  Leute  16.  Be- 
hördlicherseits wurde  auch  darauf  gesehen,  daß  die  Grenzen  des  Anstandes  nicht  über- 
schritten wurden  und  die  Badenden  nicht  ganz  im  Adamskostüm  auftraten.  Paulus 
Behaim  kaufte  1559  sogar  seinem  Kinde  eine  Badehose  123^  und  Hans  Sachs  läßt  den 
Kaiser  Julianus  nach  dem  Ablegen  der  Kleider  im  „badtmantel"  zum  Flußbad  gehen 
und  an  dessen  Steile  den  Engel  im  „badlach"  zurückkehren  29. 

1541  hatten  in  Frankfurt  auf  den  Eistag  oder  am  Tag  St.  Petri  acht  Mann,  wie  sie  Gott 
geschaffen,  ganz  nackt  und  bloß  im  Main  gebadet,  getanzt  und  gesprungen.  Dafür 
wurden  sie  vier  Wochen  gefangen  gelegt  und  die  Zeit  über  mit  Wasser  und  Brot  ge- 
speist i33.  1548  wird  in  derselben  Stadt  in  Anbetracht,  daß  die  Handwerksgesellen,  so 
täglich  im  Main  baden,  viel  Unzucht  treiben,  beschlossen,  den  Meistern  in  den  Hand- 
werken zu  befehlen,  ihren  Dienern  anzuzeigen,  daß  sie  hinfür  „ir  nidercleider"  anziehen. 
1550  muß  wiederum  auf  allen  Zünften,  auch  in  der  Neustadt  und  in  Sachsenhausen,  eine 
Mahnung  erlassen  werden,  daß  die  Gesellen  gedeckt  und  züchtig  baden.  Wo  sich  je- 
mand ungebührlich  zeigen  werde,  solle  er  gestraft  und  zur  Haft  gezogen  werden  127 

In  Elgg,  einer  kleinen  Gemeinde  des  Kantons  Zürich,  wurde  1668  durch  Mandat  das 
Zusammenbaden  von  Knaben  und  Mädchen  verboten  i45.  „Weilien  das  Baden  der 
Jungen  Menscher  und  Bueben  Sommerszeit  sehr  ärgerlich,  und  vill  schlimbes  nach  sich 
ziehet",  heißt  es  in  einer  Verordnung  des  Markts  „Weickendorff  in  Marchfelt",  „als  will 
hiemit  soches  die  gnädige  Grundobrigkeit  dergestalten  abgeschafft  haben".  Das  Verbot 
trifft  nicht  etwa  Kinder ;  denn  es  heißt  weiter,  daß  die  erwachsenen  Bueben  und  Menscher 


Die  Furcht  vor  dem  Ertrinken  j  Maßnahmen  gegen  Unglücksfälle  45 

(Mädchen)  *,  wenn  sie  beim  Baden  gesehen  werden,  gestraft  werden  sollen,  im  gleichen 
Sinne  ist  auch  die  1748  für  denselben  Ort  vom  Abt  Thomas  von  Molk  getroffene  Ver- 
fügung aufzufassen,  nach  der  Eltern,  die  ihren  Kindern  öffentliches  Baden  zuließen,  um 
ein  Pfund  vier  Schilling  gestraft  werden.  Erwachsene  sollten  „gleich  aufgehoben  und 
eingespöret  werden"  '^6. 

Sehen  wir  die  angeführten  Verbote  durch,  so  tritt  uns  als  Badehindernis  —  neben 
Gründen  der  Schicklichkeit  —  an  erster  Stelle  die  Furcht  vor  dem  Ertrinken,  namentlich 
in  reißenden  und  größeren  Flüssen  entgegen.  „Bäche  hatte  man  nicht  überall,  besonders 
in  Städten.  In  Flüssen  wars  zu  gefährlich;  nebstdem  schickte  es  sich  auch  nicht  für  den 
Wohlstand,  öffentlich  vor  aller  Welt  sich  aus-  und  anzuziehen.  In  Wannen  sich  zu 
baden,  war  gegen  die  Absicht  des  kalten  Bades  selbst",  so  schildert  Ferro  die  An- 
sichten seiner  Zeitlos.  Da  nun  aber  trotzdem  gebadet  wurde,  suchten  Behörden  und 
Privatleute  die  Gefahren  wenigstens  zu  mindern.  Von  der  Mitte  des  18.  Jahrhunderts  an 
wurden  in  zahlreichen  Orten  Anleitungen  zur  Rettung  Ertrunkener  (oder  überhaupt  Ver- 
unglückter) herausgegeben.  Im  letzten  Viertel  traten  Rettungskisten  —  ich  finde  sie 
einmal  als  Pariser  bezeichnet  —  hinzu,  die  an  geeigneten  Orten  in  der  Nähe  des  Ufers 
angebracht  waren.  Sie  enthielten  neben  wollenen  Decken  zumeist  chirurgische  Instru- 
mente und  Arzneien  zur  Wiederbelebung  Ertrunkener.  1780  fanden  sie  sich  sogar  in  den 
kleinen  Orten  am  See  und  an  den  Flüssen  im  Kanton  Zürich  vori*'?. 

Immerhin  fehlte  es  in  Deutschland  noch  an  Gelegenheit,  sich  in  den  Flüssen  „sicher 
und  bequem"  zu  baden.  Frankreich  errichtete  Badeanstalten.  Selbst  Polen  ging  voran, 
nur  Deutschland  blieb  zurück  (Held  1777  in  der  Vorrede  zur  Übersetzung  von 
Marteau)  148 

Ich  muß  hier  einfügen,  daß  man  auch  schon  im  Mittelalter  für  geeignete  Stellen  zum 
Baden  im  Freien  sorgte.  1462  liegt  zu  Meßkirch  in  Baden  eine  Weidegrenze  „in  dem 
graben  bey  dem  Badwag"  i49^  der  nach  Fischers  schwäbischem  Wörterbuch  ein  Bade- 
platz ist.  Auch  das  mittelalterliche  Hausbuch  aus  dem  15.  Jahrhundert  zeigt  in  der  Dar- 
stellung des  Planeten  Luna  badende  Kinder  in  einer  Ausbuchtung  des  Sees  (Bodensees  ?), 
zu  der  Leitern  vom  Ufer  hinabführen  i50.  Nach  Grimm  wird  die  Badestelle  auch  mit 
Badefleck  bezeichnet  i5i.  Doch  versteht  der  Meistersinger  Hans  Foltz  (15.  Jahrhundert) 
darunter  etwas  anderes  (siehe  S.  119). 

Die  erste  Flußbadeanstalt  errichtete  1760Poitevin  in  Paris.  Sie  lag  auf  zwei  Schiffen  in 
der  Seine.  Das  größere  davon  war  fest  verankert  und  trug  ein  zweistöckiges  Gebäude, 
das  kleinere  ein  einstöckiges  und  konnte  fortbewegt  werden.  Das  Flußwasser  wurde 
in  beide  Häuser  gepumpt  und  nach  Filtration  in  Wannen  zum  Bad  verwendet''.  Man 
konnte  dort  aber  auch  im  Flusse  schwimmen  lernen  und  baden  97.  Nach  einer  Schil- 
derung von  1803  befanden  sich  in  der  Anstalt  Heizvorrichtungen  zum  Erwärmen  des 
Badewassers.   Auch  eine  angebrachte  Brause,  die  vom  oberen  ins  untere  Stockwerk  fiel, 

*  Heute  noch  werden  —  allerdings  nur  bei  Kindern  —  im  Schweizerdialekt  Buben  und  Kinder 
unterschieden.    Ein  Kind  ist  stets  ein  Mädchen. 


46  Die  sogenannten  Flußbadeanstalten 

war  für  warmes  Wasser  eingerichtet  4.  Diese  PoiTEViNsche  Anstalt,  ursprünglich  wohl- 
feil, wurde  immer  eleganter  eingerichtet,  und  1835  kostete  ein  Bad  einen  Louisdor^v. 
Sie  kann  nicht  als  Muster  unseres  heutigen  deutschen  Schwimmbades  angesehen  werden, 
obwohl  sie  für  einzelne  deutsche  Bäder  vorbildlich  wurde.  Dahin  gehört  das  1800  vom 
Frankfurter  Arzte  Kohl  auf  dem  Main  errichtete  Badeschiff  '53.  Man  erhielt  darin  neben 
einfachen  warmen  Wasserbädern  auch  Stahl-,  Kräuter-,  Schwefel-,  wohlriechende  Seifen- 
bäder, ein  künstliches  Wiesbad  (Wiesbaden)  und  künstliche  Seewasserbäder.  In  nett 
möblierten  Badezimmern  mit  Wannen  von  weißem  englischen  Doppelblech  konnte 
man  hier  das  kalte  Mainflußbad  (!)  mit  mehr  Sicherheit  und  Bequemlichkeit  isoliert  ge- 
brauchen. (Kohl  selbst  sagt  übrigens  davon  nichts.)  In  der  Nähe  der  Anstalt  war  eine 
schöne  Esplanade  angelegt,  wo  die  Badegäste  vor  und  nach  dem  Bade  Mineralwasser 
trinken  und  lustwandeln  konnten  4. 

Man  muß  nach  dieser  Schilderung  nicht  mehr  von  Flußbadeanstalten,  sondern  von 
Bädern  mit  Flußwasser  sprechen.  Sie  sind  den  ihnen  nachgebildeten  gleichwertig,  die 
„reines"  Brunnenwasser  verwendeten  und  den  Winter  über  geöffnet  waren.  Da  die 
Schriftsteller  beide  Arten  nicht  immer  auseinander  halten,  auch  in  einzelnen  Anstalten 
bald  warme,  bald  kalte  Bäder  gereicht  wurden,  will  ich  sie  zusammen  besprechen.  Sie 
waren  in  erster  Linie  für  den  reichen  Mann  bestimmt  und  traten  als  Konkurrenten  der 
Kurorte  auf.  Schreoer  sagt  1803  vom  KOHLschen  Badeschiffe:  „Viele  Frankfurter  Ein- 
wohner, welche  sonst  auswärtige  Bäder  besuchen,  erhalten  durch  dieses  gemeinnützige 
Institut  Befriedigung  ihres  Bedürfnisses  an  ihrem  Wohnorte,  wobei  sie  viele  Kosten  er- 
sparen und  während  der  Badekur  ihre  Berufsgeschäfte  forttreiben  können"  4. 

In  Sagard  auf  Rügen  errichtete  17Q5  ein  Prediger  Willich  auf  seine  Kosten  ein  Bad- 
haus, das  mit  Brunnenwasser  gespeist  wurde.  Es  enthielt  zwei  Steinbäder  in  der  Erde,  die 
ursprünglich  für  kaltes  Wasser  bestimmt  waren  und  nur  auf  schriftliche  ärztliche  Ver- 
ordnung benutzt  werden  durften.  Auch  ein  Sturzbad  war  angelegt.  Später  kamen  warme 
Bäder  hinzu.  1800  hatte  das  Badehaus  Billard-,  Tanz-  und  Spielzimmer.  Pharao  war 
jedoch  verboten  i53 

Frankfurt  besaß  1803  eine  zweite  Badeanstalt  in  der  Stadt,  die  ein  Uhrmacher  Hof 
in  seinem  Hause  errichtet  hatte.  In  Nürnberg  war  1803  aus  älterer  Zeit  her  eine  öffent- 
liche Anstah  im  sogenannten  Fechthause  mit  mehreren  Badezimmerchen  in  Gebrauch. 
Von  Ärzten  wurden  Badeinstitute  1797  in  Bayreuth  durch  von  Schallern  mit  warmen 
und  Flußbädern  und  einem  Spritzbade,  1798  (?)  durch  de  laRoux  in  Celle  mit  künst- 
lichen Bädern,  in  Bremen  von  Heineken,  1803  (?)  von  Welper  in  Berlin  errichtet.  Ballen- 
städt  am  Harz  bekam  1802  am  Riederschen  Bache  eine  Badeanstalt  mit  warmen  undj 
kalten  Bädern.  Eine  größere  scheint  die  im  selben  Jahre  vom  Stadtwundarzt  Meyer  in  \ 
Braunschweig  beim  Einfluß  der  Oker  errichtete  gewesen  zu  sein.  Sie  lag  auf  einem  Floß, 
hatte  vierzehn  Zimmer  in  Abteilungen  zu  kalten  und  warmen,  als  auch  Tropf-,  Spritz- 
und  Dampfbädern.  Alle  auswärtigen  Mineralwasser  zum  Trinken,  sowie  Stahl-,  Schwe- 
fel-, Kräuter-,  wohlriechende  Seifen-,  künstliche  See-  und  Mineralbäder  waren  daselbsti 


Die  echten  Fhißbadeanstalten  47 

zu  haben*.  In  Wien  wurde  1804  das  Dianabad  erbaut '54  Mannheim  hatte  1807 
mehrere  Bäder,  von  denen  sich  diejenigen  der  Herren  Etienne  und  Hagenmeier  durch 
große  Gartenaniagen  auszeichneten.  In  der  HAOENMEiERschen  Anstalt  erhielten  Arme, 
deren  Krani<heit  bezirksärztlich  bescheinigt  war,  „freie,  einfache  und  componierte  Bäder" 
gratis.  Im  gleichen  Jahre  sagt  Wichelhausen:  „In  Deutschland  dürften  jetzt  wohl 
wenige  bedeutende  Städte  vorhanden  sein,  wo  nicht  Fluß-  und  andere  Badeanstalten 
angelegt  worden  wären"  i55. 

Kehren  wir  zu  den  kalten  Bädern  im  Flusse  zurück.  Die  eingepfählten  Badeplätze  und 
kleineren  Häuschen  am  Ufer,  in  denen  man  badete,  scheinen  1803  schon  häufig  benutzt 
worden  zu  sein  4.  1792  hatte  aber  Jena  trotz  der  zahlreichen  Studenten  keinen  beauf- 
sichtigten Badeplatz.  Gebadet  wurde  dennoch.  Es  konnte,  wie  der  Jenaer  Professor 
Grüner  mitteilt,  nicht  verhindert  werden  ise. 

Die  erste  große  deutsche  Badeanstalt  wurde  auf  dem  Rhein  bei  Mannheim  1777  er- 
richtet i57.  Ihre  genauere  Einrichtung  konnte  ich  nicht  ermitteln.  Sie  lag  mitten  im 
Flusse,  stieg  und  sank  mit  diesem  und  hatte  Vorrichtungen,  durch  die  man  sitzend  das 
Bad  gebrauchen  konnte.  Der  Zulauf  war  sehr  bedeutend.  „Das  Gedränge  des  Volks, 
sich  dieses  heilsamen  Instituts  zu  bedienen",  sagt  Ferro,  „das  Frohlocken  der  Ärzte,  die 
itzt  endlich  einmal  ein  Mittel  gebrauchen  konnten,  womit  sie  der  überall  eingerissenen 
Nervenschwäche,  die  eben  so  sehr  den  Arzt  als  den  Kranken  quält,  Einhalt  zu  thun  im 
Stande  waren  —  dieß  sind  offenbare  Beweise,  daß  itzt  nicht  mehr  Verzärtlung,  nicht 
Eigensinn,  nicht  Dummheit,  sondern  bloß  der  Mangel  an  Gelegenheit  die  Schuld  des 
Aufschubs  gewesen  war"  i35. 

Schon  1778  badeten  Gesunde  und  Kranke  aus  Mode  blindlings  darauf  los,  weil  man 
die  Rheinbäder  für  ein  untrügliches  Mittel  gegen  alle  Übel  ansah.  Das  veranlaßte  den 
Heidelberger  Professor  May,  eine  ernste  Mahnung  an  seine  lieben,  guten  Mitbürger 
zu  erlassen,  in  der  er  die  Bäder  nur  Gesunden  für  zuträglich  erklärte  und  nur  dann, 
wenn  sie  recht  gebraucht  würden.  Vor  allem  hatte  er  zu  tadeln,  daß  man  ruhig  im  Bade 
saß,  ohne  sich  zu  reiben.  Manche  aßen  sogar  Schinken  und  Butterbrot  und  zechten. 
Schwangere  Frauen  hatten  Blutflüsse  erlitten.  Kranke  bekamen  Blutspeien,  Husten, 
Schnupfen  und  dergleichen  mehr.  Manche  Badenden  konnten  sich  nicht  wieder  er- 
wärmen 158. 

1774  errichtete  ein  Schiffer  in  Frankfurt  auf  dem  Main  eine  Badeanstalt  für  Frauen  127^ 
über  die  ich  nichts  näheres  erfahren  konnte. 

1781  kündigte  der  Wiener  Arzt  Ferro  seine  Badeanstalt  auf  der  Donau  an.  Er  be- 
zeichnete sie  als  neu  eingerichtete  englische  Bäder,  wohl  weil  die  Engländer  das  kalte 
Bad,  namentlich  das  im  offenen  Meere,  in  Aufschwung  brachten.  Von  englischen  Fluß- 
badeanstalten ist  mir  nichts  bekannt.  Sie  genoß  der  besonderen  Gunst  Kaiser  Josephs, 
auf  dessen  Befehl  zu  einem  bequemeren  Besuch  des  Bades  die  hintere  Tür  des  Au- 
gartens  gegen  die  Brigittenau  ständig  offen  gehalten  wurde.  Trotzdem  wurde  Ferro 
von  den  kaisedichen  Leibärzten  van  Swieten  und  Störk  wegen  seiner  Ankündigung 


48 


Die  Flußbadeanstalten  zu  Wien  und  Dessau 


Abb.  19. 


Die  Ferrosche  Flußbadeanstalt  in  Wien.    Kpfr.  aus:  Ferro, 
Vom  Gebrauch  des  kalten  Bades.    Wien  1796. 


angefeindet  15Q.  Die 
Anstalt  bestand  aus 
einem  Floß  mit  Bade- 
häusern und  durch- 
brochenen Senkkästen 
(Abb.19/20).  Diese  wa- 
ren in  der  Größe  ver- 
schieden, für  einzelne 
Personen  und  auch 
zum  gemeinsamen  Ge- 
brauch, in  denen  auch 
geschwommen  wer- 
den konnte.  Interes- 
sant ist,  daß  Ferro  von 
den  letzteren  sagt,  sie 
seien  von  vielen  Per- 
sonen, die  schamhaft 

sind  und  sich  deshalb  nicht  gern  in  Gesellschaft  baden  wollen,  gemieden  worden  i35 
Nach  Ferros  Muster  wurde  in  Dessau  1802  die  OLBERG-THORSPEDENSche  Anstalt 
auf  der  Mulde  errichtet.    Sie  bestand  aus  zwei  Kähnen  mit  drei  von  doppelten  Lein- 
wandwänden eingeschlossenen  Zimmern  4. 

Warme  Bäder  gab  es  in  diesen  Anstalten  nicht.  Dagegen  hatte  Ferro  zur  Abkühlung 
vor  dem  Bade  eine  Brause,  die  er  als  Spritzbad  bezeichnet,  angebracht.  Sie  war  übrigens 
nicht  Ferros  geistiges  Eigentum.  Der  Pyrmonter  Badearzt  Marcard  hat  das  kalte  Trauf- 
bad (Shower  bath)  aus  England  zuerst  in  Deutschland  eingeführt  i60. 

Die  Gelehrten  stritten  um  diese  Zeit  untereinander,  ob  man  nach  deutscher  Art  mit 
den  Füßen  voran  langsam  ins  Bad  einsteigen  oder  sich  nach  englischer  plötzlich  ins 
Wasser  werfen  solle,  womöglich  mit  dem  Kopfe  voran.  Was  hier  als  deutscher  Brauch 
bezeichnet  wird,  dürfte  wohl  aber  nur  für  die  jene  Anstalten  besuchende  verzärtelte 
Stadtbevölkerung  Geltung  gehabt  haben.  Der  Kopfsprung  war  in  Deutschland  längst 
in  Gebrauch  (siehe  S.  56 — 58). 

Die  englische  Sitte  führt  den  Namen  Plongier-  oder  Sturzbad.  Im  freien  Flusse  schloß 
sich  das  Schwimmen  daran  an.  Wurden  die  Sturzbäder  in  großen  Kästen  genommen, 
so  galt  die  Vorschrift,  nach  dem  Eintauchen  das  Bad  sofort  zu  vedassen.  Es  konnte 
mehrere  Male  wiederholt  werden.  Auf  keinen  Fall  sollte  man  aber  im  Bad  weiter  ver- 
bleiben. Wir  sehen  hier  das  heutige  PRiESSNiTZsche  Vollbad  der  Wasserheilanstalten 
oder  Bassinbad,  wie  es  Matthes  i6i  nennt,  vollkommen  ausgebildet.  Der  oft  mit  Un- 
recht als  Kaltwassergegner  bezeichnete  Marcard,  der  es  in  Pyrmont  errichtete,  gab  uns 
1793  die  heute  noch  gültigen  Vorschriften,  es  richtig  zu  gebrauchen.  Als  er  sich  1775 
eingehender  mit  den  englischen  Bädern  beschäftigte,  kam  er  zu  der  Ansicht,  daß  man 


Das  Plonmer-  oder  Sturzbad  und  sein  richtiger  Gebrauch 


4Q 


in  Deutschland  das 
kalte  Bad  falsch  ge- 
brauche. Die  richtigen 
Vorschriften,  die  er 
gibt,  sind  folgende. 
Man  soll  nicht  erhitzt 
ins  kalte  Wassergehen. 
Das  war  schon  früher 
bekannt.  „Aber  ein 
Irrtum  ist  es  denn 
doch  auch,  wenn  man 
meint,  man  müsse  aus 


Abb.  20. 


Querschnitt  der   Ferroschen   Badeanstalt.     Kpfr.  aus: 
Vom  Gebrauch  des  kalten  Bades.    Wien  1796. 


Ferro, 


der  größten  Ruhe  des  Körpers  ins  kalte  Bad  gehen.    Viel  besser  ist's,  den  Körper  vorher 

ein  wenig  bewegt  zu  haben.    Dieses  ist eine  Regel,  welche  die  Engländer  befolgen 

(Marcard  ist  meines  Wissens  der  erste,  der  sie  angibt),  und  die  sehr  vernünftige 
Gründe  hat.  Die  Engländer  waren  daher  auch  sehr  wohl  damit  zufrieden,  daß  das 
neue  Pyrmonter  Plongierbad  einige  Minuten  außerhalb  Pyrmont  angelegt  sei,  weil 
durch  diesen  kleinen  Gang  der  Körper  in  einige  Bewegung  gesetzt  wird."  Allzu- 
große Ruhe  vor  dem  Bade  hat  Frieren,  Unbehaglichkeit  und  Bedrücktheit  nach  dem- 
selben zur  Folge,  was  auch  der  Fall  bei  zu  schwacher  Konstitution  ist.  Bei  einigen 
lassen  sich  die  unangenehmen  Folgen  etwas  mindern  durch  starkes  Frottieren  nach  dem 
Bade.  Ein  jedes  kalte  Bad  muß  kurz  sein,  falls  man  nicht  schwimmt  oder  sonst  die  Mus- 
keln bewegt.  Das  gilt  um  so  mehr,  je  kälter  das  Bad  ist.  Das  eigentliche  Plongierbad, 
das  sofort  nach  dem  Eintauchen  verlassen  wird,  kann  kälter  als  das  Schwimmbad  sein. 
Mittelschwache  Personen  vertragen  das  ganz  kurze  Bad  noch  leidlich,  aber  ganz 
schwache  vertragen  auch  dieses  nicht.  „Kurz  baden  die  Engländer  in  ihren  eigentlichen 
kalten  Bädern,  und  ihr  häufiger  Gebrauch  seit  100  Jahren  konnte  sie  wol  die  beste 
Methode  lehren."  Eine  Abhärtung  ist  nicht  durch  langes  kaltes  Baden,  sondern  durch 
öftere  kurze  kalte  Bäder  zu  erzielen.  „Der  Engländer  springt  plötzlich  ins  Wasser,  kehrt 
sich  darin  um,  und  in  wenigen  Sekunden  geht  er  wieder  heraus ;  er  wiederholt  zuweilen 
diese  Operation  zum  zweiten,  ja  sogar  zum  dritten  Male;  alsdann  läßt  er  sich  trocken  ab- 
reiben, kleidet  sich  an  und  macht  sich  Bewegung."  Das  Trockenreiben  soll  mit  unge- 
wärmtem  Tuche  geschehen.  Nach  demselben  geht  man  an  die  Luft,  zumal  an  die 
Sonne,  oder  reitet,  wenn  es  das  Wetter  erlaubt.  Bleibt  man  zu  Hause,  muß  man  sich  da 
auch  stärkere  Bewegung  machen,  nicht  gleich  zum  Schreiben  oder  Lesen  hinsetzen. 
Oute  Bewegung,  zumal  in  freier  Luft,  ist  nach  dem  kalten  Bade  höchst  nötig;  aber 
man  muß  sich  nicht  in  Schweiß  laufen.  Nach  dem  Bade  zu  Bett  zu  gehen,  ist  in  den 
meisten  Fällen  der  Absicht  dieses  Mittels  geradeswegs  zuwider. 

Ferro  war  (17Q0)  etwas  ängstlicher.    Er  warnte  vollblütige  und  auch  blutarme  Per- 
sonen vor  dem  Sturzbade.  Von  letzteren  sah  er  einige  wie  vom  Schlage  getroffen  nach 

Martin,  Badewesen  4 


50 


Abarten  und  Ersatz  des  Sturzbades 


dem  Bade,  manchmal  auch  tödliche  Ohnmächten.  Er  ließ  den  Badenden  an  einem 
Seile  durch  das  Wasser  fahren.  Andere  benutzten  eine  Schaukel,  die  eine  Erfindung 
Cesaratis  war.  Man  sprach  dann  von  Schwungbädern  *.  Auch  Ferro  hielt  das  kälteste 
Wasser  für  das  geeignetste,  nur  beim  nachfolgenden  Bade  sollte  Brunnenwasser  als 
zu  kalt  nicht  verwendet  werden.  Er  ließ  die  Sturzbäder  in  einem  seiner  Senkkästen 
nehmen. 

Als  Ersatz  für  die 
Sturzbäder  galten 
(1803)  plötzliche 

Übergießungen  von 
kaltem  Wasser  in  star- 
kem Strome  "t  und  als 
mildeste  Form  das 
schon  genannte  Re- 
genbad (Shower 
bath),  das  Spritzbad 
Ferros,  das  aus  einem 
siebartigdurchlöcher- 
tenBlechgefäß  auf  den 
Badenden  herabfiel. 
Die  genannten  Bä- 
der können  für  den 
Gesunden  nur  als 
minderwertiger  Er- 
satz desSchwimmens 
gelten.  Wie  sehr  man 
die  Gefahr  vor  dem 
Ertrinken  noch  fürch- 
tete, geht  aus  der  An- 
lage des  Schwimm- 
kastens   im    Ferro- 

schen   Bade    hervor. 

Abb.  21.  Hilfsapparate  zum  Schwimmen  gegen  Ende  des  18.  Jahrliunderts.  c  ik  +  •  a  Cai  y 
Kupfer  von  Schellenberg.    Aus:  XI.  Neujahrstück  ab  dem  schwarzen 

Garten.    Zürich  1796.  MANNschen       Erzie- 

hungsanstalt zu  Schnepfenthai  schwammen  die  Schüler  in  einem  großen  Wasserbehäl- 
ter! 36. 

Unseren  heutigen  Schwimmunterricht  schuf  Guts-Muths.  Von  ihm  stammt  der 
Schwimmgürtel  und  die  Angel.  Ferros  Anleitung  ist  viel  schwülstiger  und  umständ- 
licher. Beide  stimmen  darin  überein,  daß  neben  dem  Schwimmen  auch  Wassertreten 
und  Tauchen  zu  üben  sei,  was  wir  ja  auch  in  früheren  Jahrhunderten  schon  finden. 


Schwimmen  und  Schwimmapparate  5| 

Maalers  Lexikon  verzeichnet  1561  das  „Wasser  trätten".    Man  schwamm,  schwäbte 
und  fuhr  auf  dem  Wasser,  schoß  auch  „underhin"  162 

Vor  Ausbildung  unseres  heutigen  Schwimmunterrichtes  lernte  die  Jugend,  wie 
mancherorts  noch  jetzt,  das  Schwimmen  durch  Hilfsapparate  (Abb.  21).  Meist  sind  es 
aus  Rohr  oder  Binsen  gefertigte  Bündel,  zwei  Rindsblasen,  Flaschen  aus  Kürbis,  Büchsen 
aus  Blech,  lederne  Kissen,  die  durch  einen  Riemen  verbunden  waren,  auf  den  sich  der 
Schwimmende  legte.  Es  kommen  auch  Rinden  (Conrad  Clauser,  1598),  lederne  Brust- 
gürtel (GuARiNONius,  1610)  und  solche  aus  Pantoffelholz  (Kork)  vor.  Bei  unvorsichtigem 
Gebrauch  waren  diese  Apparate  sehr  gefährlich.  Die  „Windmaschinen"  konnten  platzen, 
oder  der  sie  verbindende  Riemen  glitt  an  das  Fußende,  wodurch  der  Kopf  nach  unten 
zu  liegen  kam  (Abb.  18).  Auch  beim  Gürtel,  wenn  er  nur  Kork  auf  der  Brustseite  enthielt, 
konnte  der  Badende  bei  Wendung  auf  den  Rücken  ertrinken.  Gegen  Ende  des  18.  Jahr- 
hunderts kamen  aus  Frankreich  besonders  gut  gearbeitete  Schwimmgürtel,  unsere 
heutigen  Rettungsgürtel,  unter  dem  Namen  Scaphander  nach  Deutschland,  unter  denen 
sich  der  „Bachstromische  Curas"  auszeichnete  i35. 

Daneben  finden  wir  Apparate,  die  das  Schwimmen  ersetzen  sollten.  Meist  waren  sie 
Geheimnisse  ihres  Erfinders  und  wurden  zufällig  bekannt  gegeben.  Die  Züricher  Kan- 
tonsbibliothek bewahrt  ein  Papiermanuskript  aus  dem  15.  Jahrhundert,  das  technische  Fer- 
tigkeiten, zumeist  kriegswissenschaftliche,  abbildet.  Dort  geschieht  das  Schwimmen  in 
lufthaltigen  Stiefeln,  die  mit  Platten  an  den  Sohlen  beschwert  sind  (Abb.  22/23).  Eine  andere 
Abbildung  zeigt  einen  doppelwandigen,  mit  einer  Platte  beschwerten  Taucheranzug  für 
nahezu  den  ganzen  Körper  (Abb.  24).  1615  gab  Franz  Kessler  in  Wetzlar  die  „sonsten 
lang  geheime,  unglaubliche  Kunst"  bekannt,  in  „Lufthosen",  die  an  den  Sohlen  mit  Blei  be- 
schwert waren  und  Flußfedern  zum  Steuern  trugen,  übers  Wasser  zu  gehen,  im  Prinzip 
gleichen  sie  den  vorigen.  Sein  Wasserharnisch  ist  eine  aus  Rindshäuten  hergestellte 
Taucherglocke  (Abbildungen  beiScHEiBLE)  i63.  Gegen  Ende  des  18.  Jahrhunderts  mehren 
sich  dergleichen  Apparate.  Sie  sind  sämtlich  als  Westen  gearbeitet.  1782  ließ  ein  Unge- 
nannter einen  solchen  durch  den  königlichen  Juwelier  Jolly  in  Beriin  ankündigen  iK  Ein 
Herr  Leconte  in  Paris  empfahl  1 787,  sein  „gilet  hydrostatique"  unter  dem  Frack  zu  tragen, 
um  bei  Unglücksfällen  durch  Aufblasen  desselben  in  zehn  bis  zwölf  Sekunden  dem  Tode 
zu  entrinnen  165.  Schließlich  arteten  diese  Apparate  in  Spielereien  aus.  Der  Tübinger 
Professor  Ploucquet  ging  so  weit,  daß  er  1798  vorschlug,  im  Scaphander  oder  einem 
aus  Pantoffelholz  selbst  gefertigten  Schwimmgürtel,  der  zur  Sicherheit  mit  einem 
Schenkelriemen  versehen  sein  sollte,  einen  Sonnenhut  auf  dem  Kopfe,  die  nötigen 
Kleidungsstücke  auf  dem  Rücken,  mit  einem  Ruder  in  der  Hand,  ganze  Landsee- 
reisen zu  machen.  Er  konstruierte  ein  Wasserbett  und  einen  Wasserstuhl,  die,  im 
Flusse  festgelegt,  dem  Nichtschwimmer  den  Genuß  eines  Bades  unter  freiem  Himmel 
schaffen  sollten.  Die  Apparate  konnten  auch  zwischen  zwei  Kähnen  angebracht  werden, 
mit  denen  der  Badende  herumfuhr.  Ähnliche  Vorrichtungen  waren  bei  Konstanz  auf 
dem  Bodensee  unter  dem  Namen  des  Wasserschlittens  schon  vorher  in  Gebrauch  166 


52  Schwimmen  in  den  Erzieiiungsanstalten  und  beim  Militär 

Die  wahre  Volkstümlichkeit  erhielten  die  Flußbadeanstalten  durch  Errichtung  der- 
selben von  selten  der  Militärbehörden,  wo  auch  der  gemeine  Soldat  und  ebenso  der 
Bürger  sein  Bad  nehmen  konnte. 

In  den  Erziehungsinstituten  des  18.  Jahrhunderts,  die  namentlich  adelige  Knaben 
aufnahmen,  war,  wie  schon  erwähnt  wurde,  das  Schwimmen  eingeführt.  Die  Eleven 
(Karlsschüler)  in  Stuttgart  badeten,  um  den  Körper  zu  stärken  i35.  in  der  Schnepfen- 
thaler  Anstalt  fanden  Dauerschwimmen  statt.  Bei  einem  solchen  ging  ein  Schüler 
aus  Genf  als  Sieger  hervor,  der  in  ein  und  drei  viertel  Stunde  fast  eine  drittel  deutsche 
Meile  zurückgelegt  hatte.  Wettschwimmen  wurden  in  Kopenhagen  unter  den  Zöglingen 
des  gymnastischen  Instituts,  den  Artillerie-  und  den  Seekadetten  veranstaltet,  unter 
den  letzteren  sogar  in  Kleidern  (Outs-Muths,  1804). 

1 81 7  führte  General  VON  Pfuel  das  Schwimmen  in  der  preußischen  Armee  ein  iß'?,  und 
1839  wurde  die  erste  militärische  Schwimmschule  zu  Graz  in  Österreich  errichtet  108 


Abb.  22/23.    Hilfsapparate  zum  Wassertreten  und  Schwimmen  im  15.  Jalirliundert.    Papierhandschrift. 

Kantonsbibliothel<  Zürich. 


Mr.  Wynmamis  Bericht  vom  Jahre  1538  über  die  Schwimmkiinst  der  Ziiriclier Jugend    53 


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Es  ist  nicht  uninteressant,  die 
Flußbadeverhältnisse  einer  einzelnen 
Stadt  durch  mehrere  Jahrhunderte 
hindurch  zu  verfolgen.  Aus  nahe- 
liegenden Gründen  wähle  ich  Zürich, 
zumal  sich  für  keine  andere  Stadt 
ein  größeres  Material  vorfinden 
dürfte. 

Nicolaus  Wynmann,  gebürtig 
aus  dem  Saanetale,  hat  im  Jahre  1538 
als  Professor  der  alten  Sprachen  in 
Ingolstadt  ein  lateinisches  Gespräch 
veröffentlicht,  das  den  Titel  „Colym- 
betes  sive  de  arte  natandi"  trägt  und 
Jugenderlebnisse  des  Verfassers  in 
Zürich  schildert  iö9.  ich  gebe  es  in 
der  Übersetzung  Gustav  Freytags 
wieder  i'^o. 

„Pampinus:  Da  ich  noch  als 
Knabe  zu  Zürich  in  Helvetien  mich 
aufhielt,  gingen  unser  oft  zwanzig 
bis  dreißig  Schüler  zusammen  in  das 
Schilfwerk  am  Seeufer. 

Erotes:  Was  wolltet  ihr  da 
machen? 

P. :  Jener  Ort  ist  ungefähr  tausend 
Schritte  von  der  Stadt  entfernt. 

E.:  Weiter. 

P.:  Dort  fertigte  sich  jeder  aus  dem  Schilfe,  das  in  der  Seebucht  eine  bedeutende 
Höhe  erreicht,  ein  Bündel,  befestigte  es  um  den  Leib,  so  daß  er  mit  vorgestrecktem 
Kopf  und  Hals  einer  Gans  ziemlich  ähnlich  sah;  an  das  Bündel  knüpfte  er  sein  Hemd 
—  denn  die  übrigen  Kleider  ließen  wir  gewöhnlich  zu  Hause  —  und  so,  von  unsern 
Rohrbündeln  getragen  und  nur  mit  den  Füßen  rudernd,  schwammen  wir  in  Reih  und 
Glied  in  den  See  hinaus. 

E. :  Die  Verwegenheit  dieser  Knaben  in  einem  so  tiefen  See  hätte  wohl  der  Lehrer 
mit  einer  guten  Rute  züchtigen  dürfen. 

P.:  Draußen  im  See,  vierzig  Schritte  vom  Ufer,  war  eine  sehr  große  steinerne  Bild- 
säule des  heiligen  Nikolaus,  die  auf  einem  mächtigen  Fels  ruhte. 

E.:  Besser  hätte  da  der  heilige  Christoph  hingepaßt. 

P.:  Nachdem  wir  den  Heiligen  in  geordneten  Reihen  dreimal  umschwommen  und 


Abb.  24.     Taucheranziig   im   15.  Jahrhundert.    Papier- 
handschrift.   Kantonsbibliothelc  Zürich. 


54  Fortsetzung  des  Wynmannschen  Berichtes 

pflichtgemäß  gegrüßt  hatten,  da  er  doch  der  Jugend  gütiger  Schutzpatron  ist,  kehrten 
wir  um  und  steuerten  gerade  der  Stadt  zu. 

E. :  Auf  so  weitem  Wege? 

P. :  Allerdings.  Jeden,  der  aus  der  Reihe  gewichen  wäre,  traf  die  Strafe,  daß  er  zu 
Hause  sein  Pferd  (?)  verlieren  sollte. 

E.:  Eine  schwere  Buße. 

P. :  In  geordnetem  Zuge  schwammen  wir  unter  dem  Wassertor  der  Stadt  durch,  da; 
wo  die  Limmat  aus  dem  See  zu  fließen  beginnt.  Dann  stimmten  wir  ein  bekanntes  Lied 
an  und  schlenderten  fröhlich  mitten  durch  die  Stadt  nach  Hause. 

E.:  Ich  bin  ganz  erstaunt.  Aber  wie?  Lerntet  ihr  Knaben  alle  schwimmen  ohne 
irgendwelche  Hilfe? 

P. :  Ganz  gut. 

E. :  Woher  lernen  denn  dort  die  Knaben  so  geschickt  schwimmen? 

P. :  Du  weißt,  was  gute  Lehrer  in  jeder  Kunst  ausrichten  können  und  was  eine  an- 
haltende Übung,  die  beste  Lehrmeisterin,  vermag;  dazu  kommt  als  neuer  Reiz  ein  herr- 
licher Fluß  und  der  nahe  See.  Man  möchte  behaupten,  daß  die  Kinder  die  Kunst  mit 
ihrer  Geburt  fast  spielend  erlernen. 

E. :  Die  Kunst  der  Enten  meinst  du,  nicht  der  Menschenkinder. 

P. :  Der  Unterricht  in  dieser  Fertigkeit  geht  gleichsam  von  einer  Hand  in  die  andere. 
Kurz,  du  könntest  da,  wie  das  Sprichwort  sagt,  die  echten  Schwimmer  aus  Deios  sehen. 
Und  nicht  nur  Knaben,  sondern  auch  Mädchen  würden  dir  ein  angenehmes  Schauspiel 
bieten. 

E. :  Mädchen  sagst  du  ? 

P.:  Ja  freilich.  An  hellen  Sommerabenden,  wenn  das  Wasser  durch  die  Sonne  des 
Tages  erwärmt  worden,  baden  sie  scharenweise  nach  dem  Nachtessen;  man  möchte 
glauben,  daß  Delphine  im  Wasser  spielten. 

E. :  Es  wäre  nicht  zu  verwundern,  wenn  alle  Seegötter  und  Göttinnen  als  Schutz- 
geister des  Ortes  da  wohnten. 

P.:  Von  den  Erwachsenen  lernen  die  Knaben;  und  es  gibt  auch  hierin  gewisse 
Lehrer;  wie  wir  von  den  Delphinen  lesen,  daß  sie  ihren  Jungen  einen  bejahrten  Meister 
anweisen,  von  dem  sie  lernen  können,  was  ihnen  einst  zum  schnellen  Erhaschen  der 
Beute  von  Nutzen  sein  wird. 

E.:  Glaubst  du,  daß  dies  wahr  sei? 

P.:  Gewiß  ist  es  wahr.    Doch  ich  will  zu  meinem  früheren  Gegenstande  zurück- 

» 
kehren.  - 

E. :  Ganz  recht. 

P. :  Vom  frischen  Bade  gehen  sie  meist  bald  schlafen  ohne  Kleider. 
E. :  Die  zärtlichen  Asiaten ! 

P. :  Wir  sahen  so  oft  Paare  gleichsam  im  Wettstreite  weite  Strecken  hinausschwim- 
men, Manns-  und  Frauenspersonen,  ähnlich  wie  zwei  zusammengespannte  Rosse. 


Fortsetzung  des  Wynmannsclien  Berichtes  55 

E.:  Was  höre  ich? 

P. :  Was  ich  sage. 

E. :  Was  sagst  du,  Pampinus? 

R:  Was  du  hörst,  oder  vielmehr,  wie  es  wiri<lich  zugeht. 

E.:  Wie,  schämen  sich  jene  nackten  Mädchen  denn  nicht? 

P.:  Sie  tragen  Hemden,  die  hierzu  bequem  eingerichtet  sind. 

E.:  Ich  glaube,  daß  Mädchen,  wenn  sie  einmal  sich  die  Fertigkeit  erworben  haben, 
in  dieser  Kunst  mehr  Gewandtheit  zeigen  als  Männer. 

P.:  Über  den  feinen  und  trefflichen  Mann!  Glaubst  du  das  wirklich?  Wärst  du 
nicht  ein  wenig  neugierig? 

E. :  Wenn  ich  nicht  irre,  pflegt  man  wohl  unter  dem  Baden  süße  Gespräche,  wofern 
nicht  traute  Umarmung  gestattet  ist. 

P.:  Ja  bisweilen  wird  auch  eine  Vermählung  geschlossen,  nicht  mit  dem  Beistand 
der  Juno,  nur  der  Nereiden. 

E. :  Nach  Art  der  Frösche!  Es  sind  völlige  Amphibien  wie  in  der  Fabel. 

P. :  So  etwas  siehst  du  kaum  anderswo. 

E.:  Wer  lehrt  denn  die  Enten,  Gänse,  Wasserhühner  und  Taucher  sogleich  schwim- 
men, wie  sie  geboren  sind?  Denn  über  die  Fische  wundere  ich  mich  nicht. 

P.:  Die  Natur. 

E. :  Aber  wie  schwimmen  sie  denn  so  leicht  einher? 

P. :  Ihre  breiten,  biegsamen  Füße  gebrauchen  sie  ganz  bequem  wie  die  unteren  Enden 
der  Ruder.  Sie  breiten  sie  aus  und  falten  sie  beim  Zurückziehen  wieder  zusammen. 
Denn  die  Federn,  welche  bei  diesen  Vögeln  nur  wenig  benetzt  werden,  mögen  in  nichts 
hindern  und  eher  in  die  Höhe  heben  als  senken.  Ja,  du  kannst  dasselbe  an  mehreren 
Vierfüßern  bewundern. 

E.:  So  ist  also  der  Mensch  das  einzige  Geschöpf,  das  unglücklich  und  in  allen  diesen 
Dingen  unwissend  zur  Welt  kommt? 

P. :  So  will  es  unser,  der  Sterblichen,  Los.  Aber  noch  mehr  würdest  du  dich  wun- 
dern, wenn  du  sähest,  wie  man  sich  von  hohen  Brücken  herabstürzt,  was  auch  in  Basel 
und  Konstanz  geschieht.  Es  gibt  in  Zürich  eine  schöne  Kirche,  welche  gleich  einem 
Schiffschnabel  hinausgebaut  ist  und  nach  dem  Wasser  genannt  wird. 

E. :  Und  weiter! 

P.:  Ringsum  ist  dieselbe  von  Wasser  umgeben,  außer  da,  wo  auf  schmaler  Strecke 
eine  kunstvolle  Brücke  an  die  Kirche  angebaut  ist. 

E. :  Erzähle  weiter. 

P.:  Dort  könntest  du  im  Sommer  einen  merkwürdigen  Wettstreit  der  jungen  Leute 
sehen.  In  diesem  Umkreise  folgen  sie  einander  schnellen  Zuges  gegen  den  äußern  Teil 
der  Kirche  hin,  wo  wie  am  Vorderteil  eines  Schiffes  die  Strömung  des  Flusses  anprallt 
und  nach  beiden  Seiten  sich  teilt. 

E. :  Und  dann? 


56  •     Fortsetzung  des  Wynmannschen  Berichtes 

P. :  An  dieser  Stelle  stürzen  sie  sich  in  die  Tiefe  des  Flusses  und  zwar  nach  der 
Reihe.  Es  ist  vom  Rate  erkannt,  daß,  wer  im  Begriffe  herabzustürzen,  den  nächstfolgen- 
den nicht  beim  Namen  ruft,  oder  wer  nicht  aus  der  Tiefe  irgend  ein  Zeugnis,  z.  B.  ein 
Steinchen  oder  etwas  anderes  mit  sich  heraufbringt,  dadurch  gestraft  werden  soll,  daß 
er  mit  angezogenem  Hemde  von  anderen  herabgeworfen  wird. 

E.:  Eine  harte  Bestimmung. 

P. :  Dir,  mein  Erotes,  wäre  das  wohl  unerträglich.  Du  sähest  da  zuerst  geflügelte 
Knaben,  dann  Forellen,  zuletzt  Grundein;  denn  der  Fluß  ist  durchsichtig  wie  Glas. 

E.:  Man  dürfte  sich  nicht  wundern,  wenn  sie  im  Herabstürzen  mit  dem  Kopf  gefähr- 
lich auf  den  Grund  aufstießen. 

P. :  Sie  werfen  sich  nieder  mit  vorgehaltenen  Händen. 

E.:  Warum  nicht  mit  den  Füßen  voraus? 

P.:  Willst  du  das  wissen? 

E. :  Allerdings. 

P.:  Es  ist  weniger  Gefahr  dabei.  Denn  nicht  gering  ist  die  Gefahr,  daß,  wenn  du 
mit  ausgebreiteten  Füßen  herabspringst,  dich  das  heftig  strömende  Wasser  mitten 
durchschneide,  was  anderswo  öfter  begegnet  ist. 

E.:  Du  sprichst  da  von  unerhörten  Dingen.  Etwas  so  Weiches  soll  einen  Körper 
verletzen  können? 

P. :  Vedetzen  ?  Wisse,  das  Wasser,  welches  in  seiner  Strömung  aufgehalten  wird,  istj 
etwas  so  Gewaltsames,  daß,  wenn  du  die  Klinge  eines  Schwertes  hineinstoßest,  diese 
schneller  bricht,  als  ein  noch  so  harter  Stein. 

E.:  Du  erzählst  von  einer  wunderbaren  Eigenschaft  des  Elementes. 

P. :  Wenn  ich  noch  etwas  werde  beigefügt  haben,  werde  ich  von  den  ZürichernJ 
Abschied  nehmen,  was  vielleicht  schon  früher  hätte  geschehen  sollen. 

E.:  Sei  versichert,  daß  mir  alles,  was  du  erzähltest,  sehr  angenehm  war. 

P.:  Wir  sahen  in  jenem  See  einmal  einen  Schulherrn,  der  unglücklich  aufgefanger 
wurde. 

E.:  Wieso? 

P. :  Da  er  allein  schwamm,  widerfuhr  ihm,  daß  er  mit  seinen  etwas  zu  tief  gestreckter 
Füßen  in  Wasserkräuter  sich  verwickelte;  nachdem  er  lange  vergeblich  sich  zerarbeite| 
hatte,  sank  er  zuletzt  müde  zusammen.  Als  einige  Fischer  dies  bemerkt  und  ihn  mifi 
Mühe  aufgefunden  hatten,  zogen  sie  ihn  mit  einer  Stange  heraus.  Nachdem  er  ans  Ufeii 
getragen  worden  war,  wurde  er  auf  Befehl  einer  abergläubischen  alten  Frau,  nutzlos,] 
aus  dem  kalten  in  ein  warmes  Bad  getragen. 

E.:  Eine  unangenehme  Waschung  war  das  *. 

P.:  Damit  er,  denke  ich,  durch  die  Wärme,  erquickt  wie  eine  Feldgrille  wieder  neu! 
auflebe.   Etwas  Ähnliches  ist  daselbst  einer  Schwimmerin  von  schöner  Gestalt  begegnet,| 
wie  ich  mit  eigenen  Augen  gesehen. 
*  ÖCHSLI  übersetzt:  Ein  trauriges  Bad'*'. 


ZwingUs  und  anderer  Ansicht  über  das  Schwimmen  der  Jugend  57 

E.:  Meinst  du  eine  Wassersciilange? 

P.:  Nein,  sondern  ein  hübsches  Mädchen,  eine  Nymphe,  würdest  du  sagen. 

E.:  Warum  bist  du  denn  nicht  mitleidig  der  zugrunde  Gehenden  zu  Hilfe  ge- 
sprungen? 

R:  Was  sollte  ich  tun,  da  ich  noch  Knabe  war  . . .  Das  herrlich  schöne  Mädchen 
starb  in  der  ersten  Blüte  ihrer  Jahre  eines  traurigen  Todes*.  O  hätte  doch  ein  gütiger 
Gott  sich  ihrer  Jugend  erbarmt  und  sie  demselben  entrissen,  auch  wenn  er  sie  plötzlich 
in  einen  Vogel  verwandelt  haben  würde! 

E.:  Für  eine  runzlige  Alte  oder  einen  alten  Kracher  hättest  du,  das  weiß  ich  sicher, 
nicht  soviel  Mitleid  empfunden." 

Nicht  gerade  wohlwollend  drückt  sich  Zwingli  über  das  Schwimmen  aus:  „Schwim- 
men syhe  ich  wenig  leütten  dienen  wiewol  es  zuweylen  dem  ieyb  gut  ist  das  man 
schwimmet  vnd  zu  ainem  visch  wirt.  Doch  ist  das  schwimmen  vnder  weylen  zu  ett- 
lichen  feilen  gutt  gewest.  Also  ist  etwa  ainer  auß  dem  Capitolio  geschwummen  der 
dem  Camillo  der  Römer  obristen  Feldthauptman  von  dem  erbermlichen  zustandt  der 
stat  Rom  botschaft  bracht.  So  ist  die  edel  Römisch  Junckfraw  Clelia  auch  wider  zu 
den  jren  geschwummen"  ^''i.  1525  wurde  folgendes  Mandat  erlassen:  „Unser  Herren 
Bürgermeister  und  Räte  der  stadt  Zürich  gebietend  mänklichem  der  iren,  jungen  und 
alten,  daß  hinfür  niemas  mer  so  man  im  Sew  badet,  uf  die  räder  beider  bruggen  stigen 
und  darab  in  Sew  springen  solle;  deßglichen,  daß  keiner  hinfür  mer,  so  er  badet,  ein 
sölich  unwesenlich  geschrei  und  brüelen  füere,  als  dann  bishar  beschechen  ist,  alles  bi 
10  s.  buoß"  172  Allzulange  wurde  dieses  Verbot  nicht  befolgt.  Der  MuRERsche 
Stadtplan  von  1576,  auch  ein  Glasgemälde  von  1Ö61  zeigen  das  Hinunterspringen  von 
der  Brücke  1^3^  und  eine  Scheibe  im  Seidenhofzimmer  des  Schweizerischen  Landes- 
museums von  1581  (Abbildung  bei  Rahn  i'?*)  stellt  den  Kopfsprung  eines  völlig  nackten 
Knaben  vom  Wasserrade  dar.  1576  sagt  der  Züricher  JosiAS  Simler:  „Darzu  acht  ich, 
das  nit  ein  volck  in  der  Christenheit  funden  werde,  weliches  sich  also  übe  mit  schwüm- 
men,  also  daß  sy  über  die  großen  See,  deren  vil  in  dem  land  sind,  auch  mächtige  vnd 
starcke  rünnende  wasser  leychtlich  schwümmen,  etwan  hoch  hinab  in  die  wasser 
springen"  60.  1586  zerbrach  sogar  an  der  unteren  Brücke  „die  Lahne  nächst  dem 
Wasserrad"  von  der  Last  des  vielen  darauf  gelegenen  Volkes,  welches  jungen  Knaben, 
die  sich  mit  Springen  und  Schwimmen  in  der  Aa  (Limmat)  ergötzten,  zuschaute.  Ein 
gut  Teil  davon  stürzte  ins  Wasser  i73. 

Hundert  Jahre  später  finden  wir  die  Badelust  unverändert  bestehen.  Escher  hat  uns 
1692  in  seiner  Beschreibung  des  Zürichsees  i'^s  eine  eingehende  Schilderung  hinter- 
lassen. Das  Titelbild  zeigt  das  Treiben  auf  dem  See,  darunter  einen  breiten  Kahn,  von 
dem  Stufen  ins  Wasser  hinabführen,  und  um  ihn  herum  in  Badehosen  Schwimmende. 
„So  ist  auch  nicht  eine  von  den  mindesten  Ergetzlichkeiten,  wann  Sommerszeit,  in  der 
großen  Hitz,  Junge  und  Alte  Leuth  in  disem  See  mit  schwümmen  sich  erlaben;  ja,  es 

*  Von  hier  ab  nach  ÖCHSLI  ^^'>. 


58      Eschers  Bericht  vom  Jahre  1692  über  die  Schwimmkunst  der  Züricher  Jugend 

gibet  wenig  Manns-Personen  die  nicht  schwümmen  können,  ursach,  weilen  das  Wasser 
nächst  dem  Land  i<einen  Morast  noch  tieffenen  hat,  sonder  sich  nach  und  nach  ver- 
tieffet:  Derohaiben  gibt  es  solche  erfahrne  Schwümmer,  die  sich  nichts  scheuhen  über 
den  See  zuschwümmen,  wie  dann  Hans  Heinrich  Sutz  in  dem  Meiler-Feld,  von  da- 
selbsten  gen  Horgen  geschwummen,  ist  drey  starke  viertheil  stund  wegs.  Ob  der  Statt 
Zürich,  da  der  See  eine  starke  vierthel  stund  breit,  seind  sehr  viel  hinüber  geschwum- 
men, haben  das  Gelt  in  die  Bruch  gebunden,  in  dem  Wirtshaus  bey  dem  Sternen  ge- 
truncken,  und  seind  widerum  heimgeschwummen.  So  ist  auch  bei  Mannsgedencken 
eine  gewüsse  Jungfrau  hinüber  geschwummen. 

Es  gibet  auch  deren,  die  sehr  lang  under  dem  Wasser  schwümmen,  auch  sich  etliche 
Klafter  tieff  under  dasselbige  hinab  lassen  bis  an  den  Boden,  und  bringen  zum  Wahr- 
zeichen mit  sich  von  dem  Boden  einen  Stein  oder  Kraut:  Dises  hatte  bey  guter  Gesell- 
schaft zum  öftern  gethan  Herr  Hans  Caspar  Thoman,  der  Buchbinder. 

Wann  einer  lust  hat,  wol  versuchte  und  erfahrne  Schwümmer  zusehen,  kan  er  sich 
nur  Sonntags  nach  der  Abend-Predig  zu  Zürich  auf  der  oberen  Brügge  einfinden,  so 
wird  er  die  noch  gar  junge  Knaben  (deren  etliche  nicht  über  acht  oder  neun  Jahr  alt) 
mit  Verwunderung  sehen  auf  dem  Wasser  hin  vnd  wider  schwümmen,  welche  bald 
liggen  als  ob  sie  todt,  bald  mit  einem,  bald  mit  beyden  Füßen,  auf  dem  Ruggen  liggende, 
darein  schlagen,  daß  das  Wasser  viel  über  Manns-höhe  sprützet,  zun  zeiten  das  Wasser, 
aufrechtstehende,  mit  den  Füßen  tretten,  als  wann  Sie  grund  hetten,  vnd  auf  dem  Boden 
einhar  giengen,  auch  andere  Posturen  vnd  Lustbarkeiten  mehr  machen.  Das  verweg- 
neste  aber  an  disen  Knaben  ist,  daß  sie  sehr  hohe  sprüng  in  das  Wasser  thun.  Es  ist 
lustig  zusehen,  wie  sie  in  großer  Anzahl  ab  der  Oberen  Brügge  über  Kopf  und  über 
Hals  in  das  Wasser  hinunder  bürtzlen,  und  die  Statt,  mit  jauchzen  und  schreyen,  hin- 
under  schwümmen :  Aber,  es  machet  einem  die  Haar  gen  Berg  stehen,  wann  man  sie 
siehet  ab  dem  Helmhaus-Tache  ja  gar  ab  dem  Rahthaus,  ab  der  Lauben  vor  der  Rath- 
stuben,  sich  in  das  Wasser  stürzen,  welches  eine  entsetzliche  höhe  von  vielen  Ruthen 
ist.  Ich  habe  selbs  einen  gesehen,  der  einen  anderen  auf  dem  ruggen  getragen,  und  mit 
ihme  ab  dem  oberen  Helmhaus  in  das  Wasser  gesprungen.  Darneben  aber  seind  sie 
sehr  kunstlich  in  ihrem  springen,  indem  sie  sich  kein  bedenken  machen,  auch  ab  den 
höhesten  Oertheren  in  das  Wasser  zuspringen,  darinnen  sie  dennoch  grund  haben, 
und  nicht  viel  über  drey  schuhe  tieff,  da  sie  sich  dann  in  follem  sprung  wüssen  zu- 
wenden, daß  sie  die  Füße  so  geschwind  widerum  aus  dem  Wasser  herfür  strecken,  daß 
einer  meinen  sollte,  sie  weren  nicht  einmahl  under  dem  Wasser  gewesen ;  in  disem 
dünnen  Wasser  kommen  sie  gleichwolen  niemahlen  auf  den  Boden :  Und  aber,  so  be- 
kommen sie  der  gar  hohen  Sprüngen  halben  etwan  keine  bessere  belohnung,  als  daß 
sie  in  dem  Alter  um  das  Gehör  kommen." 

An  anderer  Stelle  sagt  Escher  :  „Auch  gibet  es  in  disem  See,  manchedey  See- 
Gewächse,  da  ich  auch  des  einten  und  anderen  mit  wenigem  gedenken  wil:  als  namm- 
lich :  Großer  Bintz,  (Juncus  maximus)  ist  in  die  acht  Schuhe,  und  noch  höher,  eines 


Zusammenhang  von  Schwimmgebräuchen  mit  dem  Urgermanentum  59 

Fingers  dick,  hat  innwendig  gleich  anderem  Bintz  viel  Marck.  Die  jungen  Knaben 
binden  desselbigen  in  dem  Sommer  viel  zusammen,  legen  sich  darauf,  und  lehrnen  also 
schwümmen;  Etwann  flechten  sie  zum  Lust  eine  große  Bürde  zusammen  mit  dünnen 
Stricken,  biegen  denseibigen,  machen  ihme  einen  aufgerichteten  Hals,  formieren  ihn 
wie  einen  Schwanen,  binden  ihme  an  den  Schnabal  einen  Zaum;  ein  theil  der  Knaben 
setzen  sich  alsdann  darauf,  fahren  darvon,  und  führen  selbigen  mitsich  in  die  Statt 
hinein,  der  Lindmat  nach  hinab  bis  in  den  Schützen-Platz;  andere  schwümmen  selbigem 
nach,  setzen  sich  bald  darauf,  springen  wieder  darab  in  das  Wasser,  und  ergetzen  sich 
darmit  mit  Jauchzen  und  frolocken." 

Dem  zuletzt  geschilderten  Brauche  hat  Runge '^s  einen  mythologischen  Hintergrund 
gegeben. 

In  anderen  Schweizer  Orten,  in  Glarus  am  Fridolinstag  (6.  März),  in  Winterthur  am 
Fastnachtssonntage  wurden  früher  kleine  Schiffe  und  Holztröge  geteert,  bewimpelt, 
nachts  mit  brennenden  Kerzen  besteckt,  die  man  die  Bäche  hinabschwimmen  ließ,  und 
noch  früher  wurden  in  den  bayrischen  Donaugegenden  Kähne  mit  Feuer  auf  den 
eisernen  Mastkörben  auf  Rollen  durch  die  Ortschaften  gezogen ''^s.  Schon  Tacitus 
spricht  von  dem  Wagen  der  Isis  in  Germanien,  der  den  Sterblichen  Friede  und  Frucht- 
barkeit verleiht.  Auch  etwa  um  1133  wurde  in  einem  Wald  bei  Jnda  in  Ripuarien  ein 
Schiff  gezimmert,  mit  Rädern  versehen  und  durch  vorgespannte  Menschen  nach  Aachen, 
dann  nach  Mastricht  und  weiter  im  Land  herum  gezogen,  überall  unter  großem  Zulauf 
und  Geleite  des  Volkes.  Wo  es  anhielt,  war  Freudengeschrei,  Jubelgesang  um  das 
Schiff  herum  bis  in  die  späte  Nacht.  Die  Ankunft  des  Schiffes  sagte  man  den  Städten 
an,  welche  ihre  Tore  öffneten  und  ihm  entgegengingen  i^. 

Alle  diese  Gebräuche  stellen  einen  feierlichen  Einzug  des  Frühlingswassers  dar,  und 
Runge  glaubt  in  dem  Binsenschwan  eine  Darstellung  des  fließenden  Elementes  zu 
sehen,  das  von  der  Jugend  in  die  Stadt  geleitet,  aber  nicht  hinaus  geleitet  wurde,  weil 
die  Knaben  nur  bis  zum  Schützenplatz,  der  Stadtgrenze,  schwammen.  Man  könnte  in 
der  Schilderung  Wynmanns  Ähnliches  vermuten.  Auch  er  schwamm  mit  seinen  Ge- 
nossen in  die  Stadt  und  zwar  von  der  St.  Nikolaussäule,  der  Stadtgrenze  aus,  wo  man 
demnach  das  Frühlingswasser  empfing.  Doch  schildern  sowohl  Wynmann  als  Escher 
die  Bräuche  als  allgemeine  Vergnügungen  und  erwähnen  nichts  von  einem  bestimmten 
Tage.  Runge  sagt  allerdings,  daß  der  Überbringer  des  Binsenschwans  von  der  Obrigkeit 
einen  Trunk  erhielt.  Auch  anderorts  wurde  der  erste  Melder  von  Frühlingsboten  be- 
lohnt, bekannt  ist  dies  vom  Turmwächter  (z.  B.  in  Bern),  der  noch  im  18.  Jahrhundert  den 
ersten  eintreffenden  Storch  anzublasen  hatte  und  dafür  einen  Ehrentrunk  aus  dem  Rats- 
keller erhielt  34.  Doch  habe  ich  nirgends  eine  Quelle  gefunden,  die  von  einer  obrigkeit- 
lichen Belohnung  spricht,  welche  dem  Überbringer  des  Binsenschwans  zuteil  wurde. 

Im  18.  Jahrhundert  haben  wir  auch  in  Zürich  die  anderorts  üblichen  Klagen.  Murer, 
ein  Lehrer  an  der  Realschule,  gedenkt  1785  mit  Wehmut  der  Väter  Erzählungen  und 
seiner  eigenen  Jugendzeit.    „Reitzend  war  uns  das  Baden  und  Schwimmen  im  See  und 


60  Rückgang  des  Badens  im  Freien 

in  der  Sihl."  Jagen  und  Schlittschuhlaufen  ausgenommen  soll  der  Geschmack  der  Zeit 
die  Vergnügungen  der  Jugend  als  pöbelhaft,  niedrig  und  kindisch  verboten  und  sie  bis 
auf  armselige  Überreste  ausgerottet  haben  i^ß.  Zehn  Jahre  früher  hatten  die  Gebrüder 
Stolberq  durch  nacktes  Baden  am  Tage  in  einem  Teiche  bei  Darmstadt  solchen  Skan- 
dal erregt,  daß  Goethe  beschloß,  die  Abreise  zu  beschleunigen.  Er  nennt  im  Anschluß 
daran  das  Baden  im  Freien  unter  offenem  Himmel  eine  der  damaligen  Verrücktheiten, 
die  aus  dem  Begriff  entstanden,  man  müsse  sich  in  einen  Naturzustand  zu  versetzen 
suchen.  Wollten  dergleichen  Naturübungen  in  Deutschland  Goethe  nicht  gut  zu  den 
modernen  Sitten  paßlich  erscheinen,  so  konnte  auch  er  in  der  Schweiz  „beim  Anblick  und 
Feuchtgefühl  des  rinnenden,  laufenden,  stürzenden,  nach  und  nach  zum  See  sich  aus- 
breitenden Gewässers"  der  Versuchung  nicht  widerstehen.  „Ich  selbst  will  nicht  leug- 
nen", schreibt  er  in  Wahrheit  und  Dichtung,  „daß  ich  mich  im  klaren  See  zu  baden  mit 
meinen  Gesellen  vereinte,  und,  wie  es  schien,  weit  genug  von  allen  menschlichen 
Blicken.  Nackte  Körper  jedoch  leuchten  weit,  und  wer  es  auch  mochte  gesehen  haben, 
nahm  Ärgernis  daran."  Den  Gebrüdern  Stolberg  legten  Freunde  nahe,  sich  etwas 
weniger  oft  nackt  wie  heidnische  Gottheiten  sehen  zu  lassen.  Da  zogen  sie  in  den 
Sihlwald  hinauf  und  badeten  dort.  „Dies  geschah  freilich  nicht  ohne  Geschrei,  nicht 
ohne  ein  wildes,  teils  von  der  Kühlung,  teils  von  dem  Behagen  aufgeregtes  Lustjauchzen, 
wodurch  sie  diese  düster  bewaldeten  Felsen  zur  idyllischen  Scene  einzuweihen  den  Be- 
griff hatten."  Dafür  mußten  sie  von  unbekannter  Hand  Steinwurf  auf  Steinwurf  über 
sich  ergehen  lassen.  Ihr  „wildes,  unbändiges,  unchristliches,  ja  heidnisches  Naturell" 
führte  schließlich  auch  hier  in  der  „gesitteten,  wohlgeregelten  Gegend"  zu  einem  Skan- 
dale, daß  La  VATER,  bei  dem  sie  zu  Gaste  waren,  sie  abschob,  um  Unannehmlichkeiten 
zu  entgehen,  noch  ehe  Goethe  aus  der  Innenschweiz  zurückgekehrt  war. 

17Q6  brachte  die  Gesellschaft  (der  Chirurgen)  auf  dem  schwarzen  Garten  in  ihrem 
für  Kinder  bestimmten  Neujahrsstücke  eine  Abhandlung  über  Baden  und  Schwimmen 
und  im  Jahr  darauf  eine  über  Rettung  Ertrunkener  i'^'?.  Sie  spricht  von  der  immer  weich- 
licher und  zärtlicher  werdenden  Erziehungsart,  infolge  deren  viele  Kinder  beinahe  nicht 
wüßten,  was  es  heiße,  sich  im  kalten  Wasser  zu  baden.  Dafür  würden  allenfalls  warme 
Bäder  benutzt,  weil  keine  Gefahr  dabei  vorhanden  sei.  Auch  hören  wir  hier  wieder 
den  Gebrauch  der  Väter  gerühmt,  die  ehemals  von  der  unteren  Brücke  in  die  Limmat 
gesprungen  und  bis  zum  Spitz  (Zusammenfluß  von  Sihl  und  Limmat)  geschwommen 
seien,  ja  den  See  durchquert  hätten. 

Diese  Klagen  sind  entschieden  übertrieben;  denn  1789  weiß  das  Journal  des  Luxus 
und  der  Moden  aus  Zürich  zu  melden,  daß  man  zur  körperlichen  Ausbildung  der  Jugend 
ein  Kadettenkorps  gebildet  habe,  in  dem  neben  anderem  auch  das  Bad  im  See  und  in 
den  Flüssen  unter  Aufsicht  geübt  werde  ißs. 

1804  erfahren  wir  von  Diethelm  Lavater,  dem  Bruder  des  Physiognomikers  Johann 
Caspar,  daß  auch  Frauen  badeten,  aber  aus  wohlverstandener  Delikatesse  nicht  an 
den   öffentlichen  Plätzen    und  nur  abends.    Im  selben  Jahre  schlug  die  Regierung 


Wiedereinführung  des  Badens  im  Freien  /  Baden  im  Stadtbrunnen  61 

einen  Ort  an  der  Kohlschanze  und  einen  in  der  Sihlwiese  als  Badeplätze  vor. 
Lavater  fügte  einen  dritten  im  See  an  der  St.  Nikolaussäule  (also  den  alten,  schon  von 
Wynmann  und  Escher  genannten)  hinzu,  weil  dort  der  Grund  sich  langsam  senke, 
mit  flachen  Steinen  besetzt  sei  und  rechts  und  links  keine  Abgründe  vorhanden  w^ären. 
Das  Ideal  sieht  er  der  alten  Leute  und  Frauen  wegen  in  Badeanstalten,  doch  schränkt 
er  schließlich  sein  Verlangen  auf  mit  Pfählen  umg.ebene  Badeplätze  ein,  bei  denen  ein 
Aufseher  angestellt  ist,  der  Schwimmunterricht  erteilt  i^s 

Auf  Betreiben  des  Arztes  und  Chorherrn  Johann  Heinrich  Rahn  (1749—1812) 
wurde  wenigstens  das  Sihlbad  errichtet  i'^ö.  Dieses  war  für  Knaben  und  Mädchen 
bestimmt,  auch  das  an  der  Kohlschanze,  das  man  kurz  danach  angelegt  zu  haben 
scheint.    Beide  hatten  einen  Aufseher  iso. 

In  seinen  Erinnerungen  schreibt  Kölliker  (geb.  1817),  er  und  sein  Bruder  hätten  im 
Sommer  die  meiste  Zeit  mit  Baden  und  Schwimmen,  Indianer-  und  Ritterspielen  zuge- 
bracht isi.  Sie  werden  sich  an  die  Badeplätze  wohl  kaum  gehalten  haben,  was  auch 
andere  alte  Leute  von  sich  berichten.  1837  ließ  die  Stadt  in  der  Nähe  der  Bauschanze 
am  Ausfluß  des  Sees  eine  Badehütte  für  das  weibliche  Geschlecht  mit  einem  Kostenauf- 
wande  von  tausend  Gulden  errichten.  Da  immer  noch  viel  an  ungeeigneten  Stellen  im 
See  gebadet  wurde  und  Unfälle  vorkamen,  traf  man  1839  auch  dort  eine  Einrichtung  für 
Männer,  die  aus  zwei  Abteilungen  bestand,  einer  für  Schwimmer  der  Bauschanze  gegen- 
über, die  1840  in  eine  ordentliche  Badehütte  umgewandelt  wurde,  und  einer  für  Nicht- 
schwimmer etwas  seitwärts  davon  mit  einer  Badehütte.  Neben  derselben  errichtete 
man  eine  Abteilung  für  Knaben.  Die  beiden  letzteren  wurden  mit  Pfahlwerk  um- 
schlossen. Jede  Abteilung  hatte  ihren  Aufseher.  Wer  in  den  Vormittagsstunden  badete, 
bezahlte  eine  kleine  Gebühr  iso.  i843  wurde  die  Frauenbadeanstalt  an  die  Bauschanze 
neben  die  der  Männer  verlegt,  1844  eine  neue  Badeanstalt  für  Knaben  und  neben  der- 
selben auch  eine  Vorrichtung  für  ein  Männerbad  am  Hafen  errichtet,  die  1847  erweitert 
wurde  245. 

Vom  Jahre  1858  berichten  die  Züricher  Merkwürdigkeiten :  „Die  neuen  Badeanstalten 
im  See  kosten  der  Stadt  50000  Franken"  182. 

Zum  Schluß  muß  ich  einer  etwas  sonderbaren  Abkühlung  von  des  Tages  Hitze  ge- 
denken. Um  die  Mitte  des  16.  Jahrhunderts  badeten  in  Zürich  Dienstmägde  und  andere 
nicht  gerade  scheue  Dirnen  nachts  in  den  laufenden  Brunnen,  und  als  ein  Verbot  des 
Rates  kein  Gehör  fand,  wurden  sie  von  jungen  Männern  auseinandergejagt,  die  leben- 
dige Katzen  unter  sie  in  das  Brunnenbecken  warfen,  wobei  der  Rat  gern  die  Augen  zu- 
drückte 124  Derartige  Ungezogenheiten  kamen  übrigens  auch  an  anderen  Orten  vor. 
In  Freiberg  in  Sachsen  wurden  zwei  Männer  im  15.  Jahrhundert  „verzellt"  (aus  der  Stadt 
gewiesen),  weil  sie  nächtlich  Unfug  und  Geschrei  getrieben  und  in  den  Brunnen  ge- 
badet hatten  i83 

Im  engsten  Zusammenhang  mit  der  Einführung  der  kalten  Bäder  in  Deutschland 
steht  die  Errichtung  von  Seebadeanstalten.    England  war  vorbildlich. 


62 


Errichtung  der  ersten  deutschen  Seebadeanstalt 


Abb.  25.     Die  erste  deutsche  Seebadeanstalt  zu  Doberan  in  Mecklenburg.    Kpfr.   aus:  Samuel 
OoTTLiEB  Vogel,  Über  den  Nutzen  und  Gebrauch  der  Seebäder.    Stendal  1794. 

1785  machte  ein  Prediger  Janus  auf  der  Insel  Juist  bei  Norderney  dem  ostfriesischen 
Medizinali<oilegium  Vorschläge  zur  Errichtung  eines  Seebades  in  der  Nordsee,  die  aber 
unbeachtet  blieben.  Als  Lichtenberg  von  einer  seiner  Englandreisen,  auf  der  er  die 
Bäder  Margate  und  Deal  gebraucht  hatte,  nach  Deutschland  zurückkehrte,  trat  er  in 
seinem  Göttinger  Taschenkalender  17Q3  für  die  Errichtung  derartiger  Bäder  in  der  Nord- 
see ein  und  forderte  Woltmann  auf,  sein  Gutachten  abzugeben,  ob  Kuxhafen  der  ge« 
eignete  Ort  dafür  sei.  Woltmann  verneinte.  Er  meinte,  die  friedlichere  Ostsee  schicke 
sich  besser  dazu^^.  Auch  Marcard  stand  (1793)  dem  Plane  pessimistisch  gegenüber, 
„weil  unseren  Küsten  die  für  die  englischen  Bäder  so  wichtige  Wärme  des  atlantischen 
Ozeans  (des  Golfstroms)  entbehrten,  auch  kein  langsam  abfallender  Sandgrund  vor- 
handen sei,  um  die  Karren  hinauszufahren"  ißo.  Hufeland  und  Metzger  wiederholten 
Lichtenbergs  Aufruf  97  im  folgenden  Jahre  kündigte  der  Rostocker  Professor  Vogel 
das  erste  deutsche  Seebad  in  der  Ostsee  bei  Doberan  an,  das  er  im  Auftrag  und  mit  Hilfe 
des  Herzogs  Friedrich  Franz  von  Mecklenburg-Schwerin  zustande  brachte  i84  £§ 
bestand  aus  einem  großen  Gebäude  (Abb.  25)  am  Ufer  mit  elf  Bädern,  die  kalt  und  warm 
benutzt  werden  konnten.  Die  warmen  Seewasserbäder  hatte  Bromfield  zu  Harwich  in 
England  eingeführt.  Es  gab  auch  Einrichtungen  dazu  in  Margate,  Brighthelmstone  und 
anderen  Orten.  Doberan  hatte  auch  Tropf-,  Spritz-  und  Dunstbäder.  Außerdem  lagen 
auf  der  See  einige  Badeboote,  die  mit  einsenkbaren  Kästen  zum  Baden  versehen  waren. 
Sie  konnten  an  beliebige  Stellen  in  die  See  geführt  werden  (Abb.  26).  Bei  stürmischem 
Wetter  war  aber  ihre  Benutzung  nicht  möglich,  weil  die  Badenden  seekrank  wurden.  1 799 
waren  für  diejenigen,  welche  in  der  offenen  See  baden  wollten,  kleine  Schilderhäuser 
zum  Auskleiden  am  Ufer  errichtet  und  Brücken  in  die  See  hinaus  gebaut  i65.  1797  er- 
stand das  erste  Nordseebad  auf  der  Insel  Norderney  97.  Eine  hohe  Stange  und  zwei  Buden 
für  die  den  englischen  Karren  nachgebildeten  Badekutschen  bezeichneten  die  für  Frauen 


Die  späteren  deutschen  Seebäder 


63 


und  Männer  getrennten  Badeplätze  1 65.  Andere  folgten,  1800  Travemünde,  1802  Col- 
berg  in  Preußisch-Pommern,  wozu  der  König  von  Preußen  zweihunderttausend  Taler 
stiftete,  1804  Wangeroog,  1813  Apenrade,  1815  Rügenwalde,  1816  Puttbus  auf  Rügen, 
1818  Scheveningen,  1819  Wyk  auf  Föhr,  1821  Zoppot  bei  Danzig,  1822  Kiel,  1825 
Swinemünde,  1826  Helgoland  9'?. 

Die  Seebäder  kamen  sehr  schnell  in  Mode,  zumal  sich  die  Aristokratie  ihrer  bald 
bemächtigte.  Stehende  Pharaobänke,  tägliche  Bälle,  große  Tees  und  eti  ketten  maß  ige 
splendide  Zirkel  blieben  nicht  aus^ss^  und  damit  waren  sie  in  die  Reihe  der  Kurorte 
und  auch  der  Luxusbäder  aufgenommen. 


Abb.  26.    Badeboot  der  Seebadeanstalt  zu  Doberan.    Kpfr.  aus: 

Samuel  Gottlieb  Vogel,  Über  den  Nutzen  und  Gebrauch  der 

Seebäder.    Stendal  1794. 


DIE  EHEHAFTEN  BADESTUBEN  /  UND  DAS  BADER- 
GEWERBE 


1 


it  der  Ausbildung  von  Stadt  und  Dorf  traten  neben  privaten  Bade- 
stuben öffentliche  auf.  Sie  wurden  von  einem  Bader  und  dessen 
Angestellten  gewerbsmäßig  betrieben,  während  vorher  ein  Bader- 
beruf nicht  bestand.  Wie  wir  sahen,  besorgte  in  St.  Gallen  ein 
Mann  von  der  Hausdienerschaft  die  Bäder.  Ludwig  der  Fromme 
wurde  dort  von  einem  Knecht  des  Klosters,  dem  Glaser  Stracholf, 
bedientes.  A 

Von  Anfang  ihres  Bestehens  an  waren  die  meisten  öffentlichen  (gemeinen)  Bade-  » 
Stuben  gleich  Schmieden,  Mühlen,  Bäckereien,  Fleischereien,  Wirtshäusern  ehehafte,  nach 
heutigem  Sprachgebrauche  privilegierte,  wie  es  zu  unserer  Zeit  noch  die  Apotheken  in 
Deutschland  sind.  Die  Errichtung  von  Badestuben  hing  also  von  der  behördlichen  Ge- 
nehmigung ab.  Die  Folge  war  ihre  Einschränkung  auf  eine  bestimmte  Anzahl.  Kaiser 
Ludwig  befahl  1346,  daß  niemand  in  der  Vorstadt  zu  Regensburg  eine  Badestube  baue, 
da  solches  dem  Spital  Schaden  bringen  könnte  an  seiner  Badestube,  welche  es  von  alter 
Zeit  her  habe  1*4  Als  1425  die  Badestube  in  Winterthur  aus  Privatbesitz  an  die  Stadt 
überging,  übergab  der  Inhaber  vier  Freiheitsbriefe,  zwei  von  Herzog  Albrecht  in  den  Jahren 
1349  und  1387,  einen  dritten  von  Herzog  Leopold  und  einen  vierten  von  Herzog  Friedrich 
von  Österreich  ausgestellt.  In  allen  vier  Briefen  wurde  bei  achtzig  Mark  Silber  verboten, 
eine  andere  Badestube  weder  in  der  Stadt  Winterthur,  noch  in  ihrem  Friedkreise  zu 
bauen  und  zu  haben.  Als  1437  die  Badestube  von  den  Erben  des  früheren  Besitzers 
zurückgekauft  wurde,  forderte  Herzog  Albrecht  von  Österreich  in  einem  neuen  Freiheits- 
briefe seinen  Landvogt  Hans  den  Geßler,  den  Schultheißen  und  Rat  und  die  Bürger  der 
Stadt  auf,  die  alten  erteilten  Rechte  zu  wahren  57.  Kaiser  Friedrich  III.  gab  (1460?)  der 
Stadt  Schwäbisch  Hall  das  Privilegium,  daß  ferner  niemand  „in  der  gemeldten  Stadt  Hall 
Landwehr,  noch  auf  unsern  und  des  Reiches  Grenzen  und  Gütern,  darin  gelegen,  keine 
Badstuben,  Tafern,  Wirthschaft  errichte",  was  von  Kaiser  Maximilian  II.  1567  bestätigt 
wurde  lö.  Unter  die  Privilegien,  welche  die  von  Johannes  Oltinger  1343  in  der  Stadt 
Baden  im  Aargau  gekaufte  Badestube  vom  Rat  besaß,  gehörte  auch,  daß  zu  Baden  in 
dem  Gerichte  keine  andere  Badestube  sein  sollte  isß.  Jedoch  wurde  hin  und  wieder  das 
Gesetz  umgangen.  1594  mußte  Kaiser  Rudolf  II.  auf  Beschwerde  der  Landstände  hin 
das  Errichten  neuer  Bäder  ohne  Erlaubnis  der  Obrigkeit  wegen  Beeinträchtigung  der 


Einschränkung  der  Badestuben  auf  eine  bestimmte  Anzahl  65 

bereits  bestehenden  ehehaften  untersagen  i6.  Die  Landesordnung  des  Herzogs  Georg 
von  Bayern  vom  Jahre  14Q1  gebot,  „item  einen  yeden  —  bey  jren  eetafern  vnd  ander 
eehafte  —  beleiben  zu  lassen,  wo  auch  new  tafern,  schenktest  schmid  vnd  peder  —  die 
von  alter  nit  gewesen  —  die  sollen  abgestellt"  werden  10.  Als  1525  die  Thurgauer  die 
Errichtung  von  Ehehaften,  darunter  der  Badestuben,  frei  haben  wollten,  lautete  die  Ant- 
wort ihrer  Herren,  der  Eidgenossen  :  „Ohne  Einwilligung  der  Gerichtsherrn  dürfen  keine 
Ehehaften  errichtet  werden",  und  diese  wurde  1532  und  1668  wiederholt.  1593  verord- 
nete die  Tagsatzung  sogar,  daß  in  Zukunft  nicht  einmal  der  Landvogt  Befugnis  haben 
solle,  ohne  Bewilligung  der  Orte  Bauten  von  Ehehaften  zu  erlauben  i87.  Zu  Zürich 
waren  unter  der  Regierung  des  Bürgermeisters  Waldmann  etliche  Öltrotten  und  Bade- 
stuben auf  der  Landschaft  abgetan  worden.  Die  Unzufriedenheit  des  Landvolkes  über 
diese  „Neuerung  und  Beschwerd"  führte  neben  anderem  zum  Aufstande  von  1489,  der 
erst  mit  dem  Fallen  von  Waldmanns  Haupt  sein  Ende  fand.  Auf  die  Beschwerde  der 
Seeleute  und  anderer  Landesteile  antworteten  die  sieben  eidgenössischen  Orte,  welche  die 
Regelung  der  Angelegenheit  in  die  Hand  genommen  hatten:  „Wegen  der  Öltrotten  und 
Badstuben  möge  sin,  min  Herren  haben  etlich  so  newiich  und  jn  einer  zai  jaren  her  ge- 
machet syen,  heißen  abtun,  als  das  billich  sei.  Nichts  desto  weniger  sollen  die  früher 
gebauten  bestehen,  doch  keine  neuen  errichtet  werden  ohne  Wissen  und  Willen  der 
Herrn  Räth  und  Bürgermeister"*.  1471  wurden  zu  Luzern  alle  Badestuben,  die  inner- 
halb einer  Meile  Wegs  um  die  Stadt  auf  ihrem  Gebiete  lagen,  aufgehoben,  nur  die  zu  Ruß- 
wyl  (Mineralbad)  blieb  bestehen.  Die,  welche  weiter  von  der  Stadt  entfernt  waren,  ließ 
man  zu,  doch  sollten  nirgends  neue  errichtet  werden  isQ. 

Badestuben  und  Badestubengerechtigkeit  (beide  sollten  voneinander  gehalten  werden, 
was  nicht  immer  möglich  ist)  verlieh  als  Erblehen,  seltener  auf  Lebenszeit,  oder  ver- 
kaufte der  Landesherr  an  Einzelne  oder  an  Gemeindekörperschaften.  Politisch  selbstän- 
dige Städte  verfügten  ebenso,  auch  in  der  ihr  Untertanen  Landschaft.  So  wurden  1244 
in  einer  Verleihung  an  Kloster  Marienzeil  ausdrücklich  unter  anderen  Liegenschaften 
auch  Bäder  genannt  16.  Zappert  führt  aus  den  Jahren  1252  bis  1295  mehrere  Beispiele 
aus  Schlesien  und  Böhmen  an,  in  denen  die  Herzoge  bezw.  Könige  mit  der  Vogtei- 
gerichtsbarkeit  Badestuben  verliehen.  In  Zürich  wurde  im  14.  und  15.  Jahrhundert  ein 
Teil  der  Badestuben  von  der  Gerichtsherrin,  der  Äbtissin  zum  Fraumünster,  zum  Erb- 
lehen gegeben  i73.  Ein  Erkenntnis  des  Landmarschalls  Grafen  von  Hardek  sprach 
1406  dem  Bistum  Passau  das  Recht  des  Stiftens  und  „Storens"  in  einer  Badestube  zu 
Nußdorf  zu  144  Von  einigen  Badestuben  in  Schlesien  und  Böhmen  wird  angegeben, 
daß  sie  dem  Grundherren  dafür  nicht  zu  zinsen  hatten.  Dagegen  mußte  die  Stadt 
Marienburg  1380  für  Überlassung  der  Ehehaften,  darunter  der  „Badstobin"  dem  Hoch- 
meister einen  jährlich  zu  zahlenden  Zins  entrichten  16  Als  Ausnahmefall  muß  die  Ver- 
leihung der  Badestube  zu  Germersheim  (1427)  als  Erblehen  ohne  jeden  Zins  an  den 

*  Mitteilung  von  Herrn  Professor  Dändliker  in  Zürich.  Siehe  auch  dessen  Aufsatz  im  Züricher 
Taschenbuch  'ss. 

Martin,  Badewesen  5 


66  Verleihung  und  Kauf  von  Badstubengerechtigkeiten 

Barbier  Ehrhard  durch  den  Pfalzgrafen  Ludwig  III.  betrachtet  werden.  Ehrhard  hatte 
aber  auch  die  Magd  der  Pfalzgräfin  zur  Frau  genommen  6i.  In  der  Regel  hatten  die 
Bader,  wenn  sie  vom  Landesfürsten  direkt  mit  der  Badestube  belehnt  wurden,  einen 
jährlichen  Zins  zu  entrichten,  mußten  sich  verpflichten,  die  Badestube  in  gutem  bau- 
lichen Zustande  zu  erhalten  und  die  Gäste  zur  Zufriedenheit  zu  bedienen.  So  erhielt 
der  Scherer  von  Kuppenheim  1484  vom  Markgrafen  Christoph  zu  Baden  die  Badestube 
zum  Erblehen,  das  ihm  aber  bei  Nichtbezahlung  des  Zinses  und  Vernachlässigung  des 
Hauses  entzogen  werden  konnte.  Bei  schlechter  Bedienung  der  Gäste  durfte  durch 
den  Markgrafen  eine  zweite  Badestube  errichtet  werden.  Und  Markgraf  Christoph  nahm 
es  ernst  damit.  Die  Badestube  zu  Iffetzheim  bei  Rastatt  ließ  er,  weil  es  unordentlich 
darin  zugegangen  war,  aufheben.  1487  verlieh  er  sie  der  Stadt  wieder  probeweise  auf 
sechs  Jahre,  1493  wieder  auf  dieselbe  Zeit  6'. 

Kauften  Städte  in  ihrem  Gebiet  liegende  Badestuben  von  Privaten  oder  dem  Landes- 
fürsten, so  wurden  sie  ihnen  außerdem  als  Erblehen  gegen  Zins  verliehen,  so  zu  Rastatt 
1473  und  Bruchsal  1430  61,  Beweis  genug,  daß  die  Verleihung  durch  den  Landesherrn 
oft  nur  die  Badestubengerechtigkeit  betraf.  Auch  der  Scherer  zu  Liebenzell,  der  die 
dortige  Badestube  kaufte,  erhielt,  wie  ausnahmsweise  angegeben  wird,  1498  die  Bade- 
stubengerechtigkeit gegen  einen  jährlichen  Zins  zum  Erblehen.  Dies  Erblehen  war 
nur  mit  Wissen  und  Erlaubnis  des  Markgrafen  verpfänd-  und  verkaufbar  öi.  Die  Rechte 
der  Städte  über  die  in  ihrem  Gebiet  gelegenen  Badestuben  waren  also  sehr  verschieden. 
Da  behielt  sich  der  Landesherr  die  Belehnung  vor,  dort  erhielten  sie  von  diesem  freies] 
Verfügungsrecht,  andere  mußten  dafür  zinsen,  wieder  andere  waren  ganz  selbständig! 
z.  B.  Zürich  nach  Erlöschen  der  Vorrechte  der  Äbtissin  vom  Fraumünster  und  aucl 
Winterthur,  das  mit  Aufhören  der  österreichischen  Herrschaft  die  erwähnten  Freiheitsi 
briefe  der  einen  Badestube  stürzte  und  1470  eine  zweite  errichtete. 

Die  Badestube  selbst  war  entweder  Eigentum  des  Landesherrn  und  wurde  von 
diesem  an  Bader  oder  Gemeinden  verliehen,  oder  die  Gemeinden  besaßen  sie,  manchmal 
nur  vorübergehend  und  auch  nicht  sämtliche,  zum  Eigentum,  wie  Halle  i90^  Berlin  i9i^ 
Hildesheim  52  Hannover  1352192  Ulm  1388  50,  Riga  im  13.  und  14.  Jahrhundert  i93, 
und  verliehen  sie  an  Bader,  oder  die  Bader  waren  selbst  Eigentümer.  Nur  ausnahms- 
weise war  der  Bader  von  der  Gemeinde  angestellt.  Als  1494  die  Chorherrn  des  St. 
Markuskugelhauses  zu  Butzbach  in  Hessen  den  Besuch  ihrer  Badestube  dem  Publikum 
nicht  mehr  gestatten  wollten,  kaufte  diese  der  Rat  gegen  jährlichen  Zins  und  verwaltete 
sie  selbst.  Badeknechte  und  Badmaide  wurden  aus  der  Stadtkasse  bezahlt.  151 1  wurde 
sie  aber  an  einen  Bader  verpachtet  i94  Ende  des  14.  Jahrhunderts  war  der  Bader  zu 
Heiligenkreuz  wie  der  Feldhüter  Gemeindediener  i6 

Manche  Städte  gaben  die  Badestuben  zum  Erblehen,  und  hier  scheint  es  sich  nicht 
nur  um  die  Badestubengerechtigkeit,  sondern  um  die  Badestube  selbst  zu  handeln. 
1517  gab  Winterthur  seine  untere  Badestube  „mit  Hus,  Hoffreity,  Schuten  und  allen 
Rächten,   Nutzen    und   Zugehörden"    Hans    Kreis    und    seinen    Erben    „zu    einem 


I 


Verleihung  und  Kauf  von  Badstuben  67 

rechten  Erbgute,  nach  Erblechens  Rächt".  Auch  hier  hatte  der  Bader  das  Grundstück 
„in  guten  Eren  und  wäsentlichen  Buwe,  suber  und  unverwüstlich"  auf  eigene  Kosten 
zu  erhalten  57.  Bei  Verleihung  auf  kürzere  Zeit  übernahm  jedoch  die  Stadt  die  Instand- 
haltung des  Gebäudes.  Als  1512  zu  Baden  in  der  Schweiz  der  Rat  die  Badestube  auf 
zwei  Jahre  verlieh,  hatte  der  Scherer  nur,  „so  etwas  fensterwercks  brechen  würde",  auf 
seine  Kosten  machen  zu  lassen  32.  Bei  Verpachtung  der  oberen  Badestube  zu  Winter- 
thur  auf  ein  Jahr  (1514)  übernahm  der  Rat  die  Sorge  für  das  „Gmürwerckh",  auch  die 
Reinigung  des  Brunnens  57. 

Auch  Klöster  gaben  und  nahmen  Badestuben  zum  Lehen,  kauften  und  verkauften 
sie,  zuweilen  wurden  sie  ihnen  geschenkt.  1288  übergab  Konrad  von  Kürenberg  laut 
einer  Urkunde  die  Badestube  an  derPegnitz  in  Nürnberg  dem  Franziskaner-Kloster '^5; 
die  zur  Ebersburg  in  Würzburg  war  1318  Lehen  des  Stifts  Sand  Johans  zu  Haug.  In 
Zürich  hatte  das  Kloster  Einsiedeln  schon  vor  1303  eine  Badestube  von  der  Äbtissin 
zum  Fraumünster  als  Lehen  247.  1386  kaufte  das  Kloster  St.  Nikolaus  zu  Passau  eine 
Badestube  aus  Privatbesitz,  1417  das  Stift  zum  neuen  Münster  eine  in  Würzburg  1+4 
Das  Ziegelstube  genannte  Bad  in  Leipzig  schenkte  1301  Johannes  Auriga,  Bürger  da- 
selbst, „von  Liebe  geleitet  wegen  der  Belohnung  durch  Gott,  zum  Lobe  Gottes  und  zu 
Ehren  seiner  Mutter  Maria,  der  glorreichen  Jungfrau  und  des  heiligen  Apostels  Thomas" 
der  Kirche  des  heiligen  Thomas  und  dem  Kolleg  der  Regularkanoniker,  die  Gott  daselbst 
unter  Beobachtung  der  Regel  St.  Augustins  dienten,  zum  erblichen  Besitzlos.  1337 
schenkte  Bischof  Leopold  von  Bamberg  die  an  dem  Steinbrunn  gelegene  Badestube  der 
Domkirche  197. 

Das  Martinsstift  zu  Bingen  verlieh  1435  seine  Badestube  dem  Meister  Peter  von 
Ingelheim  i^t.  wje  oben  erwähnt  wurde,  ging  die  Badestube  der  Chorherrn  zu  Butz- 
bach in  Hessen  1494  an  die  Stadt  über.  Sie  war  eine  Stiftung  des  Grafen  Philipp  VIL 
von  Falkenstein  (gest.  1410)  an  das  Markusstift  und  gehörte  somit  der  Markuskirche. 
Deshalb  mußte  beim  Verkauf  an  die  Stadt  die  Zustimmung  des  Papstes  eingeholt 
werden,  die  auch  nicht  verweigert  wurde  iH 

Als  Seltenheit  soll  der  Kauf  einer  Badestube  zu  Pfaffenhofen  im  Jahre  1428  durch 
Herzog  Albrecht  in  Bayern  von  dem  Bürger  Heinrich  Pader  angeführt  werden  '44  Nach 
der  Konstanzer  Chronik  heiratete  Herzog  Ernsts  Sohn,  Herzog  Albrecht  von  Bayern, 
eines  Baders  Tochter  von  Augsburg  129^  was  vielleicht  mit  jenem  Kauf  im  Zusammen- 
hange steht. 

In  älteren  Zeiten  wurde  der  Zins  nicht  nur  in  barem  Gelde,  sondern  auch  in  Natu- 
ralien verabreicht.  Zu  Philippsburg  hatte  der  Bader  1430  außer  10  ß  einen  Kapaun,  zu 
Zellingen  bei  Würzburg  1332  „2  pfuntpfenning  und  vier  vasnaht  hünre"  zu  geben  61.  1296 
gab  die  Badestube  zu  Zizersdorf  neben  Geld  zu  Weihnachten  „zehen  hvener"  '6  In  Böb- 
lingen (vor  1554)  bekam  die  Herrschaft  jährlich  zwei  Pfund  Heller  und  vier  Gänse;  dem 
„Heyligen"  mußte  außerdem  ein  Pfund  Heller  gegeben  werden  '^s.  Beim  Verkaufe  der 
Gerechtigkeit  über  die  Badestube  der  Stadt  Schwarzach  vom  Kloster  Münster-Schwarzach 


68  Die  Bader  als  Löschmannschaft  beim  Feuer 

an  das  Stift  Würzburg  im  Jahre  1531  wurden  als  jährlicher  Zins  „zwee  Schilling  pfenning 
und  zwey  Vaßnachtshuner  Martini"  festgesetzt.  Vom  Dorfe  Wettrungen  verlangte  der 
Bischof  Konrad  von  Würzburg  1535  nichts  weiter  als  ein  Fastnachtshuhn  jährlich  für 
die  bischöfliche  Kellerei  als  Abgabe  der  neu  errichteten  Badestube  iH 

Mit  Übernahme  der  Badestubengerechtigkeit  ging  der  Bader  gewisse  Verpflich- 
tungen ein.  Er  war  gehalten,  die  Badestube  an  vorgeschriebenen  Tagen  zu  heizen,  eine 
bestimmte  Anzahl  Personal  zu  haben,  das  nötige  Inventar  zu  beschaffen  und  die  ihm 
für  seine  einzelnen  Tätigkeiten  vorgeschriebenen  Preise  innezuhalten.  Dafür  erhielt  er 
in  älteren  Zeiten  die  Erlaubnis,  für  Bau  und  Heizzwecke  ohne  Entgelt  Holz  zu  fällen. 
In  Bern  durften  die  Bader  im  16.  Jahrhundert  Eichen  für  die  Badkästen  im  Walde 
schlagen  199. 

Eine  besondere  Vergünstigung  hatte  der  Inhaber  der  eben  erwähnten  Badestube  im 
Dorfe  Wettrungen.  Er  war  frei  von  Fronen  und  anderen  Beschwerden,  aber  nur  so- 
lange die  Badestube  im  Besitz  der  Gemeinde  blieb.  Nach  einem  etwaigen  Verkaufe 
sollte  er  wie  jeder  andere  Untertan  gehalten  werden.  In  Augsburg  waren  Bader,  Bart- 
scherer  und  Chirurgen  schon  1347  von  allen  öffentlichen  Leistungen  befreit,  damit  sie 
Tag  und  Nacht  ihrer  Kunst  unverdrossen  obliegen  konnten,  wie  die  Begründung  des 
Magistratsbeschlusses  lautet  iH  Auch  in  Hildesheim  waren  sie  im  15.  Jahrhundert  frei 
von  Abgaben  52 

Die  Bader  hatten  auch  Verpflichtungen  außerhalb  der  Badestube.     Der  Rat  von 
Regensburg  gebot  im  14.  Jahrhundert,  „daz  alle  padar,  die  hie  sint,  senden  zu  dem  fevr 
ie  von  den  padstuben  Ein  schaf,  da  zwen  knecht  wazzer  inne  zue  tragent  an  einer^ 
Stangen".  Jede  neue  Füllung  wurde  mit  einem  Pfennig  bezahlt  200.    im  13.  und  14.  Jahr- 
hundert mußte  in  Nürnberg  jeder  Bader  einen  ganzen  Zuber,  der  „unzerlechent"  seij 
halten  und  ihn  zum  Feuer  bringen  201.    Es  handelt  sich  in  beiden  Fällen  um  das  Her-j 
beischaffen  von  Wasser  in  großen  Badewannen,  was  in  manchen  Städten  anderen! 
Handwerkern,  z.  B.  den  Brauern,  in  entsprechenden  Gefäßen  zur  Pflicht  gemacht  wurde.! 
Die  Bader  hatten  dann  nur  für  kleinere  Handgefäße  zum  Begießen  des  Feuers  zu  sorgen.j 
In  Nürnberg  mußten  sie  und  ihr  Gesinde  mit  den  Schaffen  herbeieilen.  Jeder  beteiligte! 
Meister  erhielt  zwölf,  ein  Badknecht  sechs  Pfennig  201.    Görlitz  verlangte  ca.  1434  diej 
Eimer  202^  München  1347  die  „scheffelein".  Was  davon  beim  Feuer  verloren  ging,  wurde 
aus  der  Stadtkammer  ersetzt  203    Ähnliche  Verordnungen  hatten  Prag,  Danzig  1455161 
Würzburg  im  15.  und  16.  Jahrhundert  i44    Zittau   im   16.,  Speier  1608  und  Roten-I 
bürg  16.    In  Würzburg  wurde  im  16.  Jahrhundert  auch  die  Beteiligung  des  weiblichen] 
Badepersonals  gefordert  iH    Wien  stellte  aber  1534  jedem  Bader  zehn  lederne  Eimer. 
163Q  und  1688  hatten  sie  selbst  jeder  vier  Eimer  und  ihre  „Ganter"  stets  voll  Wasser! 
zu  halten.    Die  Feuerordnung  der  Stadt  Zwickau  vom  Jahre  1530  verpflichtete  BaderJ 
und  Badergesellen,  „die  wasser  gerinne  auff  den  pflastern  mit  mist  oder  stro  zuzuschüt^ 
ten"  16. 

Zu  Ulm  hatten  die  Bader  nach  einer  Ordnung,  die  von  1379 — 1538  in  Kraft  war,  dieJ 


Nebenberufe  der  Bader  59 

Leichen  (wohl  in  der  Hauptsache  die  Leichenwäsche)  zu  besorgen.  Bei  Strafe  von 
sechs  Hellern  mußten  sie  der  Aufforderung  dazu  Folge  leisten.  Die  Frau  war  jedoch  nicht 
verpflichtet,  wenn  der  Mann  schon  über  Land  war,  einem  anderweitigen  Rufe  vom  Land 
aus  Folge  zu  leisten  und  ebenso  umgekehrt  auch  der  Mann  hicht  so. 

Nach  Rechnungen  des  Chorherrnstiftes  zu  Klosterneuburg  aus  dem  Anfang  des 
15.  Jahrhunderts  hatten  die  Bader  und  Badknechte  nicht  nur  Badeöfen  zu  setzen,  abzu- 
brechen und  zu  reinigen,  sondern  auch  andere  Öfen  i6.  Daraus  erklärt  sich,  daß  die  Bader 
in  Bamberg  1488  und  in  Altenburg  1490  als  Schornsteinfeger*  fungierten  s-i.  Für  ihr 
Hineinpfuschen  ins  Glaserhandwerk  weiß  ich  keinen  Grund  anzugeben.  Zu  Frankfurt  am 
Main  127  und  1531  in  Freiburg  im  Breisgau  216  vvurde  ihnen  nach  alter  Gewohnheit 
Glaswerk  zu  machen  weiter  erlaubt,  doch  neue  und  große  Arbeit  verboten.  Auch  nach 
einer  Speierer  Zunftordnung  von  1553  „mögen  sie  wie  die  Scherer  schlechte  Bauern 
fenster  mit  Viertheile,  vnd  Waldtglaß  machen,  vnd  ein  zerbrochen  scheyb  oder  rautten 
wider  einsetzen"  204. 

Näher  standen  den  Badern  andere  Berufe,  die  sie  nebenher  ausübten.  In  Reutlingen 
hatten  sie  das  Recht  Seife  zu  machen  205 ;  vielleicht  kommt  dabei  in  Betracht,  daß  sie 
mit  den  Metzgern  zu  einer  Zunft  gehörten.  In  Speier  reinigten  sie  1553  die  Brunnen 
der  Stadt  204  und  nach  Tuchers  Haushaltungsbuch  (1507 — 17)  auch  in  Nürnberg  206 
1505  mußten  daselbst  die  Badknechte  einen  Ertrunkenen  aus  dem  Brunnen  holen  207. 
In  Zürich  war  den  Badern  und  Scherern  das  Schleifen  der  eigenen  Messer  und  Scheren 
gestattet,  doch  besorgten  sie  das  Schleifen  auch  für  andere,  was  zu  Klagen  Anlaß  gab. 
1525  wurde  auf  Beschwerde  der  Schmiede  einem  Scherer  das  Schleifen  auf  der  Brücke 
(wo  der  Markt  stattfand)  verboten,  doch  in  seinem  „gaden"  erlaubt.  152Q  wollten  die 
Schmiede  das  Schleifen  des  großen  und  schweren  Geschirrs**  durch  Scherer  und 
Bader  abgestellt  wissen  und  ihnen  nur  Messer  und  Scheren  überlassen.  Doch  wurde 
nach  der  Scherer  und  Bader  Antwort  erkannt,  daß  Schleifen  sowohl  gemein  sei,  also, 
daß  einer  den  Schleifern,  Scherern  oder  Badern  sein  Geschirr  zu  schleifen  geben  möge, 
wie  es  ihm  beliebe.  Doch  sollten  die  Schleifsteine,  die  vor  die  Häuser  gesetzt  wurden, 
eine  bestimmte  Größe  nicht  übersteigen,  auch  durfte  nur  ins  Haus  gebrachtes  Geschirr 
geschliffen  werden  209.  in  St.  Gallen  war  1488  Scherern  und  Badern  auch  das  Schleifen 
der  eigenen  Messer  nicht  gestattet  i^.  Es  ist  anzunehmen,  daß  die  Bader  die  aus  Stroh 
geflochtenen  Badehüte  überall  selbst  anfertigten.  Aber  auch  andere  „ströen  vnd  ge- 
flochtene hüett  zumachen,  zukauffen  vnd  wider  zuuerkaufen",  hatten  sie  in  Speier  1553 

*  Nach  dem  Nürnberger  Planetenbuch  von  1515  werden  die,  welche  unter  dem  Zeichen  Saturns 
geboren  sind,  „klayber,  badreyber,  Schlot-  und  Winkelfeger"'.  **  Von  Hans  Sachs ^»s  erfahren  wir, 
was  unter  großem  und  schwerem  Geschirr  zu  verstehen  ist  und  warum  dessen  Schleifen  die 
Schmiede  anging.    Er  sagt  vom  Schleifer: 

„Ich  schleiff  sehr  scharff  auff  meim  schleyff-  Allen  Harnisch  zu  Fuß  und  Roß, 

stein  Halb  vnd  gantz  Hacken  (Hakenbüchsen),  zum 

Messerklingen,  mittl,  groß  vnd  klein,  geschoß, 

Feyln,  Schlösser,  bender  allewegen.  Reit  Hämmer,  Partisan,  ich  zier, 

Helleparten,  Dolch,  Schwert  vnd  Degn,  Auch  auff  der  Scheiben  ich  palier." 


70  Das  Rasieren  fand  ursprünglich  im  Bade  statt 

in  Gebrauch  204  in  Zürich  flochten  sie  „Schinnhüte"  aus  Roggenstroh,  breite  Hüte, 
die  vor  Sonnenschein  schützten. 

Die  eigentliche  Tätigkeit  der  Bader  war,  wenigstens  in  früheren  Zeiten,  die  Bereitung 
des  Bades,  sowohl  des  Schwitz-  (Dampf-  oder  Heißluft-),  als  auch  des  Wasserbades, 
auf  die  später  eingegangen  werden  soll.  Daneben  wurde  die  Toilette  besorgt,  und 
drittens  war  die  Badestube  der  Ort  chirurgischer  Tätigkeit.  Diese  letzteren  zwei  Verrich- 
tungen fielen  außerhalb  der  Badestube  einem  anderen  Berufe,  dem  der  Scherer  zu.  Ich 
glaube  im  Gegensatz  zu  Zappert,  daß  in  der  älteren  Zeit  die  Bader  den  Hauptanteil 
hatten,  sowohl  was  Scheren  des  Haupt-  und  Barthaars,  als  Wundbehandlung  betrifft. 
War  ein  Badermeister  in  diesen  nicht  bewandert,  so  durfte  er  sie  in  seiner  Badestube 
nicht  durch  einen  Scherer  ausführen  lassen.  1406  wurde  in  Frankfurt  am  Main  den 
Scherern  verboten,  sich  in  Gemeinschaft  mit  einem  Bader  an  einer  Badestube  zu  be- 
teiligen 127.  Breslau  verlangte  1486  vom  Badestubenbesitzer,  daß  er  selbst  scheren, 
aderlassen  und  schröpfen  könne  210. 

Schon  in  karolingischer  Zeit  war,  wie  wir  sahen,  mit  dem  Baden  das  Scheren  und 
auch  die  Behandlung  von  Geschwüren  verbunden.  Ein  aus  dem  12.  Jahrhundert  stam- 
mendes Gedicht  läßt  Joseph  aus  dem  Kerker  holen,  baden  und  scheren,  obwohl  die 
Bibel  nur  das  letztere  angibt 211.  Das  Scheren  betraf  Haupt-  und  Barthaar,  auch  das 
mit  dem  Messer  vorgenommene  Rasieren  wurde  Scheren  genannt.  Im  nackten  Boten 
(erste  Hälfte  des  13.  Jahrhunderts)  wird  ein  Knecht  zu  einem  der  Dienstmannen  seines 
Herrn  auf  eine  kleine  Burg  geschickt.  Der  Ritter  befindet  sich  in  der  Badestube,  und  der 
Knappe  glaubt,  „daß  er  da  badet'  und  schere"  212.  Der  Ritter  besorgte  also  das  Rasieren 
selbst.  Auch  in  den  öffentlichen  Badestuben  scheint  dies  der  Fall  gewesen  zu  sein ; 
nach  dem  Sachsenspiegel  (12.  Jahrhundert)  brachten  die  Badenden  wenigstens  ihre 
eigenen  Schermesser  und  Becken  mit  213^  vorausgesetzt,  daß  das  Becken  beim  Rasieren 
Verwendung  fand.    Seifried  Helbling  dagegen  ruft  in  einer  Wiener  Badestube: 

„Nu  dar  her  scheraer 
strichet  scharsach  unde  schaer 
ebent  här  und  scheret  hart"  ^'i 

In  Hamburg  wurden  die  armen  Leute  vom  „Achterhause"  von  einem  Badknecht 
barbiert  „so  vaken  de  guden  lüde  badeden".  Dafür  hatten  die  Bader  zwei  Freistellen  im 
Hospital  für  ihre  Armen.  1532  erhielt  der  Knecht  eine  kleine  Geldzulage.  Es  geschah 
noch  1632  217 

Die  Vorliebe  für  das  Rasieren  im  Bade  möge  folgendes  erklären.  Man  unterschied 
„trucken  scheren,  trucken  putzen,  ungenetzt  scheren"  vom  „Putzen  auf  nassen  Bänken, 
naß  scheren,  im  Bad  scheren  und  unangekleidet  balbieren"  (Abb.  41).  Deshalb  hießen 
in  Ulm  1470  die  Scherer  im  Gegensatz  zu  den  Badern  „Truckenscherer"  215. 

In  einem  um  1400  verfaßten  Gedichte  Heinrich  Kaufringers  wird  ein  Chorherr  in 
einem  Badezuber  mit  seiner  Geliebten,  eines  Schusters  Frau,  von  deren  Ehemanne  über- 
rascht. Nachdem  dieser  durch  eine  List  der  Frau  glücklich  abgeschlagen  ist,  ruft  der 
in  Angstschweiß  geratene  Liebhaber  aus : 


Vorzug  des  Rasierens  im  Bade  gegenüber  dem   Trockenscheren  71 

„Wann  er  auch  wol  scheren  kan, 
Er  hett  mir  geschoren  ungenetzt"  -56. 

Ironisch  heißt  es  im  Gedicht  auf  die  Bergtheimer  Schlacht  (1400),  man  habe  die 

Städter  ungenetzt  in  derStuben  geschoren  -^^  und  ein  Gedicht  des  13.  Jahrhunderts  sagt: 

„ir  hiezt  scheraere  vil  baz. 

ir  schert  trucken  unde  naz, 

ir  schert  mangen  ungebeit  (ungebadet) 

dem  iuwer  schern  ist  vi!  leit"-'^. 

Das  ungebadet  Scheren  wurde  also  als  etwas  Unangenehmes  empfunden,  was  ,gar 
nicht  überrascht,  da  man  wahrscheinlich  den  Seifenschaum  beim  Rasieren  noch  nicht 
verwendete.  Ich  fand  die  älteste  Darstellung  des  Schaumschiagens  auf  der  in  Abb.  39 
wiedergegebenen  Züricher  Scheibe  von  1524.  Im  Bad  ging  das  Rasieren  schmerzlos 
vonstatten,  weil  durch  das  Wasser  oder  die  Dämpfe  das  Barthaar  erweicht  war.  Heute 
noch  rasieren  sich  die  Finnen  im  Dampfbad,  und  Retzius  sagt,  daß  das  stumpfeste 
Messer  den  Bart  ohne  Beschwerden  abnimmt  (Abb.  2)  5^.  Kein  Wunder,  wenn  man  in 
älteren  Zeiten  dem  Putzen  auf  nassen  Bänken  den  Vorzug  gab.  Zudem  war  es  billiger. 
In  Bräunungen  bei  Donaueschingen  kostete  es  „1  Haller,  trucken  scheren  1  Pfennig",  also 
das  Doppelte  219.  Für  das  häufigere  Scheren  in  der  Badestube  als  im  Schergaden 
spricht  auch  die  ehemals  größere  Anzahl  der  Bader  gegenüber  den  Scherern,  während 
in  späterer  Zeit  das  Verhältnis  umgekehrt  wurde.  Schon  1375  bildeten  die  Hamburger 
Bader  eine  anerkannte  und  bestätigte  Zunft,  während  sich  die  Bartscherer  erst  1452  zu 
einer  geistlichen  Brüderschaft  vereinigten  220^  in  Frankfurt  am  Main  hatten  erstere  um  1400 
Artikel  ihrer  Zunft  und  einer  Brüderschaft,  die  Scherer  waren  aber  1406  noch  mit 
Sattlern,  Schildnern,  Malern,  Glasern  und  Kummetern  in  einer  gemeinsamen  Zunft  unter- 
gebracht. In  einer  dortigen  Ratsverordnung  von  1454  heißt  es:  „Die  beder  lassen  baden 
vnd  im  bade  czu  scheren  als  von  a  1  d  e  r"  127.  Als  weiterer  Beweis  möge  dienen,  daß  die 
Scherer  an  zahlreichen  Orten  den  Badern  das  Scheren  beim  Bade  zu  entreißen  suchten; 
aber  nirgends  gelang  es  ihnen.  Die  Bader  hatten  alte  verbriefte  Rechte.  Wie  bittend 
klingt  es,  wenn  der  Frankfurter  Rat  auf  Klage  der  Scherer  hin  den  Badern  14Q1  sagen 
ließ,  „das  scheren  nit  so  strenglich  in  der  batstoben  zu  vben"  127.  [)je  erste  Scherstube 
entstand  zu  Nürnberg  im  Jahre  1565,  während  die  Bader  in  ihren  Streitigkeiten  mit  den 
Scherern  nachwiesen,  daß  das  sogenannte  Rosenbad  schon  vor  siebenhundert  Jahren 
unter  dem  Namen  Burgbad  bestand,  wie  Roth  1792  berichtet  '95. 

Im  eigenen  Hause  ließ  man  sich,  falls  mans  nicht  selbst  besorgte,  im  Badestübchen 
vom  Bader  scheren,  so  daß  für  den  Trockenscherer  kein  großes  Feld  seiner  Rasiertätig- 
keit übrig  blieb.  Darum  suchte  er  wenigstens  der  Bürger  Badstübchen  für  sein  Scher- 
messer zu  erobern.  Wie  weit  ihm  dies  gelang,  soll  bei  den  Streitigkeiten  der  beiden 
Handwerke  untereinander  erörtert  werden. 

Bemerkt  soll  hier  werden,  daß  die  Klinge  des  Rasiermessers,  für  das  noch  im  16.  Jahr- 
hundert neben  Schermesser  Scharsach  gebraucht  wird  221,  bis  ungefähr  1500  unbeweg- 
lich mit  dem  Griffe  verbunden  war.    Das  zeigen  die  Bilder  zum  Sachsenspiegel  aus  dem 


72 


Rasiermesser  /  Scheren  /  Kämme 


Abb.  27.    Badknecht  gegen  Ende  des  15.  Jahr- 
hunderts.    Holzschnitt  aus:    Hortus    sanitatis. 
Straßburg,  Joh.  Pryss,  ca.  1498. 

die  Verwendung-  von  Bürsten  ist  alt.    Von  den  Seligen  im  Himmelreich  heißt  es: 


13.  und  14.  Jahrhundert  (Abb.  67  u.  68)  und 
der  Holzschnitt  von  1498  (Abb.  27).  Im 
16.  Jahrhundert  finden  sich  nur  noch  zu- 
sammenlegbare Messer;  als  Ausnahme 
kommt  ein  solches  schon  in  einem  Reichen- 
haller  Gräberfeld  vor  3.  Ryffs  große 
Chirurgie  221  zeigt  spitz  auslaufende  und 
ein  dem  heutigen  ähnliches,  vorn  abgerun- 
detes, das  als  Badermesser  bezeichnet  wird. 
Die  Scheren  waren  in  alter  Zeit  und  bis 
ins  16.  Jahrhundert  hinein  pinzettenartig, 
die  beiden  Blätter  kreuzten  sich  nicht.  Diese 
Form  ist  auf  den  Sachsenspiegelbildern  und 
in  den  Darstellungen  SiMSONs,  z.  B.  am 
Züricher  Großmünster  (12.  Jahrhundert) 
und  auf  einem  Holzschnitte  von  Lucas  van 
Levden  222  vviedergegeben. 
Kämme,  ein-  und  zweireihige,  waren  seit 
den    ältesten    Zeiten    in    Gebrauch.     Auch 

ane 

straelaere  unde  bürsten  wirdit  in  daz  har  geslihtet"  223^  und  Seifried  Helblino  sieht 
sonderbarerweise  die  Nachbarn  mit  „niugebürsten  här"  zur  Badestube  gehen.  Codex  760 
der  St.  Galler  Stiftsbibliothek  aus  dem  15.  Jahrhundert  empfiehlt  zur  Erhaltung  der  Ge- 
sundheit tägliches  „Har  erpürsten  vnd  kempten".  Im  13.  bis  16.  Jahrhundert  hatten 
die  Bürsten  Pinselform  (Abb.  40). 

Dem  Scheren  folgte  das  Kopfwaschen,  kurz  zwahen,  waschen  genannt.  Zappert 
glaubt,  daß  die  häufige  Anwendung  desselben  durch  die  Kreuzzüge  aus  dem  Orient 
über  Italien  nach  Deutschland  kam,  doch  führt  er  selbst  eine  Quelle  aus  dem  10.  Jahr- 
hundert an,  nach  der  sich  in  der  Abtei  Farfa  die  Mönche  nach  der  Rasur  die  Köpfe 
waschen  mußten.  Die  heilige  Elisabeth  schor  einem  siechen  (aussätzigen)  Bettelmann 
das  Haar.    Darauf 

„Di   frouwe   selic  unde  clug 
Ime  ouch  daz  sieche  houbet  twüg 
Mit  einer  scharpen  laugen"  -^-t. 

Auch  bei  den  Frauen  des  13.  Jahrhunderts  war  es  üblich. 

„sie  hiezen,  daz  ist  war, 
ir  houbet  twahen  und  ir  här 
straelen  unde  slihten 
und  ir  scheiteln  rihten," 

heißt  es  von  den  Frauen,  die  sich  Eraclius  zur  Brautschau  für  Kaiser  Focas  vor- 
stellten 225.    Eine  Äbtissin  ordnete  in  der  ersten  Hälfte  des  14.  Jahrhunderts  an: 


Kopfwaschen  73 

„röswazzer  sol  man  balde  haben, 
da  mit  sol  man  min  liotibet  laben  ; 
daz  ziuclit  nz  boese  hitze"  --''. 

Die  Nonnen  des  Klosters  zu  St.  Verena  in  Zürich,  die  anfangs  nach  der  Regel  des 
heiligen  Augustin  lebten,  später  aber  zu  Dominikanerinnen  wurden,  hatten  siebenmal 
jährlich  den  Kopf  zu  waschen  und  die  Haare  zu  schneiden,  obschon  in  ihrer  Regel  die 
vom  heiligen  Augustin  gegebene  Vorschrift  des  monatlichen  Bades  fehlt  227. 

Der  Mann  ging  nach  dem  König  vom  Odenwalde  (Anfang  des  U.Jahrhunderts)  ins 
Bad,  „daz  man  imez  haubet  twahe"228  Daheim  besorgte  ihm  die  Frau  das  Haar.  In 
Paulis  Schimpf  und  Ernst  (16.  Jahrhundert)  wird  einer  Frau  vorgeworfen,  sie  habe  in 
dreißig  Jahren  ihrem  Manne  nie  das  Haar  gestrehlt  'ö.  Hermann  Fressant  von  Augsburg 
schrieb  1447  ein  Gedicht  „Ehefrau  und  Bulerin".  Der  Mann  kehrt  nach  weiter  Reise 
beraubt  in  die  Heimat  zurück.  Zwei  Buhlerinnen  empfangen  den  Armen  schlecht,  seine 
Frau  aber  hieß  ihm 

„ein  guot  bad  bereiten 

si  zwuog  im  wol  daz  houbet, 

Wan  si  was  aller  tugend  vol"^'-. 

Die  Arbeiter  des  Klosters  Denkendorf  nahmen  jedoch,  wenn  sie  nicht  verheiratet 
waren,  ihre  „Zwagerin"  mit  ins  Bad^s.  Als  Kaiser  Wenzel  1375  bei  Nikolaus  Muffel, 
einem  vornehmen  Bürger  in  Nürnberg,  zu  Gaste  war,  bat  er  dessen  Ehefrau,  „das  si  im 
das  haubt  twige".  Sie  tat  es  und  erhielt  dafür  von  ihm  ein  Stück  von  einem  Span  des 
Kreuzes  Christi,  den  Wenzel  am  Halse  trug  207 

Das  regelmäßige  Kopfwaschen  war  ein  unentbehrliches  Bedürfnis.  Auch  im  Kriege 
vergaß  man  es  nicht.  Der  Baseler  Hauptmann  Meltinger  hat  auf  dem  Zuge  in  die  Lom- 
bardei, der  1513  zur  Entsetzung  des  Herzogtums  Mailand  unternommen  wurde,  für 
Zwahen  seiner  Person  und  der  Überritter  einen  Posten  in  den  Ausgaben  für  den  Scherer 
verzeichnet  229.  Neben  dem  Sinn  für  Reinlichkeit,  und  vielleicht  mehr  als  dieser,  war 
die  Sorge  um  das  Wohlergehen  des  Gehirns  die  Triebfeder  der  Kopfreinigung.  Die 
zahlreichen  Anweisungen  zur  Körperpflege,  welche  für  sich  allein  und  in  den  Volks- 
kalendern erschienen  und  bei  ihrem  Befolgen  dauernde  Gesundheit  garantieren,  berufen 
sich  mit  ihren  Ratschlägen  auf  Meister  Avicenna,  welcher  spricht,  man  soll  ein-  oder 
zweimal  in  vierzehn  Tagen  das  Haupt  waschen  oder  so  oft  des  Menschen  Gewohn- 
heit ist,  wie  es  in  Wiener  Handschriften  des  14.  und  15.  Jahrhunderts  heißt  10.  Im 
Ring  läßt  WiTTENWEiLER  (erste  Hälfte  des  15.  Jahrhunderts)  den  Bauern  Bertschi  Trief nas 
vom  Dorfarzt  Straub  folgende  Belehrung  zuteil  werden: 

„In  der  wuchen  ze  dem  mäysten  (höchstens)  Und  ze  dem  minsten  (mindestens)  tzwahen  schol 

Einest  (einmal)  scholt  daz  twahen  läysten  Der  mensch  sein  haubt  an  widersprecht 

Deinem  haubt,  so  tuost  du  wol,  In  einem  mänat  (Monat),  daz  ist  recht"  230. 

Die  Kalender  nach  Dr.  Künosberoer  verlangen  es  aller  fünfzehn  Tage,  der  Züricher 
vom  Jahre  1507  setzt  hinzu,  es  nicht  über  zwanzig  Tage  zu  unterlassen.  Die  Instruktion 
für  den  Hofmeister  des  Herzogs  Ludwig  zu  Württemberg  vom  Jahre  1562  schrieb  es  aller 


74 


Häufigkeit  des  Kopfwaschens 


S)ct  95al6tcrrr. 


^an  machet!  v)id^et(r<imer  (S«(6n/ 
^rifcfj  tüunömju^fi(nrmt@naDen/ 
Siergfftc^  Q3etnbruc^  »tiD  ölte  0cl)a&m. 
graußofen  ^rpfn/ben  <Sfaren  (Iccbn/ 
S!)m  Q5ranöf  fefcljen  wnb  ^f  ni  auf^brecf)«, 
2)f  rgfeiclj  Q5albKrn/gtt>agf  n  pnD^cfjen 
2(ucl^  2(t)f  rlc^lTcn  t^u  icJ?  gern- 

Abb.  28.  Der  Barbier.  Holzschnitt  von  JosT  Amman 

aus:    Hans   Sachs,    Beschreibung  aller  Stände. 

Frankfurt  1568. 


acht  Tage    vor  iß,    ebenso   Hero  in  den 
Schachtafeln    zur   Gesundheit    1533   jede 
Woche  mit  der  sonderbaren  Begründung, 
„vff  das  dir  der  hart  nit  vssfaii"  23i,    und 
Brunssfels  (erste  Hälfte  des  16.  Jahrhun- 
derts) aller  sieben  Tage  47  Dryander  1547 
aller  fünfundzwanzig  Tage233j    Wittich 
1590  den  Monat  ein- oder  zweimal  i6,  der  er- 
wähnte Codex  der  St.  Gailer  Stiftsbibliothek 
aus  dem  15.  Jahrhundert  nur  im  Sommer 
und  zwar  oft  mit  kaltem  Wasser.  Im  allge- 
meinen aber  verwendete  man  Lauge. 
„Wer  baden  wel,  muoß  sich  besachen 
Das  er  auch  künd  ein  laugen  machen. 
Die  vnser  haubt  vnd  alle  sinn 
Wesch,  vnd  alles  das  ist  din  .... 
Zug  laugen  muoß  man  eschen  (Asche)  han, 
Durch  einen  sack  abrinnen  lan 
Das  Wasser,  so  wirt  laugen  dan," 

heißt  es  bei  Murner  6. 
Zur  Verwendung  kam  nach  Brunss- 
fels Rebenasche,  doch  war  auch  andere 
gute  brauchbar,  nach  Wittich  neben 
Reben-  auch  Weidenasche.  In  der  Regel 
begnügte  man  sich  mit  gewöhnlicher 
Lauge.  Die  erwähnte  Instruktion  für  den 
Hofmeister  des  Herzogs  Ludwig  in  Würt- 
temberg schrieb  nur  diese  vor.  Beim 
armen  Mann  wird  der  Bader  gewiß  nicht 
die  beste  Qualität  verwendet  haben,  in 
einem     satirischen     Gedicht    von     1535, 


„Der  Judenn  Badstub",  heißt  es  vom  „Zwagen"  : 

„War  nur  die  laugen  nit  so  scharff. 
So  weit  ich  lassen  zviragen  mich, 
Dweils  doch  muß  sein,  gedultiglich  .... 
Nun  her  die  laug  ist  schon  gemacht, 
Oezwagen  das  die  schwarten  kracht." 

Vornehme  Leute  wurden  besser  behandelt: 

„Man  zwegi  sie  mit  kamillen  blämen. 
Dieweil  es  die  nit  schmirtzen  thut"234 

Unter  den  zahlreichen  Rezepten  zum  Kopfwaschen  spielen  die  Kamillenblüten  neben 
vielerlei  anderen  Kräutern  eine  Hauptrolle.  Sie  wurden  entweder  in  der  Lauge  gesotten 
(nach  den  Wiener  Handschriften  in  einer  „ring  laug,  die  nit  zu  stark  sei")  oder  fein  ge- 


Mittel  zum  Kopfwäschen 


75 


schnitten  in  Säci<chen  genäiit  und  in  die  heiße  Lauge  geworfen.  Hero  schlägt  zur  Ent- 
fernung des  Schweißes  aus  dem  Haar  auch  das  Reinigen  mit  Salz  vor,  und  nötigenfalls 
setzt  er  der  Kräuteriauge  „leüß  samen  safft"  hinzu,  „das  tödtet  die  leüß  vnd  nyßz"  23i. 
Gegen  Läuse  und  Nisse  (Lauseeier)  hat  man  häufiger  als  heute  kämpfen  müssen. 
Schon  der  Sachsenspiegel  rechnet  „nizkemme"  zur  Gerade  der  Frau  213^  und  bei  Helbling 
wird  neben  dem  „streler"  auch  der  „nizkamp"  genannt  214^  wie  ja  heute  noch  im  Volke 
der  engzahnige  Staubkamm  Lausekamm  heißt. 

„Ein  Bürsle  eym  zwaghub  vnd  ouch  ein  Strel 
Do  mit  reyn  dyn  houbt  vnd  der  Lüse  nit  fei", 

heißt  es  1514  im  Straßburger  Gedicht  vom  „Hußrat"  257.  Es  ist  nicht  richtig,  wenn  die 
heutigen  Ärzte  das  mit  Nissen  und  Läusen  durchsetzte,  verfilzte  Kopfhaar  als  Plica  po- 
lonica  oder  Weichselzopf  bezeichnen.  Der  deutsche  Ausdruck  stammt  aus  einer  Zeit,  wo 
der  berüchtigte,  vom  Aberglauben  beschützte  Zopf  nicht  nur  auf  die  Weichselgegend 
beschränkt  war,  und  lautete  Wichtelzopf,  weil  man  den  Wichtelmännchen  das  Zu- 
standekommen der  Haarverwirrung  zuschob. 

Kehren  wir  zum  Kopfwaschen  zurück.  In  der  einfachsten  Form  vollzog  man  es  an 
sich  selber,  so  eine  Frau  auf  dem  DÜRERschen  und  auf  dem  diesem  nachgebildeten 
BEHAMschen  Holzschnitte  (Abb.  40).  Die  Abbildungen  zeigen  häufig  Schwämme,  ver- 
mittels derer  gewiß  das  Haar  mit  Lauge  durchtränkt  wurde.  Fast  nie  fehlt  ein  Gefäß, 
in  das  die  abrinnende  Lauge  aufgefangen  wird.  Möglicherweise  ist  dies  das  öfters,  so 
von  den  Meistersingern  Hans  Foltz  12,  Hans  Sachs  und  in  dem  Straßburger  Gedichte 
von  allem  Hausrat  257  erwähnte  „badbeck".  Das 
Kopfwaschen  der  Kinder  besorgte  die  Mutter  in  der 
Badestube,  so  in  Ammans  Holzschnitt  zu  Hans 
Sachs'  Ständen  208  und  in  einer  Darstellung  der  vier 
Elemente  aus  dem  15.  Jahrhundert  123. 

Häufig  fließt  die  Lauge  aus  einem  halbkugeligen, 
seltener  walzenförmigen  Gefäß,  das  von  der  Decke 
oder  von  einem  an  der  Wand  befestigten  Stabe 
herabhängt,  dem  Laugenkessel  (Abb.  28u.71).  Am  Er- 
wachsenen vollzog  der  Bader  die  Kopfwäsche,  im 
Dresdener  und  Wolfenbüttler  Sachsenspiegel  (14. 
Jahrhundert)  liegt  der  Badende  auf  einer  Bank,  und 
der  Bader  tritt  von  hinten  an  ihn  heran  (Abb.  68), 
ebenso  die  Bademagd,  die  dem  am  Boden  sitzenden 
König  Wenzel  den  Kopf  wäscht  (Abb.  29,  s.  auch 
Abb.  66).  Doch  kommt  in  der  Wenzelbibel  (14.  Jahr-  ^bb.  29.  Kopfwäsche  des  Königs 
hundert)  eine  zweite  Abbildung  vor,  auf  der  Wenzel  Wenzel  von  Böhmen  durch  eine 
„„  D,        i-i.        jj        i^f-i  u        i  Bademagd.    Miniatur  aus  der  deut- 

am  Boden  kniet  und  den  Kopf  mit  nach  unten  ge-      ^^^^^  wenzelbibel.   Anfang  des  15. 

wandtem    Gesicht    auf    eine    Bank   stützt.     Ähnlich      Jahrhunderts.  Nach  von  Schlosser. 


76 


Der  Zwagstuhl  j  Der  Trockenofen 


■s*  w  j^  «ift  9-f  ist  das  Kopfwaschen  in  einem  Manu- 

skript der  Züricher  Kantonsbibiiothek 
aus  dem  15.  Jahrhundert  dargestellt 
(Abb.  30).  Aus  der  einfachen  Bank 
wurde  schließlich  ein  besonderes  In- 
strument, der  Zwagstuhl.  Er  hatte 
wohl  den  Zweck,  die  Kleider  beim  Kopf- 
waschen zu  schützen,  weswegen  ihn 
die  Abbildungen  von  Badestuben  nicht 
zeigen,  wohl  aber  die  der  Scherstuben. 
Auf  einer  im  Musee  de  Cluny  zu  Paris 
befindlichen  Schweizerscheibe  von 
1559  235  kniet  der  Kunde  des  Scherers 
auf  der  nur  wenig  über  dem  Boden 
erhabenen  Stufe  und  stützt  die  Arme 
auf  die  hohe  Lehne,  über  die  der  Kopf 
hinausragt.  Eine  ähnliche  Darstellung 
zeigt  ein  Lucas  Cranach  zugeschrie- 
benes Bild  im  Dresdener  Kupferstich- 
kabinett 236.  Der  AiWMANsche  Holz- 
schnitt zu  Hans  Sachs'  Balbierer 
bringt  den  Stuhl  noch  mehr  entwickelt 
(Abb.  28)  und  ebenso  ein  von  diesem 
beeinflußter  Berner  Scheibenriß  mit 
dem  Monogramm  H  P  vom  Jahre 
1575199. 

Nach  dem  Waschen  wurde  der  Kopf  mit  einem  Tuche  abgetrocknet,  das  auf  dem 
CRANACHschen  Bilde  von  einer  Frau  bereitgehalten  wird.  Die  AMMANsche  und  die  Berner 
Scherstube,  auch  der  Züricher  Kalender  von  1585,  zeigen  auf  einer  senkrecht  stehenden 
Stange  einen  kugeligen,  durchlöcherten  Apparat,  auf  dem  ein  Tuch  liegt  (Abb.  28).  Die 
Erklärung  desselben  gibt  die  Ausgabe  des  DRVANDERschen  Arzneispiegels  vom  Jahre 
1547,  die  den  Apparat  auch  im  Bilde  bringt.  Er  dient  zum  Erwärmen  der  zum  Haar- 
abtrocknen benutzten  Leintücher  und  wird  „balbierer  Trückenofen  oder  pfann"  ge- 
nannt. „Soliche  sind  küpffern  oben  mit  einem  gelöcherten  deckel,  der  ob  den  kolen, 
so  in  der  pfann  gethon  werden  sollen,  geheb  zuschließe.  Etliche  machen  auch  jrden 
Trücken  hüt  daruff  wärmet  man  die  leinen  tücher,  damit  das  haar,  haupt  vnd  glider 
zu  trücknen  vnd  bereiben"  233. 

Noch  im  17.  Jahrhundert  treffen  wir  in  der  Badestube  das  Waschen  des  Kopfes  an. 
Im  Privileg  der  Wiener  Barbiere  von  1662  ist  vorgeschrieben,  daß  die  Mittler  (junge  Ge- 
sellen) alle  Abend  den  „Zwagtuell"  zu  reiben  haben  iö.    Dagegen  scheint  es  im  18.  Jahr- 


Abb.  30.    Kopfwaschen   im  15.  Jahrhundert.    Papier- 
handschrift.   Kantonsbibliothek  Zürich. 


Schröpfen 


11 


hundert  nicht  mehr  üblich  gewesen  zu  sein.  Der  erwähnte  Berner  Scheibenriß  hat 
einem  satirischen  Kupferstich  auf  den  1712  geführten  Toggenburger  Krieg  zum  Vor- 
bilde gedient  (Stadtbibliothek  Zürich).  Der  Zwagstuhl  ist  jedoch  verschwunden,  und 
an  Steile  des  „balbiererTrückenofens"  steht  wohl  auf  einer  Stange  ein  nahezu  kugeliger 
Körper,  der  aber  als  Perückenständer  dient  237 

Eng  mit  dem  Baden  war  das  Schröpfen  verbunden  (Abb.  31).  Die  Kalender  handeln 
beides  in  einem  Kapitel  ab.  Es  wurde  nicht  nur  bei  bestehenden  Krankheiten  vorge- 
nommen, sondern  auch,  wie  man  glaubte,  um  den  Körper  bei  Gesundheit  zu  erhalten. 
Wo  wegen  Ansteckungsgefahr  bei  Epidemien  vor  Besuch  der  öffentlichen  Bade- 
stuben gewarnt  wird,  ist  stets  auf  die  ans  Schröpfen  gewöhnten  Leute  Rücksicht  ge- 
nommen. „Schräpffen,  sonderlich  wer  sich  daran  gewänt  hatt,  soll  man  nicht  unter- 
lassen", sagt  HuooelinSO  1559,  und  Ellenborq  i6  empfiehlt  es  1484  alle  Monate 
oder  so  oft  man  meint,  wenn  man  daran  gewöhnt  ist,  ebenso  ein  anonymer  Druck  aus 
dem  15.  Jahrhundert  238. 

Das  Schröpfen  war  wegen  seines  innigen  Zusammenhangs  mit  dem  Baden  man- 
cherorts in  den  Badepreis  inbegriffen.  In  der  Stadt  Oerolzhofen  mußte  1557  „yedes  alts 
mensch,  Weip  oder  Mansperson,  es  las  schrepfen  oder  nit",  zwei  neue  Pfennige  fürs 
Bad  bezahlen  239.  in  Zürich  hatte  man  es  1604  für  einen  halben  Batzen  samt  zehn  Hörnli ; 
wer  noch  mehr  verlangte,  zahlte  für  jedes  darüber  einen  Haller  240. 

Das  Schröpfen  war  Sache  des  Baders.  Niemals  wurde  es  ihm  streitig  gemacht;  ja 
es  war  den  Scherern  verboten,  und  wo  diese  es  doch  ausüben  durften,  waren  sie 
Bader  zugleich,  oder  beide  Berufe  waren  zu  einem  verschmolzen.  Auch  die  Frauen 
hatten  sich  vom  Bader  schröpfen  zu  lassen.  „Er  tuot  in  dem  bad  howen.  Man 
und  och  den  frowen",  heißt  es  in  des  Teufels  Netz  (Anfang  des  15.  Jahrhunderts)  24i^ 
und  in  Darstellungen  von  Frauenbädern  sehen  wir  als  einzige  männliche  Person 
den  Schröpfer,  während  die  übrigen  Funktionen  von  weiblichem  Personal  über- 
nommen sind  (Abb.  40  u.  72).  Selbst  in  Nonnenklöster  fand  der  Schröpfer  Eintritt,  z.  B. 
1474  im  Frauenkloster  Urspringen  und  1304  im 
Kloster  der  Benediktinerinnen  zu  Schönfeld  in  Rhein- 
bayern 1 6.  In  Zürich  brachte  1542  eine  Pfuscherin, 
die  geschröpft  hatte,  als  Entschuldigung  vor,  sie 
wäre  nicht  nachgelaufen,  sondern  es  sei  zu  ihr  ge- 
schickt worden,  „etwann  eine  eeren  frowen  die  nit 
gern  einen  bader  gehept"  zu  schröpfen  209.  Jn  den 
gerichtlichen  Verhandlungen  vor  der  Züricher  Bader- 
lade und  den  höheren  Instanzen  habe  ich  öfter 
Frauen  als  Angeklagte  gefunden,  die  unbefugter- 
weise geschröpft  hatten.  Als  männliche  Schuldige 
i,„„™  n   j     1         uj.         j  r>     -i.  \f         1       Abb.31.  Schröpfen  im  Bad.  Holzschnitt 

kommen  nur  Baderknechte  und  Besitzer  von  Mmera-  ,      ^,    ,  i.oi    \      k 

aus  dem  Kalender  von  1481.  Augsburg. 

bädern  vor.    In    letzteren  beanspruchte  selbstver-  Johannes  Blaubiier. 


78  Schröpfen  in  der  Badstube 

ständlich  der  Inhaber  der  nächstgelegenen  ehehaften  Badestube  das  Schröpfrecht  für 
sich.  Dies  war  in  Zürich  nach  Verordnungen  von  15Q3  und  1659  an  den  Betrieb  einer 
Badestube  gebunden  209^  ebenso  in  Sachsen-Weimar  nach  der  noch  1754  gültigen  Bader- 
ordnung 242  Nicht  einmal  der  Besitz  einer  Badestubengerechtigkeit,  bei  der  der  In- 
haber die  Badestube  nicht  betreiben  wollte,  genügte  1774  in  Zürich,  wenigstens  nach 
Ansicht  der  Meister  Bader,  das  Schröpfen  in  den  Bürgerhäusern  auszuüben  243.  £3 
brachte  dem  Bader  gewiß  mehr  Gewinn  als  das  Baden.  Schon  im  15.  Jahrhundert 
heißt  es  in  einem  Aderlaßzettel  über  einem  beigefügten  Badestubenbild  244;  „Schröpfen 
fristet  mir  min  leben."  Das  Ansetzen  der  Schröpfköpfe  und  Hörner  wurde  meist  stück- 
weise bezahlt.  Nach  der  Bamberger  Baderordnung  von  1480  hatten  Vermögende 
einen  Pfennig  fürs  Bad  zu  geben.  Für  zwei  Pfennig  erhielt  man  noch  einen  oder  zwei 
Schröpfköpfe;  jeder  darüber  wurde  mit  einem  Heller  berechnet  i44.  In  Bräunungen  bei 
Donaueschingen  kostete  das  Bad  für  Erwachsene  einen  Pfennig  und  zwei  „winttusen 
seczen"  einen  Haller,  drei  einen  Pfennig,  vier  ebensoviel  219  Guarinonius  tadelt  1610  die 
Habsucht  der  Bader  und  wirft  ihnen  übertriebenes  Schröpfen  vor,  weil  jeder  Köpfel  um 
einen  Pfennig  mehr  trug,  wodurch  die  Leute  mit  höchstem  Schaden  an  Leib  und  Säckel  ge- 
schunden würden  i34  Zu  Konstanz  bestand  jedoch  1483  219,  zu  Böblingen  vor  1554  i9S 
ein  Einheitspreis  unabhängig  von  der  Zahl  der  Köpfe.  Ais  im  18.  Jahrhundert  und  im 
Anfang  des  19.  die  Badestuben  selten  und  vielleicht  nur  noch  des  Schröpf ens  wegen 
benutzt  wurden,  wird  in  den  Züricher  Protokollen  Bader  und  Schröpfer  für  dieselbe  Per- 
son gebraucht.  Der  Baderberuf  war  also  in  dem  des  Schröpf  ers  aufgegangen,  wenigstens 
an  den  Orten,  wo  er  sich  nicht  zur  Ausübung  der  Chirurgie  emporschwingen  durfte. 

Das  Schröpfen  in  der  Badestube  hatte  seine  Gründe.  Da  durch  die  Wärme  die  Haut- 
gefäße erweitert  werden,  erfolgt  unter  ihrer  Anwendung  eine  reichliche  Blutentleerung 
beim  Schröpfen.  Die  als  Ersatz  des  Bades  empfohlenen  Mittel  bezweckten  dasselbe. 
Doch  hatten  die  Schriftsteller  zu  Ausgang  des  Mittelalters  und  zu  Anfang  der  Neuzeit 
unter  Zugrundelegung  der  Lehren  alter  Meister  eine  andere  Vorstellung  von  der  Mit- 
hilfe des  Bades.  Durch  Schröpfen  allein  konnte  man  nur  „subtiles"  Blut  aus  dem  Körper 
entfernen.  Wer  Überfluß  an  diesem  zu  haben  glaubte  und  ihn  ablassen  wollte,  bedurfte 
nicht  des  Bades.  Anders  bei  Leuten  von  „grobem  gepliet" !  Arnoldus  sagt  „das  einn 
jeder  der  solch  gepliet  hat  im  selber  schaden  thät,  so  er  nitt  im  bad  schrepffte,  dann  vmb 
grobe  willen  gieng  allein  das  subtil  vnd  gut  gepliet  haraus  vnd  nitt  das  grob,  welches 
durch  das  bad  flüssig  Wirt  vnd  von  stat  mag"  (Pictorius  1555)246.  Ryff  221  empfiehlt 
in  seiner  großen  Chirurgie  zu  diesem  Zweck  innerlich  geeignete  Nahrung,  äußerlich 
„bereiben,  baden  vnnd  dergleichen",  und  der  schon  angeführte  anonyme  Druck  aus 
dem  15.  Jahrhundert  23S  neben  Baden  im  Wasserbad  oder  in  der  Badestube  „anheim  in 
deinem  haws  bey  warmem  ofen  schrepfen".  Dies  letztere  nennt  Guarinonius  (1610) 
„trucken  schrepffen"  (siehe  da).  Er  tadelt  die  dadurch  verursachte  Überhitzung  der 
Stuben,  die  unverständige  Balbierer  und  Bader  herbeiführten,  weil  sie  meinten,  das  Blut 
könne  sonst  nicht  rinnen,  und  will  dafür  reiben  mit  einem  warmen  Tuch  bis  zur  Haut- 


Aderlaß  /  Trocken  schröpfen 


79 


röte  haben.  1484  brach  in  Nürnberg  ein  großes  Feuer  aus,  weil  einer  im  Juli  ein  „stibia" 
geheizt,  „er  hat  im  wein  vorn  ofen  schrepfen  lassen"  248. 

Neben  dem  Schröpfen  spielte  im  Mittelalter  und  bis  in  die  neuere  Zeit  eine  andere 
Art  der  Blutentziehung  eine  große  Rolle,  ich  meine  den  Aderlaß,  auch  Lasse  und  Läse 
genannt.  Der  Gesunde  ließ  ihn  viermal  im  Jahr  an  sich  vornehmen ;  in  den  Klöstern  war 
dies  Vorschrift  249.  Hier  fand  er  im  Calefaktorium,  dem  Warmraume,  statt,  nicht  etwa, 
wie  P.  Gregor  Müller  meint,  damit  die  Hand  des  Chirurgen  nicht  vor  Kälte  zittere  249^ 
sondern  aus  den  schon  beim  Schröpfen  erwähnten  Gründen,  die  wohl  auch  die  Leute 
deshalb  ins  Bad  gehen  ließen.  Die  Operation  war  einfach.  Mit  einer  um  den  Oberarm 
gelegten  Binde,  der  Aderlaß-,  Laß-  oder  Läserbinde  wurde  das  Blut  gestaut  (Abb.  32) 
und  die  dadurch  stark  hervortretende  Vene  angeschnitten.  Der  Aderlaß  fand  auch  an 
anderen  Körperteilen  statt,  worüber  das  Aderlaßmännchen  vom  15.  bis  ins  IQ.  Jahrhun- 
dert genaue  Auskunft  gab. 

Das  Volk  zog  das  Schröpfen  dem  Aderlassen 
vor.  Auch  die  Ärzte,  so  PiCTORius,  tun  es  „by  denenn 
so  adelassen  nit  wol  erleiden  mögen,  diewil  es  nit 
so  hart  schwechet,  spricht  Rases,  als  aderlassen, 
weiches  gar  einn  starcke  euacuation  ist,  wieGALENUS 
bezeugt,  darumb  auch  fil  das  schrepffen  setzent  für 
aderlassen"  246  Besonders  tat  man  dies  bei 
schwachen  und  alten  Leuten  und  Kindern.  Doch 
scheint  man  bei  kleinen  Kindern  nicht  geschröpft  zu 
haben;  Ryff  sagt,  die  alten  Ärzte  täten  es  und  zwar 

vom  zweiten  Jahre  an.  Aus  Guarinonius'  Schimpfe- 

^     ,     .  ,    .  Abb.  32.    Anlegen  der  Aderlaßbinde. 

reien  geht  hervor,  daß  es  an  Sechsjährigen  zu  Holzschnitt  aus  dem  Kalender  von  1481. 
den  Ausnahmen  gehörte.    Er  verwirft  es  aber  auch  Augsburg.   Johannes  Blaubirer. 

bei  älteren  Kindern  mit  der  Begründung:  „Die  Kinder  die  treiben  kein  Mutwillen  mit 
Vberfressen  vnd  Vbersauffen,  noch  mit  anderer  Vnzucht,  so  ist  nit  billig,  daß  sie  jhr 
vnschuldiges  Blut . . .  vergießen  sollen"  iH 

Ich  habe  im  Vorhergehenden  das  Schröpfen  als  Blutentziehung  bezeichnet.  Das 
muß  ich  teilweise  zurücknehmen.  Aus  den  Schriften  von  Ryff  und  Pictorius  geht  her- 
vor, daß  man  im  16.  Jahrhundert,  wie  heute  noch,  Schröpfköpfe  auch  ohne  „Hauen  und 
Bicken"  setzte,  Ryff  nennt  das  trocken  221,  auch  blind  250  schröpfen.  Im  Schröpf- 
kopf (Kopf  =  Gefäß),  der  auch  Laß-,  Baderkopf,  Ventose,  Ventuse,  Vintuse,  Fintusze 
hieß,  wurde  die  Luft  durch  Erwärmen  an  einer  Flamme  verdünnt  (Abb.  36)  und  da- 
durch nach  dem  Ansetzen  eine  Beule  auf  der  Haut  gezogen.  Ryff  251  schlägt  in 
seinem  Hebammenbuche  1554  für  den  Notfall  als  Ersatz  ein  „dickes  gloß  (wie  ein 
fintusen)"  vor,  das  man  über  ein  brennendes  Licht  stülpen  soll.  Nach  Pictorius 
(1560)  wurde  das  Trockenschröpfen  von  den  Badenden  nicht  gebraucht  i52  Beim 
blutigen     Schröpfen    wurden    die    gezogenen    Beulen     aufgehauen  250.     Öfters    ge- 


80  Schröpfen  mit  Kopf  oder  Hörn 

'""""'"  '        ^  -^     .-  ^  schah  es  allerdings,  daß  die  „Scarifi- 

I  cation"  dem  Aufsetzen  der  Schröpf- 
?^|  köpfe  voranging  221.  246. 

ij        In  der  Gestalt  glich  der  Schröpf- 

II  köpf  dem  heutigen.  Man  verwendete 
I  verschiedene  Größen,  die  größten  im 
::|  Land  zu  Sachsen,  weil  dort  die  Leute 
I  angeblich  am  vollblütigsten  waren  221. 

sassäsäiBiiig^  Neben  dem  Schröpfkopf  wird  häufig 

Abb^33.  Schröpfen  mit  dem  Hörn  im  Mineralhad  das  Schröpfhorn  oder  Schröpfhörnli 
zu    Baden  im   Aargau.    Kpfr.  aus:    Hess,   Badenfahrt. 

Zürich  1818.  erwähnt    (Abb.    33/34).     Nach    Ryff 

stellt  es  das  ältere  Instrument  dar  und  fand  namentlich  in  einigen  Mineralbädern  Ver- 
wendung. Bilder  zeigen  es  noch  im  19.  Jahrhundert  in  Tätigkeit.  Auch  Murner  bildet 
es  in  seiner  Badenfahrt  ab.  Dort  ist  es  schlüsseiförmig.  Die  früheste  Erwähnung  findet 
es  zu  Anfang  des  14.  Jahrhunderts  beim  König  vom  Odenwalde  228^  welcher  der  Kuh 
ein  Loblied  singt  und  dabei  auf  das  Schröpfen  mit  ihrem  Hörn  gegen  Rückenweh  hin- 
weist. In  einer  Züricher  Teilrödel  des  16.  Jahrhunderts  kommen  aber  auch  acht  „möschin 
Schräpf-Hörnle"  (aus  Messing)  vor  252. 

Die  Verdünnung  der  Luft  geschah  durch  Ansaugen  mit  dem  Munde;  ein  kleines 
Leder  verhinderte  das  Wiedereinströmen  derselben.  Bei  vielen  Naturvölkern  finden  wir 
das  Schröpfen  mit  dem  Hörne  heute  noch  232.  ich  sah  es  jüngst  auf  einer  aus  dem  Togo 
stammenden  Photographie  bei  Dr.  Hans  Grüner.  Es  liegt  deshalb  kein  Grund  vor,  an- 
zunehmen, die  Deutschen  hätten  es  von  den  Römern  übernommen.  Die  erste  Kunde 
vom  Schröpfen  in  fränkischen  Landen  gibt  Gregor  von  Tour,  indem  er  erzählt,  daß 
Eberulf,  der  Oberkämmerer  des  Königs  Chilperich,  einen  Priester  mit  Faustschlägen  fast 
bis  zu  Tode  mißhandelt  habe,  der  auch  gestorben  sein  würde,  wenn  ihn  die  Ärzte 
nicht  durch  Schröpfen  gerettet  hätten  3.  In  Wolframs  Willehalm  kommt  jemand  vor, 
der  „wolde  phlegn  vintüsen  an  sich  setzen"  254 

Den  Schröpf  Schnepper  kannte  man  in  früheren  Zeiten  noch  nicht.  In  seiner  heutigen 
Gestalt  finden  wir  ihn  zuerst  bei  Ambroise  Pare235.  Bei  älteren  Instrumenten  liegt  das 
ganze  Räderwerk  frei.  Ein  Schnepper  mit  einer  Klinge  scheint  auf  einem  Holzschnitt  Jost 
Ammans  dargestellt  zu  sein  (Abb.  3ö).  Gewöhnlich  geschah  die  Skarifi- 
kation  durch  sog.  Schröpfeisen,  die  Ryff  im  Gegensatz  zum  Laß-  (Ader- 
laß)eisen  von  runder  Schneide  sein  läßt  (Abb.  35).  Doch  scheint  man 
praktisch  den  Unterschied  nicht  gemacht  zu  haben.  Die  Züricher  Ba- 
der, die  nichts  mit  Aderlassen  zu  tun  hatten,  führten  im  IQ.  Jahrhundert  "  j- 
neben  dem  Rasiermesser  das  spitze  Eisen  im  Siegel.  Dies  Wappen  f^-^T^.  34  Schröpf- 
findet  sich  außerdem  auf  einem  Lafettenschild  des  17.  Jahrhunderts  im  hörner  und  Schnep- 
schweizerischen  Landesmuseum  (vergl.  das  Wappen  in  Abb.  3Q).  Zu  g^^  f'^hT  Z  idch 
RvFFs  Zeiten  verwendete  man  auch  das  Rasiermesser,  in  Aachen  sogar             I8I8. 


Laßeisen  und  Schnepper 


81 


noch  im  18.  Jahrhundert  (Abb.  37).  Bei  diesen  Instrumenten  wurde  die  Klinge  mit  der 
Schneide  auf  die  Haut  gesetzt  und  mit  dem  Finger  in  diese  eingedrückt.  Genau  so  ver- 
fuhr man  beim  Aderlaß.  Auch  hier  traten  erst  später  einkiingige  Schnepper  auf.  Auf  dem 
ältesten  mir  bekannten  Aderlaßbilde  in  Codex  306  der  Einsiedeier  Stiftsbibliothek  aus 
dem  12.  Jahrhundert  oder  aus  noch  älterer  Zeit^ss  Jst  das  Messer  lanzettförmig. 

Nicht  immer  lassen  sich  in  den  Schriften  Aderlassen  und  Schröpfen  auseinander- 
halten. Wird  gewöhnlich  unter  Lassen  Aderlassen  verstanden,  so  bezeichnet  es  auch 
Schröpfen,  z.  B.  im  Augsburger  Kalender  von  1488  und  1511  26i.  Das  ist  auch  in  dem 
Wort  Laßkopf  ausgedrückt.  Im  Gedicht  auf  die  Bergtheimer  Schlacht  wird  mit  dem 
„Laßisen"  geschröpft -i^.  Nach  Hans  Sachs  kam  es  vor,  daß  man  auf  der  „laspanck" 
vom  „Lasser"  verbrannt  wurde  33^.  Das  konnte  nur  beim  Schröpfen  geschehen.  Das 
sanguinem  minuere  könnte  beides  bedeuten,  ja  Diefenbach  übersetzt  sogar  flebotomare 
mit  aderlassen  und  schröpfen  i5i.  im  Bauriß  des  Klosters  St.  Gallen  findet  sich  ein 
„Fleotomatis  hie  gustandum  vel  potionarius"  benanntes  Haus  neben  dem  Krankenhause, 
das  eher  für  eine  Verwendung  zum  Aderlassen  sprechen  würde.  Der  in  der  Nähe  ge- 
legene, „sanguinem  minuentium"  bezeichnete,  mit  dem  Bad  unter  einem  Dach  liegende 
Raum  dürfte  vielleicht  zum  Schröpfen  benutzt  worden  sein  (Abb.  5  b). 

Sehr  oft  sehen  wir  dargestellt,  daß  die  Person,  welche  sich  auf  der  Schröpfbank  im 
Schweißbade  schröpfen  läßt,  zugleich  ein  Fußbad  nimmt  (Abb.  36),  oder  wenigstens  steht 
dieses  daneben  bereit.  Die  Schriftsteller  geben  an,  man  soll  den  Leib  vor  dem  Schröpfen 
im  Bad  reinigen  und  darauf  die  Füße  bis  ans  Knie  in  warmes  Wasser  setzen,  das  mache 
das  Blut  dünn  41.  47.  262  |m  Züricher  Kalender  von  1508  wird  als  Grund  angegeben, 
es  mache  das  Gesicht  lauter  26  Nur  einmal  finde  ich  ein  besonderes  Schröpfstüblein 
bei  Geiler  von  Kaisersberg  erwähnt.  Es  lag  neben  der  Badestube  und  hatte  nied- 
rigere Temperatur  als  diese  '51. 

Im  Mineralbade  wurde,  wie  es  in  einer  Aachener 
Schrift  von  1737263  heißt,  ordentlicherweise  wäh- 
rend des  Badens  geschröpft  (Abb.  33  u.  37),  wenig- 
stens in  den  kleinen  Privatbädern.  Nur  in  Baden  in 
der  Schweiz  fand  es  in  einem  öffentlichen  Bade,  das 
von  mehreren  Personen  gemeinschaftlich  benutzt 
wurde,  statt.  Es  durfte  jedoch  nur  in  dem  einen  der 
beiden  freien  Bäder,  dem  sog.  Freibade,  geschehen. 
Schon  1339  besaß  es  Schröpf  recht  32  Es  wurde 
namentlich  am  Samstag  von  den  Landleuten  der 
Umgebung  viel  besucht,  und  Pantaleon35  sagt 
1578,  die  Leute  vermeinen,  „sie  haben  nit  gebadet 
wann  sie  nit  voll  hörnlin  wie  ein  Igel  hangen".  Es 
schien  oft,  als  wenn  man  im  Blute  badete  (Abb.  46). 
Das  bezeugen  auch  andere  Schriftsteller  bis  ins 

Martin,  Badewesen 


Abb.  35.  a  Schröpf-,  b  Laßeisen.    Holz- 
schnitt aus  Dryanders  Arzneispiegel. 
Frankfurt  1547. 


82 


Schröpfen  in  den  Mineralbädern 


Abb.  36.    Badestube.    Holzschnitt  von  JoST  Amman  aus:   Paracelsus, 
Wund-  vnd  Artzney  Buch.    (Titelholzschnitt  zum  Baderbiichlin.)    Frank- 
furt a.  M.   1565. 


IQ.  Jahrhundert.  In 
Baden-Baden  hatte  da- 
gegen 1488  das  eine 
Freibad  eine  Bade- 
stube, die  täglich  er- 
wärmt werden  mußte 
(trotz  der  Therme !),  in 
der  gebadet  und  ge- 
schröpft wurde  40. 
Von  Warmbrunn  in  . 
Schlesien  wird  1607 
berichtet :  „an  das  Bad 
stoßet  gegen  Mitter- 
nacht eine  gemeine 
Badestube,  in  welcher 
alle  14  Tage  ein 
Schweiß  vnd  Köpfte 
Bad  gehalten  wird,wel- 
ches  der  Bader  von 
Friedeberg  pfleget  zu 
versorgen,vnd  müssen 
die  Bad  Gäste  densel- 
ben Tag  nach  Mittage 
mit    dem   Bade    inne 


halten"  69.  Auch  in  Töplitz  war  1607  ein  Arm  der  Mineralquelle  durch  Röhren  in  das 
Haus  des  Baders  vor  dem  Tor  geleitet  264  Nach  einer  Notiz  von  1706  fand  hier  das 
Schröpfen  statt  si.  In  Leuk  war  das  Schröpfen  nur  in  den  dazu  bestimmten  Bädern  ge- 
stattet. 1832  war  ein  sehr  unheimlich  aussehendes  doppeltes  Schröpfbad  dem  Armenbad 
angebaut.  Enatbühl  bei  St.  Johann  hatte  im  selben  Jahre  eine  Schröpfstube  mit 
zwei  Wannen  ss. 

Der  Augsburger  Oroßkaufmann  Lukas  Rem  hielt  sich  1521,  1525  und  1529,  jedesmal 
achtundzwanzig  Tage,  im  württembergischen  Wildbad  auf.  1521  hat  er  in  seinem  Tage- 
buch am  3.  Oktober  5V2  Stunde  Thermalbad  und  „Schwaisbattet  und  koplett"  (ge- 
schröpft) verzeichnet,  1525  am  23.  August  bei  7  Stunden  Mineralbad  „schwaisbatt"  und 
1530  am  24.  und  31.  März  bei  8  und  7  Stunden  Mineralbad  „gebatt  im  Schwais,  kopf- 
let"265.  Dadurch  wird  auch  verständlich,  daß  Markgraf  Christoph  von  Baden  1507  für 
sein,  also  das  herrschaftliche  Badehaus  in  Baden-Baden  trotz  der  Therme  Lieferung 
von  Holz  durch  die  Stadt  verlangte,  das  übrigens  fremde  Fürsten,  wenn  sie  zur  Kur 
anwesend  waren,  auf  eigene  Kosten  besorgen  mußten  266 

Über  den  Ort  chirurgischer  Tätigkeit  in  der  älteren  Zeit  ist  uns  nur  wenig  bekannt. 


streichen  und  Verbinden  im  Bad 


83 


Quetschungen  wurden  auf  den  Burgen  im  Wasserbade  massiert.    Den  jungen  Parzival 
behandelten  Jungfrauen  (Anfang  des  13.  Jahrhunderts): 

„Si  twuogn  und  strichen  schiere 
Von  im  sin  amesiere  (Quetschung) 
Mit  blanken  linden  henden"  -s-*. 

Ebenso  erging  es  dem  Tandareis. 

„Den  wolde  man  das  niht  eriän,  Vier  kläriu  juncvröwelin 

Er  muoste  sitzen  in  daz  bat;  Erstrichen  von  im  sin  amasier, 

Sit  man  in  des  niht  erlät  Sin  lip  was  klär  unde  fier"  ^e?. 
Do  tet  erz,  wan  ez  muoste  sin.  (Vgl.  Abb.  45.) 

Ulrich  von  Liechtenstein  erzählt  uns,  daß  die  Ritter  nach  dem  Turnier  von  Friesach 

im  Jahre  1224  in  die  Stadt  zogen  und  während  der  Nacht  noch  badeten,  wobei  mancher 

vor  Müdigkeit  ohnmächtig  wurde.     Im  Bade  fand  zugleich  die  Behandlung  der  im 

Turnier  erhaltenen  Wunden  statt. 

„Man  pant  den  dort,  man  salbet  den  hie, 

dem  dort  die  arme,  dem  hie  diu  knie"  ^^s. 

13Q7  behandelten  Stover  (Bader)  kranke  Beine  bei  einigen  Personen  des  Hofgesindes 
der  Witwe  des  Herzogs  Otto  des  Quaden  269^  und  die  „Bayrische  Landesordnung  er- 
clärung"  von  1578  klagte,  daß  „die  alten  Ehehafft  Pader  vnnd  Padstuben,  dabei  hieuon 
guete  wundärtzt  gefunden  worden",  in  Verfall  gerieten  i6. 

Die  Bader,  welche  hier  Wundarznei  ausübten,  waren  gewiß  nicht  vom  Badestuben- 
besitzer angestellte  Gesellen  oder  Knechte  des  Schererhandwerks.  In  den  Reiserech- 
nungen des  Patriarchen  Wolfger  von  Ellenbrechtskirchen  aus  den  ersten  Jahrzehnten 
des  13.  Jahrhunderts  ist  bei  Passau  ein  Posten  für  den  Minuter  (Aderlasser)  in  estuario 
verzeichnet,  und  eine  Ausgabe  ist  „aliis  balneatoribus"  bestimmt  2vo.  Der  Minutor  war 
also  ein  Bader.  In  dem  schon 
erwähnten  Gedichte  Kauf- 
ringers heißt  es  vom  Bade- 
reiber : 

„Wann  er  auch  wol  scheren  kan, 
er  hett  mir  geschoren   unge- 
netzt"  256. 

Daraus  geht  hervor,  daß 
nicht  alle  Bader  scheren 
konnten.  Auch  sagt  eine 
Baseler  Ratsverordnung  von 
1360,  daß  die  Bader  und  ihre 
Knechte,  die  scheren.  Scherer 
sollen  heißen  und  Scherer 
sein  und  auch  alle  die  Abb.  37.  Schröpfen  mit  dem  Rasiermesser  und  Schröpfköpfen  in 
p     ,  ,     ,    ,  H'    Q  h  einer  Badezelle  zu  Aachen.    („Wie  man   die  Schröpft  Köpfe  im 

Kecnte  naoen,  SO  aie  bcnerer    ßade  gebrauchet".)    Kpfr.  aus:    Amüsements  des  eaux  d'Aix-la- 
in     der    Zunft    zu    unserer  Chapelle.    Amsterdam  1736. 


84  Verschiedenheit  der  Badangestellten 

Stadt  haben  255  Die  Bader,  welche  nicht  scheren  konnten,  hatten  also  weniger 
Rechte. 

Der  Badermeister  hatte  demnach  zweierlei  Personal  angestellt,  einmal  Knechte,  die 
sich  auf  Scheren,  Schröpfen,  Aderlassen  und  Wundarznei  verstanden  und  dement- 
sprechende  Namen  führten,  und  zweitens  männliche  und,  wie  ich  hier  schon  erwähnen 
möchte,  weibliche  Personen,  die  das  eigentliche  Bad  besorgten,  Wasser  herbeitrugen, 
das  Bad  und  die  Holzgeräte  scheuerten  und  dergleichen  mehr  verrichteten.  Beide 
unterschieden  sich  auch  durch  ihr  Einkommen.  Alle  Badhüter  und  Reiber  in  den  Bade- 
stuben mußten  nach  einer  Ordnung  des  Rates  zu  Ulm  vom  Jahre  1346  wöchentlich 
einen  halben  Heller  in  die  Handwerksbüchse  legen,  die  Schröpfer  aber,  die  mehr  ver- 
dienten, einen  ganzen  Heller  so. 

Zur  Ausübung  des  niederen  Dienstes  in  den  Badestuben  war  eine  besondere  Ge- 
schicklichkeit und  Intelligenz  nicht  erforderlich,  auch  ein  eigentliches  Erlernen  nicht 
nötig.  So  kam  es  denn,  daß  im  Bad  allerlei  Gesindel  Beschäftigung  fand.  Nach  einem 
gegen  1420  in  der  Nähe  des  Bodensees  entstandenen  Gedicht  24i  gehen  dem  Teufe! 
ins  Netz:  „Schellenslaher,  gogler  (Gaukler)  und  affer,  Varend  schuoler  und  buoban". 
Für  „buoban"  setzt  eine  der  Handschriften  „badstuben  buoben". 

In  einer  der  Predigten,  die  Geiler  von  Kaisersberq  1498  in  Straßburg  hielt,  heißt 
es  von  den  verunglückten  Studenten:  „Diese ziehen  nachmals  (wann  sie  der füllerey  ge- 
wohnet haben)  inn  dem  land  herumb,  der  eine  wirdt  ein  Gauckler,  oder  spilmann,  der 
ander  ein  thellerschlecker,  der  dritt  ein  Teryackskremer,  der  viert  ein  bader,  der  fünfft 
ein  Henselin  oder  sonst  ein  lotterbub"  27i. 

Codex  C  101  der  Züricher  Stadtbibliothek,  1453 — 67  von  einem  St.  Galler  Mönch  ge- 
schrieben, sagt  vom  Planeten  Luna: 

„mine  kind  man  keines  gezeymen  kan 
Nieman  sy  gerne  sind  vndertan 
jr  angesicht  ist  bleicii  vnd  runt", 

und  als  Kinder  Lunas  werden  angeführt: 

„leufer,  geugler,  fischer  marner  (Schiffer) 

farenschuler  fögler  müller  bader 

vnd  was  sich  mitt  wasser  erneret 

Den  ist  diß  mons  schin  bescheret"  (Abb.  38). 

Fast  wörtlich  lautet  die  Stelle  in  dem  von  der  Bodenseegegend  stammenden  mittel- 
alterlichen Hausbuch  aus  dem  15.  Jahrhundert  i so  *.  wir  finden  hier  die  Bader  in  Ge- 
meinschaft mit  zumeist  fahrendem  Gesindel.  Einen  hohen  Grad  von  Sittlichkeit  konnte 
man  bei  diesen  Leuten  nicht  erwarten.  Kein  Wunder,  wenn  manche  Bäder  bis  ins 
15.  Jahrhundert  Frauenhäuser,  wenn  auch  wohl  selten  öffentliche,  darstellten,  mancher- 
orts bis  in  neuere  Zeiten.  Die  eigene  Badestube,  welche  nach  Felix  Fabers  Bericht 
die  gemeinen  Frauen  zu  Ulm  in  der  Nähe  des  Münsters  hatten,  dürfte  wohl  ein 

*  Die  Zeichner  des  mittelalterlichen  Hausbuches  und  des  Holzschnittes  zum  Züricher  Codex  haben 
Bader  entsprechend  den  Eigenschaften  Lunas  „naß  und  kalt"  als  im  kalten  Wasser  Badende  aufgefaßt. 
In  einer  Planetendarstellung  Behams  findet  sich  dagegen  die  Badestube  abgebildet  (Abb.  38). 


Badestube  und  Frauenhaus 


85 


offenes  Frauenhaus  gewesen  sein  so.  Auch  fanden  sie  Unterl<unft  in  den  Bädern.  Jo- 
hannes Stumpf  erzählt,  daß  sich  700  zum  Konzil  in  Konstanz  einfanden,  die  „durch 
die  gantz  statt  hinweg"  in  Frauenhäusern,  Ställen  und  Winkeln  wohnten  336  Nach  einer 
anderen  Nachricht  waren  es  zweimal  700,  und  viele  hatten  Herberge  in  den  Badestuben 


/f^ 


-Sfr*.-5|4. 


Abb.  38.    Darstellung  des  Planeten  Luna.    Oben  links  die  Badestube  mit  einem  Bader  und  Baderinnen. 
Holzschnitt  von  Hans  Sebald  Beham.    (1500—1550) 

genommen  626.    Es  klingt  demnach  gar  nicht  unwahrscheinlich,  wenn  in  der  „Wiletz- 
kinder  Vasnacht"  ein  Sohn  seinem  Vater  erklärt: 

„Ich  wil  wern  ein  frauenwirt 

Und  ain  padkneht,  der  lest  (zur  Ader)  und  schirt. 

So  mag  ich  paiderseit  gewin  haben"  i^. 

Nicht  ohne  Grund  schrieb  Breslau  1486  seinen  Badern  vor,  keinen  Dirnen  Aufent- 
halt zu  gewähren  210. 

Aber  auch  das  weibliche  Badepersonal  selbst  stellte  die  Dirnen,  das  männliche 


86  R-i^f  der  Bader  und  Baderinnen  im  13.  und  14.  Jahrhundert 

machte  die  Kuppler  und  nicht  nur  zwischen  jenen,  sondern  auch  sonst  nicht  gerade 

ehrbaren  Frauen,  die  zum  Bade  kamen,  und  ihren  Liebhabern.  Riberin  (Badereiberin)  war 

gleichbedeutend  mit  Hure  258  (siehe  S.  179  Zwagerin),  und  Quostenbinderin  (Person, 

welche  die  zum  Schweißbade  nötigen  Laubbüschel  anfertigt)  galt  als  Schimpfwort  259. 

Auch  in  Luthers  Schriften  tritt  die  tiefe  Verachtung  der  Baderinnen  zutage:  „Er  heißt 

mich  einen  Wechselbalg  und  Bademagds  Sohn"  und  „es  würden  zuletzt  auch  die  Bade- 

meid  wider  mich  schreiben"  i5i.    Der  Barfüßermönch  Michael  Eisenhart  in  Rotenburg 

ob  der  Tauber  sagt  1526,  die  Deutschen  hätten  um  Luthers  willen 

„Die  mutter  gots  nnd  zart  junckfrawen 
Gotslesterlich  und  unbeschayden 
Vergleicht  den  alten  badmayden"  ^27. 

Fürs  13.  Jahrhundert  hat  uns  Neithart  eine  diesbezügliche  Schilderung  hinterlassen : 

„Von  dem  vruestük  süln  wir  gan  Sich,  baderinne, 

San  dan  hinne  zuo  dem  bade;  du  besinne 

lade  wir  die  finen  vröulin  dar,  unser  gewinne, 

z'war,  die  uns  riben,  zuo  der  minne 

unt  vertriben  bereite  (ie)  dem  manne  ein  (weichez)  bette; 

unser  wile;  du  darft  niht  sorgen 

keiner  ile  umb  daz  borgen, 

dar  uz  vaste,  ane  kargen, 

e  er  raste  sich,  uf  morgen 

drinnen,  sam  ein  vürste.  so  schaffen  wir,  daz  es  wirt  eben  wette"  '^ 

Auch  Herrand  von  Wildonie  läßt  bei  dem  Kaiser  im  Bad 

„solher  wtbelin  ein  teil, 

diu  man  dl  vindet  ringe  veil" 

verweilen  438. 

Zu  Anfang  des  14.  Jahrhunderts  führt  der  König  vom  Odenwalde  unter  den  dreißig 
Ursachen,  welche  die  Leute  ins  Bad  treiben,  auch  das  Bedürfnis  zu  minnen  an.  Besonders 
berüchtigt  war  in  dieser  Beziehung  die  Badestube  zu  St.  Leonhard  in  Basel  260.  in 
diese  Zeit  fällt  die  erste  bekannte  Verordnung  gegen  die  Unsittlichkeit  in  den  Bade- 
stuben. Im  ältesten  Stadtbuch  Luzerns,  das  vor  1320  abgefaßt  ist,  verbietet  der  Rat  das 
Spielen  und  Übernachten  von  Fremden  in  den  offenen  Frauenhäusern  und  Badestuben. 
Es  durfte  keine  Frau  bei  zehn  Schilling  Buße  in  einer  Badestube  baden;  am  Mittwoch 
konnten  dagegen  zwei,  die  Ritzmanns  und  Stecken,  nur  von  Frauen  besucht  werden. 
Überschritt  ein  Mann  das  Verbot,  so  büßte  er  es  mit  einem  Pfund  und  mußte  einen 
Monat  von  der  Stadt  sein.    Wußte  der  Bader  darum,  zahlte  er  die  Buße  m. 

Ähnliche  Verordnungen  treffen  wir  in  Norddeutschland  an.  Hamburg  schrieb  1375 
vor:  „De  vrowen  scholen  baden  alle  werkeldage  van  des  morgens  beth  to  seven  tyd 
dages  sunder  man  unde  nicht  lenger.  Van  twen  tyd  dages  scholen  de  man  baden  beth 
dat  men  tho  deme  dome  vesper  luedet,  sunder  frowen  unde  nicht  lenger.  Van  vesper- 
tyd  scholen  de  vrowen  baden  beth  des  avendes  sunder  man,  mer  des  sunnavendes 
scholen  de  vrowen  nicht  mer  baden  den  van  des  morgens  beth  tho  twen  tyd  dages  unde 
nicht  lenger.    Unde  denne  scholen  de  man  allen  dagh  vortom  uthbaden."    Wer  zur 


Die  ersten  Gesetze  gegen  die  Unsitfliclikeit  in  den  Badestiiben  87 

Mannszeit  Frauen  oder  umgekehrt  oder  beide  Gesciiiechter  zusammen  baden  ließ,  iiatte 
zehn  Schilling  dem  Rate  und  fünf  dem  Handwerk  zu  geben.  „Und  were  dat  welk  badstover 
(stove  =  Stube,  Badstover  =  Badstubenhalter)  ver  werve  hir  ane  breke  binnen  eneme 
jare,  de  schall  jar  unde  dagh  uth  dem  ampte  wesen,  id  en  were,  dat  en  de  rad  begnaden 
wolde"  217.  ^,De  olden  geiofte  derStad"  Wernigerode  enthalten  folgende  diesbezügliche 
Stelle:  „Ok  umme  dat  stowen  bad  schulle  gy  wetten,  dat  de  mane  mege  baden  van  dem 
morgen  we  to  XII.  siegen  unde  de  frawen  van  Xll.  wete  to  twey;  so  moget  de  manne 
auch  baden.  Unde  de  manne  unde  frawe  schulle  nicht  to  samende  baden"  272. 

Speier  hatte  1357  zwei  Badestuben  vor  dem  „Rinburgetor",  „die  manne  bastube  vnde 
die  vrouwen  bastube  dabi  gelegen"  273. 

Das  Zusammenbaden  von  Männern  und  Frauen  hatte  schon  eine  unter  dem  heiligen 
Bonifacius  745  abgehaltene  Synode  verboten,  ebenso  das  Merseburger  Poenitiale  aus 
dem  9.  Jahrhundert  '6.  1451  erinnerten  der  Züricher  Chorherr  Felix  Hemmerlin  274  und 
148Q  der  Berner  Chorherr  Heinrich  Oundelfinqer334  wieder  daran,  daß  verheiratete 
Männer  und  Frauen,  die  mit  Leuten  anderen  Geschlechts  zusammen  badeten,  das 
Heiratsgut  verlieren  müßten.  Dringe  aber  ein  Mann  mit  Gewalt  in  die  abgesonderten 
Frauenbäder,  solle  er  mit  dem  Tode  bestraft  werden.  Der  Meistersinger  Hans  Foltz  gibt 
die  strenge  Durchführung  dieser  Beschlüsse  nur  von  einem  Bad  bei  Avignon  an: 

„der  bad  eins  für  die  frawen  ist. 

alein  der  man  das  ander  wist. 

welch  man  bat  an  der  frawen  schar 

so  bald  vnd  man  des  wirt  gewar 

sein  haupt  hat  er  on  gnad  verlorn"  ^-. 

Schon  im  14.  Jahrhundert  sollen  nach  Hingst  i83  in  Freiberg  in  Sachsen  die  beiden 
Badestuben  gesonderte  Männer-  und  Weiberbäder  gehabt  haben.  Aus  der  Taxordnung 
von  1447  geht  jedenfalls  hervor,  daß  die  Frauen  von  der  Bademayd  bedient  wurden. 
Auch  in  Baden  in  der  Schweiz  schrieb  1496  der  Rat  dem  Bader  vor,  „darzu  soll  er  denen 
frowen  nun  für  hin  ein  frowen  zuo  einer  riberin  halten"  32.  in  Basel  badeten  bis  1431 
Männer  und  Frauen  zusammen,  „das  nit  wol  loblich  und  an  manchen  Enden  eine  un- 
gehörte  Sach  ist".  Darauf  wurden  Männer-  und  Frauenbad  voneinander  abgeteilt  26O. 
1480  durften  nach  einer  Bamberger  Ordnung  Eheleute  zusammen  baden  i44.  in  Butz- 
bach in  Hessen  war  im  städtischen  Bad  gegen  Ende  des  Jahrhunderts  das  Männer- 
vom  Frauenbad  getrennt  i94  Den  Badern  wird  jedoch  auch  im  15.  Jahrhundert  kein 
besseres  Zeugnis  als  früher  ausgestellt: 

„Der  bader  und  sin  gesind  Och  kunnend  sie  wol  schaffen 

Gern  huoren  und  buoben  sind,  Mit  laigen  und  och  mit  phaffen, 

(Das  sich  wol  dik  enphind)  Die  ir  uppkait  wend  triben, 

Dieb,  lieger  und  kuppler,  Und  kunnend  die  fröwiin  zuo  in  schiben"^-!'. 

Und  wissend  alle  fremde  maer. 

In  Regensburg  sollten  die  Bader  im  15.  Jahrhundert  nach  einer  Ordnung,  die  sie  mit 
dem  Rate  machten,  fürderhin  niemanden  auf  ihrem  Handwerk  arbeiten  lassen,  „es  sey 
fraw  oder  man  auf  die  Intzigk  geen,  oder  die  von  Rwf  wegen  verarckwaingt  sint". 


Bestimmungen  gegen  Unsittlichkeit  im  16.  Jahrhundert 


Doch  wird  1509  von 
der  Stadt  Fricken- 
hausen  oberhalb  Och- 
senfurt berichtet:  „Erat 
puella  in  domo  bal- 
nearia  iavari  cupien- 
tibus  ad  serviendum 
conducta,cujus  nomen 
memoriae  non  occu- 
rit"  144 

Die  Badestube  in 
der  Borngasse  zu 
Frankfurt  a.  M.  hatte 
im  Beginn  des  16.  Jahr- 
hunderts getrennte 
Bäder  für  Männer  und 
Frauen  127^  in  Braun- 
schweig gab  es  eine 
besondere  Frauen- 
stove.  Die  Züricher 
Bader  haben  auf  ihrer 
Pergamentrolle  im 
Jahre  1503  folgende 
hierher  gehörige  Be- 
stimmung verzeich- 
net: „Item  man  sol 
ouch  kein  üppiklich 
bad  haben,  noch  nie- 
Abb.  39.  Farbige  Glasscheibe  von  1524.  Im  Besitz  von  Prof.  Rahn  in  Zürich,    mant  den  andern   zu- 

samen  weihen*  weder  er,   noch  die  sinen,   noch  nieman  von  sinen  wegen,  es  sol 

ouch  niemant  den  andern  in  kein  standen  zu  samen  lassen  sitzen,  sy  sygent  dann  eelich 

Personen,  die  züsamen  gehörent,  oder  eelich  natürlich  geboren  geschwisteryit.    Es  sol 

ouch  niemant  in  keinem  wasserbad,  in  heimlichen  wincklen  baden,  noch  in  keine  kamer 

verfüren,  damit  biderben  lüten  ire  kind  vnd  ander  die  iren  nit  geschmächt,  oder  geschentt 

werden"  243 

Wie  weit  solche  Bestimmungen  durchgeführt  wurden,  zeigen  uns  die  Bilder  dieses 

*  Den  Ausdrucl<  „welben"  erl<lärt  eine  Ratsverordnung  von  1530^'^:  „Kupplerin.  Der  Kupp- 
leren halb,  so  da  werdend  erfundenn,  das  sy  eins  bidermans  tochter  oder  Eemenschen  verkupplend, 
vffenthaltend,  ynfürend  vnnd  gwelbt  habend,  ....  der  (Burgermeyster)  sol  sy  dann  in  Wellenberg 
lassen  legen,  vnd  morndes  ein  stund  in  das  Halßysen  stellen,  vnd  jren  dann  den  Eyd  vß  vnserer 
Herren  Statt,  Gericht  vnnd  Gebiet  geben." 


Wie  weit  diese  Gesetze  befolgt  wurden 


89 


Jahrhunderts,  und  der  Züricher  Prediger  La vater  sagt  1583  in  seiner  Auslegung  des 
Buches  Esther:  „Wie  auch  das,  wenn  mann  vnnd  wyb  by  einanderen  in  einer  badstuben 
sitzend,  darwider  etliche  alte  canones  sind"  276.  Auffallend  ist,  daß  wir  nirgends  die 
Darstellung  weiblicher  Bedienung  im  Männerbad  sehen.  Wohl  werden  Frauen,  und 
zwar  vollständig  nackte  Frauen,  von  Männern  besorgt  (Abb.  39),  es  gibt  aber  auch 
Bäder,  die  nur  von  Frauen  besucht  sind,  wo  die  Baderin  das  alieinige  Personal  bildet 
(Abb.  40)  oder  als  einzige  männliche  Person  der  Schröpfer  sein  Amt  ausübt  (Abb.  72). 
Es  wurde  in  diesem  Jahrhundert  im  allgemeinen  auf  strenge  Zucht  und  Sitte  im  Bade 
gesehen.  1514  entfernten  die  Räte  und  der  Domdechant  von  Würzburg  den  Bader 
zum  Becken,  einer  Badestube,  die  mit  dem  Spital  in  Verbindung  stand.  Als  der  Fürst- 
bischof sich  des  Baders  annahm,  teilte  man  ihm  die  Gründe  der  Entfernung  mit.  Ob- 
gleich dem  Bader  bei  seiner  Annahme  eröffnet  wurde,  er  solle  die  Tür  an  der  Frauen- 
stube geschlossen  halten,  habe  er  dies  nicht  getan,  vielmehr  einige  Domherren  und 


Abb.  40.    Frauenbadstube.    Holzschnitt  von    Hans  Sebald  Beham.    (1500—1550) 


90  Der  Ruf  der  Badestuben  im  17.  Jahrhundert 

Edelleute  gegen  die  Spitalpfleger  unwillig  gemacht,  so  daß  sie  sogar  den  Pflegern  einen 
Kübel  an  den  Hals  hängen  wollten.  So  sei  es  gekommen,  daß  viele  Uneheliche  und  be- 
sonders „verleumutte"  Frauen  in  das  Bad  gerne  gingen  und  unziemliches  Wesen  trie- 
ben, so  daß  fromme  Frauen  und  anständige  Jungfrauen  gar  nicht  mehr  hingehen 
möchten  144  Auch  Ulrich  von  Hütten  sagt  1521  von  den  Domherrn:  „so  ligen  sye 
gemeynlich  am  rücken,  vnd  haben  ire  kurtzweyl  im  bad,  vnd  brassend  stets,  sitzen  da 
vnder  den  schönen  metzen,  offt  die  gantz  nacht",  und  weiter: 

„Herr  Curtisan  ich  wünsch  euch  grüß.  Kein  wurtz  man  spar,  noch  spetzerey. 

In  ewerm  hauß  ist  Überfluß.  Schadt  nit,  ob  das  schon  tewer  sey. 

Drumb  l<umm  ich  euch  zuwonen  bey.  Obs  sey  geholt  auß  India, 

Tragt  essen  trincken  auff,  seyd  frey.  Gewachsen  in  Arabia. 

Doch  erst  ein  bad  man  wörmen  sei.  Kumm  auß  der  newen  Insel  her. 

Vnd  vnser  dorinn  pflegen  wol,  Tragt  auff,  die  f ucker*  bringens  mer. 

Mit  reyben,  iuken,  warm,  vnd  kalt.  Mit  essen  drincken  schafft  ein  mut. 

Darauß  wir  gehn  zum  essen  bald.  Mit  vollem  bauch  ist  schlaffen  gut. 

Do  werd  ein  schön  pancket  gemacht.  Ob  dann  schon  ich  bin  auch  im  spil, 

Mit  großem  kosten,  reychem  pracht.  Hart  wol  sein  fug,  ist  nit  zu  vil. 

Das  were  biß  nach  mitter  nacht.  Ein  idas  wesen  hat  sein  zil. 

Do  müssen  vil  gerichten  sein.  Ich  habs  gewogt"  ^77. 
Fisch,  vögel,  wiltpret,  bir  vnd  wein. 

Eine  ähnliche  Schilderung  ist  in  den  Briefen  der  Dunkelmänner  „De  concubinariis 
ordine  tertiis"  enthalten  i44  Nach  Ryff  waren  in  etlichen  Landen  deutscher  Nation, 
vornehmlich  in  den  niederländischen  Städten,  die  Badestuben  am  meisten  „zu  an- 
reyzung  der  vnkeuscheyt  erbawen,  also  das  mehr  mütwillens  vnd  schand  darinn  geübt 
wirdt,  dann  in  offnen  Frawen  heuseren",  und  er  klagt,  daß  die  Obrigkeit  solche  Hurerei 
öffentlich  zuläßt  4S.  Ein  Kupfer  de  Brys  von  ca.  1600  zeigt,  daß  es  in  den  niederlän- 
dischen Barbierstuben  nicht  besser  zuging  244. 

Im  17.  Jahrhundert  eifert  der  steirische  Physikus  Guarinonius  gegen  die  Badestuben. 
Anständige  Leute  ließen  ihre  Töchter  nicht  in  diese  gehen.  Dort  seien  zwar  durch 
dünne  Wände  Männer  und  Weiber  voneinander  geschieden,  der  obere  Teil  aber,  um 
Holz  zu  sparen,  gegattert,  so  daß  jeder  beim  Besteigen  der  oberen  Bänke  nach  der 
anderen  Seite  sehen  könnte.  Man  lasse  auch  die  Tür  offen  stehen  zum  Ein-  und  Aus- 
gehen der  Bader  und  „Schandknecht".  Diese  träten  nackend  vor  Weiber  und  Jung- 
frauen, und  wenn  sie  auch  mit  der  Niderwad  bedeckt  seien,  ließen  sie  diese  öfter  schein- 
barzufällig entfallen.  Auch  ließen  sie  Liegestätten  zu  unter  dem  Verwände,  nach  dem  Bade 
zu  ruhen  und  zu  schlafen  (Abb.  41).  Sie  hielten  Metzen  und  Baddirnen,  welche  die  Baden- 
den reiben,  zwagen  und  zur  Üppigkeit  anreizen  täten.  So  sei  das  Päperle-Bad  zu  N.  in 
Böhmen  durch  ganz  Österreich  verschrien  gewesen  '34  Diese  letzte  Bemerkung  zeigt 
aber,  daß  die  Unsittlichkeit  doch  auf  einzelne  Bäder  beschränkt  war.  Ja  Guarinonius' 
scharfe  Verurteilung  der  Bäder  erscheint  in  einem  eigentümlichen  Lichte,  wenn  man 
weiter  von  ihm  erfährt,  daß  auch  das  Baden  im  eigenen  Hause  wegen  der  dazu  nötigen 
Entkleidung  unsittlich  sei.  Einige  fromme  Leute  hätten  nie  gebadet,  nicht  zum  Schaden 
*  Fugger,  augsburgisches  Handelsgeschlecht. 


Der  Ruf  einzelner  Bäder  im  18.  und  19.  Jahrhundert 


91 


ihrer  Gesundheit,  im  Gegenteil,  sie  hätten  sich  besser  dabei  befunden.  Aber  auch  bei 
Philander  von  Sittewald  findet  sich  (Vorrede  von  1664)  folgende  Stelle:  „Andere 
giengen  in  das  Bad  warumb?  darumb,  daß  sie  wollten  schräpffen  lassen:  Aber  zu 
höchstem  ihrem  mißfallen  hat  man  vor  kurtzem  löblich  verordnet,  daß  die  Mannsleute, 
denen  zu  Ehren  offt  dergleichen  Badgeldt  spendieret  worden,  in  andere  Zimmer  zu 
baden  sollen  angewiesen  werden :  Vnd  derowegen  nicht  ohne  vrsach  ist  daß  dise  arme 
Weibriger  ietzund  so  Maulhenckolisch  da  in  gedancken  ligen,  vnd  so  traurig  da  sitzen, 
als  wolten  sie  den  Banck  durchschwitzen"  ^e.  Noch  im  18.  Jahrhundert  weist  eine 
Gothaische  Ordnung  die  Obrigkeiten  an,  fleißig  Aufsicht  zu  üben,  daß  in  den  gemeinen 
Badestuben  die  Orte,  wo  die  Manns-  und  Weibspersonen  baden,  genügend  unter- 
schieden werden,  weil  dort  zuweilen  viel  Üppigkeit  vorzugehen  pflegt  242  Gegen  Ende 
des  18.  Jahrhunderts  waren  in  Bern  die  Mattenbäder  übel  beleumdet  253^  und  1832 
schreibt  Rüsch,  man  habe  vor  einigen  Jahren  jene  Venustempel  geschlossen,  ihr  Ruf 
sei  aber  auf  die  Aarzihlebäder  übergegangen  88. 

Ich  glaube,  daß  die  in  älteren  Zeiten  bestehende  Unehrlichkeit  der  Bader  ihren  Grund 
darin  hatte,  daß  die  Hefe  des  Volkes  zu  ihren  Angestellten  zählte.  In  Augsburg  und 
Umgebung  wurden  durch  eine  Urkunde  von  1365  einige  Bader  und  Scherer  als  aus  der 
Leibeigenschaft  losgekauft  erklärt  46  Die  frühere  Leibeigenschaft  kann  aber  nicht  Grund 
zur  Unehrlichkeit  gewesen  sein,  wir  treffen  sie  auch  bei  anderen  durchaus  ehrlichen 


Abb.  41.    Darstellung   eines  nach  Art  der  Badestuben  betriebenen  Mineralbades.    Holzschnitt  von 
Hans  Sebald  Beham.    (1500—1550) 


Q2  Die  Unehrlichkeit  /  Recht-  und  Wehrlosigkeit  der  Bader 

Handwerken  an.  Einzelne  Badestuben  waren  Eigentum  oder  Lehen  vornehmer  Familien. 
Das  steht  scheinbar  nicht  in  Einklang  mit  der  Unehrlichkeit  der  Bader  und  hat  zu  der 
irrtümlichen  Angabe  geführt,  manche  Bader  seien  vornehme  Herren  gewesen.  Bischof 
oder  Bader  heißt  aber  alles  oder  nichts  ^si.  Nach  einem  165Ö  von  Herzog  August  dem 
Jüngern  zu  Braunschweig-Lüneburg  für  Burchhard  von  Bortfeld  ausgestellten  Lehns- 
briefe war  dessen  Familie  im  Mannsstamme  „von  alten  Zeiten  her  mit  einem  Stoben 
auf  St.  Ulrichs  Kirchhofe"  in  Braunschweig  belehnt  279.  in  Frankfurt  a.  M.  waren  einige 
Badestuben  Eigentum  vornehmer  Familien  127^  in  Ulm  besaß  ein  reicher  Großkaufmann 
Ott  Ruland  1448  eine  solche  284  in  Baden  im  Aargau  hatten  im  14.  und  15.  Jahrhundert 
die  Herren  von  Rümlang  das  Schröpf-  und  Scherrecht  als  Lehen  von  den  Herzogen  zu 
Österreich  32  Diese  verpachteten  wohl  sämtlich  (was  auch  bei  einigen  angegeben 
wird)  ihre  Badestuben  bezw.  Rechte  an  Bader,  wie  sich  ja  auch  vornehme  Geschlechter, 
z.  B.  die  gefürsteten  Grafen  von  Henneberg  und  die  Grafen  von  Pappenheim  mit  den 
Einkünften  der  Frauenhäuser  belehnen  ließen  i39  ohne  selbstverständlich  ihre  Familien- 
mitglieder dort  tätig  sein  zu  lassen.  Durch  die  Einnahmen  aus  dem  unsauberen  Hand- 
werke eriitt  ihr  Ansehen  keine  Einbuße,  wenn  auch  die  öffentlichen  Frauen  tief  ver- 
achtet waren. 

So  konnten  auch  vornehme  Leute  Inhaber  von  Badestuben  sein ;  die  im  Baderberufe 
tätigen  Personen  waren  doch  unehrlich.  Da  die  Scherer  aus  den  Badestuben  hervor- 
gingen, erscheint  es  nicht  wunderbar,  wenn  auch  sie  mit  dem  Makel  der  Unehrlichkeit 
behaftet  waren,  sonst  bietet  sich  kein  Anhalt  dafür. 

Wir  sahen  die  Bader  schon  in  Gemeinschaft  mit  allerlei  fahrendem  Gesindel.  Sie 
werden  diesem  in  rechtlicher  Beziehung  auch  gleich  bewertet.  „Pfifer,  püker,  videler, 
Singer,  Springer,  und  koukeler,  lezer,  scherer,  beder"  gehören  nach  der  Göditzer  Glosse 
zum  Sachsenspiegel  zu  den  Spielleuten  3  und  denen,  die  Gut  für  Ehre  nahmen  und 
sich  für  Geld  zu  eigen  gaben,  denen  der  Sachsenspiegel  kein  Wehrgeld  zubilligte,  son- 
dern nur  die  Rache  am  Schatten  des  Gegners.  Daraus  erklärt  sich  auch  das  Verbot  des 
Waffentragens.  „Es  ensal  kein  Beder,  Scherer,  noch  ire  gesynde  tragen  schwert,  Scher- 
messer, noch  andere  wher  wider  zu  wein,  noch  zu  Byer,  noch  niergen  in  der  stad", 
heißt  es  im  Erfurter  Zuchtbrief  von  1351  "5  und  in  den  Statuten  aus  der  Stadt  Halle 
aus  der  ersten  Hälfte  des  15.  Jahrhunderts  285;  „Ouch  wilkorn  wir,  das  gernde  leute, 
spelleute,  scherer',  bedere,  vnd  ore  knechte  nyrkeyne  were  tragen  sollen,  messere  noch 
swert,  bey  funff  Schillingen"*.  Die  älteste  Rigaer,  1252  gegründete  Gilde  des  heiligen 
Kreuzes  und  der  heiligen  Dreieinigkeit  untersagte  die  Aufnahme  von  Webern,  Bad- 
stubern  und  deren  Angehörigen  i93  und  die  Ladung  derselben  zu  den  Gildemahlen  16. 
In  Prag  konnten  Bader,  Bartscherer,  Pfeifer  und  Musikanten  im  15.  Jahrhundert  nicht 

*  Mir  scheint  unter  Berücksichtigung  des  Obigen  folgende  Angabe  bei  Jäoer  über  die  Ulmer 
Verhältnisse  auf  einem  Irrtum  zu  beruhen.  1513  gab  der  Rat  das  Tragen  der  langen  Wehren  gänz- 
lich frei.  Ein  späterer  Versuch,  dies  Gesetz  zurückzunehmen,  mißlang,  weil  man  die  Apotheker  und 
Bader  ausnehmen  wollte  und  die  übrigen  Bürger  sich  diese  Bevorzugung  nicht  erklären  konnten 
(Chron.  Veit  Martaller)  ^o. 


Ausschluß  der  Baderskinder  von  ehrlichen  Handwerken  93 

Mitglieder  des  Rates  werden  '6.  Zünfte,  namentlich  vornehme,  verschlossen  Baders- 
kindern die  Erlernung  ihres  Handwerks,  so  die  Lakenmacher  in  Braunschweig  (14.  bis 
16.  Jahrhundert),  deren  Statuten  verlangten,  der  Aufzunehmende  solle  von  Vater  und 
Mutter  echt  und  recht  geboren,  deutsch  und  nicht  wendisch,  nicht  eines  Zöllners, 
Müllers,  Leinewebers,  Baders,  Barbiers  oder  Schäfers  Sohn  sein  278  1472  und  1525 
mußte  der  Rat  von  Hamburg  einigen  Goldschmiedegesellen  behufs  ihrer  Aufnahme  in 
Köln  bescheinigen,  daß  keiner  von  ihnen  sei,  „Bartscherers,  noch  Badstövers,  noch 
Linnenwebers,  noch  Spielmanns  Kind"  220.  in  Geburtsbriefen  wird  deshalb  öfters  die 
Nichtabstammung  von  Badern  und  neben  den  schon  genannten  Berufen,  auch  von 
Bütteln,  Pferdeschindern,  Henkern  und  anderen  dergleichen,  „dy  man  nicht  pflegt  vf 
redeliche  hantwerger  zu  nemen",  bezeugt,  so  1431  und  1443  vom  Abt  von  Altenzella  '6 
Einen  Geburtsbrief,  der  den  Anforderungen  der  Braunschweiger  Lakenmacher  ent- 
sprach, stellte  noch  1660  die  Stadt  Gronau  an  der  Leine  im  Stift  Hildesheim  aus  242. 

Ja  man  bezeugte  nicht  nur  dem  Ehrlichen  seine  Ehriichkeit,  sondern  vermerkte  in 
den  Taufbescheinigungen  dem  Unehrlichen  in  einer  besonderen  Klausel  seine  Unehr- 
lichkeit. Über  diese  beschwerten  sich  „sehr  beweglich"  die  Barbiere,  Bader  und  Lein- 
weber bei  dem  Herzog  August  dem  Jüngeren  von  Braunschweig,  da  sie  ihren  Kindern 
bei  der  Edernung  zünftiger  Handwerke  hinderiich  sei.  Infolgedessen  hob  sie  der  Her- 
zog 1650  für  Barbierer,  1652  für  alle  übrigen  durch  einen  Befehl  auf  279. 

1652  attestierte  der  Rat  zu  Hamburg  dem  Amt  der  Bader  auf  dessen  Bitte  hin,  daß 
die  Bader  und  deren  Kinder  daselbst  zu  allen  ehriichen  Handwerken,  Zünften  und 
Ämtern  zugelassen  würden,  daß  bloß  wegen  dessen,  daß  er  ein  Bader  oder  eines  Baders 
Sohn  sei,  niemand  von  Ämtern  usw.  ausgeschlossen  werden  möge  217.  Nach  Sach 
mußte  der  Rat  noch  1728  den  Badern  ihre  Ehriichkeit  den  Zünften  (wohl  auswärtigen) 
gegenüber  bezeugen  is 

Man  sieht,  wie  fest  der  Begriff  der  Unehriichkeit  mit  dem  Baderhandwerk  verbunden 
war.  Schon  1406  hatte  Kaiser  Wenzel,  der  wegen  seiner  1393  erfolgten  Rettung  aus 
der  Gefangenschaft  der  böhmischen  Stände  zu  Prag  durch  die  Bademagd  Susanne  den 
Badern  sehr  geneigt  war,  diesen  1406  einen  nach  Schlosser  übrigens  gefälschten  „herr- 
lichen und  ehrlichen  Brieff"  gegeben;  „darinnen  er  das  Bader-Handwerck  allen  anderen 
Handwercken  gleich  gemacht  und  ihr  Handwerck  und  Dienste,  so  sie  Königen,  Fürsten, 
Herren,  Rittern  und  aller  Stände  Personen  zu  leisten  pflegen,  vor  ehrlich  und  rein  ge- 
sprochen; daneben  allen  Juden,  Heyden  und  anderen  Unchristen  oder  berüchtigten 
Leuten  verboten,  daß  sie  nicht  alleine  die  Badstuben  sondern  auch  der  Bader  Wohnunge 
nicht  besuchen  und  dieselbige  meiden  sollen.  Aber  das  solle  sich  niemand  vorsetzlich 
unterstehen,  die  Bader  zu  schmähen  oder  etwas  wider  ihre  ehriiche  Dienste  zu  reden. 
Dafern  aber  jemands  ihnen  oder  ihrem  ehriichen  und  reinlichen  Handwercke  zu  Nach- 
theil und  Verkleinerung  etwas  muthwillig  reden  würde,  derselben  jeglicher  solle  ohn 
alle  Gnade  in  des  gegenwärtigen  oder  zukünfftigen  Königs  von  Böhmen  Zorn  und  Un- 
gnade fallen,  seines  Kopffs  veriustig  und  alles  sein  beweglich  und  unbeweglich  Gut 


94 


Außiebung  der  Unehrlichkeit  der  Bader 


von  Rechtswegen  an  die  Ältisten  des  Bader-Handwercks,  so  dazumal  seyn  würden, 
verfällig  seyn,  welches  sie  an  ihres  Handwercks  gemeinen  Nutz  und  Frommen  anzu- 
wenden schuldig  seyn  solten.  Daneben  hat  ihnen  gemeldter  König  aus  Gnaden  ver- 
liehen, daß  sie  sich  allesamt  dieses  Wapens  gebrauchen  solten,  als  nemlich :  In  einem 
güldenen  Schilde  eine  blaufarb  knotenweise  gebundene  Binden  führen,  darinnen  in  der 
mitten  ein  grüner  Papagei  stehen  solle  (Abb.  42).  Dessen  allen  zu  Zeugnuß  hat  der  König 
zu  diesem  Brieff  seine  Majestät  in  weißem  Wachse  mit  eigener  Hand  angehengt  und  auf 
rothem  Wachse  sein  Secret,  darinnen  eine  Baderin  im  Bade-Kittel,  welche  am  lincken 
Arm  einen  Wasser-Kübel  hengende  und  in  der  rechten  Hand  einen  grünen  Quast  hält, 
ausgegraben  (Abb.  65),  aufgedrückt  etc."  286. 

Die  Reichspolizeiordnungen  von  1548 
und  1577  mußten  von  neuem  den  Zünften  ge- 
bieten, der  Bader  und  anderer  verachteter 
Handwerksleute  Kinder,  wenn  sie  sonst  eines 
ehdichen  Herkommens,  Handelns  und 
Wesens  seien,  aufzunehmen,  was  1Ö89  von 
Leopold  1. 16  und  später  in  Sachsen-Ootha 
wiederholt  wurde  242.  Die  Gräflich  Schwarz- 
burgische Badeordnung  im  Amt  Gehren  be- 
strafte noch  im  18.  Jahrhundert  die  Beleidi- 
gung der  ganzen  Baderzunft  242.  Die  Un- 
ehrlichkeit der  Bader  übertrug  sich  nicht  nur 
auf  die  männlichen,  sondern  auch  auf 
die  weiblichen  Nachkommen.  Kein  Hand- 
werksmeister oder  Geselle  durfte,  wenn  er 
nicht  seine  Zunftmitgliedschaft  gefährden 
wollte,  eines  Baders  Tochter  heiraten.  Üb- 
rigens zeigt  sich  an  manchen  Orten  keine 
Binde  und  der  grüne  Papagei  (Eisvogel),  das    Spur   von    einer    Unehrlichkeit    der    Bader, 

von  Wenzel  den   Badern   verliehene  Wappen,  .       ,-       ij     i  \^   ^o^  u    v.^^r-r,^ 

,,       .,       uu-  i-    ■   A     f  xvT       1         so    m    Frankfurt  a.  M.  127     nach  Zappert 
vi^elches  sich  auch  häufig  in  den  für  Wenzel  an-  ..  ' 

gefertigten  Bilderhandschriften  findet.  in  Österreich  >6.    In  Augsburg  heiratete  1525 

Nach  VON  Schlosser.  Dr.  FROST,  der  sechs  Jahre  zu  St.  Anna  Prior 

der  Karmeliter  gewesen  war  und  Augsburgs  erster  lutherischer  Prediger  wurde,  eines 
armen  Badereibers  Tochter,  und  sind  „vil  erbarer,  reicher  leut  auff  seiner  hochzeit  ge- 
wessen, trauen  und  mann"2so.  in  Hamburg  bildeten  die  Bader  1375  eine  anerkannte 
und  bestätigte  Zunft.  Ihre  Mitglieder  genossen  des  Waffenrechts,  und  dem  erbange- 
sessenen Badermeister  war  der  Besuch  der  bürgedichen  Konvente  ebensowohl  gestattet, 
wie  jedem  Haus  und  Erbe  besitzenden  Bürger  220.  Auch  in  Würzburg  finden  wir  die 
Bader  bei  der  Aufbeschwörung  und  dem  Vertrag  aller  Handwerke  mit  dem  Rat  1373 
vertreten  144    Als  Zürich  1336  die  BRUNsche  Verfassungsänderung  annahm  und  es  zur 


Abb.  42.  „Prager  Entlein"  an  dem  vom  König 
Wenzel  vollendeten  Altstädter  Brückenturm  in 
Prag.    Die    blaufarb   knotenweise    gebundene 


Verhalten  der  ehrlichen  Bader  gegen  unehrliche  Handwerke  95 

Bildung  der  bis  dahin  verbotenen  Zünfte  kam,  wurden  Bader  und  Scherer  mit  Schmieden, 
Schwertfegern,  Kannengießern,  Glockengießern,  Spenglern  und  Waffenschmieden,  also 
den  angesehensten  Handwerken  in  einer  Zunft  untergebracht.  Nur  die  „Uffbisewer" 
und  Kammacher  waren  nicht  zünftig  281.  Die  Bader  genossen  damit  zu  den  städtischen 
Ämtern  aktives  und  passives  Wahlrecht.  1337  bestätigte  Kaiser  Ludwig  die  neue  Ord- 
nung 2S7.  Doch  zeigt  sich  auch  hier  ein  Anklang  an  die  Mißachtung  der  Bader  und  der 
mit  ihnen  seit  14Q0  zu  einer  Gesellschaft  innerhalb  der  Zunft  vereinigten  Scherer.  1655 
hatten  die  Messerschmiede  in  Basel  die  Heirat  eines  ihrer  Mitglieder  mit  eines  Barbiers 
ehelicher  Tochter  als  an  ihren  Ehren  nachteilig  erklärt,  was  zu  einem  „Schimpf-  und 
Scheitungshandel"  führte.  Den  gleichen  Lärm  erhoben  die  Meister  Messerschmiede  in 
Zürich  bei  Anlaß  einer  gleichen  Heirat.  Der  daran  anschließende  „kostliche  Prozeß" 
fand  erst  1658  durch  Vergleich  ein  Ende,  wie  es  scheint  durch  Vermittelung  der  Zünfte 
von  Frankfurt  a.  M.  und  Nürnberg.  1668  hatten  die  Bader  wieder  einen  Handel  mit  den 
Messerschmieden,  in  dem  sie  von  den  Scherern  mit  fünfundzwanzig  Schilling  aus  der  Ge- 
sellschaftskasse unterstützt  wurden.  Die  Scherer  dünkten  sich  wieder  mehr  als  die  Bader. 
1684  hatte  ein  Geselle,  der  bei  einem  Landmeister  zum  Scherer  und  Bader  zugleich  heran- 
gebildet war,  das  Wörtchen  Bader  in  seinem  Lehrbrief  ausgekratzt.  Die  Meister  Scherer 
erklärten,  ob  dieser  Frechheit  nicht  wenig  verwundert  zu  sein,  aber  hundert  Jahre  später 
(1762)  gaben  auch  sie  ihre  Mißachtung  der  Bader  offen  kund.  Man  wollte  den  Ob- 
mann der  Bader  bei  Zusammenkünften  und  Mahlzeiten  nicht  am  Tisch  der  Vorgesetzten 
sitzen  lassen,  weil  ein  geschworener  Meister  der  Scherer  allezeit  mehr  geachtet  werde 
denn  ein  Obmann  der  Bader.  Man  einigte  sich  schließlich  dahin,  daß  der  Bader  Ob- 
mann über  den  jüngeren  geschworenen  Meistern  der  Scherer  sitzen  solle,  aber  nur  bis 
zur  Mitte  vorrücken  dürfe  243. 

Wo  Bader  und  Scherer  ehrlich  waren,  verhielten  sie  sich  den  Unehrlichen  gegenüber 
ebenso  schroff  ablehnend  wie  die  übrigen  Handwerke.  Fast  zur  selben  Zeit,  als  die 
Messerschmiede  in  Zürich  den  Scherern  ihre  Mißachtung  ausdrückten,  verweigerten 
diese  (1658)  die  Aufnahme  des  Sohnes  eines  losgekauften  Scharfrichters  in  ihr  Hand- 
werk. Sogar  Meister  und  Gesellen  von  Straßburg  legten  memoria  ein.  Der  junge  Vol- 
mar,  nun  Steinfels  genannt,  wurde  aber  1665  auf  Ratsbeschluß  zum  Examen  zuge- 
lassen 243.  In  Würzburg  erschien  am  19.  März  1495  das  ganze  Baderhandwerk  vor  dem 
Rate  und  klagte,  daß  zu  einer  Hochzeit,  welche  ein  Knecht  ihres  Handwerks  gehalten, 
der  Scharfrichter  gekommen  sei  und  sich  zwischen  Bräutigam  und  einen  anderen  Knecht 
gesetzt  habe.  Deshalb  baten  sämtliche  Zunftmitglieder,  damit  Ehrbarkeit  und  Zucht  er- 
halten bleibe,  dem  Bräutigam  das  Handwerk  zu  verbieten.  Dieser  verteidigte  sich  je- 
doch, er  habe  den  Scharfrichter  nicht  eingeladen,  dieser  sei  als  Nachbar  seines  Weibes 
von  selbst  gekommen  und  habe  sein  eigenes  Essen  mitgebracht.  Auch  sagte  er,  er 
müsse  den  Scharfrichter  baden,  scheren  und  stehe  sonst  noch  im  Verkehr  mit  ihm. 
Trotz  dieser  Einrede  wurde  der  Bräutigam  mit  ein  Pfund  Wachs  und  ein  Achtel  Wein 
bestraft  i44 


96  Die  Bader  als  Trinker  und  Schwätzer 

Sehen  wir  von  der  Unehrlichkeit  der  Bader  ab,  so  hatten  sie  auch  aus  anderen 
Gründen  keinen  besonders  guten  Ruf.  Sie  galten  im  allgemeinen  als  Trinker.  Bei 
Stieler  heißt  es : 

„Er  izzet  als  ein  mäder  (Mäher) 
und  trinket  als  ein  bader"  '^i^ 

und  Abraham  a  Santa  Clara  sagt  1711:  „Sie  können  sich  in  das  Fasten  weniger 
schicken,  als  David  in  den  Harnisch  des  Saul.  Es  kommt  mancher  ganz  roth  im  Gesicht 
nach  Haus,  daß  man  vermeinte,  er  hätte  sich  mit  Zinnober  gebadet,  es  war  aber  nur  ein 
Safft  vom  Oktober"  288.  Auch  Goethe  spricht  von  einem  versoffenen  Bader  'si.  Sogar 
die  Hüterin  trinkt  nach  des  Teufels  Netz  „och  gern  guoten  win"24i.  Die  1754  noch 
gültige  gräflich  schwarzburgische  Baderordnung  für  das  Amt  Gehren  ermahnte  die 
Bader,  sich  neben  der  Gottesfurcht  auch  der  Nüchternheit  zu  befleißigen,  damit  niemand 
der  chirurgisch  Behandelten  durch  Unfleiß  und  Trunkenheit  verwahrlost  werde  242  Man 
darf  deshalb  nicht  verwundert  sein,  wenn  §  11  in  den  Statuten  der  Züricher  Bader  von 
1604  lautet:  „Zum  einlifften.  sol  einer verstendigen Person  danüdtfürgeschribensyn"24o. 

Eine  Verordnung  des  Rats  zu  Ulm  von  1379,  die  bis  1538  in  Kraft  blieb,  kennzeichnet 
die  Bader  als  recht  leichtsinniges  Volk.  Es  wurde  den  Badknechten  untersagt,  das  zur 
Unterstützung  Dürftiger  in  die  Zunftbüchse  gelegte  Geld  nicht  mehr  wie  früher  bei 
Höfen,  Gastereien  und  Fastnachtsschimpfen  zu  verzehren  so.  Auch  in  Zürich  hatten 
Bader  und  Scherer  1490  nach  ihrer  Abtrennung  von  der  Schmiedezunft  nichts  eiliger  zu 
tun,  als  das  ihnen  ausgezahlte  Geld  unter  sich  zu  verteilen.  Der  Rat  forderte  aber  die 
Wiederaufbringung  des  Gesellschaftsgutes  und  bestrafte  die  anführenden  Übeltäter 
noch  besonders  289. 

Die  Geschwätzigkeit  der  Bader  ist  allgemein  bekannt.  „Und  wissend  alle  fremde 
maer",  sagt  schon  des  Teufels  Netz  24i.  Der  Ausdruck  Salbadern,  viele  und  unnütze 
Worte  reden,  soll  nach  Adrian  Beyers  Architectus  Jenensis  (1681)  von  dem  Bader  an 
der  Saale  in  Jena,  dem  Saalbader,  hergenommen  sein,  „der  albern  Possen  auf  die 
Bahn  brachte"  282.  Eine  andere  Erklärung  läßt  Salbadern  mit  Seelenbad  in  Zusammen- 
hang stehen  (siehe  S.  194). 

In  Würzburg  wurden  die  Badknechte  von  der  Obrigkeit  auf  die  Handwerksgesetze 
verpflichtet.  Trotzdem  treffen  wir  einige  Male  Auflehnungen  gegen  die  Meister  im  15. 
Jahrhundert  an.  1457  wurden  sechs  Baderknechte  gefangen  gesetzt,  die  etlichen  Meistern 
vor  die  Häuser  gegangen  waren  und  die  Badknechte  herausgefordert  hatten.  1462  hatte 
Eberhard  Ludwig,  ein  Schererknecht  zum  „Becken",  der  Badestube  des  Spitalmeisters, 
alle  anderen  Badknechte  Gelübde  ablegen  lassen,  worauf  alle  aus  der  Stadt  gezogen 
waren.  Er  wurde  abwesend  verurteilt,  später  aber  gefangen  genommen  und  ins  Loch  ge- 
legt, um  auch  den  anderen  Handwerksgesellen  Furcht  zu  machen.  Ihm  war  schon  früher 
das  Betreten  der  Stadt  Kitzingen  verboten  worden,  weil  er  auch  dort  dem  Handwerk  „treu- 
los" geworden  war.  Nach  Verbüßung  einer  Strafe  wurde  er  aus  Würzburg  verbannt  i44. 

Nach  meiner  Ansicht  deckten  sich  ursprünglich  Bader-  und  Schererberuf.    Da  aber 


Trennung  von  Bader-  und  Schererberuf  (yj 

die  Badestuben  auf  eine  bestimmte  Zahl  beschränkt  waren,  der  Kauf  und  Betrieb  einer 
solchen  große  Mittel  erforderte,  übte  ein  Teil  der  Bader,  falls  sie  nicht  lebenslang  Ge- 
sellen bleiben  wollten,  das  Handwerk,  Scheren,  Schröpfen,  Aderlassen  und  Wund- 
behandlung ohne  die  eigentliche  Baderei  aus,  das  waren  die  Scherer.  Wir  finden  des- 
halb in  früheren  Zeiten  ohne  weiteres  die  Übernahme  eines  Bades  durch  einen  Scherer. 
In  Zürich  hatte  von  13Ö9— 70  Hans  Scherer  von  Straßburg  die  Badestube  an  der  Linggi- 
Gasse  inne^^s^  in  Jena  die  vor  dem  Saaltor  13ÖQ  ein  „rasor"290.  |m  15.  und  16.  Jahr- 
hundert kam  dies  in  den  süddeutschen  Mineralbädern  öfters  vor.  Aber  auch  schon  13Q7 
erhielt  in  Bad  Enggisstein  (Kanton  Bern)  Hans  Scherr  von  Worb  als  Erblehen  die 
„Taferne",  „datz  er  besorgen  soll  datz  bhad  und  8  Bhadkammern  yn  richten"  90. 

Erst  als  die  Handwerke  in  ihren  Ordnungen  die  Befugnisse  eng  umgrenzten  und  sich 
gegenseitig  zu  befehden  anfingen,  traten  an  zahlreichen  Orten  Scherer  und  Bader  einander 
schroff  gegenüber,  selbst  dann,  wenn  sie  zu  einer  Zunft  gehörten.  Die  Badergesellen 
durften  nicht  mehr  eigenmächtig  ihrem  Berufe  nachgehen,  in  Ulm  wurde  den  nicht 
zünftigen,  d.  h.  den  nicht  bei  einem  Meister  in  Arbeit  stehenden  1470  jede  Tätigkeit  ver- 
boten 215.  Sie  durften  nur  noch  im  Auftrage  eines  Meisters  arbeiten.  Die  Badermeister 
und  noch  öfter  die  Scherer  erhoben  unerbittlich  Einspruch  gegen  die  unerwünschte 
Konkurrenz.  Auch  durfte  kein  Scherer,  der  nicht  Bader  zugleich  war,  eine  Badestube  über- 
nehmen. In  Zürich  wurde  jedoch  dem  Scherer  die  Übernahme  eines  Bades  leicht  gemacht. 
Er  kaufte  sich  bei  der  Baderlade  ein,  und  damit  wurde  der  Scherer  Bader.  „Wenn  einer 
nur  eine  Badstubengerechtigkeit  hat",  heißt  es  vorwurfsvoll  in  einer  Eingabe  an  den 
Züricher  Rat  im  18.  Jahrhundert,  „so  machen  die  Bader  gegen  Gebühr  jemanden  in 
einer  und  der  gleichen  Minute  zum  Jungen,  Gesellen  und  Meister"  243  Die  Wiener 
Bader  verlangten  jedoch  1625  vom  Barbierer,  wenn  er  das  Baderecht  erlangen  wollte, 
daß  er  das  Handwerk  erlernt  habe  und  wenigstens  drei  Jahre  darauf  gewandert  sei,  was 
Kaiser  Leopold  I.  1665  bestätigte  1 6. 

Darauf  haben  wohl  Beschlüsse  von  1740  und  1750  der  Züricher  Gesellschaft  zum 
schwarzen  Garten  (die  Scherer  und  Bader  umfaßte)  Bezug.  Es  sollten,  um  mit  dem 
Reich  nicht  in  Streit  zu  kommen,  die  Lehrbriefe  der  Knaben,  welche  auf  dem  Lande 
Scherer  und  Bader  zugleich  gelernt  hatten,  nicht  mehr  von  den  Scherern  allein  ausge- 
stellt werden,  sondern  auch  von  den  Badern,  weswegen  sie  sich  in  Zukunft  auch  bei 
deren  Lade  und  nicht  nur  bei  der  der  Scherer  einkaufen  mußten.  Tatsächlich  war  vor- 
her ein  solcher  von  den  Scherern  ausgestellter  Scherer-Bader-Lehrbrief  von  den  Badern 
in  Wangen  beanstandet  worden,  was  einen  Sturm  von  Entrüstung  bei  den  Züricher 
Scherern  hervorgerufen  hatte,  „sintemal  noch  alle  von  ihnen  gegäbene  Lehrbrief  nit 
allein  durch  das  ganze  römische  Reich,  sondern  in  allen  Orten,  durch  das  gantze  Teutsch- 
land passiert  seyen"  243 

Das  sind  die  wenigen  Fälle,  in  denen  die  Bader  den  Spieß  gegen  die  Scherer  kehrten, 
sonst  sind  sie  in  dem  unausgesetzten  Kampfe,  der  zwischen  den  beiden  Bruderhand- 
werken bestand,  die  Angegriffenen  gewesen. 

Martin,  Badewesen  7 


98 


Die  Bader  und  die  innere  Medizin 


Abb.    43.      Badestube    zu    Heilzwecken    (Kräuterbadstube).      Holz- 
schnitt aus:  Eyn  new  Badenfart  von  L.  Friessen.  Straßburg,  M.Jacob 
Cammer.    ca.  1540. 


Im  Mittelalter  waren 
die  innere  Medizin,  die 
höhere  Chirurgie  eine 
freie  Kunst.  Was  dem 
landfahrenden  Arzte  zu- 
stand, war  dem  Bader 
nicht  verweigert.  Innere 
Krankheiten  wurden  in 
Badestuben  behandelt. 
Dafür  sprechen  die  Kräu- 
terbäder, die  man  in 
diesen  bis  in  die  neueste 
Zeit  verabreichte ,  die 
Schwitzapparate,  die  dort 
aufgestellt  waren  (Abb. 
43).  Die  Badestube  er- 
scheint sogar  einmal  als 
Krankenhaus.  1491  baten 
die  Bürger  zu  Würzburg  den  Rat,  um  Gottes  willen  einen  armen  Mann,  welcher  alt,  krank 
und  unvermöglich  sei,  sich  Almosen  zu  betteln,  ins  Spital  aufzunehmen,  derselbe  sei  auch 
vier  Wochen  in  der  Badestube  gelegen  i44  Daß  der  Bader  bei  Kuren  innere  Mittel,  nament- 
lich die  vor  jeder  Badekur  notwendigen  Abführmittel  reichte,  ist  anzunehmen.  1553  be- 
stimmten Bürgermeister  und  Räte  zu  Zürich,  daß  den  Apothekern  nach  Ablegung  des 
Eides  vorgelesen  werden  solle,  starke  Abführmittel  nicht  an  jedermann  zu  verkaufen 
und  das  rechte  Gewicht  zu  beachten,  namentlich  „Scammonea,  ein  safft,  welchen 
M.  Jakob  Jeger,  Bader  vf  Dorf  vil  brucht  hat"  283. 

Als  die  Verabreichung  innerer  Mittel  ausschließlich  den  studierten  Ärzten  als  Recht 
zugestanden  wurde,  verbot  man  überall  den  Badern,  auch  Scherern  und  Chirurgen,  Ab- 
führmittel anzuwenden,  oder  gestattete  ihnen  nur,  sie  auf  ärztliche  Verordnung  zu  reichen. 
Wundtränke  waren  erlaubt.  Anders  verhielt  es  sich  mit  der  höheren  Chirurgie.  Als  diese 
den  Marktschreiern  entrissen  wurde,  verblieb  sie  in  einem  Teile  Deutschlands  Badern 
und  Scherern  gemeinsam,  ebenso  die  Behandlung  frischer  Wunden.  In  Konstanz  2i9 
Breslau  210  waren  im  15.  Jahrhundert,  in  Wien,  Berlin,  Köln  an  der  Spree  29i,  Augsburg, 
Nürnberg  im  16.,  in  Ulm  1653  235^  in  Württemberg  1651292  dje  Bader  den  Scherern 
vollkommen  gleichberechtigt.  Meist  wurde  zur  Ausübung  der  Chirurgie  die  Ablegung 
einer  Prüfung  neben  einem  Meisterstück,  das  in  der  Regel  in  Anfertigung  von  Salben 
und  Pflastern  bestand,  gefordert.  Aus  beiden  Handwerken  konnten  die  Amtschirurgen 
gewählt  werden.  Schon  1400  behandelte  in  Nürnberg  der  Bader  am  Zottenberg  einen 
vom  Scharfrichter  Geblendeten  auf  Ratskosten  207.  Freiberg  in  Sachsen  hatte  im  16. Jahr- 
hundert einen  Bader  pestilentialis  293. 


Die  Bader  und  die  Chirurgie 


99 


In  anderen  Städten  wurde  den  Badern  das  Recht  zur  Ausübung  der  Chirurgie  von 
den  Scherern  bestritten,  obwohl  sie  fast  überall  behaupteten,  es  von  alters  her  zu  be- 
sitzen. In  den  Streitigkeiten  gingen  die  Scherer  mit  großer  Leidenschaft  und  nicht  immer 
allzu  ehrlich  vor.  Als  Halberstadt  1694  einen  Bader  zum  beeidigten  Stadtchirurgen 
machen  wollte,  erklärten  die  Balbierer,  daß  im  ganzen  römischen  Reiche  „nicht  erhöret 
worden,  daß  ein  Bader  Chirurgiam  exercieren,  vielweniger  ein  beeydigter  Stadt-Chirur- 
gus  seyn  könte".  Die  Bader  wandten  sich  aber  an  den  Rat  von  Dresden,  und  der  be- 
zeugte, daß  dort  den  Badern  Chirurgie  zu  üben  freistehe  wie  den  Balbierern,  der  Stadt- 
bader die  im  Dienste  der  Stadt  Verunglückten  und  die  Kinder  des  Waisenhauses  be- 
handele,   „zu    geschweigen. 


daß  bey  Chur-Fürstens  Joh. 
Georgen  des  11.  höchstseel. 
Andenckens  Zeiten,  aus 
dessen  officin  unterschied- 
liche Compagnien  der  am 
Hofe  stehenden  Garde  mit 
Feldscherern  versehen  ge- 
wesen". Im  gleichen  Jahre 
hatte  der  Kurfürst  von  Bran- 
denburg schon  einige  Monate 
vor  jenem  Briefe  Halberstadt 
freigegeben,  einen  Bader  als 
Stadtchirurg  anzustellen,  und 
16Q6  tat  es  dies  auch.  1701 
geschah  das  nämliche  zu 
Holzthaleben  für  das  Amt 
Keula  vom  Grafen  von 
Schwarzburg  aus  242_ 

Daß  es  ein  Militärarzt  im 
17.  Jahrhundert  nicht  unter 
seiner  Würde  hielt,  im  Bad  als 
Bader  nackt  seines  Amtes  zu 
walten,  zeigt  Abb.  44.  In 
Würzburg  war  1604  ein  Dr. 
Stengel  zugleich  Barbier  und 
Bader.  Er  ließ  im  dortigen 
Franziskanerkloster  zur  Ader, 
schröpfte  und  badete 294.  Der 
eigentliche  Baderberuf  trat 
aber  trotzdem  immer  mehr  in 


Abb.  44.  Joß  Lindouwer,  Bürger  von  Zürich,  Okulist,  Stein-  und 
Bruchschneider  und  gewesener  Feldscherer  in  Frankreich. 
Scheibenriß  von  Hans  Jägoli  in  Winterthur.  1607.  Aus  der 
Statistik  Schweizerischer  Olasgemälde  und  Handzeichnungen. 
Jg.  IQOO.    Landesmuseum  Zürich. 


100  Die  Bader  und  das  Barbierhandwerk 

den  Hintergrund.  Die  Wiener  Bader,  die  einst  mit  ihren  Wasserkübeln  zum  Feuer 
laufen  mußten,  erschienen  von  1759  an  mit  Verbandszeug  auf  der  Brandstelle  10. 

IneinzelnenGegenden,namentlichim  nordwestlichen  Deutschland,aberauch  teilweise 
in  der  Schweiz,  war  den  Badern  nur  die  Behandlung  alter  Schäden  und  Geschwüre, 
nicht  die  frischer  Wunden  erlaubt,  in  Zerbst  und  Gotha  wurde  ihnen  im  17.  Jahrhundert 
wenigstens  das  Anlegen  eines  Notverbandes  gestattet.  Große,  Jahrzehnte  dauernde 
Prozesse  wurden  in  mehreren  Städten  bis  zu  den  höchsten  Instanzen  zwischen  Badern 
und  Scherern  wegen  des  Rechts  der  Wundbehandlung  geführt  242  Die  Behandlung 
von  Knochenbrüchen  und  Verrenkungen  ist  nirgends  Gegenstand  des  Streites,  sie  war 
1653  in  Naumburg,  1699  im  schwarzburgischen  Amte  Keula  auch  dem  Scharfrichter  er- 
laubt 242  Eine  Züricher  Ratsverordnung  von  1431  gestattete  den  Schuhmachern, 
Schmieden  und  Wagnern,  bei  Einrichtung  der  Arm-  und  Beinglieder  einander  zu  helfen 
ohne  Widerspruch  der  Scherer  55i.  Zur  Ader  zu  lassen,  war  den  Badern  bald  verboten, 
bald  eriaubt,  mancherorts  nur  in  der  Badestube,  ebenso  das  Aushängen  der  Aderiaß- 
binde  (Abb.  28)  an  den  zum  Adedaß  günstigen  Tagen.  1792  war  die  Sitte  in  Nürnberg 
abgekommen,  obwohl  Bader  und  Scherer  noch  auf  das  rechtzeitige  Aushängen  schwören 
mußten  i95. 

Am  heftigsten  umstritten  war  das  Scheren.  Im  allgemeinen  kam  es  den  Badern  da 
zu,  wo  sie  Chirurgen  waren  und  gleiche  Rechte  wie  die  Scherer  besaßen.  Obwohl 
letzteres  in  Nürnberg  der  Fall  war,  verlangten  die  Scherer,  daß  die  Bader  nur  dann 
scheren  sollten,  wenn  die  Leute  wirklich  bei  ihnen  badeten,  folglich  ausgezogen  und 
naß  waren.  Der  Streit  wurde  anfangs  vor  dem  Rate  geführt,  kam  nachher  an  den  kaiser- 
lichen Reichshofrat  und  endlich  an  das  Kammergericht,  kostete  beiden  Parteien  mehrere 
tausend  Gulden  und  wurde  1704  durch  einen  Vergleich  beendet.  Das  Verhältnis 
zwischen  beiden  Handwerken  war  um  diese  Zeit  ein  derart  gespanntes,  daß  die  gegen 
Ende  des  17.  Jahrhunderts  gegründete  Anatomie  einging,  weil  die  Scherer  den  Bader- 
gesellen den  Zutritt  erschwerten.  Auch  1773  mußte  in  einer  Anatomieordnung  geboten 
werden,  Haß  und  Neid  und  Feindschaft  gegeneinander  solle  abgelegt  werden,  Bader 
und  Barbierer  seien  Chirurgen,  und  keiner  habe  vor  dem  anderen  einen  Vorzug  i^s. 

In  Basel  war  1340  den  Badern  erlaubt,  in  den  Badestuben  zu  scheren  255  1532  in 
Lübeck  (1672  aber  nur  an  den  Badetagen),  1701  in  Jena  242,  1454  in  Frankfurt  a.  M., 
1455  wurde  aber  hier  verordnet,  daß  nur  das  Naß-,  nicht  das  Trockenscheren  in  der 
Badestube  gestattet  sei,  1470  das  Scheren  außerhalb  derselben  verboten  127^  was  auch 
in  Jena  der  Fall  war  242  in  Zürich  durften  1490  243  und  in  Ulm  1470215  die  Bader  in 
ihren  Stuben  scheren,  wenn  sie  dazu  aufgefordert  wurden,  in  Zürich  1529  aber  nicht 
in  der  Hütstube  (Abziehstube).  In  den  Bürgerhäusern  zu  scheren,  war  ihnen  gestattet, 
wenn  sie  dahin  gerufen  wurden,  und  nur  im  Bad,  1603  in  Lübeck  242  wenn  der  zu 
Scherende  tatsächlich  unangekleidet  war. 

An  manchen  Orten  war  den  Badern  gestattet,  Barbierbecken  gleich  den  Scherern 
auszuhängen,  zuweilen  zum  Unterschied  von  diesen  in  einer  geringeren  Anzahl  (Abb.  38). 


Kampf  der  Bader  mit  den  Scherern  wegen  des  Rasierens  101 

Doch  wurde  ihnen  zuweilen  trotz  des  Scherrechts  in  der  Stube  l<ein  Beci<en  zugebilligt. 
Der  Rat  zu  Zerbst  ließ  1620  durch  seine  Diener  die  ausgehängten  Becken  der  Bader 
entfernen  und  schrieb  vor,  nach  früherem  Brauch  ein  weißes  Laken  über  der  Tür  an- 
zubringen 242  In  Hamburg  suchte  1674  der  kaiserliche  Friedens-Kommissarius  Graf 
Windischgrätz  den  Badern  das  sehnlichst  gewünschte  Recht  zum  Aushängen  mehrerer 
Becken  zu  verschaffen,  doch  ohne  Erfolg.  Im  Anfang  des  18.  Jahrhunderts  nahm  der 
Streit  zwischen  Badern  und  Scherern  in  Hamburg  mehr  einen  komischen  als  ernsten 
Charakter  an.  Die  zum  Rasieren  ausgehenden  Badergesellen  wurden  von  den  Barbier- 
gesellen überfallen,  geschlagen  und  ihrer  Scherbeutel  beraubt.  1705  erschien  bei  einem 
ähnlichen  Vorfall  „die  notleidende  Gerechtigkeit  der  Barbierer  und  der  daran  hangenden 
bürgerlichen  Freiheit  u.  s.  w.",  worin  die  Barbierer  über  namhafte  Ratsherren  und  Gra- 
duierte sich  beschwerten,  daß  diese  sich  von  Badern  und  anderen  Pfuschern  rasieren 
ließen.  Die  Bader  entgegneten  in  einer  gedruckten  Vorstellung,  daß  die  Barbierer  wider 
Wahrheit,  Recht  und  Tugend,  wider  Gott  und  Menschen  sich  versündigten,  wenn  sie 
die  Bader  zu  den  Pfuschern  zählten.  Sie  beriefen  sich  auf  Kaiser  Wenzels  Freiheitsbrief 
und  nannten  die  Barbierer  „Böhnhasen  des  Baderamts",  was  diese  eine  „beispiellose 
Ausverschamtheit"  nannten.  Sie  ließen  eine  Schmähschrift  drucken :  „Die  durch  bessere 
Gegenvorstellung  entblößten  Bader,  ihrer  mit  Feigenblättern  beschmückten  Vorstellung 
entgegengesetzet"  220. 

Man  versteht  den  Kampf  der  Bader,  wenn  man  bedenkt,  daß  im  18.  Jahrhundert  mit 
der  eigentlichen  Baderei  nicht  mehr  viel  zu  verdienen  war.  Wo  ihnen  Chirurgie  und 
Barbierhandwerk  verschlossen  war,  fristeten  sie  von  den  geringen  Einkünften  des 
Schröpfens  ihr  Leben.  Als  in  Zürich  im  19.  Jahrhundert  nach  der  Auflösung  der  alten 
politischen  Zunft  die  Gesellschaft  zum  schwarzen  Garten  als  eine  Privatvereinigung 
wieder  erstand,  fügte  man  dem  früheren  Namen  noch  „der  Chirurgen"  hinzu,  wodurch 
der  Ausschluß  der  schon  längst  lästigen  Bader  für  immer  erfolgte  243. 


DIE  PRIVATEN  BADER 


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neben  den  ehehaften  Badestuben  bestanden  die  privaten  weiter.  Ihre 
Errichtung  war,  wenn  auch  nicht  immer,  unabhängig  von  einer 
obrigkeitlichen  Bewilligung. 

Auf  den  Burgen  wurde  ausgiebig  vom  Bade  Gebrauch  gemacht, 
obwohl  der  Ritterspiegel  von  den  abgehärteten  Rittern  sagt:  „und 
wizzin  von  badin  nicht  zu  segin",  nur  dem  „Zertelinge"  sind  die 
„badehemede  wol  bekant"  122.    Aber  Heinrich  von  Kempten  nahm 

auf  der  Heerfahrt  in  seinem  Zelte  ein  Bad  und  ließ  dazu  aus  einem  Dorfe  einen  Zuber 

herbeischaffen  295. 

Man  badete  nicht  täglich.  Ulrich  von  Liechtenstein  ließ  eines  Tags  im  Jahr  1248  die 
Falkenbeize  ausfallen.  „Ich  wil  ez  durch  min  bat  hint  län",  sagt  er 268  Tannhäuser 
badete  zweimal  in  der  Woche,  was  neben  schönen  Weibern,  gutem  Wein  und  Morchel- 
frühstück den  Geldbeutel  nach  eigenem  Geständnis  sehr  erleichterte  i03.  Das  geschah 
aber  wohl  in  einer  öffentlichen  Badestube. 

Vor  der  Aufnahme  in  den  Ritterstand  hatte  der  Knappe  ein  Bad  zu  nehmen.  Es  han- 
delte sich  nicht  nur  um  ein  einfaches  Reinigungsbad  vor  dem  Feste,  sondern  um  einen 
Teil  der  Zeremonien,  die  eine  geistige  Reinigung  darstellten.  Nach  dem  Bade  wurden 
ganz  neue  Kleider  angelegt.  Der  Knappe  brachte  darauf  die  Nacht  mit  dem  Priester  und 
den  Taufpaten  unter  Fasten  und  Beten  in  der  Kirche  zu.  Der  Brauch  bestand  nur  an 
manchen  Orten.  Der  wahrscheinlich  über  ganz  Europa  verbreitete  Bathorden  erhielt 
von  den  genannten  Zeremonien  seinen  Namen  307.  ich  möchte  einen  Rest  derselben, 
allerdings  als  Karikatur,  in  späteren  Gebräuchen  der  Handwerksgesellen,  der  Studenten 
und  einiger  sogenannten  Burschengesellschaften  in  den  Dörfern  Thüringens  sehen,  wo 
auch  bei  der  festlichen  Aufnahme  Bader  oder  Barbierer  neben  den  Paten  auftraten,  ohne 
daß  eigentlich  gebadet  wurde. 

Dem  Gaste  wurde  nach  seiner  Ankunft  auf  der  Burg  „nach  hübschen  siten"  296  ein 
Bad  bereitet  (Erec297  Bieterolf  298,  trojanischer  Krieg  296  Alpharts  Tod  299).  Der 
Knappe  geht  im  nackten  Boten  sogar  uneingeladen  ins  Bad  212.  im  Wigalois^oo  wird 
der  Empfang  zu  Anfang  des  13.  Jahrhunderts,  wie  folgt,  geschildert: 


„er  nam  gesellecliche 
hem  Oäwein  bi  der  hant. 


den  heim  man  im  abe  bant 
und  fuorte  in  an  guot  gemacli. 


Bad  zur  Minnesäiwerzeit 


103 


Abb.  45.    Herr  Jakob  von  Warte  im  Wasserbad.    Miniatur  aus  der  Manesseschen  Handschrift. 
14.  Jahriiundert.    Nach  Kraus. 


104  Baden  auf  den  Burgen 

zuo  sinen  knappen  er  do  sprach  abe  schutter  sin  isengewant. 

,nu  badet  den  riter  schone,  si  fuorten  in  enwec  zehant 

daz  ichs  iu  iemer  lone'.  und  hatten  in  riteriiche." 

Das  Baden  geschah  im  „wazzerbad"  30i,  der  Zweck  desselben  war,  den  „räm"  oder 
den  „harnaschräm"  (Bieterolf)  abzuwaschen. 

„Ein  bat  hiez  er  (Erec)  bereiten: 
wand'  er  von  arbeiten 
von  dem  gewaefen  üf  der  vart 
sweizic  unde  rämic  warf'^^T. 

Das  Bad  wurde  aber  auch  am  Tage  nach  der  Ankunft  gereicht,  so  Tandareis  267 
Parzival  254    Meleranz  langte  auf  Burg  Belfortemunt  an.  Am  anderen  Morgen 
„do  lac  er  niht  langer  da. 
er  stuont  üf,  man  fuort  in  sä 
in  ein  harte  schoenez  bat. 
er  wart  an  der  selben  stat 
gebadet  und  erstrichen  wol"^°2  (vgi_  Abb.  45). 

Das  Streichen  geschah  einmal  zum  Entfernen  des  Schmutzes,  dann  als  eine  Art  Mas- 
sage besonders  zur  Behandlung  von  Beulen,  die  im  Turnier  erhalten  waren.  Das  Bad 
nach  dem  Turnier  wird  öfters  erwähnt,  z.  B.  im  Bieterolf  298^  von  Ulrich  von  Liechten- 
stein 268  und  im  Liederbuch  der  Clara  Hätzlerin  259. 

„Günther  dö  die  helde  bat 

daz  si  sich  ze  hüse  liezen  laden 

er  wolt  si  schöne  heizen  baden 

unde  in  schenken  sinen  win"  ^ss. 

Man  zechte  also  auch  bei  dieser  Gelegenheit. 

Im  Parzival,  in  Liechtensteins  Frauendienst,  auf  Jakob  von  Wartes  Bild  in  der 
MANESSEschen  Handschrift  (Abb.  45)  wird  das  Bad  als  besondere  Ehrung  mit  Rosen  be- 
streut. Noch  im  18.  Jahrhundert  berichtet  Marcard  i60  von  einer  derartigen  Galanterie 
einer  Dame  gegenüber.  Der  Verehrer  hatte  aber  nicht  mit  dem  Pyrmonter  Wasser  ge- 
rechnet, das  mit  den  ins  Bad  geworfenen  wohlriechenden  Kräutern  unangenehme  Ver- 
bindungen einging,  so  daß  die  Dame  mit  pechschwarzen  Fingerspitzen  und  Nägeln  an 
Händen  und  Füßen  das  Bad  verließ. 

Die  Bedienung  beim  Bad  geschah  durch  Jungfrauen,  Mägde  (Abb.  45)  oder  Knappen. 
Auffallenderweise  ist  von  einem  Abtrocknen  nach  dem  Bad  nicht  die  Rede.  Nach  fast 
allen  Berichten  wird  dafür  ein  Badelaken  oder  Badehemd  gereicht,  in  dem  man  sich  zur 
Erkühlung  oder  um  Ruhe  zu  pflegen  aufs  Bett  legte,  um  darnach  leinene,  vom  Hausherrn 
gestiftete  Gewänder  anzulegen.  Nach  Conrad  Clauser  (Basel  1598)  aber  trocknete  man 
den  Leib  mit  „der  badlachen"  556^  nach  dem  St.  Galler  Codex  Nr.  760  rieb  man  ihn  mit 
warmen  Tüchern  trocken,  die  man  nachdem  um  sich  schlug.  Der  Name  „badtuch" 
kommt  schon  in  dem  Gedicht  auf  die  Bergtheimer  Schlacht  vor  (1400)  ^9 

Das  Badelaken  sollte  Parzival  „umbe  nemen",  dem  Vater  in  der  halben  Decke  (13.  Jahr- 
hundert) wurde  es  „angegeben",  um  darauf  im  Bett  zu  liegen  212,  das  mit  Ärmeln  ver- 
sehene Badhemd  zog  Agamemnon  über  den  Kopf  296  Beide  Gegenstände  sind  aber 
dasselbe. 


Badehemd  und  Badelaken  105 

„ouch  hienc  ein  badelachen  da  ein  badehemde  atso  rieh, 

an  einem  ast  der  linden.  mit  golde  was  vil  meisterlich 

ich  waen  ieman  möht  vinden  vil  waehiii  bilde  dran  genit", 

heißt  es  im  Meleranz302.  Hans  Sachs  läßt  den  Kaiser  Julianus  im  „badtmantel"  zum 
Bade  gehen,  an  seiner  Stelle  kehrte  der  Engel  im  „badlach"  zurück 29  Murner  legt 
sich  nach  dem  Bad  im  „badmantel"  nieder  0.  Nach  Hans  Sachs  gebrauchte  ein  Pfaffe 
einen  schneeweißen  „badkittel"  nach  dem  Bad  i5i.  Ein  anderer  Ausdruck  für  dies 
Kleidungsstück  war  „badekappe".  Die  Ambraser  Handschriften  des  Schwabenspiegels 
aus  dem  13.  Jahrhundert,  die  des  Klosters  Einsiedeln  aus  dem  14.,  die  der  juristischen 
Bibliothek  zu  Zürich  aus  dem  15.  haben  „badelachen",  die  drei  Baseler  und  eineZüricher 
auch  aus  dem  15.  Jahrhundert  dafür  „badekappe"  und  der  erste  Druck  „badhemet"  558 
In  Frankfurt  sind  beim  Verkauf  des  Hausrats  eines  Metzgers  „10  hei.  vor  ein  allten 
badkittel"  verzeichnet  127^  die  Markgräfin  Margarete  von  Brandenburg  hatte,  wie  sie  1473 
von  Köln  an  ihren  Oheim,  den  Kurfürsten  Albrecht  schrieb,  „grosen  geprechen  an  hemden 
und  padkitteln"  54  |m  Loos-  und  Teilungsbuch  der  Kinder  Konrads  von  Glauburg  zu 
Frankfurt  kommen  1482  zwei  „Badekappen"  vor  127  (Jim  hat  1346  in  einer  Hüttenrech- 
nung ein  „Badhemd"  verzeichnet  50. 

In  der  Regel  werden  die  Badelaken  bei  den  Minnesängern  als  weiß,  häufig  als  seidene, 
sonst  als  leinene  bezeichnet.  Sie  wurden  auf  den  Burgen  vom  Wirt  dem  Gaste  zur  Ver- 
fügung gestellt,  im  Bieterolf  erhalten  sie  die  nach  dem  Turnier  badenden  Ritter  von 
edlen  Frauen  zugesandt.  Markgräfin  Anna  von  Brandenburg  schickte  1470  ihrem 
Bruder,  dem  Herzog  Albrecht  von  Sachsen  ein  Badhemd  und  schrieb  dazu  von  Ans- 
bach aus:  „Uff  das  eur  liebe  vermerck,  wir  eur  auß  angeborner  swesterlicher  treu  in  ge- 
dechtnus  und  unvergessen  haben,  schicken  wir  eur  lieb  hiemit  ein  padhemd,  guttlich 
pittend,  ir  wollet  das  von  uns  zu  gut  uffnemen,  das  von  unsern  wegen  uff  den  somer 
tragen  unnd  unser  dapay  auch  gedencken"  54.  Es  fällt  in  dem  Brief  auf,  daß  der  Herzog  das 
Badhemd  den  Sommer  über  tragen  soll,  das  scheint  doch  fast,  als  ob  das  Badhemd  nicht 
nur  beim  Baden  angelegt  wurde.  Dafür  spricht  eine  Stelle  aus  der  Chronik  des  Clemens 
Sender.  1490  zogen  die  Augsburger  gegen  die  Leute  ihres  Bischofs  mit  achtzehn  Fahnen 
und  ihren  Zunftmeistern  viertausendundsechzig  Mann  stark  unter  Führung  ihrer  Bürger- 
meister. „Ir  etlich  wassen  fast  wol  mit  hämisch  angelegt,  etlich  ploß,  ir  etlich  giengen  auch 
in  langen  badthemether,  als  ob  sie  in  das  bad  wolten  gan,  nun  was  aber  diser  tag  über- 
aus feindtlich  hitzig  und  haiß."  Zum  Löschen  des  Durstes  führte  man  sogar  etliche  Faß 
Wein  mit.  Es  kam  nicht  zur  Schlacht,  der  Friede  wurde  schon  vorher  verkündigt.  Die, 
weichein  Badhemden  ausgezogen  waren,  hatten  nicht  unpraktisch  gehandelt;  denn  als 
man  wieder  nach  Augsburg  kam,  starb  Wilhelm  Artzat,  der  einen  schweren  Harnisch  an- 
gehabt hatte,  „vor  großer  Hitz  im  Stüblein  unterm  Rottenthor"  280.  Das  Badhemd  er- 
scheint hier  als  eine  Art  Sommerkleid  und  würde  beim  Soldaten  unserem  heutigen  Drillich- 
zeug entsprechen.  Tatsächlich  rechnet  auch  das  Stadtbuch  von  Verden  1330  das  Bade- 
laken zur„Hergewede"  559^  das  in  der  Erbschaft  vom  Vater  auf  den  Sohn  überging  und  im 


106  Das  Bad  auf  den  Burgen 

wesentlichen  Waffen  und  Rüstung  begriff,  während  es  sonst  zur  Gerade,  dem  Frauen- 
erbteil, gehört. 

1467  wurden  in  Frankfurt  bei  Faschingsmasi<eraden  der  jungen  Patrizier  lange  weiße 
Badekittel  angezogen  127.  Heinrich  IV.,  Herzog  in  Schlesien,  verordnete  (13Q6)  letztwillig: 
„Ein  Leilachen  und  eine  Bade-Kappe,  de  soll  man  uns  inne  begraben"  16.  Nach  den 
Aufzeichnungen  des  Luzerner  Stadtschreibers  Cysat  über  Kostüme  bei  den  Fastnachts- 
spielen hatten  die  Toten  einen  Bademantel  umgeschlagen  423.  |m  Inventar  der  Johan- 
niterordenskomturei  Wildenbruch  fand  sich  1 560  eine  Badekappe  in  des  „Hern  Compthers 
understen  Gemach".  Eine  gleichzeitige  Randbemerkung  sagt  aber:  „Ist  eine  Khor- 
kappe",  also  ein  priesterliches  Gewand  560. 

Man  darf  wohl  annehmen,  daß  jede  Burg  ihr  Badezimmer  besaß,  wenn  man  auch 
Parzival  die  Kufe  ins  Schlafzimmer  brachte  und  Enite  in  der  „heimliche"  der  Königin 
Ginover  das  Bad  nahm  297.  im  Bieterolf  werden  fünfhundert  Ritter  auf  einmal  gebadet. 
Das  ist  eine  Übertreibung,  wie  sie  auch  in  Bezug  auf  die  Badestuben  und  Badegerät- 
schaften vorkommt.  Herzog  Ernst  (12.  Jahrhundert)  stößt  mit  seinen  Helden  auf  eine 
verlassene  Burg: 

„Mer  noch  funden  die  jungen  Do  stunden  ynne  tzwey  bottelin, 

Zcwey  wesserlin  ensprungen,  Die  waren  rot  guldin ; 

Die  durch  die  bürg  flössen  Die  borne  waren  geleitet  darin 

Vnd  nach  willen  sich  ergossen,  Mit  silberinen  roren. 

Als  der  eyn  meister  het  edacht,  Hie  mogit  ir  wunder  hören : 

Der  das  mit  kunst  hett  tzubracht;  Wie  man  in  dem  golde 

Die  bürg  sie  nyrgen  funden  arm;  Das  wasser  haben  wolde, 

Der  eyne  was  kalt,  der  ander  warm,  Entweder  kalt  oder  la, 

Als  er  wer  gewermet,  la ;  Also  mochte  man  es  haben  da. 

Ein  bat  funden  sie  alda,  Noch  mer  ich  uch  sagen  wil: 

Gar  lutter  vnd  reyne,  Das  wasser  uß  den  butchen  vil 

Von  grünem  mermelsteyne  Jn  rynnen  gut  von  silber  gros, 

Wol  ußgemuret  vnd  obirtzogen  Das  es  in  der  bürg  alumb  flos, 

Mit  funfftzig  hoen  swybogen;  Die  recht  vnd  auch  die  krumme, 

Es  enkunde  nicht  bas  getziret  sin;  Jn  all  der  bürg  alumme"^''^. 

Ähnlich  ist  die  Schilderung  im  Wigamur  304.  Hier  steht  das  aus  dem  sonderbaren  Stein 
Aptor  gehauene  Bad  unter  freiem  Himmel. 

„Auch  stunden  allvmb  da  Dick  gleich  ainem  hag, 

Rosenstöck  vnd  Weinreben  sa,  Das  dardurch  kum  der  tag 

Die  waren  jn  ain  gülden  rayff  gepogen,  Mocht  sein  schein  gehan: 

Vnd  hoch  über  den  stain  gezogen,  Also  stund  es  vmb  den  blan." 

Im  Meleranz  schützt  das  dichte  Laubdach  der  Linde  vor  dem  Sonnenschein.  Die  Bade- 
bütte wird  nicht  weniger  kostbar  geschildert : 

„daz  holz  was  lign  älöe, 
verre  bräht  über  se 
von  dem  laut  ze  Kovesas. 
mit  golde  si  gebunden  was"  3°^. 
Bäder  unter  freiem  Himmel  sind  nicht  unwahrscheinlich.    Wir  finden  sie  noch  im 
IQ.  Jahrhundert  in  den  Mineralbädern,  besonders  den  Thermen  (Abb.  46).  Nach  Ryff  soll 
die  Badewanne  im  Sommer  in  einem  grünen  Garten  aufgestellt  werden  ^s    Man  schützte 


Bäder  unter  freiem  Himmel 


107 


Abb.  46.    Die  großen  Bäder  zu  Baden  im  Aargau   mit  den  unter  freiem  Himmel  gelegenen   „freien 

Bädern",  dem  St.  Verenabad  (links  vorn)  und  dem  freien  Bade  (im  Hintergrund),  in  dem  eine  Reihe 

Bauern  geschröpft  wird.    Kupfer  von   F.  Heqi   nach   Martin  Usteri.    Neujahrsgeschenk  von  der 

Gesellschaft  zum  schwarzen  Garten.    Zürich.    1S08. 

das  Wasser  vor  Abkühlung  durch  eine  Bedeckung,  die  auch  den  Körper  des  Badenden 

in  sich  hüllte.  Im  Meleranz  wird  sie  beschrieben : 

„daz  bat  er  verdecket  sach 

mit  eines  samites  dach, 

daz  guot  und  riche  waere"  ^"^ 


108 


Badewannen  mit  Bedeckung 


Abb.  47.  Wanne  mit  „Baderof".    Holzschnitt  aus:  Eyn  nyge  Kalender 
recht  hellende.    Lübeck,  Steffen  Arndes.    1519. 


ebenso  in  einem  Gedichte 
Kaufrinoers  (c.  1400): 

„Der  zuber  schon   bedecket 

wart 
Mit  ainem  goiter  seidein 
Das  niemant  sehen  mocht 

hinein"  ^se. 

Im  15.  und  16.  Jaiir- 
hundert  wird  der  „bade- 
rof" als  dachartiges  Ge- 
stell über  der  Badewanne 
(Abb.  47)  mehrmals  in 
niederdeutschen  Quellen 
erwähnt:  „En  kuuen 
(Kufe)  vnde  en  roff,  en 
badekuffen  myt  dem 
roue,  en  halv  wynvath 
myd  eneme  baderoue" 
533.  C.  1474  kommen 
im  Frauenkloster  Prez 
(Schleswig  -  Lauenburg) 
„Badeküven"    mit    „Ro- 


ven"  im  Badehaus  vor  16. 

Wie  im  Herzog  Ernst  geschieht  auch  im  Wigamur304  und  im  Me]eranz302  die  Zulei- 
tung des  Wassers  in  zwei  silbernen  Röhren,  die  getrennt  kaltes  und  heißes  Wasser  führen. 
Schweben  derartige  Einrichtungen  den  Dichtern  als  Ideal  vor,  so  waren  sie  doch  nicht 
unmöglich.  Das  neue  Schloß  zu  Baden  (-Baden)  hatte  im  Keller  zwei  Badezimmer.  1 582  sah 
und  beschrieb  eins  davon  Michael  Häberer  von  Bretten:  „Auch  zeigt  man  uns  in  dem 
Schloß  ein  schönes  Bad,  ganz  überzinnt  und  heimliche  Wasserkunst  von  warmen  und 
kalten  Quellen"  40.  Djes  war  wohl  das  größere  Bad,  das  Klüber  1810  als  Schwimmbad 
bezeichnet,  das  den  ganzen  Raum  ausfüllte  und  nur  eine  Nische  unter  dem  Gang  (Treppe) 
übrig  ließ,  in  dem  eine  Anzahl  Ritter  wohl  „gemeinlich"  zum  Bade  sitzen  konnte.  Ein 
anderes  Gemach  mit  einem  Fenster  in  der  östlichen  Mauer  der  Terrasse  hatte  einen  ein- 
gemauerten steinernen  Badkasten,  der  durch  eine  Scheidewand  zum  Baden  von  zwei  Per- 
sonen eingerichtet  war.  Über  dem  Bad  befand  sich  ein  gleich  großer  Wasserbehälter,  aus 
welchem  das  Wasser  ström-  oder  tropfweise  durch  zwei  Löcher  in  den  Badekasten  ge- 
lassen werden  konnte.  Wahrscheinlich  erhielten  dieses  Bad  und  das  Schwimmbad  das 
Wasser  mittels  eines  Saug-  oder  Druckrohrs  entweder  aus  der  sog.  Höhlenquelle  (52,80  R 
heiß),  welche  die  nächste  am  Schlosse  und  die  höchst  gelegene  aller  Badequellen  ist, 
oder  aus  einem  tiefen  Brunnen,  der  in  dem  Schneckengarten  am  Schloß  an  der  Seite,  wo 


Badestuben  auf  Burgen 


109 


die  Bäder  sich  befanden,  liegt  und  bei  einer  Untersuchung  im  Jahre  1808  28"  R  Tem- 
peraturzeigte.   In  der  Mauer  fanden  sich  noch  Spuren  von  Wasserröhren  (1810)  405. 

Vielleicht  ist  auch  ein  als  Badezimmer  bezeichneter  Raum  im  zweiten  Stock  des  west- 
lichen Teils  der  Burg  Runkelstein  bei  Bozen  in  Südtirol  305  ein  Bassinbad  gewesen,  das  im 
letzten  Jahrzehnt  des  M.Jahrhunderts  vom  Besitzer  Niklas  Vintler  mit  Wandmalereien 
ausgestattet  wurde  306.  Es  ist  ein  großer  Raum,  in  dessen  Mitte  eine  Holzsäule  von  dem 
Estrich  bis  zum  Plafond  hinaufführt.  Auf  letzterem  sind  Sonne,  Mond  und  Sterne  auf 
blauem  Grunde  dargestellt.  Zwei  tiefliegende  Fenster  lassen  nur  wenig  Licht  in  das 
Zimmer.  Eine  kleine  Tür  führt  gegen  Süden  auf  einen  offenen  Gang,  welcher  neben  dem 
Zimmer  an  der  Mauer  hinläuft.  Ringsherum  an  den  Wänden  sind  oberhalb  der  Türen  und 
Fenster  übereinander  zwei  Streifen  mit  figürlichen  Darstellungen  angebracht.  Auf  dem  un- 
teren größeren  sieht  man  je  acht  bemalte  Öffnungen  in  der  Art  von  Badekabinen.  In 
diesen  befinden  sich  an  drei  Wänden  einzelne  Figuren,  meistens  an  eine  Stange  gelehnt, 
an  der  östlichen  Wand  Frauen-,  gegen  Norden  Männergestalten,  gegen  Westen  Badende. 
Von  den  Stangen  und  Badeka- 
binen hängen  an  einzelnen 
Schnüren  tiefrote  (gemalte)  Tep- 
piche an  den  Wänden  herab  5i4. 

Meist  wird  das  Wasserbad  in 
Kufen  genommen.  Deren  Form 
sehen  wir  aus  den  eigentlichen 
Badebildern,  den  Darstellungen 
der  Taufe  Erwachsener,  des  hei- 
ligen Nikolaus,  der  fast  immer 
von  einer  Badewanne  begleitet  ist, 
und  des  Martyriums  des  Öl- 
siedens.  Im  Bebenhauser  Pas- 
sional  heißt  es  1439  von  „St.  Jo- 
hannes Er":  „und  hieß  jn  setzen 
in  ein  bittenen  siedendigs  Oels. 
Da  saß  er  jn  und  saß  da  yn  als  in 
ainem  mayenbade"  5i.  Bald  sind 
die  Badewannen  rund,  hoch,  Fäs- 
ser nach  heutiger  Auffassung, 
in  denen  der  Badende  steht  oder 
(auf  einem  Schemel)  sitzt  (Abb.  48), 
häufiger,  wie  heute,  oval  (Abb.  45). 
Sie  sind  in  der  älteren  Zeit  aus 
Holz,  nach  Ryff  aus  Tannenholz    ^"^^'-t^'    ™!!^"  wird  von  Isolde  im  Bad  überfallen.    Wand- 

gemalde  auf  Burg  Runkelstein  in  Tirol.    Ende  des  14.  Jahr- 
gefertigt 48   Nach  dem  Recht  der  Hunderts.    Nach  Selos  und  Zingerle. 


110  Die  Badestube  der  Wartburg  und  anderer  Burgen 

Stadtstraßburg  aus  derzweiten  Hälfte  des  11.  Jahrhunderts  hatten  dieKüferfür  den  Bischof, 
den  Kaiser  und  die  Kaiserin,  wenn  sie  anwesend  waren,  die  Badewannen  zu  binden  550. 

Ich  will  die  Burgen  übergehen,  von  denen  wir  wissen,  daß  sie  eine  Badestube  hatten, 
und  nur  die  anführen,  von  denen  uns  nähere  Angaben  übermittelt  sind. 

Die  Badestube  auf  der  Wartburg  war  ein  Fachwerkbau  an  der  Südseite  des  Palas, 
in  dem  sich  auch  das  Backhaus  befand.  Ein  mächtiger  Rauchschlot  lehnte  sich  an  den 
Palas  an.  Das  Abwasser  ging  in  den  Hauptkanal,  der  aus  dem  Palas  ins  Freie  führte. 
Die  Fenster  der  Badestube  waren  mit  Schiebevorrichtungen  versehen.  Im  18.  Jahrhundert 
geriet  das  Bad  in  Verfall,  im  IQ.  wurde  es  abgetragen*. 

Auf  der  Burg  Thiersberg  in  der  Ortenau,  die  nur  aus  zwei  Gebäuden  bestand,  be- 
fanden sich  im  15.  Jahrhundert  in  dem  östlich  gelegenen  jüngeren  Bau  im  Erdgeschoß 
die  Pfisterie  (Bäckerei),  eine  Badstubenkemenate  und  die  Speisekammer  sei. 

Wir  werden  später  sehen,  daß  die  Verbindung  vom  Backhaus  mit  der  Badestube 
keine  zufällige  war,  sondern  aus  praktischen  Gründen  erfolgte,  und  es  etwas  gewagt  er- 
scheint, wenn  moderne  Schriftsteller  50i  nach  Minnesänger  Art  auf  der  Wartburg  im 
13.  Jahrhundert  Galerien  im  Bade  sehen,  von  denen  Frauen  und  Jungfrauen  Rosen  auf 
den  badenden  Gast  werfen.  Ich  glaube,  daß  die  Badestuben  sehr  einfach  eingerichtet  und 
auf  den  eigentlichen  Burgen  schon  wegen  Raummangels  kleine  Kammern  waren.  Ich 
zweifele  auch  daran,  daß  das  sog.  Bad  auf  Runkelstein  ein  Bad  war.  Gerade  in  diesem 
Raum  sind  mit  Ausnahme  der  einen  Wand,  wo  die  Badenden  dargestellt  sind,  die  Malereien 
am  besten  erhalten,  sie  stammen  aus  der  ältesten  Zeit,  wurden  nie  restauriert  5 1 4,  und 
der  beim  Bad  unvermeidliche  Dampf  würde  doch  eher  als  Zerstörer  denn  als  Erhalter  ge- 
wirkt haben.  Die  Bilder  sprechen  mehr  für  die  Darstellung  eines  Mineralbades,  wo  Zu- 
schauer auf  Galerien  nichts  Ungewöhnliches  waren.  Übrigens  ist  über  dem  sog.  Bad  ein 
Raum  mit  der  Darstellung  eines  Turniers,  das  auch  von  Zuschauern,  die  an  einer  Stange 
lehnen,  betrachtet  wird  sis^  und  das  Turnier  hat  wohl  bestimmt  nicht  in  diesem  Räume 
stattgefunden.  So  ist  das  sog.  Badezimmer  lediglich  ein  mit  Badeszenen  geschmück- 
ter Raum,  wie  sich  auch  im  14.  Jahrhundert  im  Hause  des  Domherrn  von  Eberstein  zu 
Mainz  unter  mehreren  Darstellungen  die  einer  Badeszene  befand,  die  Henricus  de 
Hassia  einer  Besprechung  der  damaligen  Badeverhältnisse  zugrunde  legte,  ohne 
daß  das  Zimmer  als  Bad  bezeichnet  wurde  357.  Runkelstein  hatte  aber  an  anderer  Stelle 
ein  „päd",  in  dem  sich  nach  dem  Inventar  von  14Q3  „Fünff  stain  püchsel"  und  „ain  alter, 
langer  Tisch"  befanden.  Das  Bad  wurde  aber  zur  Zeit  wie  das  gesamte  Schloß  als 
Waffenaufbewahrungsort  benutzt.  Nach  demselben  Inventar  befanden  sich  „im  gemach, 
genant  das  Swietal,  drey  alt  pettstatten,  ain  alter  venster  ram".  Daneben  lag  ein  „stüblen", 
das  neben  anderem  auch  „zehen  spanngürtel"  enthielt  5i6.  Nach  Graf  Waldstein  ist  die 
Lage  des  „Swietal"  bis  heute  nicht  festgestellt  5i5.  Könnte  nicht  das  „Swietal"  ein  Schwitz- 
saal gewesen  sein  und  das  „stüblen"  daneben  das  noch  zu  besprechende  Vorstübchen 
der  Badestube? 
*  Diese  Mitteilung  verdanke  ich  Herrn  Professor  Weber  in  Jena. 


Badestuben  in  Klöstern  111 

Das  fürstliche  Schloß  in  Münden  hatte  1545  neben  Baci<haus,  Fleischhaus  eine  Bade- 
stube, also  anscheinend  einen  selbständigen  Bau  549.  Auf  dem  Schlosse  der  deutschen 
Ritter  zu  Marienburg  war  die  Baderei  in  der  Vorburg  als  ein  Teil  des  Kornhauses  an  der 
Nogat  untergebracht  553.  Nach  dem  Inventar  der  Johanniterordenskomturei  Wilden- 
bruch von  1570  lag  dort  „vor  derBadtstuben"  ein  heizbarer  Raum,  in  welchem  eine  ein- 
gemauerte F^fanne  angebracht  war,  „darinnen  ohngefehr  ein  Thonne  Wasser  gehet". 
„In  der  Badestuben"  war  ein  „Wasserfas",  ferner  eine  „Oberbanck  mit  zwe  Vorbencken 
oder  Trippen"  56o.  \)^jr  werden  später  sehen,  daß  es  sich  hier  um  eine  Schwitzbadeanstalt 
handelt.  In  nackten  Boten  (erste  Hälfte  des  13.  Jahrhunderts)  wird  zur  kühlen  Herbstzeit 
die  „bat  stuben"  alle  Tage  vom  Gesinde  geheizt.  Die  „rehte  stube"  blieb  kalt  liegen,  „daz 
dievliegen  gar  vervlugen  und  in  die  stuben  nihtenzugen".  Tochter  und  Frau  des  Ritters 
benutzten  mit  dem  Gesinde  die  Badstube  „vür  ein  werk  gaden".  Vor  der  Stube  legte  der 
Knappe  auf  dem  Hofe  seine  Kleider  ab.  Über  der  Tür  fand  er  „guoter  wedel'  viel  geleit, 
daz  duhte  in  ouch  ein  saelikeit".  Als  er  unerwartet  die  Badestube  verlassen  mußte  und 
der  Hofhund  ihn  anfiel,  wehrte  er  diesen  mit  dem  Wedel  ab  212.  Auch  diese  Badestube 
war  ein  Schwitzbad. 

Die  Regel  des  heiligen  Benedikt  war  für  alle  Orden  und  Kongregationen  in  der  ersten 
Hälfte  des  Mittelalters  maßgebend  und  bestimmend  i97  in  der  zweiten  Hälfte  des 
Mittelalters  kam  man  aber  vom  mäßigen  Gebrauch  des  Bades  ab.  Das  Konzil  zu  Magde- 
burg schrieb  1370  den  Geistlichen  vor,  eigene  Badestuben  zu  haben  und  alle  vierzehn 
Tage  zu  baden  210.  Ein  Dekret  für  Vorau  in  Steiermark  vom  Jahre  1340  schärfte  den 
Kanonikern  ein,  nur  innerhalb  des  Stiftes  Bäder  zu  gebrauchen  84.  Es  hatte  demnach 
wohl  jedes  Kloster  seine  eigene  Badestube.  Ich  will  auch  hier  nur  die  anführen,  deren 
Beschreibung  uns  Einblick  in  das  Badewesen  gibt. 

im  Zisterzienser-Kloster  Salmannsweiler  lag  unter  Abt  Ulrich  11.  (reg.  1282 — 131 1)  das 
Bad  bei  der  Küche  129,  also  v/ie  in  St.  Gallen.  Besonderes  Interesse  bietet  das  Kloster 
Maulbronn.  Das  Praefugium  erwärmte  nicht  das  Winterrefektorium,  sondern  einen  kleinen 
Saal,  der  als  Schwitz-  oder  Badestube  betrachtet  wird.  Die  heiße  Luft  wurde  hier  durch 
Verbrennen  von  Holz  in  einem  von  starken  Mauerwänden  eingeschlossenen  Gewölbe 
erzeugt  und  mittels  Löcher  in  ein  über  dem  Gewölbe  liegendes  Zimmer  geleitet.  Es  fehlte 
eine  Heizung  der  Wände  56i. 

Wir  haben  es  hier  mit  einer  ausgesprochenen  Heißluftbadestube  zu  tun.  Sollten  auf 
Burg  Thiersberg  und  auf  der  Wartburg  nicht  auch  solche  gewesen  sein?  Die  Verbin- 
dung mit  der  Bäckerei  macht  es  sehr  wahrscheinlich.  Auffallenderweise  werden  die  Bäcker- 
badestuben von  den  Schriftstellern,  besonders  den  Vielschreibern  des  16.  Jahrhunderts 
nicht  erwähnt.  Vielleicht  gehört  das  in  einer  Augsburger  Urkunde  von  1343  vorkom- 
mende „Backen  Badhaus"  am  Hospital  zum  heiligen  Geist  hierher  434.  Eine  Stift  St.  Gal- 
lische Verordnung  unter  Abt  Ulrich  VIII.  schärfte  den  Klosterpfistern  ein,  in  der„phistry" 
(Bäckerei)  „niemand  keinen  wandel  laussen,  weder  mit  baden,  weschen  noch  anderem"  557. 
1291  entstand  in  Augsburg  ein  Grenzstreit  zwischen  der  Judengemeinde  und  dem  Spital. 


112  Verbindung  von  Back-  und  Badhaus 

Es  lagen  „der  iuden  badhus  und  des  spitals  bathhus"  nebeneinander.  Es  wurde  vom 
Rat  entschieden,  daß  die  Juden  des  Spitals  Wand  an  dem  „backhuse"  nießen  sollten  434 
DesSpitals  „bathhus"  und  „backhus"  war  also  ein  Gebäude.  Nach  demPlan  des  Klosters 
Tänikon  im  Thurgau  vom  Jahre  1687  lag  an  der  äußeren  Grenze  des  Klosters  über  einem 
Kanäle  ein  Bade-  und  Waschhaus,  näher  an  der  Klausur  ein  ebensolches.  Der  Text  sagt 
aber  für  Bad-  und  Waschhaus  Back-  und  Waschhaus  562.  Nach  einer  anderen  Quelle 
ließ  die  Äbtissin  Victoria  1683  für  neunundneunzig  Gulden  dreizehn  Batzen  ein  Bad-  und 
Waschhaus  von  Grund  aus  neu  erstellen,  das  war  das  äußere;  sie  schaffte  aber  auch 
für  das  Schweißbadehaus  einen  neuen  Kessel  im  Wert  von  fünfundzierzig  Gulden  an  ist. 
Da  erfahren  wir,  daß  das  andere  als  Back-  und  als  Badhaus  bezeichnete  ein  Schweißbad 
war.  Zwei  gleichartige  Bäder  außerhalb  der  Klausur  wären  ja  sinnlos  gewesen,  sie  waren 
eben  zweierlei  Art.  In  dem  Sinne  sind  auch  die  zwei  von  der  Äbtissin  Barbara  von  Spangen- 
stein (1523 — 43)  im  Kloster  Goeß  (Steiermark)  erbauten  Badehäuser  8*  aufzufassen. 

1645  ward  in  Zürich  erkannt,  „daß  den  becken  zu  statt  und  land,  ihre  nach- 
bahren und  künden  in  die  vom  brothbachen  erwärmenden  badstüebli  zulassen  erlaubt 
sey,  jedoch  sie  keinen  lohn  von  ihnen  nemmen,  noch  ihnen  schrepfen  sollen"  209. 
Zu  Beginn  der  zweiten  Hälfte  des  18.  Jahrhunderts  hatte  Aadorf  im  Thurgau  in  der  mit 
einer  Bäckerei  verbundenen  Gastwirtschaft  über  dem  Backofen  eine  Schwitzbade- 
stube, die  von  noch  jetzt  (1898)  lebenden  Leuten  besucht  wurde  i87.  Jn  der  Tavernen- 
bewilligung von  1768  ist  sie  nicht  erwähnt,  was  dadurch  erklärt  wird,  daß  sie,  wie  auch 
die  in  Zürich,  keine  ehehafte  war.  1 783  warnte  Scherb,  ein  Arzt  zu  Bischof  szell  im  Thurgau, 
das  vielen  so  beliebte  und  oft  ohne  Not  zu  gewissen  Zeiten  heftige  Schwitzen  in  allen 
Fällen  anzuwenden  563  Nach  RüscH  waren  die  Bäder  über  dem  Backofen  in  den  Kan- 
tonen Appenzell,  St.  Gallen,  Thurgau  und  Zürich  in  Gebrauch  88  das  Volk  nannte  sie 
Brotbäder.  Schüttete  man  ein  Glas  Essig  in  den  heißen  Backofen,  sprach  man  von  einem 
Essigdampfbad.  Man  hatte  auch  Haferbäder,  wenn  statt  des  Brotes  Hafer  im  Ofen  ge- 
dörrt wurde.  Dieser  mußte  von  Zeit  zu  Zeit  aufgerührt  werden,  wobei  ein  angenehmer 
Duft  in  die  Badestube  drang.  Der  Baderaum  lag  manchmal  direkt  über  dem  Backofen, 
und  die  Hitze  stieg  durch  ein  Loch  in  dem  Plattenboden  hinauf,  oder  es  führte  ein  mit 
einer  Klappe  verschließbares  Metallrohr  in  ein  im  oberen  Stockwerk  befindliches,  voll- 
ständig dunkles  Kabinettchen,  das  ringsherum  mit  Reihenbänken  versehen  war.  In  der 
Decke  dieses  Kastens  war  ein  Ventil  gegen  den  Kamin  hin  angebracht,  so  daß  die  Ven- 
tilation nach  Belieben  geregelt  werden  konnte.  Die  Badegäste  entkleideten  sich  in  einem 
Vorzimmer,  traten  nackt  oder  im  Hemde  in  den  Baderaum  und  setzten  sich  der  Reihe 
nach  auf  die  Bänke.  Hatte  sich  das  Brot  zu  bräunen  angefangen,  öffnete  der  Bäcker  das 
Ventil,  und  nun  strömte  der  heiße,  duftende  Brotdampf  in  das  Badezimmer  hinauf.  Wurde 
die  Hitze  zu  stark,  öffnete  ein  Gast  die  Klappe  an  der  Decke.  Nach  dem  Bade  rieb  man 
sich  ab,  kleidete  sich  rasch  an  und  begab  sich  in  die  Stube  hinunter,  um  sich  durch  einen 
Trunk  Wein  zu  erfrischen.  „Man  muß",  sagt  Senn  1871,  „jene  rotbackigen,  redseligen 
Weiblein  nach  einem  Brotbade  hinter  dem  Wirtstische  gesehen  haben,  um  sich  von  der 


Die  Bäckerbadstuben  113 

Wichtigkeit  einer  solchen  Kur  überzeugen  zu  können"  564.  Nach  anderen  Berichten 
ruhte  man  vor  dem  Trünke  nach  Wunsch  auf  einem  Bette  aus  529.  Man  blieb  eine  halbe 
bis  anderthalbe  Stunde  im  Bade  565  und  nahm  es  gewöhnlich  sechs  Tage  lang  564^  nament- 
lich gegen  Rheumatismus  und  Gicht  565.  Die  Bäder  hatten  Platz  für  acht  bis  zwölf  Per- 
sonen 564  es  gab  aber  auch  solche  für  zwei  bis  vier.  Meyer-Ahrens  maß  ein  Zimmer  für 
acht  Personen  aus.  Es  hatte  1,30  m  Tiefe,  1,70  m  Höhe,  1,80  m  Länge.  Die  Eingangstür 
war  1,35  m  hoch  und  42  cm  breit.  Die  Bäder  sollen  im  Kanton  Zürich  gegen  1862/63  ab- 
gekommen sein  565^  in  den  anderen  Kantonen  bestanden  sie  1871  noch  oder  waren  kurz 
vorher  eingegangen  564.  ich  habe  einen  alten  Mann  aus  Wetzikon  im  Kanton  Zürich  ge- 
sprochen, der  sich  aus  seiner  Jugendzeit  der  Brotbäder  und  des  daran  anschließenden 
Trunkes  wohl  erinnerte.  Die  Bäder  wurden  mit  zehn  Rappen  bezahlt  oder  gratis  verab- 
reicht, wo  dann  allerdings  der  Bäcker  durch  den  Wein  auf  seine  Rechnung  kam  564.  565. 

Senn  gibt  sie  1871  oder  kurz  zuvor  in  der  Krone  zu  Baltersweil  bei  Eschlikon  (Thurgau), 
in  Tannegg  bei  Fischingen  (in  der  Mühle  und  „ins  Mühlemachers"),  in  EIgg,  in  Wiezikon 
bei  Wyl,  in  der  Langgasse  bei  St.  Gallen  usw.  an  564.  in  der  einzigen  Gemeinde  Wetzi- 
kon gab  es  ungefährzehn  bis  zwölf  Schwitzkämmerchen,  und  noch  in  den  vierzigerJahren 
des  19.  Jahrhunderts  wurden  mehrere  neue  errichtet  565.  £§  wird  im  Dorfe  Wetzikon 
wohl  kaum  zwölf  Bäcker  gegeben  haben,  und  Senn  führt  eine  Bäckerbadstube  in  der 
Mühle  an.  Es  wurden  demnach  auch  die  Privatbacköfen  zur  Heizung  von  Schwitzstüb- 
chen  verwendet.    Heute  sind  sie  nicht  mehr  in  Gebrauch. 

Auch  in  anderen  Gegenden  sind  ähnliche  Badevorrichtungen  nur  dem  Namen  nach 
erhalten.  Noch  jetzt  findet  man  in  gewissen  Teilen  Schwedens  bei  den  Bauernhöfen  ge- 
zimmerte Häuschen,  die  man  Badehäuser,  badstugor,  nennt,  doch  dürften  sie  nach  Retzius 
nunmehr  selten  zu  ihrem  eigentlichen  Zwecke  verwendet  werden,  sondern  sie  dienen 
anstatt  dessen  als  Waschhaus,  fürs  Trocknen  von  Korn,  fürs  Räuchern  von  Rind-  und 
Schweinefleisch  usw.  5.  Ebenso  gibt  es  heute  im  bayerischen  Oberlande  Badstuben, 
die  ein  zum  Hofe  gehöriges  Nebenhäuschen  sind,  worin  sich  der  Backofen,  die  Anstalt 
zum  Flachsdörren  oder  -brechen  befindet,  oder  das  einem  Tagelöhner  zur  Wohnung 
dient  46.  in  Steiermark  sind  auf  dem  flachen  Lande  die  „Badstuben"  Hütten  zum  Flachs- 
rösten. WiCHNER  glaubt,  daß  sie  wohl  nie  oder  selten  zum  Zwecke  des  Badens  gedient 
haben.  „Rösten  und  Dörren",  sagt  er,  „ist  identisch  mit  bähen  (bahan),  im  Volksmunde 
„bahden",  z.  B.  die  „Pahde"  ist  eine  gebähte,  geröstete  Semmel.  Es  sind  daher  jene  For- 
scher auf  dem  Holzwege,  welche  in  dem  zahlreichen  Vorkommen  der  Badestuben  selbst 
bei  einzelnen  Bauernhäusern  auf  einen  hervorragenden  Reinlichkeitssinn  des  Landvolkes 
schließen  wollten"  84.  Wichner  ist  aber  im  Irrtum,  die  Badstuben  wurden  tatsächlich 
als  solche  benutzt. 

Nach  der  bayerischen  Landesordnungerklärung  vom  Jahre  1578  waren  die  „sonder- 
baren Padstuben",  welche  „die  Paurssleut  gemainlich  zu  jren  hausswohnungen"  aufzu- 
richten sich  unterstanden,  verboten.  Nur  die  Einöden  vor  den  Gebirgen,  „wölche  weite 
dess  weegs  haben  die  Eehaft  Päder  nit  besuchen  mögen",  waren  ausgenommen  i6^  ebenso 

Martin,  Badewesen  8 


114 


Die  Badehäuschen  der  oberdeutschen  Bauern 


verbot  eine  bayerische  Forstordnung  von  1616  die  „sondern  Badstuben  derbawren  bey 
Ihren  Hauswohnungen"  außer  bei  den  Einöden  an  den  Gebirgen,  wo  man  weit  in  das 
ehehafte  Bad  hatte  46.  Der  Propst  des  Klosters  Baumburg  in  Bayern  gestattete  in  dem 
Aitenmarkt  nur  ein  „eepat".  In  dem  Weistum  von  1439  heißt  es:  „es  schol  auch  sunst 

kain  vailpad  noch  haimleich 
oder  besunder  päd  in  dem 
Ahenmarkt  sein,  es  waren 
dreu  (3)  aufgevangeneu  päd 
zu  dem  Altenmarkt,  aines  ge- 
höret zu  dem  Jacob  Zolnär, 
sunst  genant  der  Engel- 
haimer,  das  ander  ainem  ge- 
nant der  Alt  Jorig,  das  dritt 
dem  Symon  Chueperger,  also 
wolt  die  selben  päd  mein 
vorvoder  säliger  gedächtnüsz 
brobst  Ulreich  Seman  nider 
haben  lassen  prechen,  das 
ward  im  durich  die  vorge- 
nanten drei,  der  die  päd  waren, 
abgepeten,  doch  in  solicher 
masz  das  die  selben  päd  hin- 
für nicht  pessert  schulten 
werden,  und  wenn  si  ab 
wären  gangen,  so  schulten 
si  hinfür  nimmer  zimmert 
werden,  nun  seind  die  päd 
alle  dreu  von  alter  abgangen, 
ich  hab  auch  selbst  bei  wan- 
deln poten,  das  sie  nimmer 
zimmert  schulten  werden,  da 
wais  man  sich  nu  wol  nach 
zu  richten"  ^35. 
Aus  diesen  drei  Urkunden  er- 
fahren wir,  daß  die  Bäder  bei 
den  Bauern  den  ehehaften 
Konkurrenz  machten,  daß  in  ihnen  also  gebadet  wurde,  ferner,  daß  sie  gezimmert  wur- 
den und  zwar  so  leicht,  daß  die  Regierungszeit  eines  Propstes  genügte,  um  sie  zerfallen 
zu  lassen.  Das  sind  noch  dieselben  kleinen  hölzernen  Badstuben,  wie  sie  als  selbstän- 
dige Gebäude  im  alamannischen  und  bayerischen  Rechte  vorkommen.  Wir  finden  sie 


L,. V  -*r. 


Abb.  49.    Vereinigung  von  Bad-  und  Waschhaus.    Kpfr.  aus  dem 
18.  Jahrhundert.    Sammlung  Pachinger  in  Linz. 


Verbindung  von  Bad-  und  Waschhaus  115 

auch  in  der  Schweiz.  1550  wurde  an  das  Siechenhaus  zu  St.  Gallen  der  Hof  Bernang  ver- 
kauft: „Haus  und  Hofstatt  mit  Zimmern,  Torggel, Stadel, Speicher,  Badstuben,  Schweine- 
stall, Brunnen  mit  Wasser  und  Wassergängen,  Baumgarten  und  Reben,  alles  in  einem 
Einfang  im  Dorf  gelegen"  3ii 

Ein  weiterer  Typus  des  Badehauses,  wie  ich  glaube  aus  späterer  Zeit,  ist  die  Verbin- 
dung desselben  mit  dem  Waschhause  (Abb.  49).  Wir  sahen  schon,  daß  das  Kloster  Tänikon 
im  Thurgau  16Q3  neben  dem  Schweißbadehaus  ein  Wasch-  und  Badhaus  hatte,  und  zwar 
über  einem  Wasserkanal  gelegen  187.  DieVesteKyburg  besaß  an  derRingmauer  gegen  den 
Hof  hin  ein  Bad-  und  Waschhaus  nebst  Holzschuppen,  das  bei  Beschreibung  des  Planes 
als  „neu"  bezeichnet  wirdsn.  1533  erbaute  das  Kloster  St.  Blasien  im  Schwarzwald 
„ain  neuwe  Badstuben  sampt  ainem  Waschhauß  darin"  am  Teich  bei  der  Brücke  129.  Das 
Fraumünsterstift  zu  Zürich  hatte  1439  eine  „batstube".  1540  wurde  die  St.  Nikiaus- 
kapelle nebst  „Bad-  und  Waschhaus",  um  Platz  zu  schaffen,  abgerissen.  1439  bestand 
aber  daneben  „miner  fröwen  gnad  batstübel",  das  1514  wieder  erwähnt  wird  1^4.  Jm 
Züricher  Waisenhause  wurde  1765  ein  „Wasch-  und  Badhaus"  erbaut  566. 

Der  zu  Nürnberg  1705  gedruckte  „kluge  und  rechtsverständige  Hausvater"  hat  ein 
Kapitel  überschrieben:  „Von  derWasch-Kuche,  item  dem  Bad-  und  Back-Häusel".  Alle 
drei  Stätten  sollen  auf  einem  Vorwerk  oder  Meierhof  unter  einem  Dache  untergebracht 
werden.  Drei  Öfen  heizen  fünf  Zimmer.  Ein  Ofen  steht  im  Bad,  geht  aber  mit  einer  Seite 
in  die  Abziehstube,  ein  zweiter  liegt  dem  ersten  gegenüber.  Die  Öfen  haben  inwendig 
Kessel,  die  oben  mit  Deckeln  und  unten  mit  „Reiben",  das  Wasser  abzulassen,  versehen 
sind.  Sie  dienen  zum  Waschen  und  Baden.  In  der  Mitte  des  Raumes  steht  eine  Badewanne 
mit  niederem  Sitz.  Das  Bad  kann  achteckig  und  oben  mit  einer  Halbkugel  oder  einem  Spie- 
gelgewölbe geschlossen  sein  567.  Auch  sagt  die  1703  zu  Nürnberg  veröffentlichte  „kluge 
als  künstliche  . . .  Hauß-Halterin" :  „Wo  man  ein  Bad  in  den  Häusern  hat,  findet  man  in 
den  Ofen  derselben  einen  großen  küpfernen  Kessel  eingemauret,  um  das  benöthigte 
Wasser  darinnen  auf  zu  wärmen.  Man  kann  ihn  auch  zum  Waschen  benutzen,  wenn  man 
nicht  besondere  Kessel  im  Hofe  eingemauert  hat.  Übrigens  muß  das  Bad  mit  Bäncken 
umgeben  und  rings  mit  Holz  getäfelt  seyn,  damit  die  Kälte  nicht  durch  das  Mauer-werk 
häufig  eindringe,  und  man  an  einen  Ort  verbrenne,  und  an  den  andern  fast  erfröhre. 
Nechst  deme  gehören  auch  in  das  Bad  ein  messing-  oder  küpfernes  Laugen-Kesselein, 
den  Kopf  zu  zwagen,  ein  und  andere  Bad- Wannen,  hölzerne  Schäfflein  und  Gelten,  so 
wohl  zu  kalten  Wasser,  das  allzu  heiße  damit  zu  temperiren  und  abzukühlen,  als  auch 
zu  warmen  Wasser,  die  Füße  darein  zu  setzen,  wiewohl  man  gemeiniglich  hiezu  beson- 
dere aus  Kupfer  gemachte  tiefe  Fuß-Becken  hat,  welche  man  hiezu  gebrauchen,  und 
jedes  mal  aus  der  Küche  hinab  in  das  Bad  zu  tragen  pfleget"  568  jm  germanischen 
Museum  zu  Nürnberg  befindet  sich  ein  Puppenhaus  vom  Jahre  1639.  Zuunterst  in  dem 
Hause  ganz  links  liegt  die  Badestube,  die  mit  allerlei  hölzernen  Bänken,  Kübeln  und  einer 
zinnernen  Badewanne  angefüllt  ist.  In  einem  zweiten  Puppenhause  des  germanischen 
Museums  ist  ein  Raum  im  Erdgeschoß  durch  die  Bemalung  der  Innenseite  der  Tür 


116 


Das  Bad  im  Garten 


Abb.  50.  Frau  (Bademagd?)  mit  Kind  zum  Bade 
gehend.  Bemalung  der  Innenseite  einer  Tür  (der  Bade- 
stube) im  Erdgeschoß  eines  Puppenhauses  von  ca. 
1600  im  germanischen  Museum  zu  Nürnberg.  Nach 
einer  farbigen  Zeichnung  von  Hefner-Alteneck. 


(Abb.  50)  als  Badestube  gekennzeich- 
net*. Roth  erwähnt  1792,  daß  sich  in 
Nürnberg  fast  in  jedem  Hause  Zimmer 
zur  Reinigung  der  Wäsche  im  untersten 
Stockwerk  vorfinden,  die  man  „Bäd- 
lein" heißt  155.  Sie  wurden  demnach 
nicht  mehr  als  Bad  benutzt. 
Anton  Tuchers  Badestube  befand 
sich  zu  Nürnberg  nach  dessen  Haus- 
haltungsbuche (1507 — 17)  dement- 
sprechend im  Vorderhause.  Tucher 
hatte  aber  ein  zweites  Bad  im  Garten  206. 
Den  Nürnberger  Verhältnissen  der  da- 
maligen Zeit  nach  zu  urteilen,  muß  es 
außerhalb  der  Stadt  gelegen  haben. 
1584  wurde  eine  Nürnberger  Patrizierin 
Magdalena  Paumgartner,  geb.  Beheim, 
zu  ihrer  Freundin,  der  Scherly  ins  Bad 
im  Garten  geladen  24s.  Der  Abt 
Johann  111.  zu  Admont  in  Steiermark 
errichtete  1473  ein  Badhaus  im  Garten. 
1560  wurde  es  neu  gemauert  und  im 
Innern  durch  Steinpfeiler  gestützt,  1576 
eine  neue  Verglasung  der  Fenster  er- 
steUt84.  Im  erzbischöflichen  sog. 
Mainzer  Hofe  zu  Erfurt  ließ  Nikolaus 
Engelmann,      der     von     1494 — 1516 


Küchenmeister  war,  „eyn  schöne  newe  badestubbe  mit  zweyen  stubben  vnd  eynem 
sommerheuslein"  errichten.  Von  der  Badestube  im  Mainzer  Hofe  sagt  der  Bericht 
an  anderer  Stelle:  „Szo  man  baden  will,  sallen  sie  (keszemutter)  vnd  die  viehemaidt 
laugen  machen,  die  badestoben  wormen,  vnd  die  benck  vnd  boddeme,  schemel  vnd 
hultzern  pfulffe  (kissen)  darin  rein  weschen."  Der  „heymknecht"  oder  die  „Viehe- 
maydt"  und  die  Hirten  sollten  Holz  tragen  und  Wasser  schöpfen,  den  Badekessel 
füllen  und  die  Badestube  wärmen  56^.  Sie  enthielt  nach  dieser  Schilderung,  wie  wir  später 
sehen  werden,  ein  Schwitzbad.  Diese  Gartenbadehäuser  waren  Lusthäuser,  die  sich 
manchmal  zu  wahren  Prachtbauten  gestalteten.  So  erbaute  der  Kurfürst  Max  Emanuel 
1718  im  Rokokostil  die  „Badenburg"  im  Park  zu  Nymphenburg  bei  München  i6S. 

Der  Renaissance  gehören  die  beiden  herrlichen  von  1571—81  erbauten  Badestuben 
im  Fuggerpalast  zu  Augsburg  an430  (Abb.  51),  ebenso  die  des  Ambrosius  Höchstetter 
*  Die  Nachricht  darüber  verdanke  ich  Herrn  Dr.  Hampe. 


Pracht  der  Hausbadestuben 


117 


Abb.  51.    Badestube  iim  Fuggerpalast  zu  Augsburg  (erbaut   1571—81).     Holzschnitt  nach   Dohme. 


118  Inventar  der  Hausbadestuben 

daselbst  565.  Das  schönste  Badezimmer  aus  jener  Zeit  besitzt  der  Vatikan  nach  einer  Mit- 
teilung des  Freiherrn  von  Oleichen-Rußwurm  im  Neuen  Wiener  Tageblatt.  Raffael  hat 
es  für  seinen  Gönner,  den  Kardinal  Bibbiena,  mit  mythologischen  Szenen  geschmückt. 

In  Frankfurt  ermietete  14Q5  der  Kammerrichter  Eitel  Friedrich  Graf  zu  Zollern  das  Haus 
Rustenberg  an  der  Leonhardskirche  samt  Mobiliar.  „In  der  baetstoben"  fand  er  „eyn 
großen  coppern  kessel  vnd  2  groiß  messen  (messingerne)  becken  vnd  eyn  cleyn  backen 
und  eyn  coppern  becken,  eyn  lilach  mit  zadel  vnd  2  lilach  vnd  eyn  blechen  laugkessel 
(Laugenkessel)".  In  der  Badestube  des  zu  Frankfurt  1502  verstorbenen  Wernher  Dulling 
befanden  sich  zwei  kupferne  Kessel  127.  Das  Reichskloster  Salem  (Salmansweiler)  hatte 
zu  Pfullendorf  einen  Hof,  das  „Stainhauss".  Als  1577  frater  Hägelin  in  die  Pflege 
eingesetzt  wurde,  befanden  sich  im  „Badstüblin":  „kupfferin  lauggelten  1,  wasser- 
gelten 2,  kübel  2,  laughäfen,  alles  kupffern",  im  „Abziechstüblin" :  „gutschenbettlin  1, 
darinn  strosackh  1"  und  in  der  Küche  „1  badbeckelin"  aus  Messing  570.  Auch  in  einem 
Züricher  Inventar  aus  dem  16.  Jahrhundert  kommt  ein  „möschi  Becki"  (Becken  aus 
Messing),  „als  man  in  das  Bad  treit",  vor,  daneben  „1  kupferner  Badhafen  sammt  dem 
Hut  (Deckel),  1  Badkasten  und  1  Hafen  in  ein  Badstuben"  252.  Michel  Behaim  gedenkt 
1491  der  „padstuben",  1499  kaufte  er  seinem  Weibe  für  siebzig  den.  eine  Badewanne  210. 
Anton  Tucher  in  Nürnberg  hatte  nach  seinem  Haushaltungsbuche  (1507 — 1517)  ein 
„abcziehkemerlen  vor  dem  päd"  mit  Rautenfenstern.  In  der  Badestube  war  der  Boden 
aus  Stein  und  Brettern.  An  Inventar  kaufte  er  einen  kupfernen  Badeofen  von  261  Pfund 
Gewicht,  einen  Badkessel  aus  Kupfer*  und  vier  kupferne  „padschefflen",  einmal  eine 
neue  Badewanne  in  den  Garten  206.  in  der  Badestube  der  Benediktinerabtei  Neustadt 
am  Main  befanden  sich  1555  zwei  messingerne  Wannen  mit  zinnernen  Deckeln,  eine 
kupferne  Wanne,  ein  messingernes  Becklein,  fünf  Badgelten  von  Holz  und  ein  großer 
Wasserzuber  i96.  Nach  Ryff  waren  die  Öfen  in  den  kleinen  Badestuben  aus  Eisen  oder 
Kupfer  oder  gemeinem  Hafnergeschirr  aufgesetzt  466.  Manche  Hausbadestuben  waren 
gemauert,  zuweilen  künstlich  gewölbt,  doch  zog  er  die  aus  Holz  gebauten  vor,  die  stei- 
nernen sollten  wenigstens  mit  Holz  getäfelt  sein  48. 

In  den  verschiedenen  Gedichten  vom  Hausrat  257  wird  das  Inventar  der  Hausbade- 
stube angegeben.  Hans  Foltz  sagt  in  den  achtziger  Jahren  des  15.  Jahrhunderts  in 
einem  Spruchgedicht: 

„Darnach  was  als  ghort  yns  badt  welchs  man  darff  das  man  es  her  such 

Ein  krugk  mit  lawen  ist  nith  schad  Schemel  badfleck  badlach  badbeck 

badsack  badschwam  ein  heris  tuch  Strel  badhut  küssen  das  man  legh." 

In  einem  Meistergesang  desselben  Dichters  heißt  es : 

„So  mon  nun  in  das  päd  wil  gan 
ein  krüg  mit  laugen  müs  mon  han 
pattüch  wisch  düch  vnd  ein  päd  schwam 
patpeck  pat  hüt  ein  strel." 

*  Nach  einer  Abbildung  in;  Ryffs  Vitruv  von  1575"'*  waren  die  metallenen  Badewannen  aus 
großen  Blechstücken  zusammengenietet. 


Badebeutel  mit  Zubehör  1 1 9 

Hans  Sachs  hat  in  einem  Spruchgedicht  von  1544  „Der  gantz  Hawsrat": 
„Wen  man  den  in  das  päd  wil  gan 
Ein  krueg  mit  lawgen  mues  man  han 
PadmantI,  padhuet  vnd  Hauptuecli 
Peck,  puersten,  kamb,  schwamen  vnd  pruech." 

In  den  Verzeichnissen  ist  der  Krug  mit  Lauge  ohne  weiteres  verständlich  und  ent- 
spricht dem  heute  ins  Bad  mitgenommenen  Stück  Seife.  „Ein  Krug  zu  der  Lougen  dz 
man  zwag",  heißt  es  im  Straßburger  Gedicht  vom  Hausrat  (1514),  das  übrigens  auch 
den  Blasebalg  anführt,  der  das  Feuer  unter  dem  Kessel  „vff  glesten"  macht  257.  Darauf 
folgt  im  Spruchgedicht  von  Foltz  der  „badsack",  in  dem  die  später  genannten  Gegen- 
stände bis  zum  Strel  (Kamm)  oder  auch  mit  Einschluß  des  Badehutes  untergebracht  waren. 
In  Ulm  sollte  1584  „ein  köstlicher  Badsack,  der  mit  Hemden,  Scheertüchern,  Fezenetlin 
und  anderer  Bereitschaft  gefüllt  ist",  nicht  höher  als  vierundzwanzig  fl.  kommen  73. 
Meister  CuRD  Hallis,  Rektor  der  Stadtschule  in  Göttingen,  ließ  1458  von  seiner  Geliebten 
den  „snor"  (Schnur)  an  seinem  „badebudel"  machen  526  1537  kommt  in  Wismar 
„1  badekappe  mit  deme  badebudel"  vor533.  Nach  der  Rostocker  Kleiderordnung  von 
1581  schenkte  die  Braut  dem  Bräutigam  einen  Badebeutel  543.  Lukas  Rem  hat  1518  in 
seinem  Tagebuch  aufgezeichnet,  daß  seine  Frau  für  ihn  kaufte  „mein  breigoff,  2  hembder, 
badsack  mit  seim  zugehör  &  und  ander  fil,  Ir  zuo  der  hochzeit  net  gwest"  265.  Schmid 
und  Greiff  verstehen  unter  Breigoff  die  Gabe  der  Braut  an  den  Bräutigam  265.  Doch  hat 
Rem  1518  beim  Hochzeitsgeschenk  für  seinen  Schwager  und  dessen  Braut  angemerkt: 
„Sie  heften  aber  mir,  meim  weib  eerliche  breygoff  stuck  nach  Ir  manier  geschenkt"  265. 
Breygoff  bedeutet  demnach  ganz  allgemein  ein  bei  der  Hochzeit  gegebenes  Geschenk. 
Heute  noch  beschenken  sich  in  manchen  Gegenden  der  deutschen  Schweiz,  z.  B.  im 
Klettgau,  auch  die  Hochzeitsgäste  gegenseitig.  In  dem  zu  Ulm  1584  erwähnten  Bad- 
sack befanden  sich  auch  „Fezenetlin".  Der  Ausdruck  kommt  vom  italienischen  fazzoletto, 
und  heute  bedeutet  in  der  Schweiz  Fazinetli  ein  kleines  Tuch,  meist  das  Taschentuch. 
Im  Wildenbrucher  Inventar  werden  1560  „15  zwilch  Facinetlein"  aufgeführt  mit  der 
Bemerkung  „sein  Tellertücher"  560.  Conrad  Clauser  (Basel  1598)  hat  aber  badlachen 
gleich  „faceletly"  556^  darum  gehörten  sie  in  den  Badesack.  Der  „badfleck"  bei  Foltz  ist 
nicht  verständlich,  da  aber  die  von  Sachs  angeführte  pruech  fehlt,  möchte  ich  ihn  für 
die  Badehose  halten. 

Der  Badehut  wurde  fast  durchgehends  im  Bad  getragen.  Die  Ansicht,  dadurch  das 
Haar  vor  Nässe  zu  schützen,  stammt  erst  aus  späterer  Zeit.  Die  meist  kleinen,  aus  Stroh 
geflochtenen  Badehüte  hätten  diesen  Zweck  auch  nicht  erfüllt  (z.  B.  Abb.  36).  Im  Anfang 
des  14.  Jahrhunderts  sagt  der  König  vom  Odenwald 

vom  strovi/e  badehüete 
geben  guot  gemüete"  228. 

Die  ersten  Abbildungen  von  Badehüten  aus  Stroh  finden  sich  im  Dresdener  und 
Wolfenbütteler  Sachsenspiegel  (14.  Jahrhundert)  (Abb.  68),  während  im  Heidelberger 
(13.  Jahrhundert)  die  Badenden  barhaupt  dargestellt  sind  (Abb.  67).    Noch  im  18.  Jahr- 


120 


Kopfbedeckung  im  Bad 


hundert  kommt  der  „Schaub-(Stroh-)hut"  in  der  Kurfürstlich  Sächsischen  Taxordnung 
des  Kreises  Meißen  vor.  Für  die  Benutzung  war  dem  Bader  ein  Pfennig  zu  zahlen  242.  Nach 
einem  Weistum  von  Huisheim  in  Schwaben  von  1505  hatte  der  Bader  jedem  Erwachsenen 
einen  Badehut  zu  geben  535^  nach  dem  „Öttinger  Ehaftbüechl"  von  1577  ebenfalls,  wenn 
der  Badende  keinen  mitbrachte  46  in  Maalers  Lexikon  (1561)  wird  der  Badehut  als  aus 
Roggenstroh  gefertigt  angegeben  iö2_  Daneben  finden  wir  auch  andere  Kopfbe- 
deckungen, zuweilen  die  im  gewöhnlichen  Leben  getragenen,  z.  B.  ein  Federbarett  bei 
Männern  und  auch  bei  Frauen.  Auf  dem  ältesten,  im  14.  Jahrhundert  gebrauchten  Siegel 
der  Stadt  Baden  (Schweiz)  trägt  die  im  Bade  sitzende  Frau  eine  Bedeckung  (Schleier) 
(Abb.  52),  wie  sie  auf  den  Siegeln  und  steinernen  Denkmalen  des  13.  Jahrhunderts  und 
in  den  Sachsenspiegelbildern  vorkommt,  durch  welche  die  verheiratete  Frau  von  der 
Jungfrau  unterschieden  wird  552.  Frauen  und  auch  Männer  tragen  häufig  Haarnetze, 
zuweilen  turbanartig  geknotete  Tücher  und  Kappen,  wohl  von  Leinwand.  Wildvoqel 
gibt  im  18.  Jahrhundert  solche]  aus  Wolle  an  242^  und  Behaim  erhielt  1500  zum  Baden 


Abb.  52.    Siegel  von  Baden  im  Aargau,  a  im  14.,  b  im  15.  Jalhrhundert  gebraucht. 
Schweizerisches  Landesmuseum  in  Zürich. 

im  Wildbad  von  seiner  Frau  ein  „swartze  seiden  hauben"  210.  Zu  Anfang  des  18.  Jahr- 
hunderts schützte  die  Frau  ihr  Haupt  vor  Nässe  durch  eine  Badehaube  422  nach 
Zedlers  Lexikon  war  diese  1733  von  weißer  Leinwand  und  ein  auf  dem  Kopfe  „zu- 
sammengefitztes"  Tuch  468. 

Das  Becken  nennt  Hans  Sachs  zwischen  Haupttuch  und  Haarbürste,  und  fand  es  viel- 
leicht deswegen  beim  Kopfwaschen  Verwendung.  Dagegen  glaube  ich,  daß  das  „bad- 
beckelin"  aus  Messing  in  der  Küche  des  Steinhauses  zu  Pfullendorf  und  das  „möschi 
Becki,  als  man  in  das  Bad  treit"  des  Züricher  Verzeichnisses  dem  aus  Kupfer  gefertigten 
tiefen  Fußbecken  der  Nürnberger  Haushälterin  entspricht,  welches  man  jedesmal  in  das 
Bad  zu  tragen  pflegte.  Daß  man  es  nicht  im  Bad  aufbewahrte,  lag  an  der  durch  Feuers- 
gefahr begründeten  Abgelegenheit  der  Badestube  (erst  im  18.  Jahrhundert  liegt  sie  beim 
Schlafzimmer 422  und  weil  man  Fußbäder  sehr  häufig  nahm.  Ryff  kannte  schon  den 


Der  Badschild  des  armen  Mannes  121 

Einfluß  der  Schenkel-  und  Fußbäder,  die  ziemlich  heiß  genommen  werden  sollten,  auf 
den  Kopf  und  schrieb  ihnen  Stärkung  von  Gesicht,  Gehör  und  Gedächtnis  zu  48.  über 
„küssen  das  man  legh"  siehe  S.  1Ö4. 

Man  muß  annehmen,  daß  die  Leute  in  ihrer  eigenen  Badestube  trotz  der  Meister- 
singer Inventar  nackt  badeten.  Hans  von  Schweinichen  erzählt:  „daß  ich  wenige  Tage  zu 
Hofe  war,  badete  die  alte  Herzogin  (von  Liegnitz  c.  1562);  alda  mußte  ich  aufwarten 
als  ein  Junge.  Es  währet  nicht  lange,  kummt  eine  Jungfrau,  Katharina  genannt,  stabe- 
nakend  raus,  heißt  mich,  ihr  kaltes  Wasser  geben"  i6. 

In  frühester  Zeit  hatte  wohl  jeder  Grundeigentümer  seine  eigene  Badestube.  Es  scheint 
fast,  als  wenn  diese  zuweilen  dem  verarmten  Manne  die  letzte  Zufluchtsstätte  war,  in  der 
er  wohnte.  In  uralten  hessischen  Rechtsformeln  heißt  es :  „wer  aber  alhie  eigen  und  erbe 
hat,  derselbige  sal  sich  darauf  finden  lassen,  und  denselbigen  sal  man  auch  uf  keinen 
groszern  buwen  dringen,  diewil  er  sich  unter  einem  batschilde  erhalten  mag".  „Item,  ob 
einer  verarmt,  das  er  sinen  bew  nicht  gehalten  kan,  sol  er  seinen  schilt  stürzen  uf  sin 
erb  oder  gut,  sol  er  us  dem  batschild  geben  des  besten,  das  er  vermag,  so  sollen  die 
herren  in  nit  zu  vertriben  haben."  „auch  sal  man  einen  armen  Mann  in  diseme  gerichte 
lassen  sitzen  uf  dem  sime,  die  wile  he  sich  mag  behalden  under  einem  badschilde"  i5i. 
Grimm  meint  zwar,  daß  Badschild  gleich  Badewanne  wäre,  doch  konnte  man  unter  einer 
solchen  nicht  wohnen,  wohl  aber,  wie  wir  sahen,  in  einer  Badestube*.  Außerdem  wird 
Badschild  in  Gegensatz  zu  einem  großen  Bau  gestellt.  Vielleicht  ist  es  gewagt,  wenn 
ich  unter  Badschild  den  durch  das  Bad  gewährten  Schutz  und  in  weiterem  Sinne  die  den 
Schuldner  schützende  Badestube  verstehe.  Nach  dem  König  vom  Odenwald  zu  Anfang 
des  14.  Jahrhunderts  nahm  sogar  ein  Herzog  von  Sachsen  seine  Zuflucht  zur  Bade- 
stube, um  nicht  gepfändet  zu  werden  228.  Jedenfalls  geht  aus  den  Rechtsformeln  her- 
vor, daß  das  unter  dem  Badschild  befindliche  Eigentum  die  letzte  Habe  des  armen 
Mannes  war,  zu  der  demnach  auch  der  Badschild  selbst,  sei  er  Badestube  oder  Bade- 
wanne, gehörte. 

In  den  Städten  finden  wir  bei  vornehmen  Leuten  frühzeitig  eigene  Badestuben,  so  in 
Ulm  1352  bei  Heinrich  von  Weißenhorn  so.  ]385  besaß  der  Hof  des  Herrn  Friedrich  Roth 
in  der  Sterngasse  zu  Würzburg  ein  eigenes  Bad  144.  Fehlte  in  bürgerlichen  Wohnhäusern 
das  Badezimmer,  so  war  doch  eine  Badewanne  vorhanden.  In  den  Gedichten  Kaufringers 
hatte  eine  Augsburger  Schustersfrau  den  Zuber  vor  der  Kammer  stehen,  und  im  Hause  des 
Bürgermeisters  von  Erfurt  war  er  im  „kemenat"  256.  jp  Dörfern  stand  er  nach  zahlreichen 
Darstellungen  des  Todes  Wolfenschießens  im  Hausflur,  einmal  erscheint  er  unter  der 
Dachtraufe  (Abb.  53).  Ganz  armen  bedürftigen  Leuten,  namentlich  „kindbetteren"  wurde 
die  „badebütt"  geliehen,  so  1338  von  der  Äbtissin  zu  Andlahe,  welche  nach  der  Dinghof- 
rodel zu  Marlei  (altem  Königshof  bei  Straßburg)  die  „dugen"  von  denen  zu  Birken  schicken 
ließ,  die  der  Baumeister  mit  den  vom  Keller  gegebenen  Reifen  zur  Badebütte  vereinigte  535. 

*  Dabei  kann  Badschild  außerdem  die  Badewanne  bedeuten,  wie  Badestube  das  Badeiiaus,  die 
Stube  selbst  und  auch  das  Gefäß,  in  dem  man  badete,  bezeichnet. 


122 


Bewegliche  Badstäbchen 


Immerhin  verlangte  eine  bayerische  Forstordnung  (1616)  vom  geringen  Bürger  und  Hand- 
werker ordentliche  gemauerte  Badstuben  im  Hause  46.  Man  hatte  nämlich  auch  transpor- 
table Apparate,  die  durchw^egden  Namen  Badstüblein  führen.  Schon  1345  kommt  in  einer 
Klosterrechnung  zu  St.  Emmeran  ein  solches  vor.  Die  bayerischen  Bauern  hatten  bei 
ihren  Wohnungen  und  die  geringen  Bürger  und  Handwerksleute  in  Städten  und  Märkten 
ebenfalls  „solche  Bädlen,  die  man  hin  und  wider  tragen  mag  und  mit  Gluet  haizt"  (1616)  46. 


Abb.  53.    Bad   unter   der   Dachtraufe    eines   Bauernhauses.     Holzschnitt  aus  einer  Serie:   „Aus  der 
Gründung  der  Eidgenossenschaft".    1580.    Stadtbibliothei<  Zürich. 


Das  eigentliche  Schweißbad  123 

Das  waren  im  Gegensatz  zu  den  in  Wannen  genommenen  Bädern  solche  zum  Schwitzen. 
Aber  bei  genauerem  Betrachten  erscheinen  auch  manche  Wannenbäder,  die  man  zunächst 
für  Wasserbäderhalten  i<önnte,als  Schweißbäder.  Vom  Frauenkloster  Prez  in  Schleswig- 
Lauenburg  heißt  es  c.  1474:  „Item  leth  ick  maken  in  dat  Badehus  IV  lange  nige  (neue) 
Badeküven  mit  IV  nigen  Roven  (Dach  darüber)  und  mit  bequemen  Schemelen  up  to 
sittende,  und  ok  under  de  Vote"  i6.  Die  Schemel  waren  also  zum  Sitzen  in  der  Bade- 
wanne bestimmt,  und  es  gab  auch  welche  für  die  Füße.  Ryff  sagt:  „Aber  die  kleineren 
Badtstuben  oder  schweiß  bäder  so  allenthalben  in  sonderlichen  Bürgerlichen  wonungen 
bey  vns  Teutschen  vast  (sehr)  gemein  sindt,  pflegt  man  durch  dunst  vnd  dämpff  siedens 
Wassers  zu  heitzen.  Aber  solche  truckne  (er  rechnet  die  Dampfbäder  zu  den  trocknen) 
schweißbäder  zu  der  notturfft  inn  der  eil  zu  bereiten  vnnd  erhitzigen  haben  wir  gar  man- 
cherleygeschicklicheitvndvortheil,alsmit  glüendigenEysen  sinter  stein,  Maur  stein  oder 
gebachen  steinen,  kißling  steinen  vnd  dergleichen  wie  yederman  wol  bewust,  darmit  man 
schnei  truckne  schweiß  bäder  zurichten  mag"  48.  1519  empfiehlt  der  St.  Oaller  Bürger- 
meister und  Arzt  Joachim  von  Watt,  zur  Verhütung  der  Pest  Schwitzbäder  im  Haus  zu- 
zurichten „als  in  einem  verdeckten  zuber,  mit  heißen  steinen  usw".  Im  Badwasser 
sollte  man  Kräuter  sieden  „vnd  domit  vff  gießen"  und  auch  waschen  57i.  Etschen- 
REUTTER  sagt  1 571  :  „aber  bey  vilen  im  brauch  dz  wir  eigentlich  schweißbad 
nennen,  so  kreütter  in  einem  kessel  gsotten,  von  dem  selbigen  laum  (Dampf)  der  leib 
erschwitzet,  allein  für  sich  selbs  oder  mit  glüenden  sinckelsteinen  mit  wein  begossen, 
menigklich  bekant,  vnnötig  weitter  daruon  zureden".  An  anderer  Stelle  sagt  er,  daß 
das  Schweißbad  in  der  Bütte  genommen  werden  soll,  und  weiter:  „  . .  .  so  allein  das 
haupt  außerhalb  des  dampffs  der  badestuben  ist.  So  aber  der  schweiß  in  schweißbädern 
mit  gesottnen  kreüttern  erwermet,  gefürdert  wird  ....  ist  würcklicher  (wirksamer),  dann 
so  es  allein  mit  holtz  in  gemeinen  badstuben  bescheh  .  .  .  Wann  aber  der  dampff  vnnd 
erwermet  lufft,  von  dem  wasser,  in  welchem  saltz,  Salpeter,  oder  schwebel  ist,  erhept, . . . 
seubert  mehr  dann  das  drucken  schwitzen,  vil  mehr  dann  so  der  schweiß  vom  dampf 
der  süßen  wasser  zugericht  wurde"  449. 

Nun  ist  es  verständlich,  warum  im  Kloster  Prez  die  Kufen  Schemel  zum  Sitzen  und  für 
die  Füße  hatten;  denndaskochende  Wasser  wurde  direkt  auf  den  Boden  der  Wanne  oder 
auf  dort  befindliche,  glühend  gemachte  Steine  gegossen.  Hervorgehoben  muß  werden, 
daß  man  in  der  Regel  nur  das  Bad  in  diesen  Apparaten  Schweißbad  nannte,  und  Murner 
bildet  unter  diesem  Namen  eine  mit  Dach  versehene  Badebütte,  aus  der  der  Kopf  her- 
ausragt, ähnlich  wie  Abb.  54 f  ab.  Nach  Ryff  sollte  die  Bütte  bedeckt  sein  250.  An  Stelle 
des  einfachen  Wassers  scheint  man  noch  häufiger  Abkochungen  von  Kräutern  verwendet 
zu  haben.  „Acten,  ruten,  gesotten  mit  wyden,  getrunken,  und  ab  den  krüteren  gschweiß- 
badet",  heißt  es  1588  in  einem  Zuger  Arzneibuch  557.  Quarinonius  versteht  1610  unter 
„Dempffbad",  das  er  auch  Schweißbad  nennt  und  in  Gegensatz  zum  gemeinen  Bad  (in 
der  Badestube)  stellt,  „wann  man  in  den  ehrlichem  vnd  ansehnlichem  Häusern,  ein 
darzu  gerüste  Wannen,  oder  kleine  Stühle  hat,  darinnen  man  gehitzte  Ziegel,  oder 


124 


Badeapparate  im  16.  Jahrhundert 


Abb.  54.    Dampf-  und   Beräucherungsapparate  des   16.  Jahrhunderts.    Holzschnitt  aus   Dryanders 
Arzneispiegel.    Frankfurt  am  Main.    1547*. 


*  Die   in  Abb.  34,  53   und  54  wiedergegebenen    Apparate  finden   sich    in    mehreren  Büchern   des 
Egenolfschen  Verlages,  namentlich  in  .Ryffs  großer  Chirurgie. 


Die  kleinen  Heißluft-  und  Dampfbadestuben  125 

Kißlingstein  einträgt,  vnd  mit  abgesottenem  Wasser  von  guten  vnd  wol  riechenden 
Kräutern,  die  Stein  begeust,  darauß  die  Wärme  vnd  der  Dampff  raucht"  '34  Diese 
Schweißbäder  waren,  wie  aus  der  Stelle  bei  Etschenreutter  hervorgeht,  sehr  bei<annt, 
auch  Watt  beschreibt  sie  nicht  näher,  sondern  setzt  dafür  ein  usw.  Noch  16Q7  emp- 
fiehlt Zapf  in  Weimar,  das  Rastenberger  Wasser  gegen  Podagra  auf  heiße  Kieselsteine 
oder  in  ein  Badstüblein  oder  „versprügelten  Wannen"  aufzugießen  40i. 

Nach  Ryff  setzte  man  auch  zwei  Wannen  oder  Gefäße  übereinander  (natürlich  die 
obere  mit  dem  Boden  nach  oben)  oder  gebrauchte  über  der  Wanne  ein  „obdach  von 
Stro  geflochten"  4s  (Abb.  43). 

Im  Straßburger  Gedicht  vom  „Hußrat"  (1514)  heißt  es: 

„Ich  bring  dir  sicher  ouch  ein  Badbütten 

Bedket  mit  eyner  Schoubin  (von  Stroh)  hütten 

Darzu  so  müstu  gute  Krüter  hon 

So  würstu  ouch  schwytzen  wol  dar  von"  -='. 

Andere  „kleine  Badstüblein"  hatten  die  Form  eines  Schrankes  und  waren  aus  dicken 
Brettern  gefertigt,  um  die  Wärme  besser  zu  halten  (Abb.  54  e).  In  den  Doppelboden  wur- 
den glühendes  Eisen,  erhitzte  Sintersteine,  Kieselsteine,  gebackene  Steine,  Mauersteine 
oder  Schlacken  eingeschoben  oder  darin  Branntwein  angezündet.  Es  handelte  sich  also 
um  Heißluftbäder.  Im  Deckel  befanden  sich  Löcher,  die  mit  Zapfen  verschlossen 
werden  konnten,  um  die  Hitze  zu  mäßigen.  Wenn  es  für  nötig  befunden  wurde, 
leitete  man  von  einem  Topf  (Abb.  54  c)  aus  die  Dämpfe  von  Kräutern  in  das  Badestübchen. 
An  der  Einmündung  des  Rohres  wurde  im  Innern  des  Kastens  eine  hohle,  nach  unten 
offene  Halbkugel  angebracht,  damit  der  Dampf  dem  Badenden  nicht  direkt  gegen  den 
Leib  dringe.  Ryff  nennt  1549  den  Kasten  eine  Neuerfindung  seiner  Zeit  48. 

In  der  einfachsten  Form  verwendete  das  Volk  einen  Topf  und  ließ  durch  einen  hölzernen 
Trichter  den  Dampf  gegen  das  kranke  Glied  treiben  (Abb.  54  b).  An  Stelle  des  Wasser- 
dampfes konnten  Beräucherungen  von  Trociscen  (Trochisci-Zeltchen)  und  anderen  „be- 
quemen Stücken"  treten,  die  in  einem  „glutpflännlin"  verbrannt  wurden  (Abb.  54a). 
Zuweilen  wurden  die  Badenden  zum  Dampfbaden  und  Beräuchern  auf  einen  Stuhl  ge- 
setzt und  mit  Tüchern  behangen  (Abb.  43  u.  54  d)  233.  Man  verbrannte  auch  Kräuter  auf 
heißen  Steinen.  In  einer  Wiener  Handschrift  des  15.  Jahrhunderts  heißt  es:  „Vnd  mach 
ein  stain  päd  vnd  leg  das  chraut  vber  die  stain  vnd  erswicz  wol"  iß.  Im  14.  Jahrhundert 
wird  von  Boner  im  Edelstein  das  Schwitzen  im  Bette  durch  einen  heißgemachten  Stein 
erwähnt.  Eine  Äbtissin  ist  „von  dem  Ritten"  (Fieber)  geplagt. 

„Sie  sprach:  ,min  rugge  und  ouch  min  bein         acht  eben,  wenne  ich  switze: 
die  ridwent  (fiebern)  vaste.  ein  Ziegelstein        so  nim  den  beiz  und  decke  mich, 
soltu  mir  balde  machen  heiz;  lä  nieman  in,  des  bit  ich  dich, 

und  würde  mir  ein  senfter  sweiz,  daz  der  sweiz  nicht  erwinde"-^^. 

ich  möcht  vil  lichte  wol  genesen !  .  . . 

RvFF  hat  oft  gesehen,  daß  man  die  Schweißbäder  in  großen  Weinfässern  machte  48. 
Dies  „Fäßlischwitzen"  war  bis  in  die  jüngste  Zeit  in  der  deutschen  Schweiz  in  Gebrauch. 
In  der  Küche  wurde  ein  Salzfaß,  mit  dem  Boden  nach  oben  gerichtet,  auf  drei  Mauersteine 


126  Deutscher  Ursprung  der  Hausdampfbäder 

gestellt  und  darunter  ganz  dürres  Wacholderholz,  das  nicht  raucht,  angezündet,  bis  das 
Faß  über  und  über  heiß  war.  Dann  brachte  man  es  ins  Schlafzimmer,  stellte  es  aufrecht, 
setzte  sich  auf  einem  Stuhl  hinein  und  deckte  das  Faß  oben  mit  Tüchern  zu  564  An 
Stelle  des  Wacholderholzes  verbrannte  man  auch  Rebholz  oder  legte  heiße  Kieselsteine, 
besonders  Ädersteine  in  das  Faß  oder  legte  erhitzte  Steine  in  einen  eisernen  Topf  mit 
einem  Absud  von  Wacholder-  und  Föhrenzweigen  und  nahm  über  diesen  das  Fäßli- 
bad  557. 

Diese  Hausdampfbäder  sind  deutschen  Ursprungs.  Schultz  beschrieb  eine  Mün- 
chener Handschrift  aus  dem  Anfang  des  14.  Jahrhunderts,  die,  lateinisch  von  einem  ita- 
lienischen Arzte  verfaßt,  eine  Anleitung  für  Italienerinnen  zur  Pflege  der  körperlichen 
Schönheit  enthält  und  für  besonders  förderlich  dazu  ein  Schwitzbad  empfiehlt.  Sollte 
ein  solches  Bad,  heißt  es  darin,  nicht  zu  erlangen  sein,  so  kann  man  auch  auf  andere 
Weise  (stuphis)  denselben  Zweck  erreichen,  indem  man  das  Verfahren  der  Frauen  jen- 
seits der  Alpen  nachahmt,  man  macht  nämlich  Ziegel  oder  schwarze  Steine  glühend  heiß, 
wirft  sie  in  eine  Tonne  (tina),  gießt  kaltes  Wasser  darauf  und  setzt  sich  nun  wohlver- 
packt mit  Tüchern  über  den  aufsteigenden  Dampf  und  schwitzt  tüchtig  537*. 

Der  von  Ryff  angegebene  Schwitzkasten  hat  sich  in  seiner  Form  bis  heute  erhalten, 
1733  gedenkt  Zedlers  Lexikon  unter  diesem  Namen  des  Badekastens  von  Holz  ^ös.  im 
19.  Jahrhundert  tauchten  neue  Arten  des  Heißluftbades  auf.  Lavater  setzte  1804  zur 
Wiederbelebung  Ertrunkener  an  Stelle  des  lauen  Wasserbades  einen  doppelwandigen 
Blechkasten,  in  dessen  äußeren  Teil  warmes  Wasser  gefüllt  wurde  i78.  Als  1831  in  Ham- 
burg die  Cholera  war,  legte  man  die  nackten  Kranken  auf  niedere  Gurtenbetten,  über 
die  Reifen  gespannt  wurden,  die  durch  Decken  einen  Abschluß  erhielten.  Unter  dem 
Bett  wurde  Weingeist  in  einer  Schale  angezündet.  Diese  Cholerabetten  kamen  aber 
wegen  Verbrennungen  der  Patienten  bald  in  Mißkredit,  so  daß  man  Wasserbäder  an  ihre 
Stelle  setzte  572.  Heute  hat  man  im  sog.  Phenix  ä  l'air  chaud  dem  Übelstand  abgeholfen, 
in  dem  man  wie  beim  RvFFschen  Apparat  den  Dampf,  die  heiße  Luft  aus  einer  beson- 
deren Heizvorrichtung  ins  Bett  leitet. 

In  der  Dachauer  Gegend  findet  man  in  den  Bauernhäusern  Bahaisl  (Badhäuslein), 
Badl  (Bädlein)  genannte  bretterne  Verschlage  im  oder  um  den  Ofenwinkel  (Schwitz- 
kasten) 46  Auch  im  Fürstentum  Hohenlohe  bezeichnete  178QBadstübchen  einen  kleinen 
Verschlag  hinter  dem  Ofen  555.  Diese  Einrichtungen  sind  wohl  auch  ein  Ersatz  für  die 
selbständigen  Badstubenhäuschen  begüterter  Bauern.  In  der  Passauer  Gegend  deutet 
heute  nur  noch  der  Name  Badl  für  den  Winkel  hinter  dem  Ofen  46  ihr  ehemaliges  Vor- 
handensein an. 

Als  selten  geübter  Volksgebrauch  kommt  das  Schwitzen  im  Backofen  auf  Brettern 

*  Diese  Stelle  stützt  die  Ansicht  Heynes,  daß  die  Italiener  das  Wort  Stufa  aus  dem  Deutschen  ent- 
lehnt haben  3.  Auch  Faloppius  (1523—62)  aus  JVlodena  sagt  —  nach  der  deutschen  Übersetzung  von 
Bauhins  Buch  über  das  Bad  von  Boll  1602  — ,  daß  die  in  Italien  vorkommenden  großen  Bäder  voller 
warmer  Dämpfe  (über  den  heißen  Quellen,  die  heute  noch  Stufen  heißen)  von  den  neuen  Skribenten 
Stufen  genannt  werden  ^31. 


Das  Schwitzbad  im  Backofen  127 

nach  dem  Herausholen  des  Brotes  vor.  Nach  Ryff  muß  sich  zuweilen  der  arme  Mann 
auf  den  Dörfern  aus  Notdurft  gegen  Wassersucht  mit  dieser  Art  Bad  beheifen  48.  „Aber 
die  meister  der  artznei  bruchen  es  wenig",  sagt  Phries  386.  Quarinonius  nennt  es  1610 
eine  neue  Badform  und  berichtet  Fälle  mit  unglücklichem  Ausgang! 34.  1743  starb  in 
Hadlikon  eine  Frau  Hartmann,  von  welcher  es  heißt,  „sie  hatte  den  23.  Januar  im  Ofen 
geschwitzt,  wurde  für  tot  herausgezogen,  lebte  aber  noch  bis  den  26.  Wie  es  zugegangen 
novit  Deus"573.  1857  schwitzten  in  Böhmen  Kinder  im  Backofen  gegen  Krätze,  nach- 
dem sie  mit  einer  Salbe  eingerieben  waren.  Eins  davon  wurde  halbverkohlt  herausge- 
zogen 16.  1871  spricht  Senn  für  die  deutsche  Schweiz  von  einem  veralteten  Brauch,  der 
aber  doch  noch  gegen  Rheumatismus  angewendet  wurde  564. 

Wie  aus  dem  Vorhergehenden  ersichtlich  ist,  nahm  man  in  der  Hausbadestube  nicht 
nur  Reinigungsbäder,  sondern  badete  auch  gegen  Krankheiten.  Der  Bürgermeister  Niko- 
laus Oentzkowvon  Stralsund  tat  es  am  31.  März  1564  auf  ärztlichen  Rat.  Am  2.  Dezember 
verzeichnete  er  in  seinem  Tagebuche:  „badede  ick  in  minem  eigen  stauen  vth  diekwater", 
am  27.  Januar  des  folgenden  Jahres:  „leth  ick  den  kum  am  stauen  vthschmelten  vnd  den 
stauen  heruthmaken,  vnd  badede  darin  vmb  des  bains  willen"  542.  Hieraus  ist  übrigens 
zu  entnehmen,  daß  der  stauen  nicht  nur  die  Badestube,  sondern  auch  die  Badewanne 
war.  Schon  1562  badete  Gentzkow  öfters  „mit  minen  qwaden  ruggen".  Aus  Fabricius 
HiLDANUS  geht  hervor,  daß  im  17.  Jahrhundert  besonders  von  armen  Leuten  als  Ersatz 
der  Badekur  nicht  nur  in  Krankheiten,  sondern  auch  zur  Bewahrung  der  Gesundheit  ein- 
oder  mehrmals  im  Jahr  Tage  und  Stunden  lang,  wie  in  den  Mineralbädern,  im  Zuber  ge- 
badet wurde.  Fabricius  sah  dabei  Krämpfe,  Schlaganfälle  auftreten  und  führt  diese  bösen 
Zufälle  darauf  zurück,  daß  die  Leute  meinten,  die  zur  Badekur  nötige  Reinigung  des 
Leibes,  vorzüglich  die  durch  Purgieren,  nicht  nötig  zu  haben.  Ganz  besonders  sei  sie 
gerade  beim  Baden  im  süßen  (gewöhnlichen)  Wasser  erforderlich,  weil  das  den  Leib 
schlüpfrig  und  glatt  mache.  Auch  die  mineralischen  Bäder,  die  durch  die  Kunst  der  Chemie 
zubereitet  würden,  seien,  wie  die  aus  süßem  Wasser,  unserer  Natur  zuwider.  Die  Nach- 
bildung einiger  natürlicher  Mineralbäder  durch  Schwefel,  Alaun  und  Salz  erkennt  er  für 
Notfälle  an,  erklärt  es  aber  für  Eitelkeit,  Frechheit  und  Aufschneiderei,  natürliche  Bäder 
durch  die  Kunst  der  Chemie  zu  machen  101.  Es  gab  schon  im  16.  Jahrhundert  z.  B.  von 
Thurneisser  Rezepte,  Mineralbäder  nachzuahmen  390^  und  Paracelsus  ergänzte  die 
Mineralbäderfürbestimmte  Krankheiten  durch  Zusätze  von  Kräutern  374.  Meister  Burck- 
HART  von  Reytiingen  gab  ein  „bewert  wiltbad"  an  47.  Johann  Wilhelm  Simler,  ein 
großer  Verehrer  der  Mineralbäder,  singt  „vonwegen  des  Podagrams,  im  Meyen,  1668 
und  6Q" : 

„Gewärmtes  Kräuterbad  in  meinem  Ofeni<essel ; 
nächst  Gott;  entbände  mich  von  Podagrames  Fessel" ^7. 

Ja  man  nahm  regelrechte  Badekuren  im  Hausbade  vor.  1528  schreibt  Hans  Stockar 
in  Schaff  hausen:  „Uff  dye  Zitt  hain  jch  33  Dag  Wasser  badett  jn  mim  Hus,  und  schlug 
heffdyg  us"597.   Pelix  Platter  ließ  Kuren  mit  Kräuterbädern  im  Hause  gegen  Aussatz 


128 


Kräuterbäder  im  Hause  gegen  Krankheiten 


vornehmen  488.  Nach 
Brunfels  solhe  man 
nicht  über  vierund- 
zwanzig TageHang  ba- 
den und  bis  auf  acht 
Stunden  täglich  steigen, 
dazwischen  schweiß- 
baden. Man  saß  dabei 
auf  dem  Kräutersaci<, 
dessen  Abl<ochung  sich 
im  Badewasser  be- 
fand 47,  nach  DRV  ANDER 

1 547  täglich  eine  Stunde 
lang  233.  Es  gab  also 
zweierlei  Kräuter- 

bäder, Dampf-  und 
Wasserbäder.  Der 

Kosten  wegen  wurde 
das  Kräuterbad  mehr- 
mals benutzt.  Infolge- 
dessen machte  das 
Wärmen  eine  beson- 
dere, in  Abb.  55  c  wie- 
dergegebene   Vorrich- 

Abb.  55.    Apparate  für  Wasser-  und  Kräuterbäder  im  16.  Jahrhundert.  '^  ^ ' 

Holzschnitt  aus  Dryanders  Arzneispiegel.  Frankfurt  a.  M.  1547.  ThuRNEISSER  1572  et- 
was abgeändert  bringt  390.  Nach  ihm  und  Brunfels  sollte  das  Bad  aller  drei  Tage  er- 
neuert werden.  Die  Badebütte  war  zuzudecken,  damit  die  Kraft  darin  bleibe  47  Guari- 
NONius  sagt  1610: 

„Die  Badwann  laß  offen,  oder  schleuß  nur  vor  dir. 
Den  Dampft  laß  vnten  beyn  Füssen  riechen  herfür"  "4. 

1647  schlug  Sebiz  65  vor,  die  Badebütte  mit  hölzernen  Deckeln  oder  dicken  groben 
Tüchern,  „Kutern  oder  Sergen",  Oessner335  1745^  mit  einem  Tuch,  Teppich  oder  einem 
Brett  mit  einem  Ausschnitt  für  den  Hals  zuzudecken.  Für  Kräuterbäder  einzelner  Teile 
dienten  der  „Lendenzuber"  (Abb.  55a),  dessen  Sitzbrett  nach  hinten  abfallen  sollte,  und 
eine  besondere  Schenkelbadewanne  (Abb.  55  b)  48.  221,  die  auch  zu  Dampfbädern  ver- 
wendet werden  konnte. 

1684  machte  Lamzweerde  neue  Badeapparate  bekannt,  darunter  einen  Sack  aus  Leder 
in  dem  sehr  schwache  Kranke  das  Bad  im  Bett  nehmen  konnten  (Abb.  56).  Er  beschrieb 
auch  einen,  erst  in  der  modernen  Hydrotherapie  zur  Geltung  gelangten  Rückenschlauch 


Andere  Bäder  zu  Heilzwecken 


129 


(Abb.  57)  und  mit  Wasser  gefüllte  Leder- 
säcke, die  über  einzelne  Gliedmaßen  ge- 
zogen wurden  574  Sein  geistiges  Eigen- 
tum scheinen  diese  Apparate  aber  nicht 
zu  sein,  denn  einzelne  sind  schon  in 
einem  Werke  des  aus  lilyrien  stammenden 
Arztes  Santorio  abgebildet,  der  1636  zu 
Venedig  starb  und  sich  auf  technisch- 
medizinischem Gebiete,  unter  anderem 
auch  durch  Herstellung  von  Instrumenten 

zur    Ermittelung    der  Körpertemperatur    auu  ca    c    i         i  ^  T^      u  j  •     d  i^ 

'^  '  '  Abb.  56.    Sack  aus  Leder  zum  Dauerbad  im   Bett 

und  des  Pulses  auszeichnete  235  für  sehr  schwache  Kranke  v.Lamzweerde.  Kfpr.  1684. 

PiCTORius  erwähnt  1560  Bäder  von  Baumöl,  Milch,  Molken,  Wein  und  Öl,  in  dem 
ein  Fuchs  oder  Dachs  zuvor  gesotten  wurde,  sagt  aber,  „man  schreibt  von  ihnen";  sie 
waren  also  nicht  in  Gebrauch  152  Nach  Ryff  war  bei  den  Deutschen  in  Milch  zu  baden 
ebenso  ungewohnt,  als  in  Wein  und  Öl  48.  1793  benutzte  man  aber  Milch-  und  Molken- 
bäder 160^  wobei  man  glaubte,  die  Kranken  dadurch  zu  ernähren.  Von  dieser  Vorstel- 
lung ging  wohl  auch  Pantaleon  aus,  als  er  den  Lungensüchtigen  und  denen,  so  das 
Abnehmen  am  Leib  haben,  den  Besuch  der  Thermen  verbot,  dafür  aber  Wasserbäder 
„so  ab  Kalbsköpfen  und  füssen  gesotten"  empfahl  35. 

Trotz  mancher  Kuren  im  Hause  gingen  Leute,  denen  eigene  Badestuben  zur  Ver- 
fügung standen,  in  die  öffentliche  Badestube  zum  Schröpfen,  Aderlassen  oder  um  Heil- 
bäder zu  nehmen.  Nach  der  Pfründeordnung  des  Klosters  Geisenfeld  in  Bayern  aus 
dem  13.  Jahrhundert  hatten  die  Frauen  aller  vierzehn  Tage  ein  Anrecht  auf  ein  Bad,  das 
zwei  „lantnaer"  bereiteten.  War  eine  Frau  „siech"  (krank),  oder  wollte  sie  „us  einer 
aderlazz  baden",  ging  sie  zum  „veilen  pade".  Wer  das  nicht  wollte  und  das 
Bad  lieber  im  Kloster  nahm,  hatte  es  zu  bezahlen 548.  Bürgermeister  Gentzkow 
war  am  3.  April  155Q  „mit  vruw  vnd  kindern  jm  steinstauen  vnd  leth  wohl 
7  koppe  selten",  am  24.  November  badete  er  „jm  gemeinen  stauen  und  leth  3  koppe 

satten«  542 

Wir  sahen  schon  im  nackten  Boten, 
daß  die  Badestube  zur  kühlen  Jahreszeit 
als  Wohnraum  benutzt  wurde.  Sie  diente 
aber  auch  als  Speise-  und  Trinkzimmer,  in 
das  man  gern  Freunde  und  Bekannte  lud. 
GUARINONIUS  sagt  1610:  „Wann  manicher, 
dersonsten  nichts  zu  thun  hat,  nicht  weiß 
was  er  anfangen  solle,  läßt  er  jhm  ein 
Schweiß-  Dempff-  oder  auch  Vollbad  zu- 
Abb.  57.  Rückenschlauch  von  Lamzweerde.Kpfr.  1684.    richten,  darin  er  etwan  mit  seinem  Weib, 

Martin,  Badewesen  g 


130  Einladungen  in  die  Hausbadestuben  zum  Schmausen  und  Zechen 


Abb.  58.  Mann  und  Frau  beim  Schmause  im  Hausbadestübchen.  (Der  Mai).  Kpfr.  von  Franz  Brun  16.  Jhdt. 

oder  sonsten  einem  guten  Freund  sitzet,  und  ein  Kändele  drey,  vier  Wein,  neben  guten 
Sträublen  außleeret,  damit  in  seinem  Leib  innen  nicht  etwan  das  Vacuum  rusticum  ent- 
stehe" 134  (Abb.  58).  1584  wurde,  wie  erwähnt,  Magdalena  Paumgartner  in  Nürnberg  zu 
einer  Bekannten  ins  Bad  geladen  248.  Der  Bürgermeister  Oentzkow  berichtet  uns  in  seinem 
Tagebuche  des  öfteren  von  solchen  Einladungen  542.  Am  13.  Mai  1559  hat  er  verzeichnet: 
„badede  ick  in  minem  eigen  stauen  mit  D.  Khetell",  am  3.  Oktober  1562:  „do  badede  ick 
in  minem  stauen.  D.  Kehtel  vnd  sine  vruw  badeden  mit  mj.  eethen  darna  mit  mj  vnd 
toueden  bet  nha  negen",  am  9.  Juni  1563  „badede  ick  in  minem  stauen  vnd  beheld  min 
volck  by  mi  to  gast".  Unter  Volk  sind  die  Angestellten  des  Bürgermeisters  zu  verstehen. 
Aus  den  Angaben  scheint  hervorzugehen,  daß  die  Gasterei  erst  nach  dem  Bade  statt- 
fand. Ferner  hat  Oentzkow  verzeichnet  am  13.  Januar  1558:  „leht  ick  minen  batstauen 
heilen  vnd  badede  mit  minem  volcke",  am  21.  April  1559:  „badede  ick  mit  all  minem 
volck,  vnd  worden  dorch  den  roden  wyn  so  vrolick  darna,  dat  alle  jungen  vnd  knecht 
dantzen  vnd  singen  musten  bet  in  die  nacht,  dat  die  glock  ein  schlug",  am  30.  Juni  des- 
selben Jahres:  „badede  ick  mit  minem  volck  vnd  zechten  darna  wol",  am  3.  Januar  1560: 
„badede  ick  mit  alle  minem  volck  noch  jm  suluen  minem  stauen.  Ick  leth  ock  minen  naber 
Christoff  Lafferde  mit  siner  vruwen  vnd  all  sinem  volck  darinn  baden",  am  10.  Februar 
desselben  Jahres :  „leth  ick  den  stauen  in  minem  haue  (Hause)  anheiten  vnd  badede  mit 
minem  volcke  drinn"  und  am  15.  April:  „hadde  ick  mien  volck  togaste  vnd  was  mit  en 
guder  dinge".  Oentzkow  lud  sein  Volk  auch  sonst  zu  Oaste,  z.  B.  in  seinen  Oarten  zum 
Tanz  oder  am  10.  November  1560  zum  Martinsabend,  wobei  der  Exzeß,  wie  Oentzkow 
selbst  schreibt,  so  groß  war,  daß  er  am  anderen  Tag  auf  der  Bank  liegen  mußte.  Das 
sind  aber  Seltenheiten  gegenüber  den  Einladungen  ins  Bad,  die  wir  unseren  heutigen  Oe- 
sellschaften  gleichstellen  müssen. 

Daß  es  auch  in  Nonnenklöstern  bei  den  Einladungen  ins  Bad  fröhlicher,  als  es  die 
Sitte  erheischte,  zuging,  zeigt  folgender  Züricher  Ratsbeschluß  von  1523:  „Abrednuss 
miner  Herren  von  Zürich  verordnoten  ratsboten  mit  frow  priorin  und  den  ratsfrowen 
zuo  Töss,  etlicher  bösen  missbrüchen  halb  beschechen.  Zum  ersten :  als  dann  ein  bad- 
stuben  zuo  Töss  im  gottshus  ist,  darin  dann  unzhar  etlich  ander  f rowen  von  den  kloster- 
frowen  geladen  gewesen,  mit  inen  zuo  baden,  die  syent  von  der  Töss  ab  der  strass,  von 
Winterthur  oder  anderschwohar;  das  aber  vi!  geschreis  und  nüt  anders  dann  ein  liecht- 
fertigkeit  und  Zerstörung  guots  wesens  mag  bringen ;  ist  von  minen  Herren  mit  verwil- 
ligung  der  frowen  abgeredt  und  beschlossen,  daß  hinfür  gar  niemas  in  solich  bad  solle 
kommen  oder  gan,  dann  allein  die  kloster-  und  ordensfrowen.  Es  soll  ouch  endheine 


Die  Haiisbadesfiibe  als  Speisezimmer  /  Liebesabenteuer  Im  Bad 


131 


under  inen,  jung  oder  alt,  nit  gewalt  oder  macht  haben,  dhein  andere  usserthalb  dem 
kloster,  wer  joch  die  syg,  in  das  gemeldt  bad  zuo  laden,  ane  gunst  und  willen  (der)  frow 
priorin  und  der  ratsfrowen"  172. 

Rudolf  Collin  erzählt  in  seiner  Lebensbeschreibung:  „Im  Jahr  1524  den  14.  Hornung 
verliesse  ich  mein  Vaterland  (Lucern),  käme  um  den  Abend  gen  Zürich,  und  nähme  meine 
Einkehr  in  Herrn  Oßwald  Myconius  Hause,  wo  mir  eine  lustige  Begebenheit  aufstieße: 
Es  war  nämlich  an  der  alten  Faßnacht,  da  stuhnde  (wie  um  diese  Zeit  gewohnt)  ein  Tisch 
mit  den  niedlichsten  Speisen,  und  vollen  Bechern  versehen  in  einer  Schweißstube  (vapo- 
rario)."  Kein  Mensch  war  zugegen,  weil  alle  Gaste  auf  die  Ringmauer  hinausgegangen 
waren,  dem  Fastnachts-  oder  Märzenfeuer  zuzusehen  ssi.  Das  Baden  ist  garnicht  er- 
wähnt, und  die  Gäste  müssen  in  Kleidern  gewesen  sein,  um  das  Haus  zu  jener  Jahres- 
zeit vorübergehend  zu  verlassen.  Die  Schweißstube  war  hier  das  Speisezimmer  des 
Hauses. 

Im  Hausbadestübchen  empfing  auch  die  ungetreue  Ehefrau  ihren  Liebhaber.  Das 
schien  so  selbstverständlich,  daß  z.  B.  in  einem  Volksliede  des  16.  Jahrhunderts  die  Bade- 
stube garnicht  erwähnt  ist,  wohl  aber  auf  dem  Titelbilde  dargestellt  wird  3io.  Manche 
dieser  Stelldicheins  endigten  mit  Mord  und  Totschlag  durch  den  betrogenen  Ehemann. 
Von  einem  solchen  Fall,  der  sich  zu  Zofingen  155Q  zutrug,  berichtet  der  Züricher 
Chorherr  Wyck308  1530  wurde  in  Zürich  bei  Augustin  Fries  ein  fliegendes 
Blatt  gedruckt  „Ein  hübsch  Lied,  genannt  der  Striegel",  das  in  des  Knaben  Wunder- 
horn309  aufgenommen  ist.  Das  Gedicht  war  ein  seinerzeit  weit  bekanntes  Volkslied. 
Eine  Kaufmannsfrau  in  Konstanz  empfing  in  Abwesenheit  ihres  Mannes  den  Gelieb- 
ten, einen  Doktor,  im  Bad. 
Der  Ehemann,  dem  die  Sache 
zu  Ohren  kam,  gab  eines  Ta- 
ges vor,  eine  weite  Reise  zu 
unternehmen,  ließ  aber  einen 
Striegel  anfertigen,  mit  dem  er 
unerwartet  in  die  Badestube 
trat  und  den  Doktor  zu  Tode 
striegelte.  Wyck  klebte  in 
seine  Sammlung  einen  kolo- 
rierten Holzschnitt  (Abb.  5Q) 
ein,  der  wahrscheinlich  dem 
genannten  fliegenden  Blatt 
entnommen  ist,  und  fügte, 
ohne  das  Gedicht  anzu- 
führen, hinzu,  dieser  Doktor 

l^ui    rl  R'IH      H        h     rl'       Abb.  59.     Doktor  Moser  in  Konstanz  wird  in  der  Hausbadestube 

^  mit  seiner  Geliebten  vom  Ehemanne  derselben  überrascht  und  zu 

Kopfbedeckung   als    solcher    Tode  gestriegelt.    16.  Jahrh.    Wyckiana.    Zürich,  Stadtbibliothek. 


1 32  Badestuben  in  den  Amtswohnungen 

gekennzeichnet)  sei  ein  Sohn  des  Organisten  Moser  vom  Oroßmünster  in  Zürich 
gewesen  und  der  Bruder  einer  Nonne  im  Ötenbach,  die  fromme  Moserin  genannt, 
die  1554  starb  308  Etwas  abgeändert  wurde  das  Gedicht  zu  Augsburg  „durch 
Valentin  Schönigk,  auff  vnser  Frawen  Thor"  (auf  der  Abbildung  tragen  Mann  und 
Frau  den  Badehut  von  Stroh)  und  1Ö06  zu  Basel  bei  Johann  Schröter  gedruckt.  Auch 
Fischart  sagt  in  der  Gargantua:  „o  bad  gestrigelter  doctor  von  Costenz!"  i5i.  Noch 
1624  wurden  Szenen  aus  dem  Gedicht  auf  einer  Glasscheibe  dargestellt,  die  das  Landes- 
museum zu  Zürich  besitzt,  wo  die  Liebenden  entgegen  der  sonstigen  Auffassung  neben- 
einander auf  der  Schröpfbank  in  der  Schweißbadestube  sitzen.  Die  Hausbadestuben 
scheinen  demnach,  wenigstens  in  dieser  Beziehung,  ihre  frühere  Bedeutung  nicht  mehr 
besessen  zu  haben*. 

Bekanntlich  forderte  der  Landvogt  Wolfenschießen  1 307  zu  Alzellen  von  Baumgartens 
Weib,  mit  ihm  im  Bad  zu  sitzen.  Sie  rief  aber  ihren  Mann  herbei,  der  den  Landvogt  mit 
der  Axt  erschlug  (Abb.  53).  in  den  um  1400  verfaßten  Gedichten  Heinrich  Kaufringers 
ladet  einmal  eine  Augsburger  Schustersfrau  ihren  Geliebten,  einen  Chorherrn  ins  Haus 
zum  Bad,  ein  ander  Mal  die  Frau  des  Bürgermeisters  von  Erfurt  den  Sohn  des  Königs 
von  Frankreich,  der  dorthin  „gen  schuole"  gesandt  war  256 

Wir  finden  häufig  das  Hausbadestübchen  in  Amtswohnungen  auf  Kosten  der  Be- 
hörde errichtet.  Zu  Frankfurt  am  Main  kommt  1436  die  Badestube  in  der  Bonameser, 
1470  die  in  der  Erienbacher  Burg  für  die  Amtmänner  beider  Orte  vor,  sowie  14Q9  die 
Badestube  für  den  Marstaller.  Auch  im  Römer  befand  sich  ein  Badstübchen,  offenbar 
für  den  Stadtschreiber,  welcher  dort  seine  Amtswohnung  hatte.  In  Hamburg  finden  wir 
sie  im  16.  Jahrhundert  in  den  Wohnungen  des  Physikus  und  des  Stadtschreibers.  1477 
wurde  das  „batstobelin  im  Rathuse"  in-  und  auswendig  geweißt  und  das  „batstobechin" 
mit  Fenstern  (638  Scheiben)  versehen  127  BeriinundCölnan  der  Spree  hatten  im  16.  Jahr- 
hundert in  den  Kaplan- und  Predigerhäusern  Badestuben  i9i^  I6IO  das  evangelische  Pfarr- 
haus zu  Aadorf.  1640  schaffte  hier  das  Amt  Winterthur  ein  neues  „Badestubenöfeli"  an. 
Auch  im  Pfarrhaus  zu  Aawangen  war  schon  vor  15Q7einBadstübli  eingerichtet,  und  161Q 
fehlte  es  nicht  im  neuerbauten  Pfarrhaus  is'?.  1557  wurde  zu  Waldulm  im  Pfarrhaus  der 
Ofen  in  dem  „badstublin"  errichtet 460.  in  Frankfurt  am  Main  war  die  Fahrbadstube, 
auch  die  Badstube  am  Fahr  genannt,  die  1337  zuerst  erwähnt  wird,  gemeinschaftliches 
Eigentum  der  Stadt  und  des  Leonhard-Stiftes.  Die  Herren  des  Rates  und  wohl  auch  die 
Mitglieder  des  erwähnten  Stiftes  bedienten  sich  ihrer,  dem  großen  Publikum  war  sie  aber 

verschlossen  127), 

*  Der  Striegel  wird  textlich  nur  noch  einmal  erwähnt.  Im  Höllenbad  von  Hans  Sachs  „thet  man 
mit  scharpffen  strigeln  krawen''^^.  Krauen,  das  heute  am  besten  durch  „krabbeln"  wiedergegeben 
wird,  war  ein  erhöhter  Grad  von  Reiben,  das  sich  bis  zum  Kratzen  steigern  konnte  und  im  Schwitz- 
bade stattfand.  Aber  auffallenderweise  ist  auf  keinem  Schweißbadbilde  ein  Striegel  zu  finden.  Er 
kommt  öfters  und  zwar  in  der  auf  Abb.  59  angegebenen  Gestalt,  aber  nur  bei  Wasserbädern  vor,  z.  B. 
auf  dem  Titelblatt  zu  Murners  Badenfahrt  I",  dem  zum  Buche  Etschenreutters  über  Mineralbäder 
(Abb.  101)"",  dem  zu  Phries'  Wildbädern  (Abb.  117)«»,  auf  dem  Männerbade  Dürers  (Abb.  138)  und 
einem  Mineralbadbilde  in  Münsters  Cosmographey  (Abb.  111)  3^'. 


Verbote  der  Haasbadestiiben  zur  Förderung  der  ehehaften  \  33 

Aus  verschiedenen  Gründen  finden  wir  hie  und  da  die  Privatbäder  eingeschränkt 
oderverboten.  Nach  der  bayerischen  Landesordnungeri<lärungvonl578iö  und  derForst- 
ordnung  von  1616-t6  wurde  den  Bauern  mit  Ausnahme  der  in  den  Einöden  wohnenden 
untersagt,  eigene  Badestuben  zu  bauen,  nach  der  zweiten  Ordnung  auch  der  Gebrauch 
transportabler  und  dieser  nicht  nur  den  Bauern,  sondern  auch  den  Bürgern  in  den 
Städten  und  Märi<ten,  dafür  diesen  aber  erlaubt,  ordentliche  gemauerte  Badestuben  in  den 
Häusern  zu  haben. 

Die  Gründe  zu  diesem  Verbot  lagen  in  dem  zu  reichlichen  Holzverbrauche  und  der 
Feuergefährlichkeit  der  kleinen  Badestuben.  Daneben  sollten  durch  dieselben  die  Ein- 
künfte der  ehehaften  nicht  geschmälert  werden.  Aus  letzterem  Grunde  erfolgte  das  er- 
wähnte Verbot  im  Altenmarkt  (Bayern)  143Q535^  ein  solches  zu  Kuppenheim  bei  Rastatt 
1484:  „und  daruff  so  sollent  alle  kleine  badtstuben,  die  bißheer  zu  Cupenheim  gewesen 
sind,  abgetan  und  nyemandt  mee,  er  sy  geistlich  oder  weltlich,  gestattet  werden,  in  den 
hüsern  badtstuben  zu  haben  oder  fürter  zu  machen,  damit  Diethrichs  Hans  und  sine 
erben  unser  badtstube  dester  baß  gehalten  und  den  zinß  jerlich  daruß  geben  mögend; 
es  were  dann,  das  ein  amptmann  zu  Cupenheim  in  sinem  huse  ein  badtstüblin  haben 
wölt,  des  solt  er  macht  han  allein  für  sich  und  sin  gesinde  und  sust  für  nyemandt  mee 
zu  gebruchen  ungeverlich"6i.  Ebenso  wurde  1440  und  1476  in  Görlitz  die  Badestube 
nur  zum  eigenen  Gebrauch  erlaubt.  „Vnd  forder  sal  nymandis  ander  lüte  weder  vor  der 
Stat  noch  in  der  Stat  baden  denn  alleine  sich  sine  kinder  vnd  gesinde"  202.  ]  547  führten 
die  Lübecker  Bader  Klage  darüber,  daß  nicht  nur  der  Hausvater  und  Familie  nebst  Ge- 
sinde, sondern  auch  dessen  Bekannte  bei  ihm  badeten  16.  Bei  der  Verleihung  des  Bades 
zu  Liebenzeil  1498  behielt  sich  der  Lehnsherr  das  Recht  vor,  die  „badstüblin"  im  Hause 
nach  eigenem  Gefallen  jemandem  zu  gestatten,  jedoch  sollte  es  der  Betreffende  nur  für 
sich  selber  brauchen,  im  sog.  Ried,  der  Niederung  an  der  Mündung  der  Murg  bei  Rastatt, 
lagen  im  15.  Jahrhundert  fünf  Dörfer  (heute  noch  drei).  Diese  hatten  zusammen  ein  „bad- 
stüblin". Als  1487  das  nahe  Iffezheim  auf  Bitten  der  Gemeinde  vom  Markgrafen 
Christoph  zu  Baden  ein  ehehaftes  Bad  erhielt,  wurde  denen  im  Ried  befohlen,  ihr  Badstüb- 
iein  durch  den  Bader  von  Iffezheim  wärmen  zu  lassen  oder  nach  dort  zum  Bad  zu  gehen  61. 

Die  Feuergefährlichkeit  der  Badestübchen  tritt  häufiger  als  Grund  ihrer  Einschrän- 
kung auf.  Nach  dem  klugen  und  rechtsverständigen  Hausvater  war  es  1705  jedermann 
freigegeben,  ein  Badhäuschen  oder  Badstübchen  zu  erbauen,  es  durfte  jedoch  keine 
Feuersgefahr  bringen  567^  weswegen  es  von  der  Obrigkeit  besichtigt  wurde.  Dies  geschah 
z.  B.  in  Frankfurt  1478.  Trotzdem  entstand  1556  von  einer  „dein  batstoben"  aus  eine 
Feuersbrunst  127.  in  der  Bergstadt  S.  Marienberg  verordnete  man  1540,  die  Badstüblein 
jährlich  zweimal  zu  besichtigen,  nach  der  Stuttgarter  Feuerordnung  von  1607  sollten  sie 
nur  geduldet  werden,  wenn  der  Schornstein  gut  gebaut  und  bis  übers  Dach  hinausge- 
führt wäre  16.  1484  veranstalteten  Kellner  und  Rat  zu  Butzbach  in  Hessen  einen  beson- 
deren Umgang  durch  die  Stadt,  um  festzustellen,  welche  von  den  Badestuben  zu  leiden 
oder  nicht  zu  leiden  seien.  Im  Herbst  1489  sah  sich  der  Rat  veranlaßt,  eine  Anzahl  Öfen 


134  Verbote  der  Hausbadestuben  wegen  Feuersgefahr 

in  den  Badestuben  gewaltsam  abrechen  zu  lassen.  1494  erging  an  verschiedene,  bei  einem 
vorherigen  Umgange  aufgezeichnete  Bürger  der  gemessene  Ratsbefehl,  „die  sorglichen 
Badstuben  abzuthun".  In  demselben  Jahre  hatte  aber  auch  der  Rat  eine  Badestube  in 
eigenen  Betrieb  übernommen  i94  Die  Görlitzer  Statuten  verlangten  die  „badestoben" 
wegen  Feuersgefahr  zur  ebenen  Erde  gelegen.  1440  und  1476  wurde  verordnet:  „Alle 
badestobin  uff  den  Estrichin  vnd  sust  empor  stehende,  sullin  gantz  abgethon  werdin 
vnd  was  sust  badestobin  sindt  ouch  wol  bewart"  202  |n  der  Stadt  Brieg  wurde  1550 
sogar  verlangt,  daß  „alle  Badebutten  In  der  Stadt  bay  den  gemeinen  Manne  abgestalt 
werden,  welcher  aber  darüber  inn  seinem  Hause  baden  wirt,  sol  so  offte  solchs  geschieht 
zur  pehn  ein  margk  vorfallen  sein"  16.  1 748  wurde  in  der  Instruktion  fürbürgerliche  Obrig- 
keit (Bayern)  verboten,  „in  den  Stuben  gefährliche Baadel  (am  Ofen)  zu  halten"  46.  Würz- 
burg gestattete  1564  die  Privatbäder,  doch  durfte  niemand  Stroh,  Heu,  Reben,  Pfähle, 
Wolle  u.  s.  w.  in  engen  Häusern,  auf  den  Boden  und  an  Orte,  wo  man  feuert,  „Bäder 
machet  oder  waschet",  hinlegen  575. 

Die  alten  Germanen  sollen  ihre  Kinder  auf  einem  Schild  im  Rhein  gebadet  haben  i5i. 
Nach  der  „Kindheit  Jesu"  von  Kuonrät  von  Fuozesbrunnen  aus  dem  12.  Jahrhundert 
wurde  Christus  nach  der  Geburt  in  einem  „yazze"  gebadet  520.  Die  heilige  Elisabeth 
(Ende  des  13.  Jahrhunderts)  erhielt  zur  Ausstattung  eine  silberne  Badewanne.  DieMutter 
ließ  anfertigen : 

„Von  silbere  lodec  wize  So  es  wehes  künde  sin, 

Mit  druwelichem  flize  Da  man  iz  inne  mochte 

Deme  kinde  ein  zuberiin,  Oebaden  wan  iz  dochte"-^^. 

In  einem  „Vasnachtspil  vom  Münch  Berchtolt"  aus  dem  15.  Jahrhundert  sagt  der 

„Prent  Vater" : 

„Merk,  tochter,  was  ich  dir  geben  wil ! 
Ein  padschaf  und  ain  wiegen"  '^. 

In  der  Regel  war  die  Badewanne  aus  Holz,  wie  die  meisten  Abbildungen  zeigen. 

„Ein  Tennin  zuberiin  dar  inn  mans  bad 

Deck  es  zö  das  im  der  Lufft  nit  enschad 

Vnnd  mach  ym  das  Wasser  nit  zu  warme", 
heißt  es  im  Straßburger  Gedicht  vom  Hausrat  (1514)257.  Während  die  deutsche  Aus- 
gabe von  Ryffs  Hebammenbuch  eine  Holzbadewanne  zeigt  251^  hat  die  holländische 
Übersetzung  eine  runde,  flache  Metallschüssel  576  ebenso  eine  Darstellung  der  Geburt  der 
Maria  vom  Meister  der  LwERSBEROschen  Passion  (Abbildung  bei  Schultz)  210.  Nach 
den  von  Schultz  zusammengestellten  Schriften  aus  dem  18.  Jahrhundert  wurden  die 
Kinder  in  einer  hölzernen  Badewanne  oder  in  einer  kupfernen  Bademolde  gebadet  422^ 
nach  Zedlers  Lexikon  1733  Sechswochenkinder  in  einer  kupfernen  ovalen  oder  flach 
getriebenen  Bademolde.  Dieses  erwähnt  auch  den  „Badewisch",  eine  Decke  aus  zartem 
Stroh,  dessen  sich  die  Weiber  beim  Baden  kleiner  Kinder  bedienen  468.  Auffallend  ist, 
daß  die  Badewanne  stets  auf  dem  Fußboden,  nie  auf  einer  Bank  oder  einem  Tische  steht, 
was  vielleicht  mit  der  Temperaturbestimmung  des  Wassers  zusammenhängt.  Auf  dem 
erwähnten  Bilde  vom  Meister  der  LvvERSBEROschen  Passion  und  auf  einem  vergoldeten 


Das  Bad  der  Neugeborenen 


Abb.  60.    Bestimmung  der  Badetemperatur  mit  dem  Fuße.    Geburt  der  Maria.    Kupfer  von  Mecl<enem. 

15.  Jahrhundert. 


136  Tempemturbestinimuiig  des  Badewassers  mit  dem  Fuße 


Abb.  61.  Kinderwäsche  in  der  Hausbadestube.  Kupfer  von  J.  von'Meckenem.  15.  Jahrhundert. 
Holzrelief,  Geburt  der  Maria  von  einem  Augsburger  Meister  (1510 — 20),  (Abbildung  bei 
Bode)  525^  geschieht  diese  zwar  mit  der  Hand,  .weit  häufiger  aber  mit  dem  Fuße,  wie 
Abb.  60  zeigt.  In  der  Chronica  von  Josaphat  und  Baarlaam  von  1477  (Abbildung 
bei  Boesch)  hat  die  das  Königskind  badende  Frau  einen  Fuß  in  den  Zuber  gesteckt  i23, 
ebenso  auf  der  Badeszene  zu  Wigamur  in  einer  Wolfenbütteler  Handschrift  von  1477 
(Abbildung  bei  Hagen  und  Büsching)  304  ^  und  auf  dem  Titelbiide  zu  Rösslins 
Rosengarten  von  1528  hält  die  Hebamme  beide  Beine  in  die  Wanne  sos.  (Siehe 
auch  Striggel,  Altarflügel  von  1515  bei  Janitschek306).  Textlich  wird  diese  Tem- 
peraturbestimmung nur  einmal  und  zwar  von  Brunssfels  erwähnt :  „So  du  baden 
wilt  so  solt  du  das  wasser  versuchen  darinn  du  baden  wilt,  vnd  sollt  die  füß  darein 
setzen,  ist  es  dann  das  dir  die  beyn  schwitzen,  so  ist  es  dir  gut"  47.  Meines  Wissens 
war  Hufeland  (1790)  der  erste,  welcher  die  Bestimmung  der  Temperatur  mit  dem 
Badethermometer  verlangte 5i8^  aber  schon  Rouseau  empfahl  zur  genauen  Tem- 
peraturbestimmung beim  Baden  der  Kinder  das  Thermometer  loo.  im  Salzburger  Anti- 
phonar  aus  dem  12.  Jahrhundert  kommt  für  das  neugeborene  Jesuskind  eine  mit  einem 
Fuß  versehene  Badewanne  vor,  die  dem  heutigen  Taufstein  gleicht.  Diese  Form  ist  wohl 
nicht  deutschen  Ursprungs;  denn  die  gleiche  Darstellung  findet  sich  auf  den  Bronze- 


Baden  der  Kinder  in  Wein  und  Bier  /  Die  Bademuh/ne  1 37 

türen  zu  St.  Paul  extra  muros  in  Rom  532.    Das  Baden  von  mehreren  Kindern  geschah 

in  der  gewöhnlichen  großen  Badewanne  (Abb.  61). 

Der  Züricher  Kalender  von  1508  gibt  für  die  Behandlung  des  Kindes  kurz  nach  der 

Geburt  folgende  Vorschrift*: 

„Die  kind  muß  ich  weschen  vnd  baden  Den  knaben  ist  es  sunder  gut 

Zart  vnd  rein  für  mengen  schaden  Wann  es  die  glider  krefften  thut 

Ich  bad  min  kind  alle  tag  Man  so!  trucken  dem  jungen  kind 

In  lawen  wasser  als  ich  dir  sag  Sine  glider  die  wil  sy  weich  sind 

Vnd  lan  es  nit  darin  ein  halb  stund  Als  sy  sond  sin  so  sy  werden  alt 

Salb  es  mit  roß  öl  das  ist  im  gsund  Mit  weschen  rein  vnd  machen  wol  gstalt 

Vnd  kratz  im  alle  sin  glider  Den  mund,  oren  vnd  nassen  klein 

Das  rügglin  vff  vnd  nider  Den  ars  muß  man  im  machen  rein"^*. 

Ryff  sagt,  junge  Kinder  sollen  in  bequemen  Fässern  täglich  einmal,  höchstens  dreimal 
gebadet  werden  in  süßem  Wasser,  das  im  Sommer  lau,  im  Winter  ziemlich  warm  sei,  und 
nicht  länger,  bis  die  Kinder  anfangen  über  den  ganzen  Leib  „rottfarb"  zu  werden  48, 
auch  Etschenreutter  erklärt  mit  dem  Rotwerden  der  Haut  das  Bad  für  beendet  449 
METLiNOERin  Augsburg  empfiehlt  1476,  das  Kind  ein  halbes  Jahr  lang  alle  Tage  zu  baden 
und  zwar  im  Winter  wärmer  als  im  Sommer,  die  Tochter  wärmer  als  den  Sohn  123.  Nach 
Ryff  hatten  etliche  fürwitzige  Weiber  in  Brauch,  die  Neugeborenen  in  recht  temperiertem 
Wein  zu  baden,  und  hielten  den  dicken  roten,  rauhen  Wein  für  den  besten,  was  nach  ihm 
nicht  befolgt  werden  sollte,  ebenso  die  niederländische  Sitte,  die  Kinder  in  Bier  zu  baden  48. 
In  einem  berühmten  Hebammenbuche  von  Frau  Bourgeois,  das  1628  und  48  deutsch 
erschien,  wird  das  Baden  der  Kinder  in  Wasser  und  Wein  empfohlen  577,  auch  Hirzel 
ließ  1784  dem  lauen  Bad  ein  wenig  Wein  zumischen.  Er  wollte  aber  die  späteren  Bäder 
immer  kälter  bis  ganz  kalt  haben  578.  Hier  macht  sich  schon  der  Einfluß  Lockes  geltend, 
der  1693  [zur  Abhärtung  der  Füße  das  kalte  Waschen  vorschrieb  und  sagte,  die  kalten 
Bäder  wirkten  bewunderungswürdig,  besonders  bei  schwächlichen  Personen  i40. 

Das  Baden  des  Kindes  war  eine  so  selbstverständliche  Sache,  daß  Caspar  Bauhins 
Schwiegermutter  ihrer  Tochter  bei  Anlaß  eines  Unwohlseins  1582  schrieb,  sie  hoffe,  „eß 
soll  eine  gute  lebendige  kranckheit  werden,  daß  es  veber  ein  Jahr  Jm  züberlin  pfladern 
werdt"  521.  Bademoder  und  Bademome  hieß  im  Niederdeutschen  Hebamme  533,  in 
Hildesheim  kommt  1544  Bademome  dafür  vor52,  eine  Münchener  Handschrift  hat  im 
15.  Jahrhundert  „Badmueter"46.  Im  Niederdeutschen  heißt  auch  Taufpate  „badegode"553. 
1526  begehrte  Anna,  Herzogin  zu  Mecklenburg,  geb.  Markgräfin  zu  Brandenburg,  vom 
Rat  zu  Berlin  die  Zusendung  einer  „Bademuhme"  i^i. 

*  Der  schwangeren  Frau  rät  der  Kalender  nicht  zu  baden. 

„Doch  so  ist  eß  inen  gut  vnd  gesundt  Das  sy  ein  omacht  körne  an 

Wenn  der  hinderst  monat  kunt  Wenn  sy  den  vß  dem  bad  wil  gan 

Denn  sol  ein  bad  syn  gemacht  So  sol  man  sy  den  salben 

Von  ypschen  bappelen  ge  Schlacht  Mit  öle  allenthalben 

Beren  klawen  vnd  vyol  krut  Das  von  vyol  sy  gemacht 

Sy  da  by  mit  sunder  trut  Oder  populeon  geschlacht 

Wenig  sol  sy  darin  schwitzen  Nach  dem  bad  sond  sy  geflissen  sin 

Vnd  zelang  nit  darin  sitzen  Mit  essen  vnd  trincken  guten  win." 


138  Die  Kinder  in  der  öffentlichen  Badestube 

Das  Waschen  des  Herzogs  Ludwig  von  Württemberg  hatten  unter  Obhut  der  Mutter 
die  Mägde  besorgt,  bis  im  Jahre  1562  die  Erziehung  Männern  übertragen  wurde  und 
damit  auch  des  Leibes  Reinigung.  Die  Instruktion  für  den  Hofmeister,  den  Lehrmeister 
und  den  Untergehüifen  lautet:  „Es  soll  auch  der  Jung  fürst,  In  14  tagen  Einmahl  zue 
Morgens  vor  dem  essen,  schwaißbaden,  unnd  allwegen  Hofmaister,  oder  Präceptor, 
unndt  der  Jung  Maister  Conradt  Bausch,  auch  mit  Ime  baden,  sonnst  alle  acht  tage  soll 
Ime  der  Kopf  gewaschen  werden,  durch  gemellten  Conradten,  mit  der  laugen,  wie  Ime 
der  Jungen  frewlein  Hofmaisterin  ordnen  wurdet.  Das  haar  soll  Ime  durch  gedachten 
Conradten,doch  annderer  Zeit  nicht,dann  im  zunemenden  Mon,  unnd  ußerwelltenZaichen 
beschnitten  werden."  Wenn  von  nöten,  sollte  Meister  Conrad  Bausch  auch  den  Kopf 
und  die  Füße  waschen  579.  Als  Hans  Christoph  von  Venningen  1582  als  Hofmeister 
des  acht  Jahre  alten  Kurprinzen  Friedrich  von  der  Pfalz  angestellt  wurde,  schrieb  ihm  der 
Kurfürst  nach  Angabe  des  Dr.  Strupp  in  seiner  Bestallung  vor :  „Er  soll  auch  daran  seyn, 
daß  vnser  Sohn  vnd  andere  ihm  zugeordnete  Knaben  jederzeit  am  Haubt  oder  Leib 
durch  die  Balbirer  vnd  Bader  der  Gebür  mundirt  werden".  Im  selben  Jahre  heißt  esin 
einer  Ordnung  für  die  Hofmeisterin  von  Fräulein  Christine,  Pfalzgräfin,  des  Herzogs 
Friedrich  Schwester,  „die  nötige  vnschädliche  Säuberung  des  Haubts,  Füßen  vnd  ganzen 
Leibs  wird  gegenwärtige  Hofmeisterin  wohl  wissen,  sonderlich  auf  die  Sonnabend 
nützlichen  ahnzustellen.  . .  .  Solche  des  Leibs  Badungen  aber  sollen  nit  nüchtern,  son- 
dern vmb  Vesper-Zeit,  auch  nit  in  Schweiß-  sondern  Wasserbäden  wegen  ihrer  truckhenen 
Natur  vnd  Compiexion  geschehen"  583. 

Aus  diesen  Anweisungen  geht  hervor,  daß  auch  Kinder  Schweißbäder  nahmen.  Auf 
einem  Konstanzer  Wandgemälde  aus  den  ersten  Dezennien  des  14.  Jahrhunderts  ist  dies 
dargestellt  (Abb.  86),  ebenso  auf  mehreren  Bildern  Behams  (z.  B.  Abb.  40).  Aber  auch 
zum  Wasserbade  nahm  man  Kinder  mit  in  die  Badestube  (Abb.  36).  Für  den  Besuch  der 
öffentlichen  Badestuben  durch  Kinder  sprechen  viele  Badetaxen,  in  der  von  Gerolzhofen 
in  Franken  aus  dem  Jahre  1557  sind  sogar  Kinder,  die  man  ins  Bad  trägt,  berücksich- 
tigt 239.  Die  Bamberger  Baderordnung  von  1480  verbot  Sechswöchnerinnen  und  saugen- 
den Kindern  den  Zutritt  zur  Badestube 'H  Nach  der  Nabburger  Schulmeisterordnung 
von  1480  sollten  die  Schulkinder  am  Mittwoch  ins  Bad  gehen,  weil  die  Bäder  am  Samstag 
von  Erwachsenen  zu  sehr  besetzt  seien  46.  Die  Ordnung  der  Fürstenschule  von  Meißen 
aus  dem  Jahre  1580,  welche  das  Baden  im  Flusse  wegen  Gefährlichkeit  untersagte, 
schrieb  vor,  den  Knaben  einen  Mittwoch  um  den  anderen  die  Badestube  zu  heizen.  Am 
dazwischenliegenden  Mittwoch  wurden  die  Köpfe  durch  den  Bader  gewaschen  und  die 
Haare  geschnitten.  Überdies  war  eine  Frau  angestellt,  um  den  Kindern  zu  den  Häuptern 
zu  sehen,  und  so  es  vonnöten,  sie  zu  reinigen  'is. 

Eine  besondere  Berücksichtigung  verlangen  die  Bäder  der  Juden.  Nach  Preuss 
schreibt  der  jüdische  Ritus  den  Frauen  vor,  den  Zustand  der  „Unreinheit"  durch  ein 
Bad  zu  beseitigen,  sei  er  durch  eine  Blutung  aus  den  Genitalien  auf  physiologischer 
(Menstruation,   Wochenbett)  oder  krankhafter  Grundlage  hervorgerufen.    Der  ganze 


Das  kalte  Bad  der  Juden 


139 


Leib  muß  sich  zu  diesem  Zwecke  im  Wasserbad  befinden,  d.  h.  jede  Stelle  der  Körper- 
oberfläche mit  dem  Wasser  in  Berührung  kommen  (Abb.  64).  Dieses  kalte  Tauch- 
bad soll  in  „lebendigem  Wasser",  das  sich  aus  Quellen  ergießt,  genommen  werden, 
das  durch  ein  Rohr  in  ein  Bassin  geleitet  werden  kann.  Es  ist  unzulässig  in  einer 
Wanne  zu  baden.  Da  Quellwasser  nicht  überall  vorhanden  ist,  verwendet  man  als  Er- 
satz auch  Regenwasser.  Die  jüdischen  Gemeinden  haben  fast  durchweg  Bassins  dafür 
angelegt,  deren  Inhalt  durch  Zuschütten  von  heißem  Wasser  erwärmt  wird.  Vor  dem 
Tauchbad  nimmt  man  ein  warmes  Reinigungsbad  522  [)ie  zahlreichen  Abbildungen 
von  Bathseba  und  Susanna  im  Bade,  die  vielleicht  auch  ein  gewöhnliches  Bad  nach 
orientalischer  Sitte  darstellen,  zeigen  stets  ein  unter  freiem  Himmel  gelegenes"^Bassin- 
bad  (Abb.  62). 


Abb.  62.    Bathseba  im  Bad  von  David  beobachtet.    Kpfr.  von  Jakob  Binck.    16.  Jahrhundert. 

Als  rituelle  Bäder  haben  wohl  die  meisten  bei  den  Judenschulen  (Synagogen)  ange- 
legten zu  gelten.  Sie  führten  den  Namen  „Judenpitz,  puteus  Judeorum,  lapis  lavationis 
Judeorum  (Cöln)"580.  Jn  Karlsbad  ließ  Kaiserin  Maria  Theresia  1762  ein  neues  Bade- 
haus errichten,  das  den  Mühl-,  Neu-  und  teilweise  auch  den  Garten-,  späteren  Theresien- 
brunnen  aufnahm  und  neben  fünf  Badezimmern, einem  Tropfbade  auch  eine  „Judentauche" 
für  Judenfrauen  enthielt  347  Das  älteste  Frankfurter  Judenbad,  das  urkundlich  1323  zuerst 
erwähnt  wird,  lag  der  Judenschule  gegenüber  und  diente  nur  zu  kalten  Bädern  127.  in 
Mainz  war  mit  dem  Bad  einejudenherberge  verbunden,  „die  Herberg  im  kalten  Bad"  205^ 
die  aus  zwei  Häusern  bestand.  Im  15.  Jahrhundert  war  es  das  einzige  Judenbad  bei  der 


140 


Die  kalten  Judenbäder  zu  Speier  und  Friedberg 


Abb.  63.     Das  Judenbad  zu  Friedberg  in 
Oberhessen  aus  der  Mitte  des  13.  Jahr- 
hunderts.   Nach  Kratz. 


Stadt58i.  Zwei  hierher  gehörige,  architektonisch 
bedeutende  Judenbäder  aus  alter  Zeit  haben 
sich  bis  heute  wohl  wegen  ihrer  unterirdischen 
Lage  trotz  Judenverfolgungen  erhalten.  Das  eine 
liegt  in  Speier  nahe  bei  der  Judenbadgasse  und 
Stammtaus  romanischerZeit (12. Jahrhundert).  Eine 
Treppe  führt  zum  Wasserspiegel  hinab,  der  5  m 
unter  der  Erde  liegt  523.  Das  Judenbad  zu  Friedberg 
in  Hessen  ist  ein  gotisches  Tiefbauwerk  aus  der 
Mitte  des  13.  Jahrhunderts  (Abb.  63).  Urkundlich 
wird  es  1350  zuerst  erwähnt,  als  es  samt  Juden- 
schule, allen  Judenhäusern  und  Hofstetten  verkauft 
wurde.  Der  Wasserspiegel  liegt  ca.  30  m  tief,  der 
mittlere  Wärmegrad  ist  60R.  Heute  wird  es  fälsch- 
licherweise das  Römerbad  genannt.  1856  erkannte 
es  Dr.  DiEFFENBACH  als  Judenbad  524;  die  im 
Innern  an  einigen  Stellen  angebrachten  hebräischen 
Inschriften  legen  Zeugnis  dafür  ab3i9.  Übrigens 
war  es  Zeiller  1655  als  solches  bekannt  und  nach 
ihm  noch  in  Gebrauch.  Es  lag  in  der  Judengasse 
undistein„wunderbarlich  weiter  Brunn,  sehr  künst- 
lich, vnd  sonder  Zweiffei,  mit  großer  Gefahr,  vnd 
Kosten,  erbauet.  Dann  der  Brunn  ist  rund,  vnd  hat 
84  steinerne  Staffeln  biß  auff  das  Wasser,  vnd  13 
oder  14  vngefährlich  in  das  Wasser  hinab;  ist 
bogenweiß  also  geschlossen,  daß  man,  von  oben 
herab,  biß  zum  Wasser,  und  wieder  hinauff,  steigen 
kann".  Nach  ihm  haben  die  Juden  den  Brunnen 
um  eine  Summe  Geldes  erstanden  83. 
In  kleinen  Gemeinden  entbehrten  die  Bäder 
nicht  nur  jeden  Schmuck,  sondern  waren  recht  oft 
in  einem  derartig  unhygienischen  Zustande,  daß 
MOMBERT  1830  für  ihre  Abschaffung  eintrat  582 
Später  kamen  die  Bäder  in  Bayern  unter  bezirks- 
ärztliche Kontrolle.  In  den  ersten  Bänden  der  Bal- 
neologischen  Zeitung  wird  z.  B.  1856  und  57  be- 
richtet: „Die  in  Mittelfranken  existierenden  Keller- 
quellenbäder der  Juden  entsprechen  durchaus  der 
Gesundheitspolizei"  oder  „Die  Kellerquellenbäder 
der  jüdischen  Gemeinden  sind  zweckmäßig  und 


Beaufsichtigung  der  Kellerquellenbäder 


141 


Abb.  64.  Judenbad.   o  das  warme,  i  das  kalte  Bad.    Kpfr.  aus:  T.  C.  Kirchner,  Jüdisches  Ceremoniel. 

Nürnberg  1726. 

zur  Erwärmung  des  Wassers  eingerichtet.  In  Schwabach  wurde  das  alte  schlechte  Keiler- 
bad durch  ein  neuaufgebautes  ersetzt"*. 

Neben  den  l<alten  Judenbädern  finden  sich  solche,  die  den  öffentlichen  Badestuben 
entsprechen,  „rechte  Bäder",  wie  sie  die  Frankfurter  Juden  14Ö0  selbst  nennen  i33  (Abb.  64). 
Das  Wiener  Konzil  hatte  im  Jahr  1267  den  Juden  das  Benutzen  der  christlichen  Bade- 
stuben 1 6,  König  Wenzel  sogar  das  Betreten  der  Bader  Behausung  286  verboten,  das 

*  Ich  halte  ein  bei  Pyrmont  gelegenes  Bad,  das  von  Schriftstellern  des  18.  Jahrhunderts  be- 
schrieben wird,  aber  nicht  erklärt  werden  konnte  3'*.  3si^  für  ein  rituelles  Judenbad.  Für  Pyrmont 
fiel  auf,  daß  es  mit  gewöhnlichem  Wasser  versorgt  wurde.  Es  war  ein  altes  (schon  1706)  Gewölbe, 
oben  mit  Moos  und  Hecken  überwachsen,  das  die  Einwohner  den  Eichenkeller  nach  den  auf  dem 
Hügel  stehenden  alten  Eichen  nannte.  Die  Länge  desselben  betrug  60,  die  Höhe  7,  die  Breite  auf 
Handhöhe  beim  Eingang  9,  weiter  hinten  5  Schuh.  Oben  war  es  noch  enger.  Wegen  Erde  und 
Schlamm  konnte  man  die  Tiefe  des  Wassers  nicht  messen,  das  aus  4  in  den  Berg  getriebenen 
Löchern  hervorquoll.  Zu  beiden  Seiten  waren  gemauerte  Absätze  angebracht,  die  man  für  Bänke 
hielt,  wohl  aber  doch  die  Stufen  zum  hinabsteigen  waren.  Der  Ausfluß  des  Wassers  geschah  durch 
ein  Loch,  das  leicht  zugestopft  werden  konnte.  Zu  Anfang  des  18.  Jahrhunderts  benutzten  die  Ein- 
wohner von  Pyrmont  den  Keller  zum  Aufbewahren  von  Milch  während  des  Sommers. 


142  Die  Badestuben  der  Juden 

Konzil  zu  Freising  1440  das  Zusammenbaden  von  Juden  und  Christen  144.  Nach  den 
Nürnberger  Poiizeigrdnungen  des  13.  und  14.  Jahrhunderts  soiUe  kein  Christ  in  der  Juden- 
badstube baden  und  die  Juden  in  der  eigenen  201.  Ein  gleiches  Gesetz  erließ  Augsburg 
1276.  Infolgedessen  wurde  12Q0  den  Juden  auf  ihre  große  Bitte  erlaubt  „ein  badhous 
zu  machen  des  Haerpheres  house  und  des  spitals  badhouse".  Auch  das  christliche 
Gesinde  der  Juden  hatte  dort  zu  baden  und  nicht  in  anderen  Badstuben  54i.  München  ver- 
fügte in  der  ersten  Hälfte  des  14.  Jahrhunderts,  es  solle  wie  zu  Augsburg  gehalten  wer- 
den 203. 

In  Nürnberg  veriegten  die  Juden  schon  134Q  die  Badestube  in  ihr  neues  Schlachthaus 
zur  weißen  Krone  in  der  Judengasse.  Sie  hatten  vorher  das  Zottenbergerbad,  eines  der 
ältesten  Bäder  Nürnbergs  benutzt  i^s.  Die  Badestube  „Wunderburg"  in  Wien  hatte  1314 
ein  Jude  Liebmann  inne.  1385  kaufte  die  Judengemeinde  daselbst  von  Ulrich  Pader  eine 
Badestube  16.  Von  1416 — 1447  wird  das  Judenbad  zu  Hildesheim  mehrfach  genannt.  1443 
wurden  Juden  mit  21/2  U  3  Schillingen  und  4  Pfennigen  bestraft,  weil  sie  „auf  den  hei- 
ligen Tag"  gebadet  hatten  52  in  Speier  wird  1340  „der  Juden  Badstobe"  erwähnt 273^ 
eine  „stupa  balnearis  judeorum"  im  14.  Jahrhundert  zu  Bamberg,  in  Erfurt  im  Mittelalter 
ein  Judenbad  16,  1449  ein  solches  zu  Göriitz202 

Die  Konzilbeschlüsse,  welche  den  Christen  gemeinsames  Baden  mit  den  Juden  ver- 
boten, wurden,  wie  aus  der  Nürnberger  Polizeiordnung  hervorgeht,  nicht  gehalten.  In 
Frankfurt  badeten  die  Juden  bis  etwa  zum  Jahre  1450  in  allen  öffentlichen  Badestuben 
mit  den  Christen  vermischt,  und  niemand  nahm  Anstoß  daran.  Erst  um  jene  Zeit,  als 
das  Volk  auch  hier  angefangen  hatte,  sie  zu  mißhandeln,  wurde  ihnen  nur  eine  öffent- 
liche Badestube,  die  obere  in  Sachsenhausen  (1348  zuerst  erwähnt)  zu  besuchen  erlaubt. 
In  einer  Bittschrift  der  Frankfurter  Juden  kommt  unter  anderem  vor:  „Als  vormals,  davon 
vns  nit  czwifelt  uwerer  wißheit  wissentlich  sin  mag,  die  Jutscheit  czu  Franckfurt  myt 
dem  Christenen  volcke,  wo  vnd  welich  zit  iglichem  eben  was,  czu  bade  ginge,  han  vnsere 
herren  der  Raidt  czu  der  czit  im  besten  der  Jutscheyt  ein  badestobe,  nemlich  die  czu 
Sassenhusen,  czubescheyden  vßgesundert  vnd  darinne  czugeen  bevolhen,  das  auch 
also  bißhere  gehalten  ist,  wir  vns  auch  darinne  vnd  myt  den  Christen  czuchtlich  vnd 
schicklich  gehalten  vnd  verdragen  han."  Schon  1444  verfügte  der  Rat :  „Die  Juden  lassen 
baden  uff  die  frytage,  obe  sie  wollen;  wil  sie  aber  der  beder  uff  ander  tage  baden, 
das  möge  er  tun  oder  nit,  oder  sie  in  Meyne  lassen  czum  kalden  bade  geen."  Manchmal 
aber  verweigerten  die  Bader  oder  die  Besitzer  der  oberen  Badestube  zu  Sachsenhausen 
den  Juden  überhaupt  den  Zutritt.  Im  Jahre  1491  ersuchte  der  Rat  Claus  von  Rückingen, 
daß  er,  „wo  er  mit  fugen  möge,  die  Judescheit  in  der  batstoben  zu  Sassenhusen  baden 
laiße".  Diese  Bitte  ward  jedoch  nicht  erfüllt,  und  der  Rat  beschloß  infolgedessen,  eine 
besondere  jüdische  Badestube  in  der  Judengasse  erbauen  zu  lassen  127.  Die  Juden  von 
Frankfurt  müssen  aber  doch  schon  vor  dieser  Zeit  eine  eigene  Badestube  gehabt  haben, 
wenn  sie  auch  die  christlichen  besuchten.  Als  auf  kaiserlichen  Befehl  die  der  Juden- 
gemeinde gehörigen  Häuser,  die  bei  der  Pfarrkirche  des  Stifts  S.  Bartholomäus  lagen,  weg- 


Die  Juden  in  den  Minemibädern  143 

gerissen  werden  sollten,  wurden  die  Juden  1460  beim  Rat  vorstellig:  „vnd  sulichs  als  jne 
vnser  Schule  ist,  auch  eynß  Kalden  Baddes  vnd  Buwe  darzu  vnder  der  Erden,  das  müssen 
wir  Nachts  gebruchen  vnd  nit  zu  dem  Meyn  komen  känen,  mögen  wir  auch  mit  nit  ent- 
pheren,  auch  eynß  rechten  Badß  des  wir  daher  auch  jne  bresten  gewest  sin,  vnd  vnsere 
Herre  fast  darume  angelegen  han,  vnß  eyn  Bat  zu  bestellen,  oder  uff  das  Ende  uwer 
Ersamkeit  vnß  gegünt,  vnd  geheyschen  han,  wir  sullen  selbst  eynß  buwen,  wir  haben 
doch  Fleckens  genonck  vnd  wie  dann  solches  geluydet  halt;  Also  gnedigen  lieben  Herrn 
han  wir  eynß  gebuwet,  vnd  schwerlich  vnd  großen  Kosten  dran  gewant."  Als  der  Rat 
von  Frankfurt  der  Judengemeinde  ihre  Häuser  auf  seine  Kosten  in  der  Judengasse  wieder 
aufbaute,  da  wurde  1461  in  der  Baurechnung  verzeichnet:  „Heile  dem  Cleiber,  von  dem  Ge- 
häuse da  daskaldeBad  insteet,  zu  stecken,  zu  cleiben  und  zu  binden  XVll.  U.MWX.  ß"i33. 
Eine  Badestube  wird  nicht  erwähnt. 

Auch  in  den  Mineralbädern  badeten  die  Juden  abgesondert.  Töplitz  hatte  1 706  zwei  Ju- 
denbäder si.  In  Baden  bei  Wien  lag  das  Judenbad  164Qvor  dem  Städtlein  und  wurde  vom 
„Abfall"  gespeist  371.  1734  mußten  die  Juden  doppelte  Taxe  bezahlen  499.  in  Baden 
(Aargau)  hatten  die  kleinen  Bäder  1 790  ein  Judenbad  424  in  Schinznach  wohnten  um  die 
gleiche  Zeit  die  armen  Juden  abgesondert  im  „Judenhüttchen",  reiche  nahmen  eigene 
Zimmer  unter  den  anderen  Gästen,  kochten  und  aßen  aber  für  sich42i. 


DIE  VORGÄNGE  IN  DEN  ÖFFENTLICHEN  BADESTUBEN 


j  nter  den  älteren  Schilderungen  der  Vorgänge 
in  der  Badestube  ist  die  eingehendste  im  Sei- 
fried Helbling2i4  einem  Gedicht  aus  dem  Ende 
des    13.  Jahrhunderts   enthalten,  das    Wiener 

Badegebräuche  beschreibt. 

„'Sit  nü  diu  frage  ist  volbrätit, 
so  hän  ich  eines  mir  gedäht, 
daz  nach  unmuoze  niht  schat: 
ob  bereit  si  daz  bat, 
des  nim  war  frumer  kneht.' 
'herr,  ir  weit  wo!  und  reht. 
ob  ich  da  bi  die  wärheit  kies? 
ich  hörte,  daz  der  bader  bHes 
und  sach  mit  niugebürstem  här 
barfüez  an  gürtel  suchen  dar 
unser  nächgebüren  dri: 
da  kius  ich  die  wärheit  bi.' 
'ich  wil  dar,  wo!  dan  nach  mir! 
nim  min  badhemd  mit  dir.'" 

„Ich  horte,  daz  der  bader  blies",  versichert 
der  Knecht  seinem  Herrn  als  Zeichen,  daß 
Abb.  65.  Bademägde.  Deutsche  Wenzelbibel,  das  Bad  bereitet  ist.  Auch  in  späteren  Zeiten 
Anfang  des  15.  Jahrh.  Nach  von  Schlosser.  Bestand  diese  Sitte  noch.  Thomas  Murner 
sagt  in  seiner  Badenfahrt  (1514):  „Got  hat  vns  selb  ins  bad  geblasen",  und  auf  dem  zu- 
gehörigen Bilde  bläst  Christus  auf  einer  Posaune  zum  Fenster  hinaus  ö.  In  der  Schweiz 
hat  sich  das  „in's  Bädli  blasen"  oder  „gugen"  557  bis  in  die  neueste  Zeit  erhalten.  Im  Tale 
von  Pfäffikon  (Kt.  Zürich)  blies  der  Bäcker  (siehe  S.  112)  noch  1866  ein  Hörn  zum  Zeichen, 
daß  die  Badestube  bezogen  werden  könne  529  Der  Brauch  bestand  auch  in  Zeil  557^  in 
Stegen  bei  Wetzikon  (Mitteilung  von  Ferdinand  Keller  an  Meyer-Ahrens)  und  in  ein- 
zelnen Ortschaften  der  Kantone  Thurgau  und  St.  Gallen.  Der  Bäcker  verließ  sogar  sein 
Haus  und  machte  auf  einem  großen  Hörn  (Ochsenhorn)  blasend  die  Runde,  um  auch 
die  Bewohner  der  umliegenden  Ortschaften  zum  Bad  zu  blasen  (noch  1871)564 

„Wir  wollend  auch  das  unnötige  Badrüeffen  am  h.  Wienacht  Abend  verboten  haben", 
lautet  ein  Züricher  Mandat  von  1636  und  ähnlich  eins  von  1650.  In  Beromünster  (Kt. 
Luzern)  wurde  die  Badestunde  in  Versen  angezeigt:  „Giri  giri  Geiss,  euses  Bad  ist  heiss; 


Ankündigung  des  Bades  |45 

wer  will  baden,  ist  früntlich  ing'laden!"  Ein  ähnlicher  Ruf  ertönte  im  Einsiedeier  Ge- 
biete: „Giri  giri  Geiss,  's  Bad  ist  heiss;  wer  will  schräpfen  und  z'  Oder  Ion,  seil  zuem 
runden  Türen  (Turm)  in's  Badhus  chon"!557.  Auch  in  einem  hochdeutschen  Baderufe 
kommt  1606  die  Ziege  vor:  „Bock,  Bock,  Bock,  Geiß,  ich  lauf,  daß  ich  schweiß,  kommt 
her,  die  Badstub  ist  sehr  heiß" !  437.  Fast  unglaublich  klingt  folgende  Badeankündigung, 
die  Antistes  Rudolf  Stumpf  in  seiner  Lebensbeschreibung  erzählt:  „Es  hat  sich  A.  1567 
am  Pfingsttag  in  der  Kirche  zu  Kilchberg  (bei  Zürich,  wo  Stumpf  damals  Pfarrer  ge- 
wesen) begeben,  daß  Jung-Hans  ab  Egg,  von  Rüschlikon,  Wirth  im  Nydelbad,  während 
der  H.  Communion  vor  dem  Tisch  des  Herrn  öffentlich  ausgeruffen :  „Wer  im  Nydelbad 
baden,  Lan  (Aderlassen),  oder  Schräpfen  wolle,  solle  auf  Morn  am  Pfingst-Montag  ins 
Nydelbad  kommen"  ssi.  in  der  deutschen  Bearbeitung  des  griechischen  Romans  vom 
König  Apollonius  von  Tyrus  durch  Heinrich  Steinhöwel  von  Wil,  „Doctor  der  Arcni", 
vom  Jahre  1461  lautet  der  Baderuf: 

„Hört  reich  vnd  arm  Am  hobt  vnd  allenthalben 

Das  bad  ist  warm  Er  sey  herr,  Knecht,  frow,  oder  man 

Wer  sich  wöll  waschen  vnd  salben  Dem  wirt  gewarttet  schon"*. 

Nach  Hans  Sachs29  (1553)  hörte  Apollonius  „mit  eim  beck  ein  knaben  klopfen  an 
das  bad"**.  Sachs  bringt  den  Baderuf  nicht,  hat  aber  die  Beschreibung  des  Baderhand- 
werks in  seinen  Ständen 208  als  solchen  gefaßt: 

„Wolher  ins  Bad  Reich  vnde  Arm,  Erschwitzt,  denn  werdt  jr  zwagen  vnd  gribn, 

Das  ist  jetzund  geheitzet  warm,  Mit  Lassn  das  vbrig  Blut  außtriebn, 

Mit  wolschmacker  Laug  man  euch  wascht,  Denn  mit  dem  Wannenbad  erfreuwt, 

Denn  auff  die  Oberbanck  euch  setzt.  Darnach  geschorn  vnd  abgefleht"***. 

Nach  Zinkens  Allgemeinem  ökonomischen  Lexikon  (Leipzig)  ging  1740  an  den 
Tagen,  an  welchem  das  Bad  geheizt  wurde,  ein  Junge  durch  die  Gassen,  auf  ein  „mes- 
sigen Becken  mit  einem  kleppel  schlagend",  in  Eger  wurde  im  18.  Jahrhundert  in  den 
Straßen  eine  kupferne  Pfanne  angeschlagen  und  ausgerufen,  daß  das  Bad  bereitet  sei  16 
WiLDVOQEL  sagt  1754,  daß  zur  Zeit  nach  allgemeiner  Sitte  am  Tage,  an  dem  das  Bad  be- 
reitet, jemand  durch  die  Straßen  der  Stadt  läuft  und  auf  einem  messingernen  oder  eisernen 
Becken  oder  mit  einem  hölzernen  Instrumente  einen  Ton  hervorruft  und  so  das  Bad 
öffentlich  anzeigt 242    Schon  im  Ring  heißt  es  von  Gunterfay,  dem  Spielmann: 

*  Nach  dem  Baseler  Exemplar.  Die  Mitteilung  verdanke  ich  Herrn  Oberbibliothekar  Dr.  Bernoulli. 
'*  Nach  den  deutschen  Volksbüchern  sah  Appollonius  einen  Knaben  mit  einem  Becken  durch 
die  Straßen  laufen,  der  an  alle  Türen  klopfte  und  mit  lauter  Stimme  rief:  „Hört  Reich  und  Arm 
usw."*^".  Der  Ruf  ist  dem  bei  Steinhövel  sehr  ähnlich.  ***  Ouillaume  de  LA  Villeneuve  sagt 
in  seinen  Crieries  de  Paris : 

„Oiez  c'on  crie  au  point  du  jor: 

Seignor,  qu'or  vous  allez  baingnier 

Et  estuver  sans  delaier; 

Li  bains  sont  chaut;  c'est  sans  mentir." 
Schon  im  13.  Jahrhundert  mußten   sich   die  pariser  Bader  verpflichten,   das  Bad    nicht  vor  Tages- 
anbruch auszurufen.     Das  altfranzösische  Badeleben  hatte  sehr  viel  Ähnlichkeit  mit  dem  deutschen. 
Vergl.  darüber  Deppino''?!. 

Martin,  Badewesen  in 


146 


Aushängezeichen  der  Bader 


Abb.  66.  Inneres  einer  Badestube.  Philipp  von  Allen- 
dorf, Der  Juden  Badstub.    Titelholzschnitt.  1535. 


Schollentritten  glaubt  man  do, 
Yederman  der  ward  so  fro, 
Daz  er  also  zsteite 


„Und  Cham  her  aus  gestoben 

Gerumpelt  und  geflogen 

Mit  seinem  bekkin,  daz  war  new. 

Bertschi  sprach :  Nu  plew  und  plew 

Und  lass  uns  heynt  hofieren !  .  . . 

Über  al  daz  bekk  erschal, 

Daz  es  erchnal  in  perg  und  tal." 

Diese  Beckenmusik,  die  ein   Ständ- 
chen vor   Tagesanbruch    darstellen 
sollte,  wird  auffallenderweise  gleich 
darauf  als  Pfeifen  bezeichnet.  Es  fand 
wohl  beides  zusammen  statt. 
„Wes  schlaist  uns  heint  mit  deinem  pfeyff  en  ? 
Wilt,  daz  wir  dir  dhant  derstrichen? 
Des  antwurt  in  der  SchoUentrit : 
Lieben  herren,  zürnet  nicht! 
Mich  dunkt,  er  hab  ins  päd  gschlagen, 
Wier  schüllen  uns  da  hin  dertraben. 

Sich  huob  von  seinem  beite 

Wen  seu  pey  allen  iren  tagen 


Häiss  päd  chonden  nie  gehaben"  ^^o. 

Die  im  Morgenschlaf  gestörten  Bauern  lassen  sich  also  durch  die  Angabe  beruhigen, 
der  Spielmann  habe  ins  Bad  geschlagen,  worauf  sie  sich  von  ihren  Betten  erheben  und 
dem  Bade  zueilen. 

Mir  scheint  fast,  daß  die  Aushängezeichen  der  Bader  wegen  ihrer  Vergänglichkeit 
nur  an  den  Badetagen  —  wie  die  Aderlaßbinde  an  den  Aderlaßtagen  —  ausgehängt 
wurden.  In  Zerbst  war  dies  1620  ein  weißes  Laken  242^  in  Abbildungen  zu  Murners 
Badenfahrt  6  und  zu  Allendorfs  Judenbadestube234  ein  Badehut  mit  darunter 
hängendem  Badewedel  (Abb.  66). 

Helbling  geht  als  Ritter  angekleidet  zum  Bad  und  läßt  vom  Knecht  das  Badhemd 
nachtragen.  1227  mußte  für  Ulrich  von  Liechtenstein  dessen  Kämmerer  das  „badgewant" 
aus  der  Herberge  holen  268  Das  Nachtragen  der  Badewäsche  durch  den  Diener  ist  auf 
einer  Abbildung  von  Aachen  aus  dem  Jahre  1727  zu  sehen  4iö.  Arme  Leute  ließen  an  Klei- 
dung möglichst  viel  daheim  —  barfuß  und  ohne  Gürte!  kommen  bei  Helbling  die  Nach- 
barn — ,  und  noch  1610  wendet  sich  Ouarinonius  an  die  steierischen  Stadtrichter  und 
Bürgermeister:  „Besinn  dich,  ob  du  nicht  bißher  gesehen  hat,  vnd  alle  Wochen  noch 
sihest,  daß  deine  wol  erzogne  Burger  vnd  Burgerinen,  sich  in  jhren  Häusern  entblößen, 
vnd  also  nackend  vber  die  öffentliche  Gassen,  biß  zum  Bad-  oder  Schandhauß  vor 
aller  fürgehenden  Augen  gehen  dörffen?  Ja  damit  dise  lustige  Zucht  nicht  abgehe,  auch 
jhre  junge  Knaben  vnd  Töchter  fein  zeitlich  darzu  abrichten,  damit  sie  fein  früe,  die  Oe- 
schämigkeit  verlieren . . .  Wie  vil  mal  sihe  ich  (ich  nenn  darumb  die  Stadt  nicht)  die 
Mägdlein  von  10.  12.  14.  16.  vnd  18.  Jaren  gantz  entblößt,  vnnd  allein  mit  einem  kurtzen 
leinen  offt  schleussigen  vnd  zerrißnen  Badmantel,  oder  wie  mans  hier  zu  Land  nennt 
mit  einer  Badehr  allei  n  vornen  bedeckt,  vnd  binden  vmb  den  Rucken,  Dieher  vnnd  Füssen 


Bekleidung  beim  Gang  zum  Bade 


147 


offen,  vnd  die  ein  Hand  mit  ge- 
bür  in  dem  Hindern  iialtend,  von 
jlirem  Hauß  auß,  vber  die  lang 
Gassen,  bey  mitten  tag,  biß  zum 
Bad  lauffen?  Wie  vi!  iaufft  neben 
jhnen  die  gantz  entblößten  zehen 
zwölff  —  virtzehen  vnd  secht- 
zehen  järigen  Knaben  her,  vnd 
begleit  das  erbar  Gesindel  einan- 
der ins  Schand  vnd  Wüsthauß 
hinein  ?  Ja  wie  vil  mal  Iaufft  der 


\  ^        1 

7  wtvHN=^^=2s?d 

Abb.  67.    Badestube.      Zeichnung  aus  dem    Heidelberger 
Sachsenspiegel.  Handschr.  ]3.Jahrh.  Nach  Batt.voh  Babo. 


Vatter  bloß  von  Hauß  mit  einem  eintzgen  Niderwad  (Badehose)  vber  die  Gassen, 
sambt  seinem  entblößten  Weib  vnd  blossen  Kindern,  dem  Bad  zu?"i34  König  Pipin 
ging  in  Aachen  nur  mit  Schuhen  und  Hemd  angetan  und  dem  Schwerte  zum  Bade  i^ 
und  in  dieser  Tracht  verläßt  ein  Mann  auf  dem  Bilde  der  Heidelberger  Sachsen  spiegelhand- 
schrift  die  Badestube;  das  Badelaken  ist  weiß, bedeckt  den  Körper  und  ist  über  den  Kopf 
geschlagen  552  (Abb.  67).  Als  14Q0  die  Augsburger  zum  Kampf  auszogen,  waren  etliche 
in  langen  Badhemden  darunter,  „als  ob  sie  in  das  bad  wollten  gan"28o.  |n  Hildesheim 
mußte  der  Bader  im  Mittelalter  Sorge  tragen,  daß  niemand  nackt  über  die  Straße  ging, 
dort  herumstände  und  säße  52 

Zappert  glaubt,  daß  die  geringe  Bekleidung  beim  Gang  zum  Bade  neben  Bequem- 
lichkeitsrücksichten durch  Mißtrauen  gegen  Badediebe  veranlaßt  wurde  i6*.  Schon 
der  Sachsenspiegel  (13.  Jahrhundert)  berücksichtigt  die  Verwechselung  von  Schwert, 

Kleid,  Becken  oder  Schermesser  in 
der  Badestube  213.  Die  Biider- 
handschriften  fassen  Kleid  als 
Badekleid  (Abb.  67  u.  68)  auf.  im 
Hamburger  und  im  Bremer  Stadt- 
recht aus  dem  Ende  des  13.  Jahr- 
hunderts wird  dagegen  neben 
dem  Kleid  (das  hier  also  die  ge- 
wöhnliche Bekleidung  bedeutet) 
noch    das    Badelaken    besonders 


Abb.   68.      Badestube.      Kolorierte    Zeichnung   aus   dem 
Wolfenbütteler  Sachsenspiegel.    Handschrift.     14.  Jahrh.  **.     genannt  16. 


*  Ich  habe  nur  zweimal  Diebstähle  erwähnt  gefunden.  1456  wurde  dem  Rat  in  Würzburg  an- 
gezeigt, daß  der  Bader  zum  Sand  einen  Dieb  gefangen  habe  i^^.  In  seiner  Weißenhorner  Historie 
vom  oberschwäbischen  Bauernaufstand  schreibt  Nikolaus  Thoman  1488:  „Es  begab  sich,  das  ain 
waldknecht  ain  fremden  seckel  in  dem  bad  nam,  saget,  er  were  sein.  Do  es  offenbar  wart,  wollten 
in  die  andren  knecht  nit  me  under  ynen  lassen,  da  müsset  er  hinweg  und  sunst  ander  ach"  i^s. 
**  Diese  Abbildung  verdanke  ich  dem  verstorbenen  Herrn  Oberbibliothekar  von  Heinemann  in 
Wolfenbüttel.  Sie  deckt  sich  vollkommen  mit  der  des  (von  Karl  von  Amira  herausgegebenen  "4) 
Dresdener  Sachsenspiegels. 


148 


Die  Abziehstuben  und  die  Kleiderhüter 


Größere  Badestuben  hatten  zum  Ablegen  der  Kleider  einen  besonderen  Raum,  die  Ab- 
ziehstube, welche  in  Zürich  nach  dem  Aufbewahren,  dem  Hüten  der  Kleider,  Hütstube 
(1529  und  früher)  hieß  243  „Badhieter"  kommen  neben  Reibern  und  Schröpfern  in  Ulm 
1346  als  Mitglieder  des  Baderhandwerks  vor73.  Nach  der  Durlacher  Ordnung  von  1536 
hatte  die„Reybermagt"  reiche  und  arme  Gäste  „gutlich  und  tugentlich"  zu  empfangen  und 
alles,  was  ihr  zu  versorgen  befohlen,  getreulich  aufzuheben  und  zu  verwahren.  Der  Bader 
sollte  seinem  Weib,  den  Knechten  und  allem  Gesinde  befehlen  und  sie  anhalten,  das  von 
den  Badgästen  zum  Aufbewahren  Gegebene  auf  ihr  Fordern  nach  dem  Bad  unmangel- 
haft zurückzugeben  219.  In  Breslau  hatte  der  Rat  1582  viele  Klagen  und  Beschwerden 
wegen  Verwechselung  und  Entwendung  von  Kleidern  in  den  gemeinen  Badestuben  zu 
hören  bekommen,  die  nach  Ansicht  der  Betroffenen  auf  Unfleiß  und  Nachlässigkeit  der 
Hüter  zurückzuführen  waren.  Verordnet  wurde  daraufhin,  daß  in  Zukunft  Hüter  und 
Aufseher  im  Männer-  und  Frauengemach  nur  dann  verantwortlich  wären,  wenn  die 
Kleider  ihnen  übergeben  und  auch  die  Gebühren  dafür  bezahlt  worden  seien  242  Ejne 
ähnliche  Verordnung  hatte  München  schon  1437:  „Swer  ze  päd  lonet  (bezahlt),  swaz 
der  selb  und  sein  hausfrau  und  sein  hausgesind  ze  päd  verliesent,  daz  süllen  die  ge- 
wanthütterinn  gelten".  Nach  einem  Zusatz  von  1392  war  der  Bader  haftbar,  wenn 
der  Aufseher  nicht  zahlen  konnte  203.  |n  Würzburg  beschloß  der  Rat  1459,  daß 
die  Bader  alles  und  nur  das  zu  ersetzen  hätten,  was  ihnen  während  des  Badens  an- 
vertraut würde,  was  sie  allen  Leuten  mitteilen  sollten.  1509  wird  in  Würzburg  eine 
alte  und  kranke  Magd  und  „Aufheberin"  in  der  Badestube  zum  Becken  erwähnt  i44. 
Nach  des  Teufels  Netz  war  der  Hüterin,  die  es  als  Trinkerin  bezeichnet,  nicht  sehr  zu 
trauen : 


„Trait  ainr  pfenning  in  das  bad 
Da  möcht  im  wohl  beschehen  sciiad ; 
Er  git  ir  das  zuo  kalten 
Und  lat  es  got  walten. 


Villicht  vint  er  minder  denn  vor. 
Er  ist  sictier  ain  rechter  tor, 
Der  Pfenning  in  das  bad  treit, 
Es  wirt  im  sicherlichen  leid"  ^^i. 


Mehr  scherzhaft  sagt  Hans  Sachs  1538  vom  „lörles  päd"  (Narrenbad): 


„Da  ging  ich  aus  dem  päd  gar  spet 
sauber  vnd  new  gewaschen, 
der  pader  spilet  in  dem  pret, 
die  fraw  dranck  aus  der  Haschen. 


als  ich  grieff  in  mein  daschen, 
da  war  sie  mir  geraumbt, 
im  lörles  päd  ich  nit  saumpt, 
darein  ich  nit  mer  kumb"^^'. 


Helblino  fährt  fort : 

„als  ich  zuo  dem  badhüs  kam, 
der  kneht  von  mir  nam 
daz  gewant  und  leit  ez  hin : 
ze  dienste  het  er  guoten  sin. 
er  sprach:  'nu  her  an  allen  tadel 
einen  frischen  niuwen  wadel, 
binden  wol  gebunden!' 
,den  hän  ich  schiere  funden', 
sprach  der  wirt  und  gap  uns  vier; 
dar  üz  näm  die  besten  wir. 


als  ich  in  die  stuben  gie, 

das  badvolk  mich  wol  enphie. 

sie  heten  unverdrozzen 

die  diln  wol  begozzen, 

gewaschen  schon  die  benke. 

ein  wibel  vil  gelenke 

nam  min  da  mit  dienste  war. 

sie  truoc  mit  bat  ein  scheffel  dar, 

weder  ze  kalt  noch  ze  warm, 

sie  streich  mir  rücke,  bein  und  arm 


Selfried  Helblings  Schilderung  des  Bades 


149 


als  eim  wetloufaere. 

dö  sprach  min  kneht  gewaere: 

'mich  juckent  arm  und  diu  bein, 

nu  dar!  zwei  scheffel  an  die  stein, 

da  wir  nach  erswitzen ! 

macht  vinster,  da  wir  sitzen, 

daz  wir  die  wedel  swingen  ! 

lät  an  dem  oven  klingen 

zwen  würfe  mer,  die  krachen!' 

des  begund  ich  lachen 

in  der  vinsternüsse, 

ich  traf  ouch,  da  daz  küsse 

scheidet  mich  und  die  bank. 

ich  sprach:  'geselle,  nü  hab  dank 

diser  gramazin. 

durch  den  willen  min 

bit  noch  zwen  würfe  werfen  dar.' 

des  wart  der  badaer  gewar; 

er  sprach:  'seht  dar  einez!' 

(das  was  niht  ein  kleinez) 

'seht  dar  einz  und  aber  mer, 

da  mit  ich  den  herren  er! 

seht  einz  durch  des  knehtes  willen!' 

do  muost  ich  üf  die  dillen. 

'nü  dar  nach,  badliute  reht, 

ze  minem  herren!'  sprach  der  kneht, 

'lät  iuch  niht  bedriezen. 

riben  und  begiezen 

füeget  nach  der  lecke  wol. 

guot  louge  man  gewinnen  sol 

lüter  und  lieht  gevar. 

ein  badwibel  füeg  sich  dar, 

diu  wol  künne  dwahen, 

des  ersten  niht  gäben, 

mit  langen  umbesweifen, 

wie  gist  in  der  seifen 

der  kamerwip  gebende ; 

also  lät  iuwer  hende 

in  der  gist  dar  strichen. 

ze  leste  nemt  einclichen 

der  loug  ie  mer  unde  mer. 


so  tuot  daz  jesen  widerker. 

nü  dar,  her  scheraer, 

strichet  scharsach  unde  schaer, 

ebent  här  und  scheret  hart!' 

ich  sprach:  'geselle,  wol  mich  wart 

diner  grozen  sinne ! 

würd  din  der  herzog  inne, 

er  lieze  dich  mir  nimmer. 

nü  wil  ich  helen  immer, 

wie  din  name  si  genant, 

daz  du  im  sist  unerkant' 

dö  iz  allez  geschach, 

min  kneht  stuont  dar  nach, 

dö  saz  ich  üf  die  fürbank. 

ich  sprach:  'geselle  nü  hab  dank, 

ginc  her  unde  knie  für  mich. 

ich  wil  ouch  bewisen  dich, 

wä  du  mir  bist  ungezesem; 

'ie  lieber  kneht,  ie  groezer  besem, 

daz  muoz  an  dir  werden  schin.' 

dö  wart  durch  den  willen  min 

ein  besem  mir  gereichet, 

der  was  wol  erweichet 

die  wil  in  einem  heizen  bad  .... 

der  kneht  stuont  üf,  im  was  endank, 

ich  rümt  ouch  die  selben  bank, 

da  ich  was  gesezzen. 

min  wart  niht  vergessen, 

begozzen  wart  ich  vor  der  tür. 

da  was  mir  gerihtet  für 

ein  bett,  als  ich  wolde, 

da  ich  ruowen  solde. 

als  ich  geruote,  zehant 

der  kneht  reichte  mir  daz  gwant; 

ich  leit  mich  an  vil  schöne. 

die  badliut  nach  ir  löne 

dienten;  des  wart  in  gegeben: 

'herr,  got  läz  iuch  lange  leben, 

der  aller  ding  wol  lönen  kan!' 

sprächens,  dö  ich  schiet  von  dan." 


Noch  vor  dem  Betreten  der  eigentlichen  Badestube  legt  der  Ritter  die  Kleider  ab,  also 
in  der  Abziehstube,  und  erhält  vom  Badewirt  einen  Wadel.  In  der  Badestube  sind  Dielen 
(Fußboden)  und  Bänke  frisch  gescheuert.  Nun  beginnt  das  Baden.  Eine  weibliche  An- 
gestellte trägt  in  einem  Scheffel  lauwarmes  „bat"  herbei  und  streicht  damit  dem  Ritter 
Rücken,  Beine  und  Arme  mit  größtmöglichster  Geschwindigkeit.  Nachdem  die  heißen 
Herdsteine  mit  zwei  Scheffel  Wasser  begossen  sind,  nimmt  der  Ritter  auf  der  mit  einem 
Kissen  *  versehenen  hochgelegenen  Bank  seinen  Platz  ein  und  läßt  die  Badestube  finster 
machen.  Die  Wedel  werden  geschwungen  und  dem  hohen  Gast  zu  Ehren  der  Ofen  wohl 


*  Im  Mainzer  Hofe  zu  Erfurt  waren   im   Bad   Bänke,  Boden,  Schemel  und  „hultzern  pfulffe",  also 
hölzerne  Kissen  rein  zu  waschen ^^'. 


150 


Des  wälschen  Gastes  und  Herrands  von  WUdonie  Schilderung 


mehr,  als  es  sonst  üblich  ist,  mit  Holz  geheizt.  Die  Hitze  wird  dem  Ritter  unerträglich, 
er  muß  zu  den  Dielen  hinuntersteigen.  Nach  dieser  „lecke"  wird  er  gerieben  und  be- 
gossen. Ein  „badwibel"  besorgt  das  „dwahen"  (Waschen,  meist  im  Sinne  von  Kopf- 
waschen) mit  guter,  gischender  Lauge.  Der  Scherer  ebnet  das  Haar  und  schiert  den  Bart. 
Nach  einer  längeren  Unterhaltung  mit  dem  Knecht,  während  der  der  Ritter  auf  der  „für- 
bank"  sitzt,  wird  dieser  vor  der  Tür  der  Badestube  nochmals  begossen,  um  darnach  auf 
einem  Bette  auszuruhen.  Reichlichen  Lohn  empfangen  die  Badeleute,  worauf  der  Ritter 
angekleidet  das  Bad  verläßt. 

Eine  ältere  Schilderung  des  Badstubenbadens  haben  wir  andeutungsweise  vom  wäl- 
schen Gast  467^  der  seine  Dichtung  1216  vollendete  und  ein  Höllenbad  beschreibt.  Auf 
einem  Stuhle  sitzend  wird  man  begossen  (in  der  Hölle  „mit  wallendem  pade,  peche  und 
swebel")  und  gerieben,  bis  man  weiß  wird.  Darauf  folgt  eine  abermalige  Begießung,  und 
nun  „wadelt"  man  (in  der  Hölle  die  armen  Leute  mit  Geißeln) ;  „dem  herren  bringet  man 
snelliche  guote  wedel  harte  riche",  um  den  Schweiß  herauszubringen.  Später  wird  man 
„gebettet". 

Etwa  1259/60  vollendete  Herrand  von  Wildonie  seine  Dichtung  „Von  dem  blözen 

keiser",  aus  der  folgende  Steile  hierher  gehört : 
„der  keiser  üf  sin  piiert  dö  saz 


und  reit  vil  späte  durch  die  stat; 

da  was  bereit  im  ein  bat. 

da  gie  er  in,  und  habt  hie  vor 

vil  manic  ritter  vor  dem  tor. 

dem  l<eiser  wären  dinnen  bi 

Ideiner  junkherline  dri 

und  solher  wibelin  ein  teil, 

diu  man  da  vindet  ringe  veil. 

do  der  keiser  het  gebät, 

als  man  ze  bade  gewonheit  hat, 

do  sprach  er:  „man  sol  giezen  an, 

wir  suln  erwarmen  unde  gän 

zuo  den  rossen  für  daz  tor; 

da  wartent  uns  die  ritter  vor." 

der  keiser  legt  sich  üf  ein  banc, 

als  in  diu  hitze  da  betwanc; 

diu  venster  wurden  zuo  getan: 

do  gie  üz  der  tür  ein  man, 

der  was  dem  keiser  gar  gelich, 

sin  lip,  sin  stimme  herlich, 

als  ez  der  keiser  waere. 

do  Sprüngen  kameraere 

und  reichten  im  sin  badekleit. 

er  sprach:  „fürwär,  mir  ist  daz  leit, 

daz  ich  lange  hän  gebät, 

ich  waen,  iuch  des  verdrozzen  hat." 

die  ritter  sprächen:  „herre,  nein, 

ez  ist  uns  ein  dienest  klein." 

er  saz  üf  und  reit  mit  in 

gen  der  herberge  hin. 

den  kameraeren  wart  vil  gäch. 


sin  batgewant  si  truogen  nach. 

der  an  des  keisers  stat  da  saz 

vil  manic  ritter  vor  dem  az, 

mit  den  er  vil  schimphes  pflac. 

Dannoch  der  tumbe  keiser  lac 

ze  bade  und  het  gemaches  vil. 

ein  badekneht  im  brach  daz  spil, 

der  lief  zer  badestuben  in, 

er  sprach :  „der  keiser  ist  hin 

gevarn  an  die  herberge  sin." 

sus  drungen  die  junkherrelin 

und  legten  balde  an  sich  ir  kleit; 

si  liefen  nach,  wan  in  was  leit, 

daz  der  keiser  an  si  was 

geriten  zuo  dem  palas. 

diu  venster  man  üf  warf  zehant: 

da  lac  des  riehen  sarjant 

üf  der  dillen  alles  hie. 

er  lachte  des,  der  hin  in  gie 

und  sagt,  der  keiser  waere  enwec: 

„wes  liget  ir  da,  her  schandenflec?" 

sprach  der  knabe  dem  keiser  zuo, 

„ir  weit  vil  lihte  morgen  fruo 

uns  überfüeren  umb  diu  kleit, 

diu  wir  da  hän,  daz  waere  uns  leit." 

der  keiser  sprach:  „nu  lät  her  gän 

min  kameraere,  ich  wil  mich  an 

legen  und  wil  ze  hüse  varn  .  . . 

und  ist,  daz  man  mir  vor  der  tür 

niht  wartet  mit  dem  badekleit, 

ez  wirt  ir  etelichem  leit".  . . 

die  hadere  sprächen:  „ir  sult  gän 


Schilderung  des  Bades  durch  Meistersinger  15] 

hinfiir,  und  weit  ir  ruowe  hän ;  da  stuont  er  jämerlichen  vor. 

tiiot  ir  des  niht,  iu  mac  geschehen,  ein  wadel  was  siner  lide  kleit; 

daz  ir  ungerne  miiget  sehen."  ....  diu  vinster  naht  was  im  niht  leit, 

der  blöze  weinent  gie  zer  tür.  wan  si  im  dacte  sine  schäm"  ^^s 
nach  im  si  sparten  zuo  daz  tor, 

Auffallend  ist,  daß  sich  der  Kaiser  auf  die  Bank  legt,  nachdem  er,  wie  es  die  Gewohn- 
heit mit  sich  brachte,  gebadet  hatte.  Hier  tritt  an  Stelle  der  Übergießung  ein  Wasserbad. 
Ulrich  von  Liechtenstein,  der  1227  auf  seiner  Venusfahrt  vor  Wiener-Neustadt  ein  „wazzer- 
bat"  von  Badern  bereiten  ließ  und,  nachdem  er  schon  im  Bad  gesessen,  wegen  eines 
Liebesabenteuers,  wie  er  sagt,  „ungebat"  herausging  268^  hat  in  Anbetracht  dieses  Aus- 
druckes das  Wasserbad  doch  wohl  auch  nur  als  Einleitung  zum  Schwitzbade  benutzt. 
Wir  erfahren  aus  Wildonies  Dichtung  noch,  daß  das  von  Helbling  erwähnte  Finster- 
machen der  Badestube  durch  Schließen  der  Fenster  geschah,  wie  es  auch  auf  einem  Bilde 
der  Oöttinger  Handschrift  von  Konrad  Kiesers  Bellifortis  von  1405  zu  sehen  ist  (Abb.  74). 

Aus  Meistersingerliedern,  die  von  Hans  Sachs'  Hand  geschrieben  und  zum  Teil 
auch  von  ihm  gedichtet  sind  337.  464  erfahren  wir,  daß  man  in  der  ersten  Hälfte  des 
16.  Jahrhunderts  den  eintretenden  Gast  Gott  willkommen  hieß.  Dann  langte  man  Wasser 
her  und  frug,  ob  er  einnetzen  wolle.  Dies  besorgte  darauf  die  „Untermaid"  mit  selbst 
gebrauter  Lauge,  in  weniger  guten  Badestuben  mit  Wasser.  Dann  stieg  man  auf  die 
Bank  hinauf,  die  auch  als  „Schwitzbank",  „ober  panck",  „leckpanck"  bezeichnet  wird, 
um  zu  schwitzen.  Nun  wurde  von  einem  Reiber,  der  vor  den  Ofen  trat,  aus  einem  Kübel 
aufgegossen,  manchmal  auch  schon  vor  dem  Hinaufsteigen  zur  Oberbank.  Nach  dem 
Schwitzen  setzte  man  sich  „abher",  anscheinend  auf  eine  tiefere  Bank,  wo  ein  Reiber, 
Baderknecht  oder  „poden  knecht"  das  Reiben  vornahm,  das  zu  einem  unangenehmen 
Kratzen  wurde,  wenn  dieser  Nägel  „wie  vögel  klawen"  hatte.  Das  Reiben  scheint  aber 
auch  auf  der  Oberbank  stattgefunden  zu  haben.  In  diesem  Falle  erfolgte  nach  dem 
Herabkommen  auf  die  Bank  das  Zwagen  vom  Baderknecht,  welches  wohl  der  Haupt- 
sache nach  Kopfwaschen  war,  das  auch  die  „vntermaid"  besorgte.  In  der  „scherstat" 
oder  „schereck"  fand  darauf  das  Scheren  statt,  in  Zürich  im  18.  Jahrhundert  auf  dem 
„Stöckele"  oder  „Stöckli",  wo  auch  zur  Ader  gelassen  wurde  243.  Zum  Schluß  bereitete 
die  Untermaid  Lauge  zum  „abfleihen"  (abgießen),  die  Fleihlaug'  genannt  wird.  Wer 
schröpfen  wollte,  saß  „an  der  laspanck"  vor  dem  Kopfwaschen  und  nach  dem  Reiben, 
ließ  sich  darnach  Wasser  in  einem  Scheffel  aus  dem  Kessel  geben  und  darauf  „ein 
wannen  giesen",  um  darein  zu  sitzen.  Nach  der  Bamberger  Baderordnung  von  1481 
hatte  der,  welcher  „ein  Wannen  gegossen  haben  will"  sechs  Pfennig  auf  der  „frawen  stule" 
(soll  wohl  Stube  heißen)  zum  Bade  zu  geben  46.  Pfarrer  Johann  Schalyss  zu  Holtzheim 
besang  159Q  das  neu  errichtete  Bad  Boll: 

„Das  Badhauß  eben  ist  gewehlbt, 
Auff  schönen  Stein  in  Seulen  gstelt. 
Drey  Kessel  groß  es  drinnen  hat, 
Darauß  man  warm  wird  gießen  an" ■'85. 

Boll  hatte  nur  Wasserbäder  in  Wannen.   Das  „Angießen"  bedeutet  demnach  nicht 


152 


Andere  Berichte  /  Eigenartige  Veranlassung  zum  Reiben 


immer,  wie  man  vermuten  sollte,  ein  Begießen  der  heißen  Steine  zur  Dampfentwicke- 
lung, sondern  auch  das  Füllen  der  Badewanne. 

Mehrmals  wird  erwähnt,  daß  sich  die  Badenden  Wasser  in  einem  Scheffel  aus  dem 
Kessel  bringen  lassen,  anscheinend  um  sich  selbst  zu  begießen  (Abb.  69).  In  die  Bade- 
stube an  der  Pegnitz  floß  warmes  und  kaltes  Wasser,  „darmit  man  sich  kann  säuberlich 
nach  allem  Wunsch  begießen".  Das  Weistum  von  Huisheim  in  Schwaben  schrieb  1505 
dem  Bader  vor,  er  „sol  auch  ainem  iedem  menschen,  so  zu  gottz  tisch  gaut  (d.  h.  Er- 
wachsenen), geben  ain  kibel  mit  warmem  wasser  und  ain  badhut,  es  seien  mans-  oder 
Weibsbild  . . .  und  iedes  bad  allein  und  in  sonder  ain  schaf  mit  laug  in  die  badstuben 


Nebuu  Nebulon, 
Hichwnorem  amat  &  intcrnum  & 
cxternum» 


verordnen,  dar  mit  die  leut  versechen 
seien"  535.  Nach  der  Durlacher  Baderord- 
nung hatte  der  Bader  1536  „wie  von  alter 
der  bruch"  dreißig  Kübel  und  dreißig  Hüte 
vorrätig  zu  halten  2i9  Erwähnt  werden 
auch  in  den  Meistersingerliedern  die  von 
den  Badern  geflochtenen  Hüte,  das  Heizen 
der  Badestube  mit  Holz,  der  Ersatz  von 
Lauge  durch  Seife  und  das  Zechen  nach 
dem  Bad.  Im  wesentlichen  ist  die  Dar- 
stellung gleich  der  von  Hans  Sachs  in 
den  Ständen  (S.  145)  gegebenen.  Einer  der 
erwähnten  Meistergesänge  ähnelt  übri- 
gens sehr  einem  solchen  aus  dem  15.  Jahr- 
hundert.  Abweichend  heißt  es  darin : 

„reich  mir  ein  kost  und  einen  hot  (Hut) 
einer  legk  solt  uns  geweren. 
darnach  so  sol  wir  scheren, 
so  sin  wir  schir  gerecht". 

Auch  hier  ist  nach  dem  Bad  der  Sinn 

. , ,    ^„    „    .  _      •     D  j    .X  £  »A  auf  den  Ort  gerichtet,  wo  der  Beste  ge- 

Abb.  69.    Begießen  im  Bad.   Kpfr.  aus:  Murner,  &  '  *= 

Nebulo  nebulonum.      Frankfurt,    Fickwirth,   1663.       schenkt  wird  469 

Eine  eigenartige  Veranlassung  zum  Reiben  gibt  dieser  Meistergesang,  wie  auch  der 
von  Hans  Sachs  an:  „die  hüt  byssen  uns  ser"  469  ^,mich  selbst  juckt  die  Haut  sehr" 464 
Nach  Hero  (1533)  vertreibt  das  Bad  das  Jucken  23i.  Auch  bei  Helblino  ist  für  den 
Knecht  Jucken  der  Arme  und  Beine  die  Begründung  für  weitere  Dampfentwickelung  im 
Bad  214  MuRNER  läßt  die  Füße  gegen  Jucken  reiben  6.  Nach  dem  König  vom  Oden- 
wald badete  man,  „überlüt,  daz  in  jucket  die  hüt"  228. 
Im  Höllenbad  (1540)  sah  Hans  Sachs  29 


„ reyben,  lechzen  und  schwitzen, 

Negel  abschneyden,  volbad  sitzen, 


Lassen  und  schrepfen,  kemmen  und  zwagen, 
Sehern,  abfleyhen,  wasser  tragen, 


Die  allegorischen  Beschreibungen  des  Bades  153 

Zehn  außbrechen,  die  rewding  salben,  In  summa  all  ding  daucht  mich  ghrad, 

Doch  undterschiedlich  allenthalben  ....  Als  wer  die  hell  gleich  wie  ein  bad". 

Auch  hört  ich  schreyen  on  zal  grillen  *. 

Das  Bad  begann  mit  Einnetzen  von  Lauge;  nachdem  sah  Sachs  auf  den  Bänken 
eine  Summe 

„Gelb  dürrer  seel,  die  waren  lecken 
Und  sich  mit  dörren  kosten  schlugen"; 

andere  schwitzten  schon  auf  den  Bäni<en,  daß  es  wie  ein  Bach  herabfloß. 

In  Murners  geisthcher  Badenfahrt  (1514),  wie  überhaupt  in  den  allegorischen  Be- 
schreibungen, ist  die  Reihenfolge  der  Vorgänge  wahrscheinlich  nicht  innegehalten; 
denn  dem  Kämmen  des  Haares  folgt  bei  Murner  das  Lecken.  Am  Schluß  finden  statt: 
Abgießen,  Bademantelgeben,  Niederlegen  und  nach  dem  Bad  Wohlleben  6.  Aus  der 
von  Philipp  von  Allendorf  1535  herausgegebenen  Judenbadstub  sei  hervorgehoben, 
daß  der  Bader  questete  und  man  am  Schluß  das  Badgeld  bezahlte  234  Nach  „des  Bapsts 
vnd  der  Pfaffen  Badstub"  (1546)  „geüßt  man  sich  fein  sauber  ab",  ehe  man  aus  dem  Bad 
geht.  Nach  dem  Bad  pflegt  man  der  Ruhe  440.  Die  Judenbadstube  Abb.  70/71  hat  die  Steine 
zum  Begießen  abgebildet,  dieses  selbst,  wie  das  Hinaufsteigen  auf  die  Bank  und  das 
Lecken  fehlen;  vielleicht  waren  diese  Vorgänge  zum  Schröpfbade,  das  hier  beschrieben 
wird,  nicht  nötig.  Möglicherweise  sind  sie  aber  nur  weggelassen,  weil  sie  in  der  alle- 
gorischen Darstellung  keine  Verwertung  fanden. 

Bei  den  populär-medizinischen  Schriftstellern  ist  nicht  auseinanderzuhalten,  was  als 
Gebrauch  bestand  und  was  Vorschlag  des  betreffenden  Verfassers  ist,  wobei  das  römische 
Vorbild  verwirrend  wirkte.  Die  wirklichen  Vorgänge  scheint  Brunssfels  *'''  gegen  Mitte 
des  16.  Jahrhunderts  in  einer  nach  der  Vorrede  für  den  armen  Mann  gegebenen  An- 
weisung zu  schildern :  „Eyn  kurtze  leer  von  baden.  So  du  baden  wilt,  so  beweg  dich 
vor  vnd  exercier  dich  etwa  mit,  spacier  ein  gute  weil  biß  du  erwärmest,  darnach  gang 
in  das  bad,  bleib  an  einer külen  statt  erschwitz  da**,  vnd  laß  dich  dann  mit  einem  heyssen 
wasser  begiessen,  darnach  setze  dich  an  ein  warme  statt  im  bad,  darnach  aber  wermer, 
also  nach  einander  je  baß  je  baß  biß  du  gleich  wol  erschwitzest,  nach  dem  wesche  dich 
mit  wasser  das  nit  züheyß  seye  als  das  erst,  vnd  zum  letzten  mit  eim  külen  wasser  das 
doch  nit  zu  kalt  sey,  vnd  wann  du  außghast  so  halt  dich  warm."  An  anderer  Stelle  sagt 
Brunssfels,  daß  man  sich  nach  dem  Eintritt  ins  Bad  „zu  stundt"  mit  warmem  Wasser, 
so  warm   man  es  vertragen  mag,  begießen   soll,  kurz  vor  dem  Ausgehen,  wenn 

*  Hess  singt  1818  von  Baden : 

„Einsam  zwar  und  allein  im  stillen  Gewölbe  des  Bades, 
Bin  ich  verlassen  doch  nicht;  denn  das  Heimchen,  das  gern 
Sich  zu  Menschen  gesellt,  zirpt  ungesehn  in  der  Nähe, 
Und  vor  der  inneren  Welt  lächelt  mir,  Liebchen,  dein  Bild!"3i5. 
"  Diese  Stelle  steht  mit  der  weiter  unten  erwähnten,   aus   Brunssfels   entnommenen,   in  Wider- 
spruch.   Das  Schwitzen  vor  dem  Begießen  mit  heißem  Wasser  ist  hier  gleich  erwärmen  zu  setzen 
und  sollte  an  kühler  Stätte  in  der  Badestube  oder,  wenn  eine  Abziehstube  vorhanden  war,  in  dieser 
stattfinden,  um  den  Körper  nicht  dem  plötzlichen  Temperaturwechsel  zwischen  kalter  Außenluft  und 
der  Hitze  der  Badestube  auszusetzen. 


154 


Brunßfels'  Schilderung  der  Vorgänge  im  Bad 


■^Uir  betyiit  mfrr  bcft  ourf?  thun 
C  iJuuV"  fc«^  Offett  bellt  ont  fcbon. 


Abb.  70/71.    Juden-Badstub.     1.   In  der  ersten  Figur  stehet  ein  Kaufmann,  der  großen  Handel  will 

treiben.    2.  schlegt  sich  zu  den  Juden  und  wird  von  ihnen  in  die  Oaß  geführt.    3.  handelt  mit  ihnen. 

4.  die  wollen  ihn  baden,  darumb  schöpft  der  Teufel  und  Jud  Wasser.    5.  henken  den  Kessel  über. 

6.  schüren  das  Feuer.    7.  kehren  die  Badstub.    8.  reiben  ihn.    9.  schrepffen  ihn. 

„mann  wol  erschwiizt",  mit  kühlem,  das  nicht  zu  kalt  sei,  ein  wenig  kühler  als  lau, 
das  erfrische  die  Glieder  des  Körpers.  Etliche  Menschen,  die  viel  Schweiß  baden, 
würden  gern  räudig  und  bekämen  „eyssen"  (Furunkel).  Die  sollen  dem  zuvorkommen 
und  sich,  wenn  sie's  vertragen  und  nicht  Gliederschmerzen  bekommen,  mit  kaltem 
Wasser  vor  dem  Ausgehen  beschütten,  sonst  mit  wenig  warmem.  Wasserbäder  sollen 
nicht  zu  heiß  sein.  Man  soll  über  den  Nabel,  aber  nicht  über  die  Brust  hinein  sitzen. 
Dieses  Baden  nützt  sehr  den  Menschen  mit  dem  Stein  und  Grimmen  im  Leib  und  sonst 


Brunßfels'  Schilderung  der  Vorgänge  im  Bad 


155 


f*  Cm  cuTiir Q5i<iö(tub  mjd^ift  bereit 


ut(£ti  ba  ihn  (Sttii^fei 


^tTrif  rtt  mib  bis  Ä^n^  n»rt»  d 
«•JuSenedjelmrturfbUrbtbefatit  /  J 

10.  zwachen  ihn.  11.  waschen  ihn  ab.  12.  er  beklaget  sich  seines  Schadens.  13.  kompt  aber 
arm  wieder  zur  Oassen  heraus.  14.  siehet  er,  daß  er  umb  das  Seine  gekommen.  15.  die 
Juden  waschen  die  Sund  ab,  der  Teufel  fischet  sie  wieder  auf.    16.  und  führet  sie  in  die  Hell.    Kpfr. 

aus  dem  16.  Jahrhundert. 


ZU  vielen  anderen  Dingen.  Wer  zuviel  Hitze  und  Durst  im  Wasserbad  bekommt,  muß 
sich  vor  dem  Ausgehen  mit  kaltem  Wasser  beschütten  „Item  es  seye  schweiß  oder 
M/asserbad,  wann  dir  der  mund  schwitzt  so  hör  auff."  Nach  dem  Bad  (Schweiß-  und 
Wasserbad)  soll  man  im  Bett  ruhen  und  die  Füße  mit  Salz  und  Essig  reiben,  das  ziehe 
die  böse  Hitze  aus  dem  Leib  und  mache  lustig.  Auch  im  Bad  soll  man  die  Sohlen  mit 
einem  Messer  schaben  lassen.  Schon  in  Boners  Fabeln  (erste  Hälfte  des  14.  Jahrhunderts) 
sagt  die  Äbtissin  nach  Anordnung  des  Schwitzbades : 


156  Das  kalte  Abgießen  nach  dem  Schweißbad 

„ouch  hab  ich  selbe  daz  gelesen, 
daz  man  die  vüeze  riben  sol 
mit  ezzich  und  mit  salze  wol"  226. 

Ein  Reiserischer  Druclc  aus  dem  15.  Jahriiundert  schlägt  vor,  im  Bad  zu  kratzen  und 
zu  reiben,  den  Schweiß  mit  troci<enen  Tüchern  vom  Körper  zu  streichen,  darauf  folgt  das 
Begießen  mit  wenig  warmem  Wasser,  darnach  das  Schröpfen.  Vor  dem  Ausgehen  aus 
dem  Bad  sollen  die  Sohlen  der  Füße  mit  einem  Messer  oder  rauhen  Steine  geschabt 
werden.  Zum  Schluß  folgt  eine  Begießung  mit  kaltem  Wasser,  das  nicht  zu  kalt  sei,  ein 
wenig  kälter  als  lau  238.  Nach  dem  St.  Galler  Codex  760  soll  man  sich  in  der  warmen  Stube 
abziehen,  dann  immer  wärmer,  aber  nicht  zu  heiß  baden,  den  Leib  kratzen,  und,  wenn 
man  dann  zum  ersten  Male  schwitzt  und  geruht  hat,  soll  man  sich  begießen  mit  lauem 
Wasser,  das  nicht  zu  heiß  sei,  und  so  man  „anderwert"  schwitzt  (gemeint  ist  im  Ruhe- 
bett) und  sich  reibt,  soll  man  sich  mit  noch  kälterem  Wasser  begießen ;  denn  nach  Avi- 
cenna  werden  die  Glieder  dadurch  am  leichtesten  erkühlt,  des  Leibes  Kraft  gehärtet  und 
bleibt  die  natürliche  Hitze  im  Leib.  Der  Leib  wird  nun  mit  einem  weichen  Tuch  ge- 
trocknet, das  darnach  um  den  Körper  geschlagen  wird. 

RvFF  sagt  vom  Begießen:  „Welchen  aber  das  Hirn  fast  (sehr)  hitzig  mit  etwas  vn- 
messiger  feuchte,  denen  ist  ein  zimliche  rechtmessige,  doch  nit  vberflüssige  begiessung, 
mit  kaltem  wasser  vber  das  haupt  abgössen,  wo  man  sich  erstlichen  mit  zimlicher 
laugen,  die  vast  (sehr)  warm  gezwagen  hette  nit  schedlich,  wie  dann  etliche  inn  diesem 
fall  inn  gemeinem  brauch  haben,  die  heisse  scharpffe  laugen  mit  zimlicher  maß  kaltem 
wasser  abzuspülen,  vnd  das  erhitzigt  Hirn  also  külen."  „Das  aber  an  vilen  orten 
der  gebrauch  on  zweiffei  auß  alter  gewonheit,  vnsere  vorfarn  nach 
bliben,  das  man  die  so  vast  hitzig  gebadet  haben  vnd  yetzundt 
aus  dem  Badt  hinweg  gehen  wollen,  mit  kaltem  wasser  pflag  ab  zu- 
gi essen,  welche  alte  gewonheit  on  zweyffel  an  solchen  orten  allein  dardurch  erhalten 
worden,  vnd  im  brauch  bliben,  das  sich  grobe  starcke  leuth  gesundes  vermöglichs  leibs 
vnd  harter  Complexion,  daruon  oberzelter  vrsachen  halb  vast  wol  befunden  haben"*. 
Die  Deutschen  machten  nach  ihm  meist  keinen  Unterschied  in  der  Complexion,  heute 
würde  man  sagen  Konstitution,  er  riet  aber  denen  mit  schwachem  Körperbau,  sich  zu 
hüten  „vor  stümpfflinger  abgießung  mit  kaltem  wasser  auff  hitzig  schweiß  badt".  Etliche 
fleißige  Medici  hätten  deshalb  an  Stelle  der  kalten  Übergießung  an  den  Schluß  des 
Schweißbades  ein  Ausgießen  von  kaltem  Wasser  um  den  Menschen  herum,  nicht  auf 
seinen  Leib,  gesetzt,  um  durch  die  erkühlte  Luft  zu  laben  und  zu  erquicken.  Der  gemeine 
Brauch  der  Deutschen  sei  aber  in  solchem  Fall,  daß  „das  angesicht  mit  kaltem  wasser 
vast  nützlichen  gekület  vnd  erwaschen  werden  mag,  welche  külung  den  äugen  fürnem- 
lichen  nutzlich  vnd  gut  ist . . .  Aber  den  starcken  vermöglichen  Cörpern,  erweckt  das 

*  Nach   diesen  Angaben  kann  kein  Zweifel  sein,   daß  man  sich  nach  dem  Schweißbad  mit  kaltem 
Wasser  abgoß.  Auch  Fischart  sagt  in  „Aller  Practick  Großmutter"  (Vorrede  zur  Ausgabe  von  1623): 

„Ihr  schnapt  nach  dem  Athem  oder  nicht, 

wie  ...  ein  Kaltbeschütter  im  Bad"3i. 


Arten  der  Bäder  157 

kalt  Baden  von  obgemelts  begiessen  mit  kaltem  wasser  das  rott  lauffen,  schnei  durch 
lauffender  hitz  vnnd  fröstigs  schaudern,  vnnd  inn  magern  personen  werden  dardurch 
Febres  verursacht"*.  Er  tadelt  den  gemeinen  Brauch,  stracks  aufs  Bad  ein  paar  frische 
Eier  mit  zerriebenen  Muskatnüssen  zu  essen  48 

Die  deutsche  (aber  nur  die  wohlgeordnete  48)  Badestube  hatte  nach  Ryff  zwei  Ab- 
teilungen, das  „vorstüblin"  zum  Abziehen  und  Erkühlen  und  das  eigentliche  „truckene 
Schweißbad",  in  dessen  Hitze  man  vom  Vorstüblein  ging250.  Etschenreutter  sagt 
1571 :  „Wir  aber  habend  aliein  diebadstuben,vnddie  abziechstuben,  darinn  gemeincklich 
bether  (Betten)  seind,  darinn  sich  der  bäder  mag  abtrucknen.  Der  gemein  man  sucht  an 
sollichem  beth  mehr  ruhe,  dann  abtruckung  des  schweiß"  449.  Nach  Ryff  ruhte  man  „für 
die  schwacheyt",  nachdem  man  vor  dem  Aussteigen  aus  dem  Bad  Schweiß  und  Nässe 
mit  warmen  Tüchern  abgetrocknet  hatte.  Wer  „euacuationem  vnnd  resoiutionem"  be- 
gehrte, erschwitzte  wiederum  im  „rhübetlin",  so  viel  er  erleiden  mochte  48. 
WiTTENWEiLER  gibt  gegen  1450  im  Ring  zwei  Arten  der  Bäder  an : 
„Hie  so  scholt  du  mercken  pey,  Hast  du  uberflüssichait 

Daz  man  da  vindet  zwayerlay  Zwüschen  flaysch  und  auch  der  haut. 

Peder  nach  der  gmainen  sag,  Wasserpad  mit  edelm  chrawt, 

Swaysspad  und  auch  wasserpad.  Daz  lawich  sey  und  nicht  ze  hayss, 

Swaysspad  daz  sey  dir  beräyt,  Macht  dich  schön  und  dar  zuo  fäyss"  -3». 

PiCTORius  unterscheidet  1560  nach  Petrus  de  Ebano  drei  Arten  von  Bädern:  (1.) 
Wasserbäder,  (2.)  Bäder  in  den  Badestuben  mit  warmen  Dämpfen  und  (3.)  in  einer  Stube 
oder  Backofen,  aus  dem  erst  das  Brot  herausgezogen  wurde  oder  solche,  die  mit  heißen 
Steinen  angemacht  sind  i52  Dryander  kennt  1547  nur  Baden  (1.)  in  „gewärmten  zübern 
oder  (2.)  stuben,  mit  heyssen  dämpfenden  wasser"  233.  Nach  Phries  sind  (1.)  „ett- 
liche  (Bäder)  vonn  feuwer  gemachet  (on  Wasser  420)^  als  in  den  Öfen,  da  man  die 
krancken  ynleget  (Backöfen),  vnnd  seind  heisser  vnd  truckner  complexion,  ettliche  von 
hitz  vnd  wesserigen  tempffen,  als  (2.)  die  badstuben  oder  (3.)  züber  so  man  hitziget  mit 
teuer  vnd  wasser,  welche  warmer  vnd  füchter  complexion  seind"  386.  Er  unterscheidet 
also  (1.)  heiße,  trockene  (Heißluft-),  (2.)  Dampfbäder  in  den  Badestuben  und  (3.)  Wasser- 
bäder in  Zubern.  Die  unter  2  und  3  genannten  Bäder  sind  im  Gegensatz  zu  1  warmer 
und  feuchter  Art.  Ryff  nennt  aber„trucken  schweiß  badt"  die  Bäder  „on  alle  benetzung", 
d.h.  ohne  direkte  Berührung  mit  eigentlichem  Wasser  und  rechnet  zum  trockenen  Bade 
die  „mit  hitzigem  dampf  vnnd  dunst  erfüllet"**. 

*  Ryff  l<annte  also  schon  die  sogenannte  Reaktion  und  wußte,  daß  im  Gegensatz  zu  kräftigen  Per- 
sonen von  magern  die  kalte  Übergießung  schlecht  vertragen  wurde.  **  In  der  Einteilung  der 
Bäder  herrscht  ein  großer  Wirrwarr.  In  Blondels  Werk  über  Aachen  werden  1688  die  Dampf- 
kastenbäder als  Sudatoria  sicca,  seu  vaporosa  (truckne  schweiß  oder  schwadembäder)  bezeichnet^"'. 
Wetzler  spricht  1822  vom  trockenen  Dampfbade,  das  gemeinhin  Schwitzbad  genannt  wird 
(Reil  nennt  es  Feuerbad)  und  stellt  diesem  gegenüber  das  feuchte  Dampfbad,  das  in  engerem  Sinne 
Schweißbad  genannt  wird,  wobei  auf  dem  Ofen  liegende  Kieselsteine  mit  Wasser  übergössen 
werden,  oder  wo  in  eigenen  Apparaten  (Dampfbadewannen)  Wasser  durch  bis  zum  Rotglühen  er- 
hitzte eiserne  Kugeln  in  Dampf  verwandelt  wird,  oder  wo  Dämpfe  von  Thermen  in  Schwitzhäuser  oder 
Kasten  oder  endlich  die  Dämpfe  gewöhnlichen  Wassers  von  einem  Kessel  in  solche  Kabinette  geleitet 


158  Die  deutsche  Badestube  als  Dampfbad 

Dazu  gehört  zuerst  die  Badestube :  „wiewol  bey  vns  Teutschen  gemeinklichen  der 
grossen  schweiß  Bäder  oder  Badstuben  mit  wacl<en  vnd  Kißiing  steinen  (diese  wieder 


Abb.  72.    Frauenbad  von  Hans  Sebald  Beham.    (1500—1550). 


werden  3'".  Auch  Schreger  unterscheidet  trockene  und  feuchte  Dampfbäder.  Erstere  sind  meist  Be- 
räucherungen,  zu  letzteren  rechnet  er  das  Weingeistdampfbad  **,  unser  heutiges  Heißluftbad.  In  Zedlers 
Lexilcon  von  1733  sind  Bäder  von  Asche,  Salz  und  Stahl-Feile  als  Balnea  sicca  in  Gegensatz  zu  den  balnea 
humida  bezeichnet,  die  vaporosa  vom  Dunst  ausgekochter  Kräuter  oder  aquosa  (künstliche  von 
Dekokten  und  natürliche  Bäder)  sein  können ^^ä  Bauhin  sagt  1602  von  den  Dampfbädern:  „man 
nenne  sie  jetzt  gleich  Dampfbäder,  trucken  Bäder  oder  Schweißbäder"  ^31.  Verhaltungsmaßregeln 
zur  Pestzeit  aus  dem  15.  Jahrhundert  geben  an :  „in  einem  Wasserbad  magst  du  ein  wenig  switzen"  '^'^\ 
ebenso  Ellenborg  1484"'.  Ryff,  der  das  Dampfbad  als  trockenes  Schweißbad  bezeichnet,  spricht 
einmal  vom  nassen  und  feuchten  Schweißbad  ■'s,  worunter  nach  dessen  sonstiger  Auffassung  ein 
Wasserbad  verstanden  werden  muß.  Vielleicht  waren  diese  Wasserschwitzbäder  die  mit  einem  Dach 
versehenen,  durch  welches  das  Entweichen  der  Dämpfe  verhindert  wurde. 


Die  deutsche  Badestube  als  Heißluftbad  159 

durch  Holzfeuer)  erhitzigt  werden",  und  weiter  sagt  er:  „Dieweii  aber  nach  vnseren 
gemeinen  Teutschen  brauch  die  Badstuben  bader  mehr  durch  hitzigen  dunst  vnnd  dampff 
des  siedenden  wassers,  dann  von  der  hitz  des  Fewers  allein  gewermet  oder  erhitziget 
werden  mag"  48. 

Nach  Etschenreutter  449  wurden  die  Badestuben  mit  Holz  beschickt  im  Gegen- 
satz zu  den  kleinen,  die  man  eigentlich  Schweißbäder  nannte  (dampfkastenartigen),  wo 
heiße  Steine  mit  Kräuterabkochung  begossen  wurden.  An  anderer  Stelle  heißt  es,  daß 
der  durch  diese  (Kräuter-)Schweißbäder  erzeugte  Schweiß  wirksamer  sei;  „dann  so  es 
allein  mit  holtz  in  gemeinen  badstuben  bescheh".  Pictorius  sagt  dagegen  wieder,  daß 
die  Badestuben  mit  warmen  Dämpfen  des  Wasser  zugerichtet  würden  i52  Aus  allem 
geht  hervor,  daß  man  in  manchen  öffentlichen  Badestuben  erhitzte  Steine  mit  Wasser 
zur  Dampfentwickelung  begoß  (Abb.  40),  in  anderen  man  nur  ein  Heißluftbad  durch  Er- 
hitzen des  Ofens  nahm,  wo  aber  nebenbei  noch  Dämpfe  aus  dem  Kessel  aufstiegen ;  in  dem 
das  Wasser  zum  Begießen  erwärmt  wurde  (Abb.  70).  Ein  Bild  Behams  zeigt  (Abb.  72) 
einen  hohen,  bis  zur  Decke  reichenden  Kachelofen.  Die  genaue  Beschreibung  einer  Bade- 
stube in  Zedlers  Lexikon  vom  Jahre  1733  erwähnt  nichts  von  Dampfentwickelung, 
und  wenn  1788  in  einer  Züricher  Badestube  ein  mit  Steinen  wohl  garnierter  Ofen  vor- 
kommt, so  ist  zu  berücksichtigen,  daß  die  alten  hohen  Kachelöfen  der  Schweiz  große 
Feldsteine  enthalten,  die  nach  dem  Erlöschen  des  Feuers  durch  Abgabe  von  Wärme 
die  Wohnstube  noch  längere  Zeit  warm  halten  sollen.  Blondel  stellt  1688  dem  Dampf- 
kasten die  Badestuben  gegenüber  409.  1727  heißt  es  in  der  holländischen  Ausgabe  für 
Badestuben  „de  drooge  Baaden  (Laconia)"4io.  ich  habe  nach  den  Berichten  den  Ein- 
druck, daß  in  der  älteren  Zeit  die  Bäder  mit  Dampfentwickelung  vorherrschten,  allmäh- 
lich Heißluftstuben  daneben  auftraten,  die  schließlich  allein  übrig  blieben. 

In  den  gemeinen  Badestuben  war  nach  Ryff  der  Ofen  mit  Werksteinen  gemacht,  an 
etlichen  Orten  (in  Deutschland?)  aber  in  Brauch,  „allein  durch  dieerhitzungdesvndersten 
Oewelbs  solche  Bad  zu  heizen,  vnd  auff  gelegten  Brettern  darinn  vmbher  zugehn"466 
Sollte  hier  eine  Einrichtung  gemeint  sein,  wie  sie  sich  im  Kloster  Maulbronn  befand? 
(s.  S.  111).  Einmal  begab  sich  der  Rat  von  Butzbach  in  Hessen  nach  dem  Zisterzienser- 
kloster Arnsberg,  um  die  dortigen  Badeeinrichtungen  zu  studieren,  und  beschloß,  sie 
für  die  Neueinrichtung  der  städtischen  Badestube  zum  Muster  zu  nehmen.  In  der  Tat 
erhielt  diese  auch  eine  ziemlich  umständliche  und  kostspielige  Heizvorrichtung  i97,  die 
leider  nicht  näher  angegeben  wird.  In  einer  Oöttinger  Handschrift,  dem  Bellifortis  Kon- 
Rad  Kiesers  von  1405,  sind  ein  Wasser-  und  ein  Kräuterbad  (Abb.  73  u.  74)  dargestellt.  Auf 
beiden  findet  sich  eine  Heizvorrichtung,  die  im  wesentlichen  der  Dry anders  (Fig.  55  c) 
und  Thurneissers,  nur  in  größerem  Maßstabe,  entspricht.  Der  Kessel,  der  in  dem  einen 
Falle  Wasser,  im  anderen  eine  Kräuterabkochung  enthält,  steht  mit  einem  darüber- 
liegenden  Behälter  in  Verbindung,  in  den  das  heiße  Wasser  hinaufsteigt  und  von  diesem 
aus  weiter  in  die  Badegefäße  geleitet  wird  3.  Im  Kräuterbad  sind  die  Fensterladen  ge- 
schlossen, die  beim  Wasserbade  offen  stehen,  weil  man  hier  den  Dampf  nicht  gebrauchte. 


160 


Die  Steinstuben 


Wo  Steine  zum  Begießen  in  der  Badestube  abgebildet  sind,  liegen  sie  in  einer  Nische 
(Abb.  86).  Nach  dem  Gedicht  von  der  Einnahme  Hohenkrähens  (1512)  goß  man  das 
Wasser  „in  ofen  dar"  49,  und  Hans  Sachs  sah  in  den  Ofen  des  Höllenbades  hinein  und 
unten  die  Steine  liegen  29.  Es  ist  möglich,  daß  der  Steinofen  nicht  immer,  vielleicht  in 
manchen  Gegenden  nur  zu  Kräuterdampfbädern  begossen  wurde,  oder  daß  nur  manche 


Abb.  73.     Wasserbad    mit   Dampfheizung.     Nach   einer    faibigeii   Zeichnung    aus    dem    Göttinger 
Bellifortis  des  Konrad  Kieser  von  1405. 

Badestuben  in  der  Stadt  derartige  Einrichtungen  hatten,  dafür  spricht  das  Vorkommen 
besonderer  Steinstuben,  wie  auch  Kräuterstuben  genannt  werden.  So  hatte  Klein-Basel 
im  14.  Jahrhundert  zwei  Kräuterbadstuben,  die  „zum  Fröwlin  und  zer  Trüwe",  und  in  Basel 
gab  es  zu  dieser  Zeit  Steinbadstuben  260.  in  Zürich  erscheint  die  seit  13Q9  erwähnte 
untere  Badestube  1553  unter  dem  Namen  Krut-(Kräuter-)bad  1^3.  in  der  zweiten  Hälfte 
des   15.  Jahrhunderts  wird  mehrmals  in  Hildesheim  eine   „Steynstove"    erwähnt  52. 


Die  Kräuterstaben 


161 


Bürgermeister  Gentzkow  badete  1559  und  15Ö2  „jm  steinstauen",  aber  155Q  auch  im 
„gemeinen  stauen"  542. 

Abb.  43  weiclit  auffallend  von  den  übrigen  Bildern  der  Zeit  ab.  Wir  sehen  in  der 
großen  Badestube  zwei  von  Dry ander  und  Ryff  beschriebene  sog.  kleine  Badestuben,  in 
denen  Kräuterdampfbäder  genommen  wurden,  auch  ein  Wasserbad,  in  das  der  Bader 
eine  Flüssigkeit,  wahrscheinlich  eine  Kräuterabkochung  gießt.    Dieser  Art  waren  wohl 


Abb.  74.    Kräuter-  und  Heilbad.    Nach  einer  farbigen  Zeichnung  aus  dem  Göttinger  Bellifortis  des 

Konrad  Kieser  von  1405. 

die  erwähnten  Kräuterbadestuben.  Sie  wurden  nur  von  Kranken  benutzt.  Phries  klagt 
darüber,  daß  häufig  Schweiß-  (die  in  den  Apparaten)  und  Kräuterbäder  auf  Anraten 
von  alten  Weibern  und  „zwilchartzet"  genommen  würden  386. 

Die  Wasserbäder  wurden  nach  Ryff  „von  Fewer  (im  Kessel),  oder  von  Fewer  er- 
hitzigten dingen,  darinn  glüendig  abgeleschet"  erwärmtes.  Aus  dem  Kessel  schöpfte 
man  das  heiße  Wasser  in  die  Wanne  mit  Gefäßen,  die  nach  Abbildungen  auf  Wandge- 

Martin,  Badewesen  11 


162 


Die  Bänke  im  Schweißbad 


mälden  (auch  auf  den  Züricher  Leut- 
priestersiegeln)  im  14.  Jahrhundert 
schöpflöffeiartig  345^  im  15.  kleine 
Kübel  waren,  an  denen  ein  langer 
Stiel  befestigt  war  517  (vgl.  Abb.  61). 
Im  16.  finden  die  oft  erwähnten 
Gelten  und  Schefflein  (Abb.  82)  dazu 
Verwendung. 

Die  Temperaturbestimmung  des 
Wasserbades  geschah  nach  Brunss- 
FELS  mit  dem  Fuße,  wohl  aber  mehr 
bei  Kinderbädern.  1669  wurde  in 
der  oberen  Badestube  zu  Winterthur 
ein  Mann  von  Reterschen,  der  „in 

Abb.  75.    Badestube  aus  dem  Kalender  von  1515.  einem  Wynrüschlein  entnuckt,  SO 

Basel,  Pamphilus  Oengenbach.  versotten,    daß    er    noch   selbigen 

Abend  den  Hinscheid  aus  dieser  Welt  ergriffen"  57.  im  Schwitzbade  wurde  natür- 
lich jedem  einzelnen  überlassen,  die  für  ihn  rechte  Temperatur  zu  wählen.  Aus 
dem  Vorhergehenden  geht  hervor,  daß  mehrere  übereinanderliegende  Bänke  im  Bad 
vorhanden  waren,  deren  höchste  nach  Ryff  der  „Pfal"  genannt  wurde  48.  Je  höher 
man  stieg,  um  so  höherer  Temperatur  wurde  man  ausgesetzt.  In  der  Johanniter- 
kompturei  Wildenbruch  gab  es  eine  Oberbank  und  zwei  Verbänke  oder  „Trippen".  Diese 
drei  Bänke  (Abb.  40)  fanden  sich  aber  nicht  in  allen  Badestuben,  in  den  kleinen  sogar 
nur  eine  (Abb.  75),  und  dort  war  manchmal  nicht  ein  Vorstübchen  vorhanden  48. 
Man  sollte  allmählich  immer  höher  steigen,  legte  sich  aber  häufig  gleich  anfangs  auf 
die  hohen  Bänke,  daß  einer  da,  der  andere  dort  ohnmächtig  herabfiel  und  teils  gar  tot 
wie  das  Vieh  aus  der  Badestube  hinausgetragen  wurde,  wie  Ouarinonius  1610  be- 
richtet.   Er  sagt  deshalb : 

„Wiltu  ohne  grossen  Schaden  schwitzen, 
Fleuch  die  grosse  Hitz,  thu  nicht  z'hoch  sitzen, 
Sonst  fällst  herab  auff  allen  viern, 
Ligst  da  wie  todt,  kanst  dich  nicht  rührn"  i3*. 

Murner  sagt  auch : 

„Das  Schweißbad  hat  ein  starcl<e  art, 
Da  manchem  in  onmechtig  wart"^ 

Nach  Pansa  (1609)  wird  mancher  durch  Aufgießen  von  kaltem  Wasser  von  gefähr- 
lichen Ohnmächten  wieder  zu  Recht  gebracht,  wie  solches  oft  die  Bader  und  viel  er- 
fahren, da  durch  unmäßiges  Schwitzen  und  unziemlichen  Gebrauch  der  Schröpfköpfe 
oftmals  Menschen  in  den  Badestuben  umfallen  und  in  Ohnmacht  geraten  350.  Hans 
Stockar  hat  mehrmals  in  seinem  Tagebuche,  z.  B.  1528,  Beschwerden  von  zu  heißem 
Baden  im  „Schwatzbad"  (Schweißbad)  angemerkt  597 


Das  Lecken  im  Bad 


163 


Die  Schwitzbank  heißt  bei  den  Meister- 
singern auch  „iecl<bani<",  weil  dort  das 
Leci<en  stattfand.  Heute  leckt  ein  Gegen- 
stand, der  Flüssigkeit  hindurchläßt;  ehemals 
bedeutete  Lecke  Flüssigkeit*  und  lecken  mit 
Flüssigkeit  übergießen.  Nach  Oswald  von 
Wolkenstein  (erste  Hälfte  des  15.  Jahrhun- 
derts) wurde  der  künftige  Kaiser  Sigmund 

in  der  Stadt  „parpiän"  empfangen: 
„do  ward  gehaitzet  im  ain  päd 
het  man  die  leci<  auff  gössen"  3'^. 

Im  Phalarismus  Huttenicus  (1517)  wird 


Abb.  76.  Im  Kübel  sitzende  Bademagd  mit 
Wedeln.  Miniatur  in  der  deutschen  Wenzelbibel. 
Anfang  des  15.  Jahrh.    Nach  von  Schlosser. 


von  einem  Nackenden,  der  um  sich  glühende  Kohlen  und  daneben  ein  Faß  mit  kaltem 
Wasser  stehen  hat,  gesagt,  sobald  ihn  die  Hitze  von  den  Kohlen  an  allen  Orten  angeht, 
„so  lecket  er  das  kalt  wasser  vff  sich"  629.  |n  der  Badestube  bedeutet  lecken  naß 
werden  vom  Schweiß,  schwitzen.  So  wird  es  bei  Helbling  gebraucht.  Im  Renner 
(13.  Jahrhundert)  heißt  es: 

„Vnd  so  die  leib  in  werden  sat, 

So  gent  sie  leckent  in  ein  pat"  i3o_ 

Der  Ausdruck  lecken  ging  aber  schon  frühzeitig  auf  einen  Vorgang  über,  der  neben 

der  Hitze  der  Badestube  den  Schweiß  hervorrief,  das 

Schlagen  mit  Büscheln  von  Birken-  (Abb.  76)  oder 

Eichenzweigen  (Abb.  77).    Im  Liederbuch  der  Klara 

Hätzlerin  heißt  es: 

„Da  sieht  man  lecken  vnd  streichen  (schlagen), 

Kain  fräd  mag  ir  geleichen. 

Wann  der  ofen  recht  erhitzt 

Vnd  wol  waidenlich  erschwitzt, 

Vnd  gab  der  küng  Im  zehen  Marck, 

Sein  krey  war  dannocht  nit  so  starck, 

So  er  sich  vff  die  panck  streckt 

Vnd  sich  streichet  vnd  leckt!" 259 

und  in  der  erweiterten  Fassung  desselben  Gedichtes: 

„da  sichet  man  bruech  feilen, 

an  beiden  arßbellen 

sichet  man  sich  streichen, 

kein  freude  kan  ir  geleichen, 

wan  ein  man  vff  die  bank  siezet 

vnd  der  vff  wol  erswiczet 

vnd  sich  hauwet,  da  man  siezet, 

da  binden  vmb  die  minneglocken" "'. 

Das  Instrument  zum  Lecken  wird  Wedel,  Wadel 

genannt.   Nach  Ryff  trieb  man  damit  (wedelte)  den 


Abb.  77.   Schröpfmann  mit  Badehut 

und  Badewedel.    Holzschnitt  aus: 

PiCTORius,  Laßbüchlin.  Basel, Jacob 

Kündig,  1555. 


*  Sollte   Lecke  nicht   mit  Lacus  See,  Lake  Salz(See)wasser  und  Lache  (im   österreichischen  Dialekt 
Lacke)  Wasserpfütze  zusammenhängen?    Nach  Schöpf  heißt  in  Tirol  das   Bad   auch  „die  lak"'''". 


164 


Das  Lecken  im  Bad 


Abb.  78.    König  Wenzel,  der  zur  Bedeckung  der  Scham  den  Wedel  benutzt,  wird  von  Bademägden 
gestrichen.  Miniatur  aus  der  deutschen  Wenzelbibel.  Anfang  des  15.  Jahrhunderts.  Nach  VON  Schlosser. 

Dampf  auf  den  Körper 48.    Ein  anderer  Ausdruck  ist  Queste,  wodurch  die  Form,  die 
einer  Quaste,  bezeichnet  wird;  dafür  kommt  auch  der  questen  und  für  lecken  das 

Zeitwort  questen  vor. 

„Darnach  er  dich  zu  qwesten  weyß, 

Das  er  dirs  bad  nit  macht  zu  heyß", 

sagt  Philipp  von  Allendorf  1535  in  der  Judenbadstube  234;  vvoraus  hervorgeht,  daß 

das  Questen  zur  Hervorrufung  des  Schweißes  diente.    Dafür  spricht  auch  eine  Steile  in 

einem  Neithartliede : 

„Swelch  badestub'  wirt  gehizzet  also  linde, 

ein  man  gelekket  vil,  e  er  enpfinde 

hizze,  der  sin  herze  gert; 

swie  guot  diu  schiter  sin,  unt  ist  boese  der  hert, 

von  hizze  enpfaeht  er  doch  vil  selten  vröuden"  i°3. 

Ein  anderer  Ausdruck  für  Queste  ist  kosten,  kost.  „Kosten  das  man  leck",  hat 
Hans  Foltz  in  seinem  Hausrat  verzeichnet  257^  im  Höllenbad  waren  die  Seelen 
„lecken"  und  schlugen  sich  mit  „kosten"  29.  „Reich  mir  ein  kost  und  einen  hot  (Hut), 
einer  legk  seit  uns  geweren",  heißt  es  im  Meistersingerliede  aus  dem  15.  Jahrhundert  469 
Das  Lecken  besorgten  die  Badenden  (Abb.  40),  wie  auch  der  Bader  (Abb.  86),  z.  B. 
auf  einer  Abbildung  bei  Murner  6. 

In  dem  Gedicht  auf  die  Bergtheimer  Schlacht  (1400)  heißt  es: 

„An  lecke  mochten  sie  nit  baden,  daß  sie  gewunnen  einen  sweiß, 

das  ward  in  von  stunden  schaden,  sie  lekten,  daß  in  ward  ze  heiß, 

sie  begerten  keines  glichen.  Ir  questen  waren  wunderlich"*'. 

Die  badeknecht  begundens  strichen, 

Sastrow  erzählt,  daß,  als  er  als  Knabe  am  Strande  gebadet,  sein  Vater  am  anderen 
Morgen  mit  der  Rute  vor  ihn  trat  und  sagte:  „Habt  ir  gebadet,  so  muß  ich  questen", 


Der  Wedel  zur  Bedeckung  der  Scham 


165 


wobei  er  ihn  sciilug  258.  So  finden  wirquesten  und  aucli  lecl<en  ganz  allgemein  für  schlagen 
gebraucht.  „Wolfdieterich der werdbegundenider lecken manegen  beiden zuo der erd"442 
Da,  wo  man  ohne  Badehose  im  Bade  saß,  diente  der  Wedel  zur  Bedeckung  der 
Scham.    „Du  thust  wie  ein  quest  im  bad;  deckest  du  dein  schäm  der  laster  mit  den 
predicanten",  sagt  Geiler  von  Keisersbero 258  und  an  anderer  Stelle:  „beschirmung 
(Bemäntelung)  der  Sünden  wird  gemerckt  in  allen  menschen,  die  da  mit  dem  bader- 
questen  der  entschuldigung  understont  zu  verbergen  ire  laster".    Bei  Wolfram  von 
Eschenbach  findet  sich  die  Stelle,  er  säße  eher  nackend  ohne  Tuch  im  Bad,  als  daß  man 
seinen  Parzival  für  ein  Buch  hielte,  vorausgesetzt 
„so  ich  in  dem  bade  saeze, 
ob  ichs  questen  (den  Quast)  niht  vergaeze"  ^ss. 

Das  Weistum  von  Huisheim  in  Schwaben  schrieb  1505  dem  Bader  vor,  zu  „verord- 
nen den  mannen  ein  notturft  c  o  s  t  e  n  in  die  batstuben  und  ainer  ieden  f rawen  verordnen 
ire  claider  ausz  und  ein  zu  tragen"  535.  Dem  Badekleid  der  Frau  entspricht  hier  beim 
Manne  der  Kosten  zur  Bedeckung  der  Scham. 

Auf  einem  Bilde  der  deutschen  Bibel  Wenzels  sitzt  der  König  im  Bad,  die  Scham  vom 
Wedel  bedeckt,  während  ihn  zwei  Bademägde  massieren  (Abb.  78)  286^  und  als  der  Kaiser  in 
der  Erzählung  Herrands  von  Wildonie  vor  die  Tür  gestoßen  wurde,  da  war  „ein  wadel 
siner  lide  kleit",  er  hatte  also  auch  nackt  im  Bad  gesessen,  und  die  Wiener  Handschrift 
aus  dem  16.  Jahrhundert  bildet  den  Kaiser  ganz  nackt,  die  Krone  auf  dem  Haupt,  ab, 
und  neben  ihm  Hegt  der  Wedel.  Ebenso  wird  in  der  Judenbadstube  von  Philipp  von 
Allendorf  der  arme  Mann  nackt  aus  der  Badestube  gelassen  und  deckt  seine  Scham 
mit  dem  Wedel  (Abb.  66).  Zu  diesem  Zwecke  kommt  der  Wedel  auch  dann  vor,  wenn 
vom  Bad  gar  nicht  die  Rede  ist.  Geiler  von  Keisersbero  macht  den  Vorschlag,  wenn 
Kinder  sich  mit  Lügen  entschuldigen  und  wie  beim  Sündenfall  Questen  von  Feigen- 
blättern machen,  soll  man 
sie  mit  Birkenquesten  von 
Birkenreisern  durchhauen 
123,  und  Suchenwirt  sagt 
von  Adam  und  Eva:  „zwen 
questen  deckten  in  ir 
schäm"  258.  Auch  im  Pfaf- 
fenleben aus  dem  12.  Jahr- 
hundert heißt  es: 


„mit  dem  Adämes  cherm  wadele 
Wellent  si  ir  schäm  bedechen" 


Darstellungen  von  Adam 
und  Eva  zeigen  deshalb 
häufig  —  wie  Zappert 
meint,  nur  in  Werken  deut- 


Abb.79.  Adam  U.Eva.  Holzschnitt  aus  der  Practica  von  UQQ.Straßbiiro;. 


166  Die  Tracht  der  Bader 

sehen  Ursprungs  10  —  statt  des  Feigenblattes  den  Wedel  (Abb.  7Q),  so  in  der  deutschen 
Bibel  Wenzels  und  den  Bildern  zum  Sachsenspiegel.  Bei  einer  in  Zerbst  1507  aufge- 
führten Prozession  heißt  es  und  ist  durch  figura  in  der  Handschrift  dargestellt :  „  Die  Bader. 
Eynen  Born  mit  eyner  slangen.  Adam  vnd  Eua  naket  mit  questen"586.  Hier  fiel  den 
Badern  also  wegen  ihres  Handwerkzeugs,  des  Wedels,  die  Rolle  von  Adam  und  Eva  zu. 

Weil  die  Metzger  in  Nürnberg  bei  ihrem  Tanz,  der  1350  zum  ersten  Male  gehalten 
wurde,  auf  den  Pöbel,  um  Platz  zu  machen,  allzukräftig  dreinschlugen,  befahl  der  Rat, 
um  alle  Unruhe  zu  vermeiden,  keine  Waffen  und  Wehr  mehr  zu  gebrauchen,  sondern 
nur  Quasten  oder  Büsche  von  Eichenlaub.  Deswegen  bestellten  die  Metzger  anfänglich 
vierundzwanzig  Männer,  die  sich  in  Zwillich  kleideten,  das  Angesicht  verdeckten,  höl- 
zerne Knebelspieße  und  einen  Busch  in  der  Hand  tragen  mußten,  um  ihnen  zum  Tanzen 
Raum  zu  verschaffen.  Nach  den  Abbildungen  der  Schönbart(Narren)bücher  von  1459 
und  1560  waren  diese  Badewedel  aber  durchaus  nicht  so  harmlos,  wie  sie  der  Rat  ge- 
wünscht hatte;  denn  aus  einzelnen  schießen  Wasser-  und  Feuerstrahlen  hervor 5S7. 

1360  hatten  die  Bader  zu  Basel  den  Quast  als  Wappen  255^  1373  führten  ihn  die  Würz- 
burger Bader  im  Siegel  i44. 

Auf  den  Bildern  zum  Sachsenspiegel  sind  die  Bader  völlig  nackt  (Abb.  67  und  68),  auf 
dem  Konstanzer  Gemälde  aus  den  ersten  Dezennien  des  14.  Jahrhunderts  in  einem 
Frauenbade  aber  mit  der  Badehose  versehen  (Abb.  86).  Später  finden  wir  sie  damit  an- 
getan bis  zu  Anfang  des  17.  Jahrhunderts.  In  Freiberg  wurde  ihnen  1480  geboten, 
„Vortüchel"  zu  haben  bei  fünf  Groschen  Strafe  i83. 

Die  Bader  gingen  in  diesem  Kostüm  ungeniert  über  die  Straße  (Abb.  82).  Deswegen 
gebot  die  Lüneburger  Baderrolle  von  1361 :  „Ok  en  schall  nement  des  hilligen  dages 
barebeende  ane  hosen  gan  up  den  Straten  by  broke  ein  punt  wasses  (Wachses)"  und 
Hamburg  1375:  „Vortmer  en  schal  nen  knecht  ut  sines  heren  hues  ghan  barschinket 
unde  myt  blotem  hovede  vorder  den  syn  ronsteen  keret  (Rinnstein  kehret)"  217.  Noch 
1649  wurde  daselbst  festgesetzt:  „es  soll  fortan  kein  Badergesell  oder  Lehrjunge  baarfuß 
oder  mit  dem  Badehute  ausgehen,  bei  4  Schill.  Strafe;  wers  siebet  und  verschweigt's, 
soll  gleiche  Strafe  geben".  1419  beschlossen  die  Breslauer  Bader,  daß  fortan  keiner  von 
ihnen,  weder  Meister  noch  Geselle  „baarschenkelig"  ausgehen  dürfe,  „es  sei  denn.  Einer 
wäre  krank  oder  käme  just  vom  Bade  oder  trüge  ein  so  langes  Gewand  darüber,  daß  man 
seine  Peine  nit  sehen  könne"  bei  Strafe  eines  Pfundes  Wachs  und  zwar  um  der  Ehre 
des  Handwerks  willen  220.  Nach  der  Bamberger  Baderordnung  von  1481  sollen  „Meister 
und  knecht ...  am  suntag  und  an  allen  gepanten  feiertagen  gehest  und  nicht  mit  bloßen 
peynen  und  on  schwe  (Schuhe)  gehen".  Später  wurde  das  Verbot,  „on  hosen  oder  par- 
schenkel"  zu  gehen,  dahin  gelindert,  „daß  sie  Vormittag  gehoset  gehen  sullen,  nach 
der  Predigt  aber  die  Hosen  ausziehen  und  einen  langen  Rock  anlegen  mögen  und  ye 
nicht  mit  pleckenden  peynen  über  die  gassen  gehen"  46.  Es  scheint  darum  nicht  wun- 
derbar, wenn  OsSE  Mitte  des  16.  Jahrhunderts  in  seinem  Testamente  schreibt,  selbst 
Magistri  gingen  in  leichtfertiger  zerschlitzter  Kleidung  und  es  wäre  wenig  Unter- 


Die  Tracht  der  Baderinnen 


167 


^n-^^a^tfö^ 


g.'^^abtÄ^ 


Abb.  80.  Badknecht  und  Bademagd.    Kpfr.  aus:  Nürnbergische 
Kleider-Arten.    Nürnberg  bei  Johann  Kramer.    1669. 


schied    zwischen    ihnen     und 
einem  Barbiergeselien  554. 

Im  17.  Jahrhundert  trat  zur 
Badehose  ein  Schurz,  so  auf 
einem  satyrisch  -  politischen 
Kupferstich  von  1612443,  auf 
dem  Badstubenbilde  von  1711 
(Abb.  91)28s  und  im  Nürn- 
berger Trachtenbuch  von  1669 
(Abb.  80),  so  daß  Goethe  mit 
Recht  sagen  konnte:  „Bader  er- 
kennt man  an  der  Schürze"  151. 
Schon  im  16.  Jahrhundert 
wurde  nach  JosT  Ammans  Ab- 
bildung zu  Hans  Sachs'  Stän- 
den ein  solcher  Schurz  von 
dem  im  übrigen  völlig  nackten  Bäcker  vor  dem  Backofen  getragen  208,  und  Ouarinonius 
schlug  1610  diese  Kleidung  für  die  Bader  vor  134.  ich  möchte  aber  Ouarinonius  nicht 
für  den  Urheber  dieses  Gedankens  halten ;  denn  er  schmückt  sich  zu  oft  mit  fremden 
Federn,  und  so  wird  der  Baderschurz  schon  1610  im  allgemeinen  Gebrauch  gewesen  sein. 
Auch  die  Tracht  der  Baderinnen  ist  uns  bekannt.  Die  ältesten  Darstellungen  finden 
sich  in  den  für  König  Wenzel  von  Böhmen  angefertigten  Handschriften,  zum  ersten- 
mal im  „Wilhelm  von  Oranse"  1387. 
Zumeist  besteht  sie  in  einem  kur- 
zen, weißen  hemdartigen  Gewände, 
das  mit  Achselbändern  an  den  Schul- 
tern befestigt  ist,  die  Arme  und  die 
obere  Brust  freiläßt  (Abb.  81).  Einmal 
erscheint  die  Bademagd  in  einem 
durchsichtigen  feinen  Gewände,  |ein 
paarmal  ganz  nackt  in  der  deutschen 
Bibel  und  der  goldenen  Bulle  286.  Das 
wird  wohl  auch  der  Wirklichkeit  ent- 
sprochen haben  je  nach  der  morali- 
schen Höhe  der  einzelnen  Badestube. 
In  Hans SebaldBehams(1500— 1550) 
Darstellung  der  Luna  ist  die  Tracht 
noch  die  alte  (Abb.  38),  und  die 
Dorfordnung  von  Nüdlingen  von 
1594  gebot,  es  „sollen  die  Mannsper- 


Abb.   81.      Bademagd.      Miniatur   aus    der  deutschen 

Wenzeibibel.    Anfang  des  15.  Jahrhunderts.    Nach  von 

Schlosser. 


1 58  Die  Bekleidung  der  Badenden  /  Die  Badehr 

sonen  sowohl  die  junge  Gesellen  an  dem  Tantz,  sonderlich  vf  dem  offen  Platz  in  ihren  Kley- 
dungen,  Kittel  oder  Röcken  vnd  nicht  im  Leib  wie  eine  Badmaid  im  Hembd  tantzen"  589^ 
ebenso  die  von  Euerdorf  gegen  Ende  des  16.  Jahrhunderts  i*!  im  Nürnberger  Trachten- 
buch (17.  Jahrhundert)  erscheint  die  Baderin  gegenüber  früheren  Zeiten  bedeutend  mehr 
bedeckt  (Abb.  80),  im  Frauenbade  waltete  sie  aber  völlig  nackt  ihres  Amtes  (Abb.  40). 

Die  Badenden  sind  auf  den  Bildern  zum  Sachsenspiegel  (Abb.  67  und  68)  nackt,  aber 
schon  zu  Anfang  des  13.  Jahrhunderts  bezeichnet  es  Wolfram  von  Eschenbach  im 
Parzival  als  größte  Verlegenheit,  wenn  man  nackend  ohne  Tuch  im  Bad  gefunden 
würde  ^85.  Die  Männer  tragen  auf  anderen  Bildern  durchgehends,  auch  wenn  sie  von 
männlichen  Badern  bedient  werden,  die  Badehose,  im  18.  Jahrhundert  auf  den  erwähnten 
Abbildungen  auch  den  Schurz  (Abb.  Ql).  Auffallenderweise  sind  die  Frauen  auch  bei 
Bedienung  durch  männliche  Bader  meist  nackt  im  Bade  (Abb.  39).  Auf  einzelnen  Dar- 
stellungen, z.  B.  in  Abb.  36  und  82,  tragen  sie  eine  Art  Schürze,  und  Quarinonius  er- 
wähnt 1610  eine  Bekleidung  für  Mädchen,  die  hinten  offen  ist,  und  nennt  sie  Badehr  i34 
Mit  diesem  Ausdruck  wird  zuweilen  auch  ganz  allgemein  ein  Badhemd  bezeichnet,  so 
geschieht  es  z.  B.  bei  Hess,  aber  mehr  ironisch  3i5.  Wieland  sagt:  „Kurz  und  gut,  sie 
hat,  mit  Gunst  zu  sagen,  keinen  Lappen  am  Leibe,  nicht  einmal  eine  Badehre"  i^i.  Badehr 
war  ein  Kleidungsstück,  das  die  Scham  der  Frau  bedeckte  und  beim  Manne  der  Bade- 
hose, die  „bruech  oder  Niderkleid",  auch  niderwat  und  Untergewand  genannt  wurde, 
entsprach.  So  sollten  nach  einer  Ordnung  des  Rats  von  Baden  in  der  Schweiz  (1506)  die 
Männer  (im  Mineralbade)  im  Untergewand,  die  Frauen  in  der  Badehr  ins  Bad  gehen  38, 
und  in  einer  Züricher  Gschauordnung  vom  Jahre  1 769  wurde  befohlen,  mit  der  Austeilung 
von  „Bruechen  und  Badehren"  an  die  Armen  des  Bads  an  der  Spannweid  sparsam  zu 
sein  412.  Nach  dem  Frauenzimmerlexikon  von  1715  band  die  vornehme  Frau  die  Bade- 
schürze vor,  wenn  sie  auf  dem  Rücken  geschröpft  wurde  422.  Zedler  gibt  1733  in  seinem 
Lexikon  an,  daß  Badeschürze  ein  Vortuch  von  weißer  Leinwand  sei  mit  einem  ange- 
setzten Latz,  dessen  sich  die  Frau  beim  Schröpfen  bediene.  Er  nennt  aber  auch  einen 
von  weißer  Leinwand  gemachten  Schurz,  welchen  das  Frauenzimmer  bei  dem  Bad  um- 
schlägt und  fast  die  Gestalt  einer  Weiberschürze  hat,  Bademantel  468  während  nach  dem 
Frauenzimmerlexikon  der  Bademantel  beim  Verlassen  des  Bades  umgeschlagen  wird. 
Es  kann  kein  Zweifel  sein,  daß  die  Badeschürze  die  alte  Badehr  und  nur  ein  Beklei- 
dungsstück der  Frau  war.  1669  hinterließ  Jungfrau  Elisabetha  Zollerin  in  Zürich: 
„16  Fiembder  und  Bad-Ehren,  32  Hembder  und  Bad-Lacken,  item  Bad-Ehren"  308. 

Auffallenderweise  mußten  aber  1347  die  Einwohner  von  Augsburg  dem  Bischof, 
wenn  er  badete,  zwei  neue  Badeschürzen  schenken  i44.  Möglich  ist  es,  daß  in  diesem  Falle 
die  Badehose  durch  die  Schürze  vertreten  wurde.  Das  Badehemd  des  Mannes  muß  sich 
von  dem  der  Frau  auch  unterschieden  haben;  denn  in  der  Hinterlassenschaft  der 
adeligen  Familie  von  Sal  in  Winterthur  fand  sich  1469  ein  „Manbadhempt"  57. 

Nach  RvFF  war  es  in  Deutschland  Sitte,  das  Wasser  für  die  Badestube  aus  dem  Bach 
zu  nehmen,  der  als  Kloake  durch  die  Stadt  floß.  Die  Badestube  sollte  am  fließenden  Bach 


Die  Herbeischaffung  des  Wassers  zur  Badestube 


169 


liegen  ^s.  Wir  finden  aber  recht  oft  die  Verwendung  von  Brunnen-  und  Quellwasser,  ja 
einzelne  Badestuben  gebrauchten  Mineralwasser.  So  wurde  1470  an  der  Metzger- 
gasse in  Winterthur  eine  Badestube  (die  untere)  gegründet,  die  ihr  Wasser  aus  dem 
heiligen  Berge  bezog,  nach  dem  sie  den  Namen  Ooldbad  führte.  Wohl  auf  Grund  der 
edlen  Bestandteile  der  Quelle  steigerte  man  1675  dem  Bader  den  Zins  des  Wasserrechts 
von  12  auf  42  Pfund,  während  — wie  wir  sehen  werden  —  gerade  um  dieseZeit  die  Bade- 
stuben eher  einer  Erleichterung  bedurften.  1691  beschrieb  der  Stadtarzt  Künzli  angeb- 
liche mineralische  Bestandteile  des  Wassers.  Das  Bad  nahm  infolgedessen  an  Besuch 
zu;  aber  Ende  des  18.  Jahrhunderts  war  der  Glaube  an  das  Gold  und  dessen  Wirkung 
verloren  gegangen  und  das  Wasser  des  Goldbades  fand  nur  noch  im  Schlachthause 
Verwendung.  1806  wurde  die  Badestube  abgebrochen  57.  Auch  in  Basel  gab  es  einen 
Goldbach,  der  in  der  Nähe  des  Gesellschaftshauses  zum  Ingber  hervorquoll  und  im 
14.  Jahrhundert  zwei  Badestuben,  seit  1407  drei  hinter  St.  Andreas  gelegene  versorgte  260. 
1471  wird  bei  Winterthur  auf  dem  Limperge  das  Lörlibad  zuerst  genannt,  1527  standen 
noch  drei  Häuser  und  Hofstetten  samt  dem  Bad.  1537  leitete  man  das  Wasser  in  die 
1349  zuerst  genannte  (obere)  Badestube,  die  bisher  ihr  Wasser  aus  zwei  Quellen  im 
Mockentobel  bezog,  ließ  das  alte  Lörlibad  verfallen,  und  nun  wurde  die  obere 
Badestube  unter  dem  Namen  Lörlibad  zum  Mineralbad  erhoben.  Die  Gäste,  welche  fortan 
zur  Reinigung  ihres  Körpers  die  Badestube  aufsuchten,  durften  nicht  in  die  Badkästen 
aufgenommen  werden,  sondern  erhielten  besondere  Zuber  oder  durften  nach  Schluß  der 
Badezeit  um  sieben  Uhr  abends  im  Wasser  der  Kurgäste  baden  57.  Auch  in  Canstadt  leitete 
man  die  Quelle  des  Wildbades  nach  dessen  Zerstörung  im  Dreißigjährigen  Kriege  in  die 
1538  neu  erbaute  Badestube,  wo  bis  gegen  1820  gebadet  wurde  i54  1337  lag  in  Bamberg 
eine  Badestube  bei  der  Quelle,  genannt  Steinbrunn  i44.  |n  Durlach  floß  1536  das  Wasser 
in  das  Bad.  War  es  unsauber,  mußte  der  Bader  dem  Bürgermeister  Anzeige  erstatten  219 
Selbstverständlich  waren  Röhrenleitungen  oder  andere  Vorrichtungen  nötig,  um  das 
Wasser  in  das  Bad  zu  leiten.  In  Abb.  39  rechts  ist  neben  zwei  Arten  von  Ziehbrunnen  eine 
solche  (links  das  Herbeischaffen  des  warmen  Wassers)  dargestellt,  ähnlich  in  Abb.  82. 
in  Görlitz  wurde  1489  der  Salmannsborn  in  Röhren  in  die  neue  „badestoben"  geführt  202 
in  Bräunlingen  bei  Donaueschingen  lief  1467  der  Brunnen  in  zwei  eisernen  Röhren  in  die 
Badestube 219.  Die  Heidestube  in  Wernigerode,  die  man  auch  „den  stoven"  auf  der 
Heide  nannte,  hatte  1447  eine  Röhrenleitung  aus  Erlenholz  439.  |m  18.  Jahrhundert 
bestand    die  Leitung   des  Cannstatter  Mineralwassers  zur  Badestube  in  einer  unge- 


Abb.  82.     Badestube. 


Holzschnitt  aus:  Michael  Hero,  Schachtafeln  der  Gesuntheyt. 
Straßburg,  Schott.    1533. 


170  Die  Abführung  des  Badestubenwustes 

fähr  sechshundert  Schritt  langen  offenen  Rinne  is*.  Nach  Meyer-Ahrens  zeigt  die 
Abbildung  einer  Klosterbadestube  einen  laufenden  Brunnen  565.  ]567  bat  der  Bader 
zum  Loch  in  Würzburg,  daß  ihm  an  den  Badetagen  der  Bach  durch  einen  Kanal  über  den 
Stadtgraben  an  der  Spitalmühle  in  seinen  Brunnen  geführt  oder  in  das  Bad  geleitet 
werde  144.  Die  1288  zuerst  erwähnte  Badestube  an  der  Pegnitz  in  Nürnberg  i95  erhielt 
das  Wasser  aus  dem  Fluß  durch  ein  Schöpfrad: 

„Ein  Wasserrad,  schöpft  in  das  Bad 
Wasser  genug  nach  allem  Fug, 
Thut  in  die  Stuben  fließen"**''. 

Im  Boller  Bad  wurde  1632  das  Wasser  mit  Eimern  aus  dem  Brunnen  gezogen,  die 
sich  selbst  ausgössen  67.  1636  bewilligte  der  Rat  von  Zürich,  daß  in  die  Badestube  an 
der  Schipfe  (zuerst  1357  erwähnt,  das  Haus  heißt  heute  noch  zur  Badestube)  ein  Wasser- 
rohr vom  Rad  auf  der  unteren  Limmatbrücke  auf  Kosten  des  Baders  gelegt  werde  i73. 
Auch  Hausbadestuben  hatten,  wie  wir  vom  Schloß  in  Baden-Baden  wissen  und  wie 
Abb.  61  zeigt,  Röhrenleitungen.  In  Zürich  wurden  schon  1421  Wasserleitungen  in  Privat- 
häuser bewilligt,  die  von  den  öffentlichen  Brunnen  ausgingen  und  ins  Haus  zu  einem 
Brunnen  mit  Hahn  führten  s^o. 

Viel  Sorge  machte  der  sogenannte  Badstubenwust,  der  Abfall  der  Badestube.  Man 
hielt  den  mit  dem  Schweiß  der  Badenden  vermischten  Dampf  für  schädlich.  So  verbat 
sich  einmal  ein  Professor,  der  Zöglinge  zu  unterrichten  hatte,  die  Nachbarschaft  einer 
Badestube,  weil  die  aufsteigenden  Dämpfe  Kopfweh,  Schwere  und  Mattigkeit  der  Glieder 
hervorrufen  könnten  242.  1515  unterstand  sich  der  Bader  am  Sande  in  Würzburg,  den 
Abzugskanal  aus  seiner  Badestube  bei  den  Steinhütten  in  den  Main  zu  leiten,  wodurch 
ein  solcher  Gestank  entstand,  daß  die  Steinmetzen  nicht  mehr  arbeiten  konnten  i44. 
Nach  den  Nürnberger  Polizeiordnungen  des  13.  und  14.  Jahrhunderts  durfte  der  Bader 
hinter  den  Fleischbänken  keine  Tür  und  Fenster  (die  übrigens  nach  Ryff  der  Holzer- 
sparnis wegen  sehr  klein  waren)  48  in  der  Gasse  gegen  die  Fleischbänke  haben.  Der  Bader 
unter  der  Burg  mußte  eine  Grube  für  sein  Wasser  graben,  daß  es  nicht  durch  die  Stadt 
herabrinne.  Er  sollte  das  Wasser  mit  dem  Regen  herablassen,  und  wenn  es  lange  nicht 
geregnet  hatte,  nachts  austragen,  daß  es  bei  Nacht  herabrinne  201.  in  Bern  wurde  13Q2 
Hans  Sachs,  dem  Inhaber  der  „Baadstube  bei  dem  obern  Thor"  befohlen,  besonders  „mit 
dem  Wässeri"  die  Badestube  redlich  und  recht  zu  unterhalten,  daß  hierdurch  weder  der 
Stadtturm  und  die  Ringmauer  noch  des  Bernhard  Fridbolds  Haus  geschädigt  werde  557. 

Die  Badestuben  finden  wir  öfters  dicht  aneinander  gelegen,  häufig  in  der  Altstadt, 
was  wohl  darin  seinen  Grund  hat,  daß  die  Ehehaftrechte  auf  ihnen  lagen  und  in  späterer 
Zeit,  neue  Badestuben  aufzuführen,  verboten  war.  In  Ulm  gab  es  Badeplätze,  wo  mehrere 
Badestuben  beieinander  lagen  50.  Maßgebend  für  die  Anlage  war  auch  die  Nähe  des 
Wassers.  In  Bern  lagen  die  meisten  am  Badergraben  i99^  in  Zürich  an  der  Limmat,  so- 
gar in  Nachbarhäusern  i73.  Wir  finden  sie  auch  öfter  bei  oder  vor  den  Toren.  So  hatte 
Jena  eine  Badestube  vor  dem  Johannistoriö   eine  vor  dem  Saaltor  290.    |n  Riga  lagen 


Lage  der  Badestuben  /  Zusammenfassung 


171 


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die  3  Badestuben  im  13.  und  14.  Jahrhundert  an  den  Pforten,  nach  denen  sie  benannt 
wurden  193^  in  Zittau  kommt  1340  eine  Stube  vor  der  Stadt  voriö.  Speier  hatte  im 
14.  Jahrhundert  ein  „estuarium  an  dem  drencdor",  1326  eine  Badestube  „vor  deme  Rin- 
burgetor",  im  14.  Jahrhundert  ein  „ante  veterem  portam  estuarium  zu  dem  Nusbaume", 
das  1586  als  in  der  Vorstadt  „vorm  Altportel"  gelegen  bezeichnet  wird  273.  Vielleicht 
war  diese  Lage  vor  der  Stadt  durch  die  Feuergefährlichkeit  der  Badestuben  bedingt, 
im  Dorfe  Altenmarkt  (Bayern)  lag  die  Badestube  an  „aim  gässel",  welches  so  weit  sein 
sollte,  daß  die  Zufuhr  von  Holz  und  anderen  Dingen  nicht  behindert  würde  535.  in 
Burgau,  einem  kleinen  Dorfe  bei  Bülach  (Schweiz),  stieß  die  Badestube  im  16.  Jahrhun- 
dert mit  zwei  Seiten  an  die  Landstraße  öoo. 

Fassen  wir  die  Vorgänge  in  der  Bade- 
stube noch  einmal  kurz  zusammen.  In 
der  Abziehstube  legte  man  die  Kleider  ab, 
wo  sie  fehlte,  auch  im  Bad  selbst,  falls 
man  nicht  vorzog,  sie  daheim  zu  lassen, 
in  der  Badestube  gössen  sich  arme  Leute 
mit  warmem  Wasser  ab,  bei  reichen  be- 
sorgte es  der  Bader  mit  Lauge  und  ver- 
band damit  das  Massieren  (Abb.  83).  Der 
Vorgang  konnte  auch  durch  ein  Wasser- 
bad, wahrscheinlich  in  Verbindung  mit 
Reiben,  ersetzt  werden.  Darauf  legte  man  sich  auf  die  Schwitzbank,  in  größeren  Bade- 
stuben stieg  man  allmählich  bis  zur  Oberbank.  Nun  wurden  die  heißen  Steine  begossen, 
die  Dampfentwicklung  ging  vor  sich,  währenddessen  die  Badenden  oder  der  Bader 
questete.  Nach  dem  Schwitzen  wurde  man  abermals  begossen  mit  lauem  Wasser  oder 
Lauge,  wobei  auch  gerieben  wurde  (Abb.  83).  Wer  Kopf  waschen  oder  Schröpfen  wünschte, 
ließ  es  jetzt  besorgen,  ruhte  darauf  in  der  Abziehstube  und  verließ  nach  einer  kalten  Ab- 
gießung das  Bad.  Diese  letzte  Übergießung  scheint  in  der  Abziehstube  stattgefunden 
zu  haben  (vgl.  Helblino),  darum  fand  sich  in  derselben  bei  den  Johannitern  in  Wilden- 
bruch eine  eingemauerte  Pfanne  mit  Wasser  vor.  Immer  wurde  dieses  Schema  wohl 
nicht  innegehalten.  So  konnte  man  an  Stelle  der  vorletzten  Übergießung  auch  ein 
Wasserbad  nehmen,  tat  dies  auch  nach  dem  Schröpfen,  oder  man  kühlte  nur  den  Kopf. 
Manche  schwitzten  nochmals  im  Ruhebett.  Etschenreutter  sagt  1571 :  „dann  vil  mahl 
sich  zutregt,  wann  einer  in  der  batstuben  erschwitzet,  darnach  im  wasser  bad  badet,  also 
außgehet,  das  er  für  sich  selbs  erst  in  der  anziehe  stub  widerumb  erschwitzet,  die  sonst 
für  sich  selbs  allein  terperirter  werme"  449. 

Überall  da,  wo  mehrere  Menschen  zusammenwohnten,  glichen  die  privaten  Bade- 
stuben den  öffentlichen.  In  den  Bürgerhäusern  gab  es  nur  Wasserbäder  und  als  Ersatz 
des  Schweißbades  kastenartige  Vorrichtungen.  Nach  Gebrauch  derselben  goß  man  sich 
aber  wahrscheinlich,  im  Gegensatz  zur  öffentlichen  Badestube  einer  Bemerkung  bei 
Ryff  48  nach,  nicht  ab. 


Abb.  83.    Reiben   vor   (links)    und   nach   dem  Bad 

(rechts).    Holzschnitt  aus:   Hero,  Schachtafeln  der 

Gesuntheyt.    Straßburg,  Schott.    1533. 


BADELEBEN  IM  SPÄTEREN  MITTELALTER  /  UND  IN  NACH- 
MITTELALTERLICHER ZEIT 


eich  hohe  Bedeutung  man  dem  Baden  für  das  Volkswohl  zu- 
schrieb, geht  daraus  hervor,  daß  es  in  den  populären  Anweisungen 
zur  Gesundheit  und  den  Volkskalendern,  die  der  tägliche  Rat- 
geber des  gemeinen  Mannes  waren,  eingehende  Berücksichtigung 
fand.  Die  darin  gegebenen  Regeln  sind  eine  Umarbeitung  und 
Anpassung  an  unsere  Verhältnisse  des  Regimen  sanitatis  Salerni- 
tanum,  eines  Lehrgedichtes  der  medizinischen  Schule  von  Salerno, 
das  gegen  Ende  des  11.  oder  zu  Anfang  des  12.  Jahrhunderts  entstand.  Es  ist  dem  Prinzen 
Robert,  dem  Sohn  Wilhelms  des  Eroberers  gewidmet  527.  Nach  der  Straßburger  Bear- 
beitung von  150525  ist  es  von  einem  weisen  Meister  zu  Paris  für  den  König  von  Eng- 
land geschrieben  worden,  nach  einer  Leipziger  Handschrift  aus  dem  14.507  und  dem 
St.Oaller  Kodex  760  aus  dem  15.  Jahrhundert  von  Aristoteles  für  den  König  Alexander. 
Baden  wird  an  dritter  Stelle  zur  Erhaltung  der  Gesundheit  für  nötig  gefunden. 

„Daz  drit,  daz  die  nataur  wil  haben, 
ist  daz  twahen  und  daz  paden", 

heißt  es  im  Ring230^  und  der  Meistersinger  Hans  Rosenblut  sagt  (ungefähr  Mitte  des 

15.  Jahrhunderts): 

„Der  dritt  leiparczt  ist  ain  pader 

Der  padt  den  leip  vnd  schiebt  dy  ader 

Vnd  schirt  das  haubt  vnd  fegt  dy  glyder"  ^\ 

Neuere  Schriftsteller  geben  fast  durchgehends  an,  die  Lehren  des  Regimen  sanitatis, 
das  nur  italienische  Verhältnisse  berücksichtigt,  sei  in  plumper  Weise  von  den  Deutschen 
befolgt  und  so  der  Mai  auch  für  unsere  kältere  Gegend  zum  eigentlichen  Bademonat 
erhoben  worden,  während  Juli  und  August  als  ungeeignet  verworfen  wurden,  weil 
Italiens  Ärzte  wegen  der  dort  herrschenden  Hitze  vom  Gebrauch  der  Bäder  abrieten  i6. 
Diese  Ansicht  ist  unrichtig. 

Zunächst  glaube  ich  nicht,  daß  die  Vorschriften  des  Regimen  im  allgemeinen  ein- 
gehalten wurden.  So  sollten  Leute,  die  wenig  arbeiten,  aber  viel  essen  und  trinken, 
Schweißbäder,  die  anderen  Wasserbäder  gebrauchen,  im  Züricher  Kalender  von  1508, 
einem  der  ausführlichsten  und  besten,  sind  Schweiß-  und  Wasserbäder  miteinander  ver- 
wechselt 26,  und  Ryff^s  sagt,  daß  in  Deutschland  mäßige,  zum  Wasserbad  geeignete 
Leute  wenig  gefunden  würden,  zugleich  ein  Beweis,  daß  Wasserbäder  weniger  als 


Das  Regimen  sanitatis 


173 


Schwitzbäder  benutzt  wurden*.  Die  Vorschriften  in  den  Kalendern  und  den  verschie- 
denen Anweisungen  zurOesundheit  betreffen  in  der  Regel  nur  das  Baden  in  der  Badestube. 
Das  geht  am  deutlichsten  aus  einer  Schrift  von  Künosper  (Regiomontanus,  Joh.  Müller 
von  Königsberg)  hervor.  Er  sagt:  „Mann  soll  nicht  lassen  (aderlassen),  wedder  Baden 
noch  tranck  nemen  in  den  Hundtstagen"  (17. Juli  bis21.  August)  und  beim  August:  „Man 
solt  auch  offt  in  kaltem  wasser  baden  für  die  hitze,  denn  hütet  man  sich  vor  hitze  nicht, 
so  kompt  dauon  hauptweh"  262.  Hören  wir  weiter  die  verschiedenen  diesbezüglichen 
Schriften  selbst. 

Die  älteste  deutsche  Bearbeitung  des  Regimen  sanitatis,  die  beinahe,  aber  doch  nicht 
wörtlich  mit  einer  zu  Basel  aufbewahrten  provengalischen  Handschrift  aus  Montpellier 
übereinstimmt,  ist 
die  sogenannte 
Mainauer  Natur- 
lehre. Sie  wurde 
wahrscheinlich  En- 
de des  13.  Jahrhun- 
derts von  einem 
Deutschritter  auf 
der  Insel  Mainau 
verfaßt  und  ist  in 
einer  Handschrift 
des  14.  Jahrhun- 
derts von  Konrad 
von  St.  Gallen  ent- 
halten. Dort  heißt 
es  vom  Lenz:  „so 
ist  och  decheine  zit 
besser.,  .zebaden- 
ne",  vom  Sommer: 

„unde  man  sol  kaltiu  beder  mezeclich  üben".  Im  Herbst  wird  vor  den  Thermen  gewarnt  44. 
Ein  deutscher  Pergamentkalender  der  Kopenhagener  Bibliothek  aus  dem  14.  Jahrhundert 
empfiehlt  im  Februar  „sweis  baden",  im  März  baden  und  verwirft  im  November  und 
Dezember  das  Bad504.  Johannes  Gredinger  hat  1428  in  seinem  Kalender  verzeichnet 
für  Januar:  „Vnd  paden  ist  gesunt  vnd  päd  in  steynpaden  ....  vnd  la  dir  vil  mit  warmer 
lawg  twahen",  für  Februar:  „Vnd  nymst  du  ein  trank,  daz  trink  in  eym  päd",  für  März: 
„Vnd  oft  paden  ist  gesunt,  vnd  niht  zu  hais.  Vnd  wasch  dein  zen  ym  päd  vnd  reib  sie  mit 
salcz",  für  Mai:  „päd  mit  guten  krewtern  in  eym  schaff,  daz  oben  wol  bedekt  sei",  für  Juni: 

In  einem  wahrscheinlich  von  Hans  Sachs  stammenden  Gedicht  werden  „Die  neun  1er  im 
päd",  in  derber  Weise  verhöhnt  33'.  Eine  Parodie  auf  das  gesamte  Regimen  sanitatis  erschien  Mitte 
des  16.  Jahrhunderts  in  der  Schweiz  595^  eine  solche  ist  auch  Fischarts  „Aller  Practick  Großmutter ''^o. 


Abb.  84.      Darstellung  der  im  Regimen  sanitatis  geforderten  Vorgänge  zur 

Erhaltung  der  Gesundheit.    Im   Vordergrunde  Aderlassen,  Schweißbaden 

mit  Schröpfen   und  Wasserbaden.    Fabel   vom  reichen  Mann.    Kpfr.  von 

Aldegrever.    1554. 


174 


Baden  in  den  Volkskalendern 


\ 


„Vnd  päd  niht  vilvndvast  niht  lang",  für  Juli:  „vnd  päd  kül",  für  Oktober:  „Vnd  päd  niht 
hais  noch  ze  vil",  für  November:  „Vnd  päd  niht  hais"  und  für  Dezember:  „Vnd  paden 
ist  gut".  Er  faßt  zusammen :  „In  dem  Merczen  päd,  in  dem  Awgst  (August)  ge  niht  zu 
haissem  päd"  43.  im  Pergamentkalender  der  Züricher  Stadtbibliothek  von  1467  heißt  es: 
„Im  Hornung:  offt  sol  man  baden  in  schwaiß  bad.  ImMertzen:  vnd  in  schwaiß  baden  sol 
man  offtbaden.  Im  Abrelien:  offt  sol  man  baden.  Im  Meyen:  bad  ist  gut  vnd  besunder 
wurtz  beder.  Im  brächet:  och  in  kaltem  wasser  dick  (oft)  baden.  Im  Höwet:  darumb  sol 
man  nit  tranck  nemen  noch  nit  lassen  (aderlassen),  wann  in  dem  bad  mit  fintusen  dem  es 
not  ist.  In  senfften  bedern  mag  man  \sfo\  nüchter  baden.  Im  Ögsten  (August):  offt  sol 
man  in  kaltem  v^^asser  baden,  von  der  grossen  hitz  wegen,  wann  hütet  man  sich  nit  vor  der 
hitz.  so  erwellet  sich  das  hirn  das  der  mensch  villicht  houbt  siech  werden  möcht.  Der 
erst  winttermanott  (November):  wenig  vnd  selten  ist  ze  baden,  myd  ouch  nämlich  sweiß 
bad.  es  ist  ouch  in  keinem  manot  (Monat)  bad  als  vngesund  als  in  dem  manot"  308.  Aus 
dem  16.  Jahrhundert  sei  der  Kalender  des  Frankfurter  Stadtarztes  Eucharius  Rösslin 

von  1533  angeführt.  Im  Januar 
soll  man  nach  dem  „Regiment 
Ipocratis  der  12  Monat"  selten 
baden,  im  Februar,  März  oft 
schweißbaden  und  im  April  oft 
baden.  Im  Mai  sind  alle,  be- 
sonders Kräuterbäder  gut.  Im 
Juni  soll  man  kurze  Bäder 
haben,  im  Juli  allein  im  Bad 
schröpfen,  wenn  es  vonnöten 
ist.  „In  senfften  baden  mag 
man  wol  nüchtern  baden  . . . 
Man  soll  auch  wenig  badenn",  im  August  oft  in  kaltem  Wasser  baden  für  die  Hitze, 
im  November  wenig  und  selten  baden  und  gar  nicht  schweißbaden  sos.  Auffallend  ist 
es,  daß  eine  Münchener  Handschrift  des  15.  Jahrhunderts  beim  Januar  hat:  „Kühl  er- 
laub ich  dir  zu  paden"  42,  wobei  „in  der  Badestube"  zu  ergänzen  ist. 

Allmählich  schrumpfen  im  16.  Jahrhundert  die  in  den  Kalendern  gegebenen  Bade- 
regeln immer  mehr  zusammen,  die  alten  Badebilder,  die  sich  fast  durchgehends  nur 
beim  Mai  finden  (Abb.  58)  —  Virgil  Solis  (1514—1562)  bildet  aber  das  Bad  beim 
August  ab  (Abb.  85)  594  —  fallen  schließlich  ganz  weg.  Im  Badener  Kalender  treten 
173Q  zum  ersten  Male  beim  Juni  die  im  Flusse  badenden  Kinder  auf  506.  Die  zum  Baden 
günstigen  Himmelszeichen  sind  im  Züricher  Kalender  bis  1826  samt  dem  Aderlaßmänn- 
chen angegeben.  1827  findet  sich  eine  moderne  Anweisung  zum  Gebrauch  der  Bäder 
mit  dem  Zusätze,  daß  die  Alten  einigen  Wert  auf  den  Einfluß,  den  der  Mond  auf  unseren 
Körper  habe,  legten  und  deswegen  der  Kalender  die  Himmelszeichen  noch  bringe,  damit 
niemand  nichts  vermisse.  Von  1833  an  wird  das  Baden  nicht  mehr  erwähnt. 


Abb.  85.    Badeszene.    Darstellung  des  Monats  August.     Hand- 
zeichnung von  Virgil  Solis.    (1514 — 1562.) 


Beachtung  des  Mondstandes  /  Badebedürfnis  1 75 

Die  alten  Kalender  berücksichtigten  den  Stand  des  Mondes  sehr  genau.  In  der  Regel, 
z.  B.  im  St.  Galler  Kodex  7öO,  ist  angegeben,  im  abnehmenden  Mond  zu  baden  und  wenn 
der  Mond  im  Widder,  Skorpion,  Krebs  oder  den  Fischen  ist.  Zugefügt  ist  noch,  daß 
Meister  Halevy  spricht,  in  keinem  heißen  Zeichen  als  im  Löwen,  Jungfrau,  Zwillingen 
und  Steinbock  in  das  Bad  zu  gehen.  In  einer  Ordnung  der  fünf  Meister  Bader  zu  Zürich 
von  1604  wird  auf  die  Himmelszeichen  Bezug  genommen:  „Demnach  söllent  die  fünff 
Meister  ein  täfeli  haben.  Darjnnen  sy  mit  jren  nammen  geschriben  sind.  Da  sol  nun  je 
der  eltist  Meister  zum  vorderisten.  vnnd  dann  also  ein  anderen  nach,  vom  kräps.  biß  jnn 
Z wiling.  diß  täfeli  by  synen  hannden  haben.  Derselbig  Meister  sol  alßdann  die  anfrag  thun. 
wann  vnnd  wie  mann  jm  schützen  vnnd  jm  waßerman  heitzen  welle,  vnnd  waß  sich 
dann  dryg  (3).  vnnder  jnnen  mit  einanderen  verglichen  thetind.  sol  alßdann  der  meisten 
der  die  Vmfrag  vnnd  diß  täfeli  hat.  sölliches  den  vberigen  beiden  Meisteren  verkünden. 
Damit  man  also  einheilig  heitzen  khönne,  vßgenommen  alle  Sambstag.  doran  ein  jeder 
sonst  ze  heitzen  befügt  jst"  240. 

Durch  Befolgung  der  Kalenderregeln  hoffte  man  seine  Gesundheit  zu  erhalten.  Wie 
sehr  das  Bedürfnis  zum  Bade  vorhanden  war,  zeigen  folgende  Stellen.  Nach  der  Speier- 
ischen Chronik  zog  1476  König  Matthias  gegen  die  Türken  mit  siebenhundert  Schiffen, 
„die  sint  zu  gericht  nach  aller  notturff  mit  voick,  were  und  spiß,  und  uff  den  schiffen  sint 
zu  gericht  stuben,  kamern,  batstuben,  smytten  und  backoffen "  129.  Geiler  von  Kaisers- 
berg sagt  1498,  viele  Weiber  gingen  nicht  nur  zwei-  oder  dreimal  ins  Bad,  sondern  heiz- 
ten auch  noch  Sonntags  das  Badstüble  daheim  271.  im  Juliusspital  zu  Würzburg  bestand 
schon  frühzeitig  eine  Abteilung  für  Geisteskranke,  die  damaliger  Auffassung  gemäß  im 
„Kerker  der  Wahnsinnigen"  oder  dem  „Gefängnis  der  Angefochtenen"  in  Ketten  lagen. 
Diese  hatte  nach  der  Ordnung  von  1585  die  Wärterin  je  zu  Zeiten  herauszutun  und  zu 
baden  528  Wenn  ein  Gläubiger  in  Frankfurt  am  Main  einen  Schuldner  gefangen  nehmen 
ließ,  war  er  gesetzlich  verpflichtet,  ihm  alle  vier  Wochen  ein  Bad  geben  zulassen  127.  Selbst 
die  gemeinen  Frauen  zu  Nürnberg  hatten  im  13.  und  14.  Jahrhundert  vom  Wirt  alle  Woche 
in  ihrem  Hause  mindestens  ein  Bad  zu  beanspruchen  201.  in  Regensburg  war  1369  einer 
angesehenen  Bürgerin  als  Strafe  auferlegt  worden,  ein  Jahr  lang  nicht  aus  ihrem  Hause  zu 
gehen ;  jedoch  gestattete  man  ihr  neben  Beichte  und  Abendmahl  nach  ihrer  Notdurft  den 
Besuch  des  Bades  16.  1502  erschien  der  Türmer  Lorenz  vor  dem  Rat  zu  Würzburg  mit 
der  Bitte,  ihm  bisweilen  zu  erlauben,  in  die  Kirche  und  zum  Bad  zu  gehen.  Letzteres 
wurde  ihm  alle  vierzehn  Tage  gestattet  nach  vorheriger  Einholung  der  Erlaubnis  vom  Bür- 
germeister. 1599  erhielt  der  Türmer  einen  Verweis  wegen  Trunkenheit,  unzeitigen  Herab- 
kommens, und  weil  er  am  Sonntag  statt  am  Samstag  Bad  gehalten  habe.  Künftig  sollte 
er  jedesmal  um  Erlaubnis  nachsuchen  i44.  Fremden  Bettlern  wurde  1527  der  Aufent- 
halt in  der  Stadt  Münerstadt  (Mürstat),  den  Dörfern  Ethausen  und  Werberichshausen 
im  Bistume  Würzburg  verboten,  nur  dem  Armen  vorübergehend  gestattet,  welcher 
„der  notturfft  halbenn  seins  leibs  artzeney  zu  suchenn,  zu  badenn"  käme  oder  wegen 
Teuerung  aus  der  Heimat  gezogen  wäre  472    past  die  gleiche  Ordnung  wurde  1528 


176 


Schweißbäder  wurden  zur  Reinigung  des  Körpers  genommen 


für  die  Stadt  Würzburg  erlassen  i44.  1562  heißt  es  in  einem  Liede:  „Die  Handwercks- 
gesellen,  die  kumen  das  Badgeit  band,  solch  Hosen  (Flodderhosen)  tragen  wollen"  557. 
„Ach  bist  so  eilend  dort  (in  der  anderen  Welt),  mein  man,  hast  nit  ein  pfenning  in  ein 
badt",  klagt  die  einfältige  Bäuerin,  der  der  fahrende  Schüler  von  ihrem  verstorbenen 
Mann  und  dessen  Not  erzählt  (1560)46. 

An  erster  Stelle  w/aren  die  Bäder  natürlich  zur  Reinigung  des  Körpers  bestimmt,  und 
zwar  diente  dazu,  wie  heute  noch  bei  den  Finnen,  das  Schweißbad.  „Heüttigs  tags 
brauchend  wir  gemeincklich  dz  schweißbad  allein,  die  haut  vom  schweyß,  vnnd  schmutz 
zu  seübern,  auch  dz  wasserbad  mehr  von  wollust  (Vergnügen)  wegen,  dann  zu  gsunt- 

heit",    schreibt    1571 

EtSCHENREUTTER    449. 

Schon  im  nackten 
König  vom  Stricker 
(Mitte  des  13.  Jahrhun- 
derts) wird  der  Bader 
„sweizbadaere"  ge- 
nannt 212.  Zu  Anfang 
des  17.  Jahrhunderts 
sagt  G  UARiNONius,  der 
gemeine  „Böffel"  und 
viele  ansehnliche  Bür- 
ger aller  Städte  halten 
am  „schweiß-  und 
dempffbaden  .  . .  der- 
maßen steiff  vnd  starck 
.  .  .,  daß  sie  vermey- 
neten  viel  verloren  vnd 
verabsaumbtzu  haben, 
wann  sie  nit  alle 
Sambstag  vor  dem 
Sontag,  oder  alle  Feyr- 
abend  vor  den  Fest- 
und  Feyrtägen,  in  das 


[p/A 


Abb.  86.    Badestube  in  Konstanz  zu  Anfang  des  14.  Jahrhunderts. 
Wandgemälde  daselbst.    Nach  Ettmüller. 


gemeine  feil  oder  besondere  Schweißbad  gehen,  schwitzen,  sich  reiben,  fegen, 
butzen,  vnd  abwaschen  lassen  sollen".  Alle  Samstag  laufen  die  Handwerker 
dem  Bade  zu,  nicht  allein  ihren  Schmutz  und  Wust,  sondern  auch  den  an  ihnen 
vertrockneten  Schweiß  durch  geringen  Schweiß  wieder  vom  Leib  „abzuschwentzen". 
Reiche  und  Arme  meinen,  es  sei  nicht  Sonntag  oder  Feiertag,  wenn  sie  nicht 
Sommer  und  Winter  am  Samstag  oder  Feierabend  gebadet  haben  i34.  Wahrschein- 
lich  wurde  das  Wasserbad  vom    armen   Manne    selten  benutzt,    das   hatte  seinen 


Das  Schweißbad  der  Handwerker  am  Ende  der  Woche  177 

Grund  schon  im  Preise,  der  in  Bamberg  z.  B.  1480  zwölfmal  höher  war  als  der  fürs 

Schweißbad  144. 

Auf  den  Konstanzer  Wandgemälden  aus  den  ersten  Dezennien  des  14.  Jahrhunderts 

sind  auf  siebzehn  Bildern  Fabrikarbeiterinnen  der  Textilindustrie  in  Tätigkeit  dargestellt 

und  zuletzt  das  Baden  im  Schwitzbad  529  (Abb.  86).   Auch  Gudrun  verlangt  für  sich 

und  die  Jung-frauen,  die  in  harter  Gefangenschaft  mit  ihr  spinnen  und  weben  mußten, 

nach  der  Befreiung  sogleich  ein  Bad : 

„Tuot  mirz  ze  liebe  Hartmuot'  sprach  daz  edele  kint 

'alle  mine  meide,  die  hie  verderbet  sint, 

daz  man  si  bade  hinte.  volget  miner  raete'"  5^°. 

So  war  das  Bad  am  Samstag  als  am  Ende  der  Arbeitszeit  namentlich  der  arbeitenden 
männlichen  Bevölkerung  bestimmt.  Darum  öffnete  man  am  Sonnabend  Abend  in  Ham- 
burg (1375)  die  Badestuben  den  Männern,  während  an  den  Abenden  der  übrigen  Tage 
die  Frauen  badeten,  und  wenn  auf  den  Sonnabend  ein  heiliger  Tag  fiel,  mußten  die 
Frauen  den  vorhergehenden  Werktagabend  den  Männern  abtreten  2i7.  Die  Handschrift 
eines  oberdeutschen  Weichbildes  schließt:  „Dazbuech  hat  einende.  Daz  got  all  vaig 
sehende,  vnd  geb  uns  sein  gnad  vnd  hincz  samztag  ein  guet  bad.  amen"  53i. 

Um  die  Badestube  aufzusuchen,  hörten  einige  Handwerke  am  Sonnabend  eine  Stunde 
früher  mit  der  Arbeit  auf,  man  machte  „Badschicht"  468^  wozu  der  Arbeitgeber  noch  das 
Badgeld,  bezw.  Stovengeld  gab.  Nach  den  Baurechnungen  des  Bremer  Rathauses  er- 
hielten meistens  gegen  zwanzig  Mann  zusammen  vier  bis  sechs  Groschen  „für  den 
staven"  533.  Endres  Tucher  bemerkt  im  Baumeisterbuche  der  Stadt  Nürnberg  (1464— 
1475):  „So  soll  im  (dem  Werkmeister  der  von  der  Stadt  beschäftigten  Maurer  und  dem 
der  Zimmerleute)  der  stat  paumeister  geben  alle  wochen,  es  sei  veiertag  oder  wercken- 
tag,  für  sein  lone  und  padgelt  fünf  pfunt  alt".  Der  Baumeister  oder  Werkmeister  konnte 
einem  Arbeiter,  der  es  verdiente,  „zu  zeitten  ein  pare  pfenning  zu  badgelt  mer  geben". 
Als  die  Löhne  stiegen,  wurden  die  Badgelder  herabgesetzt  596  Außer  diesem  wöchent- 
lich verabreichten,  gleichsam  zum  Lohne  gehörigen  Badgelde  gab  man  es  aber  sonst 
noch,  wie  heute  das  Trinkgeld.  Im  Regensburger  Stadtbuch  von  1366  war  ausge- 
sprochen, den  Tagelöhnern  habe  man  kein  Trinkgeld,  wohl  aber  Badgeld  zu  geben.  In 
Frankfurter  Ausgaberechnungen  von  diplomatischen  Reisen  findet  sich  für  die  Diener 
der  Gasthäuser  und  für  die  Geleitsknechte  Badegeld  verzeichnet  i27  Man  sprach  auch 
vom  „Verbaden"  der  Leute.  1485  sollten  in  Nürnberg  die  Brautleute  außer  den  Dienst- 
boten „nyemannd  verbaden  oder  padgelt  für  sie  zalen"20i.  Walfhart  hat  unter  den 
Ausgaben  Herzog  Albrechts  des  Jüngeren  von  Bayern  im  14.  Jahrhundert  verzeichnet: 
„an  Montag  nach  Purificationis  beate  Marie  verpadt  mein  Herre  etlich  fraven;  an 
Pfintztag  vor  Invocauit,  verpadten  die  Zenger  der  Muraher  meinen  Herrn"  509.  in 
Rechnungen  des  Chorherrnstiftes  zu  Klosterneuburg  findet  sich  im  15.  Jahrhundert 
mehrfach  ein  Posten,  „die  weinczürl  (Winzer)  ze  verpaden"  i6 

In  der  Regel  war  das  Badgeld  für  die  einzelne  Person  so  niedrig,  daß  es  nur  die  kleinste 
Münze  betrug.  „Meine  Bücher,  die  ich  mit  großer  Arbait  geporn,  umb  ein  Badgeld  hab 

Martin,  Badewesen  12 


178  Die  Höhe  des  Badgeldes 

müssen  verschlaudern",  sagt  Sebastian  Frankes.    In  Bayern  hieß  man  es  geradezu 
Padpfenning  (1294)534 

Das  Badgeld  wurde  auch  in  Naturalien  gezahlt.  In  Raitenbuch  bei  Weißenburg  hatte 
jeder  Bauer  zu  Lichtmeß  „ain  mz.  korns,  und  1  kebler,  der  ein  sondre  feuerstatt  hat, 
ein  mz.  habern"  zu  geben,  außerdem  jeder,  der  zu  Gottes  Tisch  geht  (Erwachsener)  dem 
Bader  drei  „hochzeit  pfennig",  nämlich  Ostern,  Pfingsten  und  Weihnachten  535.  in  Böb- 
lingen erhielt  der  Bader  von  Unerwachsenen  einen  Laib  Brot  zu  Weihnachten  i^s,  ebenso 
in  Sundelfingen  i6  Wenn  der  Abt  von  Wiltzburg  nach  Wetelsheim  kam,  um  die  „Pau- 
ding-Recht"  zu  „suchen",  sollte  der  Bader  für  ihn  ein  Bad  haben,  wofür  er  „ein  metzen 
lauters  Korns"  von  ihm  erhielt  (1402)  i44 

Zuweilen  werden  die  verschiedenen  Angestellten  für  die  einzelnen  Prozeduren  be- 
zahlt. In  Böblingen  erhielt  gegen  1554  der  Reiber  einen  Heller  zu  reiben  und  einen 
Pfennig  zu  baden  i98  i480  zahlte  in  Freiberg  in  Sachsen  jeder  namhafte  Mann  drei 
Pfennig  für  sich  und  sein  Gesinde,  anderthalb  Pfennig  dem  Bader,  einen  Pfennig  in 
die  Stube  und  der  „Schurin"  *  einen  Heller,  ein  Handwerksmann,  ein  lediger  Geselle 
dem  Bader  zwei  Pfennig,  die  Frauen  zwei  Pfennig  für  sich,  einen  Pfennig  für  die 
Magd,  dem  Bader  und  der  Bademagd  einen  Pfennig  i83.  Das  Badegeld  wurde  dem- 
nach standesgemäß  berechnet.  Auch  in  Bamberg  betrug  es  1480  einen  Heller,  für 
Vermögliche  einen  Pfennig,  also  das  Doppelte  i44.  Nach  Guarinonius  erhielten 
die  Ansehnlichen  im  Bad  besondere  Bänke  13*  Es  ist  wohl  anzunehmen,  daß  die 
verschiedenen  Stände  gesondert  badeten.  In  Gerolzhofen  wird  z.  B.  1445  angegeben, 
daß  viele  Frauen  und  auch  etliche  Männer  am  Sonnabend  nicht  gern  ins  Bad  gingen  239. 
Die  Fahrbadestube  in  Frankfurt  am  Main  (1337  zuerst  erwähnt,  1450  aufgehoben),  die 
dem  Leonhardsstifte  und  der  Stadt  gehörte,  war  dem  Publikum  nicht  zugänglich,  sondern 
für  die  Insassen  des  Stiftes  und  die  Herrn  des  Rates  bestimmt  127.  in  Butzbach  in  Hessen 
dagegen  gestatteten  1468  die  Chorherren  des  Kugelhauses  gegen  mäßige  Entschädigung 
auch  den  Bürgern  die  Benutzung  ihrer  Badestube,  bis  1494  die  Eriaubnis  zurückgezogen 
wurde  i94.  Auch  in  Villingen  verliehen  die  Johanniter  ihre  Badestube,  bedungen  sich 
aber  aus,  daß  wenn  sie  badeten,  es  geschehen  sollte,  als  ob  sie  ihr  Geld  darum  gäben  16. 

Nicht  nur  Handwerkern,  sondern  auch  Beamten,  zuweilen  sogar  den  höheren,  wurde 
Badgeld  verehrt  und  auch  regelmäßig  am  Samstag.  In  Rottweil  erhielten  die  städtischen 
Angestellten  (von  1315  bis  Mitte  des  16.  Jahrhunderts)  „von  . . .  amptz  wegen"  neben 
Lohn,  Geld  für  Essen  und  Trinken  an  „Ungeltern"  auch  Opfergeld  und  „batt  gelt"  473^ 
ebenso  bekamen  zu  Basel  im  14.  Jahrhundert  der  Ratsschreiber  und  Unterratsschreiber 
von  Zeit  zu  Zeit  „Geld  ins  Bad"260.  Frankfurt  am  Main  gab  noch  1706  nach  altherge- 
brachter Gewohnheit  den  Bürgermeistern  und  einigen  Kanzleibediensteten  alle  Sonn- 
abend eine  gewisse  Zahl  „Creutz-Heller",  die  zur  Zeit  keine  gangbare  Münze  mehr  waren 
und  „BaadHeller"  genannt  wurden  i33. 

*  Oengler5*5   nennt   unter  den    Angestellten   des  Baders   den   Schürer.    Die   „Schurin"   ist  dem- 
nach eine  Baderin,  die  das  Feuer  schürte. 


Das  Badgeld  der  Angestellten  \  7Q 

In  Butzbach  in  Hessen  nahmen  bei  Gelegenheit  des  Bürgermeisterimbisses  Kellner 
und  Herrendiener,  Rat  und  Ratsdiener  regelmäßig  ein  Bad,  dessen  Kosten  aus  der  Stadt- 
kasse bestritten  wurden.  Auch  wenn  man  neue  Gesellen  in  den  Rat  kor,  pflegten  sich 
Schöffen  und  Ratsmannen  diesen  Genuß  selten  zu  versagen.  1446  wird  des  bezeich- 
neten Vorfalles  gedacht,  daß  Schöffen  und  Ratsfreunde,  nachdem  sie  im  Bad  gewesen, 
auf  dem  Rathause  einen  gemeinsamen  Imbiß  und  ein  fröhliches  Gelage  veranstalteten  und 
dann  „unbezahlt  hinweg  gingen"  194*.  Das  speierische  Domkapitel  hatte  (1512)  jähdich 
auf  Martini  dem  Stadtrat  und  den  übrigen  Stadtbeamten  von  Eßlingen  ein  großes  Gast- 
mahl im  Zehenthofe  zu  geben.  Von  einem  Bade  wird  hier  nichts  erwähnt,  wohl  aber 
gestattete  man  nach  dem  Male  den  Dienstboten,  in  das  Badehaus  zu  gehen  und  dort  ein 
Bad  zu  nehmen.  Am  Fastnachtsdienstag  mußte  der  Zehenthof  wieder  ein  großes  Essen 
geben.  Darnach  durften  die  dabei  beschäftigten  Dienstboten  wieder  ins  Bad  mit  Aus- 
nahme des  Bäckers  und  seiner  Frau,  die  nur  zu  Martini  das  Bad  bezahlt  bekamen  6i. 

Fremde  Gäste  wurden  von  Behörden  auch  ins  Bad  geladen,  das  für  sie  samt  der 
Zeche  bezahlt  wurde.  Als  der  Frankfurter  Rat  1432  mit  einem  anwesenden  Edelknecht 
unterhandelte,  beschloß  er,  ihm  „daz  bat  zu  machen"  127.  [n  Basel  ließ  der  Rat  im 
14.  Jahrhundert  fremde  Gesandte  auf  seine  Kosten  ins  Bad  führen  260.  1423  verehrte 
der  Butzbacher  Rat  dem  Junker  von  Eppenstein  zwei  Viertel  Wein,  „als  ihn  Herr  Johann 
von  Stockheim  (der  Butzbacher  Schultheiß)  in  das  Bad  geladen  hatte"  i94. 

Ein  besonderes  Badgeld  wurde  den  Arbeitern  nach  Fertigstellung  einer  größeren 
Arbeit  geschenkt.  In  erster  Linie  kommen  auch  hier  die  Bauhandwerker  in  Betracht,  die 
unseren  heutigen  Richtschmaus  im  Bade  feierten.  Nach  Frankfurter  Baumeisterrech- 
nungen gab  man  142Q  2  ß  den  Maurern  „czum  bade,  als  man  murens  uffhorte",  1436 
31/2  ß  den  Steindeckern  „czu  bade  czu  geen  vnd  czu  uerdrincken,  als  sie  den  buwe  foUen- 
brachten"  127.  Ebenso  häufig  war  ein  Freibad  mit  Bewirtung  nach  der  Ernte  und  der 
Weinlese.  Die  Schnitter  des  Spitals  zu  Mosbach  bekamen  1527  nach  der  Ernte  1  ß. 
2  den.  zum  Badgeld  46i.  in  den  Rechnungen  des  Chorherrnstiftes  zu  Klosterneuburg 
wird  im  15.  Jahrhundert  häufig  für  die  Winzer  Geld  zum  Bad  und  „das  mal  ze  pessern" 
erwähnt  16.  Nach  Beendigung  der  Herbstgeschäfte  wurde  dem  Klostergesinde,  den 
Handwerksleuten  und  allen,  welche  für  das  Kloster  Denkendorf  gearbeitet  hatten,  ein 
Badtag  gegeben.  An  diesem  Tag  nahm  jeder  nach  dem  Mittagessen  sein  Weib  und,  wer 
ledig  war,  seine  „Zwagerin"  **  und  zog  mit  ihr  nach  Eßlingen  ins  Bad  73.  1559  gibt  die 
Domrechnung  von  Basel  nach  der  Ernte  an:  „den  knechten  fürs  mol  und  badgelt  1  Pfd. 
5  ß"2i9.  Im  15.  Jahrhundert  mußten  nach  einer  Herbstordnung  zwei  Bannwarte  in  Be- 
gleitung der  anderen  von  Haltingen  „ein  hengelin  trüblen"  an  einer  Stange  über  die 
Rheinbrücke  nach  Basel  in  das  Bauhaus  tragen.  „Do  sol  inen  ein  bumeister  ir  obendbrot 

*  Ein  auf  Gemeindekosten  gehaltenes  Bad  scheint  auch  das  „burgerbad"  zu  Durlach  gewesen 
zu  sein,  das  1536  der  Bader  um  einen  halben  Gulden  halten  mußte,  wobei  noch  den  Knechten  ein 
Schilling  Pfennig  geschenkt  wurde  ^i«.  **  Zwagerin  ist  hier  im  üblen  Sinne  ähnlich  wie  Reiberin 
gebraucht  (vergl.  S.  86). 


180  Das  Bad  als  Verschönerungsmittel 

erbarlich  bereit  han  und  dannenthin  in  die  badstuoben  schicken,  und  den  badstuoben 
trunck  geben  und  für  sie  bezalen."  In  ähnlicher  feierlicher  Weise  hatten  1338  die  Jäger 
des  Dreieicher  Wildbanns,  eines  großen  Forstes,  in  der  Messe  einen  eingefangenen 
Hirsch  nach  Frankfurt  zu  bringen.  „Vnd  wan  sye  komen  tzu  Sassenhusen,  so  suUent 
sye  blasen  durch  die  stadt,  vnd  sullent  yne  dem  schultheiszen  heym  füren,  der  sali  sye 
tzu  bade  füren,  vnd  sali  sye  erlichen  laszen,  vnd  sali  den  hyrtz  (Hirsch)  mit  den  scheffen 
teylen  als  sin  ere  ist"  535 

Mit  dem  einfachen  Reinigungsbad  verbanden  namentlich  eitele  Frauen  eine  künst- 
liche Verschönerung  des  Körpers. 

„Ez  ist  manig  altez  wib 

Du  färwet  vnd  badet  jren  lib 

Vnd  schint  jr  daz  vil  lützel  an 

Man  sech  jr  doch  die  runzeln  an"  536. 

Hero  gibt  1533  bei  Besprechung  des  Bades  eine  haarfressende  Arznei  an,  die  den 
Körper  nicht  verbrennt,  d.  h.  ein  Haarentfernungsmittel,  außerdem  auch  Färbemittel  23i, 
und  nach  Abraham  a  Santa  Clara  (171 1)  badeten  manche,  um  sich  des  Bleiweißes  und 
Spießglanzes  bequemer  zu  bedienen  288.  Die  Arsenverbindungen  spielten  bei  der  Haut- 
verschönerung eine  große  Rolle,  und  man  gebrauchte  sie,  wie  aus  der  schon  erwähnten 
italienischen  Anweisung  aus  dem  14.  Jahrhundert  hervorgeht,  nach  dem  Dampfbade  537^ 
wodurch  die  Aufnahme  in  den  Körper  besser  erfolgte. 

Man  ging  aber  nicht  nur  zur  Reinigung,  sondern,  wie  schon  aus  dem  Vorhergehen- 
den ersichtlich  ist,  zum  Vergnügen  ins  Bad  und  um  Gesellschaft  zu  suchen,  was  schon 
zu  Anfang  des  14.  Jahrhunderts  der  König  vom  Odenwald  bemerkt  228.  Wein  trinken, 
„harpffen,  geygen,  tantzen  vnd  paden"  geben  nach  einem  Weingruß  viel  Freude584. 
In  einem  Gedichte  des  Liederbuches  der  Clara  Hätzlerin  25Q  wird  Baden  für  Mann 
und  Frau  zu  den  größten  Freuden  des  Lebens  gerechnet. 

„Baden  ist  ain  rainclich  lust,  Hatt  er  gewallet  oder  geraiszt, 

Als  er  vf  erden  mag  gesein.  So  gert  er  doch  aller  meist 

Es  ward  vff  erd  chain  fraw  so  vein  Vor  allen  fräden  baden. 

An  leib,  an  claidern,  an  allen  Sachen,  Darzu  tütt  man  laden 

Sy  haisz  ir  dannocht  machen  Alle  gut  gesellen, 

Ain  bad  durch  sunderhchen  lust.  Die  zu  der  fräd  wollen  .  . . 

Hatt  ain  man  dann  vf  der  iust  Baden  ist  ain  sauber  spil, 

Gedienet  schönen  frawen,  Das  ich  auch  ymmer  preisen  wil." 

Ist  er  in  Turnay  wol  erplawen, 

Um  das  Jahr  1470  feierte  ein  Stiftsherr  zu  St.  Bartholomäus  in  Frankfurt  am  Main  sein 
Jubiläum  und  „hat  den  ganzen  Stift  und  ander  sine  gute  Frunde  darzu  geladen  und  diesen 
allen  den  ganzen  Tag  gütlichen  gethan  und  den  andern  Tag  gebatt  in  dem  Sweis-  und 
Wasserbaden  i97  Auf  dieselbe  Weise  feierte  ein  Chorherr  des  genannten  Stiftes  1410  sein 
Jubiläum  127.  Die  vornehme  Gesellschaft  Limburg  in  Frankfurt  feierte  einmal  im  15.  Jahr- 
hundert mehrere  Tage  lang  Fastnacht,  „und  am  Schluß  gehend  die  Gesellen  in  das  Bad 
zu  der  Weißen  Badstuben  und  das  Badgeld  bezahlen  die  Frauen"  sie.  Zieht  man  in 
Betracht,  daß  nach  dem  Liederbuch  der  Hätzlerin  am  Montag  die  Trunkenen  baden  259, 


Trinkgelage  in  den  öffentlichen  Badestuben  181 

nach  dem  König  vom  Odenwald  man  in  die  Badestube  geht,  um  nüchtern  zu  werden  228_ 
nach  Hans  Sachs  im  Höllenbade  auf  den  Bänken  „schlemmer,  trunckenböltz,  füllhels 
und  demmer  (Schwelger)"  sitzen  29,  und  daß  der  Oreifswalder  Professor  Franc.  Joel 
(16.  Jahrhundert)  Wasserbäder  gegen  Katzenjammer  empfiehlt  i6,  so  erscheint  der  Be- 
such der  Badestuben  nach  den  Frankfurter  Festlichkeiten  in  einem  eigentümlichen  Lichte. 
Das  Gleiche  gilt  vom  Baden  am  blauen  Montag  der  Handwerke.  In  Amberg  durften  die 
Gesellen  alle  vierzehn  Tage  ihren  guten  Montag,  den  sog.  Badtag,  erst  des  Nachmittags 
nach  beendetem  Tagwerk  halten  205.  Die  bayerische  Landesordnung  von  1553  will  den 
guten  (blauen)  Montag  und  das  Badgeld  abgeschafft  haben  46 

In  Hildesheim  waren  die  Mitglieder  der  Schneidergilde  bei  Strafe  verpflichtet,  an  den 
sogenannten  „freien  Montagen"  nach  Beendigung  der  Messe  das  Bad  aufzusuchen. 
Becker  versteht  unter  den  freien  Montagen  die  nach  Ostern,  Johannis  und  in  der  Mai- 
woche 52.  Hier  handelt  es  sich  wohl  um  eine  andere  Art  Bäder  der  Handwerker,  die 
sogenannten  Stovenlaghe  (Badstubengelage),  die  z.  B.  in  Lübeck  die  Drechsler  und 
Kistenmacher,  in  Wismar  1515  die  Zimmerleute,  1523  die  Maurer  abhielten  533.  |n 
Görlitz  wurde  alle  Quartal  an  dem  Badetage,  an  welchem  sich  die  Gesellen  baden  und 
gründlich  reinigen  sollten,  ein  Mahl  gehalten  205.  in  Frankfurt  am  Main  durfte  in  den 
Zunftgeboten,  in  welchen  die  Rechnungsablage  vorgenommen  wurde,  jedem  Anwesen- 
den Badgeld  aus  der  Zunftkasse  gegeben  werden  127.  Ejne  mecklenburgische  Polizei- 
ordnung von  1516  verbot  den  an  etlichen  Orten  herrschenden  Mißbrauch,  daß  die 
Handwerksfrauen  „im  ingange  der  hantwercke  erer  eelicken  manne  mit  neinem 
stouenbade,  collacien  edder  spyse"  beschwert  würden  533. 

Als  Badestubengelage  muß  auch  das  Singbad  der  Meistersinger  gelten.  In  der  Kol- 
marer  Meisterliederhandschrift  heißt  es  in  einem  wohl  aus  dem  14.  Jahrhundert  stam- 
menden Gedichte: 

„So  will  ich  singen  waz  ich  kan 

als  dick  als  es  gelanget  mir 

AI  in  dem  bad  vnd  bij  dem  win 

wie  gerne  ich  daz  tet"*^*. 

Die  Ulmer  Tabulatur  von  1644  bestimmte:  „Die  Singer  ....  sollen  sich  alles  Zu- 
sammen Singens,  es  sey  auff  der  Schul,  in  den  Zechen,  in  dem  Bad  enthalten.  Es  wäre 
dann  sach  der  Bixenmeister  oder  Märcker  begehrtens  an  Sie."  In  der  Ulmer  Tabulatur 
von  159Q  wird  das  Singbad  auch  „Bad-Zech"  genannt,  die  von  einem  „Schulmeister" 
gegeben  wurde.  Nach  der  Ulmer  Tabulatur  von  1644  sollte  der  Kron-(Kranz-)gewinner, 
der  „Kronmeister"  gleich  den  Montag  nach  der  Freischule  ein  Singbad  anstellen.  Dem 
Singbad  in  Ulm  entsprach  in  Nürnberg  die  „Festsuppe",  die  vom  „Schulhalter"  auf 
eigene  Kosten  den  Sängern  nach  der  Festschule  gegeben  werden  mußte.  Dem  Schul- 
halter war  bei  jeder  Singschule  die  Anordnung  übertragen.  Wie  in  Ulm  der  Kronge- 
winner, so  hatte  in  Nürnberg  der  Sieger  im  Kranzsingen  drei  Monate  nach  seinem  Siege 
ein  Kranzsingen,  gewöhnlich  Kränzlein  oder  Kranz  genannt,  zu  gebendes.  Erinnern  wir 
uns,  daß  in  der  „Suppe"  bei  der  Badenfahrt  guter  Gesellen  36  das  Kränzlein  von  einem 


182 


Das  Singbad  /  Die  Badestube  als  Versammlungsort 


CintjaOmfarigötrr 

gfclUm 


auf  den  anderen  überging,  wobei  der  Be- 
sitzer des  Kranzes  die  Kosten  der  Zeche 
tragen  mußte,  so  ist  liier  unscliwer  ein 
Singbad  zu  erl<ennen,  zumal  die  einzelnen 
Gesellen  ihre  Wünsche  in  gebundener 
Form  vorbrachten  (Abb.  87).  Die  erwähn- 
ten Meisterlieder,  die  von  Hans  Sachs' 
Hand  geschrieben  sind,  müssen  auch  als 
Lieder  des  Singbades  gelten.  Meist  wird 
der  Bader  wegen  schiecht  besorgter  Bade- 
stube geneckt,  doch  ist  es  dem  Dichter 
nicht  ernst  damit: 

„Pader,  ich  thu  nur  spotten, 

hapt  mir  für  guett, 

im  padt  mon  thuett 

oft  reisen  solclie  zotten"  ^37. 

Es  i<ommen  auch  Lobeserhebungen 
des  Baders  und  seiner  Stube  vor,  wofür 
einmal  das  Schenken  des  Badgeldes  gefor- 
dert wird  464 

In  manchem  glich  die  Badestube  dem 
heutigen  Wirtshause,  „Stovenmere"istdas 
Gerede  in  den  Badestuben  und  bedeutet  so- 

Abb.   87.     Morgensuppe    im    16.    Jahrhundert    zu    viel  als  Wirtshausgeschwätz  533    In  PHILIPP 


Baden  im  Aargau.  Titelholzschnitt  zu  „Ein  badenfart 


VON    Allendorfs  Judenbadstube  (1535) 


guter  gsellen"  von  Hans  Achtsinit  (wahrschein- 
lich Nikolaus  Manuel).  heißt  es :  „So  schwetzt  man  auch  im  bad  gar 

vil«234     Selbstverständlich  wurde  auch  politisiert.    „Das  ist  wider  die  Juden  und  bösen 

Christen,  die  da  spöttisch  reden  von  den  heiligen  sacramenten,  als  man  da  thüt  in  den 

batstüben",  sagt  Geiler  von  Kaisersberg  1518,  und  in  einer  Predigt  aus  dem  Anfang 

des  16.  Jahrhunderts  heißt  es:  „Dort  sitzen  sie  imm  Padstübl  und  reden  keczrisch  wider 

gott  vnd  kaisser"  iö.    Die  Badenfahrt  guter  Gesellen  36  ist  ein  Religionsgespräch  aus 

der  Zeit  der  Reformation,  das  zur  Versöhnung  der  feindlichen  Parteien  beitragen  sollte. 

In  Köln  wurden  bei  einem  Aufstand  die  Feinde  des  Rats  nicht  müde,  auf  den  Gaffeln, 

in  Trinkstuben  und  in  Badestuben,  den  Ratsherren  und  Ratsbeamten  Gewalthandlungen, 

Rechtsverletzungen  und  Bestechungen  vorzuwerfen  539     i488  heißt  es  in  der  Weißen- 

horner  Historie  vom  oberschwäbischen  Bauernaufstand:  „Alß  die  waldknecht,  die  den 

lerman  angefangen  hetten,  die  grosse  aufrur  und  not  Sachen,  da  manet  sy  ir  fenderich, 

sy  sölten  Iren  herbergen  und  waffen  zulaffen.  Das  theten  sy,  versamleten  sich  etlich  bey 

dem  spital  und  namen  die  gassen  ein,  etlich  kamen  zesamen  in  der  badstuben,  möchten 

weyter  nichts  mer  thon"  I28. 

In  kleinen  Ortschaften  badete  man  nur  am  Samstag,  z.  B.  1467  in  Bräunungen  bei 


Badetage  /  Erlaubnis  zum  Heizen  außer  den  Badetagen  \  83 

Donaueschingen,  in  anderen  zweimal  in  der  Woche,  z.  B.  im  Dorfe  Langensteinenbach  bei 
Karlsruhe  219.  In  den  Städten  waren  meist  drei  Tage  dazu  bestimmt,  in  Zwickau  1284 
Montag,  Mittwoch  und  Sonnabend  540.  Häufiger  kommen  Dienstag,  Donnerstag  und 
Sonnabend  vor,  z.  B.  1536  in  Durlach  2i9.  War  einer  der  genannten  Tage  ein  Feiertag, 
mußte  dafür  an  einem  anderen,  meist  am  vorhergehenden  Tage  Badetag  gehalten  wer- 
den. Eine  besondere  Stellung  nahm  der  Donnerstag  ein.  In  einem  Fastnachtsspiele  des 
15.  Jahrhunderts  werden  die  Wünsche  einer  Frau  für  jeden  Tag  angeführt:  „Am  phinz- 
tag  sie  zum  päd  begert"  12.  Daß  die  Märzenbäder  am  Donnerstag  stattfanden,  wurde 
S.  17/18  erwähnt.  An  Sonn-  und  Feiertagen  und  am  Freitag  durfte  fast  überall  nicht  ge- 
badet werden.  Nach  dem  Liederbuch  der  Hätzlerin  taten  es  die  Ungehorsamen  259 
„Man  hat  auch  gesetzet,  daz  dehaine  pader  an  dehainem  freytage  kaine  pade  furbas  mer 
haben  sol",  heißt  es  in  den  Nürnberger  Polizeiordnungen  des  13.  und  14.  Jahrhun- 
derts 201.  Luzern  verbot  vor  1320  das  Heizen  der  Badestuben  am  Freitag  m.  In  Bres- 
lau durften  die  Bader  (1486)  an  heiligen  Tagen  nicht  arbeiten  210^  in  Eßlingen  (1487) 
weder  Freitags  noch  an  der  Fastnacht  heizen  16.  In  Steiermark  wurde  1652  und  1676 
den  Badern  gesetzlich  untersagt,  am  Vormittag  der  Sonn-  und  Feiertage  ihre  Stuben  zu 
öffnen  84. 

Die  von  der  Obrigkeit  vorgeschriebenen  Tage  mußte  der  Bader  innehalten.  Aus- 
nahmsweise durfte  in  Frankfurt  nach  Einholung  bürgermeisterlicher  Erlaubnis  auch 
an  anderen  Tagen  geheizt  werden  127.  in  Konstanz  war  den  Meistern  1483  sogar  am 
Freitag  gestattet,  Bad  zu  halten  mit  „erlobungains  zunftmaisters,  und  sol  nymand  baden 
noch  laden  wan  dye  mit  dem  komend  der  daz  bad  gefrümpt  (bestellt)*  haut"  219.  Die 
Bamberger  Baderordnung  verbot  1480  „zwahen  oder  scheren"  an  Sonn-  und  Feiertagen, 
es  sei  denn  ein  Fremder.  Bis  1515  hatten  in  Würzburg  manche  Bader  an  einigen  Chor- 
feierfesten Bäder  bereitet,  andere  nicht.  Nun  sollte  keiner  mehr  Feuer  anzünden,  es  sei 
denn  mit  Genehmigung  zweier  geschworener  Meister  i44.  in  einer  Ordnung  setzten 
1604  die  fünf  Meister  Bader  von  Zürich  fest:  „Wan  die  fümff  Meister  Bader  zu  Sommers 
Zyt,  waßer  beder.  einer  oder  meer  hetend.  daruon  dann  die  badstuben  warm  wirf,  so 
sol  derselbig  Meister  an  den  vnngraden  tagen,  an  denen  mann  gemeinlich  nit  heitzt.  jnn 
der  Badstuben  niemandts  schrepfen  noch  baden  laßen,  es  werind  dan  durchreißende 
Personen  verbanden,  die  an  gmeinen  heitztagen  die  badstuben  nit  bsuchen  köntendt. 
alß  dann  sol  ein  jeder  Meister  harjnnen  gefrigt  syn"  240. 

„Die  von  Ulm  ließen  (1529)  offenlich  beschreyen  vor  dem  heyligen  Tag  (25.  Dez.), 
man  wellte  marckt  halten  am  newen  jarstag,  wie  sunst  anaynem  samßtag,  so  allweg 
marckt  ist,  desgleichen  bad,   wie  sunst,   mit  aller  handthierung  (loblich  Sachen)"  128. 

*  Im  Ausgabenbuch  des  Herzogs  Albrecht  des  Jüngeren  von  Niederbayern  (1389—1392)  hat  der 
Landschreiber  Walfhart  mehrmals  Geld  für  ein  „frumpad",  „frümpad",  oder  „frempad"  verzeichnet  ^o?. 
Frommann  vermutet  unter  dem  ersten  und  dritten  Namen  ein  bestelltes  Bad  ■">.  Doch  lautet  eine  Angabe 
bei  Walfhart:  „An  Erihtag  nach  Petri  meinen  Herrn  ein  frumpad  auf  der  Ader".  Es  scheint  sich 
also  um  ein  Bad,  das  frommt,  d.  h.  ein  Bad  zu  Heilzwecken  zu  handeln. 


184  Das  Hochzeitsbad 

Während  der  Messe  und  an  Fürstentagen  durfte  in  Frankfurt  mit  Ausnahme  der  Char- 

woche  und  der  Feiertage  alle  Tage  gebadet  werden  127. 

Es  scheint  selbstverständlich,  daß  man  vor  der  Hochzeit  als  einem  Feste  badete,  der 

Bräutigam,  die  Braut  und  die  Badegäste. 

„Wenn  man  hochzeit  haben  sol, 
Wen  man  hat  darzu  geladen, 
Der  muez  sich  gar  sauber  paden 
Vnd  legt  schonew  chlaider  an", 

singt  der  Teichner  im  14.  Jahrhundert  16.  Es  handelt  sich  aber  nicht  nur  um  ein  ein- 
faches Reinigungsbad  direkt  vor  dem  Feste,  sondern  um  eine  Feierlichkeit,  die  einen  Teil 
der  Tage  dauernden  Hochzeit  ausmachte.  In  Zittau  wurde  1616  das  Brautbad  am  Sonn- 
abend oder  am  Badetage  genommen  16,  d.  h.  an  einem  gewöhnlichen  Badetage  in  der 
öffentlichen  Badestube.  Einer  der  Hochzeitstage  hieß  14Q0  in  Gerolzhofen  (Franken) 
der  „Wenzeltag",  an  ihm  fand  das  Bad  statt  239^  in  Stolberg  am  Harz  1526  in  der 
„Walgernacht"  592.  In  Erfurt  geschah  1351  das  „vßbade"  nach  der  Hochzeit  us.  Zu 
Anfang  des  15.  Jahrhunderts,  auch  1476202  und  noch  1565  werden  in  Görlitz  vor  und 
nach  der  Hochzeit  Bäder  erwähnt,  ebenso  1626  in  Pritzwalk  16.  Das  Bad  nach  der  Hoch- 
zeit scheint  aber  die  größere  Feier  gewesen  zu  sein.  „So  denn  der  Hochzceittag  loblich  hin- 
gebrocht ist  vnd  nach  alder  gewonheit  braut  vnd  breutigam  mit  ihren  frunden  zcu  bade 
gegangen  sint",  heißt  es  in  den  Görlitzer  Statuten  von  c.  1434  und  1476202.  Djes  ist 
nichts  Auffallendes;  wir  finden  ja  auch  am  Schlüsse  anderer  Festlichkeiten  ein  Bad. 

Zum  Hochzeitsbade  begleiteten  Männer  den  Bräutigam,  Frauen  und  Jungfrauen  die 
Braut.  Schon  früh  wird  die  Zahl  der  Begleiter  beschränkt,  in  Braunschweig  1320127. 
Nach  den  Nürnberger  Polizeiordnungen  des  13.  und  14.  Jahrhunderts  sollen  vier  Frauen 
mit  der  Braut  zum  Bade  gehen  201.  Regensburg  erlaubte  im  14.  Jahrhundert  dem  Bräu- 
tigam vierundzwanzig  seiner  Genossen  „daz  er  vnd  die  Prawt  sol  selb  acht  frawen  dar 
gen  vnd  mit  dheiner  mer"  200^  und  das  Münchener  Stadtrecht  (vor  1347)  schrieb  vor:  „ze 
der  vest  und  ze  pette  und  ze  pade  (auch  hier  nach  der  Hochzeit!)  sol  man  haben  iet- 
weders  tails  niur  sehs  frawen,  daz  sint  zwelf  frawen"  203.  Danach  scheint  es  fast, 
als  ob  im  14.  Jahrhundert  der  Bräutigam  auch  Frauenbegleitung  gehabt  habe.  Augs- 
burg erlaubte  in  einer  Verordnung  des  13.  Jahrhunderts  jedem  Teile  fünf  und  im  selben 
Jahrhundert  etwas  später  zehn  Begleiter  54i,  Görlitz  c.  1434  je  zwölf,  1440  aber  nur 
zehn  202   1467210  und  1476  wieder  je  zwölf  202. 

Ob  beide  Parteien  getrennt  badeten,  läßt  sich  nicht  mit  Bestimmtheit  sagen,  immer 
wurde  die  Scheidung  der  Geschlechter  jedenfalls  nicht  durchgeführt.  Man  aß  dabei  und 
trank  im  Übermaß  im  Bade  oder  wenigstens  nach  dem  Bade  im  Badehause,  wo  auch 
der  Tanz  stattfand.  „Vom  Brautbade  (wie  mans  nennet)",  sagt  Spanoenberq  1563  im 
Ehespiegel,  „will  ich  nichts  sagen,  so  man  nicht  ein  vnordentlichsgeseüffedarauff  treibet, 
vnd  züchtig  vnnd  erbarlich  sich  helt,  so  hat  es  seinen  weg.  Die  schändtliche  gewonheyt 
der  Waigernacht  (an  ettlichen  orten  noch  breüchlich)  ist  hye  billich  abgeschafft,  solte 
auch  nicht  geduldet  noch  gelitten  werden"  508     Der  Erfurter  Zuchtbrief  ließ  zu  einer 


Bmutbad  und  Kindbetthof 


185 


186  Einschränkungen  des  Brautbades 

Hochzeit  nur  zweiunddreißig  Schüsseln  Speise  zu  „vnd  lö  zu  dem  vssbade,  vnd  sechs 
spilman  vnd  zwene  vnrether"  ns.  wie  es  beim  Tanz  herging,  zeigt  eine  Stelle  aus  den 
ältesten  Statuten  von  Görlitz  (c.  1434):  „Alsdenn  vormols  dy  jungen  gesellen  noch  dem 
bade  widir  gute  sitten  jn  badekappin  vnd  barschenckicht,  vnd  ouch  nicht  alleine  zcu  der 
zceit,  sunder  ouch  zcu  andern  tentzcen  getantzt  habin,  \n\\  der  Rath  das  fortmeh  kein 
mansbilde  jn  badekappen  adir  barschinckicht  tantzcen  sulle,  sunder  alle  dy  do  tanzcen 
wollen  sullen  sein  mit  yopen  vnd  hossin  angethon  noch  ander  lannde  vnd  stette  lob- 
licher gewonheyt"  202  (verg.  Abb.  88). 

Die  behördlichen  Verordnungen,  welche  das  Brautbad  betrafen,  suchten  es  zu  einem 
einfachen  Bade  zu  gestalten.  Nach  den  Nürnberger  Polizeiordnungen  (13.  und  M.Jahr- 
hundert) war  der  Braut  wohl  erlaubt,  vier  Begleiterinnen  mit  ins  Bad  zu  nehmen,  doch 
sollte  man  zur  „padlat"  Männer  und  Frauen  „weder  peiten  noch  ezzen  noch  trincken 
noch  tantzen  von  derselben  padlat  wegen".  1485  durften  weder  Braut  noch  Bräutigam 
jemand  „verbaden  oder  padgelt"  zahlen,  „noch  auch  nach  dem  pade  ainicherlay  mal 
noch  zech  haben"  und  nur  der  Braut  und  des  Bräutigams  Hausgesinde  Badgeld  zahlen  201. 
Augsburg  erlaubte  1550  und  1562  den  Brautleuten,  nach  dem  „Breutelbad"  eine  Zech 
zu  halten,  wenn  sie  es  wollten,  doch  nur  mit  sechzehn  Gästen  16.  Ausdrücklich  wird 
1476  in  Görlitz  verlangt,  daß  die  Freunde  nach  dem  Bade  die  Brautleute  heimbegleiten 
und  zu  Hause  ein  einfaches  Mahl  aus  Käse,  Brot  und  Obst  mit  Landwein  und  heimi- 
schem Bier  einnehmen  sollen  202  Grünberg  in  Hessen  verbot  1492,  „mal  ader  orten" 
nach  dem  Bad  zu  haben  019. 

Nach  einer  Verordnung  von  Gerolzhofen  vom  Jahre  14Q0  lud  der  Bräutigam  zum 
Bad  und  dem  darauf  folgenden  Nachtessen  ein;  er  mußte  demnach  die  Kosten  tragen. 
Auch  die  Badleute  (Bader)  erhielten  Speise  und  Trank,  was  Gerolzhofen  in  demselben 
Jahre  verbot  239  16I6  sollte  in  Zittau  am  Badetage  kein  Gast  außer  den  Hochzeits- 
bittern  gespeist  werden  10.  In  Ulm  wurde  1400  bei  einer  Hochzeit  Badgeld  gegebenes. 
Nürnberg  verbot  1485,  wie  wir  sahen,  anderen  Leuten  als  dem  Gesinde  Badgeld  zu 
zahlen  201,  ebenso  die  Stadt  Grünberg  in  Hessen  14Q2  619  Ein  vollständiges  Verbot 
der  Brautbäder  soll  nach  Westenrieder  der  Münchener  Rat  schon  1405  erlassen 
habende.  ,,Die  walger  nacht,  wie  sie  vor  alters  gehalten,  als  mit  bade  vnd  dantzen, 
soll  gantz  vnd  gar  absein  vnd  nit  mehr  gehalten  werden",  heißt  es  in  den  Stoiberger 
Statuten  (1526)592  1565  wurden  in  Görlitz  alle  „geprängi sehen"  Hochzeitsbäder,  1626 
die  in  Pritzwalk  verboten,  in  Havelberg  1655  die  Abendhochzeiten,  Kranzmachen  und 
Brautbaden.  Kurfürst  Joachim  11.  von  Brandenburg  untersagte  1551,  Gäste  zu  laden,  1580 
erneuerte  der  Rat  von  Berlin  die  Verordnung  16,  und  1604  verbot  Kurfürst  Joachim 
Friedrich  auch  das  Baden  der  Brautleute  i44^  nach  Fidicin  wurde  es  nur  einge- 
schränkt 191.  Nach  der  Heilbronner  Hochzeitsordnung  vom  Jahre  1492  mußten  (?)  sich 
einen  Tag  vor  der  Hochzeit  alle  Hochzeitsgäste  baden,  worauf  sich  die  Gesellschaft  in 
das  Hochzeitshaus  zu  einer  sog.  gelben  (Safran-)Suppe  begab.  Die  Hochzeitsordnung 
von  1699  verbot  diese  „Barbiersuppe"  ^3. 


Das  Schenken  von  Badewäsche  zur  Hochzeit  187 

Vornehme  Leute  hielten  das  Brautbad  nicht  in  der  öffentlichen  Badestube  ab.  Am 
18.  September  1563  hat  Bürgermeister  Oentzkow  von  Stralsund  in  seinem  Tagebuche 
bemerkt:  „badede  die  brudt  ehr  bet  in  minem  stauen;  dat  costede  mi  all  etwas".  Es 
handelte  sich  um  die  Braut  seines  Sohnes.  Das  Bad  fand  zwei  Tage  vor  dem  „brutlacht" 
statt  542  1715  war  das  Brautbad  nach  Corvinus  nur  ein  einfaches  Reinigungsbad  der 
Braut  vor  der  Hochzeit,  dem  vornehme  Personen  wohlriechende  Kräuter  zusetzten  422 

Mit  dem  Brautbad  wurde  das  Schenken  von  Badewäsche  verbunden,  die  man  in 
solcher  Fülle  austeilte,  daß  die  Zahl  der  Beschenkten  gesetzlich  beschränkt  werden 
mußte,  aber  auch  der  Luxus,  mit  dem  die  Wäsche  ausgestattet  wurde.  In  Augsburg  sollte 
Ende  des  13.  Jahrhunderts  zur  Hochzeit  niemand  mit  leinenem  Gewand  beschenkt  werden 
als  der  Bräutigam  und  der  nur  mit  zwei  Bräutelgewand  und  einem  Badelaken  54i.  1562 
traten  an  Stelle  der  letzteren  zwei  Zwagtücher  i6.  In  Nordhausen  sollten  Braut  und  Bräu- 
tigam 1470  an  „brutstugken"  nicht  mehr  geben,  als  bisher  Gewohnheit  gewesen  ist,  näm- 
lich an  „badecappen,  hemden,  sleigern,  gorteln  unde  schon"  (Schuhen) sss  Magdeburg 
verbot  1544  das  Schenken  von  Hemden  und  Badekitteln  an  Eltern  und  Verwandte  der 
Brautleute  iö.  |n  Nürnberg  durfte  1485  die  Braut  nur  dem  Bräutigam  ein  Mannshemd 
oder  Badhemd  schenken  210^  und  der  Rat  von  Berlin  verordnete  1580  neben  dem  Ver- 
bot der  Brautbäder,  daß  die  Braut  niemandem  als  dem  Bräutigam,  seinen  Brüdern  und 
des  Bräutigams  Vater  und  zwar  jedem  nur  ein  Hemd,  nicht  aber  den  Schwestermännern, 
Brüdern  oder  Bruder-  oder  Schwesterkindern  etwas  unter  dem  Namen  von  Badekleidern 
zu  geben  befugt  sein  solle.  Die  Rostocker  Kleiderordnung  vom  Jahre  1581  befahl,  die 
Braut  dürfe  dem  Bräutigam  nicht  mehr  als  eine  Badekappe,  höchstens  fünf  Gulden  an 
Wert,  zwei  Kopftücher  und  einen  Badebeutel  schenken  543.  Lübeck  schrieb  (zwischen  1467 
—78)  vor,  die  Braut  solle  niemandem  als  dem  Bräutigam  leineneKleider  geben,  „undedeba- 
dekappe,  de  de  brud  deme  brudegamme  giff t  myt  deme  hemede,  en  schal  nicht  beter  wesen 
dan  achte  mark  lubesch"  544  (siehe  auch  S.  119).  Man  setzte  den  Wert  der  Wäschestücke 
fest,  weil  diese  nicht  mehr  einfache  Gebrauchsgegenstände,  sondern  Prunkstücke  waren. 
So  kommt  in  einer  Züricher  Teilrödel  der  adeligen  Familie  von  Zoller  1690  ein  Zwach- 
tuch  mit  „Carmoßin  Syden  genehet"  vorsos^  und  in  der  Stralsunder  Kleider-  und  Hoch- 
zeitsordnung vom  Jahre  1570  wird  der  Braut  wohl  gestattet,  dem  Bräutigam  ein  „hembde 
vnd  nesedock"  zu  geben,  doch  sollten  beide  nicht  mit  Gold  und  Peden  geziert  sein  593. 

Im  18.  Jahrhundert  wußte  man  nichts  mehr  vom  Brautbade  im  alten  Sinne  und  dazu 
geschenkten  Badehemden.  Wohl  bestand  aber  die  Sitte,  daß  die  Braut  den  Bräutigam 
in  den  meisten  Gegenden  Deutschlands  mit  einem  oder  mehreren  Hemden  beschenkte 
und  der  Bräutigam  am  Abend  seiner  Verbindung  einen  Schlafrock  und  eine  Mütze  auf 
dem  Hochzeitsbette  fand.  Schriftsteller  des  18.  Jahrhunderts  haben  in  der  Mütze  die 
alten  Kopftücher  (Zwagtücher zum  Kopftrocknen)  und  im  Schlafrock  das  alte  Badehemd 
sehen  wollen  543*. 

*  Diese   Ansicht  eriiält  dadurch   eine  Stütze,  daß    man    in   den    Mineralbädern   in   älterer   Zeit   im 
Bademantel,  später  im  Schlafrock  ins  Bad  ging. 


188  Die  Kindbettbäder 

Nicht  minder  als  die  Hochzeit  gab  das  Wochenbett  Anlaß  zu  mehreren  Gastereien, 
die  aber  nur  im  Kreise  der  Frauen  gehalten  wurden.  Man  nannte  sie  Kindbetthöfe,  in 
Basel  „Westerlage",  in  Zittau  „Lachen"  und  die  eingeladenen  Frauen  „Lachenweiber". 
Sie  fanden  zur  Taufe,  zum  ersten  Kirchgang  und  zum  ersten  Bade  der  Frau  nach  dem 
Wochenbett  statt.  Auch  hier  mußte  die  Zahl  der  Eingeladenen  und  der  Aufwand  be- 
schränkt werden.  Beim  Mahl  standen  Süßigkeiten  im  Vordergrunde.  In  Frankfurt  durften 
sie  nur  in  Lebkuchen  und  Konfekt  bestehen  127.  uim  schaffte  1411  alle  Kindbetthöfe 
ab  und  gestattete,  nur  einmal  zu  einem  Bade  Frauen,  aber  nicht  mehr  als  drei  zu  laden. 
Auch  hier  mußte  der  Rat  gegen  das  kostbare  Konfekt  und  den  Zucker,  der  dabei  ge- 
braucht wurde,  eifern  so.  Ebenso  ließen  die  Nürnberger  Polizeiordnungen  (13.  und 
14.  Jahrhundert)  nur  drei  Frauen  zur  „padlat"  zu  201^  die  übrigens  in  Ulm  1411  „Badhof" 
genannt  wurde  73  |n  derber  Weise  schimpft  Fischart  über  „Kindtauff,  Kindschenck, 
die  Kindbetthöf,  die  Küchelbäder,  da  man  die  Kindbetterin  vnd  sechswochnerin  wider  zu 
Jungfrawen  vnd  gromat*  sauffet"  598. 

Eine  besondere  Beachtung  verdienen  die  sogenannten  Seeienbäder(balnea  animarum). 
Sie  verdanken  ihre  Entstehung  den  Lehren  der  katholischen  Kirche.  Demnach  erscheint 
es  natürlich,  wenn  sie  mit  der  Reformation  zurückgingen.  Aber  auch  in  katholischen 
Gebieten  verminderten  sie  sich  beträchtlich  im  16.  Jahrhundert.  Sie  sind  barmherzige 
Stiftungen  und  für  Arme  bestimmt,  die  unentgeltlich  das  Bad  genießen  sollten.  Ihnen 
liegt  die  Vorstellung  zugrunde,  daß  jedes  Werk  der  Barmherzigkeit  der  Seele  seines 
Urhebers  im  ewigen  Leben  zu  Nutzen  und  Förderung  gereiche  und  insbesondere  im- 
stande sei,  einen  Teil  der  durch  irdische  Sündhaftigkeit  verwirkten  Strafen  abzutilgen. 
Sie  sind  eine  Unterart  der  in  den  mannigfaltigsten  Formen  auftretenden  Seelgeräte  545^ 
in  einem  Koldizer  Aktenstück  aus  dem  15.  Jahrhundert  ausdrücklich  als  „zelgerethe  zcu 
der  badestuben"  sio^  1340  in  Zittau  als  „Seelengeräth  auf  der  Stuben  vor  der  Stadt"  16 
bezeichnet.  In  der  Subachschen  Seelgerätstiftung  von  1440  für  das  Jungfrauenkloster 
St.  Georg  zu  Glaucha  vor  Halle  wird  Abhaltung  von  Vigilien  und  Seelenmessen  und 
am  selben  Tage  ein  Bad  vorgeschrieben  i90,  ebenso  1330  in  einer  Wiener  Stiftung  nach 
dem  Seelenamt  ein  Bad  16.  Wir  müssen  demnach  die  Seelenbäder  als  Fortsetzung  der 
in  früheren  Zeiten  von  Wohltätern  Armen  und  Kranken  persönlich  gereichten  Bäder 
auffassen. 

Die  Stiftungen  von  Seelenbädern  sind  meist  letztwillige  Verfügungen  und  dem  ent- 
sprechend die  Stifter  einzelne  Personen  oder  Familien,  meist  bürgerliche,  selten  adelige 
oder  fürstliche  545^  z.B.  Friedrich  der  Weise  1517196.  Ausnahmsweise  kommen  auch 
weltliche  und  geistliche  Korporationen  vor.  So  ließ  der  Rat  von  Zwickau  (1350)  jährlich 
vier  Seelbäder  auf  Gemeindekosten  verabreichen  545.  1403  lehnte  der  Rat  von  Jena  die  vor 
dem  Johannistor  gelegene  Badestube  erblich  dem  Nie.  Jungen,  „und  sollen  auch  alle  Jahr, 
jerlichen  vier  Seel  Bade  machen  zu  jeglicher  Wichfasten  eins,  uff  yr  eigen  kosten".  In 
Freiburg  in  Sachsen  (?)  verkaufte  1532  die  Stadt  ihre  Badestube  mit  der  Verpflichtung, 
*  Gromat  ist  nach  Stöber  ein  mit  Wacholderbeeren  gewürzter  Wein  oder  Branntwein  5''. 


Die  Seelenbäder  189 

daß  der  Bader  jährlich  vier  Seelbäder  zu  Weihfasten  abhielte,  wofür  er  die  Gebühren  wie 
von  alters  her  vom  Rate  erhielt  i6  1543  schloß  der  Magistrat  der  Stadt  Grimma  mit  dem 
Bader  Georg  Zeiß  einen  Pachtvertrag,  nach  dem  dieser  jährlich  ein  Seelenbad  zu  halten 
hatte  545.  Ich  glaube,  daß  in  diesen  Fällen  die  Seelbadstiftung  nicht  von  der  Stadt  aus- 
ging, sondern  daß  die  Gemeinde  durch  ältere  Vermächtnisse  verpflichtet  war,  die  Bäder 
zu  halten.  Als  1494  die  Stadt  Butzbach  von  den  Kugelherren  des  St.  Markusstiftes  deren 
Badestube  übernahm,  ging  an  sie  die  Verpflichtung  über,  Seelbäder  zu  halten.  Die 
Kugelherren  waren  aber  nicht  die  Stifter  derselben,  sondern  Hartmann  Möller,  ein 
Kanoniker  des  Bartholomäusstiftes  in  Frankfurt  i94. 

Selbst  arme  Leute  stifteten  Seelenbäder.  „ Margaret  Hannsen  Angeruelder  des  Jungern 
dienerinn;  verordnet  letztwillig  (1425  in  Wien):  Item  Iren  Sechsfuechtigen  Sloyr  mit  dem 
prawnen  entlein  schafft  Si  in  das  Spital  den  armen  leuten,  doch  sol  man  versuhen,  ob 
man  dauon  mug  ausrichten  ain  mal  vnd  ain  päd  —  vnd  ain  Armen  menschen,  den  Si 
albeg  genant  hat  Vater,  dem  schafft  Si  dauon  ain  pfund  vnd  vmb  zwen  Schuch  ain 
padgelt"  16. 

In  Wien  kommen  im  14.  und  15.  Jahrhundert  häufig  Seeienbadstiftungen  für  die  Dürf- 
tigen und  Siechen  im  Spital  vor,  1411  in  Königgrätz.  In  Regensburg  findet  sich  ein  Seel- 
bad für  die  Dürftigen  zu  St.  Lazarus  10,  in  Jena  1369  für  die  Schwachen  und  Kranken  im 
Nicolaispitale  vor  dem  Saaltore  290.  viel  häufiger  wurden  sie  mit  Ausnahme  Wiens  den 
Armen  im  allgemeinen  gestiftet,  so  in  Hannover  1393  allen  armen,  notdürftigen  Leuten  i97^ 
ebenso  1461  in  Grünberg  in  Hessen  435  und  1552  in  Halle  i^o  allen  Armen,  in  Zittau 
1424  für  alle  Arme,  „sie  seyen  gelehrt  oder  ungelehrt,  Mann  oder  Weib,  jung  oder  alt. 
Niemand  ausgenommen"  545.  in  Lübeck  waren  im  14.  und  15.  Jahrhundert  die  Seelen- 
bäder meist  für  eine  beschränkte  Anzahl  Armer,  z.  B.  für  zwölf,  fünfzig  und  hundert  be- 
stimmt, in  Halle  1513  für  zwölf  Arme,  in  Freiberg  für  Schüler  und  arme  Leute  i96.  Nur 
einmal  finde  ich  1440  ein  Seelenbad  für  Nonnen  und  zwar  im  Jungfrauenkloster  zu  St. 
Georg  zu  Glaucha  vor  Halle,  das  alle  Quartal  nach  den  Vigilien  und  Seelenmessen  in  der 
Badestube  des  Klosters  abgehalten  werden  sollte  i90.  Nirgends  ist  das  Baden  von 
Armen  in  Nonnenklöstern  als  Seelbadstiftung  erwähnt.  Ich  möchte  darum  auch  fol- 
gende bei  BoDMANN  erwähnte  Stelle  nicht  auf  ein  Seelenbad  beziehen,  zumal  nach  den 
Quellen  sich  nirgends  ein  Anhalt  dafür  findet,  daß  es  bei  den  Seelbädern  unehrbar  zu- 
gegangen wäre.  Den  Schwestern  in  der  St.  Georgenklause  unter  dem  Johannisberge 
im  Rheingau  wurde  vom  Erzbischof  Konrad  III.  von  Mainz  1426  auf  Antrag  des  Vize- 
doms verboten,  irgend  jemand  von  auswärts  weder  umsonst  noch  gegen  Geld  in 
der  Klause  baden  zu  lassen,  weil  die  Schwestern  unter  dem  Vorwande,  Laien  beiderlei 
Geschlechts  zu  baden,  sich  die  Gelegenheit  zu  einem  freien,  skandalösen  Benehmen 
verschafft  hätten  und  die  Leute  statt  zu  baden  sich  zu  ergötzen  kämen  "4. 

Nach  einer  Dresdener  Seelenbadstiftung  von  1394  sollten  zwölf  Badelaken  für  die 
Armen  bereit  gehalten  werden  16;  wer  in  Halle  (1552)  neben  dem  Baden  auch  Schröpfen 
wollte,  sollte  es  um  Gottes  willen  haben  i^o.    Sehr  häufig  kommen  auch  noch  andere 


190  Beköstigung  beim  Seelenbade 

kleinere  Vergünstigungen  für  die  Armen  vor.  In  Wien  war  das  Seelenbad  meist  mit  einem 
Mahl  verbunden,  das  1428  als  Wein  und  Brot  näher  bezeichnet  wird.  Der  Erzbischof 
Matthias  Lang  von  Salzburg  stiftete  1539  ein  Seelenbad,  bei  dem  jedem  armen  Menschen 
drei  Kreuzer  auf  die  Hand  gegeben  werden  sollten  i6.  In  Lübeck  sind  1370  eine  Tonne 
Bier  für  fünfzig  Personen  zur  Erquickung  und  jedem  ein  Weißpfennig,  1375  jedem  ein 
Heller,  1376  zehn  Mark  zum  Trinken  verzeichnet.  In  Halle  bekam  1513  jeder  der  zwölf 
Armen  ein  paar  Semmeln,  ein  paar  Eier  und  einen  alten  Pfennig,  in  Freiberg  wurden  (1487) 
zu  jedem  Bade  ein  Faß  Bier  und  ein  Brot  um  zwei  Gulden  unter  die  Armen  verteilt  i96. 
Die  Nonnen  zu  St.  Georg  in  Glaucha  vor  Halle  erhielten  1440  nach  dem  Bad,  jung  und 
alt,  Bier  aus  dem  Subachschen  Vermächtnis  i90.  1488  kommt  in  einer  Seelbadstiftung  zu 
Glauchau  vor:  „Item  auch  hat  er  versurget  eyn  sehelbath  vnd  eyne  spende  jn  sulcher 
forme.  Daß  das  sehelbath  nach  gewohnheyt  mit  aller  notdorft.  mit,  eßenn  vnd  trin- 
ken dy  menschen  versorget  sullin  werden.  Vnd  daß  allir  beste  bir.  alß  jn  seynem  keller 
funden  wert  sal  man  dem  armen  mildiglich  zu  der  Spenden  reichen  vnd  eynen  itzlichen 
armen  menschen  1.  pfennigk  vnd  eyn  broth  daß  eyn  phennigk  gilt  darzun  geben"  540. 
Die  Zahl  der  Speisenden  wurde  zuweilen  nach  „Tischen"  bestimmt.  In  Waltershausen 
erhielten  auch  die  Badergesellen  ein  mäßiges  „Tranckgeldt",  welches  die  „Vormündere" 
der  Marienpfarrkirche  auszuzahlen  hatten  545. 

In  Lübeck  waren  die  Seelenbäder  vom  14.  bis  zum  16.  Jahrhundert  meist  nur  einmal 
oder  innerhalb  des  ersten  Jahres  nach  dem  Tode  des  Stifters  einmal  wöchentlich  abzu- 
halten 196  Der  Ratsmeister  Caspar  Querhammer  in  Halle  verlangte  es  innerhalb  des 
ersten  Vierteljahres  nach  seinem  Tode^^o.  in  Wien  sollten  1330  die  Armen  des  Spitals 
fünfzig  Tage  lang  an  den  Montagen  ein  Bad  erhalten  10.  Häufiger  sind  die  Stiftungen 
„auf  ewige  Zeiten".  In  Leyznick  sollte  1506  jedes  Jahr  einmal  Seelbad  gehalten  wer- 
den i^^  in  Zwickau  im  H.Jahrhundert  zweimal  jährlich  540.  Am  meisten  aber  wird  das 
viermalige  Abhalten  im  Jahr,  so  außer  an  den  schon  genannten  Orten  in  Meiningen 
1370 197^  in  Glaucha  vor  Halle  14401^0^  und  etwas  seltener  die  wöchentliche  Wieder- 
holung verfügt,  1394  in  Dresden,  1340  in  Zwickau  16,  1393  in  Hannover  1^7  |n  Würz- 
burg wurde  1462  ein  1411  gestiftetes  Seelenbad  bestätigt,  das  alle  Montag,  und  wenn 
dieser  Tag  ein  Feiertag  wäre,  alle  Donnerstag  gehalten  werden  sollte  i44 

Die  Badezeit  erstreckte  sich  in  der  Regel  über  den  ganzen  Tag,  beginnend  nach  Be- 
endigung des  Morgengottesdienstes  („nach  den  vier  Messen")  in  der  Pfarrkirche  545^ 
für  Zwickau  wird  1340  angegeben  früh  bis  nach  Vesperzeit  16^  für  Grünberg  in  Hessen 
1461  ein  halber  Tag435^  für  Dresden  1394  der  ganze  Tagiö.  Das  Waltershäuser 
Quatemberseelenbad  scheint  „an  dem  mittag  ump  zwölff  hora"  seinen  Anfang  ge- 
nommen zu  haben  und  währte  „bis  zu  abend,  daß  der  Seyger  sechse  schlaget"  545. 

Den  Beginn  des  Seelenbades  hatte  der  Bader  hie  und  da  durch  „läuten  oder  klimpeln" 
kundzumachen.  In  Erfurt  hatte  jedoch  die  Eröffnung  des  domkapitelischen  Armenbades 
ein  „Bierrufer"  auf  dem  Markte  und  zwar  mit  den  Worten  auszurufen:  „ein  Seelenbad, 
ein  gutes  Bad  haben  unsere  Dom-Herrn  allererst  aufgethan  hinter  unser  lieben  Frauen 


Ankündigung  des  Seelenbades  191 

Berge;  wer  baden  will,  soll  garnichts  geben".  In  Döbeln  verordnete  1460  der  Stadtrat, 
welcher  für  die  Seelbäder  die  Gewährleistung  übernommen  hatte,  daß  „künftig  jedesmal 
den  Sonntag  vorher,  ehe  eines  der  vier  Seelbäder  für  die  Armen  gehalten  würde,  solches 
und  von  wem  sie  gestiftet  worden  seien,  auf  der  Kanzel  vermeldet  werden  sollte"  545. 
Nach  einer  Stiftung  zu  Hannover  aus  dem  Jahre  1393  wurde  ein  wöchentlich  zu  hal- 
tendes Seelbad  zweimal  im  Jahr  „van  dem  Predichstoie  (herab)  gekundiget"  ^97.  Caspar 
Querhammers  Seelenbad  in  Halle  (1552)  mu(3te  in  allen  drei  Pfarren  der  Stadt  und  außer- 
dem zu  St.  Lorenzen  und  St.  Georg  von  der  Kanzel  angesagt  werden  '90.  |n  Zwickau 
lautete  im  16.  Jahrhundert  eine  Ankündigung:  „Dergleichen  hat  der  Radt  vff  morgen 
montag  ayn  selenbadt  zu  der  obern  stuben  bestellen  lassen,  wer  um  gotte  willen 
baden  will  mag  sich  dahyn  fugen"  i6. 

Die  Verpflichtung  zum  Beten  für  den  Stifter  war  offenbar  in  jedem  Seelbadvermächt- 
nis enthalten,  wie  Gengler  meint.  In  einzelnen  Urkunden  wird  es  ausdrücklich  hervor- 
gehoben. So  hatte  der  Bürger  Nikolaus  Schwertfeger  zu  Döbeln  1446  in  der  Nieder- 
badstube zwei  Seelbäder  gestiftet,  „uff  das  die  armen  luthevlißlichen  denalmechtigen  got 
geloben,  vor  vns  vnd  frauwen  yißen  kreczemerynne,  Nicolaen  Swertfegers  vnd  alle  der 
synen  vorfahren  vnd  nachkommen  selin  gebethin  mögen,  das  vns  der  Almechtige  got 
muße  genedigk  sein",  und  in  dem  Schoßbefreiungsprivileg  der  Grafen  von  Beich- 
lingen  von  1440  wird  den  Besuchern  des  im  eximierten  Sedelhofe  zu  Cölleda  befindlichen 
Seelenbades  sonderlich  ans  Herz  gelegt,  auch  den  auf  dem  Schloß  Beichlingen  verstor- 
benen gräflichen  Familiengliedern  ihre  fromme  Fürbitte  zuzuwenden  545.  Es  scheint 
jedoch  nicht  bei  jedem  Armenbade,  das  seine  Entstehung  einer  Seelbadstiftung  verdankt, 
ein  Beten  für  den  Stifter  stattgefunden  zu  haben.  So  sollten  im  Katharinenspitale  zu 
Bamberg  1493  die  Kranken  aller  vierzehn  Tage  von  des  Pulen  (eines  Wohltäters)  Al- 
mosen gebadet  werden.  Außerdem  erhielt  jeder  Badende  ein  Quart  Wein  oder  Bier 
aus  der  Stiftung  eines  Chorherrn.  In  der  Goldwoche  nach  Lucia  (13.  Dezember)  sollte 
aber  ein  „Sele  padt"  gehalten  werden  mit  drei  Pfund  „Semelin",  ein  Eimer  Getränk  und 
1/4  Obst  von  des  Pulen  Almosen  144^  woraus  doch  zu  schließen  ist,  daß  nur  an  diesem 
einen  Tage  des  Stifters  in  feierlicher  Weise  gedacht  werden  sollte.  Hervorgehoben  soll 
noch  werden,  daß  das  aller  vierzehn  Tage  genommene  Bad  und  das  dabei  genossene 
Getränk  von  zwei  verschiedenen  Stiftern  herstammte,  und  Roth  verweist  darauf,  daß 
Seelenbad  bisweilen  auch  eine  Spende  ohne  Bad  bedeutet  195. 

Es  sei  noch  einiger  besonderer  Arten  von  Seelbadstiftungen  gedacht.  Claus  Becker 
mußte  1504  in  Halle  wegen  eines  begangenen  Totschlags  dem  Entleibten  zum  besten 
ein  Seelbad  stiften  i^o.  Zu  Schneeberg  in  Sachsen  wurde  1499  ein  Totschlag  dahin  ver- 
glichen, daß  der  Täter  unter  anderem  auch  ein  Seelenbad  mit  Brot  und  Bier  halten  lassen 
mußte  540.  Ähnliche  Seelbadstiftungen  kommen  in  Todsühnebriefen  1474,  1508  und 
1515  zu  Freiberg  vor  545.  Der  Priester  Hans  von  Beierstock  stiftete  zu  Zwickau  im 
14.  Jahrhundert  ein  Seelbad  nicht  nur  für  sich  und  seine  Vorfahren,  sondern  auch  für 
alle,  die  im  Streit  erschlagen  würden  540.    Es  sei  noch  einiger  besonderer  Seelenbäder 


192  Besondere  Arten  der  Seelenbäder 

gedacht.  In  Hildesheim  gab  es  eine  unter  Aufsicht  der  „Älterleute"  des  Trinitatis-  oder 
Geisthospitals  stehende  Stiftung  von  zwei  Seelbädern,  die  für  die  Aachenfahrer  bestimmt 
waren.  Vor  der  Ausreise  nach  Aachen  sollte  das  Bad  in  der  Osterbadestube,  bei  der 
Rückkehr  in  der  Steinbadestube  genommen  werden,  wobei  zur  Bewirtung  Brot,  Speck 
und  zwei  Tonnen  Bier  gespendet  wurden.  Die  Torwächter  am  Oster-  und  Dammtore 
mußten  die  Pilger  auf  diese  Einrichtungen  aufmerksam  machen.  Solche  Aachenfahrten 
kamen  1474,  1489  und  1503  vor  52.  1396  verzichtete  Graf  Johann  von  Werdenberg  auf 
seine  Einkünfte  aus  dem  Bad  Pfäfers,  damit  das  Gute,  was  durch  das  Bad  geschähe, 
dem  Seelenheil  seiner  Familie  zugute  käme:  „Wir  Graf  Johans  von  Werdenberg  Herre 
ze  Sanegans  der  elter  bekennen  vnd  tund  kunth  mäniglichem  mit  dem  brief,  als  Wir  vnd 
vnser  vordem,  von  dem  Abten  vnd  dem  Convent  des  gottzhus  phäfers  durch  ain  lieby 
und  Schirmes  willen,  von  dem  wildbad  ze  phäfers  das  undrent  valens  dem  dorff  in  dem 
tobel  ist  gelegen,  järljch  halben  zins  habin  gehebt,  da  verychen  wir  für  vns  vnser  erben 
vnd  nachkommen,  das  wir  solichen  gebresten  so  dasselb  gottzhus  hat,  und  ouch  die 
gottzdienst  und  das  Gut  so  täglich  durch  gott,  durch  siner  lieben  mutter  magt  Maryen 
und  ander  gottes  hailigen  da  begangen  und  volbracht  wirt,  Vnd  ouch  sunderlich  durch 
vnser  Vordem,  vnser  und  aller  vnser  nachkommen  selan  hail  willen  angesehen  habint, 
vnd  hand  vns  desselben  zinses  und  nutzes  so  vns  oder  vnsern  erben  nun  hinnenthin 
darvon  gevallen  möcht  gänzlich  entzigen  vnd  es  dem  vorgenannten  Convent  und 
gottzhus  ze  phäfers  das  in  Churer  Bistum  ist  gelegen  gänzlich  ledig  gelassen"  3i6. 
Hie  und  da  mal  wurde  bei  besonderen  Anlässen  von  Obrigkeits  wegen  die  Bereitung 
eines  einzelnen  Seelenbades  einem  Bader  übertragen  und  die  Ausgabe  dafür  z.  B.  aus 
dem  Gotteskasten  gedeckt.  So  stifteten  1348  zur  Pestzeit  die  Erfurter  Domherrn  ein  Seel- 
bad 545.  1347  gaben  Rat  und  Gemeinde  zu  Vilshofen  dem  Pfarrer  und  Dechant  daselbst 
„zu  einem  Trost  aller  ihrer  lieben  Verwandten"  die  obere  Badestube  mit  der  Verbind- 
lichkeit, daß  er  oder  einer  seiner  Gesellen  alle  Montage  mit  den  Schülern  „mit 
Weichprun"  und  Gesang  um  die  „Chirichen"  geheiH 

Von  den  eigentlichen  Seelenbädern  sind  die  einfachen  Bäder  für  Arme  abzutrennen. 
So  gewährte  der  Rat  zu  Braunschweig  einem  Bader  Abgabenfreiheit  unter  der  Be- 
dingung, seine  Stube  zu  bestimmten  Zeiten  den  Armen  unentgeltlich  zu  öffnen  127 
Dem  Bader  zu  Böblingen  wurde  gegen  1554  gestattet,  liegendes  Holz  im  Liechtenwald 
zu  fällen,  so  viel  er  bedürftig  sei,  wofür  er  am  Dienstag  in  der  Fastnacht  ein  Freibad 
ohne  jedes  Entgelt  halten  mußte  i^s. 

Die  Seelenbäder  wurden  derart  zahlreich  von  den  Armen  besucht,  daß  die  Leute 
dabei  „vber  einander"  geschlagen  wurden  (1445  Gerolzhofen)  239,  und  der  Rat  von 
Zwickau  verfügte  1284,  die  Seelenbäder  hätten  nicht  an  den  üblichen  Badetagen,  sondern 
an  anderen,  dem  Dienstag,  Donnerstag  und  Freitag  (!)  stattzufinden,  „vmme  daz  arm 
Lute  denn  eren  ruwm  vnd  gemach  desto  baz  gewarten  mügen  Got  czu  Lobe  vnd  den- 
selben czu  tröste  vnd  allin  g^elawigen  seien  den  man  czu  tröste  vnd  selicheit  dy  Bade 
macht  yr  gelt  abe  dinen  das  ys  denselben  czu  nucz  vnd  Trost  chome.    Des  man  yn 


Die  letzten  Seelenbäder  1Q3 

(den  Badern)  darunne  gibt"54o  Ebenso  wie  das  Bad,  zog  gewiß  Essen  und  Trinken 
die  armen  Leute  an.  „Drey  Würtz-Tröge  stunden  (bei  den  Erfurter  Kanonikern)  vor  der 
Badestuben  hinter  dem  Berge;  die  wurden  voll  Wein  gegossen  und  Semmeln  darein  ge- 
pflockt. Da  kam  dann  das  Volk  zu  hundert  und  tausend  mit  ihren  Gefäßen,  und  die 
Geistlichen  hatten  eine  Kelle,  da  fast  ein  Nößel  darein  ging;  also  gaben  sie  einem  jeden 
eine  Kelle  voll  in  sein  Gefäß"  545.  in  einer  Fastnachtspredigt  aus  dem  16.  Jahrhundert 
des  Doktors  Schwärm  von  Hummelshahn  heißt  es  höhnisch:  „Aber  den  alten  Vetteln 
wird  man  halten  ein  Seelbad  in  der  Mühl  unter  dem  Kammrad.  Die  Spend  soll  ihnen 
werden  auch:  Schwefel,  Pech  und  Hüttenrauch,  Pilsensamen  und  Puiverkorn"2'7i.  Die 
Seelenbäder  waren  über  ganz  Deutschland  verbreitet;  die  Lübecker,  die  bis  zum  Jahre 
1539  ihre  eigene  Stadt  reichlich  mit  solchen  versahen,  stifteten  sie  selbst  mehrfach  zu 
Bergen  in  Norwegen,  mit  dem  sie  in  regem  Handelsverkehr  standen  '96.  pür  Frankfurt 
konnte  Krieg  keine  Beispiele  finden  127^  auch  in  der  Schweiz  läßt  sich  kein  Seelbad, 
abgesehen  von  der  Pfäferser  Stiftung,  nachweisen;  doch  kommen  in  Siechenhäusern 
Bäder  mit  Speise  und  Trank  vor,  die  als  alte  Seelbadstiftungen  aufzufassen  sind. 

in  Nürnberg  hatte  im  Anfang  des  16.  Jahrhunderts  die  Zahl  der  gestifteten  Seelbäder 
bereits  eine  solche  Höhe  erreicht,  daß  man  unter  dem  Einflüsse  reformatorischer  Be- 
strebungen beschloß,  fernere  derartige  Stiftungssummen  anderen  wohltätigen  Zwecken 
zuzuwenden  (1522).  1525  spricht  sich  Luther  in  einem  Briefe  an  Hans  Minkwitz  über 
eine  Stiftung  dessen  Vaters,  darunter  auch  über  Seelbäder,  dahin  aus:  „Das  fünfte 
Stücke  mit  dem  Seelbade  gefällt  mir  auch  wohl,  ohne  daß  ichs  nicht  ein  Seelbad  für  die 
Seelen  sein  lassen  wolle,  sondern  ein  Exempel  Christi,  da  er  seinen  Jüngern  im  Abend- 
mahl die  Füße  wusch"  16.     in    den  Schmaikaldischen  Artikeln  wird  1537  gesagt,  die 

Messe  habe  „gezeuget  das  Fegfeuer,  da  hat  man  mit  Seelmessen,  Vigilien, zuletzt 

mit  Gemeinwochen  und  aller  Seelentag,  Seelbad  ums  Fegfeuer  gehandelt"  540.  Selbst 
nach  der  Reformation  wurden  1560  und  1568  in  Zittau  Seelbäder  gestiftet  iß.  Die  herzog- 
lichen Brüder  Johann  Friedrich  der  Mittlere,  Johann  Wilhelm  und  Johann  Friedrich  der 
Jüngere  von  Sachsen  verfügten  in  einem  die  „vier  Seelbade"  zu  Waltershausen  betreffen- 
den Reskripte  von  1556,  daß  dieselben  nicht,  wie  man  projektiert  hatte,  in  ein  Geldreich- 
nis  des  Badstubenbesitzers  umgewandelt  würden,  sondern  da  sie,  „obwohl  im  Bapst- 
thum  Seelbad  genennet,  doch  der  armen  leute  halben  gestifftet  und  verordnet  worden" 
seien,  fernerhin  in  natura  geleistet  werden  sollten  545.  in  Hamburg  stiftete  Frau  Anna, 
des  Bürgermeisters  Henning  Büring  Witwe,  1535  „twee  seelbade",  trotzdem  sie  ihr 
erstes  Testament  vom  Jahre  1504  wegen  der  neuen  Lehre  Luthers  aufgehoben  hatte  1^7. 
Noch  1836  gaben  einige  Zünfte  in  München  zu  Quatember  oder  anderen  Zeiten  für  die 
Seelen  ihrer  Abgeschiedenen  Seelbäder  zum  besten.  „Morgen  läßt  das  ehrsame  Hand- 
werk der  bürgerlichen  Loderer  dahier  beym  Bader  am  Radisteg  ein  Seibad  halten", 
lautet  eine  kirchliche  Verkündigung  46.  Nach  Rocholz  wurden  1867  in  München  bei 
Trauergottesdiensten  eine  Anzahl  Seelbäder  ausgeboten,  in  denen  die  Armen  zum  Ge- 
dächtnis des  eben  Verstorbenen  unentgeltlich  gewaschen  werden  sollten  5i3. 

Martin,  Badewesen  13 


194  Eine  andere  Auffassung  des  Seelenbades 

Eine  2.  Auffassung  des  Seelenbades  in  ganz  anderem  Sinne  als  das  besprochene 
entspringt  aitheidnischem  Glauben,  in  einem  Beichtspiegel  des  15.  Jahrhunderts  wird 
als  Todsünde  bezeichnet  der  Glaube  „von  den  totten :  Also  wenn  die  Menschen  ster- 
bend so  far  die  sei  durch  das  Wasser  vnd  reinge  sich  darin,  denn  schiftend  sy  das 
wasser  vss"5n.  Heute  noch  wird  in  Obwalden  beim  Tode  eines  Menschen  alles  in 
der  Küche  befindliche  Wasser  sofort  ausgeschüttet;  denn  die  „abreisende"  Seele  würde 
sich  sonst  darin  baden  wie  „ein  Vogel"  5i2.  |n  den  ostdeutschen  und  letto-russischen 
Provinzen  soll  man  nach  Rocholz  am  Allerseelentage  die  Abgeschiedenen  in  der  Bade- 
stube empfangen,  wo  eigens  dazu  aufgeräumt  wird  und  mancherlei  Speisen  aufgetragen 
werden.  Alsdann  baden  hier,  nimmt  man  an,  die  Seelen  eine  nach  der  anderen  5i3. 

Man  hat  den  Ausdruck  Salbadern,  viele  und  unnütze  Worte  reden,  mit  Seeibad  in 
Verbindung  gebracht.  Die  S.  Q6  gegebene,  aus  dem  17.  Jahrhundert  stammende  Er- 
klärung des  Wortes  ist  unrichtig;  denn  Salbader  kommt  schon  in  den  Briefen  der 
Dunkelmänner  vor^oi.  Manche  vermuten  einen  Zusammenhang  mit  Salvator,  daß  Sal- 
badern den  Namen  des  Heilands  und  sonst  nichts  weiter  im  Munde  führen  hieße  i97. 
Kluoe  glaubt,  Salbader  beruhe  auf  dem  älteren  Seelbader,  womit  der  Arzt  der  Kranken- 
häuser bezeichnet  wurde  001.  Seelbader  könnte  schon  den  Bader  im  Seelhause  be- 
deuten, aber  ebenso  gut  den  Bader,  der  ein  Seelenbad  abhält.  Da  aber  unter  Bader 
häufig  auch  der  Badende  zu  verstehen  ist,  so  sind  Seelbader  die  im  Seelenbade  Badenden, 
die  viel  schwatzen ;  denn  das  Seelbad  war  ja  einem  Wirtshausbesuch  der  armen  Leute 
gleichzusetzen.  Es  ist  aber  noch  eine  andere  Erklärung  möglich.  Bei  den  großen,  für 
alle  Armen  bestimmten  Seelenbädern,  die  Jahrzehnte,  vielleicht  Jahrhunderte  nach  dem 
Tode  des  Stifters  abgehalten  wurden,  wird  das  Gebet  für  dessen  Seelenheil  bei  vielen 
wohl  nur  ein  leeres  Wortemachen  gewesen  sein,  und  diese  Leute  waren  die  Seelenbader, 
Salbader,  die  Schwätzer.  1789  sagt  der  Jenaer  Professor  Grüner,  die  Geistlichen  hätten 
in  den  Klöstern  Seelenbäder  errichtet,  hoffentlich  sei  der  Name  „Saalbader"  daher  ent- 
standen, andere  leiteten  denselben  von  Salben  ab  654  Tatsächlich  gebrauchte  Samuel 
Hahneman  das  Wort  Salbbaderei  im  Sinne  von  Quacksalberei  000. 

In  rechtlicher  Beziehung  galt  die  Badestube  als  öffentlicher  Ort.  Einem  Totschläger 
im  Toggenburg  wurde  1548  aufgegeben,  den  Verwandten  des  Erschlagenen  bis  zum 
dritten  Grade  beim  Begegnen  drei  Schritte  aus  dem  Wege  zu  gehen,  oder,  wenn  solches 
nicht  möglich  wäre,  ihnen  im  Vorübergehen  den  Rücken  zuzukehren,  kein  Wirts-  oder 
Badhaus,  darin  sie  sich  befänden,  zu  betreten  112.  Hans  Nef  von  Appenzell,  der  1587 
den  Lorenz  Schlipf  daselbst  getötet  hatte,  mußte  sich  verpflichten,  allen  Geschwister- 
kindern, Schwägern  und  nahen  Verwandten  des  Getöteten  auf  Stegen  und  Wegen,  in 
Holz  und  Feld,  in  Städten,  Dörfern  und  Marktplätzen  auszuweichen,  ohne  ihre  Be- 
willigung in  kein  Speise-  und  Wirtshaus,  in  keine  Bade-  oder  Scherstube  zu  treten,  wo 
sie  sich  fänden,  wäre  er  aber  zuerst  da,  so  sei  er  nicht  schuldig,  sich  zu  entfernen  546. 
Auch  in  Kempten  mußte  ein  Totschläger  ein  ganzes  Jahr  lang  den  Verwandten  des  Er- 
schlagenen auf  der  Gasse,  dem  Kirchgang  und  den  vier  ehehaften  Orten  (Wirtshaus,  Bade- 


Rechtliche  Stellung  der  öffentlichen  Badestube  1Q5 

stube,  Mühle  und  Schmiede)  ausweichen  i6  Starb  jemand  an  den  Folgen  eines  Schlages, 
und  war  er  zuvor  in  der  Kirche,  auf  dem  Markte  oder  „to  deme  stouen"  gesehen  worden, 
so  galt  der  Täter  nach  dem  Hamburger  Stadtrecht  (1270,  12Q2,  14Q7)  nicht  als  Mörder, 
ebenso  nach  den  Bremer  Statuten  vom  Jahre  1333  10.  Verwundungen,  Schlägereien,  In- 
jurien in  der  Badestube  wurden,  als  an  einem  der  befriedeten  Orte  begangen,  in  Riga 
(13.  und  14.  Jahrhundert)  doppelt  bestraft  i93_  Wer  in  seiner  Kleidung  mit  bloßer  Wehr 
den  Nackenden  in  der  Badestube  blut  und  blau  schlug,  hatte  nach  dem  lübeckischen  Recht 
eine  vorsätzliche  Gewalt  getan  und  sollte  am  Leben  mit  dem  Schwert  gerichtet  werden  547. 
Diebstahl  in  der  Badestube  wurde  in  Riga,  wenn  der  Wert  des  Gestohlenen  ein  Lot  oder 
darüber  war,  mit  dem  Tode  bestraft  '^3.  Auch  in  anderer  Beziehung  bot  die  Badestube 
einen  Schutz.  Der  Schuldner  durfte  nicht  festgenommen  werden.  Zu  Anfang  des 
14.  Jahrhunderts  singt  der  König  vom  Odenwald: 

„der  zweinzigst  muoz  des  bades  gern  s6  birget  er  sich  in  daz  bat: 

vor  sinen  schuldern*:  herzöge  von  Sachsen  schänden  6n, 

swenn  er  sie  niht  zuo  rihte  hat,  er  giht,  er  habe  ez  auch  getön"  22s. 

Aber  „in  deme  veylen  stoven  oder  stofhuse  mach  men",  nach  den  Goslarer  Statuten, 
„wol  vorvestede  lüde  unde  overhorighe  lüde  upholden  (verhaften)"  533. 


*  Schuldiger  kommt  vom  14.— 17.  Jahrhundert  auch  in  der  Bedeutung  von  Gläubiger  vor  s«!. 


RÜCKGANG    UND    AUFHÖREN     DER    ÖFFENTLICHEN 
BADESTUBEN  /  ERSATZ  DERSELBEN    IN   DER  NEUZEIT 


iias  Gedeihen  der  Badestuben  erhielt  einen  ersten  heftigen  Stoß  durch 
Steigerung  der  Holzpreise  im  15.  Jahrhundert.  Als  1596  in  Würz- 
burg die  Elß  Lermännin  ihre  alte  Badestube  in  der  Büttnersgasse 
wieder  aufbauen  wollte,  beklagten  sich  die  Bader  und  erklärten, 
früher  seien  wohl  zwölf  Badestuben  zu  Würzburg  gewesen,  aber 
des  teuren  Holzes  wegen  abgegangen  i44  In  den  Niederlanden  und 
Brabant  mußte  man  schon  1465  wegen  Mangels  an  Holz  mit  Kuh- 
mist und  Torf  kochen.  Ungefähr  in  der  Mitte  des  15.  Jahrhunderts  wurde  in  Wien  der 
Vorkauf  des  Holzes  untersagt,  und  1475  beschwerten  sich  die  ärmerien  Meister  Bader 
beim  Rat,  daß  die  bemittelteren  das  Holz  vorkauften,  wodurch  es  verteuert  würde,  daß 
sie  nicht  einmal  das  notdürftigste  haben  könnten  und  ganz  verderben  müßten.  Es  wurde 
beschlossen,  die  Bader  sollten  gemeinsam  einkaufen  und  nach  Bedürfnis  das  Holz  ver- 
teilen 16.  In  mehreren  der  erwähnten  Meistersingerlieder  wird  der  Bader  wegen  kalter 
Badestube  und  des  Einkaufs  von  Holz  nach  dem  Pfennwert  (im  einzelnen)  geneckt  337. 
Ott  Ruland  hat  1448  in  seinem  Handelsbuch  neun  Gulden  Schulden  des  Baders  für  Holz 
in  der  ihm  gehörigen  Badestube  verzeichnet.  Später  mußte  der  Bader  einmal  den  Zins 
schuldig  bleiben  284.  in  Augsburg  verordnete  im  März  1477  der  Rat,  daß  das  Holz,  das 
bisher  nach  dem  Gewicht  verkauft  worden,  nach  einem  gewissen  Maß,  das  Klafter  ge- 
nannt wurde,  abgemessen  und  bezahlt  werden  sollte.  1548  wird  angegeben,  daß  zu 
Augsburg  das  Holz  seit  einigen  Jahren  auf  einen  ungemein  hohen  Preis  gestiegen  sei; 
um  die  Stadt  herum  gab  es  fast  nichts  mehr,  und  1566  durfte  nichts  mehr  vor  der  Stadt, 
sondern  nur  noch  auf  offenem  Markte  verkauft  und  abgemessen  werden  495.  Zu  An- 
fang des  17.  Jahrhunderts  macht  Guarinonius  wieder  auf  den  Holzmangel  in  Augsburg 
aufmerksam  und  rügt  im  Gegensatz  zu  Augsburg  das  Überheizen  der  Stuben  in  Steier- 
mark, weil  zu  reichliche  Holzmengen  zur  Verfügung  ständen  i34  Diesem  entsprechend 
finden  wir  hier  ein  für  die  Zeit  noch  hochentwickeltes  Badewesen.  1430  verkaufte  der 
Bischof  von  Speyer  die  Badestube  von  Bruchsal  an  die  Stadt  und  führte  große  Klage, 
daß  durch  die  Bader  die  Wälder  verwüstet  seien.  Forthin  sollte  der  von  Bruchsal  täg- 
lich im  Winter  nur  ein  und  im  Sommer  zwei  Karren  Holz  holen  dürfen  6i.  In  Frankfurt  a.  M. 
begann  14Q7  ein  Mangel  an  Holz,  und  man  deckte  von  nun  an  den  Bedarf  nicht  mehr 
im  städtischen  Wald,  sondern  bezog  es  vom  oberen  Maine  her  127 


steigen  der  Holz-  und  der  Badpreise  \  Q7 

Die  steigenden  Hoizpreise  hatten  ein  Steigen  der  Badepreise  zur  Folge,  die  wieder 
einen  verminderten  Badebesucli  —  neben  noch  zu  erörternden  Ursachen  —  bewirkten, 
wodurch  die  Einnahmen  der  Bader  sich  wesentlich  verminderten;  denn  ob  wenig  oder 
viel  Leute  in  der  Badestube  saßen,  die  Kosten  für  Heizung  waren  dieselben.  Als  in 
Winterthur  1514  die  obere,  die  städtische  Badestube  verpachtet  wurde,  erhielt  der  Bader 
nach  dem  Vertrage  zehn  Klafter  Holz  jährlich  in  der  Stadt  oder  aus  dem  Wald;  als  er  1517 
die  Badestube  von  der  Stadt  kaufte,  bekam  er  von  nun  an  nur  soviel  als  andere  Ein- 
wohner. Im  selben  Jahre  wurde  dem  Inhaber  der  unteren  Badestube,  die  Erblehen  war, 
mitgeteilt,  daß  er  nicht  mehr  „Vordrang  noch  Ansprach  an  unserm  Wald  Eschenberg  des 
Holzes  halb"  haben  sollte,  und  ihm  zugleich  befohlen,  die  Welt  mit  dem  Badgeld  nicht  zu 
steigern  57  1496  ermahnten  Schultheiß  und  Rat  zu  Baden  (Schweiz)  ihren  Bader,  die  Ge- 
meinde beim  alten  Lohn  zu  lassen  und  von  einem  Mann  nicht  mehr  als  drei  Heller,  von 
einer  Frau  nicht  mehr  als  zwei  Heller  zu  nehmen  32.  in  Stuttgart  klagten  1547  die  Bader, 
daß  sie  bei  den  festgesetzten  Badepreisen  nicht  mehr  bestehen  könnten,  und  es  wurde  in- 
folgedessen das  Badgeld  für  einen  erwachsenen  Mann  auf  drei  Pfennig,  für  eine  Frau  auf 
drei  Heller  und  für  ledige  Personen,  Dienstboten  und  Kinder  auf  einen  Heller  erhöht,  im 
selben  Jahre  steigerten  die  Eßlinger  Bader  die  Preise  und  begründeten  dies  direkt  mit  einer 
Erhöhung  des  Holzpreises,  ebenso  1Ö22  die  Bader  zu  Nürnberg  16  |n  Berlin  ersuchten 
1624  die  Verordneten  der  Bürgerschaft  den  Rat,  dafür  zu  sorgen,  daß  die  Taxen  nicht 
erhöht  würden ;  denn  die  Bader  forderten  von  einer  älteren  Person  für  ein  Bad  acht  gute 
Pfennig  und  Trinkgeld,  so  daß  es  auf  zwei  Groschen  zu  stehen  käme.  Aber  1677  beklagten 
sich  die  Besitzer  der  Badestuben  beim  Kurfürsten,  daß  sie  aus  Mangel  an  Nahrung  gänz- 
lich in  Verfall  gerieten,  indem  sie  jeder  wöchentlich  kaum  drei  Groschen  einnähmen  und 
wohl  sechzehn  Groschen  für  Holz  zum  Heizen  der  Badestube  ausgeben  müßten  i^i. 
Obwohl  1774  in  der  Stadt  Zürich  fünf  Badestubengerechtigkeiten,  aber  nur  zwei  Bade- 
stuben in  Betrieb  waren,  bekämpfte  das  Handwerk  der  Bader  die  Niederlassung  eines 
dritten  Meisters,  der  die  Badestube  nicht  betreiben  wollte,  mit  Erfolg  unter  Hinweis 
darauf,  daß  die  zwei  Meister  Bader  zum  Heizen  ihrer  Badestuben  von  der  Obrigkeit  ver- 
pflichtet seien  und  mit  dem  Wärmen  große  Kosten  hätten  243. 

Im  wesentlichen  ging  das  Bestreben  der  Bader  darauf  hinaus,  nur  noch  zu  schröpfen 
und  die  eigentliche  Baderei,  die  mehr  Unkosten  als  Einnahmen  brachte,  eingehen  zu 
lassen,  bezw.  die  Anzahl  der  Badetage  einzuschränken,  was  aber  nach  den  Verleihungs- 
urkunden nicht  angängig  war.  So  wurden  einmal  durch  kurfürstlichen  Befehl  die  Bad- 
stübner  zu  Köln  bei  Berlin  aufgefordert,  ungesäumt  die  Badestuben  zu  heizen  und  für 
die  Einwohner  in  Bereitschaft  zu  halten  '^i.  1445  beschwerten  sich  die  Einwohner  von 
Oerolzhofen  beim  Vogt  und  beim  Rate,  daß  „vor  alter  Herkommen."  von  jedem  der  zwei 
Bader  alle  Woche  vier  Bäder  gemacht  worden  seien  und  werde  nun  durch  deren  eigenes 
Vorgehen  ein  Bad  abgebrochen  und  nur  noch  drei  gehalten.  Viele  Frauen,  heimische  und 
vom  Lande,  und  etliche  Männer  pflegten  am  Samstage  nicht  zu  baden,  dazu  habe  sich  die 
Stadt  an  Einwohnern  gemehrt,  daß  „die  andern  zwen  tag  als  Dinstag  vnd  Mitwochen, 


198     Bestrebungen  der  Bader  /  die  vorgeschriebenen  Badetage  einzuschränken 

die  leute  alle  mit  Iren  kinden  gerewmlichen  nicht  vnd  nach  nodturfft  gebaden  können 
noch  mögen,  sundern  werden  vber  einander,  als  ob  ein  Seelbad  were,  geslagen".  In 
der  Folge  sollten  vier  Bäder,  am  Dienstag,  Mittwoch,  Donnerstag,  Samstag,  und  wenn 
der  Donnerstag  ein  Feiertag  wäre,  am  Montag  gehalten  werden.  Fast  hundert  Jahre 
später,  1543,  ließen  Vogt  und  Rat  die  zwei  Bader  fordern,  weil  sie  sich  unterstanden,  in 
der  Woche  nur  ein  Bad  zu  machen.  Sie  sollten  zweimal,  Mittwoch  und  Samstag,  Bäder 
halten,  und  wenn  an  diesen  Tagen  Feiertag  wäre  am  Dienstag  und  Freitag  (!).  Von  nun 
ab  mußten  auch  Kinder  mit  neun  oder  zehn  Jahren  das  Bad  mit  einem  neuen  Pfennig  be- 
zahlen, was  am  Tage  Johannis  „vber  die  Cantzel  verkunt  worden".  Von  1557  an  hatten 
auch  Kinder,  die  ins  Bad  getragen  wurden,  jedes  einen  Pfennig  zu  geben*.  Erwachsene 
zahlten  zwei  neue  Pfennige  239  1573  erschienen  vor  Rat  und  Bürgermeister  beide  Bader 
und  trugen  vor,  das  Brennholz  würde  zu  so  hohem  Preise  verkauft,  daß  sie  in  Zukunft 
nicht  mehr  um  den  alten  Lohn  Bäder  halten  könnten,  und  baten  um  Steigerung  des  Bad- 
geldes. Künftig  sollten  zwei  Bäder  wie  bisher  gehalten  werden.  Erwachsene  sollten  vier 
alte  Heller,  junge  Leute  über  vierzehn  Jahren  drei  alte  Pfennige  und  jüngere  einen  Neu- 
pfennig geben.  Die  Ordnung  sollte  bis  zum  Abschlagen  der  Holzpreise  gelten.  Auf 
weiteres  Bitten  wurde  den  Badern  bewilligt,  daß  vier  Wochen  lang  jeder  nur  ein  Bad 
zuhalten  brauche.  1575  wurde  diese  Ordnung  wieder  abgeändert.  Fortan  sollten  alle 
Erwachsenen  einen  neuen,  Kinder  aber  einen  alten  Heller  zum  Bade  geben  'H 

Schrieben  die  Behörden  den  Badern  vor,  das  Badgeld  nicht  zu  hoch  zu  rechnen,  so 
verpflichteten  die  Zünfte  ihre  Mitglieder,  nicht  zu  wenig  zu  nehmen,  um  gegenseitige 
Konkurrenz  zu  vermeiden.  In  Zürich  durfte  1503  kein  Bader  jemandem  das  Badgeld 
schenken  243.  1433  sagt  die  Konstanzer  Schererordnung:  „Item  es  ist  ain  sacz,  daz  kain 
bader  kain  nächer  (wolfeiler)  sol  baden  den  umb  2  D.",  und  Scherer  und  Bader  sollten 
„kainen  nächer  verdingen  dan  um  7  ß  D."  für  das  Jahr,  er  sei  jung  oder  alt  219. 

Von  größtem  Einfluß  auf  das  Badeleben  waren  die  Infektionskrankheiten.  Manche 
Schriftsteller  behaupten  sogar,  der  Gebrauch  der  Badestuben  sei  erst  nach  Einschleppung 
des  Aussatzes,  der  Lepra,  aus  dem  Orient  zur  Zeit  der  Kreuzzüge  aufgekommen  und 
habe  ebenfalls  seinen  Ursprung  dort  genommen.  Beides  ist  falsch.  Wir  hatten  Aussatz 
und  Badestuben  schon  vor  dieser  näheren  Bekanntschaft  mit  dem  Osten. 

Das  Mittelalter  ging  mit  äußerst  scharfen  Maßnahmen  in  der  Absonderung  der 
Leprösen  von  den  Gesunden  vor,  um  weitere  Ansteckungen  zu  verhindern.  Es  war  dem 
Aussätzigen  der  Zutritt  zu  allen  öffentlichen  Anstalten  verboten,  auch  der  Besuch  der 
Badestube.  Zu  Windsheim  in  Franken  wurde  1410  eine  Frau  aus  der  Stadt  gestoßen, 
weil  man  siefür  aussätzig  hielt;  „denn  dieGemeind  wollt  das  Weib  nit  leiden  zur  Kirchen, 
Straßen  und  Bad"  '44 

*  Während  Kinder  im  15.  Jahrhundert  kein  Badgeld  zahlten,  wird  es  jetzt  auch  für  diese  gefordert. 
In  Zürich  war  1604  der  Badepreis  nach  Altersgrenzen  bestimmt.  Ein  Mann  oder  Weib  zu  baden  kostete 
einen  halben  Batzen.  Eine  mannbare  Person,  die  schwitzte  oder  badete,  zahlte  einen  Kreuzer,  Personen 
von  neun  und  zehn  Jahren  für  Baden  sechs  Heller,  unter  neun  Jahren  vier  Heller.  Um  Übervor- 
teilungen auszuschließen,  mußten  die  Preise  an  der  großen  Holztür  angeschlagen  werden  2*°. 


Die  Badestuben  in  oder  bei  den  Aussatzhäusern  \  9Q 

Im  Siechenhause  stand  den  Kranken  ein  eigenes  Bad  zur  Verfügung.  Das  Bad  „zu 
wärmen  und  zu  rüsten"  war  im  Sondersiechenhause  auf  der  Steig  in  Schaff  hausen  Sache 
der  Krani<en  selbst,  die  der  Reihe  nach  die  Verpflichtung  auf  sich  nahmen.  Auch  vor- 
nehme Personen  waren  davon  nicht  ausgenommen,  so  1574  ein  Mann,  dem  im  Leib- 
gedingsvertrag  sogar  Stallung  für  ein  eigenes  Pferd  zugebilligt  wurde.  Als  Lohn  erhielten 
die  Kranken  „dry  köpf"  (Gefäß)  Wein  von  der  Verwaltung ^S7. 

An  anderen  Orten  besorgte  ein  Bader  von  Beruf  die  Bäder,  der  wegen  seines  intimen 
Verkehrs  mit  den  Leprösen  zur  Abgeschlossenheit  von  der  übrigen  Menschheit  verurteilt 
war.  Der  Siechenbader  Jörg  Wuster,  der  siebzehn  Jahre  im  Siechenhause  St.  Georg  bei 
Winterthur  gewohnt  und  auch  hin  und  wieder  im  Land  die  Badstuben  in  den  Siechen- 
häusern versehen  hatte,  war  lange  verhindert,  zur  Ehe  zu  schreiten,  bis  er  15Q1  auf  der 
Schau  zu  Zürich  von  den  Doktoren  und  Verordneten  bei  ihren  Eiden  als  gesund  und 
rein  erkannt  worden  war  und  als  Beleg  einen  Brief  der  Stadt  Zürich  mit  Sekret  vorge- 
wiesen hattest  Auch  im  Baseler  Siechenhaus  war  ein  Baderangestellt,  welcher  mit  dem 
Zimmermann,  der  die  Sondersiechenmagd  geheiratet  hatte,  zusammen  als  Nichtaus- 
sätziger von  1652  ab  das  Almosen  an  hohen  Festtagen  in  der  Stadt  einsammelte,  was  bis 
dahin  die  Siechen  selbst  besorgt  hatten  und  ihnen  nun  verboten  wurde +80. 

Man  scheint  aber  nur  den  persönlichen  Verkehr  mit  den  Aussätzigen  gemieden  zu 
haben,  in  Würzburg  mußte  nach  einer  Urkunde  von  1318  die  beim  Spital  gelegene 
Badestube  zum  Bekein  (Becken)  den  Siechen  des  Spitals  alle  vierzehn  Tage  am 
Montag  zur  Abhaltung  ihres  Badetages  überlassen  werden  i**.  In  der  übrigen  Zeit 
badete  dort  das  Volk  (siehe  S.  89).  Zweifelhaft  bleibt  aber,  ob  hier  unter  den  Siechen 
Aussätzige  zu  verstehen  sind,  obwohl  sie  das  ganze  Mittelalter  hindurch  und  noch 
später  diesen  Namen  führen.  In  der  Regel  werden  sie  Feld-  oder  Sondersieche  genannt 
und  waren  nicht  im  Spital,  sondern  im  Siechen-  oder  Sondersiechenhause  unter- 
gebracht. 1470  wird  in  einer  Ordnung  des  Bürgerspitals  der  Mitgebrauch  der  genannten 
Badestube  durch  die  Siechen  des  Spitals  ausdrücklich  wiederholt;  es  wird  aber  für  Sieche 
auch  der  Ausdruck  kräng  (Pfründner)  gebraucht  'H  Um  diese  Zeit  dürfte  es  sich  also 
nicht  mehr  um  Aussätzige  gehandelt  haben.  Auch  lagen  1533  die  Sondersiechen  in  den 
zu  „Sant  Claus"  genannten  Häusern  vor  der  Stadt.  Sie  waren  streng  abgesondert  und 
durften  um  Almosen  nur  in  bestimmten  dazu  verordneten  Häusern  bitten  486.  Zu  Ypp- 
hofen  in  Franken  wurde  1402  eine  Badestube  beim  Spital  der  Aussätzigen  errichtet,  in 
der  diese  aller  vierzehn  Tage  ein  Bad  erhielten,  dazu  noch  jeder  eine  halbe  Maß  Wein, 
bis  drei  Eimer  im  Ganzen  i44.  Ob  die  Badestube  dem  Publikum  zugänglich  war,  wird 
nicht  gesagt. 

Da  die  Feststellung  des  Aussatzes  bei  einer  Person  schwere  Folgen  hatte,  sie  gleich- 
sam für  bürgerlich  tot  erklärt,  dazu  unbarmherzig  aus  ihrer  Familie  gerissen  wurde, 
suchten  die  Betroffenen  ihre  Krankheit  möglichst  lange  zu  verheimlichen.  Deswegen 
waren  alle  Medizinalpersonen  verpflichtet,  des  Aussatzes  Verdächtige  anzuzeigen.  Darauf 
mußten  1426  in  Luzern  die  Scherer  und  Bader  dem  Rate   schwören  i89    Bei  der  Un- 


200  Kräuter-  und  Mineralbäder  gegen  Aussatz 

Sicherheit  der  Diagnose  —  sie  wurde  durch  die  Oeschau  oder  Schau  aus  dem  Aderlaß- 
blute gestellt  —  kam  es  zu  häufigen  Mißgriffen.  Gewissenhafte  Ärzte,  wie  Felix  Platter 
in  Basel  (1536—1614),  der  als  Stadtarzt  das  Siechenhaus  zu  St.  Jakob  an  der  Birs  zu  be- 
sorgen hatte,  überwiesen  deshalb  Aussatzverdächtige  nicht  ohne  weiteres  dem  Siechen- 
hause, sondern  versuchten  das  Übel  neben  inneren  und  äußeren  Mitteln  durch  eine  Bade- 
kur zu  heben.  Hatte  diese  Erfolg,  war  die  Person  nicht  aussätzig.  So  heilte  Platter  einen 
Mann,  dessen  Mutter  und  Schwester  aussätzig  waren,  der  selbst  Pusteln  im  Gesicht 
hatte  und  schon  drei  Jahre  abgesondert  war,  durch  eine  zweijährige  Badekur.  Er  ließ  sich 
sogar  herbei,  bei  einem  mit  Aussatz  behafteten  Manne  eine  derartige  Kur  durchzuführen, 
nachdem  dieser  versprochen  hatte,  das  Haus  niemals  zu  verlassen,  obwohl  er  am  Erfolg 
zweifelte.  Die  Kur  im  Hause  bestand  in  Kräuterbädern  mit  oder  ohne  Zusatz  von 
Schwefel,  Alaun  oder  Kochsalz,  die  im  Frühling  oder  Herbst  täglich  eine  Zeitlang  ge- 
braucht wurden.  Auch  natürliche  Thermen,  besonders  die  schwefelhaltigen  von  Baden 
in  der  Schweiz  und  Brieg  im  Wallis  wurden  benutzt  4S8.  Leuk  hatte  im  16.  Jahrhundert 
eine  besondere  Quelle,  die  eingefaßt  und  „den  Feldsiechen  mit  einer  behausung"  zu- 
gerichtet war  und  „einen  guten  Weg  hinauff"  vom  Hauptbade  entfernt  lagsis  Schon 
der  Meistersinger  und  Barbier  Hans  Foltz  erwähnt  im  15.  Jahrhundert  den  Gebrauch 
der  Lenker  Thermen  gegen  Aussatz  '2.  1827  lag  das  Bad  der  Aussätzigen  in  Trümmern, 
an  seiner  Stelle  erstand  das  Armenbad  ss.  Sonst  finden  wir,  daß  die  mit  ekelerregenden 
Hautkrankheiten  Behafteten  zusammen,  die  Aussätzigen  also  nicht  besonders  badeten. 
So  hatte  Karlsbad  in  der  zweiten  Hälfte  des  16.  Jahrhunderts  in  dem  Badehause,  das  die 
öffentlichen  gemeinen  Bäder  enthielt,  noch  eine  besondere  Abteilung  für  „Kretzigeund 
Aussätzige"  347. 

Zuweilen  wurden  die  Kranken  von  ihrem  Siechenhause  in  Badeorte  geschickt.  Die 
Rechnungsbücher  der  „Senti"  in  Luzern  geben  an,  1659  vier  Personen,  welche  in  das 
„Walliss  Baadt"  (Leuk)  verreisten,  je  einen  Gulden  sechs  Kreuzer  Zehrgeld  und  1673/74 
Jakob  Kapelin  eine  „Baadestür"  von  zwei  Gulden  zehn  Kreuzer  zu  demselben  Zwecke  488. 
Das  neuerstandene  Wunderbad  zu  Boll  im  Württembergischen  nahm  1597  und  acht- 
undneunzig Leute  aus  den  Gutleuthäusern  (Leproserien)  zu  Heilbronn,  Neuffen,  Stutt- 
gart und  einen  von  Bernhausen  „auff  den  Fildern"  (Feldern,  daher  Feldsieche)  zur  Kur 
auf,  die  zum  Teil  „wegen  jhres  abschewlichen  anblicks  in  gemeinem  Badgewölb,  zu 
Baden  (-Baden)  nicht  gestattet,  sondern  in  ein  besonder  Badhütlein  darzu  gemacht,  ab- 
gesündert  hat,  wie  dann  I.  F.  G.  löbliche  Badeordnung  außweiset",  und  die  alle  geheilt 
wurden.  Bei  zweien  fügt  der  Berichterstatter  Rentzius  Gutachten  hinzu,  auf  Grund 
deren  die  Personen  aus  dem  Gutleuthause  zu  Heilbronn  entlassen  wurden.  Es  hat  sich 
in  allen  diesen  Fällen  wohl  nicht  um  Aussätzige  gehandelt.  Rentzius  bezeichnet  sie 
auch  nur  als  mit  Erbgrind,  beißender  Flechte  und  Räuden  behaftet  4S9,  und  doch  waren 
sie  im  Aussatzhause  abgesondert  und  der  Schau  des  Physikus  unterworfen. 

Von  den  Thermen  sagt  Felix  Platter,  „sie  wirken  kräftiger  (als  die  Kräuterbäder), 
sie  heilen  nicht  nur  eine  Anzahl  von  Hautkrankheiten,  sondern  sie  nehmen  dem  Aus- 


Mineralbäder  gegen  Aussatz  201 

satze  die  Bösartigkeit  und  mildern  die  durch  den  Aussatz  erzeugten  äußeren  Schäden. 
Darum  gehen  in  diese  Bäder  nicht  nur  Kranl<e,  bei  denen  der  Aussatz  konstatiert  ist, 
um  das  Übel  länger  geheim  zu  halten,  sondern  wir  schicken  auch  solche  Kranke  dort- 
hin, bei  denen  wir  nach  vorgenommenem  Untersuch  noch  in  Zweifel  sind,  um  vorerst 
den  Erfolg  derselben  und  allfällige  Veränderungen  abzuwarten"  488.  Ejne  für  die  Pro- 
gnose ausschlaggebende  Bedeutung  schrieb  schon  Foltz  den  Lenker  Thermen  zu : 

„Vnd  wem  man  den  aussatz  zuo  schreib 

Der  mag  bey  zeit  Heilung  erwerben. 

Beit  er  zuo  lang  er  muß  drin  sterben"  '2*. 

Neben  den  Thermen  kamen  auch  andere  natürliche  Quellen,  Mineralbäder  und  ver- 
meintliche Mineralbäder  in  Betracht.  Das  Eintauchen  in  die  kalten  Brunnen  der  Alpen 
wurde  schon  erwähnt  und  auch  der  heilige  Brunnen  bei  dem  Kirchlein  zu  Munzach, 
den  man  in  ein  entferntes  Siechenhaus  leitete,  wo  das  Wasser  selbstverständlich  er- 
wärmt wurde.  Die  Grafen  von  Rapperswil  errichteten  zu  Kempraten  nahe  bei  einer 
Fluhe  für  Aussätzige  ein  Pfleghaus  und  über  den  daselbst  für  den  Aussatz  heilsamen 
Quellen  ein  Badhaus.  Weil  dies  aber  auf  morastigem  Boden  stand,  wurde  es  später, 
vermutlich  1354,  auf  die  Fluh  verlegt  und  hieß  darnach  „an  der  Fluh"^90.  Kempraten 
ist  wahrscheinlich  eine  römische  Niederlassung  und  sein  Name  aus  campus  prati  ent- 
standen. Das  Siechenhaus  wurde  bis  1810  als  Armenhaus  benutzt  und  bestand  1867 
noch  als  Privathaus.  Auch  die  Oypsquelle  zu  Bellerive  im  Kanton  Bern  datiert  aus 
Römerzeit.  Sie  wurde  nach  den  Kreuzzügen  zur  Heilung  des  Aussatzes  benutzt  und  mit 
Badeanstalten  versehen.  1375  zum  erstenmale  und  trotz  der  Fürsorge  der  Bischöfe  von 
Basel  später  noch  öfters  zerstört,  gerieten  die  Badegebäude  nach  ihrer  Auffrischung  im 
19.  Jahrhundert  bald  wieder  in  Verfall  se.  Der  Johanniterorden  trat  das  Haller  Wildbad 
an  das  Spital  der  Stadt  Hall,  in  der  es  lag,  im  13.  Jahrhundert  unter  der  ausdrücklichen 
Bedingung  ab,  dieses  Bad  so  instand  zu  hahen,  daß  täglich  zwölf  Aussätzige  damit  be- 
dient werden  könnten  i54.  Nach  Zeiller  lag  1655  zu  Freiberg  in  Sachsen  vor  dem 
Peterstor  ein  Brunnen,  dessen  Wasser  für  heilkräftig  gegen  Aussatz  betrachtet  wurde  §3. 
Das  eine  der  Züricher  Siechenhäuser,  das  zu  St.  Moritz  an  der  Spannweid,  bezog  für 
sein  Badehaus  das  Wasser  aus  einer  angeblichen  Heilquelle,  der  des  oberhalb  gelegenen 
Röslibades.  Nach  der  bis  ins  19.  Jahrhundert  geltenden  Badeordnung  wurde  in  drei 
Einsätzen  gebadet,  d.  h.  ein  Teil  der  Siechen  hatte  den  dritten  Teil  der  jährlichen  Bade- 
saison zur  Verfügung,  dann  rückten  andere  an  ihre  Stelle. 

Aus  dem  Vorhergehenden  geht  hervor,  daß  die  Aussätzigen  eine  Zeitlang  täglich 
badeten,  also  nach  früherer  Sitte  eine  regelrechte  Badekur  vornahmen.  Martin  Rulandus 

'  Die  geheilten  Fälle  waren  selbstversändlich  nicht  Aussätzige,  sondern  andere  Hautkranke,  und  die 
übrigen,  die  nicht  gerade  im  Bad  starben,  aber  ihre  Krankheit  bis  zum  Tode  behielten,  litten  am 
echten  Aussatz.  Zimmermann  sagt  1689  von  Pfäfers,  wenn  dort  die  Lepra  nicht  gleich  anfangs 
abgewaschen  würde,  geschähe  es  überhaupt  nicht  ^^s  Foltz  schreibt  auch  dem  „bad  bey  kalb  zuo 
Zell  genant",  dem  Liebenzeller  Bad,  für  mit  Gelbsucht  und  gleichzeitig  mit  Schwindsucht  Behaftete 
eine  gleiche  Eigenart  wie  Leuk  zu.    Wer  in  vierzehn  Tagen   nicht  gesund  wurde,  mußte  sterben  '2. 


202 


Übergang  der  Baderechte  der  Aussätzigen  an  die  Siechen 


empfiehlt  1568  gegen  „Aussatz  vnd  malatzey"  „Bäder  von  schwefel,  item  das  Pfefferbad, 
Wallisserbad  (Leuk),  oder  dz  Bad  Bruntzbach,  Wendigerbad"  400.  Auch  im  Badehause 
des  schon  erwähnten  Siechenhauses  zu  St.  Georg  am  Feld  bei  Winterthur  wurde  im 


Abb.  89.    Heilige   (Sainte  Segouleine,  veuve,  abbesse  de  Troclar  en  Albigeois)   einen  Aussätzigen 

badend.    Holzschnitt  von  Hans  Burokmair  (1473—1531). 
16.  Jahrhundert  im  Mai  gebadet.   Als  die  vier  badeberechtigten  Siechen  nach  Auf- 
hebung des  Siechenhauses  ins  Pfrundhaus  der  Stadt  aufgenommen  waren,  hielten  sie 
auch  jetzt  noch  ihre  jährliche  Badekur,  nun  im  Juli,  und  zwar  in  der  Badestube  der 


Die  Aussätzigen  gebrauchten  die  Schweißbadestuben  nicht  zum  Zwecke  der  Heilung    203 

Stadt  ab.  Dabei  genossen  sie  Vergünstigungen  an  Lebens-  und  Genußmitteln,  wobei 
der  Wein  eine  nicht  unbedeutende  Rolle  spielte.  Des  Spitals  Rechnung  zeigte  1842 
„112  Maaß  Wein  für  die  Badweiber".  Kurz  darauf  kaufte  sich  aber  die  Stadt  mit  sechs- 
unddreißig Gulden  von  der  Verpflichtung  dieser  Lieferungen  los  57*. 

Diese  Belege  zeigen  zur  Genüge,  daß  der  Aussatz  mit  Wasserbädern,  wenn  auch 
nicht  von  gewöhnlichem  süßen  Wasser,  behandelt  wurde,  wie  schon  zur  Karolinger- 
zeit (siehe  S.  9).  Die  heilige  Elisabeth  badete  und  wusch,  wie  ihr  Biograph  berichtet, 
einen  armen  aussätzigen  Mann  und  legte  ihn  in  ihres  Gemahls  Bett  iö,  und  die  Abbil- 
dungen zu  Hans  BuROKMAiRs  Heiligen  (1517/18)  steilen  nur  Voll-  und  Fußbäder  der 
Aussätzigen  (Abb.  89)  dar  479.  Die  von  neueren  Schriftstellern  behauptete  Behandlung 
mit  Schweißbädern  scheint  demnach  mehr  auf  Vorschlägen  in  älteren  ärztlichen  Werken 
als  auf  wirklich  durchgeführter  Praxis  zu  beruhen.  Dabei  soll  nicht  gesagt  sein,  daß  die 
Aussätzigen  nicht  schweißbadeten.  Die  Benutzung  der  Badestube  zum  Becken  in  Würz- 
burg, die  aller  vierzehn  Tage  einmal  erfolgte,  macht  es  sogar  wahrscheinlich.  Doch  han- 
delt es  sich  hier  um  ein  Bad,  das  der  gemeine  Mann  zur  Lebens  Notdurft  in  damaliger 
Zeit  für  unentbehrlich  hielt.  Warum  sollte  das  den  Aussätzigen  vorenthalten  werden? 
Das  aber  war  kein  kurgemäßer  Gebrauch  des  Badens  zum  Zwecke  der  Heilung.  Es  sei 
bemerkt,  daß  auch  für  die  Siechen  in  Würzburg  der  Badetag  ein  Freudentag  war.  Wenn 
sie  vom  Bade  kamen,  erhielten  sie  (1470)  zwei  Eier,  eins  gesotten  oder  gebraten  und 
eins  roh,  und  zum  Nachtessen  eine  halbe  Maß  Wein.  „Das  Almosen  gibt  man  von 
einem  Hauß"  1^4.  gg  wird  wohl  eine  Seelbadstiftung  gewesen  sein. 

Im  17.  Jahrhundert  kann  der  Aussatz  im  mittleren  Europa  als  erloschen  betrachtet 
werden  49i.  Was  in  späterer  Zeit  im  Siechenhause  Unterkunft  fand,  waren  Hautkranke 
und  Sieche  im  heutigen  Sinne,  chronisch  Kranke.  Die  alten  Siechenordnungen  blieben 
aber  bis  ins  19.  Jahrhundert  in  Kraft,  und  auch  die  einst  den  Aussätzigen  gemachten 
Vergünstigungen  und  wohltätigen  Stiftungen  erbten  auf  die  späteren  Insassen  der 
Siechenhäuser  fort.  Dabei  glaubte  man  an  ein  tatsächliches  Weiterbestehen  des  Aus- 
satzes. Die  noch  im  18.  Jahrhundert  geltende  gräflich  Schwarzburgische  Baderordnung 
im  Amt  Gehren  schrieb  vor,  die  bei  Aussätzigen  gebrauchten  Instrumente,  Laß-  und 
Schröpfeisen,  nicht  bei  anderen  Personen  zu  verwenden  242 

Nicht  unerwähnt  soll  ein  praktisch  wohl  kaum  angewandtes  Heilmittel  gegen  den  Aus- 
satz, das  Blutbad,  bleiben.  Bekannt  ist,  daß  in  Hartmanns  von  Aue  Armen  Heinrich 
der  Ritter  vom  Aussatz  geheilt  werden  sollte,  wenn  eine  reine  Jungfrau  ihr  Herzblut  für 
ihn  gäbe 297.  [m  Silvester  von  Konrad  von  Würzburo  ist  Kaiser  Konstantin  von  Rom 
mit  der  „miselsucht"  behaftet.  Die  Meister  vom  Kapitol  haben  ihm  geraten,  im  Blut  un- 
schuldiger Kinder  zu  baden. 

„Nu  daz  der  rät  im  wart  gegeben  dö  sante  er  in  daz  lant  sin, 

umbe  die  genist  und  umbez  leben,  und  hiez  driu  tüsent  kindeiin 

*  Diese  mit  Weinbewirtung  verbundenen  Bäder  führten  den  Namen  „Badwein".  1482  kaufte  sich 
eine  Bürgerin  in  das  Spital  zu  Biberach  als  Pfründnerin  ein  „ohne  Anspruch  auf  Wein  und  Fische 
bei  Badwein  und  Jahrzeiten"  "^ 


204  Blutbäder  gegen  Aussatz 

zuo  Röme  bringen  in  die  stat 
dar  iimbe  daz  im  würde  ein  bat 
gemacliet  üz  ir  bluote  d6"'''2_ 

Allen  Ernstes  berichtet  der  Züricher  Chorherr  Wyck  in  seiner  Sammlung  von  einem 
Blutbad,  das  er  sogar  im  Bild  hat  darstellen  lassen.  „Von  einer  grusammen  mortlicher 
thaatt,  der  Hertzogen  von  Florentz  vß  einem  schryben  von  Ferrara  den  24.  Aprilis  (15)87 
an  J.  Hanns  Vlrych  Grebell".  Danach  hat  Signora  Biancha  Capeila,  die  Gemahlin  des 
Herzogs  zu  Florenz,  als  sie  etwas  krank  gewesen,  auf  den  Rat  jüdischer  Ärzte  zweihundert 
Kinder  aus  den  Dörfern  nehmen,  die  Hälse  heimlich  abschneiden  und  ihr  unschuldiges 
Blut  auffangen  lassen,  darin  sie  die  Juden  gebadet.  „Ist  aber  glich  wol  Ir  kranckheit  nit 
hingangen."  Ais  das  der  Herzog  vernommen,  hat  er  vier  der  Juden  vierteilen  lassen, 
„vnnd  ist  Iro  bißhar  (der  Gemahlin  des  Herzogs)  nichts  beschähen."  „Dise  thaatt  ist 
nütt  vngiych  deß  Königs  Herodis  der  die  armen  vnschuldigen  Kindli  zu  Bethlehem  er- 
mürdt  vnnd  vmgebracht",  setzt  Wyck  hinzu  308  Auch  der  Berner  Chronist  Anshelm 
berichtet,  1483  ließ  sich  König  Ludwig  XI.  von  Frankreich  gen  Tours  zu  S.  Martin 
tragen,  der  vor  seinem  Tode  „insunders  von  wegen  der  Malacy  vil  Kinderblut  ge- 
bracht" 104 

Weit  mehr  als  der  Aussatz  griff,  wenn  auch  vorübergehend,  das  Auftreten  der  Pest 
in  das  Badeleben  ein.  Ich  habe  zahlreiche  Pestordnungen  vom  15.  bis  18.  Jahrhundert 
durchgesehen.  Die  meisten  gleichen  sich  wie  ein  Ei  dem  andern.  Sie  bringen  Ratschläge 
für  Gesunde  und  Kranke.  Daß  man  in  „diesen  sterbenden  Läufen"  Gesunden  empfahl, 
alle  Orte,  wo  viele  Menschen  zusammenkamen,  wie  Rathaus,  Kirchen,  Wirtshäuser, 
öffentliche  Badestuben  u.  s.  w.  zu  meiden,  erscheint  selbstverständlich.  „Auch  meydet 
bat  gemeynschaft  der  lewte  vnd  vil  reden  mit  den  lewthen;  worumme?  eyne  mensche 
wirt  von  dem  andirn  vorgift",  heißt  es  in  der  ältesten  deutschen  Anweisung  von  Albicus, 
Erzbischof  von  Prag  (1412)474.  Man  fürchtete  aber  nicht  nur  direkte  Ansteckung,  son- 
dern auch  Übertragung  durch  dritte  Personen;  „es  mag  sich  leichtlich  begeben,  dz 
yemandt  für  sich  selbs  gesund,  etwas  mit  jm  bringt  daß  einer  anderen  complexion  ver- 
derblichem ist"  (Pantaleon  1564)602  Deshalb  durften  nach  einer  Nürnberger  Rats- 
verordnung von  1600493^  solchen  von  Zürich  (1564)494^  Amberg  (1555) lö  alle  Pest- 
rekonvaleszenten die  genannten  Orte  wenigstens  einen  Monat  nach  überstandener 
Krankheit  nicht  betreten,  in  Luzern  (1594)  sechs  Wochen  lang48i,  in  Stettin  (1567)  für 
längere  Zeit  nicht  475.  Das  Verbot  galt  auch  für  Personen,  die  in  infizierten  Häusern 
wohnten,  in  Nürnberg  für  vierzehn  Tage  493^  in  Zürich  für  einen  Monat  bei  zehn  Pfund 
und  fünf  Schillingen  Buße  494.  in  Stettin  wurden  1567  die  Bader  aufgefordert,  Kranke, 
Rekonvaleszenten,  der  Pest  Verdächtige  aus  ihren  Badestuben  zu  weisen  475.  in  Wien 
sollten  1602  Personen,  die  aus  verseuchten  Orten  kamen,  durch  Anschlag  an  der  Bade- 
stube vom  Betreten  derselben  abgemahnt  werden  i6. 

Die  Warnung  vor  Schweiß-  und  Wasserbaden  in  öffentlichen  Bädern  hatte  noch 
ihren  besonderen  Grund.    Vadian  (1519)571^  Pantaleon  (1564)602   Lavater  (1668)603 


Warnung  vor  dem  Oebrauch  der  Badestuben  zur  Pestzeit  205 

begründen  sie,  teilweise  unter  Hinweis  auf  Avicenna,  damit,  daß  durcii  die  infolge  des 
Badens  geöffneten  Schweißlöchlein  die  böse  Luft  (Pantaleon),  die  giftige  Luft  (Herli- 
cius  1623)004^  das  Erb(Ansteckungs)gift  (Lavater)  leicht  eindringe,  wodurch  einmal  in 
der  Badestube  eine  Ansteckung  durch  andere  erfolgen  könne,  nach  dem  Verlassen  der- 
selben aber  auch  durch  die  Luft.  Deshalb  wurde  geraten,  die  Schweißlöcher  vor  dem 
Betreten  der  Straße  durch  Einreibungen  wieder  zu  verengen.  „Item  vor  allen  dingen 
vffsechen  domit  man  an  den  offnen  vnd  sorglichen  lufft  bald  nach  dem  bad  nit  kum. 
Item  so  die  hitz  etwas  in  vnß  nachgelassen  hat,  roßwasser  nemen  vnd  das  mischen  mit 
ein  wenig  gapher  vnd  essig,  domit  die  hend  fliehten,  vnd  die  stirn,  die  nasen,  den  mund 
vnd  hals  bestrichen,  voran  wo  einer  vß  gon  wölt,  ist  treffenlich  wersam"  (Vadian).  Auch 
Pantaleon  schlägt  Waschen  der  Hände  und  des  Gesichts  mit  Rosenwasser  und  Essig 
vor,  Herlicius  Waschen  und  Reiben  des  ganzen  Körpers  mit  Kamillenöl  oder  gutem 
Wein. 

Begnügten  sich  in  der  Regel  Ärzte  und  Behörden  damit,  das  Volk  vor  dem  Besuch 
der  öffentlichen  Badestube  zu  warnen,  gingen  andere  weiter.  Nürnberg  beschränkte 
1562  den  Gebrauch  der  Badestuben  auf  dreimal  in  der  Woche,  bei  späteren  Seuchen  auf 
zweimal  29i.  In  Stettin  durfte  jeder  Bader  1591  nur  einmal  in  der  Woche  heizen  ^75.  Einige 
Ärzte  schlugen  vollständiges  Schließen  der  Badestuben  vor,  Crato  von  Crafftheim 
1548,  Hiltprand  1607  für  Österreich,  i6  Schleher  1611  für  Konstanz  605^  Lavater  1668 
für  Zürich,  Herlicius  1623  für  Pommern.  In  den  Jahren  1521,  1554,  1562  und  1691 
wurden  sämtliche  Badestuben  Wiens,  bald  allein,  bald  mit  anderen  öffentlichen  Anstalten 
zusammen,  gesperrt,  1562  auch  die,  welche  zwei  Meilen  um  die  Stadt  herum  lagen  10. 
1597  war  die  rote  Badestube  in  Frankfurt  a.  M.  eine  Zeitlang  geschlossen  127^  wohl 
wegen  eines  im  Hause  vorgekommenen  Pestfalles.  Dagegen  waren  1542  in  Zürich  trotz 
der  behördlichen  Warnung  vor  Besuch  infizierter  Häuser  die  Badestuben  weiter  in  Be- 
trieb, obwohl  man  wußte,  daß  der  Tod  auch  dort  gewesen  war20Q. 

Nicht  nur  das  Baden  in  den  öffentlichen  Badestuben,  sondern  das  Baden  überhaupt 
wurde  zur  Pestzeit  fast  durchgehends  für  schädlich  angesehen,  „item  ouch  sol  man 
vast  (sehr)  sich  hüten  vor  vberyger  fülle,  vor  allen  bedern,  besunder  vor  badstuben", 
sagt  Magister  Henricus  MiJNSiNOEN  Mitte  des  15.  Jahrhunderts  476  In  einem  Traktat 
von  1482  heißt  es:  „Baden  wie  das  ist  sol  man  nit  zu  den  zyten  thun  als  die  sucht 
regnieret"  477.  Auch  hier  berief  man  sich  wieder  auf  Avicenna,  der  lehrte,  daß  das  Baden 
zur  Pest  geneigt  mache  eben  wegen  der  erweiterten  Hautporen,  obwohl  dieselben 
Schriftsteller  angeben,  das  Gift  würde  durch  die  geöffneten  Schweißlöchlein  im  Bad  aus- 
getrieben. „Wer  des  Badens  entraten  kann,  thue  es",  „wo  man  je  aus  Notdurft  baden 
will",  „wer  gewohnt  zu  baden",  „wo  aber  die  Gewohnheit  des  Badens  so  groß  wäre", 
so  beginnen  die  Vorschläge  für  Ersatz  des  öffentlichen  Bades.  Nur  einer  verachtete 
AviCENNAs  Lehre,  Paracelsus:  „Wiewol  aber  im  Brauch  ist,  vil  baden,  schrepffen, 
soliches  alles  soll  im  alten  Brauch  bleiben,  wo  es  mag  geschehen,  on  Vermischung  ander 

Voicks"  655. 


206  Baden  zur  Verhütung  der  Pest 

An  Stelle  der  öffentlichen  Badestube  wird  das  Bad  in  „einer  sondern  Badstuben  in 
seiner  Behausung"  empfohlen.  Nicht  zu  heiß  soll  es  genommen  werden.  Wer 
Theriak  vor  dem  Bade  will,  um  zu  schwitzen,  soll  ihn  sechs  Stunden  vorher  nehmen 
(Neef  1577)606  Ellenboro  (1484)16  und  der  erwähnte  anonyme  Reisersche  Druck 
aus  dem  15.  Jahrhundert  23S  schlagen  ein  wenig  Schwitzen  in  einem  Wasserbad  vor. 
Willich  warnt  dagegen  vor  dem  „laulichen"  Warmwasserbad  in  der  Wanne  „wie  sonst 
geleert  wird".  Es  soll  nur  um  des  Schweißes  willen  gebadet  werden,  der  mit  hölzernen 
und  knöchernen  Messern  abzureiben  ist.  Danach  soll  man  sich  mit  warmem  Wasser 
abspülen  und  mit  Seife  allen  Unflat  und  Schweiß  abtreiben  607  Herlicius  empfiehlt  ein 
Schweißbad  im  Hause  nach  Einnahme  von  einem  Quentlein  Theriak  oder  Mithridat  mit 
nachfolgendem  Schwitzen  im  Bett,  Vadian  ebenfalls  ein  Schwitzbad  im  Haus  herzu- 
richten „als  in  einem  verdeckten  zuber,  mit  heißen  steinen  u.  s.  w.  Vnd  in  dem  bad 
wasser  Camilien,  ruten,  Isopen,  Basiliken,  poleyen,  wolgemüt,  sametlich  oder  sunderlich 
sieden,  vnd  domit  vffgiessen  vnd  waschen"  57i.  Ein  Vorschlag Tanstetters  (1521)  i6  galt 
wohl  den  Armen,  die  weder  eigene  Badestuben  noch  Badezuber  besaßen.  Sie  sollten 
alle  Woche  die  Füße  einmal  waschen. 

Willich  verwirft  auch  den  nach  seiner  Angabe  üblichen  Gebrauch  der  Wildbäder, 
in  Pfäfers  wurde  aber  in  den  Jahren  1611  und  1629  ausnahmsweise  auch  im  Winter 
gebadet  und  zwar  wegen  der  Pest.  Es  wurde  niemand  von  der  Seuche  ergriffen,  wäh- 
rend in  der  Umgebung  Dörfer  zur  Hälfte  oder  ganz  ausstarben  und  die  Luft  so  vergiftet 
war,  daß  Vögel,  Hunde  und  Katzen  tot  zur  Erde  fielen.  Einige  Ärzte  wollten  die  Sicher- 
heit der  Kurgäste  aus  der  abgeschiedenen  Lage  herleiten,  wogegen  Rüsch  1832  anführt, 
daß  auch  bei  anderen  Thermen  in  der  Nähe  niemals  Ansteckung  erfolgt  sein  soll  ss  [n 
Baden-Baden  suchte  man  1551  durch  den  Dunst  der  geöffneten  Quellen  die  Pest  ab- 
zuhalten 70. 

Einer  für  ihre  Zeit  genialen  prophylaktischen  Maßnahme  gegen  die  Pest  sei  hier 
noch  gedacht.  Der  Züricher  Arzt  Johann  Heinrich  Lavater,  ein  Schüler  des  Chirurgen 
Fabricius  Hildanus,  verfaßte  1668  auf  Befehl  des  Rates  eine  neue  Pestordnung.  Sie 
unterscheidet  sich  von  anderen  wesentlich  durch  neue  Gedanken,  die  ich  anderweitig 
nicht  fand  und  deshalb  Lavater  selbst  zuschreiben  möchte.  Er  schlug  vor,  Landes- 
kinder, die  durch  ihren  Beruf  zum  Reisen  genötigt  seien,  bei  der  Rückkehr  aus  ver- 
seuchten Orten  nicht  abzuweisen,  sondern  sie  an  den  „vordersten  Pässen"  folgender 
Behandlung  zu  unterziehen.  Man  soll  die  Person  „bey  oder  nach  leibsöffnung  einen 
oder  zwen  Theriacalische  schweißtrünke  eingeben,  hernach  in  ein  wasserbad  mit 
Wasserknoblauch,  Scordium  genannt,  oder  in  mangel  dessen,  mit  gemeinem  Knoblauch, 
Schwalmen-  und  Eberwurzen  alterirt,  oder  gebrochen,  2  oder  3  stunde  lang  setzen,  und 
ihnen  in  dem  bad  mit  einer  gelinden  laugen  von  rebäschen,  darinn  Rautenblätter, 
Angeliken-  oder  Aletwurzen  gesotten  worden,  durch  eine  bestelle,  gesunde,  und  starke 
person  zwagen  und  abwaschen  lassen,  hernach  mit  sauberen  kleideren,  von  gesundem 
hause  auß,  sich  anzuziehen,  oder  sich  in  jez  gebräuchliche,  für  arme  und  reiche  bequeme 


Badebehandlung  der  Pestkranken  207 

leinwad  zukleiden,  und  ihre  alte  angestekte  kleidung,  von  der  solen  an  bis  auf  die 
sciieitei,  zuverbrennen,  befehlen"  ö03. 

Sehr  ängstlich  sahen  die  Badeorte  darauf,  daß  niemand  aus  pestverdächtigen 
Gegenden  zur  Kur  kam,  wohl  gerade  deswegen,  weil  man  dort  Schutz  vor  der  Seuche 
suchte.  Nach  der  Ordnung  des  Wunderbades  Boll  (Württemberg)  aus  dem  Ende  des 
16.  Jahrhunderts  war  es  bei  zwölf  Gulden  Strafe  verboten,  von  verdächtigen  Orten  aus, 
„da  der  Erbsucht  und  sterbender  Laufft  habben,  der  Luft  nicht  rein  ist",  Aufenthalt  in 
Boll  zu  nehmen  331.  1634  erging  an  den  Wirt  im  Tobelbad  der  Befehl,  einige  „Pollak- 
hische  Studenten",  welche  der  Infektion  wegen  von  Graz  ohne  Bewilligung  in  das  Bad 
gezogen,  abzuschaffen.  Ohne  Vorweisung  eines  Gesundheitspasses  sollte  er  niemanden 
aufnehmen.  Im  gleichen  Jahre  wurde  der  Pfarrer  von  St.  Veit,  welcher  einer  verdächtigen 
Person  Beichte  gehört  hatte,  abgesperrt.  Das  gleiche  widerfuhr  dem  Wirt  und 
seinem  Gesinde.  1679  wurde  der  Wirt  beschuldigt,  daß  er  aus  infizierten  Orten  kom- 
mende Personen  dulde,  darunter  eine  getaufte  Jüdin  aus  Wien.  Der  herrschenden  Kon- 
tagion wegen  wurde  1682  das  Bad  ganz  geschlossen  und  selbst  die  Kapelle  gesperrt  84. 

Die  von  der  Pest  Ergriffenen  wurden  mit  Schwitzen  behandelt.  Meist  begnügte  man 
sich,  die  Kranken  gut  zugedeckt  im  Bett  zu  halten  und  einen  Schweißtrunk,  fast  durch- 
gehends  Theriak,  einzugeben.  Beim  Ausbleiben  des  Schweißes  suchte  man  ihn  mit 
warmen  Ziegelsteinen  hervorzurufen.  Nach  Pantaleon  wurden  sie  im  Feuer  erhitzt. 
Wurden  die  Steine  heiß  verwendet,  umwickelte  man  sie  mit  nassen  Tüchern.  In  der 
Regel  sollten  sie  die  Füße  erwärmen ;  manche  legten  sie  auch  zwischen  die  Schenkel 
oder  um  den  ganzen  Patienten  herum.  Als  Ersatz  der  heißen  Steine  dienten  frisch  aus 
dem  Ofen  gezogenes,  durchgebrochenes  Brot,  mit  warmem  Wasser  gefüllte  Flaschen, 
auch  von  Blech,  Guttern  (enghalsige  Flaschen)  und  Rindsblasen.  Nach  Untzer  (1607) 
sollten  die  am  Fußende  angewandten  warmen  Gegenstände  nicht  allein  Schweiß  treiben, 
sondern  auch  das  Gift  vom  Herzen  ziehen.  Beim  Ausbleiben  des  Schweißes  galt  der 
Patient  für  verloren  ßos 

Am  empfindlichsten  wurde  das  Badeleben  durch  das  epidemische  Auftreten  der 
Syphilis  betroffen.  Die  Chroniken  geben  an,  die  Landsknechte  Kaiser  Maximilians 
hätten  die  Seuche  vom  Zug  gen  Mailand  mitgebracht.  Im  Jahre  1495,  sagt  eine  Nürn- 
berger Chronik,  „ist  bös  krankheit,  malo  franco,  welches  man  die  Franzosen  nennt, 
erstlich  ins  Teutschland  kommen"  i95.  Auch  von  Frankreich  (daher  der  Name  Franzosen- 
krankheit) und  von  den  Niederlanden  wurde  sie  durch  die  aus  Italien  heimgekehrten 
Söldner  Karls  VIII.  von  Frankreich,  unter  denen  1494  die  Krankheit  als  Epidemie  ausge- 
brochen war,  eingeschleppt.  Nach  den  schweizerischen  Schriftstellern  der  Zeit  brachten 
die  Schweizer  1 495  die  Krankheit  aus  dem  neapolitanischen  Feldzuge  mit  in  die  Heimat  480. 

Schon  1496  wird  als  Hauptpräservationsmittel  angegeben,  „ein  gemeyns  bad,  darein 
mangerley  menschen  koome",  zu  fliehen  (Grünpeck)  478.  |m  gleichen  Jahre  erging  in 
Nürnberg  das  Gesetz,  „allen  padern  bei  einer  poen  zehen  gülden  zu  gepieten  das  sie 
darob  vnd  vor  sein,  damit  die  menschen,  die  an  der  Newen  krankhait  malum  Frantzosen, 


208     Verbot  des  Bäderbesuches  von  Syphilitischen  zur  Vermeidung  der  Ansteckung 

beflekt  und  krank  sein,  in  Im  paden  (Bädern)  nicht  gepadet"  i^^.  [)je  eidgenössische 
Tagsatzung  verbot  für  alle  Orte  (Kantone)  denen,  „so  die  böße  Blatteren  habent",  den 
Besuch  von  Kirchen,  Straßen,  Wirtshäusern,  Bädern  und  Scherstuben  (Abschied  zu 
Luzern  1496).  Im  gleichen  Jahre  wurde  auf  der  Jahresrechnung  zu  Baden  im  Aargau 
bekannt  gemacht:  „Der  lüthen  halb,  so  die  bößen  Blatteren  hannd,  ist  angesehen,  das 
man  alle  hett  geheißen  vß  Baden  schweeren,  vnd  sol  jederman  deheim  mit  denselbigen  ver- 
schaffen, daß  sy  nit  gen  Baden  faren  (d.  h.  zur  Badekur  kommen),  wann  die  Eidtgnossen 
wends  da  nit  liden  noch  dulden"  (Abschied  1496).  Ungefähr  gleichzeitig  verbot  der 
Rat  von  Zürich  Syphilitischen  den  Besuch  der  Badestuben  ^so.  in  Frankfurt  a.  M.  wurde 
im  selben  Jahre  dem  Inhaber  der  am  meisten  besuchten  Badestube,  der  roten,  befohlen, 
einen  angesteckten  Knecht  sofort  zu  entlassen,  widrigenfalls  die  Stube  geschlossen 
würde.  Im  nächsten  Jahre  erkrankten  der  Meister  selbst  und  seine  Frau.  Dies  und  der 
Umstand,  daß  „viel  lüde  darinn  befleckt  sin  worden",  hatte  den  Befehl  zur  Schließung 
der  Badestube  zur  Folge.  Erst  ein  halbes  Jahr  später  wurde  die  Wiedereröffnung  der- 
selben gestattet,  jedoch  unter  der  Bedingung,  daß  nicht  nur  die  Öfen,  Bänke  und  Stuben 
unter  obrigkeitlicher  Aufsicht  gereinigt  und  gewaschen,  sondern  auch  niemals  Erkrankte 
zugelassen  würden.  Das  Publikum  fürchtete  sich  jedoch  so  sehr  vor  der  Ansteckung, 
daß  der  Bader  aus  Mangel  an  Zuspruch  schon  drei  Monate  später  mit  seinen  Gläubigern 
akkordieren  mußte.  In  Frankfurt  warnte  1499  der  Rat  die  Bürger  sogar,  die  „klein  bad- 
stuben  in  den  husen",  also  die  Privatbäder,  gemeinschaftlich  mit  Syphilitischen  zu  be- 
nutzen 127 

Die  ungemein  schnelle  Ausbreitung  und  die  schwere  Form,  in  der  die  Seuche  auf- 
trat, ließ  die  Menschen  erzittern.  Am  18.  August  1506  schrieb  Albrecht  Dürer  aus 
Venedigan  Wilibald  Pirckheimer  nach  Nürnberg:  „Saget  mirvnserm  prior  (Eucharius 
Karl,  bey  den  Augustinern  daselbst)  mein  willig  dienst.  Sprecht,  dz  er  Gott  vür  mich 
pit,  daz  ich  behüt  werd  vnd  sunderlich  vor  den  Frantzosen,  wan  ich  weis  nix,  daz  ich 
vbeller  furcht,  wan  schir  iederman  hat  sy.  Vil  leut  freßen  sy  gar  hinweg,  daz  sy  also 
sterben"  '95,  478  ^^Vor  25  Jahren",  sagt  Erasmus  von  Rotterdam,  „war  bei  den  Brabantern 
nichts  beliebter  als  die  öffentlichen  Bäder  (thermae),  die  jetzt  überall  kalt  stehen ;  denn  die 
neue  Hautkrankheit  (Scabies)  lehrte  uns,  von  ihrem  Gebrauche  abzustehen"  483. 

Im  16.  und  17.  Jahrhundert  sind  die  Verbote  des  Badestuben-  und  zuweilen  auch 
Heilbäderbesuches  für  Syphilitische  nicht  selten,  in  Luzern  mußten  diese  sogar  nach 
Verordnungen  aus  dem  letzten  Viertel  des  16.  Jahrhunderts  noch  drei  ganze  Monate,  nach- 
dem sie  aus  der  Kur  gekommen,  die  Badestuben  meiden  480,  482^  und  doch  sind  trotz 
dieser  Vorsichtsmaßregeln  mehrere  kleinere  durch  Badestuben  veranlaßte  Epidemien 
bekannt.  Die  Übertragung  geschah  wohl  in  den  meisten  Fällen  durch  chirurgische 
Instrumente,  namentlich  beim  Schröpfen.  Schon  nach  der  Nürnberger  Ratsverordnung 
von  1496  war  es  den  Badern  verboten.  Eisen  und  Messer,  die  sie  beim  Scheren  und  Ader- 
lassen Syphilitischer  in  deren  Wohnung  benutzt  hatten,  wieder  in  der  Badestube  zu  ver- 
übenden 195.    Nach  Roth  erzählt  eine  alte  (wohl  Nürnberger)  Chronik,  ehrbare  Leute 


Ansteckung  mit  Syphilis  durch  Schröpfen  in  den  Badestuben  20Q 

gingen  nicht  gerne  in  die  Badestuben,  weil  etliche  lose  Landsknechte  die  Leute  dort  ver- 
derbet, daß  sie  elend  geworden,  die  Laßköpfe  ausgeschworen,  und  sie  zum  Teil  ge- 
storben 195.  JoRDANUS  berichtet,  daß  der  größte  Teil  jener,  die  am  13.  Dezember  1577 
das  am  Fuße  des  Spielberges  in  Brunn  gelegene  Schwitzbad  besuchten  und  dort  sich 
Schröpf  köpfe  setzen  ließen,  syphilitisch  infiziert  wurden  i6.  1615  geschah  es  in  der  Bade- 
stube zu  Sommerach  a.  M.  durch  nicht  gereinigte  Schröpfköpfe  iH  1614  wurde  die 
ganze  Gemeinde  Merchendorf  infiziert  393.  i601  schreibt  Maier  von  Wurzberg  bei 
Wimpfen  (Marius),  zwei  Jahre  vorher  seien  in  der  Gegend  der  Aysche  (Zufluß  der  Regnitz), 
wie  auch  in  anderen  Städten  und  Dörfern  herum,  von  dem  Schröpfen  in  gemeinen  Bädern 
oft  zwanzig,  zuweilen  vierzig  auf  einmal  und  nicht  die  geringsten  „verunrainet"  worden. 
Deswegen  habe  jedermann  Furcht  vor  dem  Baden  bekommen.  Die  Leute  schämten  sich 
dieser  „Vnreine",  ließen  sich  heimlich  von  Kurpfuschern  behandeln,  und  so  breitete  sich 
das  Übel  immer  weiter  aus.  Als  die  Untersuchung  keine  Ursache  feststellen  ließ,  da 
gab  man  aus,  die  Krankheit  sei  „von  einer  sondern  himmels  constellation,  auß  der  lufft" 
gekommen,  „daß  Gottes zorn  dies  verhengete, andere  doch  disputirten  von  Schrepffeissen 
oder  flitten,  letzlich  man  gar  herauß  saget,  von  frantzosen  pocken,"  und  Marius  be- 
gründete diese  letztere  Ansicht  damit,  daß  nur  Leute  betroffen  worden,  die  im  Bad  ge- 
wesen waren.  Die  erste  Veränderung  sei  an  den  geschröpften  Stellen  und  entsprechend 
dem  Laßkopf  rund  gewesen  und  erst  später  der  Ausschlag  gekommen.  Marius  macht 
in  unklarer  Weise  auch  noch  andere  Umstände,  z.  B.  die  Zubereitung  der  „flitten", 
verantwortlich,  „vber  das  einer  bekant,  die  flitten  in  zwibel  (Pancratio  forsan)  stecken 
gehabt"  485.  Die  Erklärung  dieser  Stelle  gibt  uns  ein  Eintrag  vom  13.  November  15Q9 
in  das  Tagebuch  von  Meister  Frantz,  des  Nachrichters  von  Nürnberg:  „Andreas  Seitzen, 
Badersgesell,  welcher  im  Weißenthurmbad  gearbeitet,  mit  seinem  Gesellen  Michel  un- 
eins  worden,  ihme  gedroht,  ein  Possen  zu  machen,  daß  er  an  ihn  gedenken  soll,  und  ihm 
darauf  sein  Schrepfeisen  in  eine  Zwiebel  gesteckt,  auch  nüchtern  Erbes  gekaut  und  das 
Eisen  angeathmet,  dieweil  nun  über  die  70  Personen  im  Bad  verderbt  und  die  Fran- 
zosen bekommen,  auch  die  Köpf  (wohl  die  Stellen,  wo  die  Schröpfköpfe  gesessen  hatten) 
ausgefallen,  wiewohl  er  die  Franzosen; selbst  bekommen,  acht  Wochen  im  Haus  gelegen, 
hat  man  ihm  die  Schuld  geben ;  weil  aber  hernachmals  er  eben  sowohl  die  Leut  verderbt 
in  andern  Baden,  hat  man  ihn  aus  Gnaden  mit  Ruthen  ausgestrichen"  484. 

Wie  schwer  die  Syphilis  den  Wohlstand  der  Bader  beeinflußte,  zeigen  die  Würzburger 
Verhältnisse  im  16.  Jahrhundert.  1512  brachte  der  Pfortenschreiber  im  Domkapitel  vor, 
der  Bader  zu  Sulzdorf  habe  nun  die  Badestube  Jahr  und  Tag  inne,  aber  noch  nichts  be- 
zahlt. 1544  wurde  dem  Rate  gemeldet,  die  Badestube  am  Sand  drohe  dem  Einsturz;  der 
Bader  konnte  wegen  Armut  keinen  Neubau  errichten,  so  daß  sie  die  Stadt  übernehmen 
mußte.  1551  kaufte  die  Stadt  auch  die  Badestube  zu  Bleich.  1552  bat  der  Bader  zum 
Gulden  um  Ausbesserung  von  Bänken  und  Boden,  sonst  könne  er  um  den  Zins  nicht 
länger  bleiben,  1557  bat  derselbe  um  Verringerung  des  Zinses.  1570  drohte  die  Bade- 
stube zu  Randersacker,  einem  Marktflecken  bei  Würzburg,  dem  Verfall.     1580  brachte 

Martin,  Badewesen  14 


210  ZöÄ/  der  Badestuben  in  verschiedenen  Jahrhunderten 

der  älteste  Bürgermeister  vor,  des  Spitals  Badestube  trage  im  Jahr  nur  1 5  f  1.,  davon  gingen 
5  fl.  ab,  wofür  der  Bader  die  Armen  baden  müsse,  dagegen  sei  die  Baulast  eine  große. 
Es  wurde  beschlossen,  die  Badestube  zu  verkaufen  unter  der  Bedingung,  daß  sie  auf 
ewig  erhalten  bleibe  und  die  Insassen  des  Spitals  weiter  baden  könnten.  1588  wurde  ein 
Armenhaus  für  die  Bader  gebaut.  1595  erhielt  ein  Bürger  und  Bader  den  Bescheid,  er 
solle  sich  auf  dem  Lande  nach  einer  Badestube  umsehen,  indem  die  Mittelstube  zu  er- 
bauen für  ihn  zu  kostspielig  sei  i44. 

Sehr  deutlich  spricht  auch  die  Anzahl  der  Badestuben  in  einzelnen  Orten  zu  ver- 
schiedenen Jahrhunderten.  Die  älteste  urkundlich  zuerst  erwähnte  öffentliche  Badestube 
war  zu  Fulda.  Abt  Marquard,  der  von  1150 — 68  regierte,  errichtete  eine  Fleischbank  auf 
dem  Markte  und  daneben  eine  Badestube,  macellum  in  foro  ac  juxta  illud  balnearia  stupa. 
Wenn  die  Badestube  damals  etwas  ganz  Außerordentliches  gewesen  wäre,  bemerkt  Falk, 
so  würde  die  Klostergeschichte  nicht  versäumt  haben,  dessen  Erwähnung  zu  tun.  Die 
Badestuben  gehen  demnach  weiter  zurück  i96  Wolfger  von  Ellenbrechtskirchen  badete 
auf  der  Reise  in  öffentlichen  Badestuben  zu  Passau  und  Ebbelzperg  bei  Linz  zu  Anfang 
des  13.  Jahrhunderts  270.  in  Hildesheim  wird  12Q5  die  Badestube  „bei  den  kleinen  Stei- 
nen" als  die  frühere  erwähnt  52.  Zwickau  hatte  1284  mehrere  Badestuben  540.  Die  Reichs- 
stadt Wimpfen  am  Neckar  kann  drei  Badestuben  im  14.  Jahrhundert  aufweisen  i96. 
Noch  heute  besteht  das  1354  zuerst  erwähnte  Badehaus  bei  den  Predigern  als  „alte  Bade- 
stube", aus  der  ein  starker  Strahl  klaren  Quellwassers  hervorsprudelt  623.  Zu  Wimpfen  im 
Tal  gab  es  im  Mittelalter  ein  Bad,  das  im  17.  Jahrhundert  verboten  würdelos.  Speyer 
hatte  im  14.  Jahrhundert  neun  Badestuben,  eine  davon  wird  noch  im  17.  erwähnt  273^ 
Basel  elf  und  Kleinbasel  fünf  26o.  in  Riga  waren  im  13.  und  14.  Jahrhundert  die  drei  Bäder 
städtisch  193.  Mainz  hatte  im  14.Jahrhundert  vier  Badestuben  127^  Regensburg  im  15.  eben- 
falls vier  62,  Ulm  im  Mittelalter  zehn  50,  Würzburg  zwölf,  1470  noch  neun.  Ochsenfurt 
hatte  in  der  Nähe  des  Spitals  eine  alte  Badestube,  die  1431  von  diesem  gekauft  wurde. 
1691  wurde  sie  wieder  verkauft,  obgleich  neben  ihr  eine  neue  angelegt  war.  Bald  ging 
aber  diese  ein,  1717  auch  die  alte,  in  welchem  Jahre  der  Kessel  in  das  städtische  Wasch- 
haus versetzt  wurde  144.  Meßkirch  hatte  gegen  Ende  des  14.  Jahrhunderts  vier  Bade- 
stuben 149.  1350  werden  Bäder  in  den  Dörfern  Schornheim  (Schornsheim  bei  Mainz) 
und  Kunigernheim  (Königernheim  bei  Alzei  oder  bei  Oppenheim)  erwähnt  219.  Nach 
Urkunden  von  1426 — 1515  hatten  fünf  Dörfer  bei  Ulm  jedes  seine  eigene  Badestube,  im  15. 
baten  die  Leipheimer,  eine  zweite  errichten  zu  dürfen  so.  Das  Dorf  Burgau  bei  Bülach 
(Schweiz)  besaß  Mitte  des  16.  Jahrhunderts  bei  ungefähr  fünfunddreißig  Hofstätten 
eine  öffentliche  Badestube  600.  Die  Zahl  der  Wiener  Badestuben  betrug  im  Mittel- 
alter einundzwanzig,  1534  elf,  Anfang  des  18.  Jahrhunderts  sieben  16.  In  Eger  gab  es 
im  16.  Jahrhundert  vier  gemeine  Badestuben  3is.  Nach  Guarinonius  war  1610  in  Öster- 
reich keine  Stadt,  kein  Markt,  kein  Dorf  so  gering,  daß  er  nicht  seine  Badestube  hatte  iH 
Aus  einer  Jenaer  Verordnung  von  1701  geht  hervor,  daß  dort  zur  Zeit  mehr  als  eine 
Badestube  in  Betrieb  war  242.    Halle  hatte  1755  fünf  privilegierte  Badestuben  i90.   1699 


Zahl  der  Badestuben  in  verschiedenen  Jahrhunderten  211 

wurde  nach  einer  im  städtischen  Museum  zu  Jena  befindlichen  Urkunde  eine  Badestube 
zu  Weimar  von  den  Herzogen  Wilhelm  Ernst  und  Johann  Ernst  zum  Erblehen  gegeben. 
In  Frankfurt  a.  M.  kommen  von  12Q0 — 1500  fünfzehn  öffentliche  Badestuben  urkund- 
lich vor  (die  erste  1290),  das  offizielle  Bürgerverzeichnis  vom  Jahre  1387  gibt  sogar  neun- 
undzwanzig Bader  an,  wovon  aber  doch  wohl  ein  Teil  Gesellen  gewesen  sein  werden. 
1555  waren  noch  zwei  Badestuben  in  Betrieb  und  diese  nur  an  zwei  Wochentagen  127^ 
sie  bestanden  noch  1706133.  i809  stellte  auch  die  letzte  aus  alter  Zeit  ihre  Tätigkeit  ein, 
die  rote  Badestube,  welche  1356  zuerst  erwähnt  wird,  1498  wegen  der  Syphilis  und  1597 
wegen  der  Pest  eine  Zeitlang  geschlossen  war  127.  Nürnberg  hatte  nach  Hans  Sachs 
dreizehn  gemeine  Badestuben  49s^  1671  wurden  zwölf  und  ein  Gesundbrunnen,  das  Wild- 
bad, gezählt.  Dies  bestand  1792  noch  mit  zehn  gemeinen  oder  öffentlichen  Badestuben, 
darunter  die  älteste,  das  Rosenbad,  welches  ehemals  Burgbad  hieß,  und  von  dem  die  Bader 
in  ihren  Streitigkeiten  mit  den  Barbierern  nachwiesen,  daß  es,  wie  Roth  1792  schreibt, 
schon  siebenhundert  Jahre  vorher  bestand  '^s.  Zürich  hatte  seit  dem  14.  Jahrhundert  fünf 
Badestuben  (die  erste  wird  1303  erwähnt)  173^  die  1605  noch  in  Betrieb  waren  209^  im 
18.  Jahrhundert  nur  zwei.  Dagegen  fanden  sich  auf  der  Landschaft  Zürich  im  18.  Jahr- 
hundert fast  in  allen  Dörfern  Badestuben.  Mit  Inbegriff  von  zwölf  Wirten  gab  es  fünf- 
undzwanzig „alleinige"  Bader  in  ebenso  vielen  Ortschaften,  wozu  noch  die  Bader  kamen, 
weiche  zugleich  Scherer  waren.  Die  „alleinigen"  Bader  übten  die  Baderei  tatsächlich 
aus  und  waren  nicht  etwa  Chirurgen;  denn  es  war  ihnen  nicht  erlaubt,  zur  Ader  zu 
lassen,  im  Dorf  Steinenbach  wurde  sogar  1775  eine  alte  eingegangene  Badestube  wieder 
eröffnet,  im  selben  Jahr  bestand  eine  zu  Bassersdorf,  1774  eine  zu  Waidenstein  bei 
Winterthur,  1776  eine  in  Volkerschwil243.  1775  und  1776  prozessierte  der  Inhaber  der 
Badestube  zu  Horgen,  die  aus  dem  15.  Jahrhundert  stammte,  mit  dem  Besitzer  des  Bad- 
rechts im  Mineralbade  auf  Bocken,  einem  Feldscherer,  wegen  des  Schröpfens  daselbst 
und  erreichte,  daß  ihm  eine  jährliche  Geldentschädigung  zugesprochen  wurde,  falls  auf 
Bocken  ein  eigener  Badermeister  angestellt  wurde  243,  502.  ]  730  jag  der  Bader  von  Hinweil 
mit  der  Gemeinde  wegen  Holzlieferung  im  Streit.  Sie  wurde  ihm  auf  Grund  einer  Ord- 
nung von  1563  zugesprochen,  wofür  er  die  Dorfgenossen  um  einen  halben  Schilling 
billiger  als  andere  baden  mußte  573.  Bern  hatte  1820  sechs  Badewirtschaften  253.  in 
Dießenhofen  gab  es  1826  ein  mit  Bachwasser  versorgtes  Bad^s. 

im  grellen  Gegensatz  zu  den  geschilderten  Würzburger  Verhältnissen  stehen  die 
Darstellungen  der  Künstler  im  16.  Jahrhundert,  so  daß  man  den  Eindruck  gewinnt,  es 
habe  ihnen  nur  daran  gelegen,  ein  belebtes  Bild  nackter  Personen  zu  schaffen.  Ephrussi 
behauptet  geradezu,  Dürer  habe  die  Badestuben  zu  Aktstudien  benutzt  609.  Behams 
Frauenbad  (Abb.40)  ist  übrigens  nur  eine  abgeänderte  Nachzeichnung  des  gleichnamigen 
Bildes  Dürers,  das  vielleicht  noch  aus  der  vorsyphilitischen  Zeit  stammt.  Auch  Hans 
Baldung  Griens  Frauenbad  im  Cabinet  des  Estampes  zu  Paris  ist  nach  Ephrussi  nur  ein 
Gegenstück  zu  einer  Federzeichnung  Dürers  in  der  Kunsthalle  zu  Bremen  (Ephrussi 
schreibt  es  deswegen  Dürer  zu).  Jedenfalls  geht  daraus  hervor,  daß  wir  Bilder  des 


212 


Die  Badestuben  im  18.  Jahrhundert 


16.  Jahrhunderts  mit  Vorsicht  zur  Beurteilung  des  damaligen  Badewesens  verwenden 
müssen,  weil  sie  zuweilen  nur  ein  Abklatsch  von  Bildern  älterer  Zeit  sind.  Auffallend 
ist  das  verhältnismäßig  häufige  Vorkommen  des  Badewedels  auf  Bildern,  während  er 
von  den  medizinischen  Schriftstellern  nur  einmal  erwähnt  wird,  nämlich  von  Ryff,  und 
nur  als  Instrument,  den  Dampf  an  den  Körper  zu  treiben,  nicht  als  Schlaggerät.  Natür- 
licher erscheinen  mir  die  Abbildungen  der  Kalender  und  der  Anweisungen  zur  Erhaltung 
der  Gesundheit  (Abb.  75.  90).  Trotz  des  Verschwindens  des  Badewedels  —  zum  letzten- 
mal finde  ich  ihn  1677  dargestellt  76^  falls  der  Holzschnitt  nicht  aus  einem  älteren  Werke 
entnommen  ist  —  war  auch  in  den  folgenden  Jahrhunderten  das  Schwitzbad  in  den 
meisten  Badestuben  noch  vorhanden. 

Im  dritten  Bande  von  Zedlers  Universallexikon  46s  findet  sich  1733  folgende  Be- 
schreibung einer  öffentlichen  Badestube:  „Es  siebet  aber  eine  Badstube  also  aus:  Es  ist 
nemlich  ein  niedriges  Gemach,  an  dessen  einem  Ende  ein  Ofen,  neben  diesen  Ofen  aber 
ein  Kessel  mit  heißen,  und  ein  Kübel  mit  kalten  Wasser  ist,  daraus  man  schöpffen,  und 

wie  man  es  brauchen  will,  die  Wärme  mäßigen 
kann.  An  denen  Wänden  sind  Bäncke  vor  und 
über  einander,  darauf  man  sich  höher  oder  nie- 
driger setzen  kann,  nachdem  man  starck  oder  ge- 
linde zu  schwitzen  verianget,  und  diese  werden 
die  Schwitz-Bäncke  genennet.  Diejenigen,  welche 
naß  baden  wollen,  setzen  sich  in  eine  Bade- Wanne, 
die  mit  Wasser  angefüllt  ist.  Zu  diesen  Stuben 
nun  ist  insgemein  iemand  bestellet,  welches 
denen  Bade-Gästen  aufwartet,  auch  ist  insgemein 
ein  Bader  bey  der  Hand,  wenn  jemand  schröpfen 
will."  Den  badenden  Personen  ging  mit  Ab- 
waschen die  „Bade-Magd"  an  die  Hand,  die  auch  sonst  im  Bad  bediente.  1734  erwähnt 
DiETMAN  (Baden  bei  Wien)  die  Dampfbäder  von  angezündetem  Spiritus  oder  Brannt- 
wein und  die  Schwitzbänke  der  Bader  49Q. 

1788  kam  in  Zürich  die  „Baad-Stub"  auf  Dorf  zur  Versteigerung.  Darin  fand  sich 
ä  plein  pied  ein  Holzschopf  und  die  Badestube  selbst,  in  dieser  „ein  mit  Steinen  wohl 
garnierter  ofen,  2  küpferne  Kessel  in  circa  6  Tausen  Wasser  haltend,  2  Tollenöfen  darzu, 
ein  hölzerner  Baadkasten  nebst  Bänken  mit  Baad  Gerechtigkeit  darbei,  in  gleichem  Zimmer 
ist  ein  guter  Galgbrunnen  mit  steinernem  Wassertrog".  Von  der  Badestube  waren  all- 
jährlich an  ewigem  Zins  zwei  Pfund  ins  Säckelamt  zu  entrichten.  1665  wird  in  derselben 
Badestube,  die  damals  zu  St.  Anna  hieß,  als  Eigentum  angegeben:  „Drey  Möschen  (von 
Messing)  Hänen,  zwey  steinin  trog,  zwey  Badkästen  item  die  Gerechtigkeit  zu  einem 
Brunnen  und  zu  einer  garvy  (Gerberei)"  243. 

Aus  dem  Vorhergehenden  ist  zu  ersehen,  daß  mit  dem  epidemischen  Auftreten  der 
Syphilis  das  deutsche  Badeleben  schwer  beeinflußt,  das  Badebedürfnis  aber  nicht  ver- 


Abb.  90.    Badestube  in  der  ersten  Hälfte 

des    16.  Jahrhunderts.      Holzschnitt  aus: 

Dryander,  Arzneispiegel.  Frankfurt  a.  M., 

1547. 


Im  Mittelalter  gingen  auch  Vornehme  /  später  nur  das  Volk  in  die  Badestube    2 1 3 

nichtet  wurde,  dasselbe  gilt  vom  Dreißigjährigen  Kriege.  So  bauten  1660  die  Bürger 
von  Ailensbach  ihre  1640  im  Kriege  zerstörte  Badestube  im  Frondienste  umsonst  wieder 
auf  und  hatten  dazu  dreihundert  Gulden  Unkosten  129.  in  Göttingen  wurde  noch  kurz 
nach  dem  Kriege  täglich  geheizt,  doch  bat  ein  Pächter  den  Rat  dringend,  ihn  von  dieser 
Verpflichtung  zu  entbinden,  da  die  Gäste  so  selten  wären  3.  1655  sagt  Zeiller,  eine  be- 
rühmte Badestube  sei  zu  Leipzig  am  Ransteter  Tor,  schön  und  von  Steinen  erbaut,  auch 
ganz  gewölbt*,  darin  viel  große  kupferne  Wannen  und  Zuber,  bei  deren  jedem  ein  hoher 
messingner  Hahn,  aus  welchem  das  frische  Wasser  auf  des  Badegasts  Begehren  nach 
aller  Lust  springen  thue.  Dergleichen  sei  auch  in  anderen  Badestuben,  so  vor  der 
Thomaser  Pforte  anzutreffen.  Diese  wäre  jedoch  nicht  so  „artlich  vnd  fest"  als  die 
oben  genannte  83. 

Trotz  dieser  guten,  anscheinend  nur  für  Wasserbäder  bestimmten  Einrichtung  glaube 
ich,  daß  vornehme  Leute  nicht  mehr,  wie  im  Mittelalter,  ständig  die  öffentliche  Bade- 
stube gebrauchten.  Karl  IV.  behielt  sich  in  Königsfeld  1360  ausdrücklich  vor  „stubam 
balnearem"  zum  eigenen  Gebrauch,  dem  seiner  Nachkommen  und  Erben,  der  Könige 
von  Böhmen  552  in  Bayern  mußte  12Q4  der  Viztum  das  Badgeld  für  den  Herzog  zahlen, 
wenn  dieser  in  den  Amtsbezirk  kam  534.  Den  Herzog  Ludwig  11.  zu  Brieg  und  Liegnitz 
ereilte  1436  der  Tod  in  der  Badestube  in  der  Liebfrauengasse  zu  Liegnitz  16.  Aber  schon 
in  der  ersten  Hälfte  des  15.  Jahrhunderts  sagt  der  Erzbischof  Albicus  von  Prag  in  seinen 
Verhaltungsmaßregeln  zur  Pestzeit  nach  einer  Warnung  vor  dem  Bade  überhaupt:  „Du 
armer ...  Du  salt  meyden  gemeyne  bat"  474^  und  der  Stadtarzt  König  von  Bern  warnt 
zur  Pestzeit  1628  und  29  nicht  den  Junker  vor  dem  Besuch  der  gemeinen  Schweiß-  und 
Badestuben,  sondern  rät  ihm,  sein  Hausgesinde  von  diesen  fern  zu  halten  610.  Nach  dem 
zu  Leipzig  1715  erschienenen  Frauenzimmerlexikon  badete  die  vornehme  Frau  zu 
Hause,  nur  Weibsbilder  vom  schlechten  Stande  besuchten  die  öffentliche  Badestube, 
wo  die  Bademagd  die  Bedienung  besorgte  422.  Während  1610  nach  Ouarinonius 
in  Steiermark  die  Handwerker  am  Sonnabend  abend  ein  Reinigungsbad  nahmen  i34^ 
auch  1733  in  Mitteldeutschland  die  Badesdhichten  noch  zum  Baden  benutzt  wurden  468^ 
sagt  Orellmann  1794,  die  Badeschichten  seien  ein  Überbleibsel  aus  früher  Zeit,  die  bei 
einigen  Handwerken  noch  in  Gebrauch  wären  543.  Gebadet  wurde  also  von  diesen 
nun  auch  nicht  mehr. 

Das  Zurückgehen  des  Badebedürfnisses  beim  gemeinen  Mann 
müssen  wir  in  die  Mitte  des  18.  Jahrhunderts  legen.  1733  waren 
nach  Zedlers  Lexikon  in  Polen,  Rußland,  Littauen,  Livland  und  den  Nordländern 
die  Badestuben   „sehr  gemein,  in  Teutschland    aber  sind   sie   so  sehr  bräuchlich 

*  Diese  Badestube  war  ein  Werk  des  Bürgermeisters  Lotten  Ein  Verzeichnis  von  dessen  Bauten  aus  dem 
Jahre  1573  sagt:  „bei  dem  Rannischen  Thore  eine  gemeine  steinerne  Badstuben  innerhalb  der  Stadt  und 
habe  dieselbige  lassen  wölben,  daß  solch  Qewölb  kein  Trauffen  oder  Feuchtigkeit  von  sich  gegeben"  ^'>''. 
Es  ist  auffallend,  daß  im  16.  und  IT.Jahrhundert  hervorgehoben  wird,  die  Badestube  sei  gewölbt  gewesen. 
RvFF  warnte  vor  dem  Besuch  der  steinernen  Badestuben  wegen  der  Feuchtigkeit,  sie  sollten  zumindestens 
mit  Holz  getäfelt  sein^'^,  die  Leipziger  muß  also  ein  besonders  vorteilhafter  Bau  gewesen  sein. 


214 


Rückgang  der  Badestuben  seit  der  Mitte  des  18.  Jahrhunderts 


nicht",  noch  weniger  in  den  übrigen  Teilen  Europas  46s.  |n  Winterthur  hatte  die 
schon  erwähnte  Lörlibadestube  durch  Zuführung  eines  angeblichen  Mineralwassers 
einen  Aufschwung  genommen.  1670  fand  sich  jedoch  kein  einheimischer  Bewerber, 
sondern  nur  Fremde.  1733  aber  beschloß  der  Rat,  die  obere  (Lörli-)Badestube  solle 
wie  von  alters  her  eine  ehehafte  und  ein  Erblehen  bleiben,  und  als  der  Bader  um  Er- 
leichterung nachsuchte,  gab  ihm  der  Rat  den  Trost,  „wenn  nach  Beschaffenheit  der 
Zeit  sich  keine  oder  nur  sehr  wenige  Badgäste  einfinden  sollten,  daß  er  nicht  erleiden 
möchte  zu  wärmen,  daß  dann  wohl  niemand  ihn  dazu  nötigen  werde".  1766  wurde  die 
Badestube  neu  gebaut.  Der  Bader  erhielt  5000  fl.  zu  2V2  o/o  geliehen  und  alles  Holz  zum 
Baue  frei.    Als  1801  die  Badestube  der  Stadt  zum  Ankauf  empfohlen  wurde,  fehlte  es 

am  nötigen  Oelde,  und  1804  wurde 
der  Vorschlag  gemacht,  das  Bad- 
haus zur  Errichtung  eines  Waisen- 
hauses anzukaufen.  Durchgeführt 
wurde  er  aber  nicht.  Dem  Bader 
ließ  man  das  Geld  mit  leichtem  Zins 
unter  dem  Vorbehalt,  daß  das  Ge- 
bäude stets  eine  Badestube  bleibe 
(sie  bestand  schon  vor  1349)  und 
in  unklagbarem  Zustande  erhalten 
werden  müsse.  1841  forderte  der 
Rat  jedoch  eine  Verzinsung  seines 
Geldes  zu  4  "/o  57^  und  nicht  lange 
nach  1843  scheint  die  Badestube 
eingegangen  zu  sein. 
Im  17.  Jahrhundert  hielt  man  die 
Badestube  noch  für  unentbehrlich. 
So  singt  Greill  1610  von  München 

Abb.  91.  Deutsche  Badestube  zu  Anfang  des  18.  Jahr-  "^^^  Aufzählung  von  zweiundvier- 
hunderts.  Kupfer  aus:  Abraham  a  Santa  Clara,  Etwas  zig  Weinhäusern,  vierzehn  Meth- 
für  Alle.  Würzburg,  1711.  schenken,  zweiundsiebzig  Bierbrau- 

ereien und  zweiundsechzig  Bäckereien: 

„Vergessen  hett  ich  schier  noch  eins. 

Welches  dannoch  kein  kleins, 

Daß  da  zwölff  offne  Bad  thut  han, 

Darin  man  sich  kan  putzen  lan"*'^. 

In  einer  Stettiner  Pestordnung  von  1625  wird  vor  unnötigen  Versammlungen  in  den 
Badestuben  gewarnt  und  zugefügt,  man  könne  derselben  „ad  Interim  eine  Zeitlang  woll 
entrathen"  475.  Noch  1711  sagt  Abraham  a  Santa  Clara,  wer  ein  Freund  der  Reinlich- 
keit ist,  werde  in  Wahrheit  auch  ein  Freund  des  Badens  sein.  Wie  denn  fast  alle  Land- 
schaften nicht  ohne  Bäder  sein  werden  (Abb.  91)288^  und  im  Odenwalde  waren  1754 


Im  allgemeinen  schröpfte  man  nun  nur  noch  in  den  Badestuben  215 

die  Badestuben  noch  so  in  Brauch,  daß  Klein  Kleidung,  Gebäude  (Tiguria),  Bäder  (Hy- 
pocausta)  und  Betten  in  einem  Kapitel  beschreibt,  die  Badestuben  demnach  als  zum 
Leben  notwendige  Einrichtungen  galten.  Der  Schilderung  nach  waren  sie  mit  Holz  ge- 
heizte Heißluftbäder,  aus  der  sich  die  Besucher  direkt  an  die  freie  Luft  zur  Arbeit  be- 
gaben, ob  es  nun  regnerisch,  windig  oder  tcalt  war.  Auch  Wöchnerinnen  brachte  man 
in  die  Badestube  6*5. 

Abgesehen  von  Krankheitsfällen  scheint  die  Badestube  aber  von  den  meisten  nun 
nur  noch  zur  Vorbeugung  von  Krankheiten  einige  Male  im  Jahre  in  Verbindung  mit  dem 
Schröpfen  benutzt  worden  zu  sein.  Schon  im  17.  Jahrhundert  wird  in  Muri  (Aargau)  dem 
Hofscherer  befohlen,  die  „Schweiß-  und  Schräpfbäder"  ordentlicher  Zeit  abzuhalten  557. 
in  Ettenhausen  erhielt  der  Wagner  Zehnder  1720  von  der  Äbtissin  Euphemia  des 
Klosters  Tänikon  eine  Schweißstubengerechtigkeit  mit  Schenkrecht  und  zwar  nicht  für 
das  ganze  Jahr.  Die  Schweißstube  sollte  er  jeweils  vom  13.  November  bis  zum  Johannis- 
tag zum  öffentlichen  Gebrauche  geben.  Jeden  Samstag,  und  wenn  ein  Feiertag  darauf 
fiel,  am  vorhergehenden  Freitag,  wurde  das  Badezimmer  geheizt.  An  anderen  Tagen 
durfte  niemand  mit  Brot  und  Wein  bewirtet  werden.  Keine  Verdächtigen,  besonders 
Fremde  und  Landstreicher,  sollten  im  Hause  übernachten.  Spiel  und  Tanz  war  jederzeit 
untersagt,  im  Sommer  wurde  das  Bad  um  zehn,  im  Winterum  neun  Uhr  geschlossen  ist*. 

Fast  durchgehends  geben  die  Schriftsteller  gegen  Ende  des  18.  und  zu  Anfang  des 
10.  Jahrhunderts  an,  daß  die  Bader  nichts  mehr  mit  Baden  zu  tun  hätten.  Die  Bader  und 
Barbierer,  sagt  Grüner  1789,  unterschieden  sich  allein  durch  den  Besitz  der  Bade-  oder 
Barbierstube,  die  Bader  machten  den  bloßen  Barbierer  oder  deutschen  Chirurgen  und 
unterschieden  sich  durch  weiter  nichts,  als  durch  das  Ansetzen  der  Schröpfköpfe,  dessen 
sich  die  Barbierer  schämten  654  (siehe  Anm.  S.  21Q). 

Doch  auch  dem  gewohnheitsgemäß  genommenen  Schweiß-  und  Schröpfbad  schlug 
die  letzte  Stunde.  Ich  erinnere  an  die  Privatbäder  der  bayerischen  Bauern,  die  1827 
nicht  mehr  zum  Baden  Verwendung  fanden.  1822  schreibt  P.  Maurus  Lindenmayr  von 
Österreich  ob  derEnns:  „'s  Schrepfen,  's  Dünstbad  um  Quatemä  ist  ietzunda  gar 
a'kemmä"  ^6**. 

Gleichzeitig  mit  dem  schnellen  Rückgang  der  alten  Badestuben  im  18.  Jahrhundert 
setzt  die  Agitation  der  Ärzte  für  Wiedereinführung  der  Bäder  ein,  die  mit  der  für  kalte 
Bäder  Hand  in  Hand  ging.  Dr.  Schelhamer  beklagt  1747,  daß  die  Bäder  so  sehr  in 
Verachtung  geraten  wären.  Er  sagt,  daß  er  sich  erinnere,  ehemals  in  allen  nur  einiger- 
maßen berühmten  Städten  Deutschlands  öffentliche  Bäder  gesehen  zu  haben,  worinnen 

*  Diese  Badestube  scheint  nicht  für  Wasserbäder  eingerichtet  gewesen  zu  sein,  dafür  spricht  der 
Betrieb  vom  13.  November  bis  zum  Johannistag,  der  also  in  den  iVlonaten  stattfand,  welche  die  An- 
weisungen zur  Gesundheit  im  großen  und  ganzen  zum  Schweißbaden  empfahlen.  **  Daß  auch  in 
früheren  Jahrhunderten  die  Quatemberbäder  eine  Rolle  spielten,  geht  aus  den  häufig  viermal  im  Jahr 
(zu  Fronfasten,  Weihfasten)  stattfindenden  Seelbädern  und  den  Quartaibädern  der  Handwerker  her- 
vor. Es  handelte  sich  gewiß  um  Bäder,  die  man  zur  Erhaltung  der  Gesundheit  für  unbedingt 
notwendig  hielt.    Ich  erinnere  daran,  daß  auch  der  Aderlaß  viermal  im  Jahr  stattfand. 


216  Die  russischen  Dampfbadeanstalten  in  Deutschland 

sich  das  Volk  täglich  gebadet  habe.  Es  wären  aber  dieselben  in  Verfall  geraten,  weil  die 
Obrigkeit  jedes  Orts  auf  dergleichen  Anstalten  zu  wenig  acht  gehabt  hätte,  weswegen 
er  ihnen  auch  aufs  Nachdrücklichste  die  Wiederherstellung  ans  Herz  legte  97.  eii.  Dabei 
zeigte  man  keine  große  Lust,  die  alte  deutsche  Badestube  wieder  einzuführen.  Grüner 
wollte  1789,  man  solle  bei  dem  herrschenden  Modegeschmack  am  Baden  den  Bader  im 
wahren  Sinne  des  Wortes  wieder  den  Bader  machen,  von  ihm  kalte  und  warme  Bäder 
in  der  Badestube  besorgen  lassen  und  ihm  genaue  Anweisung  geben,  wie  und  wo  er 
dergleichen  anlegen  und  in  verschiedenen  Fällen  bei  verschiedenen  Personen  brauchen 

solle  654 

Der  größte  Teil  der  Ärzte  gab  sich  gar  nicht  die  Mühe,  die  Geschichte  der  deutschen 
Badestube  und  deren  einstige  Einrichtung  zu  studieren*,  obwohl  in  den  Sammel- 
werken seitenlange,  aus  Reiseberichten  gezogene  Beschreibungen  fremder  Schwitzbäder 
zu  finden  sind.  Die  meisten  Schriftsteller  erwähnen  sie  nur  flüchtig  als  geheizte  Kam- 
mern mit  abscheulicher  Atmosphäre,  die  teils  sogar  unter  der  Erde  gelegen  sein  sollten. 
Dies  wurde  besonders  in  einem  Werk  des  in  russischen  Diensten  stehenden  Arztes 
Sanchez  hervorgehoben,  von  dem  ein  Auszug  1789  zu  Memmingen  deutsch  erschien  6i2^ 
und  das  die  russischen  Dampfbäder  als  Allheilmittel  empfahl,  die  alle  Übelstände  der 
deutschen  Badestuben  nicht  haben  sollten.  Der  bayrische  Stadtgerichtsarzt  und  Medi- 
zinalrat Hirsch  begründete  1815  ihre  Einführung  in  Deutschland  neben  dem  Nutzen 
für  unser  Volk  sogar  damit,  die  durch  Deutschland  ziehende  kaiserlich  russische 
Armee  bei  guter  Gesundheit  zu  erhalten  öi3.  Es  bedurfte  nicht  des  Aufrufs,  die  Russen 
halfen  sich  schon  selbst.  Aus  Schlesien  wird  wenigstens  berichtet,  daß  sie  gewöhnlich 
eine  feste,  ziemlich  luftdichte  Bauernstube  zum  Bad  herrichteten,  indem  sie  den  Kachel- 
ofen bis  zum  Heizungsherd  abbrachen,  Feldsteine  auflegten  und  wie  in  der  Heimat 
badeten.  Die  kalte  Schlußbegießung  nahmen  sie  auf  dem  Hofe  beim  Brunnen  vor  643**. 

Das  erste  russische  Dampfbad  wurde  1781  unter  dem  Namen  des  englischen  Dampf- 
bades (weil  eins  vorher  in  London  bestand)  von  einem  Arzte  Uden  in  Berlin  errich- 
tet 6i4  Es  war  in  Vergessenheit  geraten,  als  1818  ein  höherer  preußischer  Steuerbeamter 
Pochhammer  in  Berlin  das  Mariannenbad  eröffnete,  in  dem  von  den  gewöhnlichen 
Bädern  abgesondert  das  „erste"  russische  Dampfbad  erbaut  wurde.  Sanchez'  Buch, 
der  Rat  eines  geborenen  Russen  und  „die  Ansicht  des  russischen  Bades,  welches  des 
Königs  von  Preußen  Majestät  zu  Ihrem  Gebrauche  zu  Potsdam  hatten  einrichten  lassen", 
dienten  dabei  zur  Anleitung  652    Dieses  Bad  im  Potsdamer  Schlosse,  das  Friedrich  der 

*  Charakteristisch  ist,  daß  nach  Ephrussi  der  Holzschnitt  einer  deutschen  Badestube  von  Hans  Bal- 
duno Grien  im  Cabinet  des  Estampes  zu  Paris  den  Namen  „Bain  d'Orient"  führt  (s.  auch  Nachtrag)  6"". 
**  Noch  16Q0  verlangte  der  brandenburgische  Militärarzt  ä  Gehema  die  Benutzung  der  Badestuben 
auch  für  den  deutschen  Soldaten.  „Das  vierte  Mittel",  sagt  er,  „wodurch  die  Soldaten  sich  prae- 
serviren  können,  sind  die  Bäder  und  Badstuben,  wodurch  aller  in  denen  poris  und  Schweißröhrlein 
der  Haut  sitzende  Unrath,  welcher  die  so  nothwendige  transpiration  oder  außdämpfung  verhindert, 
und  zu  vielen  Kranckheiten  uhrsache  giebet,  außgetrieben  wird;  dannenhero  der  Mensch  hurtig, 
munter,  leicht,  actif  und  frisch  wird,  gleich  als  wann  er  von  neuen  were  gebohren  worden"  i*".  Diese 
Stelle  findet  sich  in  MuRALTs  Kriegs-  und  Soldatendiät  von  1712  wörtlich  wieder  ^so. 


Die  römisch-irischen  Bäder  in  Deutschland  217 

Große  für  sich  erbauen  ließ,  iiatte  um  die  eigentliche  Badestube  herum  mehrere  Back- 
öfen, die  ihre  „Glut"  aus  Drachenköpfen  in  das  Zimmer  ergossen  und  einzeln  durch 
Hähne  an-  und  abgestellt  werden  konnten  653.  |n  der  PoCHHAMMERschen  Anstalt  wurden 
rotglühend  gemachte  Kieselsteine  mit  Wasser  begossen.  Die  Badenden  ließen  sich 
nach  vollständiger  Durchwärmung  mit  eingeseiften  Birkenzweigen  reiben  —  die  in  den 
Schriften  von  Sanchez  und  Hirsch  sonderbarerweise  den  alten  deutschen  Namen 
„Badequästen"  führen  —  und  danach  den  Seifenschaum  mit  lauwarmem  bis  kaltem 
Wasser  abgießen.  Es  fanden  außerdem  noch  Übergießungen  statt,  auch  in  Form  der 
verschiedenen  Duschen.  Nicht  selten  wurde  das  kalte  Wasserbad  mehrere  Minuten  lang 
benutzt,  nachdem  sich  die  Badenden  vorher  in  einer  Temperatur  von  50  o  C  befunden 
hatten,  in  die  sie  nach  dem  Bad  wieder  hinaufstiegen.  Diese  wechselwarmen  Prozeduren 
wurden  mit  einer  kalten  geschlossen.  Gesunde  kleideten  sich  darauf  an  oder  begaben 
sich  der  Gemächlichkeit  wegen  noch  einige  Zeit  auf  ein  Ruhebett  im  Aus-  und  An- 
kleidezimmer. Kranke  schwitzten  dort,  in  wollene  Decken  gehüllt,  nach  652  |m  großen 
und  ganzen  badete  man  hier  wieder  wie  in  der  alten  deutschen  Badestube. 

Nach  den  Plänen  der  PocHHAMMERschen  Anstalt  wurden  in  den  zwanziger  Jahren 
des  19.  Jahrhunderts  ähnliche  in  Berlin,  Frankfurt  a.  d.  Oder  Blankenburg  i.  d.  Ucker- 
mark, Helfte  im  Mansfeldischen,  Freienwalde,  Magdeburg,  Groß-Salze,  Potsdam,  Stettin, 
Memel,  Köln  a.  Rhein,  Danzig  und  Breslau  errichtet  643.  652  Um  die  gleiche  Zeit  ent- 
standen die  russischen  Dampfbäder  zu  Frankfurt  a.  M.,  Halle,  Weimar,  Leipzig,  Dresden, 
Prag,  Wien,  Weißenfels,  Bahrenfeld,  Altona,  Hamburg  643.  653^  jm  Muskauer  Hermanns- 
bade und  beim  Solbad  zu  Elmen  622  in  Würzburg  wurde  es  mit  einer  orthopädischen 
Anstalt  verbunden  (1825)653;  jm  BARRiEschen  Alexanderbade  zu  Hamburg  fand  sich 
auch  ein  sogenanntes  türkisches  Bad  mit  wohlriechenden  Dämpfen  622.  643. 

Auch  das  alte  deutsche  Badstübchen,  den  Schwitzkasten,  bei  dem  der  Kopf  nicht 
vom  Dampfe  umgeben  war  (Abb.  54  e),  führte  Marcard  1778  als  englische  Neuheit  ein  160. 
Von  Großbritannien  mußten  wir  uns  auch  die  zweite  Form  der  alten  deutschen  Bade- 
stube, das  Heißluftbad  mit  Übergießungen,  unter  dem  Namen  des  römisch-irischen  Bades 
holen.  Der  irische  Arzt  Barther  errichtete  1856  in  St.  Anns  Hill  bei  Cork  in  Irland  das  erste 
„römische  Bad".  Als  Neuerung  (?)  fügte  er  am  Schluß  Begießungen  hinzu,  deren  Wärme- 
grad allmählich  abnahm  168  Die  erste  derartige  Anstalt  schuf  in  Deutschland  ein  Dr. 
Luther  in  Nudersdorf  bei  Wittenberg  in  den  sechziger  Jahren  des  IQ.  Jahrhunderts  50i*. 

Die  zweite  Hälfte  des  1 8.  Jahrhunderts  war  für  die  alte  deutsche  Badestube,  die  doch 
in  ihrer  Hauptform  Schwitzbad  war,  besonders  ungünstig,  weil  von  ärztlicher  Seite 
die  hitzige  Lebensweise,  wie  man  sagte,  samt  den  Schwitzbädern  bekämpft  wurde. 
ZwiERLEiN  spottet  1793  über  die  „altmodischen"  Schwitzdoktoren  656  Die  kalten 
und  lauen  Bäder  waren  Mode  und  dadurch  entstanden  neben  den  Badeanstalten  auf 

Es  herrschte  geradezu  eine  Sticht,  alte  deutsche  Badeweisen  mit  fremdem  Namen  zu  benennen. 
1803  erwähnt  Schreger  das  Schwitzen  über  Weingeistdampf,  wobei  nach  „spanischer  Sitte"  der 
Körper  in  Tücher  gehüllt  auf  einen  Lehnstuhl  gebracht  wird-i  (vergl.  Abb.  54d). 


218  Die  deutschen  Badestuben  im  19.  Jahrhundert 

den  Flüssen  jene  schon  besprochenen  nach  französischem  Muster,  die  Wasserheil- 
anstalten im  heutigen  Sinne  waren  und  neben  einfachen  Reinigungsbädern  über  einen 
reichlichen  Badeapparat  verfügten  und  sich  in  den  Einrichtungen  mit  den  Mineralbädern 
deckten,  ja  diese  zu  ersetzen  strebten.  Eins  der  Cannstatter  Bäder  hatte  1838  sogar  ein 
künstliches  Salzbad  mit  Wellenschlag  als  Surrogat  für  Seebäder.  1838  wurden  dort 
Schlammbäder  eingeführt  i54 

Der  größte  Teil  der  Bäder,  welche  ehemals  als  mineralhaltig  galten,  es  aber  nicht 
waren,  ging,  wenn  nicht  zugrunde,  in  die  genannten  Badeanstalten  auf.  So  war  die 
S.  46  erwähnte,  im  Fechthause  zu  Nürnberg  gelegene  das  alte  Wildbad,  das  schon 
1577  nach  zweihundertjährigem  Bestehen  in  Stein  neu  aufgeführt  wurde.  Das  1628 
erbaute  Fechthaus  machte  einen  Flügel  des  Wildbadhauses  aus  und  diente  ursprüng- 
lich nur  als  Vergnügungsraum  i^s. 

Mit  diesen  Badeanstalten  war  aber  kein  Ersatz  für  die  alte  Badestube  geboten,  die 
große  Masse  des  Volkes  wurde  von  ihnen  nicht  berührt.  Tissots  Anleitung  für  das 
Landvolk  war  in  fast  alle  europäischen  Sprachen,  ja  in  Dialekte  übersetzt.  Gelesen 
wurde  sie  aber  nach  zeitgenössischem  Urteil  von  dem,  für  den  sie  bestimmt  war,  nämlich 
vom  Bauern,  nicht  6ö3.  Hufelands  nötige  Erinnerung  an  die  Bäder,  zur  Belehrung  des 
Volkes  geschrieben,  erließ  Bertuch  im  Journal  des  Luxus  und  der  Moden  sis,  und  das  las 
der  gemeine  Mann  nicht,  auch  wohl  kaum  die  übrigen  diesbezüglichen  HuFELANDschen 
Schriften.  So  badete  denn  das  Volk  gar  nicht  mehr.  „Auf  Baden  in  warmem  Wasser 
haltet  der  Roggwyler  wenig",  heißt  es  1835  in  einer  Schweizer  Dorfchronik,  „dieses 
wird  mehr  für  eine  Mode,  denn  für  die  Gesundheit  zuträglich  angesehen;  obwohl 
auch  nur  die  bloße  Reinigung  des  Leibs  zu  empfehlen  wäre"  *  657 

Das  war  jedoch  nicht  überall  so.  Wir  erfuhren  schon,  daß  in  München  die  Handwerker 
noch  1836  Seeibäder,  wenn  auch  nur  einige  Male  im  Jahr,  ankündigen  ließen  46.  Kahtlor 
schreibt  1822  von  den  deutschen  Badestuben,  man  setze  sich  in  denselben  nur  durch 
starke  Hitze  ihrer  Öfen  in  Schweiß.  Viele  Personen  schwitzten  in  ihnen  zu  gleicher 
Zeit,  so  daß  die  Luft  bald  zu  einem  stinkenden  Qualm  werde.  Wohl  seien  viele  Bade- 
häuser mit  Flüssen  in  Verbindung  gesetzt,  manche  aber,  wenn  sie  auch  in  der  Nähe 
vom  Wasser  lägen,  nicht.  In  der  Badestube  befänden  sich  viereckige,  in  die  Erde  ge- 
grabene, mit  Brettern  oder  Backsteinen  belegte  Löcher,  in  denen  man  nach  dem 
Schwitzen  bade.  Das  täten  aber  nur  wenige,  die  meisten  reinigten  sich  durch  Ab- 
waschen. In  einem  alten  Badehause  zu  Krautheim  an  der  Jagst  sah  Kahtlor  neben  den 
erwähnten  Löchern,  also  den  in  die  Erde  gelassenen  Badewannen,  noch  eine  Ein- 
richtung, die  er  als  ein  ehemals  bestandenes  Gußbad  deutete,  das  durch  ein  kleines, 
vom  Berge  kommendes  Bächlein  bewerkstelligt  sein  sollte  644^  die  ich  aber  doch  eher 
für  eine  verfallene  Wasserzuleitung  halten  würde,  falls  sie  aus  älterer  Zeit  stammte. 

Augsburg  hatte  1837  zehn  Badestuben,  von  denen  eine,  die  BREYVOOELsche,  als 
neue  Badeanstalt  von  Jäger  rühmend  hervorgehoben  wird  496.  Von  Wetzler  erfahren 
*  1663  wurde  aber  noch   in  derselben  Gemeinde  alles  Baden  in  Bädern  an  Sonntagen  verboten''". 


Die  deutschen  Badestuben  im  19.  Jahrhundert  2 1 9 

wir  1822,  daß  sich  in  Augsburg  in  vier  Häusern  Schwitzbäder  vor- 
fanden, welche  die  Woche  zweimal  bereitet  und  von  den  Webern, 
Fabrii<arbeitern,  Taglöhnern  usw.  zahlreich  benutzt  wurden.  Viele 
besuchten  sie  das  ganze  Jahr  hindurch,  und  sie  waren  ihnen  so 
zum  Bedürfnis  geworden,  daß  sie  sich  unwohl  fühlten,  wenn  sie 
dieselben  einmal  nicht  besuchen  konnten.  Von  vornehmen  Leuten  wur- 
den diese  vier  Badestuben  nicht  gebraucht.  Wetzler  erst  riet  „rechtlichen  Bürgern" 
und  sogenannten  Honorationen,  bei  Rheumatismen  die  Bäder  eigens  heizen  zu  lassen, 
um  allein  baden  zu  können,  und  im  geschlossenen  Wagen  hinzufahren.  Sonderbarer- 
weise bezeichnet  Wetzler  diese  vier  Augsburger  Schwitzbäder  nicht  als  Bade- 
stuben, sondern  schreibt,  es  sei  kein  Schade,  daß  die  deutschen  Badestuben  ein- 
gingen. Er  habe  selbst  solche  in  Bayern  und  Schwaben  gesehen,  die  enge,  finstere 
Löcher  ohne  Lufterneuerung  waren,  durch  stark  geheizte  Öfen  erhitzt  wurden  (also 
keine  Dampf-,  sondern  Heißluftbäder  waren !),  wo  man  ungeheuer  schwitzte  und  zu- 
gleich und  im  Übermaß  schröpfte.  Trotzdem  kann  kein  Zweifel  darüber  herrschen,  daß 
die  vier  Bäder  zu  Augsburg  alte  deutsche  Badestuben  waren,  wodurch  bewiesen  wird, 
daß  es  eben  zur  Zeit  nicht  nur  enge,  finstere  Löcher  zum  Schweißbaden  in  Deutschland 
gab*.  Sie  bestanden  aus  einer  Schwitzstube  und  einem  Verschlage,  wo  der  Badende 
sich  aus-  und  ankleidete  und  nach  dem  Bad  verweilte,  bis  er  sich  abgekühlt  hatte.  Die 
Hitze  fand  Wetzler  36  bis  38  "  R.  Das  Bad  kostete  nur  vier  Kreuzer.  Beide  Geschlechter 
badeten  zusammen.  Leider  sagt  Wetzler  nicht,  ob  Dampf  entwickelt  wurde.  Er  hielt 
die  Anstalten,  so  mangelhaft  sie  wären,  doch  für  eine  große  Wohltat  für  die  Arbeiter, 
namentlich  die  Weber,  welche  in  Augsburg  auch  den  Winter  unter  der  Erde  arbeiteten. 
Wetzler  entwarf  nun  folgenden  Plan.  Die  kalten  Bäder  hielt  er  zur  allgemeinen  Ein- 
führung als  diätetisches  Mittel  nicht  für  geeignet,  wohl  aber  die  warmen,  weil  sie  das 
ganze  Jahr  hindurch  genommen  werden  können.  „Die  öffentlichen  allgemeinen  Bäder", 
sagt  er,  „können  keine  Wasserbäder  sein,  die  Anlegung  und  Einrichtung  der  Ge- 
bäude, die  Bereitung  der  Bäder  würde  zu  viele  Kosten  erfordern".  So  empfahl  er  dann 
für  den  großen  Haufen  die  Dampfbäder  und  verlangte  von  den  großen  Städten  Deutsch- 
lands als  Notwendigkeit  die  Einführung  von  Bädern,  namentlich  Dampf-  und  Dusch- 
bädern.   Der  Dampf  sollte  am  besten  mit  Röhren  aus  dem  Kessel  in  das  Badegemach 

*  Die  Auffassung  Wetzlers  ist  wieder  ein  Beleg,  wie  gering  man  das  Gute  im  eigenen  Lande 
schätzte.  In  Schregers  Baineotechnik  (1803)^  sind  sämtliche  in  Deutschland  bestehenden  Bäder  auf- 
geführt, aber  keine  einzige  alte  deutsche  Badestube,  z.  B.  in  Frankfurt  die  KOHLschen  und  HoFschen 
neuen  Badeanstalten,  nicht  aber  die  dort  zur  Zeit  noch  bestehende  Badestube,  weil  er  die  deutsche 
Badestube  nicht  als  Bad  auffaßte.  Es  handelte  sich  bei  dieser  ja  schließlich  auch  nur  noch  um  einen 
besonders  stark  erhitzten  Raum,  der  in  den  meisten  Fällen  zum  Schröpfen  erwärmt  wurde,  und 
diesem  Heißluftbad  versagte  man  den  Namen  Bad.  So  erklären  sich  denn  auch  die  gleichzeitigen, 
widersprechenden  Angaben,  die  Bader  hätten  nichts  mehr  mit  Baden  zu  tun  und  seien  nur  noch 
Schröpfer  (S.  215),  einerseits  und  andererseits,  die  deutschen  Badestuben  würden  durch  stark  ge- 
heitzte  Öfen  zum  Zwecke  des  Schwitzens  erhitzt,  seien  also  Schwitzbäder,  und  man  schröpfe  im 
Übermaß  darin. 


220  Die  Wasch-  und  Badeanstalten 

geleitet  werden.  Vor  dem  Schwitzbad  sollte  ein  laues  Bad  oder  eine  Abwaschung  mit 
Seife  genommen  werden,  im  Bad  wünschte  er  Massage  und  zum  Schluß  ein  Abwaschen 
oder  Begießen  mit  Wasser  von  geringer  und  zuletzt  von  kalter  Temperatur  370. 

Vielleicht  waren  Wetzlers  Vorschläge  doch  nicht  ganz  in  Vergessenheit  geraten; 
denn  1852  beantragte  der  Gerichtsarzt  Dr.  Wolfring  in  Fürth  eine  Dampf badeanstalt 
für  Quecksilberarbeiter.  Sie  sollte  als  Schutzmittel  gegen  Metallintoxikationen  der 
Quecksilber-  und  Farbwarenarbeiter  dienen  6i5.  Tatsächlich  kam  sie  in  Verbindung 
mit  einer  anderen  Art  von  Badeanstalten  zur  Ausführung,  die  ihren  Ausgang  von  Eng- 
land nahm  und  dem  Volk  einen  Ersatz  der  alten  deutschen  Badestube  anfangs  zu 
bieten  schien,  in  England  ihre  Aufgabe  auch  erfüllte. 

Als  in  England  1832  die  Cholera  ausbrach,  erneute  sich  die  längst  gemachte  Er- 
fahrung, daß  die  Seuche  in  den  unreinlichsten  Quartieren  den  bösartigsten  Charakter 
annahm  und  selbigen  von  den  genannten  Punkten,  wie  von  einem  Fokus  aus,  auf  die 
Nachbarschaft  übertrug.  Man  fühlte  das  Bedürfnis  größerer  Reinlichkeit  in  allen  Stadt- 
teilen und  allen  Schichten  der  Bevölkerung.  Einer  armen  Frau  gebührt  das  Verdienst 
der  Lösung.  Sie  zuerst  mietete  in  einem  abgelegenen  Hinterhause  einen  Schuppen, 
stellte  dort  einen  Waschkessel  auf  und  machte  es,  unterstützt  durch  die  Beiträge  einiger 
Damen,  nach  Anschaffung  der  nötigsten  Waschgeräte  möglich,  ihren  Nachbarinnen 
gegen  einen  Wochenbetrag  von  einem  Penny  eine  Waschgelegenheit  außerhalb  ihrer 
eigenen  engen  Wohnungen  zu  verschaffen.  Nach  kurzer  Zeit  hatte  sie  fünfundachtzig 
Arbeiterfamilien  zu  ihren  Kunden.  Überrascht  durch  dieses  Ereignis,  bemächtigte  sich 
die  gutgesinnte  Spekulation  des  fruchtbaren  Gedankens,  worauf  dann  im  Jahre 
1842  die  erste  regelmäßige  Anstalt  dieser  Art  zu  Liverpool  eröffnet  ward^ie.  Mit  diesen 
englischen  Waschhäusern  waren  Bäder  verbunden,  in  Liverpool  acht.  Gleich  darauf 
baute  man  in  London  zwei  größere  Anstalten  gleichen  Charakters.  In  einer  großen 
Volksversammlung  in  London  wurde  nun  1844  auf  die  hohe  Bedeutung  dieser 
Wasch-  und  Badeanstalten  für  das  Volkswohl  nachdrücklich  hingewiesen;  infolge- 
dessen befaßte  sich  eine  Parlamentsakte  von  1846  mit  dem  Bau  derselben,  nach  der  den 
Gemeinden  die  Verwendung  von  öffentlichen  Geldern  gestattet  wurde  und,  was  das 
wesentlichste  war,  die  Verpflichtung  bestand,  zwei  Drittel  der  Bäder  für  Arbeiter  ein- 
zurichten und  den  Preis  für  ein  kaltes  Bad  mit  zehn,  den  für  ein  warmes  mit  zwanzig 
Pfennig  anzusetzen.  1854  waren  schon  zwölf  derartige  Anstalten  in  England  errichtet  soo. 

In  Deutschland  entstand  die  erste  Badeanstalt  nach  diesem  Vorbild  in  Hamburg. 
Die  Stadt  gab  den  Grund  und  Boden  samt  der  Wasserversorgung  umsonst  ab.  1855 
war  die  Anstalt  fast  vollendet  *  und  kostete  bis  dahin  über  hunderttausend  Mark.  Neben 
der  Bade-  und  Wascheinrichtung  bestand  auch  ein  Schnelltrockenraum,  so  daß  man 
während  des  Badens  seine  Leibwäsche  reinigen  lassen  konnte  016**.    in  Fürth  wurde 

*  In  Wien  bestand  aber  1842  im  „Fahnenstangenwasser"  eine  Flußbadeanstalt,  die  einem  Herrn 
Kauft  gehörte,  und  mit  ihr  war  eine  Waschanstalt  mit  zwei  Duschen  in  Verbindung,  die  zahlreichen 
Besuch  herbeilockten  "6.    **  Schon  der  König  vom  Odenwald  erwähnt  zu  Anfang  des  14.  Jahrhun- 


Die  Brausebadanstalten  221 

1857  die  vierte  deutsche  und  erste  bayrische  „Bad-  und  Waschanstalt"  errichtet,  mit  der 
das  erwähnte  Dampfbad  für  Metallarbeiter  verbunden  wurde.  Sie  war  Eigentum  einer 
Aktiengesellschaft  615.  en.  Wurden  durch  die  Verbindung  von  Bad-  und  Waschanstalt 
die  Betriebskosten  vermindert,  und  konnte  man  dadurch  Bäder  um  einen  billigen,  für  den 
Arbeiter  aber  immer  noch  hohen  Preis  bieten,  so  erlangten  diese  Bäder  doch  keine 
Volkstümlichkeit.  Die  zeitgenössischen  Schriftsteller  heben  die  Großartigkeit  der  An- 
stalten hervor,  und  darin  lag  die  Ursache  ihres  Untergangs.  Man  hätte  weniger  kost- 
spielige Anstalten  und  mehrere  bauen  sollen.  Schon  1858  betont  Pappenheim,  daß 
Badeanstalten,  wenn  sie  nützen  sollen,  sich  mitten  in  der  dichtesten  Arbeiterbevölkerung 
befinden  müssen,  darum  waren  in  Berlin  zu  derselben  Zeit  die  Flußbäder  außerordentlich 
beliebt.  Sie  wurden  an  einzelnen  Sommertagen  von  tausend  Personen  besucht,  und  der 
Preis  des  Bades  betrug  nur  sechs,  mit  Handtuch  zehn  Pfennig  öis. 

Die  Lösung  der  Frage  des  volkstümlichen  Bades  gebührt  Lassar.  Schon  1832  hatte 
Meissner  als  Ersatz  des  Flußbades  für  Soldaten  Duschen  in  leicht  transportabler 
Form  unter  dem  Namen  Militärbad  empfohlen  446  aber  Lassar  hob  hervor,  daß 
das  Brausebad  nur  dann  dem  Volk  von  Nutzen  sei,  wenn  es  warm  oder  kalt  mit  Seife 
und  Handtuch  in  einzelner  Zelle  für  zehn  Pfennig  geboten  würde  620.  Auf  der  Berliner 
Hygiene-Ausstellung  führte  Lassar  1883  praktisch  seine  Gedanken  durch.  In  einem 
Wellblechhäuschen  waren  zehn  Brausezellen  eingerichtet,  die  von  zehntausend  zahlenden 
Besuchern  benutzt  wurden  soo.  Wenn  auch  vorläufig  kein  Grund  vorhanden  ist,  an  das 
Aufblühen  der  alten  deutschen  Badefreudigkeit  zu  glauben,  so  möge  doch  Lassars 
Wunsch  in  Erfüllung  gehen: 

„Jedem  Deutschen  wöchentlich  ein  Bad!"620. 


derts,  man  ginge  in  die  Badestube,  daß  man  die  Kleider  wasche  ^^»^  und  als  dem  Hans  Ulrich  Krafft 
1573  in  Baden  (Schweiz)  die  Weiber  sein  „schnupftüechlin"  entführten,  brachten  sie  es  ihm  sauber 
und  trocken  zurück,  ehe  er  seine  Kleider  angezogen  hatte  32«. 


DIE  DEUTSCHEN  MINERALBÄDER  IM  MITTELALTER  UND 
DIE    AUS   DIESEM    IN   DIE   NEUZEIT   HINÜBERGENOM- 
MENEN BADEOEBRÄUCHE  * 


jiatürliche  Bäder  zu  Heilzwecken,  Heil-  oder  Gesundbrunnen  genannt, 
sind  wahrscheinlich  seit  den  ältesten  Zeiten  in  Gebrauch.  Ich  er- 
innere an  die  Seite  24  ff.  genannten,  zumeist  heiligen  und  sehr  kalten 
Quellen.  In  Betracht  kamen  ferner  die  durch  ihre  Farbe,  Geschmack, 
Ausscheidungen  und  Wärme  auffallenden  Bäder,  die  Mineraibäder 
und  Thermen,  wobei  oft  genug  von  Mineralien  kaum  nennens- 
werte Bestandteile  vorhanden  waren,  die  kostbarsten  und  heil- 
bringendsten aber  angenommen  wurden.  Obenan  standen  von  jeher  die  natürlich 
warmen  Quellen.  Zum  Teil  wurden  sie  schon  von  den  Römern  benutzt  und  mit  Bade- 
anlagen versehen,  z.  B.  Aachen,  Bertrich,  Wiesbaden,  Badenweiler  und  die  drei  Baden : 
bei  Wien,  in  Baden  und  in  der  Schweiz  70.  Keines  der  Römerbäder  hatte  einen  dauern- 
den Bestand,  alle  zerfielen  oder  wurden  noch  öfter  in  Kriegszeiten,  mit  wenigen  Aus- 
nahmen von  germanischen  Völkerschaften,  zerstört.  Auf  ihren  Trümmern  entstanden 
neue  Anlagen,  zumeist  unter  Nichtbenutzung  der  römischen.  Mir  ist  als  Ausnahme  nur 
das  1845  abgebrochene  Verenabad  zu  Baden  in  der  Schweiz  bekannt,  dessen  Einfassung 
von  den  Römern  gebaut  wurde.  „In  der  nördlichen  Wand  sah  man  früher",  schreibt 
Keller  1864,  „in  dem  roten  Cement  die  Eindrücke  von  kleinen  quadratischen  Tafeln, 
welche  in  der  Weise  des  Opus  reticulatum  angeordnet  gewesen  waren"  i3i.  Auf  einer 
Handzeichnung  Vogels  vom  Jahre  1820  ist  es  gut  sichtbar  und  von  diesem  als  solches 
angemerkt  (Abb.  103  rechts  unten).  Beim  Abbruch  des  Bades  fand  man  in  der  Quelle 
römische  Münzen.  Das  aus  der  Zeit  der  Römer  stammende  und  wahrscheinlich  von 
diesen  als  Bad  benutzte  marmorne  Gewölbe,  das  den  „Ursprung",  die  Hauptquelle  von 
Baden-Baden,  aufnahm,  diente,  wenigstens  1606  362  und  1810,  nicht  als  Bad,  sondern  als 
Sammelkasten  des  heißen  Wassers  405.  Die  althochdeutschen  Worte  Badun  und  Wisi- 
badun  i6  sprechen  für  die  Benutzung  der  heute  noch  so  benannten  Badeorte  in  alter  Zeit. 
Während  die  Heilbrunnen  nur  Kranke  heilten,  finden  wir,  wenigstens  in  der  Sage, 
auch  Brunnen,  welche  die  Eigenschaft  besaßen,  Häßliche  schön  und  Alte  jung  zu  machen, 
die  sogenannten  Jungbrunnen.  Sie  sind  öfters  Gegenstand  bildlicher  Darstellungen 
(Abb.  92.  Q3)  und  dichterischer  Betrachtungen  gewesen. 


*  Um  Wiederholungen  zu  vermeiden,  ist  auch  die  nachmittelalterliche  Zeit  einiger  Mineralbäder  hier 
gleich  besprochen  worden. 


Der  Jungbrunnen 


223 


224 


Der  Jungbrunnen 


„Do  fürt  sy  in  dem  land(e),  den  tugenthaften  man, 

für  einen  (hohen)  perg;  da  west  sy  ein  jung  brunnen  stan, 

der  was  ain  halb  kalt(er),  und  anderhalb  was  er  warm : 

dar  ein  sprang  die  frawe,  sy  pat  sich  got  bewaren. 

Do  ward  sy  getaufet:  vor  was  sy  rauch  Eis  genant, 

nu  hiesz  sy  fraw  Sigminne,  dy  schönst  über  alle  laut. 

Do  het  sy  dy  rauhen  haut  in  dem  brunnen  gelan: 

in  gedaucht,  das  nie  kain  schöner  fraw(e)  war  getan." 

(Wolfdietrich)  ^-ii. 


Abb.  93.    Jungbrunnen  nach  einer  Freske  von  Hans  Holbein  d.  J.  im  Hertenstein-Hause  zu  Luzern 
(zwischen  1516  und  1519).    Nach  von  Liebenau. 


Diese  Darstellung  stammt  wohl  aus  einer  Zeit,  zu  der  man  noch  an  den  Jungbrunnen 
glaubte.  Man  denke  an  die  weiten  Wanderungen  Kranker  zu  den  kalten  Gebirgs- 
bädern,  um  dort  durch  Eintauchen  in  einfaches  kaltes  Wasser  Genesung  zu  erhalten, 
und  wird  nicht  unwahrscheinlich  finden,  daß  mancher  oder  manche  in  aller  Stille 
den  beschwerlichen  Gang  zum  einsam  im  Hochgebirge  gelegenen  Jungbrunnen  unter- 
nahm und  durch  Untertauchen  in  ihm  einen  Versuch  zur  Verjüngung  und  Ver- 
schönerung wagte. 

Ganz  anders  war  die  Auffassung  im  16.  Jahrhundert.  Man  vermengte  den  Jung-  mit 
dem  Heilbrunnen  und  stellte  ihn  demnach  als  Mineralbad  dar.  Im  Grundgedanken  der 
Altweibermühle  gleich,  spielte  er  nunmehr  die  Rolle  eines  Scherzes  und  kam  in  Nürn- 


Der  Jungbrunnen 


225 


berg  auch  einmal  an  der  Fastnacht  zur  Darstellung.   Hier  „Der  junkbrunn"  (1548)  von 
Hans  Sachs: 


„1.  Eins  nachts  träumt  mir  gar  wo!  besunnen, 

wie  ich  körii  zu  eim  großen  brunnen 

von  merbelstein  poheret  klar, 

darein  das  waßer  rinnen  war, 

warm  und  kalt,  aus  zweit  gülden  rören, 

gleich  eim  wiltbad;  tunt  wunder  hören: 

Dis  waßer  het  so  edle  kraft, 

welch  mensch  mit  alter  war  behaft, 

ob  er  schon  achzigjerig  was, 

wen  er  ein  stunt  darinnen  saß, 

so  teten  sich  verjüngen  wider 

sein  gmüt,  herz  und  alle  gelider. 

Um  den  brunnen  war  ein  gedreng, 

wan  dahin  kam  ein  große  meng, 

allerlei  nation  und  gschlechte, 

münich,  pfaffen,  ritter  und  knechte, 

burger,  bauer  und  hantwerker, 

der  kam  on  zal  zum  brunnen  her 

und  wolten  sich  verjüngen  laßen, 

vol  zug  es  zu  auf  allen  straßen, 

3.  Die  teten  sich  alle  verjüngen 

nach  einer  stunt,  mit  freien  Sprüngen 

sprangen  sie  aus  dem  brunnen  runt, 

schön,  wolgefarbt,  frisch,  jung  und  gsunt, 

ganz  leichtsinnig  und  wolgeberig, 

als  ob  sie  weren  zwainzig  jerig. 

Da  dacht  ich  mir  im  träum:  fürware, 

alt  bist  auch  vier  und  fünfzig  jare, 

dir  get  ab  an  ghör  und  an  gsicht, 

wes  zeichst  du  dich,  das  du  auch  nicht 


2.  Aus  allen  landen  weit  und  ferren 
auf  senften,  schütten,  wegen,  kerren, 
ir  vil  man  auf  radwerben  zug, 
etlich  man  auf  mistberen  trug, 
und  etlich  trug  man  auf  dem  rücken, 
etlich  gingen  daher  auf  krücken. 
Zusamen  kam  ein  häuf  der  alten 
wunderlich,  entig,  ungestalten 
gerunzelt,  zanlücket  und  kal, 
zittrent  und  kretzig  überal, 
dunkler  äugen  und  ungehöret, 
vergeßen,  doppet  und  halb  töret 
Ganz  mat,  bleich,  bogrücket  und  krum 
da  war  in  summa  summarum 
ein  husten,  reispem  und  ein  kreisten, 
ein  achizen,  seufzen  und  feisten, 
als  obs  in  einem  spital  wer. 
zwölf  man  waren  bestellet  her 
die  allen  alten,  so  sie  funnen, 
halfen  steigen  in  den  junkbrunnen ; 

wol  halt  in  den  junkbrunnen  sitzest, 
die  alten  haut  auch  von  dir  schwitzest? 
In  dem  daucht  mich,  wie  ich  zuhant 
auch  abzüg  alles  mein  gewant, 
in  dem  junkbrunnen  mich  zu  baden, 
ab  zu  kumen  des  alters  schaden, 
in  dem  einsteigen  ich  erwacht ; 
meins  verjüngens  ich  selber  lacht, 
dacht :  kein  kraut  ist  auf  ert  gewachsen 
mich  zu  verjüngen  und  Hans  Sachsen"  2' 


Als  1556  Pyrmont  als  Wunderbrunnen  in  Ruf  kam,  da  ließen  sich  nach  dem  Braun- 
schweiger Chronikenschreiber  BÜNTING  (1586)  auch  alte  verlebte  Weiber  hinführen,  die 
vermeinten,  dort  vielleicht  wieder  jung  zu  werden  38i. 

Dem  Jungbrunnen  nahe  an  Wunderkraft  stand  das  Bad  im  Steine  Aptor,  von  dem 
sich  in  Wigamur  folgende  Schilderung  findet: 


„Wer  jnwendig  jn  falschait  ist. 
Der  enmag  kain  fryst 
Oewynnen  bey  dem  stain; 
Wer  aber  sein  hercz  rain. 
So  wirt  er  von  des  staines  krafft 
Vil  werd  vnd  lobhafft. 
Diese  mer  söllennt  jr  mercken  wol, 
Der  stain  was  gemacht  hol, 
Baide  tieft  vnd  weytt, 
Als  vns  die  vrkunt  geyt. 
Dise  abenteür  reich, 
Ainem  vass  was  geleich 
Darjnnen  man  paden  sollt 
Wen  der  wirt  wollt  .... 
in ,  Badewesen 


Vnd  jn  dem  selben  stain  badet  kain  man 

Der  falschen  muet  ye  gewan, 

Er  wurde  kranck,  plaich,  missefar 

Vnd  des  leybs  vnkrefftig  gar. 

Wer  aber  jn  das  päd  gye. 

Der  raine  tugent  mynnet  ye, 

Von  des  staines  macht  vnd  türe 

Vnd  von  des  prunnen  natüre, 

So  er  jn  das  päd  gesaß. 

Aller  swere  er  vergaß. 

Sein  leyb  ward  ring,  sein  hercz  fro, 

Sein  kraft  starck  sein  gemüt  höh. 

Der  synnen  ward  er  weyße, 

Sein  leyb  stund  gar  nach  preyße; 


226  Das  Bad  im  Stein  Aptor  /  Die  ältesten  Badenfahrten 

Suß  lebt  er  ain  manat  Jn  so  gethanner  acht, 

Das  jm  kainerlay  Schlacht  not  Als  ich  euch  gesaget  han, 

Von  freuden  geschaiden  mocht.  So  was  das  päd  lobesam"  s"''. 

Man  muß  annehmen,  daß  in  der  älteren  Zeit  die  Gesundbrunnen  meist  nur  von  Leuten 
aus  der  Umgebung  benutzt  wurden,  vielleicht  nur  einen  oder  wenige  Tage,  um  dann 
wieder  heimzuziehen,  wie  wir  das  bei  den  kalten  und  heiligen  Brunnen  sahen.  Solche  ein- 
fache Badenfahrt  wird  1 574  von  Collinus  beschrieben.  Zur  Quelle  von  Augsport  (Wallis) 
wallte  täglich  eine  große  Menge  Menschen,  zum  Teil  aus  weiter  Ferne.  Von  Krankheit 
geschwächt,  von  der  langen  und  beschwerlichen  Reise  ermüdet,  kamen  die  unwissenden, 
einfältigen  Bauern  hungrig  und  durstig  an  und  tranken  nun  so  viel  von  dem  höchst 
kalten  Wasser,  als  sie  nur  immer  zu  schlucken  vermochten.  Hierauf  wuschen  sie  ent- 
weder den  ganzen  Körper  oder  ein  einzelnes  Glied,  den  kranken  Teil  mit  dem  Wasser, 
das  sie  mittelst  der  Hände  schöpften,  zündeten  dann  ein  Feuer  aus  Alpenrosensträuchern 
an,  setzten  sich  um  dasselbe,  langten  nun  aus  ihren  Säcken  und  Ranzen  die  mitge- 
brachten Lebensmittel  hervor,  brieten  Käse  und  tranken  dazu  von  Zeit  zu  Zeit  von  dem 
Heilwasser  in  vollen  Zügen,  indem  sie  von  diesem  Wasser  kein  Sättigungsgefühl  zu 
spüren  behaupteten.  Nach  Beendigung  des  Mahles  füllten  die  Leute  ihre  mitgebrachten 
Fläschchen  mit  dem  Heilwasser  und  begaben  sich  nun  auf  den  Rückweg  so. 

Aber  schon  im  14.  Jahrhundert  treffen  wir  Badereisen  von  längerer  Dauer  in  benach- 
barte Kurorte  an.  Als  1376  Meister  und  Konvent  des  heiligen  Geist-Hospitals  zu  Ulm 
von  ihren  Gütern  und  Almosen  eine  neuePräbendenmesse  in  der  Hospitalkirche  stifteten, 
ward  besondere  Rücksicht  darauf  genommen,  daß  jeder  jeweilige  Inhaber  dieser  Pfründe 
alljährlich  auf  zwanzig  Tage  in  ein  natürliches  Bad  ziehen  konnte,  wie  Jäger  meint, 
wahrscheinlich  nach  Überkingen  so.  1352  unternahm  der  Abt  von  Sankt  Emmeram  eine 
Badereise  16.  In  den  1346  erneuten  Statuten  der  Züricher  Chorherren  vom  karolinischen 
Stift  heißt  es:  „Ein  Chorherr  mag  wohl  im  Frühling  und  Herbst  seiner  Gesundheit 
halber  eine  achttägige  Badenfahrt  halten  und  gleichwohl  sein  Pfrundeinkommen  be- 
ziehen, als  hätte  er  dem  Gottesdienst  beigewohnt;  bleibt  er  aber  länger  aus,  so  wird  er 
als  abwesend  gehalten"  3i5. 

Im  15.  Jahrhundert  treten  einzelne  Kurorte  vor  anderen  als  berühmte  hervor;  manche 
davon  kennen  wir  heute  kaum  dem  Namen  nach. 

675  schenkte  der  fränkische  König  Dagobert  dem  Abte  von  Weißenfels  die  badischen 
Bäder.  Die  Stadt  Baden  lag  noch  in  Ruinen  von  der  Zerstörung  durch  die  Alemannen 
her  70.  Nach  einer  Urkunde  bei  Zappert  überließ  derselbe  König  Dagobert  676  dem 
Kloster  Weißenfels  die  Bäder  jenseit  des  Rheins  im  aucicensischen  Gau,  welche  die 
Kaiser  Antonius  und  Hadrian  gebaut  hatten  10.  873  gab  König  Ludwig  dem  Kloster 
Weißenfels  die  in  den  Kriegen  verlorenen  Bäder  zu  Baden  zurück  70.  Die  Stellen  be- 
treffen Baden-Baden. 

Ein  „Padebrunne",  das  heutige  Badenbrunn  bei  Kirchberg  an  der  Raab,  wird  in 
Dokumenten  von  1183 — 1187  erwähnt.    Eine  Urkunde  von  1141  nennt  in  der  Gegend 


\ 


Baden-Baden  /  steirische  /  bayrische  /  böhmische  und  andere  Bäder       227 

von  Cezt  und  Wibestein  bei  Gleichenberg  in  Steiermark  einen  „fons  marmoreo  lapide 
signatus".  Gleichenberg  war  schon  den  Römern  bekannt,  ebenso  Tüffer,  das  im  14.  und 
15.  Jahrhundert  wieder  als  Bad  erwähnt  wird,  zur  selben  Zeit  auch  Einöd  in  Steier- 
mark S4. 

Das  im  Wasgenwalde,  zwar  nicht  auf  deutschem  Gebiet  liegende,  aber  viel  von 
Deutschen  benutzte  Plummers  (Plombieres)  erhielt  1292  vom  Herzog  Friedrich  III.  von 
Lothringen  ein  Castrum  oberhalb  des  Bades,  um  die  Badenden  vor  räuberischen  Über- 
fällen zu  schützen  iö.  823  wurde  die  Saline  zu  Kissingen  dem  Benediktinerkloster  in 
Fulda  geschenkt,  das  Rippoldsauer  Bad  gegen  1 140  von  den  Benediktinern  vermietet  und 
zwar  mehrere  Jahrhunderte  hindurch  ^o. 

Die  Quellen  von  Bilin  sollen  761,  die  von  Teplitz  im  folgenden  Jahre  entdeckt  worden 
sein.  1160  wurde  hier  gebadet '^o.  Karlsbad  erhielt  der  Sage  nach  von  Kaiser  Karl  IV. 
seinen  Namen  und  wurde  1370  von  demselben  beim  Jagen  entdeckt  350.  Die  Auffindung 
der  Warmbrunner  Therme  soll  in  das  Jahr  1175  fallen.  1403  besaßen  die  Zisterzienser 
das  Propsteibad  daselbst. 

Gastein  wird  zum  ersten  Male  in  einem  Liede  von  „Nithart"  im  13.  Jahrhundert 
erwähnt.  „Hienach  folget  wie  Neidhart  bey  einer  schönen  graserin  in  der  Kasteien 
badet" : 

„Ein  graserin  in  der  Qastein  (bat)  Ich  greif  si  an  unt  tet  si  zuo  mir  smükken, 

diu  gab  mir  lust  (unt  vröud)  mit  irem  gerein,        schon'  bükken,  jükken  in  dem  bat; 

Do  ich  sach  durch  ir  pfat  die  briun'  was  aller  weit  ein  kleiner  schat, 

mich  tet  mit  iren  högk  noch  zein,  unt  tet  uns  wol  im  libe  und  im  herzen" '°3. 

1420  wurde  ein  neues  Kurhaus  gebaut,  und  man  machte  die  Wege  zugänglicher  7o. 
„Anno  1436  ist  Kaiser  Friedrich  der  dritt  alhir  in  den  Padt  gewesen,  hat  an  einem 
Schenkhel  ain  ofenen  schadten  gehabt,  ist  ihm  geholfen,  auch  frisch  und  gesundt 
worden."  1489  wurde  durch  den  Gewerken  Konrad  Strochner  zur  Aufnahme  unbe- 
mittelter Kranker  ein  Badehospital  gegründet.  Zur  Zeit  standen  die  Goldbergwerke 
Oasteins  in  höchster  Blüte  344  Baden  bei  Wien  war  1450  stark  besucht.  Kaiser  Fried- 
rich III.  hielt  sich  damals  dort  auf.  Im  folgenden  Jahre  badete  auch  die  Kaiserin  Eleonore 
nach  einem  Wochenbett.  Im  13.  Jahrhundert  soll  es  Sitte  gewesen  sein,  daß  junge  Ehe- 
männer ihre  Frauen  zum  Brunnen  von  Spa  schickten,  obgleich  erst  1327  einige  Woh- 
nungen um  den  Pouhon  aufgeführt  wurden  70.  Die  älteste  Brunnennachricht  von 
Wildungen  findet  sich  hinter  dem  Altare  und  ist  vom  Jahre  1378  343. 

Heilbrunn  in  Oberbayern,  heute  noch  durch  seine  Adelheidsquelle  ein  blühender  Kur- 
ort, soll  schon  vor  1059  den  Mönchen  als  heilender  Quell  bekannt  gewesen  sein  343. 
Dagegen  ist  das  Wasser  von  Heilbronn  heute  außer  Gebrauch.  Der  Sage  nach  sollen 
die  Gesellen  des  heiligen  Kilian  hier  Christen  getauft  haben,  wonach  die  Quelle  den 
Namen  Heiligbronn  erhielt.  Tatsächlich  kommt  in  Urkunden  seit  der  Karolinger  Zeiten 
bis  zu  Anfang  des  15.  Jahrhunderts  -  nach  Jäger  sogar  ausschließlich  —  die  Bezeich- 
nung Heiligbrunn  (z.  B.  841  Hailigbrunno)  vor,  1225  aber  auch  „Heilesbrunnen"  und 


228 


Heilbronn 


1338  „Heylprunnen".  Schon  745  übergab  Karlmann  eine  dem  Erzengel  Michael  ge- 
weihte Kirche  zu  Heilbronn  dem  neu  errichteten  Bistume  Würzburg  363.  Nach  einer 
Urkunde  von  1132  erhielt  das  Kloster  vom  Heilbrunnen  seinen  Namen.  Es  sind  auch 
Heilungen  aus  alter  Zeit  bekannt.  Man  hielt  sie  jedoch,  wie  den  Zusammenhang  vom 
Kloster  mit  seinem  Namen,  für  Sage,  weil  kein  Brunnen  vorhanden  war.  Als  man  aber 
1729  in  dem  im  alten  Kloster  gelegenen  Brauhof  einen  bis  dahin  öden  Brunnen  aus- 
räumte, um  einen  Fischbehälter  daraus  zu  machen,  zeigte  es  sich,  daß  man  nicht  nur 
vier  oder  fünf  Treppen  hinabgehen,  sondern  auch  um  denselben  her  in  ausgerundeten 


Abb.  94.    Gesundbrunnen  im  Kloster  Heilbronn.    Kupfer  aus:  Feuerlein,  Heylsbronnisches  Zeugnuß 
der  göttlichen  Güte  und  Vorsorge.    Nürnberg,  1732. 


Steinen  sitzen  und  das  daneben  gefaßte  Wasser  bequem  schöpfen  konnte.  Das  war  das 
ehemalige  Badebassin.  Man  suchte  auch  nach  der  Quelle  und  fand  sie  in  ihrer  alten 
Einfassung,  nämlich  in  schön  zusammengeklammerten  Quadersteinen  in  ein  längliches 
Viereck  gefaßt,  fünf  Schuh  tief  unter  der  Erde.  Bei  diesen  Arbeiten  wurden,  wie  das 
nach  den  älteren  Bäderberichten  öfters  zu  geschehen  pflegte,  zwei  zufällig  mit  Krank- 
heiten behaftete  Taglöhner  sofort  gesund,  und  nun  war  der  Ruf  der  alten  Quelle  wieder 
hergestellt.  Bis  dreißig  Meilen  weit  wurde  das  Wasser  fortgeführt,  oft  badeten  an  einem 
Tage  mehrere  hundert  Personen.  Man  leitete  aus  der  alten,  unverändert  gelassenen 
Fassung  die  Quelle  in  einen  Neubau  (Abb.  94),  der  für  Trinkkuren  und  zum  Schöpfen 


Bargbernheim  j  Bertrich  /  Aachen  229 

von  Badewasser  eingerichtet  war^ßi.  Nach  vielen,  auch  im  Druck  veröffentlichten  Hei- 
lungen schwand  der  Ruf  der  Quelle,  die  fortan  gutes  Trinkwasser  lieferte  und  gegen 
1854  auch  eine  kleine  Badeanstalt  für  Gesunde  erhielt  364. 

Das  gleiche  Schicksal  hatte  das  einst  hochberühmte  Wildbad  zu  Burgbernheim  in 
Franken.  Schon  Kaiser  Lothar  ließ  1118  das  Wasser  nach  Nürnberg  bringen  und  be- 
nutzte es  gegen  Nierensteine.  1308  wurde  das  Bad  von  vielen  vornehmen  und  geringen 
Personen  besucht  343^  darunter  war  der  Bischof  Gottfried  Ili.  von  Würzburg,  der  die 
Quellen  hatte  fassen  lassen  70.  Wegen  der  Hilfe,  die  Kaiser  Karl  IV.  im  Jahre  1347  bei 
seinem  Magenweh  durch  das  Wasser  fand,  verlieh  er  dem  Ort  Privilegien  in  folgender 
Urkunde:  „Fürters  verneuen  und  befreyen  Wir  auch  der  Vogtei  Bern  ihren  Markt,  Rath- 
haus  und  von  Gott  gesegnetes  Wildbad,  welches  Wir  selbsten  zu  Nürnberg  zur  Ab- 
wehr unseres  Magengrimmens  abholend  kräftiglich  genossen.  Benebens  Wir  die  junge 
Gesellschaft  der  Vogtey  Bern,  die  uns  das  heilsame  Wasser  von  Bern  gen  Nürnberg 
gebracht,  mit  einem  Danz  deren  erst  gesetzten  Ort  des  Kirchschirms  die  zween  ersten 
Tage  mit  zwanzig,  den  dritten  aber  mit  zwölf  Reihen,  Unsere  Gnad  ewiglich  zu  ge- 
denken, fürgänglich  verehren"  70.  In  den  nächsten  Jahrhunderten  hielt  sich  das  Bad  noch, 
nahm  vielleicht  an  Bedeutung  zu.  1484  gebrauchte  es  der  Kurfürst  Albrecht  Achilles 
von  Brandenburg.  1487  wurde  ein  neues  Badehaus  gebaut,  in  den  Jahren  1558—1603 
betreffen  mehrere  Verordnungen  vom  Markgrafen  Georg  Friedrich  das  Bad.  Dann  soll 
es  verfallen  sein  343  Aber  doch  benutzte  es  1Ö05  die  Äbtissin  Anna  vom  Kloster  St.  Afra 
zu  Würzburg  vom  12.  Mai  bis  20.  Juni  367  1712  wurde  wieder  ein  neues  Badehaus  er- 
richtet. Bis  1720  war  es  viel  besucht;  der  König  von  Polen,  der  Markgraf  von 
Brandenburg-Onolzbach,  der  Fürst  von  Sulzbach  und  der  Kurfürst  von  Mainz  ge- 
hörten zu  den  Gästen.  Dann  trat  abermals  Verfall  ein  343.  i856  war  der  Besuch  sehr 
gering  364. 

Die  Bertricher  Thermen  werden  in  mehreren  Urkunden  als  Thermae  ad  Sanctum 
Bertricum  oder  als  Aquae  Bertlichianae  erwähnt.  Der  Ort  soll  gegen  Ende  des  14.  Jahr- 
hunderts Eigentum  der  Bischöfe  von  Trier  geworden  sein  und  der  Erzbischof  Johann  zur 
Wiederherstellung  der  Thermen  (die  schon  zur  Römerzeit  benutzt  waren)  1456  sechzehn- 
tausend Gulden  verwendet  und  das  Gemeinbad  errichtet  haben.  Doch  besagen  die  Gesta 
Trevirorum  noch  beim  Jahre  1471,  daß  derselbe  Bischof  die  ganz  verlassenen  Thermen 
mit  ungeheuerem  Fleiße  repariert  und  mit  einer  starken  Mauer  umgürtet  habe.  Bis  gegen 
Ende  des  16.  Jahrhunderts  behaupteten  sie  ihren  Ruf,  um  dann  in  Vergessenheit  zu  ge- 
raten. 1741  waren  sie  verfallen  und  zerstört.  Cohausen  suchte  sie  damals  wieder  in 
Ruf  zu  bringen,  was  aber  erst  achtundzwanzig  Jahre  später  durch  Fürsorge  des  letzten 
Kurfürsten  von  Trier  gelang  ■?(>. 

Aachens  römische  Bäder  waren  während  der  Völkerwanderung  zerstört  oder  in  Ver- 
fall geraten.  Karl  der  Große  setzte  sie  nach  einer  karolingischen  Chronik  wieder  in- 
stand und  traf  Vorrichtungen  zum  Abkühlen  der  Therme  mit  kaltem  Wasser.  Sie 
wurden,    wie  aus  Anqilberts  Gedichte  an   Kaiser  Karl   hervorgeht,   prächtig  aus- 


230  Aachen  /  Burtscheld  /  Ems  /  Pyrmont 

gestattet.  Marmorstufen  führten  zum  Bassin,  und  bequeme  Sitze  umgaben  die  Wände  i*. 
Karls  Liebe  zu  den  Dünsten  der  warmen  Quellen  veranlaßte  ihn,  zu  Aachen  ein  Schloß 
zu  bauen,  in  dem  er  in  seinen  letzten  Lebensjahren  bis  zu  seinem  Tode  beständig  wohnte. 
Und  nicht  nur  seine  Söhne,  sondern  auch  die  Vornehmen  und  seine  Freunde,  nicht 
selten  auch  die  ganze  Schar  seines  Gefolges  und  seiner  Leibwächter  lud  er  zum  Bade, 
so  daß  bisweilen  hundert  Menschen  und  darüber  zusammen  badeten  "9.  Dies  berichtet 
uns  EiNHARD,  der  Biograph  Karls  des  Großen.  Es  war  in  Aachen  also  ein  größeres 
Bassinbad,  wie  wir  es  später  in  den  meisten  größeren  Bädern  finden. 

In  dem  auf  der  Insel  Reichenau  geschriebenen  Codex  Egberti  356  ist  ein  Badebassin 
aus  dem  Ende  des  10.  Jahrhunderts  abgebildet,  nämlich  der  Teich  Bethesda,  der,  soweit 
mir  bekannt,  auch  sonst  als  unter  freiem  Himmel  liegendes  Mineralbad  dargestellt  ist 
(Abb.  12)426  Es  hat  schon  die  später  meist  vorkommende  viereckige  Gestalt  und  ist 
mit  einer  Einfassung  umgeben. 

Nach  dem  Mönch  von  St.  Gallen  badete  bereits  Pipin  vor  Erbauung  der  Badehäuser 
in  Aachen.  Als  dieser  einst  zur  Quelle  ging,  wirbelte  plötzlich  der  Dampf  auf,  und  das 
Wasser  trübte  sich.  Pipin  deutete  es  als  einen  Angriff  des  Teufels,  den  er  mit  dem 
Zeichen  des  Kreuzes  und  dem  Schwerte  abwehrte,  das  dabei  tief  in  den  Boden  fuhr  is 
Als  die  Normannen  881  den  Palast  Karls  des  Großen  zerstörten  oder  wenigstens  stark 
verwüsteten  und  ausplünderten,  machten  sie,  wie  Liutprand  ausdrücklich  hervorhebt, 
auch  das  Bad  zunichte.  Seit  dieser  Katastrophe  blieb  es  nach  Stephani  Ruine  und  mag 
1225  mit  anderen  Liegenschaften  von  Kaiser  Friedrich  II.  dem  Münsterstifte  geschenkt 
worden  sein  i*.  Nach  Quellen  bei  Zappert  badeten  jedoch  Kaiser  Heinrich  Ili.  (1039 — 56) 
und  mehrere  andere  Kaiser  bei  ihrer  Anwesenheit  in  Aachen,  und  1226  verlieh  der 
römisch-deutsche  König  (nicht  Kaiser)  Heinrich  VII.  (der  Sohn  Kaiser  Friedrichs  II.) 
dem  Marienstifte  die  Aachener  Bäder,  welche  der  Reichsministeriale  Wilhelm,  genannt 
Bayer,  als  Lehen  besaß  und  jenem  Stift  käuflich  überließ  iö.  Wir  sehen  hier,  daß  auch  die 
Mineralbäder  wie  die  ehehaften  Badestuben  trotz  des  Kaufes  noch  eine  Belehnung  von 
selten  des  Landesherrn  erforderten.  1240  gab  die  Krönungskirche  das  Königsbad  in  Erb- 
pacht 70.  Von  den  Aachen  benachbarten  Burtscheider  Bädern  wissen  wir,  daß  sie  wahr- 
scheinlich 786  Eigentum  des  Benediktinerklosters  und  später  im  Besitz  einer  reichsun- 
mittelbaren Nonnenabtei  waren.  Caesarius  von  Heisterbach  (gegen  1222)  erzählt  von 
einem  Mönch,  der  so  einfältigen  Sinnes  war,  daß  er  fast  täglich  in  den  warmen  Bädern,  die 
vor  dem  Eingange  des  Klosters  des  heiligen  Johann  Baptist  zu  Burtscheid  lagen,  unter 
den  Armen  saß,  ihnen  den  Rücken  frottierte,  den  Kopf  wusch  und  die  Kleider  reinigte. 

1355  belehnte  der  Erzbischof  von  Köln  den  Grafen  von  Nassau  mit  dem  Dorf  Ems 
und  dem  Warmbade.  1403  verkaufte  eine  Gräfin  von  Nassau  das  Dorf  mit  den  warmen 
Bädern  um  fünftausend  Gulden  '^o.  Die  erste  Nachricht  über  Pyrmont  gibt  Henricus  de 
Hervordia,  ein  Dominikanermönch,  der  ums  Jahr  1 350  lebte.  Er  beschreibt  den  jetzigen 
Trinkbrunnen  sowohl  als  den  Badebrunnen,  jener  hieß  damals  fons  sacer,  dieser  fons 
bulliens,  der  Siede-  oder  Brodelbrunn.   Der  erstere  spritze  dem  ins  Gesicht,  der  sich  dar- 


Wildbad  /  Hall  /  Liebenzell  /  Soden  /  Kreuznach  /  Wiesbaden  231 

über  beuge,  der  andere  quille  mit  solchem  Geräusch,  daß  man  ihn  auf  beträchtliche 
Weite  schon  höre  3^2  Württembergs  Wildbad  wird  zum  erstenmal  aus  Veranlassung  des 
Überfalls  des  Grafen  Eberhard  des  Greiners,  der  hier  zur  Kur  weilte,  durch  die  Martins- 
vögel im  Jahre  1367  erwähnt.  Das  Haller  Wildbad  —  nicht  zu  verwechseln  mit  dem 
dortigen,  später  entdeckten  Solbad  —  wird  schon  in  jener  bereits  erwähnten  Ur- 
kunde aus  dem  13.  Jahrhundert  genannt  iH  1403  wurde  das  untere  Bad  zu  Liebenzeil 
verliehen,  1415  „unser  nüw  wildbad  zu  Liebenzelle,  genant  das  ober  bade",  ein  Beweis, 
daß  die  Zahl  der  Besucher  zugenommen  hatte  ö'.  Im  16.  Jahrhundert  zählte  das  „Zeller 
Bad",  wie  es  meist  genannt  wurde,  zu  den  angesehensten  Bädern,  im  18.  wurden  die 
beiden  Badeanstalten  sogar  durch  eine  Lindenallee  verbunden.  Trotzdem  ging  die  Re- 
gierung gegen  Ende  des  Jahrhunderts  mit  dem  Plane  um,  eines  der  Bäder  eingehen  zu 
lassen.  Um  diese  Zeit  scheinen  beide  in  Privatbesitz  übergegangen  zu  sein,  allein  auch 
so  wollten  sie  nicht  gedeihen.  Kurz  vor  1839  war  es  nahe  daran,  daß  eines  der  Bäder 
zu  anderen  Zwecken  verwendet  wurde  i54.  Von  da  ab  kam  es  mit  den  anderen  württem- 
bergischen Bädern  zusammen  wieder  in  die  Höhe. 

Die  Sodener  Mineralquellen  werden  in  Frankfurter  Urkunden  zum  ersten  Male  1433 
genannt,  von  1437  an  auch  eine  warme  Quelle.  Die  Stadt  Frankfurt  erhielt  durch  kaiser- 
liches Privileg  das  Eigentumsrecht  „der  Quelle  und  Springe  einer  warmen  Adern  und 
Flosses"  und  wurde  ermächtigt,  sie  zu  „bessern,  bauen  und  gebrauchen".  1567  fanden 
sich  zu  Soden  vier  Salzbrunnen  und  die  warme  Quelle.  Im  Frankfurter  Ratsprotokoll 
desselben  Jahres  heißt  es,  wenn  man  die  letztere  zurichten  ließe,  so  könnte  sie  als  Bad 
benutzt  und  so  mit  der  Zeit  einträglich  gemacht  werden.  Sie  wurde  damals  wirklich 
gefaßt  und  um  ihretwillen  Soden  seitdem  als  Kurort  besucht.  Die  Solquellen  dienten 
nur  zur  Salzgewinnung.  Später  wurde  der  warme  Quell  verschüttet,  wie  es  heißt  von 
den  Einwohnern  zugedeckt,  die  im  Dreißigjährigen  Kriege  zum  Auswandern  genötigt 
worden  seien.  Nach  ihrer  Rückkehr  fanden  sie  die  Quelle  nicht  wieder.  Am  Anfang  des 
18.  Jahrhunderts  brach  sie  von  selbst  hervor,  und  man  fand  beim  Nachsuchen  die  alte 
Brunnenfassung.  Von  dieser  Zeit  an  diente  Soden  wieder  als  Kurort,  wurde  jedoch  an- 
fänglich nur  von  wenig  Gästen,  meist  Frankfurtern,  besucht  127.  Zu  Kreuznach  erhielten 
14Q0  zwei  Köche  des  Pfalzgrafen  Philipp  bei  Rhein  den  „saltz-  und  badbronnen" 
wegen  treuer  Dienste  zum  Erblehen  mit  der  Erlaubnis,  eine  oder  mehrere  Badestätten 
zu  errichten,  was  für  andere  gleichzeitig  verboten  wurde.  Die  Benutzung  der  Solquellen 
als  Bad  reicht  demnach  nicht  über  14Q0  zurück  6'. 

Im  Testamente  der  Begine  Methildis  zu  Boppard  findet  sich  1322  eine  auf  die  Blüte 
der  Bäder  zu  Wiesbaden  gehende  Notiz.  Im  14.  Jahrhundert  waren  elf  Bäder  vorhanden, 
deren  ältestes  sich  1326  nachweisen  läßt  «2.  |n  den  achtziger  Jahren  des  H.Jahrhun- 
derts beschrieb  Henricus  de  Lanoenstein,  dictus  de  Hassia,  (1325 — 13Q7)  ein  Wand- 
gemälde im  Saale  des  Mainzer  Kämmerers  und  Domherrn  Johann  von  Eberstein,  das 
ein  Badefest  in  Wiesbaden  darstellte  357.  Hier  die  Schilderung  in  der  deutschen  Über- 
setzung von  Schultz  210; 


232       Wiesbadener  Leben  im  14.  Jahrhundert  nach  Heinrich  von  Langenstein 

„Von  fleischlicher  Lust. 
Wenn  ich  mich  nicht  täusche,  so  ist  der  Sinn  dessen,  der  die  Reihe  besagter  Malereien 
angab,  von  dem  Geiste  getrieben  worden,  um  stillschweigend  die  Meinung  des  Apostels 
Johannes  auszudrücken,  der  da  spricht:  „alles  was  auf  der  Welt  vorhanden  ist,  ist  Be- 
gehrlichkeit des  Fleisches  oder  Begehdichkeit  der  Augen  oder  Übermut  des  Lebens". 
Das  heißt:  alle  Laster  weltlicher  Verirrung  sind  auf  drei  zurückzuführen:  fleischliche 
Lust,  weltliche  Habgier  und  Stolz  auf  eitlen  Ruhm.  Wie  aber  konnte  schicklicher  fleisch- 
liche Lust  dargestellt  werden,  als  auf  einem  Bilde  des  Wiesbadener  Festes,  das  durch 
alle  Fleischlichkeit  anstößig,  von  dem  Schaume  aller  sinnlichen  Wollust  triefend  ist? 
Zu  ihm  kommen  sie  von  allen  Seiten  in  Freude  und  Ausgelassenheit,  mit  Trompeten 
und  Pfeifen,  mit  vollen  Kasten  und  Flaschen,  man  bringet  Lebensmittel  und  die  leckersten 
Getränke  herbei,  man  nimmt  Geld  in  Menge  mit,  seltsame  Kleider  werden  mitgeführt; 
in  der  Hoffnung,  sich  zu  ergötzen,  wird  schon  auf  dem  Wege  gespielt,  gesungen,  ge- 
plaudert, als  ob  man  am  Ziele  die  Freude  der  Glückseligkeit  zu  erwarten  habe.  Wenn 
man  angekommen  ist,  werden  Gastereien  veranstaltet,  man  sucht  der  Frauen  Gesell- 
schaft, geht  ins  Bad,  wäscht  den  Leib,  befleckt  die  Seele.  Man  geht  heraus,  und  es 
schmettern  die  Trompeten,  erklingen  die  Pfeifen,  beginnen  die  Tänze.  Da  werden  den 
keuschen  Augen  der  Zuschauer  vorgeführt  die  Schauspiele  der  Verderbnis,  nämlich  die 
wollüstigen  Gebärden,  die  unzüchtigen  Kleider  beider  Geschlechter.  Da  sieht  man  bei 
den  Frauen  die  Blöße  des  Busens,  bei  den  Männern  die  Entblößung  des  Gesäßes, 
überall  Ausschweifung,  durch  die  ein  keuscher  Sinn  beleidigt  wird.  Was  mehr?  Hier 
sieht  man  lauter  Eitelkeit  und  Zerrüttung,  keine  Frömmigkeit,  keine  Ordnung,  hier  ist 
Gottvergessenheit,  hier  ist  jede  Tugend  verbannt;  es  gibt  keine  Schamhaftigkeit,  es  fehlt 
das  Maßhalten,  es  herrscht  die  Genußsucht,  es  rast  die  Wollust.  Bei  diesem  Feste  des 
Bauches,  oder  richtiger  diesem  öffentlichen  Hause  der  Venus,  diesem  Spielwerk  des 
Teufels,  wirst  du  wunderbare  Ungeheuer  sehen:  wenn  der  Mönch  im  ritterlichen  Kleide 
sich  sehen  läßt,  der  Ritter  in  der  Mönchskutte,  die  Nonne  im  Anzug  einer  öffentlichen 
Dirne,  der  Geistliche  in  Frauenkleidern.  Da  werden  versteckt  Küsse  gegeben :  es  küssen 
sich  Männer  und  Weiber.  Im  Bade  sitzen  sie  nackt  mit  Nackten  beisammen  (vgl.  Abb.  95), 
nackt  mit  Nackten  tanzen  sie.  Ich  schweige  darüber,  was  im  Dunkeln  vor  sich  geht,  denn 
alles  geschieht  öffentlich.  Aber  was  ist  das?  Der  Ausgang  und  der  Eingang  dieses  un- 
sinnigen Festes  ist  nicht  gleich,  wenn,  nachdem  alles  verzehrt  ist,  die  Kasten  leer  zurück- 
kommen, die  Geldbeutel  ohne  Geld,  man  die  Rechnung  hört  und  die  Verschleuderung 
so  vielen  Geldes  bereut.  Und  zuweilen  beißt  auch  die  Seelen  der  Heimkehrenden  das 
Gewissen  wegen  der  begangenen  Sünden.  Der  ist  traurig  über  solche  Verirrung,  der 
klagt,  weil  er  von  der  Lust  scheiden  muß,  der  gedenkt  betrübt,  wie  kurz  und  inhaltlos 
die  Freuden  der  Welt  sind.  Was  mehr?  Sie  kehren  heim,  die  Körper  sind  weiß  ge- 
waschen, die  Herzen  durch  Sünde  geschwärzt;  die  gesund  hingingen,  sie  kehren  heim 
angesteckt  (discrustati);  die  durch  die  Tugend  der  Keuschheit  stark  waren,  kehren  heim 
verwundet  von  den  Pfeilen  der  Venus.    Das  möchte  noch  wenig  bedeuten,  wenn  nicht 


Wiesbadener  Leben  im  14.  Jahrhundert  nach  Heinrich  von  Langenstein      233 


■!<• 


Abb.  95.    Darstellung  eines  Wildbades.    Federzeichnung  von  Peter  Flötner.    16.  Jahrhundert*. 
die  Mädchen,  die  als  Jungfrauen  hinreisten,  als  Dirnen  zurücki<ehrten,  als  Ehebreche- 
rinnen, die  anständige  Ehefrauen  waren,  wenn  nicht  als  Teufelsweiber  heimkehrten, 

*  Die  Unterschrift  lautet:  „Die  fissirung  Jst  nit  die  recht  groß  sunder  Ein  meinung  der  vonn  man 
muß  den  prunnen  vnd  Berckwerck  nach  machenn  Bey  niaister  pancraz  findt  man  wol  aller  ley  gattung 
der  zue  nur  das  man  dor  noch  fein  zusamen  rieht  vnd  ordennir."  Konrad  Lange  identifiziert  den 
iVleister  Pancraz  mit  Pancraz  Labenwolf  und  nennt  die  Zeichnung  den  „Entwurf  zu  einer  bronzenen 
Brunnenverzierung,  die  offenbar  bestimmt  war,  in  der  Werkstatt  Labenwolfs  ausgeführt  zu  werden". 
Diese  Mitteilung  verdanke  ich  der  Generalverwaltung  der  königlichen  iVluseen  in  Berlin  durch  Herrn 
von  Loga.  Von  Pancraz  Labenwolf  (f  1563)  stammen  in  Nürnberg  der  Oänsemännchenbrunnen 
und  der  Brunnen  im  alten  Hofe  des  Rathauses. 


234 


Pfäfers 


Ji-tücht  Bab 


Therm«  Leucfi. 


Abb.  Q6.    Leuk  im  Wallis.    Holzschnitt  aus:  Sebastian  Münster,  Cosmographiae  universalis  Lib.  VI. 

Basel,  Petri,  1550. 

die  als  Gottesbräute  hingingen.  Und  so  erfahren  sie  durch  diese  und  andere  Anlässe 
zur  Trauer  bei  der  Rückkehr  alle  die  Wahrheit  des  Satzes,  daß  das  Ende  aller  fleisch- 
lichen Lust  Trauer  ist." 

Pfäfers  wurde  1038  entdeckt,  1240  oder  1242  wiederum.  Um  1242  traf  der  Fürstabt 
Hugo  II.  von  Villingen  eine  Vorrichtung  zum  Baden,  aber  erst  in  der  zweiten  Hälfte  des , 
14.  Jahrhunderts  scheint  Abt  Johann  II.  von  Mendelbüren  ein  Badehaus  errichtet  zu 
haben,  das  in  der  Schlucht  mitten  über  der  Tamina  auf  hölzernen  Tragbalken  ruhte 
(Abb.  130).  1382  gab  es  der  erwähnte  Abt  zwei  Brüdern  Camaurizi  aus  Valens  auf  zehn 
Jahre  zu  Lehen  unter  der  Bedingung,  noch  einiges  an  Gebäuden  aufzuführen  und  die 
Personen  des  Klosters  unentgeltlich  aufzunehmen.  Da  der  Andrang  der  Gäste  immer 
stärker  wurde,  so  errichteten  teils  die  Pächter,  teils  Private  einige  Häuser  im  Badtobel, 
der  Schlucht  am  Wege  nach  Valens.  Den  Hindernissen,  welche  die  Natur  der  Entwick- 
lung des  Bades  entgegenstellte,  traten  Zwistigkeiten  des  Klosters  mit  dessen  Schirm- 


Leuk 


235 


Vögten  zur  Seite,  die  auch  ein  Recht  am  Bad  zu  haben  behaupteten  und  in  der  Tat  seit 
1330  den  halben  Pachtzins  bezogen  hatten,  bis  13Q6,  wie  schon  erwähnt,  Graf  Johann 
von  Werdenberg  seine  Ansprüche  am  Bad  zu  seinem  und  seiner  Familie  Seelenheil  an 
das  Kloster  abtrat.  1420  errichtete  Abt  Werner  IV.  von  Reitnau  ein  neues  Badhaus,  ließ 
den  Weg  etwas  zugänglicher  machen  und  löste  nach  und  nach  die  erteilten  Badlehen 
wieder  ein.  Gegen  Ende  des  15.  Jahrhunderts  gingen  die  im  Badtobel  gelegenen  Häuser 
an  das  Kloster  übersie. 

Die  Lenker  Thermen  werden  1315  zum  erstenmale  urkundlich  erwähnt.  1481  er- 
neuerte der  Bischof  Jost  von  Sitten  einige  Logierhäuser,  ließ  für  sich  ein  besonderes 
Bad  erbauen  und  legte  den  Grund  zum  großen  Ruf  der  Quellen.  Weitere  Bauten  folgten. 
Aber  1518  zerstörte  eine  Lawine  alle  größeren  öffentlichen  Gebäude  und  zahlreiche 
Privathäuser  90.  Die  darauf  neu  erstandenen  Einrichtungen  waren  sehr  einfach  (Abb.  97) 
und  trotzdem  berühmt.  Fast  in  keiner  der  Bäderbeschreibungen  des  16.  Jahrhunderts 
sind  sie  unberücksichtigt  geblieben.  Den  völligen  Untergang  des  alten  Bades  brachte 
am  18.  Januar  1719  eine  riesige  Lawine,  die  fünfzig  Häuser,  alle  Bäder,  die  Gasthöfe,  das 
Steinhaus  des  Kardinals  und  eine  Menge  Hütten  zerstörte,  wobei  fünfundfünfzig  Per- 
sonen umkamen.  Ein  neues  Dorf  entstand  am  rechten  Dalaufer  „ohne  Schönheitsrück- 


(S/ioepre^'nicLttjon,  cIl  Unieneur  dw  cySaÜTn&nt 
Abb.  Q7.    Leuk  im  18.  Jahrhundert.    Kupfer  nach  von  Rodt. 


236  Fideris  /  Worms 

sichten,  ohne  Bequemlichkeit,  die  zusammengedrängten  Häuser  mit  unbequemem  Zu- 
gang und  wunderlicher  Lage,  die  kleinen  Straßen  ohne  Plan".  (Vgl.  Abb.  Q6.)  Es  ver- 
schwand durch  die  modernen  Bauten  der  Neuzeit  ^o. 

Während  wir  bis  zum  16.  Jahrhundert  vom  Sauerbrunnen  zu  St.  Moritz  noch  keine 
Nachricht  haben,  wird  der  zu  Fideris  im  Prättigau  1464  urkundlich  erwähnt.  Das  später 
eingegangene  untere  Badbrünneli  wurde  mit  der  Verpflichtung  verliehen,  ein  Bad  zu  be- 
ginnen. Die  Bewohner  von  Fideris  verpflichteten  sich,  so  lange  im  unteren  Bad  Platz 
sei,  keine  Fremden  ins  obere  (jetzige)  Bad  zu  führen.  1497  war  letzteres  im  Besitze  des 
Hauses  Österreich  und  wurde  verpachtet.  152Q  hatte  es  Pergätzi  von  Fideris  zum  Lehen. 
Er  bat  die  Gemeinde,  da  er  alles,  was  ihm  Gott  an  Zeitlichem  beschert,  auf  das  Bad  ge- 
legt habe,  man  solle  ihm,  dieweil  das  Bad  ein  Schatz  und  eine  Gabe  Gottes  sei,  in  das 
so  „meng  siech  presthaft  Mensch"  komme,  der  darin  gesund  und  gebessert  werde,  ge- 
statten, statt  nur  eines  Pferdes  drei  auf  die  Gemeindeweide  zu  treiben.  1545  riß,  wie 
Campell  berichtet,  die  durch  einen  Wolkenbruch  angeschwollene  Raschitscha  alle  Bäder 
und  Gebäude  samt  allem  Inhalt  hinweg,  so  daß  die  Quelle  verschüttet  wurde  und  lange 
nicht  mehr  gefunden  werden  konnte.  Alles  mußte  neu  erbaut  werden;  1547  sah  Cam- 
pell, wie  eine  Menge  Männer  einen  ungeheueren  Wasserwärmkessel  über  den  engen 
Fußsteig  wieder  in  das  Bad  schleppte.  Von  1550  an  wurden  Küche,  Keller,  Metzgerei, 
Bäckerei,  Wirtsstüblein,  Tanzlaubezimmer,  Landvogteistüblein,  Spensa  und  Zwicke- 
zimmer errichtet  90.  1553  kam  der  Züricher  Naturforscher  Conrad  Gessner  nach  Fideris 
und  bewunderte  dort  das  Pumpwerk,  mit  dem  der  Sauerbrunnen  in  die  Badkessel  ge- 
hoben wurde  (Abb.  98)334  für  die  damalige  Zeit  war  diese  Anlage  ein  Ereignis. 
Fideris  scheint  überhaupt  sehr  gut  eingerichtet  und  eine  Art  Luxusbad  gewesen  zu 
sein;  denn  1559  schreibt  der  Baseler  Arzt  Hugoelin:  „Wo  einer  zu  vil  gelt  inn  dem 
seckel  hat,  dem  hilfft  es  auch  geschwind  daß  er  sein  ledig  wirt.  Dann  guten  weyn,  auch 
andere  gute  kost  findet  man  genüg  in  disem  Bad"  ^^,  und  Martin  Ruland  sagt  1568: 
„Für  alle  kranckheit  helffen  warme  Bäder,  vnd  dz  Bad  Fideris"  400.  Seither  blieb  es  fast 
ununterbrochen  im  Gebrauch. 

Es  muß  hier  eines  im  welschen  Gebiet  liegenden  Bades  gedacht  werden,  das  für 
das  deutsche  Badeleben  von  nicht  untergeordneter  Bedeutung  war.  Bormio,  deutsch 
Worms  genannt,  schon  von  Plinius  beschrieben  und  vom  Ostgotenkönig  Theoderich 
dem  Großen  benutzt  38,  hatte  1336  Petrus  de  Tussignano  zu  Gaste,  der  dort  am  13.  März 
des  genannten  Jahres  „ad  honorem  Dei,  beatae  Mariae,  et  Sancti  Martini"  zwölf  Bade- 
regeln aufstellte  333,  die  dien  deutschen  Schriftstellern  später  zur  Richtschnur  dienten.  1616 
war  Bormio  weit  berühmt,  nicht  nur  in  Rätien,  Tirol,  Bayern,  Schwaben,  Österreich,  den 
anstoßenden  Ländern  Italiens,  sondern  auch  bei  den  äußersten  Holländern  und  Goten 
in  solcher  Gestalt,  daß  ein  Sprichwort  bei  ihnen  entstand:  „Wormserbad  heylt  allen 
schad"  59. 

Die  Bäder  zu  Baden  in  der  Schweiz  führen  nach  Konrad  Gessner  in  alten  Schriften 
die  Namen  „das  Bad  der  Drey  Küngen  in  Ober-Schwaben,  bey  Schweitz",  so  benannt 


Fideiis 


237 


A      Locus  in  quo  aqua  Balnei  hauritul'  e  puteo. 
B      Rotaquamriuusmontanusinjpellitr 
C      Cinalislrgneus. 
D     AquadcflucnseriuomontanoimpcIlCTis. 

Rotam. 
E      Aqua  riui  montani  (corfuitidefluens  qumcio 

nonimpcllic  rotam. 
F     HaftjE  immini  quzimplenttubos. 
G     Tubiin  puteum  demi^:. 


H  Orbisligneus. 

I  Corfuscu-cumaffimis. 

K  CanalisexquoaquacfFunctitur. 

L  Lcbcs  111  quo  calefic  aqua. 

M  Lignum  quod  eft  opercuium-impediens 

riuummontanum. 

N  Baculum  prxcipuü  quod  fuftinct  Cyconiam. 

O  Tabuiaquilcbccem  operit. 

P  Baculum  paruum  infixum  opcrculo  Lebens. 


Abb.  98.   Pump-  und  Heizwerk  des  Sauerbrunnens  zu  Fideris.   Holzschnitt  aus:  Conradus  Oesnerus, 
De  Thermis  Helveticis.    In:  De  Balneis.    Venetiis  (Venedig)  apud  Juntas,  1553. 


238 


Baden  im  Aarsaii 


nach  der  Kapelle  der  Heiligen  drei  Könige,  und  „das  Bad  der  Herzogen  in  Österreich"  H 
Die  Stadt  wurde  „Herzogen-Baden"  im  Gegensatz  zu  Markgrafen  Baden  (Baden-Baden) 
genannt  315.  Beide  werden  auch  als  Ober-  und  Niederbaden  unterschieden.  Die  alten 
Bäder  waren  offen,  doch  kommt  schon  im  13.  Jahrhundert  auch  ein  geschlossenes  Bad 
(clausum  balneum)  vor,  das  wahrscheinlich  der  noch  öfter  zu  nennende  Hinterhof  war. 
1322  gab  es  der  Herzog  Leopold  von  Österreich  dem  Lienhard  Meyer  von  Baden  zum 
Erblehen,  in  dessen  Familie  „das  beslozzen  päd  ze  Paden"  (1357,  1364)  bis  zu  Anfang 
des  15.  Jahrhunderts  blieb  samt  einem  zweiten,  dem  1398  genannten  Widchenbade,  ver- 
mutlich der  späteren  Kesselquelle  zum  Bären.  „Der  Hof  nid  dem  Rain  oder  am  Rey", 
der  spätere  Staadhof,  wurde  1361  vom  Herzog  Rudolf  von  Österreich  zum  Lehen  ge- 
geben, aber  1405  dem  Heinrich  Kauf- 
mann wegen  treuer  Kriegsdienste 
gegen  die  Schwyzer  zum  Eigentum 
geschenkt,  während  der  Hinterhof 
bis  ins  19.  Jahrhundert  Lehen  blieb. 
Die  Inhaber  der  beiden  Höfe  waren 
nicht  etwa  Bader  oder  Scherer,  son- 
dern vornehme  Personen.  Götz 
Meyer  vom  Hinterhof  war  Untervogt 
von  Baden  und  Ritter.  Er  zog  als 
Bannerträger  der  Stadt  1386  mit  zwei 
Söhnen  auf  österreichischer  Seite  in 
die  Schlacht  bei  Sempach,  wo  er  auf 
der  Wahlstatt  blieb.  Bis  ins  19.  Jahr- 
hundert waren  die  beiden  Höfe  nur 
von  der  vornehmen  Welt  besucht, 
bis  sie  1872  von  einer  Aktiengesell- 

Abb.  99.  Baden  im  Aargau.  Holzschnitt  aus:  JoH.  Stumpf,     Schaft  gekauft  und  niedergerissen 
Schweizerchronilf.  Züricti,  Froschauer,  1548.  wurden.    AUS  ihnen  entstand  das 

heutige  Grand  Hotel.  Daneben  gab  es  schon  im  14.  Jahrhundert  die  bürgerlichen  Bade- 
häuser zum  Bären,  zum  Ochsen,  zum  Raben,  zur  Blume  und  zur  Sonne.  So  wurde  z.  B. 
der  Bär,  der  österreichisches  Lehen  war,  1361  verpfändet,  der  „Badhof,  so  man  nennt  des 
Berners  Geseste,  mit  Haus,  Hofstatt,  Bädern  und  den  fließenden  warmen  Wassern,  die 
von  altersher  in  die  Bäder  gerinnen,  mit  all  dem,  so  dazu  gehört".  Wir  finden  auch 
hier  die  Zahlung  des  Zinses  in  Naturalien.  Das  später  zum  Raben  genannte  Bad  gab 
1299  jährlich  nur  zwei  weiße  Gänse.  Neben  diesen  Badegasthäusern  bestand  ein  grö- 
ßeres Gasthaus,  das  zum  Schlüssel  (in  Abb.  99  durch  sein  Aushängeschild  kenntlich), 
das  kein  Thermalwasser  hatte.  Es  besaß  den  anderen  gegenüber  aber  Vorrechte  — 
nachweislich  seit  dem  Jahre  1377  — ,  die  darin  bestanden,  daß  jedermann,  sei  er  bei  ihm 
in  Herberge  oder  nicht,  um  sein  Geld  essen  und  trinken  konnte,  was  er  wollte.    Den 


Baden  im  Aargaii  239 

anderen  Wirtshäusern  in  den  Bädern  war  bei  Strafe  untersagt,  fremden  Gästen,  die 
nicht  bei  ihnen  Herberge  hatten,  Speise  und  Trank  zu  verabreichen.  Zur  Erläuterung  sei 
angeführt,  daß  die  Bäder  eine  Viertelstunde  von  der  Stadt  entfernt  lagen  und  somit  die 
Wirtshäuser  in  der  Stadt  von  dieser  Verordnung  nicht  getroffen  wurden,  ja  sie  war  in 
deren  Interesse  erlassen.  Das  Vorrecht  des  Schlüssels  wurde  dadurch  zunichte,  daß 
er  1404  von  der  Stadt  gekauft  wurde,  nachdem  der  Rat  von  Baden  mit  dem  Besitzer, 
dem  Kreuzfahrer  Walter  Brunner,  1398—1503  bis  zum  kaiserlichen  Landgericht  in  Rott- 
weil herumprozessiert  hatte  32.  Brunner  hatte  nämlich  sein  Vorrecht  auf  Grund  einer 
päpstlichen  Bulle  erhalten,  die  anscheinend  die  Stadt  anerkennen  mußte.  Noch  im  16.  Jahr- 
hundert durften  die  Badewirte  nur  ihren  Gästen  und  keinen  anderen  Leuten  Wein  und 
Speisen  auftragen,  damit  den  Wirten  in  der  Stadt  kein  Abbruch  geschehe.  Obwohl  jene 
1510  vorstellig  wurden,  sie  könnten  gar  nicht  verhindern,  daß  die  Karrer  und  die  Gäste 
derselben,  daß  der  Besuch  der  Badenden  Herberge  nähmen,  daß  die  Badegäste  selbst 
einen  Fremden  zum  Trunk  einlüden,  die  von  Baden  beriefen  sich  auf  Brief  und  Siegel, 
und  die  acht  Orte  bestätigten  es  3i5.  [m  Schlüssel  befand  sich  ein  mit  zwölf  Tischen  ver- 
sehener geräumiger  Sommersaal,  in  dem  die  vornehmen  Herren  aus  den  beiden  Höfen, 
wenn  sie  nicht  eigene  Küche  führten,  die  Mahlzeiten  einnahmen;  denn  die  Inhaber  der 
Höfe  gaben  noch  im  15.  Jahrhundert  ihren  Gästen  nur  Zimmer  und  Bäder,  aber  keine 
Lebensmittel.  Außerdem  gab  es  in  den  Bädern  mehrere  Gasthäuser,  in  denen  die 
ärmeren  Leute  wohnten,  welche  die  beiden  freien  Bäder,  das  Verena-  und  das  Freibad 
benutzten.  Vom  Freibad  ist  139Q  das  erstemal  die  Rede.  Die  Herren  von  Rümlang, 
welche  das  Scher-  und  Schröpfrecht  daselbst  als  Lehen  besaßen,  setzten  durch,  daß  ein 
Scherer  Hensli,  der  dort  seinen  Beruf  auszuüben  sich  anmaßte,  weggewiesen  wurde. 
Den  sogenannten  großen  Bädern  gegenüber  liegen  auf  der  anderen  Seite  der  Limmat 
die  sogenannten  kleinen.  1347  stritten  die  Besitzer  der  fünf  Wirtshäuser  um  den  Besuch 
der  dortigen  zwei  öffentlichen  Bäder.  Der  Zwist  wurde  dahin  beigelegt,  daß  alle  Gäste 
der  fünf  Wirtshäuser  gleiche  Rechte  haben  sollten  32 

Einen  eingehenden  Bericht  über  das  Leben  zu  Baden  hat  uns  Johann  Franz  Poooio 
in  einem  1417  an  seinen  Freund  Nicolo  Nicoli  gerichteten  Briefe  hinterlassen.  Poggio 
war  vierzig  Jahre  lang  Sekretär  von  zehn  verschiedenen  Päpsten  und  starb  1459  als 
Kanzler  der  Republik  Florenz.  Er  begleitete  den  Papst  Johann  XXIII.  zum  Konzil  nach 
Konstanz,  von  wo  aus  er  die  Bäder  zu  Baden  besuchte.  Ich  gebe  seinen  Bericht  nach 
der  Übersetzung  im  helvetischen  Almanach  von  1800  wieder  327. 

„Ich  schreibe  dir  diesen  Brief  aus  den  hiesigen  Bädern,  wohin  mich  die  Gicht  an  den 
Händen  getrieben,  und  denke,  sie  verdienen  es,  sowohl  die  Lage  und  Anmut  derselben, 
als  die  Sitten  der  sich  hier  aufhaltenden  Gäste,  und  ihre  Badensweise  dir  zu  schildern. 

Die  Alten  machten  viel  Redens  von  den  Bädern  zu  Puteoli,  wohin  beinahe  ganz 
Rom,  um  sich  zu  eriustigen,  zusammenfloß.  Allein,  nach  meiner  Meinung,  kamen  die- 
selben in  dieser  Rücksicht  den  hiesigen  nicht  bei,  und  leiden  überhaupt  keine  Ver- 
gleichung  mit  ihnen.  Dort  trug  die  Schönheit  der  Gegend  und  die  Pracht  der  umliegenden 


240  Poggios  Bericht  über  Baden  im  Aargau  von  J4J7 

Landhäuser,  mehr  als  das  Baden  und  die  fröhliche  Gesellschaft,  zu  den  Vergnügen  des 
Orts  bei.  Hier  hingegen  gewährt  die  Lage  dem  Gemüt  keine,  oder  doch  nur  sehr  ge- 
ringe Ergötzung;  alles  andere  aber  hat  so  unendlichen  Reiz,  daß  ich  mir  öfters  träumen 
konnte,  Cypria  selbst,  und  was  sonst  die  Welt  Schönes  in  sich  fassen  mag,  sei  in  diese 
Bäder  zusammengekommen;  so  sehr  hält  man  hier  auf  die  Gebräuche  dieser  Göttin,  so 
sehr  findest  du  da  ihre  Sitten  und  losen  Spiele  wieder;  und  so  wenig  die  guten  Leute 
Heliogabals*  Rede  gelesen  haben,  so]vollkommen  scheinen  sie  doch  von  Mutter  Natur 
selbst  hierin  unterrichtet  zu  sein. 

Vor  allen  Dingen  aber  noch  ein  Wort  von  dem  Wege,  der  von  Constanz  hieher 
führt,  damit  du  wissest,  in  welchem  Teile  Galliens  unsre  Bäder  gelegen  seien. 

Den  ersten  Tag  fuhren  wir  in  einem  kleinen  Nachen  auf  dem  Rhein  bis  Schaff- 
hausen sechs  Meilen  weit;  hernach  mußten  wir  des  hohen  Falles  wegen,  den  dort  der 
Fluß  über  abgerissene  schroffe  Felsen  macht,  anderthalb  Meilen  zu  Fuße  gehen,  und 
kamen  so  zu  dem  jenseit  des  Rheins  gelegenen  Schlosse,  Kaiserstuhl,  wo,  aus  dem  Namen 
zu  schließen,  die  Römer  (der  vorteilhaften  Lage  wegen,  auf  einem  hohen  Hügel,  an  dem 
Strome,  wo  Gallien  mit  Germanien  durch  eine  kleine  Brücke  verbunden  wird)  einst  ein 
Lager  gehabt. 

Auf  unserer  Straße  sahen  wir,  wie  gesagt,  den  Rhein  von  einem  hohen  Berg  über 
dazwischen  stehende  Klippen  mit  einer  Wut  und  einem  Getöse  sich  herabstürzen,  daß 
man  glauben  sollte,  er  bejammre  selbst  seinen  Fall.  Hier  fiel  mir  ein,  was  man  von  den 
Katarakten  des  Nils  erzählt,  daß  nämlich  die  daran  wohnenden  Menschen  von  dem  Ge- 
räusch und  Geprassel  taub  werden,  da  man  schon  das  von  diesem  Flusse,  der  doch 
gegen  jenen  nicht  viel  mehr  als  ein  Waldbach  ist,  fast  eine  halbe  Stunde  weit  höret. 

Endlich  kamen  wir  nach  Baden,  einer  ziemlich  wohlhabenden  Stadt,  die  in  einem  von 
Bergen  rundum  eingeschloßnen  Tal  an  einem  großen  schnell  laufenden  Flusse  liegt, 
welcher  anderthalb  Meilen  unter  dem  Ort  sich  in  den  Rhein  ergießt. 

Ungefähr  eine  Viertelstunde  von  der  Stadt  nun,  dicht  am  Flusse,  hat  man  zum  Ge- 
brauch der  Bäder  einen  schönen  Hof  angelegt,  in  dessen  Mitte  sich  ein  großer  Platz 
befindet,  ringsum  von  prächtigen  Gasthäusern  umgeben,  die  eine  Menge  Menschen 
fassen  können.  Jedes  Haus  hat  sein  eigenes  Bad,  dessen  sich  nur  diejenigen  bedienen, 
die  in  demselben  wohnen.  Die  Zahl  der  öffentlichen  und  Privatbäder  beläuft  sich  zu- 
sammen an  die  dreißig.  Für  die  niedrigste  Klasse  des  Volkes  indessen  sind  zwei  beson- 
dere von  allen  Seiten  offne  Plätze  bestimmt,  wo  Männer,  Weiber,  Jünglinge  und  unver- 
heiratete Töchter,  kurz  alles,  was  vom  Pöbel  hier  zusammenströmt,  zugleich  baden,  in 
diesen  befindet  sich  eine  die  beyden  Geschlechter  absondernde  Scheidewand,  welche 
jedoch  nur  Friedfertige  abhalten  könnte;  und  lustig  ist  es  anzusehn,  wie  da  zugleich 
alte  abgelebte  Mütterchen  und  junge  Mädchen,  nackend  vor  aller  Augen  hinabsteigen, 

*  Omnes  de  circo,  de  theatro,  de  stadio,  et  omnibus  locis  et  balneis,  meretrices  collegit  in  aedes 
publicas,  et  apud  eas  concionem  habuit  quasi  militarem,  dicens  eas  commilitones,  disputavitque  de 
generibus  schematum  et  voluptatum.  Ael.  Lampr.  Heliogab.  25.  in  Script.  Hist.  Aug.  (Ups.  1774)  p.  194. 


Poggios  Bericht  über  Baden  Im  Aargau  von  1417 


241 


und  das,  was  sonst  jedermann  sorgfältig  verbirgt*,  den  Mannsblicken  preisgiebt.  Mehr 
als  einmal  hat  mich  dieses  köstliche  Spektakel  belustigt;  die  floralischen  Spiele  sind  mir 
dabei  eingefallen,  und  ich  habe  bei  mir  selbst  die  Einfalt  dieser  guten  Leute  bewundert, 
die  eben  so  wenig  ihr  Auge  darauf  richten,  als  sie  dabei  das  mindeste  Arge  denken 
oder  reden. 

Nun  die  besondern  Bäder  in  den  Gasthöfen  betreffend,  so  sind  diese  sehr  schön 
ausgeputzt,  und  —  beiden  Geschlechtern  gemein.  Zwar  werden  dieselben  durch  ein  Ge- 
täfel gesondert,  worin  aber  verschiedene  Ablaßfensterchen  angebracht  sind,  durch 
welche  man  zusammen  trinken  und  sprechen,  und  sich  also  gegenseitig  nicht  bloß 
sehn,  sondern  auch  berühren  kann,  wie  denn  dies  Alles  häufig  geschieht.  Neben  dem 
sind  in  der  Höhe  Gänge  angebracht,  wo 
sich  Mannspersonen  zum  Sehen  und  Plau- 
dern einfinden;  und,  wohlverstanden, 
stehet  da  jedem  frei,  in  des  andern  Bad 
einen  Besuch  zu  machen,  zu  scherzen,  sein 
Gemüt  zu  erheitern,  und  beim  Hereintritt 
ins  Bad,  sowie  beim  Aussteigen,  hübsche 
Frauen  am  größten  Teil  des  Leibes  nackend 
zu  schauen.  Also  keine  Posten  bewahren 
hier  die  Zugänge,  keine  Thüren  —  zumal 
keine  Furcht  des  Unanständigen,  ver- 
schließen sie.  In  mehreren  Bädern  treten 
sogar  beide  Geschlechter  durch  denselben 
Eingang  ins  Bad,  und  nicht  selten  trägt 
sich's  zu,  daß  die  Mannsperson  einem  nack- 
ten Frauenzimmer,  und  umgekehrt,  begeg- 
net.   Doch  binden  die  Männer  eine  Art  von 

Schürzevonund  die  Weiber  haben  ein  linnen  „  ,^^^        ,,     .   .,  ^..,       ,    ^^  .ooi,»., 

'  HuOGELiN,  Von  heilsamen  Badern  des  Teutsdien- 

Gewand  an,  welches  aber  von  oben  bis  in  lands.   Mühlhausen,  1559. 

die  Mitte,  oder  an  der  Seite  offen  ist,  so  daß  weder  Hals,  noch  Brust,  noch  Arme,  noch 
Schultern  damit  bedeckt  sind  (Abb.  100).  In  dem  Bade  selbst  speisen  sie  öfters  von  all- 
seitig zusammengetragenen  Gerichten  an  einem  Tisch,  der  auf  dem  Wasser  schwimmt 
(Abb.  87,  102),  wobei  sich  natürlich  auch  die  Männer  einfinden.  In  dem  Haus,  wo  ich 
badete,  wurde  auch  ich  eines  Tags  zu  einem  solchen  Fest  eingeladen.  Ich  gab  meinen 
Beitrag,  ging  aber,  ob  man  mir  gleich  sehr  zusetzte,  nicht  hin  —  und  zwar  nicht  aus 
Schüchternheit,  die  man  hier  für  Faulheit  oder  bäurisches  Wesen  hält,  sondern  weil  ich 
die  Sprache  nicht  verstand;  denn  es  kam  mir  abgeschmackt  vor,  daß  ein  des  Deutschen 
unkundiger  Welsche,  stumm  und  sprachlos  zwischen  Schönen,  einen  ganzen  Tag  im 
Bad  bloß  mit  Essen  und  Trinken  zubringen  sollte.    Zwei  meiner  Freunde  hingegen 

*  Verenda  et  nates,  sagt  der  geistliche  Begleiter  eines  Papstes  auf  ein  Conzilium  ohne  alle  Umstände. 
Martin,  Badewesen  16 


242 


Poggios  Bericht  über  Baden  im  Aargau  von  1417 


1 


fanden  sich  wirklich  ein,  aßen,  tranken,  schäk- 

kerten,  sprachen  durch    einen    Dolmetsch 

mit  ihnen,  wehten  ihnen  mit  einem  Fächer 

Kühlung  zu,  und  kurz  belustigten  sich  sehr. 

Denn  nichts  fehlte  an  dem  Schauspiel,  als 

die  Vorstellung  Jupiters,  wie  er  durch  den 

goldnen  Regen  auf  Danaen   wirkte,  usw. 

und  waren  zwar  meine  Gefährten  mit  dem 

Linnengewand  bekleidet,  das  auch  Männer 

anzulegen   pflegen,    wenn   sie  in   Frauen- 
Abb.    101.      Mineralbad.      Titelholzschnitt    aus:       .  ,..■,  ,    ,  ■,  i  u         i 

,-.,.,,^ir  .^      „         „  Ml    u   1  D-_,      Zimmerbader    geaden    werden.      Ich    sah 

Gallus  Etschenreutter,  Aller  heilsamen  Bader  *= 

und  Brunnen  Natur.    Straßburg,  1571.  dann  alles  an  von  der  Galerie,  die  Sitten  und 

Gewohnheiten  dieser  Ehrenleute,  ihr  gutes  Essen,  ihren  angenehmen,  zwanglosen  Um- 
gang. Wunderbar  ist  es  zu  sehen,  in  was  für  Unschuld  sie  leben,  und  mit  welch  un- 
befangenem Zutrauen  die  Männer  zuschauten,  wie  Fremde  gegen  ihre  Frauen  sich 
Freiheiten  herausnahmen;  nichts  beunruhigte  sie;  Alles  deuteten  sie  zum  Besten  aus; 
oder  viel  mehr,  sie  gaben  nur  nicht  Acht  darauf.  Denn  nichts  ist  so  schwer,  das,  nach 
den  Sitten  dieser  guten  Menschen,  nicht  federleicht  wird.  In  Platons  Republik,  deren 
Sitten  Alles  gemein  machen,  hätten  sie  sich  vortrefflich  benommen,  da  sie  schon,  ohne 
seine  Lehre  zu  kennen,  sich  so  zu  seiner  Sekte  neigen. 

Einige  dieser  Bäder  gebrauchen,  wie  schon  gesagt,  Manns-  und  Frauenspersonen 
zugleich,  wenn  sie  untereinander  durch  Bande  des  Bluts  oder  der  Freundschaft  ver- 
bunden sind.  —  Mancher  besucht  täglich  drei  bis  vier  solcher  Bäder,  und  bringt  da  den 
größten  Teil  seines  Tages  mit  Singen,  Trinken  und  nach  dem  Bade  mit  Tanzen  zu.  Selbst 
im  Wasser  setzen  sich  einige  hin  und  spielen  Instrumente  (Abb.  95, 101, 102, 111).  Nichts 
aber  kann  reizender  zu  sehen  oder  zu  hören  sein,  als  wenn  eben  mannbare  oder  schon 
in  voller  Blüte  stehende  Jungfrauen,  mit  dem  schönsten  offensten  Gesicht,  an  Gestalt 
und  Benehmen  Göttinen  gleich,  in  diese  Instrumente  singen,  ihr  leichtes  zurückgewor- 
fenes Gewand  auf  dem  Wasser  schwimmt,  und  jede  eine  andre  Venus  ist.  Dann  haben 
sie  die  artige  Sitte,  wenn  Männer  ihnen  von  oben  herab  zusehen,  sie  scherzweise  um 
ein  Almosen  bitten;  da  wirft  man,  zumal  den  hübschem,  kleine  Münzen  zu,  die  sie  mit 
der  Hand  oder  mit  dem  ausgebreiteten  Linnengewand  auffangen,  indem  eine  die  andre 
wegstößt;  und  werden  bei  diesem  Spiel  eben  nicht  selten  auch  die  geheimen  Schön- 
heiten enthüllt.  Ebenso  wirft  man  ihnen  auch  aus  allerlei  Blumen  geflochtene  Kränze 
herab,  mit  denen  sie  sich  das  Köpfchen  schmücken. 

Diese  vielfältige  Gelegenheit,  das  Auge  zu  ergötzen  und  den  Geist  zu  ermuntern, 
hatte  einen  so  großen  Reiz  für  mich,  daß,  ungeachtet  ich  selber  täglich  zweimal  badete, 
ich  noch  die  übrige  Zeit  mit  Besuchung  andrer  Bäder  zubrachte,  und  ebenfalls  Münzen 
und  Kränze  hinunterwarf,  wie  die  Andern.  Denn  unter  diesem  immerwährenden  Ge- 
räusch von  Klang  und  Gesang,  war  da  weder  zum  Lesen  noch  zum  Denken  Zeit;  und 


Treiben  in  einem  Mineralbade  des  16.  Jaliriuinderts 


244  Poggios  Bericht  über  Baden  im  Aargau  von  1417 

hier  allein  weise  sein  wollen,  wäre  die  größte  Torheit  gewesen,  zumal  für  Einen, 
der  kein  selbstpeinigender  Menedem,  und  dem  nichts  Menschliches  fremde  ist.  Zur 
höchsten  Lust  mangelt  freilich  noch  die  Unterhaltung  durch  Gespräche,  die  denn  doch 
unter  allen  die  vorzüglichste  ist.  Mir  blieb  also  nichts  übrig,  als  die  Augen  an  den 
Schönen  zu  weiden,  ihnen  nachzugehn,  sie  zum  Spiele  zu  führen  und  wieder  zurück- 
zugeleiten.  Auch  war  zum  nähern  Umgange  Gelegenheit  da,  und  so  große  Freiheit 
dabei,  daß  man  sich  eben  um  die  gewohnte  Stufenleiter  der  Bewerbung  um  Gunst  und 
Zuneigung  nicht  zu  bekümmern  brauchte. 

Außer  diesen  Vergnügungen  gab  es  dann  noch  eine  andere  von  nicht  geringem 
Reize.  Hinter  den  Höfen,  allernächst  an  dem  Flusse,  liegt  nämlich  eine  große,  von  vielen 
Bäumen  beschattete  Wiese.  Hier  kömmt  nach  dem  Essen  jedermann  zusammen  und 
belustigt  sich  mit  Gesang,  Tanz  und  mancherlei  Spielen.  Die  meisten  spielen  Ball;  aber 
nicht  wie  bei  uns,  sondern  Manns-  und  Weibspersonen  werfen  sich,  jedes  dem,  den  es 
am  liebsten  hat,  einen  solchen  Ball  zu,  worin  viele  Schellen  sind.  Alles  läuft  zu,  ihn  zu 
haschen ;  wer  ihn  bekömmt,  hat  gewonnen,  und  wirft  ihn  wieder  seinem  Geliebten  zu : 
Alles  streckt  die  Hände  empor,  ihn  zu  fangen;  und  wer  ihn  hält,  tut,  als  ob  er  ihn  bald 
dieser,  bald  jener  Person  zuschanzen  wollte.  So  viele  andere  tausendlustige  Ergötzlich- 
keiten muß  ich,  der  Kürze  wegen,  übergehen,  und  gab  dir  nur  das  Pröbchen  von 
einigen,  um  dir  einen  Begriff  zu  machen,  was  hier  für  eine  große  Gesellschaft  von  Epi- 
kuräern  sei.  Bald  glaub  ich,  das  sei  der  Ort,  wo  der  erste  Mensch  geschaffen  worden, 
den  die  Hebräer  Gan  Eden,  d.  i.  den  Garten  der  Wollust  nennen;  denn,  falls  anders 
diese  uns  Glückseligkeit  verschaffen  kann,  so  seh'  ich  nicht,  was  dem  Orte  hier  fehlet, 
um  solche  vollkommen  zu  gewähren. 

Fragst  du  mich  denn,  Freund !  weiter,  zumal  nach  der  Kraft  des  hiesigen  Wasser,  so 
ist  dieselbe  eben  sehr  verschieden  und  mannigfaltig;  in  einigen  Stücken  aber  besonders 
groß  und  fast  göttlich ;  denn  auf  der  ganzen  Welt,  glaub  ich,  ist  kein  Bad,  welches  mehr 
die  weibliche  Fruchtbarkeit  fördere.  Kömmt  eine  Frauensperson  hieher,  deren  Leib  ver- 
schlossen ist,  so  erfährt  sie  bald  die  bewundernswürdige  Wirkung  dieser  Bäder,  wenn 
sie  nur  geflissen  die  Mittel  anwendet,  welche  die  Kunst  den  Unfruchtbaren  vorschreibt. 

Unzählbar  ist  übrigens  die  Menge  der  Vornehmen  und  Gemeinen,  die,  nicht  sowohl 
der  Kur,  als  des  Vergnügens  wegen,  von  100  Meilen  weit  hier  zusammenkommen.  Alle 
die  lieben,  alle  die  heiraten  wollen,  oder  wer  sonst  das  Leben  im  Genüsse  setzt,  strömen  • 
hieher,  wo  sie  finden,  was  sie  wünschen.  Viele  geben  körperliche  Leiden  vor  und  sind 
nur  am  Gemüte  krank.  Da  sieht  man  hübsche  Frauen  die  Menge,  die  ohne  ihren  Mann, 
ohne  Verwandte,  nur  in  Begleit  zweier  Mägde  und  eines  Dieners  hier  anlangen  —  oder 
etwa  eines  alten  Mütterchens  von  Muhme,  die  sich  leichter  hintergehen  als  bestechen 
läßt.  Jede  aber  zeigt  sich,  so  viel  möglich,  in  Gold,  Silber  und  Edelgestein,  so  daß  man 
denken  sollte,  sie  wären  nicht  in's  Bad,  sondern  zu  der  prächtigsten  Hochzeit  gekommen. 
Auch  Nonnen,  oder,  richtiger  zu  reden,  floralische  Jungfrauen,  Äbte,  Mönche,  Ordens- 
brüder und  Priester,  leben  hier  noch  in  größerer  Freiheit  als  alle  übrigen;  letztere  baden 


Poggios  Bericht  über  Baden  im  Aargau  von  1417  245 

sich  wohl  mit  dem  Frauenzimmer,  schmücken  ihr  Haar  mit  Kränzen  und  vergessen  alles 
Zwanges  ihrer  Gelübde.  Alle  nämlich  haben  einerlei  Absicht:  —  Traurigkeit  zu  verbannen, 
Vergnügen  zu  suchen,  keinen  Gedanken  zu  haben  als  wie  sie  des  Lebens  und  seiner 
Freuden  genießen  mögen.  Keiner  bemüht  sich  dem  Gemeinschaftlichen  etwas  zu  ent- 
ziehen; vielmehr  sucht  jeder,  das  Besondere  allgemein  zu  machen.  Und  zum  Erstaunen 
ist  es,  wie  bei  einer  so  großen  Menge  (es  mögen  immer  an  die  tausend  Menschen  da 
sein)  bei  so  verschiedenen  Sitten,  in  einem  so  freudetrunkenen  Gemische,  keine  Händel, 
kein  Zwist,  kein  Schimpfwort,  nur  kein  Murmeln  noch  Beschweren  des  einen  über  den 
andern  entsteht.  Da  sehen  Männer,  wie  mit  ihren  Weibern  getändelt  wird,  und  treffen 
sie  mit  einem  wildfremden  Manne  unter  vier  Augen  an ;  das  Alles  bewegt  sie  nicht,  sie 
wundern  sich  über  nichts,  und  glauben,  daß  alles  auf  die  eingezogenste  Art,  im  Ver- 
trauen des  redlichsten  Hausfreundes  geschieht.  So  ist  der  Teufel  der  Eifersucht,  der 
anderswo  bald  alle  Männer  plagt,  hier  ein  unerhörter  Gast,  und  da  sie  die  Sache  nicht 
kennen,  auch  dem  Namen  nach  unbekannt.  O  Sitten,  wie  unähnlich  den  unsrigen !  Wir 
Welsche  sehen  alles  von  der  schlimmsten  Seite  an  und  finden  an  Verläumden  und  Ver- 
kleinern Geschmack,  daß,  wo  der  schwächste  Schein  zum  Argwohn  ist,  wir  sofort  auf 
die  schwärzesten  Verbrechen  schwören. 

Schon  mehr  als  einmal  hab  ich  daher  die  unzerstörbare  Gemütsruhe  dieser  guten 
Menschen  beneidet,  und  dagegen  unsre  verkehrte  Denkart  verwünscht,  die  wir  immer 
klagen,  immer  begehren,  durch  keinen  Gewinn  befriedigt,  durch  keinen  Wucher  gesät- 
tigt, Himmel  und  Erde  umkehren  wollen,  um  nur  Geld  zu  erwerben.  Da  werden  wir  von 
ewigem  Kummer  und  Angst  umhergetrieben,  und  erbeben  meist  vor  erst  künftigem 
Elend;  um  nicht  unglücklich  zu  werden,  hören  wir  nie  auf,  unglücklich  zu  sein,  starren 
mit  unverwandtem  Blick  unsern  Mammon  an,  und  wissen  weder  dem  Leib  noch  dem 
Geist  gütlich  zu  thun.  Diese  Glücklichen  hingegen,  mit  Wenigem  vergnügt,  leben  nur 
für  heute,  machen  sich  jeden  Tag  zum  Feste,  verlangen  nicht  nach  Reichtum,  der  ihnen 
wenig  nützen  kann,  freuen  sich  dessen,  was  sie  haben,  und  zittern  nie  vor  der  Zukunft. 
Begegnet  ihnen  je  etwas  Widriges,  so  tragen  sie  es  mit  Geduld,  und  ihr  größter  Schatz 
ist  der  Wahlspruch:  „Der  lebte,  der  seines  Lebens  genoß!"" 

Sehen  wir  von  Ungenauigkeiten  ab,  die  PooGio,  um  möglichst  schön  zu  reden,  der 
Wahrheit  entgegen,  sich  erlaubt  und  selbst  widerruft,  so  ist  sein  Bericht  im  großen  und 
ganzen  richtig  und  wird  von  anderen  noch  ergänzt.  Man  hat  angenommen,  daß  ein  der- 
artiges Leben  sich  nur  zu  Baden  abspielte,  und  Johannes  von  Müller  hat  darauf  hin- 
gewiesen, daß  tausende  von  zügellosen  Kriegern  während  der  Sommermonate  in  Baden 
zubrachten,  wenn  sie  nicht  durch  Feldzüge  ferngehalten  wurden  3i7.  Doch  finden  wir 
ja  nach  Henricus'  de  Hassia  Bericht  ein  gleiches  Leben  zu  Wiesbaden. 

Auffallend  ist  hier  wie  dort  das  Treiben  der  Geistlichkeit,  das  in  Baden  derartig  an- 
stößig war,  daß  Bischof  Burkhard  von  Konstanz  1463  dem  jeweiligen  Leutpriester  zu 
Baden  Vollmacht  erteilte  und  befahl,  fehlbare  Geistliche,  wenn  nötig  mit  Hilfe  des  welt- 
lichen Armes,  festnehmen  zu  lassen  und  dem  bischöflichen  Vogte  zu  Kaiserstuhl  zur 


246  Die  Oeisttichen  in  den  Mineralbädern 

Bestrafung  auszuliefern,  was  bis  1498  mehrmals  wiederholt  wurde.  Veranlaßt  wurde 
die  Verfügung  auf  Wunsch  des  Rates  von  Baden,  weil  bei  dem  Zusammenströmen  von 
Leuten  verschiedener  Nationen  in  die  Bäder  „von  Priestern  oft  enorme,  ärgerliche  und 
strafbare  Excesse  verübt  werden"  32.  1415  verkaufte  die  Äbtissin  des  Frauenmünsters 
in  Zürich  den  gesamten  Meierhof  von  Stadelhofen,  um  die  Kosten  einer  Badenfahrt  be- 
streiten zu  können.  Der  Bericht  über  den  Verkauf  des  Kelnhofes  lautet:  „es  ist  zu  wissen 
als  die  Äbtissin  Frau  Anastasia  von  Hohenklingen  den  Kelnhof  zu  Stadelhofen  ent- 
fremdet hat,  und  Recht  und  Herrlichkeit  der  Lechen  mit  Zins  und  aller  Zubehörd  ge- 
geben den  Frauen  und  Kloster  am  Oetenbach.  Und  haben  dieselben  Frauen  der  Äbtissin 
darum  geschenkt  eine  Summe  Gelds  zu  einer  Badenfahrt,  die  sie  dazumal  wollt  haben; 
Gott  gesegne  ihr  das  Bad  in  jener  Welt!" 90.  Die  Klosterfrauen  zu  Töß  erkauften  sich 
zu  Anfang  des  16.  Jahrhunderts  für  schweres  Geld  päpstliche  Bullen  und  Indulgenzen, 
um  nach  Baden  zu  fahren  und  daselbst  unter  dem  Skapulier  weltliche  Kleider  tragen  zu 
dürfen,  falls  sie,  wie  die  Erlaubnis  besagte,  im  Kloster  nicht  alle  nötigen  Hilfsmittel,  ihre 
Gesundheit  herzustellen,  finden  könnten.  Der  im  Jahre  1492  zum  Abt  in  Kappel  erwählte 
Ulrich  Trinkler  von  Zürich  war  berüchtigt  durch  seine  dem  Kloster  höchst  nachteiligen 
Badenfahrten.  Er  hielt  in  den  Bädern  wochenlang  und  täglich  für  mehr  als  zwanzig 
Personen  offene  Tafel  und  ward  sogar  eines  näheren  Umgangs  mit  den  daselbst  be- 
findlichen Nonnen  verdächtigt.  Am  Ende  aber  trieb  er  es  so  arg,  daß  er  aus  seiner  Abtei 
verstoßen  wurde  3i5. 

Anno  1566  „haben  einige  Chorherrn  im  Hof  (zu  Luzern)  den  Rath  um  Erlaubniß  ge- 
fragt, mit  ihren  Metzen  gan  Baden  eine  Badfahrt  z'han,  das  ihnen  aber  um  der  Ergerniß 
wegen  abgeschlagen  worden"  320.  Die  Bitte  der  Chorherren  erscheint  gar  nicht  auffällig, 
wenn  man  folgende  Weisung  von  Rat  und  Schultheiß  der  Stadt  Baden  vom  Jahre  1520  an 
die  beiden  Stadtknechte  bedenkt:  „Sy  söllent  zu  den  Bädern  niden  deheinen  an  Si  gmach 
gan  noch  uff  tun,  Sy  wissent  dann  wol,  das  er  ein  metzen  by  im  da  inn  habe.  Unnd  ob 
ein  priester  har  gen  Baden  kerne  und  ein  Junckfrowen  mit  im  brechte,  und  ein  gemach 
empfienge,  denselben  söllent  si  nit  uffnemen;  ob  er  aber  ein  priester  ein  frye  metzen  zu 
im  in  siner  kamer  fürte,  den  mögent  si  uffnemen.  Sy  söllent  ouch  erenlütten  nit  in  ir 
kamer  noch  gemach  gan,  Sy  wissent  dann  wol,  das  er  ein  metzen  by  Im  hette.  Sy  söllent 
ouch  die  so  sie  uffheben  in  der  Setzung  bescheidentlichen  halten  je  nach  gestalt  der 
Personen  und  des  Handels.  Unnd  insunders  so  soUent  si  kein  Dietrich  me  bruchen 
noch  haben" 32 

Entspricht  diese  Anweisung  der  sonst  üblichen  Auffassung  des  Mittelalters,  so  wird 
sie  für  Baden  besonders  verständlich,  wenn  man  bedenkt,  daß  in  der  Nähe  Zurzach, 
der  Hauptort  des  Verenenkultus,  lag.  Baden  selbst  hatte  zu  diesem  durch  sein  Verena- 
loch, die  Quelle  im  Verenabad,  Beziehung.  Hier  stand  die  Bildsäule  der  Heiligen  (Abb.  46, 
103)*  bis  zum  Abbruch  des  Bades.  Sie  wurde  am  Verenentage  mit  einem  Blumenkranz 

*  Von  Pantaleon  wird  sie  1578  nicht  erwähnt 3^.  Hess,  der  sie  genau  untersuchte,  verlegt  ihre 
Entstehung  in  die  erste  Hälfte  des  Mittelalters.    Die  Heilige  war  mit  Laugeni<rug  und  Strehl  (Kamm) 


Offenes  Mineralbad  im  19.  Jahrhundert 


247 


248  Der  Verenakultus 

geschmückt  und  acht  Tage  und  Nächte  hindurch  mit  fünf  geweihten  Kerzen  beleuchtet. 
Jahrhundertelang  wurde  das  Bad  von  Frauen  aller  Stände  besucht,  die  durch  seinen  Ge. 
brauch  Kindersegen  erhofften.  Sonst  wurde  es  von  Vornehmen  nicht  benutzt.  Es  war 
das  Bad  der  Armen  und  Hilfsbedürftigen,  denen  Verena  wieder  Heilung  und  Genesung 
gab.  Sie  selbst  soll  gegen  Ende  des  3.  Jahrhunderts  dem  Volksglauben  nach  dort  Arme 
und  Kranke  gepflegt  und  ihnen  das  Bad  bereitet  haben  3i5^  obwohl  die  Legende  nichts 
davon  erzählt.  Aber  Verena  war  nicht  nur  die  Schutzpatronin  der  Armen.  Im  Siggentale 
sang  man  einst  ein  Lied  vom  Tannhäuser,  der  in  Frau  Vrenelis  Berg  gegangen  sei. 
Vreneli  und  Venus  sind  beide  identisch.  An  St  Verenas  Grab  zu  Zurzach  war  ein  Jahr- 
tausend lang  der  Ort  ausgesuchtester  Sinnlichkeit  und  zügellosester  Üppigkeit.  Zwar 
finden  wir  auch  hier  Eheleute,  die  ehelichen  Segen  erflehten.  So  soll  König  Konrad  von 
Burgund  mit  seiner  Gemahlin  zu  St.  Verenas  Grab  gewallfahrtet  haben  und  nachher 
mit  einem  Prinzen  beschenkt  worden  sein.  Desgleichen  wurde  daselbst  der  Herzog 
Hermann  von  Alemannien  erhört.  Hier  flehte  auch  König  Ottokars  von  Böhmen  Tochter 
Agnes,  die  Gemahlin  des  Herzogs  Rudolf  von  Österreich,  um  einen  Prinzen,  der  ihr  dann 
auch  in  Johann  Parricida  geschenkt  wurde  32.  Zur  Zeit  der  einst  weltberühmten  Märkte 
sammelte  sich  dort  aber  ein  anderes  Volk.  Wie  Pfeifer  und  Keßler  an  bestimmten 
Orten  einmal  im  Jahr  zusammenkamen,  fanden  sich  zu  Zurzach  die  fahrenden  Weiber 
ein.  Der  Landvogt  von  Baden  hatte  den  Zurzacher  Markt  zu  der  Eidgenossen  Lob  und 
Ehre  mit  „Pfiffern  und  Trummeteren"  zu  versehen  und  sich  laut  Verordnung  der  Tag- 
satzung von  1418  mit  vier  ehrbaren  Männern  aus  der  Stadt,  den  Untervögten  und  deren 
Knechten  selbst  hinzubegeben  32.  Dort  eröffnete  er  den  Matzentanz  und  beschenkte  die 
Schönste  mit  einem  Gulden*,  weil  1308  Kaiser  Albrecht  in  den  Armen  einer  Dirne  ge- 
storben war.  Die  vermeintliche  Stiftung  soll  von  der  Königin  Agnes  von  Ungarn  ge- 
macht worden  sein  38.  Als  die  reformierten  Stände  im  Jahre  1535  dem  Treiben  zu  Zurzach 

dargestellt  ^'^  So  findet  sie  sich  schon  auf  einem  Bild  in  der  Klosterkirche  zu  Kappel  aus  dem 
14.  Jahrhundert  345.  Durch  diese  Attribute  hat  sie  in  der  Volkssage  vieles  gemeinsam  mit  Frau  Holle. 
Stäfa  am  Zürichsee  führt  ihr  Bild,  auch  mit  Krug  und  Kamm,  heute  noch  im  Wappen.  Hier  soll  die 
Heilige  der  Legende  nach  den  Armen  viel  Gutes  getan  und  den  grindigen  Kindern  die  Köpfe  ge- 
reinigt und  gekämmt  haben.  Sie  heißt  heute  noch  „Vreneli  mit  dem  Strehl".  Ihr  waren  in  der  Gegend 
zwei  Kapellen  geweiht,  von  denen  uns  die  eine  „in  den  Wannen"  auf  der  Berghöhe  gegen  Ötweil 
zu  interessiert.  Sie  lag  bei  den  Quellen  des  Wannenbades,  von  welchen  noch  kurz  vor  1818  Über- 
bleibsel zu  sehen  waren  ^i^.  Dies  war  einst  weit  berühmt.  1538  besaß  Peter  Wysling  von  Ötweil 
„zu  Eigen  das  Kilchli  mit  sammt  dem  Bad  genannt  in  der  Wannen".  Das  Kirchlein  führte  den 
Namen  „zur  heiligen  Jungfrau  zur  Wannen"  ^^  Gegen  1768  wurde  das  Bad  nach  längerem  Nicht- 
gebrauche  wieder  eröffnet*"'  und  blieb  bis  in  die  siebziger  Jahre  des  18.  Jahrhunderts  in  Benutzung. 
Später  leitete  man  das  Wasser  tausend  Fuß  weiter  in  die  Krone  zu  Oberhausen,  die  1842  einging  ^^ 
In  der  Krone  wohnte  Goethe  während  seines  Aufenthaltes  in  Stäfa. 
*  In  einem  Fastnachtsspiele  heißt  es: 

„Ich  han  dich  wol  in  großen  eeren  gsehen,       (Do)  hast  du  da  den  gülden  gwunnen. 

Es  ist  iez  by  siben  jaren  bschehen,  (Den)  man  der  hüpschisten  solt  gunnen, 

Zuo  Zurzach  an  dem  huorendanz:  (Den)  der  vogt  von  Baden  gibt  denn  zmal 

Darumb  so  freist  du  wol  ein  kränz;  (Der)  hüpschisten  in  der  huorenzal. 

Dann  da  warend  mee  dann  hundert  huoren,     Die  denn  zuo  mal  uff  der  Wißmatten  sind"  '2. 

(D)ie  do  all  am  danz  da  umbher  fuoren; 


Sittenlosigkeit  zu  Baden  im  Aargau  und  Baden-Baden  24Q 

etwas  Einhalt  tun  wollten  und  der  Landvogt  Schütz  einen  bezüglichen  Antrag  an  die 
Tagherren  brachte,  verwahrten  sich  die  katholischen  Orte  gegen  „diese  ketzerische  Neue- 
rung". Es  wurden  auch  die  unsittlichen  Tänzereien  während  der  Messe  beibehalten; 
denn,  sagte  der  Tagherr  von  Luzern,  es  tanze  da  mancher  gute  Geselle 'mit  einer  armen 
Dirne  und  behelfe  sich  mit  ihr,  während  er  sonst  etwas  Böseres  tun  könnte  32  (vgl.  S.  266). 

Wie  es  zur  Zeit  der  Zurzacher  Messe  im  nahen  Baden  zuging,  braucht  nicht  durch 
Quellen  belegt  zu  werden.  Bedenkt  man  noch  die  Anwesenheit  von  zahlreichen  Lands- 
knechten, dann  wird  kein  anderer  Kurort  Baden  um  sein  Gesindel  beneidet  haben.  Im 
Jahre  1486  lag  der  Hauptmann  Ruppli  aus  dem  luzernischen  Amte  Rothenburg  längere 
Zeit  in  Baden  eingetürmt,  weil  er  in  Ennetbaden  (den  kleinen  Bädern)  mit  gezücktem 
Schwerte  eine  Dirne  aus  dem  Bade  gerissen,  um  seine  Lust  mit  ihr  zu  treiben,  und  ver- 
sucht hatte,  den  im  Bade  sitzenden  Nebenbuhler  zu  verwunden.  Ruppli  war  deshalb 
zum  Tode  verurteilt  worden ;  allein  die  Bitten  einflußreicher  Freunde  und  Verwandter 
konnten  zuletzt  seine  Begnadigung  erwirken.  Er  mußte  Urfehde  schwören  und  dem 
Landvogte,  sowie  der  Stadt  Baden  eine  beträchtliche  Buße  zahlen  32  Auch  in  den  beiden 
freien  Bädern  zu  Baden-Baden  waren  vor  Jahren,  wie  es  1488  heißt,  Tag  und  Nacht  von 
Heimischen  und  Fremden  allerhand  „vnfuren"  begangen,  weswegen  der  Bader  ange- 
wiesen wurde,  starke  (kräftige)  Bettler,  fahrende  Schüler  und  Dirnen,  die  in  den  Her- 
bergen hinter  dem  freien  Bade  ihr  Wesen  trieben,  vor  den  Schultheißen  zu  bringen, 
„damit  man  mit  denselben  lüten  alles  überlasts,  betrugs  vnd  vnwesens  vertragen  blybe, 
auch  vnfuren  vnd  bubereyen  tags  vnd  nachts  im  großen  vnd  kleinen  Bade  dardurch  ab- 
bestallt" 40. 

Am  tollsten  ging  es  in  Baden  (Schweiz)  vielleicht  Anfang  des  16.  Jahrhunderts  zu. 
Die  Eidgenossen  hatten  dem  Kaiser  Maximilian  einen  Römerzug  versprochen,  den  Frank- 
reich zu  verhindern  und  die  Eidgenossen  für  sein  Heer  zu  gewinnen  suchte.  Geld,  das 
dem  Kaiser  fehlte,  stand  Ludwig  XII.  in  Menge  zur  Verfügung.  Zürich  wurde  1505  vom 
Gesandten  Rocquebertin  bearbeitet,  der  zu  Baden  fürstliche  Tafel  hielt,  die  Badenfahrten 
vieler  Weiber,  öfters  die  ganze  Zehrung  aller  Gäste  bezahlte.  Er  hatte  beständigen  Zu- 
lauf an  feilen  Dirnen,  warf  Geld  in  die  Bäder  und  unter  die  Weiber  3i5.  3i7. 

Selbst  Zürichs  Bürgermeister  Waldmann  (148Q  hingerichtet),  der  in  seiner  Stadt 
durch  strenge  Sittenmandate  den  Ausschweifungen  wehrte,  ging,  als  wären  die  Mandate 
nicht  für  ihn  gemacht,  häufig  mit  einer  Schar  lockerer  Gesellen  nach  Baden,  um  auf  die 
zügelloseste  Art  der  Freude  und  Lust  zu  frönen  32.  Ejn  St.  Galler  war  Augenzeuge, 
daß  der  Bürgermeister  auf  einer  Gesandtschaft  nach  Baden  neben  seiner  Frau  noch 
sechs  Weibsbilder  bei  sich  führte  und  zugleich  einer  Baslerin  durch  Geschenke  ver- 
gebens nachstellte.  Endlich  konnte  er  den  Badwäscher  bestechen,  der  ihn  zu  ihr  führte. 
Sie  aber  widerstand  und  klagte  nachher  Waldmann  öffentlich  an  32i.  wir  finden  auch 
in  späteren  Jahrhunderten  die  Züricher  öfter  in  Baden,  um  die  heimatlichen  Sitten-  und 
Luxusgesetze  zu  umgehen,  weswegen  die  Badenfahrten  zu  wiederholten  Malen  verboten 
wurden, 


250 


Ein  kleines  Mineralbad  im  15.  Jahrhundert 


Häufigerwerden  der  Badenfahrten  im  15.  Jahrhundert  251 

Zürich  sah  überhaupt  darauf,  daß  seine  Bürger  sich  in  Baden  anständig  aufführten. 
14Q2  ist  im  Ratsprotokoll  verzeichnet:  „J.  Aberli  und  L.  Holzhalb  sollen  nachgohn  als 
etlich  Mann  und  Frauen  nackend  gesessen  und  by  enandern  getrunken  haben"  3i7.  Aus 
den  Verordnungen  und  verfügten  Strafen  des  Rates  von  Baden  geht  ebenfalls  hervor, 
daß  man  das  unsittliche  Leben  nicht  billigte  und  den  guten  Willen  hatte,  es  abzustellen, 
und  selbst  PoGOio  gibt  zu,  daß  Männer  Frauenbäder  im  Bademantel  besuchten.  Mon- 
taigne empfiehlt  im  16.  Jahrhundert  sogar  Baden  den  Frauen,  die  abgesondert  und 
züchtig  zu  baden  wünschen,  als  geeigneten  Ort  326.  in  den  vornehmen  Bädern  ging  es 
gewiß  ehrbar  zu.  Hans  von  Waldheim  badete  1474  nur  mit  Männern,  schwäbischen 
Adeligen  und  Züricher  Geistlichen  zusammen.  Von  ihm  erfahren  wir  auch,  daß  „graven, 
hern,  rittere  und  knechte  und  vile  eddil  luthe  usz  Swabin  und  usz  andern  landen,  und 
dorczu  vile  schöner  frawen,  bürgere  und  burgerynne  von  Basil  von  Kostenicz  und  von 
Lyndouwe,  die  gar  kostlich  mit  yren  cleydern  und  silbern  tringgefesse  do  weren"  32. 

Trotz  der  großen  Zahl  anwesender  Badegäste*  befand  sich  im  15.  Jahrhundert  in 
Baden  noch  kein  Arzt.  Als  im  Jahre  1478  Frau  Anna  geb.  Gräfin  von  Kirchberg  beim 
Spiele  plötzlich  unwohl  wurde,  mußte  man  nach  Zürich  zum  Arzte  schicken.  Als  dieser 
erschien,  war  sie  dem  Tode  nahe  32. 

Das  Treiben  in  einem  Bade  um  die  Mitte  des  15.  Jahrhunderts  zeigt  uns  ein  Bild  des 
mittelalterlichen  Hausbuches  (Abb.  104)  i50.  Es  stellt  den  Typus  eines  kleinen  Bades  dar, 
wiewirihn  bis  ins  19.  Jahrhundert  finden.  Neben  dem  Badehaus  liegt  der  Lustgarten.  Das 
Ganze  ist  durch  eine  Mauer  von  der  Umgebung  vollkommen  abgeschlossen  und  mitten 
im  Feld  gelegen.  Ein  größeres  Bad  stellt  eine  ebenfalls  aus  Konstanz  stammende  und 
auch  um  die  Mitte  des  15.  Jahrhunderts  gemalte  Blockwand  des  Schweizerischen 
Landesmuseums  in  Zürich  vor.  Leider  ist  das  Bad  selbst  nur  in  Resten  vorhanden  und 
der  größte  Teil  abgesägt. 

Im  15.  Jahrhundert  mehren  sich  die  Nachrichten  von  Badenfahrten.  Das  Protokoll 
des  Frankfurter  Rates  enthält  schon  häufig  Urlaubsbewilligungen  für  Beamte,  vorzugs- 
weise für  die  angeseheneren,  wie  den  Stadtschultheiß,  die  Dorfamtmänner  und  den 
Stadtarzt  127.  Luzern  ließ  sogar  mehrere  in  der  Schlacht  bei  Murten  (1476)  verwundete 
Krieger  auf  Staatskosten  in  Bäder  gehen ;  auch  Zürich  tat  dies  1 532  im  Kappeier  Kriege  229. 
Man  besuchte  jetzt  auch  entfernt  liegende  Bäder. 

Herzog  Wilhelm  von  Sachsen  weilte  1476  im  Wildbade  zur  Kur.  Auf  einen  Brief  an 
den  Kurfürsten  Ernst  von  Sachsen  antwortete  ihm  dieser,  er  freue  sich,  daß  Herzog 
Wilhelm  dort  die  Gemahlin  des  Grafen  Ulrich  von  Württemberg  angetroffen  habe  und 
„neben  uwer  libe  in  underscheyd  gebatt  und  sich  fruntlich  irköset  (unterhalten)".  Der 
Herzog  badete  alle  Tage  acht  oder  neun  Stunden  54.  Für  das  Wildbad  schlägt  Mechinger 
auch  1513  bis  neun  Stunden  tägliche  Badezeit  vor  346. 

Philippine  Welser  gebrauchte  1571  wegen  Gallensteine  die  Kur  in  Karlsbad.  Nach 

*  Lersch  'o  gibt  die  Zahl  der  Kurgäste  1480,  als  Markgraf  Christoph  dort  badete,  auf  dreitausend  an. 
Wie  aus  einer  späteren  Stelle  bei  ihm  hervorgeht,  liegt  eine  Verwechslung  mit  Baden-Baden  vor. 


252  Der  Badeausschlag 

den  Aufzeichnungen  ihres  Leibarztes  Dr.  Georg  Handsch  de  Limusa  trank  sie  während 
der  ersten  Wochen  nur  das  Wasser  und  zwar  bis  acht  Seide!  am  Tage.  Am  vierzehnten 
Tage  begann  sie  zu  baden,  mit  je  einer  Stunde  am  Vor-  und  Nachmittag  beginnend  und 
bis  zu  je  fünf  Stunden  steigend,  also  zehn  Stunden  am  Tage.  Am  sechzehnten  Badetage 
nahm  der  „Badeausschlag"  einen  rotlaufartigen  Charakter  an;  von  diesem  Tage  an 
wurden  wärmere  Bäder  von  kürzerer  Dauer  genommen,  „damit  der  Ausschlag  wieder 
abtrockene"  347 

Der  Badeausschlag  war  eine  Entzündung  der  Haut  infolge  des  lang  anhaltenden 
thermischen  und  auch  chemischen  Reizes  beim  Baden.  Die  Bäder  mit  höheren  Tem- 
peraturen und  reichlichen  mineralischen  Bestandteilen  riefen  ihn  schneller  hervor.  Ein 
Jesuit,  der  in  Pfäfers  badete,  beschrieb  ihn  1642.  Es  entsteht  zweierlei  Ausschlag  nach- 
einander. Der  erste  ist  hitzig  und  brennt  wie  Feuer  oder  Nesseln  und  wird  „Obrist 
Fresser"  genannt.  Wenn  er  durchs  Bad  abgeheilt  ist,  kommt  bald  ein  anderer,  der  nicht 
so  brennt,  aber  heftig  beißt  und  zu  stetem  Kratzen  Ursache  gibt.  Der  wird  „Obrist 
Kratz"  genannt.  Bei  etlichen  kommt  der  Ausschlag  am  dritten  oder  vierten  Tage,  die 
Haut  wird  rot,  schält  sich,  Arme  und  Füße  schwellen.  Im  Wasser  besteht  kein  Schmerz, 
aber  außerhalb  desselben,  besonders  im  Bett.  Die  Glieder  brennen  wie  mit  Nesseln  be- 
strichen; man  nennt  dies  den  Brenner.  Wenn  die  Geschwulst  an  Händen  und  Füßen 
zunimmt,  tritt  Krampf  auf,  das  ist  der  Spanner.  Etliche  können  dann  nicht  gehen  und 
die  Hände  zum  Munde  bringen.  Es  tritt  Kälte  wie  beim  Fieber  auf.  Das  Wasser  kommt 
einem  eiskalt  vor,  dieser  Geselle  heißt  der  Zitterer  oder  Schnatterer.  Nur  im  Bett  wird 
man  warm.  Später  kommt  der  Kratzer  oder  Obrist  Kratz ;  der  tut  manchen  nach  Hause 
begleiten  366  Der  „Schauder  oder  Schütter"  war  oft  so  heftig,  daß  die  Patienten  zwei 
bis  drei  Tage  im  Bett  bleiben  mußten  (1689)  428 

Philippine  Welser  wartete,  wie  aus  den  Angaben  ihres  Leibarztes  hervorgeht,  den 
zweiten  Ausschlag  nicht  ab,  sondern  heilte  den  ersten  durch  sogenanntes  Abbaden,  bei 
dem  die  Badezeit  verkürzt  und  die  Temperatur  des  Bades  erhöht  wurde.  Diese  Art 
scheint  auch  später  noch  in  Karlsbad  Sitte  gewesen  zu  sein,  war  aber  nicht  die  gewöhn- 
liche*. Traten  die  ersten  Zeichen  des  Ausschlags  —  der  übrigens  auch  die  Ausschlachte 
genannt  wurde  —  auf,  ging  man,  wenn  Bäder  von  verschiedener  Temperatur  zur  Ver- 

*  Die  Ausschlagkur  in  Karlsbad  wich  überhaupt  von  der  in  anderen  Orten  ab.  Nach  Dr.  Fabian 
Summer  (1571)  3^'  biß  das  laue  Bad  die  Haut  auf,  das  warme  heilte  sie  zu.  In  ersterem  wurde  bei 
täglichem  Zunehmen  mit  der  Badezeit  bis  zu  zehn  oder  zwölf  Stunden  gestiegen.  War  die  Haut 
aufgebissen,  schlug  Summer  vor,  einige  Tage  mehrmals  eine  Stunde  lang  in  wenig  wärmerem  Wasser 
zu  baden,  so  lange  die  Haut  offen  sei,  darauf  mit  der  Temperatur,  aber  auch  wieder  mit  der  Badezeit 
zu  steigen,  bis  die  Haut  „widerumb  zusammen  wachse,  gantz  vnd  fest  möge  werden".  Wie  weit  es 
sich  um  wirklich  bestehenden  Gebrauch  oder  um  Vorschläge  Summers  handelt,  läßt  sich  nicht  ent- 
scheiden. Jedenfalls  ist  Summer  im  Irrtum,  wenn  er  glaubt,  die  Ausschlagkur  sei  eine  „gewonheit" 
nur  Karlsbads  gewesen,  ja  sie  erscheint  nach  seinen  Auseinandersetzungen  dort  nicht  als  eine  all- 
gemein geübte  Badeart,  sondern  mehr  als  eine  Ausnahme,  zu  der  namentlich  die  „Creusin-Quelle" 
benutzt  wurde,  die  deshalb  den  Namen  „Fresser"  erhalten  hatte.  Als  der  Nürnberger  Kaufmann 
Paumgarten  1591  in  Karlsbad  über  vierzehn  Maß  Wasser  getrunken  hatte,  wollte  der  Doktor,  er  solle 
alle  Tage  zweimal  und  je  ein  und  eine  halbe  Stunde  (!)  nicht  über  dem  Nabel  im  Wasser  sitzen  '^'■^. 


Der  Badeausschlag  253 

fügung  standen,  in  ein  wärmeres  Bad,  bis  er  sich  vollständig  entwickelt  iiatte.  Man 
badete  zu  dem  Zwecke  auch  länger.  Darauf  folgte  das  Abbaden  in  kälterem  Wasser 
bei  Abnahme  der  Badezeit.  Sogeschah  es  in  aargauisch  Baden  noch  17Q0  424.  Nach 
DORER  (1806)  war  kälteres  Badewasser  nur  dann  nötig,  wenn  der  Ausschlag  schwer 
abheilen  wollte  4i8,  und  Hess  gibt  1606  für  Baden-Baden  an,  da[3,  wenn  nach  dem  Aus- 
schlagen die  frische  Haut  „schwerlich"  werden  und  wachsen  wollte,  man  nicht  frisches 
Wasser  benutzen  solle,  sondern  solches,  das  einen  Tag  und  eine  Nacht  gestanden 
habe  362  Leucippaeus  sagt  1598,  daß  etliche  in  Markgrafenbaden  ein  bis  zehn  Tage  an- 
fangen zu  baden  und  baden  danach  im  Wildbad  die  übrigen  Tage  gar  aus  43i.  (Wild- 
bad ist  kälter  als  Baden-Baden.)  Die  Doktoren  von  Augsburg  schickten  aber  gegen 
1571  ihre  Kranken  zuerst  auf  zehn  Tage  ins  Wildbad  zum  Baden  und  ließen  darauf  im 
(kälteren)  Zellerbad  (Liebenzeil)  die  Badenfahrt  ausrichten.  Günther  von  Andernach 
und  Etschenreutter  waren  damit  nicht  einverstanden.  „Wo  aber  die  krancken,  allein 
zubaden  begerten,  das  sie  an  demselbigen  ort  da  sie  das  baden  angehebt,  volstreckten, 
das  wer  nutzlich  jnen  vnd  gut."  Dagegen  hielten  sie  eine  Teilung  der  Kur  für  angebracht, 
wenn  man  das  Wildbad  trinke  und  im  Zellerbad  die  Badenfahrt  mit  Baden  vollende  388.  449. 
Manche,  die  in  Pfäfers  nicht  ausbaden  konnten  oder  wollten,  taten  dies  im  Nieder-Urner- 
bade  am  Wallenseese  in  Leuk  benutzte  man  im  16.  Jahrhundert  nach  dem  Ausbaden*, 
d.  h.  nachdem  der  Ausschlag  herausgebadet  war,  einen  Tag  lang  einen  besonderen 
Brunnen,  der  gar  nicht  schmeckte,  also  wohl  nur  geringe  mineralische  Bestandteile  hatte, 
die  Haut  schnell  heilte  und  deshalb  Heilbrunnen  genannt  wurde  3i8 

Man  war  sich  nicht  einig,  ob  zur  Kur  der  zweite  Ausschlag  nötig  sei,  bei  manchen 
Badenden  scheint  er  überhaupt  nicht  aufgetreten  zu  sein,  bei  anderen  kam  nach  Abheilen 
des  einen  immer  wieder  ein  neuer  zum  Vorschein.  In  Pfäfers  badeten  manche  vier 
Wochen  Tag  und  Nacht  und  wurden  den  Ausschlag  nicht  los  (1642)  366.  Lucas  Rem  265^ 
der  im  November  1529  den  „englischen  Schwais"  überstanden  hatte,  zog  1530  zur 
Nachkur  ins  Wildbad.  Am  7.  März  begann  er  die  Kur  mit  fünfstündigem  Baden.  Am  12. 
warerauf  acht  Stunden  gestiegen,  am  13.  fing  er  an  „fast"  (sehr)  auszuschlagen.  Der  Aus- 
schlag währte  acht  Tage.  Rem  badete  aber  weiter  und  schlug  am  28.  und  29.  wieder 
aus.  Am  24.  und  31.  März  hat  Rem  Schweißbad  und  Schröpfen  verzeichnet,  also  in 
der  Ausschlagperiode,  1525  fand  das  Schweißbad  am  elften  Tage  statt.  Svtz375 
schlug  es  1516  nach  dem  achten  oder  zehnten  Tage  vor.  Nach  Hess  (Baden-Baden, 
1606)  362  sollte  im  Bett  oder  sonstwie  geschwitzt  werden,  wenn  der  Ausschlag  stark 
juckte  oder  langsam  fortschritt.  Das  Schweißbaden  geschah  also  zur  Heilung  des 
Ausschlages. 

Einen  Ausschlag  hielt  man  aber  in  der  Regel  für  nötig  zum  Gelingen  der  Kur,  weil 

dadurch  die  inneren  Unreinigkeiten  zum  Körper  hinausbefördert  wurden.    Unterstützt 

wurde  dieser  Heilungsvorgang  nach  damaliger  Ansicht  (bis  ins  19.  Jahrhundert)  durch 

Schröpfen,  das  wohl  in  der  Regel  mit  dem  Schweißbade  verbunden  wurde,  also  in  die 

Ausbaden  heißt  auch  die  Badezeit  eines  Tages  oder  auch  die  ganze  Kur  beenden. 


254  Übermäßig  langes  Baden  zur  Erzielung  des  Badeausschlags 

Ausschlagperiode  der  Badekur  fiel.  Kam  kein  Ausschlag  zustande*  und  wurde  man 
geheilt,  war  man  darüber  nicht  bekümmert;  dann  hatte  das  Wasser  durch  seine  Kraft 
und  Wärme  die  bösen  Flüsse  und  Feuchtigkeiten  ohne  alle  Schmerzen  und  Verletzung 
der  Haut  trotzdem  ausgezogen  3ö6.  Es  kam  übrigens  vor,  daß  der  Ausschlag  sich  erst 
nach  Verlassen  des  Kurortes  bildete,  namentlich  bei  Leuten,  welche  die  Kur  zu  zeitig 
abbrachen  und  besonders  bei  denen,  welche  sie  zu  Hause  mit  einfachen  Wasserbädern 
fortsetzten,  weswegen  in  vielen  Anweisungen  vor  diesen,  manchmal  auf  Wochen 
hinaus,  gewarnt  wurde.  Leucippaeus  (15Q8)  verbietet  Süßwasserbäder  auf  ein  halbes 
Jahr  und  läßt  Schweißbäder,  wenn  sie  vonnöten  sind,  zu  43i. 

Da  nach  Ansichten  der  meisten  Leute  der  Badeausschlag  zur  Kur  nötig  war,  suchte 
man  ihn  möglichst  schnell  zu  erzielen,  namentlich  Arme,  die  wegen  Mangel  an  Geld  zur 
baldigen  Heimreise  genötigt  waren.  Sie  suchten  die  üblichen  hundert  Stunden**  wo- 
möglich in  einem  fort  im  Bade,  Tag  und  Nacht,  abzusitzen.  Sie  drängten  sich  deshalb 
auch  möglichst  nahe  an  den  „Ursprung"  des  Wassers,  wo  dies  heißer  als  im  übrigen 
Bade  war.  In  Baden  bei  Wien  begannen  einige  nach  Anemorinus  (1511)  mit  dem  Baden 
bald  nach  Mittemacht  70.  Man  aß,  trank  und  schlief  (nicht  nur  am  Tage,  sondern  auch 
in  der  Nacht)  im  Wasser.  Das  kam  namentlich  in  Pfäfers  vor,  wird  aber  im  16.  Jahr- 
hundert auch  von  Karlsbad  berichtet  348.  Unglücksfälle  waren  dabei  nicht  wunderbar. 
Die  Kirchenbücher  von  Gastein  führen  in  den  vergangenen  Jahrhunderten  fast  in  jedem 
Monat  mehrere  Todesfälle  von  Badenden  an  und  diese  meist  im  Bade  selbst.  Oftmals 
heißt  es  „suffucatus  in  balneo"  ^o.  Kolweck  sagt  1Ö31  von  Pfäfers,  daß  man  in  anderen 
Wildbädern  auf  der  Gelehrten  Rat  mit  Baden  auf  und  ab  steige,  in  Pfäfers  mache  man 
aber  gleich  mit  vielen  Stunden  den  Anfang.  „Dahero  gewohnlich,  daß  jhr  vil,  vnterTag 
vnd  Nacht,  niemaln  auß  dem  Bad  tretten,  sondern  daselbst  bleibende,  Essen,  Trincken, 
vnnd  Schlaffen:  Die  Reichen  zwar,  vmb  Lust  halber,  welchen  sie  vnder  dem  Baden 
empfinden :  Die  Armen  aber,  vmb  Willen,  ermanglender  Herberg  oder  Prouiant,  oder 
damit  sie  die  Zeit  ersparen,  vnnd  desto  bälder  fertiger  werden.  Zwar  halten  jhnen,  vil 
grosse  Herren,  zu  einem  Rhumb,  wie  länger  dieselben,  vber  den  gantzen  Tag,  auch  vil 
stundt  in  der  Nacht,  im  Bad  zubringen,  vnnd  die  Bad  Wärme  erleyden  mögen  . . .  Zwar 
die  wenigem  vnd  vermüglich,  pflegen  vngefahr,  drey  Wochen,  mit  Baden  zubringen; 
Demnach  es  das  Gebrechen  vnnd  Leibsgelegenheit  geduldet.  Die  meisten,  so  bald  die 
Haut  an  dem  Leib  außgeschlagen,  vnd  versöhrt,  die  mögen  so  gar  kein  kleine  weil,  vnd 
so  gar  nicht  in  den  waichesten  Beth,  ruhen;  Seytemalen  das  Bad  Wasser,  die  Krancken 
nicht  änderst,  als  der  Magnet,  das  Lysen,  an  sich  ziehet.  Andere,  die  gerahten,  auß  vn- 
auffhörlichen  Baden,  vnd  zerbrochnen  Schlaff,  in  die  Vnsinnigkeit,  deren  etliche  wenig, 
als  die  Nebensitzenden,  alle  geschlaffen,  gesuncken  vnd  ertruncken"  34Q.  Auch  Fabricius 
HiLDANUS  erlebte  1610  in  Pfäfers,  daß  Leute  während  der  Nacht  im  Bad  ertranken  22. 

*  Wetzler  berichtet  181Q,  daß  er  zu  Baden  (Schweiz)  vergeblich  Ausschlag  baden  wollte  ^'o.  **  Rem 
badete  aber  im  Wildbad  1525  und  1529  bei  jeder  Kur  hundertsiebenundsiebzig,  1521  in  genau  vier 
Wochen  hundertzweiundsechzig  Stunden  ^^^ 


Rückgang  des  Ausschlagbadens  255 

In  Pfäfers  wurde  aber  1676  auch  auf-  und  abgebadet.  Dr.  Abiss  schlägt  kräftigen 
Leuten  vor,  den  ersten  Tag  morgens  und  abends  vier  Stunden,  den  zweiten  sieben,  den 
dritten  zehn,  den  vierten  zwölf  Stunden  zu  baden,  bis  sie  ausschlügen.  Nachdem  soll 
auch  in  der  Nacht  gebadet  werden,  um  die  Schmerzen  zu  lindern  und  den  Ausschlag 
wegzubaden.  Schwache  und  Personen  von  sieben  Jahren  sollten  bis  neun  Stunden 
baden,  nach  Ausbruch  des  Ausschlags  sich  wie  Erwachsene  verhalten  365.  Lucas  Rem, 
der  1511  zu  Pfäfers  in  neunzehn  Tagen  hundertsiebenundzwanzig  Stunden  badete,  stieg 
von  vier  auf  elf  Stunden  am  Tage  an.  „Schluog  adi  30.  31  (Mai,  anscheinend  am  Q.  und 
10.  Tag)  aus.  Da  badet  ich  die  nacht  1,  1,  3  stundt"265.  |n  den  Bädern,  deren  Wasser 
erwärmt  werden  mußte,  wurde  auch  des  Nachts  gebadet,  und,  wie  aus  nachfolgender 
Stelle  hervorgeht,  im  Notfalle  das  Bad  von  den  Gästen  selbst  geheizt.  1580  empfing 
Caspar  Cunrad  Wielli  von  „gemeinen  Nachpuren  von  Sumwix"  zu  einem  ewigen  Erb- 
lehen „das  Bad  in  Wall"  (Somwixer-  oder  Tennigerbad  bei  Disentis).  Dafür  sollte  er  und 
seine  Erben  „denen  von  Sumvix  das  Bad  erhalten  und  wärmen,  wann  ihrer  acht  Per- 
sonen zusammen  kommen,  umb  1  Krützer,  Tag  und  Nacht,  und  die  Främden  umb 
2  Krützer".  Kamen  aber  weniger  als  acht  Personen  zusammen,  dann  sollte  er  ihnen  „das 
groß  Kassen  (Kessel)  sammt  ander  Rüstung  lihen",  damit  sie  selber  „wärmen"  könnten  86. 

Schon  1597  empfahl  Feurberqk  (Pyrmontanus),  man  solle  in  Pyrmont  nicht  länger 
als  eine  halbe  Stunde  hintereinander  baden  56.  i60Q  war  in  Karlsbad  das  „Auffressen  der 
Haut"  eine  seltene  Kur  350.  Das  war  auch  an  anderen  Orten  der  Fall  und  hing  damit 
zusammen,  daß  die  Badezeit  bedeutend  kürzer  war.  Im  17.  Jahrhundert  badete  man  in 
den  meisten  deutschen  Badeorten  nur  noch  ungefähr  zwei  Stunden  am  Vormittag,  starke 
Personen  noch  am  Nachmittag,  soweit  es  die  Kräfte  vermochten.  Zuweilen  trat  auch  da 
ein  Ausschlag  auf.  Für  Leuk  empfahl  Fabricius  Hildanus  dem  Bürgermeister  Anton 
von  Orafenried  sechs  Stunden  täglich  bei  einer  Kur  von  dreiundzwanzig  oder  vierund- 
zwanzig Tagen  mit  Ansteigen  an  den  ersten  sechs  und  Absteigen  an  den  letzten  sechs 
Tagen  loi.  Nach  Hess  stieg  man  in  Baden-Baden  1606  bis  auf  sechs  Stunden  an  362. 

Der  Ausschlag  verlor  seine  „kritische"  Bedeutung  im  IQ.  Jahrhundert  und  wird  heute 
nur  noch  zur  Heilung  von  Hautkrankheiten  gebadet;  denn  mit  ihm  wird  die  alte  kranke 
Haut  entfernt.  Einige  Bäder,  die  nur  Hautkrankheiten  heilten,  hießen  deswegen  im 
Volke  etwas  verächtlich  Krätze-  oder  Raudenbäder. 

1806  sagt  DoRER  (Baden),  der  Ausschlag  sei  vielfach  unnütz  und  nicht  zur  Heilung 
nötig,  trotzdem  schreibt  er  vor,  täglich  bis  fünf  Stunden  mit  Auf-  und  Absteigen  zu 
baden  4i8  1818  gab  es  aber  in  Baden  auch  schon  zwei  Arten  der  Kur,  eine  mit  Erzielung 
des  Ausschlags  bei  einer  Badezeit  bis  zu  fünf  Stunden  in  einundzwanzig  Tagen,  und  eine 
ohne  Ausschlag,  bei  der  früh  eine  und  am  Abend  eine  halbe  Stunde  gebadet  wurde  3i5. 
Kerner  schlägt  1832  für  das  Wildbad  zweimal  täglich  eine  Stunde  Qebrauchszeit  vor  325. 
In  Ragaz  badete  man  1857  täglich  eine  halbe  bis  eine  Stunde.  Der  Badeausschlag  war 
selten.  Die  Kur  dauerte,  wie  in  den  meisten  Schweizer  Orten,  einundzwanzig  Tage. 
In  Leuk  fand  dagegen  ein  methodisches  An-  und  Abbaden  statt.    Heute  noch  ist 


256  Die  Trinkkur 

dort  die  Ausschlagkur  üblich.    In  Pfäfers  wurde  sie  1857  selten  368^  1869  nicht  mehr  ge- 
braucht 369 

Bei  Trinkkuren  stieg  man  mit  der  Menge  des  genommenen  Wassers  ebenfalls  an 
und  nach  einiger  Zeit  ab.  Übertreibungen  kamen  auch  hier  vor,  namentlich  von  den 
Armen  in  Pfäfers,  die  nach  Berichten  des  16.  und  17.  Jahrhunderts  meinten,  je  mehr,  je 
besser  zur  Heilung  und  das  noch  dazu  im  Bade.  Der  gleichzeitige  Gebrauch  einer 
Trink-  und  einer  Badekur  galt  als  großer  Verstoß  gegen  die  Gesundheit.  Man  nahm  in 
der  Regel  beide  nacheinander  vor.  1598  riet  Kieffer  sogar,  das  Wildbad  nur  zu  trinken 
und  danach  zur  Badekur  nach  Liebenzell  zu  gehen  i54  (Siehe  auch  Günther  und 
Etschenreutter  S.  253.)  Es  gab  aber  auch  Ärzte,  welche  zwar  nicht  gerade  das  Trinken 
im  Bad  empfahlen,  doch  Trink-  und  Badekur  zu  gleicher  Zeit  vornehmen  ließen.  Die 
Badezeit  war  dann  eine  kürzere.  So  badete  Konrad  Gessner  1563  in  Baden  von  fünf  bis 
sieben  Uhr  und  trank  von  sieben  bis  acht  Uhr.  Ja  er  durchbrach  die  allgemein  geltende 
Vorschrift  und  nahm  abends  im  Bad  noch  acht  Unzen  Wasser  zu  sich  94.  im  17.  Jahr- 
hundert kommt  das  schon  öfter  vor.  Blondel  will  es  für  Aachen  aber  nur  bei  starken 
Naturen,  bei  anderen  einige  Tage  Trinken,  ebensolange  Baden  oder  einen  Tag  um  den 
anderen  abwechseln  409. 

Wie  man  bei  der  Badekur  den  Ausschlag  als  Krise  nötig  zu  haben  glaubte,  hielt  man 
es  bei  der  Trinkkur  für  ein  Erfordernis,  daß  Vedust  der  Eßlust,  schlechter  Geschmack 
im  Munde,  belegte  Zunge,  Magendrücken,  Müdigkeit  der  Glieder,  Gemütsverstimmung 
u.  dergl.  auftraten,  und  nahm  mit  der  Wassermenge  immer  mehr  zu,  bis  man  endlich  den 
Magen  verdorben  hatte.  Dann  ging  man  mit  der  Zahl  der  Becher  herunter.  Auch  diese 
Ansicht  vedor  sich  im  19.  Jahrhundert  36s. 

Der  Glaube,  daß  zu  einer  Kur  eine  bestimmte  Anzahl  Tage  oder  Stunden  nötig  sei, 
hielt  sich  bis  ins  19.  Jahrhundert  und  besteht  teilweise  heute  noch  im  Volke.  „Priessnitz 
und  seine  Anhänger",  sagt  Voqt,  „haben  zuerst  mit  Erfolg  den  durch  lange  Gewohn- 
heit eingewurzelten  Wahn  zu  besiegen  gewußt,  daß  Bade-  und  Trinkkuren  immer  in 
einer  bestimmt  abgemessenen  Frist  gemacht  werden  müssen"  368. 

Vielfach  trank  man,  wenn  man  einmal  in  einem  Kurorte  war,  das  Wasser  derselben 
Quelle,  die  man  zum  Baden  benutzte.  Mineralwässer,  die  heute  nur  noch  als  Bad  Ver- 
wendung finden,  wurden  infolgedessen  getrunken.  So  nahm  Konrad  Gessner  vom 
Wasser  in  Baden  in  der  Schweiz  1562  den  ersten  Tag  fünfzig,  den  zweiten  fünfund- 
siebzig, den  dritten  hundert  Unzen,  1563  den  ersten  Tag  zweiunddreißig,  den  zweiten 
achtzig,  den  dritten  hundertundvier,  den  vierten  hundertundachtundsechzig,  den  fünften 
hundertundzwanzig,  den  sechsten  zweiundsiebzig,  den  siebenten  vierzig  Unzen  zu  sich 
und  jeden  Abend  noch  acht  Unzen,  1564  stieg  er  auf  zweiundzwanzig  Gläser  täglich  94. 
Heute  trinkt  das  Wasser  kaum  jemand  mehr. 

Im  16.  Jahrhundert  konnte  man  in  den  Mineralbädern  schon  Wasser  von  auswärts 
haben.  Leucippaeus  erwähnt  1598  das  Sauerbrunnentrinken  in  den  Herbergen  von 
Baden-Baden,  Wildbad  und  Zellerbad  43i.    Es  ist  aber  von  frischem  Sauerbrunnen  die 


Verschicken  von  Mineralwasser 


257 


Rede.  Er  wurde  demnach  aus  der  Nähe  hingebracht.  Häufig  geschah  das  Hinweg- 
schaffen des  Wassers  nach  anderen  Orten,  weil  für  die  Gäste  beim  Brunnen  selbst  nicht 
genügende  oder  standesgemäße  Unterkunft  zu  finden  war,  seltener  wohl,  um  die  Ver- 
gnügungen im  Kurorte  zu  fliehen.    Es  galt  aber  doch  der  Grundsatz  (1647): 

„Das  beste  Wasser,  so  man  trinckt, 

Ist  diß,  welchs  auß  der  Quell  entspring-t" ''5. 

Im  Wildbad  scheute  man  sich  1513  nicht,  das  Wasser  aus  den  Quelladern  am  Boden 
des  Bades  zu  schöpfen,  nachdem  das  Badewasser  abgelassen  war  346.    Der  Transport 


Abb.  105.    Der  zu  Bilfeld  Anno  1666  am  2.  Sontag  nach  der  H.  Drey  Einigkeit  entsprungene  Heyl- 
Brunnen.    Kupfer  aus:  Conradi  Redekeri  descriptio  Bilfeldiani  fontis.    Amstelaedami  1668. 

geschah  in  Flaschen  oder  Fässern,  die  ohne  besondere  Maßnahmen  gefüllt  wurden 
(Abb.  105).  In  jüngster  Zeit  wurde  noch  darüber  geklagt,  daß  die  hessischen  Wasser- 
bauern, welche  Sauerbrunnen  nach  Frankfurt  bringen,  die  Füllung  in  der  primitivsten 
Weise  vornähmen.  Leere  Krüge  würden  mit  allem  anhaftenden  Schmutz  ins  Wasser 
getragen  und  unter  dem  Spiegel  gefüllt,  manche  führen  gleich  den  ganzen  Karren  samt 
den  Krügen  in  die  Quelle  hinein  377.  Jn  Eger  (Franzensbad)  wurde  im  16.  Jahrhundert  der 
Sauerbrunnen  von  jungen,  sechzehnjährigen  Leuten  in  Krügen  haufenweise  in  die  Stadt 

Martin,  Badewesen  17 


258 


Verschicken  von  Mineralwasser 


^^ssrasmssTsss^sm'^mmmms^^p' — yBummmi 


getragen  318  Sebiz  sagt  1647,  man  soll  den 
Sauerbrunnen  von  Oriesbach  und  Peters- 
thai nicht  von  den  gemeinen  Sauerbrunnen- 
männern kaufen,  die  das  Wasser  in  „zim- 
lichen,  aber  offtermaln  schimmlichten  vnd 
stinckenten  faulen  Fässern  bringen"  ö5. 
In  seinem  Neu- Wasserschatz  gab  1581 
Jakob  Theodor  von  Bergzabern  (Taber- 
NAEMONTANUS)  zunächst  für  den  Wein- 
brunnen von  Schwalbach  folgende  Vor- 
schrift zum  Verschicken,  die  auch  für 
andere  Sauerbrunnen  galt.  Das  Wasser  soll 
in  steinernen  oder  Siebenbürgerkrügen  ge- 
holt werden,  die  morgens  oder  abends 
gefüllt  werden.  Sie  sind  mit  Wachs,  Per- 
gament oder  einer  Blase  zu  verstopfen 
und  zu  verbinden  und  in  einem  Rück- 
korb, mit  frischem  Wasser  oder  mit  nassen 
Abb.  106.  Versand  des  Aachener  Mineralwassers  Lumpen  umgeben,  nicht  bei  Sonnenschein 
und  Wiedererwärmen  desselben  zum   Gebrauch. 

(Die  Gestalt  der  Flaschen;  die  Art,  sie  wieder  ZU  transporüeren.  Oder  man  nimmt  neue 
warm  zu  machen ;  die  Weise,  die  Wärme  zu  unter-  Fässer,  die  mit  siedendem  Wasser  gefüllt, 
halten.)     Kupfer  aus:  Blondel,   Beschryving  van  ,  ,  ,  ■    ,.    »,     .  ,  ... 

deStadAken.    Leiden  1727.    (Das  Bild  findel  sich    zugeschlagen  werden  und  die  Nacht  über 
auch  in  der  Ausgabe  von  1688.)  stehen.     Am    nächsten   Morgen    werden 

sie  geleert,  wieder  mit  frischem  Wasser  gefüllt  und  so  eine  oder  mehrere  Nächte 
gelassen,  dann  mit  Sauerbrunnen  ausgeschwenkt  und  eine  Nacht  mit  diesem  gefüllt 
stehen  gelassen.  Am  Morgen  vor  Sonnenaufgang  wird  das  Faß  wieder  mit  Sauer- 
brunnen gefüllt,  zugeschlagen  und  aufgeladen,  auf  frische,  grüne,  mit  Tau  besprengte 
„Wasen"  gelegt  und  oben  mit  nassen  leinenen  Tüchern  bedeckt.  Der  Karren  soll 
außerdem  mit  einem  „Spriegel  vnd  Deck"  versehen  sein,  daß  die  Sonne  nicht  auf  das 
Faß  scheint.  Krüge  und  Fässer  werden  nach  der  Ankunft  im  kühlen  Keller  aufbewahrt. 
Im  Winter  muß  das  Faß  mit  Stroh  umgeben  sein,  damit  das  Wasser  nicht  gefriert.  Das 
Einlassen  des  Sauerbrunnens  soll  bei  schönem  und  hellen  Himmel  ohne  Wolken  ge- 
schehen. Tabernaemontanus  wollte,  wenn  es  großen  Herren  möglich  wäre,  den  Trans- 
port in  der  Nacht  und  dafür  die  Errichtung  einer  gemeinen  Fußpost  von  Dorf  zu  Dorf 
haben.  Der  Sauerbrunnen  sollte  sich  auf  die  angegebene  Weise  zehn  Tage  halten, 
besser  wäre  es,  wenn  er  als  Arzneitrank  aller  drei  Tage  frisch  bezogen  würde  324 

Sebiz  gab  ähnliche  Vorschriften  und  hielt  gläserne  Flaschen  für  das  beste  Transport- 
mittel 65.  Zu  Seebach  beim  Bade  Rippoldsau  wurde  1587  eine  eigene  Glashütte  zur  An- 
fertigung von  „Sauerbronnen-Guttern"  (Gläsern  mit  engem  Hals,  aus  denen  das  Wasser 
zwar  nicht  tropfenweise  (gutta,  der  Tropfen),  aber  in  dünnem  Strahle  (Abb.  106) 


Verschicken  von  Mineralwasser 


259 


herausfloß)  für  das  Bad 
gegründet.  1688  beklag- 
ten sich  die  Glasmacher 
daselbst  beim  Grafen 
von  Fürstenberg,  weil 
die  Glashütten  der 
Klöster  St.  Blasien  und 
St.  Peter  im  Schwarz- 
wald die  Gläser  billiger 
lieferten  und  die  Hütte 
in  Seebach  dadurch  sehr 
benachteiligt  würde  33s. 
Das  Rastenberger  Was- 
ser wurde  16Q6  im 
Waldenburgischen  mit  Abb.  107.  Der  „CornelischeBadwassei-Brmi"  in  Aachen.  Kupfer  aus:  Blon- 
,„,     ,  ,    ,       _,        DEL,  Erklärung  deren  Badt-  vnd  Trinckwässeren  zu  Aach.    Aachen  1688. 

Wacris  verwarirten  Fla- 
schen verschickt  401.  Der  Versand  des  Emser  Kränchens  geschah  in  Krügen,  die 
1859  noch  mit  einem  Stopfen  Leder  oder  Pech  verschlossen  wurden  339.  Die  sogenannte 
Krugbäckerei  befand  sich  im  Dorfe  Arzbach  bei  Ems,  wo  sie  1750  von  drei  Gebrüdern 
Gerharz  eingeführt  wurde  und  seitdem  in  den  Händen  von  deren  Nachkommen  war, 
die  fast  die  Hälfte  der  Dorfeinwohner  ausmachten  (1862)340.  i627  trank  man  in  Ems 
einen  von  Tabernaemontanus  1581  gepriesenen  dortigen  Sauerbrunnen  nicht  mehr 
und  auch,  bei  Tisch  wenigstens,  nur  selten  das  Emser  Wasser,  sondern  auswärtige 
Sauerbrunnen,  Braubacher  und  Denkholder  35s.  Selters  (Sältz)  wurde  1720,  schon  wenige 
Jahre  nach  seiner  Bekanntmachung  durch  den  Leibmedikus  Gundelsheimer  verschickt, 
zur  selben  Zeit  auch  Karlsbader  Wasser  402.  i603  gingen  zweihundert  Flaschen  Spa- 
wasser  nach  London,  später  ebensolviele  nach  Mantua;  die  Gemahlin  Heinrichs  IV.  trank 

es  zu  Monceaux  70.  Von  Pyr- 
mont wurden  jährlich  sechzig- 
bis  achtzigtausend  Bouteillen 
die  Weser  hinab  nach  London 
geführt.  Die  Engländer  hatten 
dieses  „kräftigste"  Stahlwasser 
in  ihre  Materia  medica  einge- 
führt (1733)343.  Um  die  Zer- 
setzung mancher  Wasser  zu 
verhüten,  trieb  man  1826  einen 
Nagel  durch  den  Pfropf  bis  ins 
Wasser.  Im  gleichen  Jahre 
schlug  ein  Dr.  Hecht  in  Fran- 


Abb.    108.      Der    „Kayserliche  Badwasser-Brun".     Kupfer    aus: 

Blondel,  Erklärung  deren  Badt-  vnd  Trinckwässeren  zu  Aach. 

Aachen  1688. 


260 


Die  Aachener  Trinkbrunnen 


zensbad  für  diesen  Zweck  den  Zusatz  von  Kohlensäure  durch  „aufgefaßte  kräftige 
Sauerteige"  vor  88 

Auch  das  Wasser  von  Pfäfers  w^urde  im  IQ.  Jahrhundert  in  größerer  Menge  nach 
Deutschland,  Italien  und  Frankreich  versandt  4i9.  Man  ließ  also  mit  vielen  Kosten  reines 
Quellwasser  kommen.  Ob  es  gewärmt  getrunken  wurde,  wird  nicht  angegeben.  Da- 
gegen trank  man  Aachener  Wasser  nur  warm.  Der  Badearzt  Blondel  schlug  1688  auch 
den  kalten  Gebrauch  vor,  hatte  aber  schon  heftige  Angriffe  zu  bekämpfen,  die  sich  gegen 
das  Trinken  von  warmem  Aachener  Wasser  richteten  und  es  „gantz  von  der  Übung  der 
medicin  außgeruttet"  wissen  wollten.  Blondel  selbst  bezeichnet  das  Trinken  in  Aachen 
als  neuen  Brauch.  Der  Magistrat  scheint  kurz  vorher  den  ersten  Brunnen  (Abb.  107) 
auf  freier  Straße  errichtet  zu  haben,  was  dem  nicht  fernliegenden  Spa  anscheinend  un- 
angenehm war.  Der  Brunnen  wurde  von  einem  „Sprung"  (Quelle)  des  Corneliusbades  ge- 
speist, das  Wasser  mußte  gepumpt  werden.  Blondel  schlug  noch  vor,  wärmere  Sprünge 
aus  dem  Kaiserbade  in  ähnlicher  Weise  zu  verwenden  409.  Ein  zweiter  Brunnen  kam  auch 
später  zur  Ausführung,  wenn  auch  nicht  in  der  von  Blondel  vorgeschlagenen  Art  (Abb. 
108),  sondern  als  laufender  Brunnen  (Abb.  10Q)4io.  Kurz  vor  1736  bestand  dieser  allein 
noch,  war  aber  umgebaut  worden  (Abb.  1 10)  und  zwar  aus  den  Überbleibseln  des  ersten 
Brunnens,  den  man  abgerissen  hat.  Das  Standbild  der  Jungfrau  Maria  (Abb.  107)  war  mehr 
als  einmal  die  Veranlassung  zu  bitteren  Streitigkeiten  zwischen  Katholiken  und  Prote- 
stanten gewesen  263.  Während  wir  in  anderen  Bädern  gleich  in  oder  beim  Bade  meist  eine 
Röhre  zum  Trinken  finden,  mußten  die  Aachener  Kranken  zu  dem  Corneliusbrunnen  über 
die  Straße  gehen.  Für  Leute,  die  an  das  Haus  gefesselt  waren,  schrieb  Blondel  eine  be- 
sondere Verschickungs- 
art vor.  Es  sollten  „du- 
peleGläserne  Flaschen" 
genommen  werden  mit 
engem  Hals.  Durch  stei- 
nerne ginge  die  Kraft,  in 
ihnen  bliebe  auch  der 
Wüst  stecken.  Nach 
der  Ankunft  sollten  die 
Flaschen  uneröffnet  in 
einen  Kessel  mit  kaltem 
Wasser  gelegt  und  in 
diesem  erwärmt ,  da- 
nach im  warmen  Was- 
ser in  einem  Holzkübel 
bis  zum  Gebrauch  auf- 

Abb.  109.    Neuer  Trinkbrunnen  in  Aachen  1727.    (Nieuwe  warme  Fontein     ^„„.„u^i  ,,,„r^ar.   /AKK 

„     •    u    ,     w,  i  j  ^  i^    I  D  DU-       bewahrt  werden  (Aoö. 

op  alle  vier  Hoeken  Water  geevende.)  Kupfer  aus:  Blondel,  Bescnryving 

van  de  Stad  Aken.    Leiden  1727.  106)  40Q. 


Badebekleidung 


261 


Abb.  110.    Ansicht  des  warmen  Brunnens  auf  dem  Markte  zu  Aachen.    1.  Der  Brunnen,  wo  man 

trinket.    2.   Der  Spazierplatz.    3.    Das   Herrenbad.    Kupfer   aus:    Amüsements   des   eaux   d'Aix   la 

Chapelle.    Amsterdam  1736. 

Eng  mit  den  Ansichten  über  den  Badeausschlag  hing  die  Bekleidung  im  Bade  zu- 
sammen. Es  ist  verständlich,  daß  man  nach  Auftreten  der  Hautentzündung,  die  beim 
Karlsbader  Wasser  sogar  zu  eiternden  Geschwüren  führte  350^  die  Körperoberfläche  mit 
möglichst  wenig  Stoff  in  Berührung  brachte.  Deswegen  die  so  eng  bemessene  Bruoch 
(Badehose)  der  Männer  auf  dem  DüRERschen  Bilde  (Abb.  138),  wie  sie  im  gewöhnlichen 
Leben  den  Abbildungen  nach  nicht  getragen  wurde*,  deswegen  die  von  Poggio  be- 
schriebenen Hemden  der  Frauen,  die  Brust,  Schultern  und  Rücken  frei  ließen  und  lange 
Schlitze  an  den  Seiten  hatten  (Abb.  100).  Vielfach  erscheinen  auch  die  Frauen  mit  einem 
mehr  oder  weniger  leicht  umschlungenen  Tuche,  das  häufig  sogar  beiseite  gelegt  ist 
(Abb.  102).  Gewiß  ist  die  Absicht  der  Künstler  nicht  zu  verkennen,  in  den  Badeszenen 
möglichst  reine  Akte  darzustellen,  wodurch  das  Treiben  auf  den  Bildern  anstößig  er- 
scheint. Aber  auch  auf  den  alten  Siegeln  von  Baden  (Abb.  52),  auf  dem  Bild  zu  Foltz' 
Wildbädern,  wo  die  Geschlechter  getrennt  sind  (Abb.  114),  sitzen  die  Frauen  nackt,  und 

*  Die  Bruoch  war  ein  Kleidungsstück,  das  mit  den  Hosen,  unseren  heutigen  Hosenbeinen,  zusammen 
der  jetzigen  Hose  entspricht.  Gut  sichtbar  ist  diese  Bekleidung  im  mittelalterlichen  Hausbuche  '^o. 
Die  Bruoch  wurde  auch,  wie  aus  Darstellungen  plötzlicher  nächtlicher  Flucht  in  den  Bilderchroniken 
hervorgeht,  im  Bett  anbehalten,  wodurch  der  Ausdruck  Schlafhose  verständlich  wird. 


262 


Badebekleldutip  und  Badewäsche 


1  ähnliche     Darstellungen      in     Sebastian 
Münsters  Cosmographey  (Abb.  111)  wur- 
den in  einem  auf  der  Züricher  Stadtbiblio- 
thek befindlichen,  von   Hugo  von  Ame- 
RONOEN  im  Auftrage  der  Inquisition  korri- 
gierten Exemplar  351  nicht  anstößig  befun- 
den,   während    man    ziemlich    harmlose 
Stellen  überklebte,  z.  B.  das  ganze  Kapitel 
über  Kaiser  Ludwig  den  Bayer,  oder  an  Stelle 
von  „Dominus  Calvinus"  „Studiosus  qui- 
dam"  setzte 455.  Die  Männer  in  der  Bruoch, 
die  Frauen  im  Badhemd,  so  befanden  sich 
Abb.lll.  Mineralbad.  Holzschnitt  aus:  Sebastian    wenigstens  die  Armen  im  gemeinsamen  Bad 
MÜNSTER,  Cosmographiae  universalis   Lib.  VI.    bis  ins  IQ.  Jahrhundert  (Abb.  46  U.140).  Nach 
Basel,  Petri,  1550.  ,->  i      ,         i-      «■«••  •      • 

PooGio  legten  die  Manner,  wenn  sie  in 

Frauenbäder  gingen,  den  Bademantel  um.  Mit  diesem  bedeckt  stieg  man  ins  Bad  und 
ging  mit  ihm  heraus  (Abb.  137).  Die  Glotterthaler  Badeordnung  aus  der  Mitte  des  16. 
Jahrhunderts  schrieb  vor:  „Item  es  sollen  die  Mann  in  jren  Niderklaidern  zu  vnd  vß 
dem  Bad  gehn,  auch  die  Hembder  oder  Badmentel,  biß  sie  in  dem  Gasten  nidersitzen 
wollen,  anbehalten"  330.  ob  im  16.  Jahrhundert  die  Frauen  außerhalb  des  Bades  über 
dem  Badhemd  einen  Bademantel  trugen,  wird  nicht  angegeben.  Noch  gegen  Ende  des 
18.  Jahrhunderts  schritten  die  Armen,  Frauen  und  auch  Männer,  in  Baden  aus  den  Gast- 
höfen zum  Verenabade  nur  im  Hemd  über  die  Straße  424.  igig  rügte  Wetzler,  daß  auch 
junge  Mädchen  im  nassen  Hemd  zum  Gasthof  zurückgingen  370.  Beim  Freibade  zog  man 
sich  auf  offenem  Platze  aus  424. 

Vor  dem  Anlegen  des  Bademantels  trocknete  man  sich  im  16.  Jahrhundert  wahr- 
scheinlich nicht  ab.  Anders  im  17.  Jahrhundert.  Da  nahm  man  1689  nach  Pfäfers  an 
Leinwand  mit:  „Badttücher,  Badhößlein,  Bad-Mäntel  drey",  als  dienlich  wird  angegeben 
„1  langer  Beltz  oder  sonst  warmer  Bad-Mantel"  428^  1665  ein  bis  drei  Badtücher  oder 
Schürzen,  bequeme  „schlaff hosen"  von  Leinwand,  doch  mit  dem  Schlitz  an  der  Seite 
und  anstatt  des  Bandes  mit  einem  paar  Haften,  weil  die  Bänder  nach  dem  Bad  schwer 
zu  lösen  seien,  und  einen  oder  zwei  Bademäntel  mit  Ärmeln  456.  Ritter  läßt  1696  mit 
dem  Bademantel  abtrocknen  und  im  Nachtrock  ins  Zimmer  gehen  *4ii.  jm  17.  Jahr- 
hundert legten  die  Männer,  wenn  sie  mit  Frauen  badeten,  auch  im  Bade  den  Bademantel 
um.  In  Österreich  war  das  schon  im  16.  Jahrhundert  Sitte.  Im  Tobelbade  bei  Graz 
wurde  1549  verordnet:  Es  soll  „ein  Herr  oder  ander  Person  (also  Mann)",  „sonderlich, 
so  das  Frauenzimmer  vorhanden,  an  (ohne)  ain  Pfaidtn  mit  ainen guerti  umb- 


*  Es  scheint,  daß  die  Badetücher  oder  Schürzen  die  Bedeckung  der  Frauen  während  des  Bades  im 
Gegensatz  zu  den  Bade-  oder  Schlafhosen  der  Männer  waren  und  man  sich  mit  dem  Bademantel 
abtrocknete,  worauf  man  in  einem  warmen  Bademantel  oder  Schlafrock  das  Bad  verließ. 


Badebekleidiinp  und  Badewäsche 


263 


punden"  nicht  in  den  Ursprung  (anscheinend  Bassinbad  bei  der  Quelle)  gehen  oder 
im  Vollbad  sitzen  s-*.  „Ayn  padphayt"  ließ  sich  1428  der  Propst  von  Klosterneuburg 
für  46  dn  anfertigen  und  kaufte  in  Baden  bei  Wien  ein  „femurai"  für  11  dn  'ß.  Aus  den 
Preisen  geht  hervor,  daß  „padphayt"  ein  größeres  Wäschestück  als  die  Badehose  und 
wahrscheinlich  der  Bademantel  ist.  Auch  hinterließ  in  Wien  1413  eine  Jungfer  „ain 
welische  patphait"  iß;  wonach  es  nicht  die  Badehose  sein  konnte.  Zeiller,  der  selbst 
das  Herzogsbad  zu  Baden  bei  Wien  gebraucht  hatte,  beschreibt  1649  die  dortige  Bade- 
kleidung. Junge  und  Alte,  Edel  und  Unedel,  Manns-  und  Weibsvolk  saß  untereinander 
mit  „angezogenen,  vnd  mit  Fleiß  dazu  gemachten  Badekleidern,  Theils  seynd  nur  in 
Hembder,  vnnd  Schlaffhosen  (siehe  Anm.  S.261  u.262)  angethan,  die  Männer  mit  bedeck- 
tem Haupt,  welches  sie  im  ein-  vnd  außgehen,  entblössen,  vnnd  neben  dem  Gruß,  das  Bad 
gesegnen  müssen;  Das  Weibervolck  aber  mit  theils  angethanen  Vberschlägen,  Zierd 

vnnd  Schmuck  vmb  den  Kopff  auf  Österreichische  Manier  gebutzt lassen  jhnen  den 

Saum  an  den  Badröcken,  mit  Bley  einnehen,  damit  solche  nit  vbersich  schwimmen 
können".    Es  wurde,  wie  Zeiller  bemerkt,  Ausschlag  gebadet  37i. 

Im  18.  Jahrhundert  sehen  wir  (Abb.  112)  in  Baden  bei  Wien  niemanden  mehr  in 
Badehosen  448  1 758  gibt  Moser  folgende  umständliche  Beschreibung  vom  „Bad-Geräthe" 
für  das  Wildbad :  „Eine  Manns-Person  von  einigem  Stand  hat  ohnehin  einen  Schlafrock, 
Kappe  und  Pantoffeln;  brauchet  also  nur  noch  ein  Bad-Hembd.  Dieses  machet  man 
wie  einen  fast  auf  die  Erde  gehenden  Schlafrock,  mit  offenen,  (welches  besser  ist)  oder 
mit  beschlossenen  Ermeln,  und  oben  mit  einem  Kragen  und  Knopf.    Hinten  werden 


1.  i'H'   ^crr-ert  i^dyne 


Abb.  112.    Das  Herzogsbad  zu  Baden  bei  Wien.    Titelkupfer  aus:  Beschreibung  deren  Gesundineits- 
Bädern  Baaden,  Teutsch-Altenburg  und  Pyrenwartii.    Nürnberg  1734. 


264  Mitführen  des  gesamten  Haushaltes  in  das  Bad  \ 

mitten  in  dem  Rücken  2  Bände!  einer  Ehie  lang  angenähet,  mit  welchen  man  so  dann 
das  Bad-Hembd  zuknüpfet.  Weißes  zartes  Tuch  schicket  sich  nicht  darzu,  weil  es  sehr 
an  dem  Leib  klebt,  und  dadurch  dessen  ganze  Beschaffenheit  zeigt;  sondern  man  nimmt 
ungebleicht  oder  gar  hänfen  Tuch  darzu.  Weibs-Personen  lassen  sich  auch  ein  solch 
Bad-Hembd  machen:  Andere  thun  kein  Hembd  an,  sondern  bedecken  den  Ober-Leib 
mit  einem  Capuciner-mäßigen  Ober-Mantel,  oder  Saloppe,  so  dann  bedienen  sie  sich 
eines  ungefüterten  Unterrocks  von  baumwollen  Zeug  oder  Barchet;  wiewohl  Einige  wahr- 
scheinlich meinen,  die  Krafft  des  Bad-Wassers  werde  durch  die  Dicke  des  Barchents 
mercklich  geschwächt"  332_  Nach  Oessner  trugen  1746  die  Frauen  auch  Röcke  und 
Mäntel  von  Barchent  „nebst"  dem  Badhemd  und  die  Männer  lange,  weiße  Badhemden 
„so  als  ein  Schlaff  rock".  Man  ging  im  Schlafrock  über  die  Straße  zum  Bad  335.  Bei  reichen 
Leuten  waren  die  Badhemden  mit  Spitzen  geziert,  und  nach  den  Handzeichnungen  Vooels 
von  1820  im  Schweizerischen  Landesmuseum  in  Zürich  reichten  die  der  Frauen  bis  zu 
den  Zehen.  Sie  wurden  nach  Hess'  Bericht  315  als  Paradestücke  im  Anfang  des  19.  Jahr- 
hunderts zu  den  Fenstern  der  Gasthöfe  zum  Trocknen  hinausgehängt  (Abb.  46),  was 
auch  in  Wildbad  den  Badegästen  ein  Bedürfnis  gewesen  zu  sein  scheint,  denn  die  dor- 
tige Badeordnung  vom  Jahre  1828  verbot  das  Trocknen  der  Bademäntel,  Badehemden 
und  Abtrocknungstücher  auf  dem  öffentlichen  Marktplatze  vor  den  Badegebäuden  325. 

Es  wurde  schon  erwähnt,  daß  die  Besitzer  der  Höfe  in  Baden  (Schweiz)  den  Gästen 
nur  Wohnung  und  Bad  zur  Verfügung  stellten.  Man  zog  allgemein,  wie  Ryff  1549 
berichtet,  mit  ganzen  Haushaltungen  ins  Bad  48.  In  Baden  (Schweiz)  erhielt  man  noch 
1786  mehrere  Zimmer,  eine  dabei  gelegene  Badehalle,  eine  Küche  und  einen  Keller  4i5. 
Die  Badegäste  kauften  auf  dem  Markte  in  der  Stadt  Baden  (im  Bade  selbst  war  es  ver- 
boten) Nahrungsmittel  ein,  kochten  selbst,  den  Wein  brachte  man  von  Hause  mit  32. 
So  war  es  in  den  meisten  Kurorten.  In  den  Beschreibungen  wird  fast  immer  ange- 
geben, daß  kein  Mangel  an  Essen  und  Trinken  sei  und  man  in  den  benachbarten  Orten 
gut  einkaufen  könne.  So  gibt  Pictorius  1560  für  Badenweiler  die  Stadt  Neuenburg 
an  152   1747  konnte  man  dort  noch  selbst  kochen  und  brachte  insgemein  die  Betten  mit  352. 

Aber  schon  1485  finden  wir  ein  Abweichen  von  dieser  Lebensweise  im  Bad.  Nach 
der  Badeordnung  von  Meinhardt  in  Württemberg  aus  dem  genannten  Jahre  war  wohl 
das  Selbstkochen  gestattet,  und  der  Wirt  durfte  niemand  drängen,  es  zu  unterlassen. 
Man  mußte  aber  zwei  Pfennig  Liegegeld  für  die  Nacht  zahlen,  wer  nach  dem  Pfennig- 
wert aß  (die  Speisen  einzeln  bezahlte),  nur  einen  Pfennig,  und  wer  das  Mahl  beim  Wirt 
nahm,  gar  nichts  53.  Zu  Anfang  des  18.  Jahrhunderts  konnte  man  in  Wiesbaden  die 
Speisen  selbst  richten,  in  Schlangenbad  litt  es  der  Wirt  nicht.  Sein  Wein  war  aber  so 
schlecht,  daß  die  Badegäste  ihren  eigenen  mitbrachten  407.  im  allgemeinen  nahm  man  im 
18.  Jahrhundert  wenigstens  Betten  von  Hause  mit,  ins  Wildbad  noch  1832  325. 

Das  Verlegen  des  gesamten  Haushaltes  in  das  Bad  brachte  Nachteile  mit  sich,  die 
trotz  öfteren  ärztlichen  Hinweises  nicht  beachtet  wurden.  So  sagt  ein  Bericht  aus  dem 
Anfang  des  18.  Jahrhunderts  von  Baden:  „Oft  aber,  wenn  auch  nur  ein  oder  zwei  Güe- 


Baden  ganzer  Famäien 


265 


Wäl-i  i^S^^^^^^^HI 

der  des  Hauses  kurbedürftig  sind, 
machen  die  Übrigen  aus  Sparsam- 
i<eit  die  Kur  mit,  um  niciit  die  Kosten 
zweier  Wirtschaften,  einer  bei  Hau- 
se und  einer  zweiten  im  Bade,  zu 
tragen, und  gehen  nicht  selten,  nach- 
dem sie  gesund  angelangt  waren, 
halb  krank  heim"  32.  Und  Scheuch- 
ZER  schreibt  1 732 :  „  Da  werden  gan- 
ze Familien  versorgt  mit  Zimmern, 
Küche,  Keller,  Tisch-  und  Bettzeug, 
Holz-  und  Küchengeräten  nebst 
eigenen  Bädern.  Großer  Mißbrauch  Abb.  113.  Familienbad  zu  Baden  im  Aargau.  Kupfer  nach 
wird   damit  getrieben    daß  ganze    Martin  Usteri  von  F.  Hegi  aus  dem:  Neujahrsgeschenk 

,    ,,  ,  .  ,     ,  ,  .  ,         der  Gesellschaft  zum  schwarzen  Garten.    Zürich  1S08. 

Haushaltungen  gleich  streng,  gleich 

lang  baden  ohne  Unterschied  des  Alters  und  Geschlechts.  Ratet  man  einer  Hausmutter 
das  Bad,  so  muß  die  Tochter,  der  Sohn,  die  Sohns-Frau  und  deren  Kinder  die  Bader-Cur 
auch  genießen"  355.  Noch  im  19.  Jahrhundert  nahm  man  die  Kinder  mit  in  das  Bad,  und 
wie  aus  Abb.  113  hervorgeht,  auf  längere  Zeit  353. 

Gegen  1480  wurde  in  Nürnberg  ein  Gedicht  des  Meistersingers  und  Barbiers  Hans 
FoLTZ  gedruckt  37  das  1504  in  Straßburg  einen  Neudruck '2  erfuhr  und  eine  poetische 
Bearbeitung  der  Baderegeln  Petrus'  de  Tussionano  enthält,  zwischen  die  eine  Be- 
schreibung von  warmen  Bädern  eingeflochten  ist  (Abb.  114).  Uns  interessieren  neben 
dem  französischen  „plumbers"  die  deutschen  Bäder:  „baden  jn  der  marck grofschafft", 
„ein  bad  bey  mentz  genant  wißbaden". 


„Zuo  Ems  ein  bad  do  selbest  vmb 
Wer  bades  halben  do  hin  kum. 
Ist  mar  vmb  lust  dan  vmb  gesunt." 
„Ein  bad  bey  kalb  gelegen  nho. 
Genant  jm  svi/artz  wald  dz  v\/ilpad." 
„Bey  kur  nit  ferr  ein  wilbad  ist. 
Leyt  bey  sant  benedicten  wist. 
Genant  pfeffers  diff  jn  einer  krufft 
Do  tages  licht  noch  vi'indes  tufft. 
Gar  fast  wenig  gemerckt  wirt 
Das  bad  wunderlich  hilff  gebürt 
Vnd  wird  für  vil  ander  gepreist. 
Großer  hilff  halb  die  es  beweist. 
Ist  fein  lauter  wie  ein  cristal. 
Sie  kochen  vnd  drincken  sein  all 


Es  krefftigt  hertz,  sei  vnd  gemüt. 
Vnd  hat  nie  nymant  wee  getan. 
Dint  auch  eins  yder  complexian. 
Es  fleüst  von  lauter  goldes  ertz. 
Nymant  hat  do  verdriß  noch  smertz 
Veriagt  allen  vnlust  vnd  grawen. 
Dint  kalt  vnd  heissen  man  vnd  frawen 
Dewt  wol  all  speis  dz  sie  nit  schat 
Wer  den  smertzen  padagran  hat 
JVlit  allen  den  geschlechten  sein 
Dut  es  offenlich  hilffe  schein. 
Lüfft  dem  geliörd  dint  dem  gesicht 
Vnd  waß  man  sunst  von  flüssen  spricht 
Treybt  auch  auß  all  vnreinigkeyt 
Die  sich  jm  gantzen  lieb  auß  breyt." 


Vor  grossem  wol  gesmack  vnd  gut 

„Ein  bad  jn  zweitz  zuom  walles  heist"  (Leuk),  „bey  kalb  ein  bad  zuo  zell  genant" 

(Liebenzeil),  „ein  bad  bey  eger  zuom  einbogen"  (Karlsbad). 

„Noch  ist  ein  bad  jn  öbern  swaben  Hertzogen  baden  man  es  nent. 

Dut  man  für  diese  alle  loben.  Wunsamer  bad  wart  nie  erkent. 


266 


Der  Meistersinger  Hans  Foltz  über  die  deutschen  Bäder 


Birfspttfitiftttfftnft 

onsoottiilimpatim 
mroöttaturtinfi^rrin 


Abb.  114.    Mineralbad.   Titelholzschnitt  zu : 
Hans  Foltz,  Gedicht  von  den  naturheißen       , 
Bädern. 
Des  iusts  glich  find  man  jn  l<eim  bad 
Von  wannen  jm  her  kum  die  gnad 
Kunt  nie  kein  weiser  auß  studirn. 
Man  meint  dz  ein  sunders  gestirn 
Ein  sülchen  jnfluß  do  hin  hab. 
Das  do  kein  freid  nümer  ge  ab 
Im  herbst  vnd  meyen  zuo  vor  auß. 
Do  wart  nie  zweiung  oder  strauß. 
Von  wan  falck  dar  kumpt  auß  eim  iant 
Oder  waß  sprach  jm  sey  bekant 
Er  sey  reich  arm  oder  ein  paur. 
Wie  schon  suptil  wi  grober  knaur 
Münsch  pfaff,  fürst,  grof,  oder  frey 
Von  wan  er  kum  vnd  wer  er  sey 

Wir  erfahren  hier  auch  von  Foltz,  daß 


Wirt  allß  vereinet  jn  eim  piick. 

Do  macht  sich  mancherley  geschick 

Von  essen,  trincken,  tantzen,  springen 

Stein  stossen,  lauffen,  fechten,  ringen 

Seiten  spü,  pfeiffen,  singen,  sagen. 

Ein  ander  von  vil  sachen  fragen. 

Lib  kosen  halsen  vnd  sunst  schimpfen 

Künen  sie  ein  ander  alls  gelimpfen. 

In  wisen  gerten  sich  ermeyen. 

In  weld  vnd  zuo  den  prunen  reyen 

Nymant  den  andern  hasset  nicht 

Spürn  waß  eclesiastes  spricht. 

In  frölich  vnd  fryem  gemüt. 

Ein  lust  grünendes  allter  plüt. 

Gedencken  auch  vnd  sehen  an. 

Den  Spruch  den  spricht  der  saloman. 

Die  trauikeit  mit  irem  gewallt 

Macht  mager  geruntzelt  allt. 

Dar  vmb  zuo  wundern  ist  von  aln 

Den  dise  ding  also  für  valn 

Das  geistlich  vnd  kaiserlich  recht 

Verpitung  thun  bey  schweret  echt. 

An  vil  enden  der  weit  gemein 

Nit  jn  den  wilpaden  allein. 

Sunder  jn  allen  sammungen  gar. 

Gesünder!  seint  der  frawen  schar. 

Von  manen  auch  die  jungen  geseien 

Von  jungfrawen  bilden,  vnd  ertzelen 

Manch  bös  vrsachen  vil  dar  bey. 

Des  halb  sint  zuo  gelossen  frey. 

Gemeine  weib,  groß  zuo  bewarn  * 

Dz  sunst  der  mensch  möcht  über  farn 

Nicht  sprich  jch  das  jn  disem  bad 

Imant  gesche  einiger  schad. 

Eren  halben  das  sprich  jch  nicht. 

Sunder  der  al  ding  weiß  vnd  sieht 

Vnd  durch  die  jnflüß  der  natur. 

Lest  würcken  jn  sein  creatur.  .  .  . 

Dar  vmb  ob  jm  gemelten  bad.  ] 

Sich  alles  folck  zuo  samen  lad. 

In  fruntschaft  such  freid  vnd  schimpf 

Wer  wolt  das  als  zuo  vngelimpf 

Als  bald  verkern,  so  doch  nymant 

In  sülchs  bis  her  zuo  argem  want 

Lentlich  ist  sitlich  hört  jch  ye 

Des  gleichen  las  man  bleipen  sy. 

Denoch  ist  ye  zuo  loben  bas. 

Kürtzweilig  freid  mit  mitler  mas 

In  lib  vnd  früntschafft  für  genomen." 

Baden  über  alle  Bäder  zu  loben  ist,  nämlich 


als  Luxusbad.    Als  Heilbad  steht  Pfäfers  trotz  seiner  unangenehmen  Lage  obenan. 


*  Diese  Auffassung  —  Frauen  und  Jungfrauen  zu  bewahren  —  war  im  Mittelalter  die  Begründung 
für  die  Zulassung  der  öffentlichen  Frauen  (siehe  S.  249). 


Vorteile  der  blutwarmen  Bäder 


267 


„Vnd  hat  nie  nymant  wee  getan 
Dint  auch  eins  yder  complexian", 
dessen  können  sich  nicht  viele  Bäder  rühmen,  wenn  es  auch  für  Pfäfers  eingeschränkt 
werden  muß.  Die  meisten  ließen  nicht  alle  Komplexionen  (-=  Konstitutionen)  zu.  Von 
Wiesbaden  sagt  Foltz,  daß  es  den  Colericis  bald  schaden  bringe.  Der  Grund  liegt  in 
der  Temperatur.  Pfäfers  Wärme  ist  gleich  der  des  menschlichen  Blutes,  aus  demselben 
Grunde  war  auch  das  Wildbad  im  Schwarzwald  hochangesehen  und  viel  besucht.  Die 
Redensart  „Eben  recht  wie  das  Wildbad"  erwähnt  schon  Leucippaeus  1598431.  Ein 
Teil  der  Thermen  war  zu  heiß*  und  mußte  vor  dem  Gebrauche  abgekühlt  werden  — 


Abb.  115.    Badehalle  in  Aachen  1736.     (Die  Art,  wie  man  sich  badet.)     Kupfer    aus:  Amüsements 
des  eaux  d'Aix  la  Chapelle.    Amsterdam  1736. 

die  Aachener  Bassinbäder  (Abb.  115)  erforderten  fünfzehn  bis  achtzehn  Stunden  409  _^ 
andere  nicht  warm  genug  (z.  B.  Liebenzeil)  und  mußten  erwärmt  werden.   In  beiden 

*  FoLTZ  sagt  von  Baden-Baden : 

„Wer  jn  sein  flüß  weich  eyer  leg 

Die  sint  dar  jn  gesoten  schier". 
Man  verwendete  auch  praktisch  die  hohe  Temperatur.  Eine  der  Quellen  in  Baden-Baden  wurde  1606 
zum  Brühen  von  Hühnern,  Vögeln  und  Schweinen  benutzt  und  danach  „Brühequell"  genannt  ^"J^. 
Auch  Klüber  erwähnt  ihn  und  seinen  Gebrauch  1810 -"'s.  Mehrere  derartig  benutzte  Quellen,  die  als 
Schöpfbrunnen  gefaßt  waren,  lagen  bei  Burtscheid «'.  In  Abb.  144  ist  das  Brühen  der  Tiere  neben 
dem  Karlsbader  Sprudel  dargestellt. 


268  Bäderreklame 

Fällen  gelang  es  nicht,  einen  andauernd  gleichmäßig  warmen  Strom  hervorzubringen 
und  bei  längerem  Gebrauche  war  während  des  Badens  ein  Zusatz  von  heißem  Wasser 
erforderlich  (Abb.  116).  Um  vieles  mehr  waren  die  Bäder,  die  ganz  und  gar  gewärmt 
werden  mußten,  im  Nachteil,  und  ihr  Emporkommen  zuungunsten  anderer,  z.  B.  des 
Wildbades,  verdanken  sie  zum  Teil  einer  geschickten  Reklame,  die  der  unserer  heutigen 
Zeit  kaum  nachstand. 

Mit  dem  16.  Jahrhundert  beginnt  eine  enorm  große  Bäderliteratur,  meist  in  Buch- 
form. Neben  der  eingehenden  Schilderung  des  Bades,  einer  möglichst  weit  zurück- 
gehenden Geschichte,  sind  Verordnungen  über  den  Gebrauch  des  Bades  bis  ins  kleinste 
angegeben,  daneben  oft  zahlreiche  Krankengeschichten,  natürlich  nur  mit  Erwähnung 
der  geheilten  Fälle,  und  mehreren  Gedichten,  die  das  Bad  und  noch  öfter  den  Be- 
schreiber  des  Bades  in  der  Regel  als  Wohltäter  des  Ortes  oder  der  Menschheit  preisen. 
Der  Wert  der  Krankengeschichten  wird  am  besten  durch  folgenden  Vorfall  beurteilt: 
Über  Dr.  Gessner,  den  Herausgeber  mehrerer  Monographien  über  die  Bäder  Württem- 
bergs, wurde  in  den  Leipziger  gelehrten  Zeitungen  wegen  seiner  „Zaysenhauser  Bad- 
Beschreibung"  ein  „nichtallzu  gütiges  Urtheil,  in  Ansehung  der  Observationum  practi- 
carum"  gefällt,  „und  hat  der  Hr.  Censor  selbige  in  sehr  aequivoquen  terminis,  als  ein 
Mittel,  Pfuscher  in  der  Medicin  zu  machen,  angegeben".  Gessner  entschuldigte  sich 
1748  damit,  die  Observationes  wären  nicht  seine,  sondern  anderer  Leute  Arbeit  und  er 
habe  sie  selbst  als  unvollkommen  bezeichnet.  Weder  er,  noch  der  Verleger  habe  sie  mit 
gutem  Willen  beigesetzt,  „da  es  aber  von  andern  ansehnlichen  Orten  expresse  verlangt 
worden,  hat  man  sich  dessen  nicht  entschlagen  können,  und  solches  als  suspensam 
hederam  angesehen"  372  Manche  Bäder  gaben  auch  auf  einzelnen  Bogen  gedruckte 
Empfehlungen  heraus.  Ein  solcher  von  Baden  in  der  Schweiz  vom  Jahre  1619  ist  80  cm 
lang  322  Antegast  ließ  noch  1704!  ein  Plakat  für  seinen  Sauerbrunnen  aus  Tabernae- 
MONTANUS'  Neu- Wasserschatz  abdrucken  323^  der  1580  geschrieben  wurde  324.  Waren 
die  dort  niedergelegten  Ansichten  auch  ganz  veraltet,  sie  waren  empfehlend,  und  das 
genügte.  Dazu  wurde  auf  den  Bogen  statt  1580  1505  gesetzt,  um  den  Gebrauch  des 
Brunnens  noch  ein  wenig  älter  erscheinen  zu  lassen. 

Ein  großer  Nachteil  erwuchs  den  Thermen  mit  indifferenter  Temperatur  durch  ihre 
Lage.  Sie  konnten  sich  nicht  zu  Luxusbädern  entwickeln.  Das  württembergische  Wild- 
bad wird  zu  Anfang  des  19.  Jahrhunderts  in  den  meisten  Brunnenschriften,  selbst  in 
der  von  Hufeland  in  drei  Auflagen  nicht  einmal  erwähnt  354  Da  war  es  Justinus 
Kerner  325^  der  1832  warm  für  die  Heilkraft  der  genannten  Bäder,  besonders  des  Wild- 
bades eintrat  und  zugleich  eine  Lanze,  wohl  die  letzte,  für  die  alte  Gebrauchsart  der 
Bäder  brach.  Im  19.  Jahrhundert  eiferte  man  gegen  das  gemeinschaftliche  Baden  in 
Bassinbädern  und  bereitete  ihm  auch  mit  wenigen  Ausnahmen  ein  schnelles  Ende. 
Schon  1758  nennt  es  Moser  (Wildbad)  für  manche  schäm-  und  ekelhafte  Personen  einen 
der  allerbeschwerlichsten  Punkte  332.  Hottinger373  wußte  1702,  daß  in  Baden  in  der 
Schweiz  der  weiße  Fluß  der  Frauen  nicht  nur  vertrieben,  sondern  auch  erworben  wurde 


Das  gemeinschaftlich  genommene  Mineralbad  269 

und  nicht  nur  durch  zu  heißes  Baden,  sondern  auch  durch  Zusammenbaden  mit  Leuten, 
die  damit  behaftet  waren.  Auch  Scheuchzer  hebt  es  1732  hervor  355.  Die  alten  Ärzte 
gingen  darüber  leicht  hinweg.  Leucippaeus  sagt  1598  vom  Wildbad,  es  säßen  viele  bei- 
einander „als  in  einer  Kirchen  oder  Keller",  keine  Ansteckung  erfolge  durch  den  anderen, 
„dieweil  des  wassers  natur  nichts  vnreines  annimt"  43i.  |m  IQ.  Jahrhundert  mehrten  sich 
aber  die  Stimmen,  die  eine  Ansteckung  annahmen,  dazu  kamen  andere,  die  auf  eine  Ge- 
fährdung der  Sittlichkeit  hinwiesen  370.  Auch  das  Wildbad  konnte  nicht  mehr  zurück- 
bleiben und  führte  Wannenbäder  ein  *.  Justinus  Kerners  Stimme  verhallte  umsonst. 
Die  Zukunft  zeigte,  daß  Wildbad  recht  daran  getan  hatte;  denn  schnell  kam  es  zur 
Blüte.    Kerners  Auffassung  ist  so  eigenartig,  daß  ich  sie  widergebe: 

„Vor  vielen  Bädern  und  namentlich  auch  vor  dem  benachbarten  Baden  haben  die 
Quellen  des  Wildbades  auch  das  voraus,  daß  zu  ihnen  nicht  leicht  jemand  wandert,  der 
nicht  wirklich  erkrankt  ist,  oder  der  nur  der  Welt  und  ihrer  Lust  fröhnen  will.  Zum 
Glücke  ist  hier  die  Natur  so  sehr  von  Granit,  daß  sie  den  Bestrebungen  der  Menschen, 
sie  den  Wünschen  der  verweichlichten  Menge  mehr  anzupassen,  stets  widerstrebt. 
Hier  sprudeln  einzig  Heilquellen,  hier  sind  keine  Farobänke,  keine  Schauspielhäuser, 
keine  üppig  besetzten  Tafeln.  Wer  den  Tumult  der  Menge  liebt,  wen  nur  die  Lange- 
weile aus  der  gewohnten  Lage  treibt,  wer  meint,  er  müsse  jährlich  in  ein  Bad,  weil  es 
die  Mode  so  will,  der  bleibe  doch,  um  Gottes  willen !  fern  von  dieser,  nur  dem  Kranken 
geweihten,  Stätte,  sie  würde  seine  Langeweile,  seine  Leere  nur  vermehren.  Zu  diesen 
segenvollen  Quellen  aber  komme  der  wirklich  Kranke  mit  Liebe  und  Vertrauen,  und  hält 
er  sich  hier  an  die  so  einfache,  unverweichlichte  Natur,  richtet  er  seine  Lebensweise 
dieser  gemäß  ein,  wird  er  auch  Heilung  oder  Linderung  seiner  Leiden  finden.  Der,  dem 
es  Ernst  ist,  hier  zu  gesunden,  der  nicht  bloß  mit  diesen  Wassern  sein  Spiel  treiben 
will,  der  hat  vor  allem  zu  bedenken,  daß  nur  eine  einfache  Lebensweise,  kräftig  und 
naturgemäß,  der  stillen  und  einfachen  Größe  der  Natur  dieses  Heilorts  entspricht.  Mit 
Betrübniß  muß  man  sehen,  wie  solche  Stätten,  die  die  Natur  einzig  zur  Heilung  kranker 
Körper  bestimmte,  so  oft  zu  ihrer  Vergiftung,  durch  die  unnatürliche  Lebensweise  an 
ihnen,  mißbraucht  werden.    Noch  scheinen,  besonders  auch  in  den  Bädern  unseres 

*  Nach  Leucippaeus  wurde  1598  in  Baden-Baden  im  Gegensatz  zum  Wildbad  nur  in  Kästen  ge- 
badet ^^i  Sie  müssen  aber  sehr  groß  gewesen  sein;  denn  Ryff  sagt  in  seiner  Übersetzung  zum 
Vitruv,  daß  unter  Labrum  nicht  Kasten  mit  Wasser  zu  verstehen  seien,  wie  man  sie  zu  Wiesbaden 
und  Markgrafenbaden  habe.  Dort  seien  sie  mit  Lehnen  und  Geländern  versehen,  daß  man  den 
Badenden  zuschauen  mag ■'6''.  In  Oastein  führte  man  1804  die  großen  Oesellschaftsbäder  an  Stelle 
der  Wannenbäder  ein,  und  hier  wurde  dies  als  zweckmäßige  Neuerung  begrüßt.  Seit  dieser  Zeit 
hob  sich  der  Verkehr  in  Gastein,  zum  Teil  lag  dies  aber  auch  daran,  daß  die  Kurgäste  von  da  ab  nicht 
mehr  in  den  hölzernen  Wohnhäusern  (Abb.  121)  Herberge  nehmen  mußten^",  die  dann  nach  und  nach 
verschwanden  und  zum  Leidwesen  manches  Verehrers  von  Gastein  modernen  Steinbauten  im  Stile 
der  Renaissance  Platz  machten,  so  daß  1858  der  Maler  Steinfeld,  von  Rotschild  zur  Anfertigung 
eines  Gemäldes  aufgefordert,  erwiderte:  „Das  kann  und  will  ich  nicht" -i^^.  Nach  Wetzler  badeten 
1819  die  Geschlechter  zu  Baden  bei  Wien,  Gastein  und  Leuk  gemeinsam.  Einige  Jahre  vorher  war 
in  Baden  bei  Wien  das  gemeinschaftliche  Baden  verboten  worden,  allein  das  Verbot  mußte  auf  Vor- 
stellung der  Einwohner  zurückgenommen  werden,  da  die  Bäder  unbesucht  blieben  3^". 


270 


Justtnus  Körners  Eintreten  für  das  gemeinschaftliche  Baden 


Vaterlandes  (was  hauptsächlich  aber  auch  noch  in  dem  benachbarten  Baden-Baden  der 
Fall  ist),  die  Tafeln  der  Wirte  die  Hauptsache  zu  sein,  die  Quellen  die  Nebensache. 
Ahme  man  doch  hier  Bäder  des  Auslandes  von  größtem  Rufe  nach,  wie  z.  B.  das  Marien- 
bad, das  Kadsbad,  wo  die  Wirtstafeln  den  Quellen,  die  Wirte  den  Ärzten,  untergeordnet 
sind  ....  Hört  man  doch  meistens  auch  die  Esser,  die  von  solchen  übervollen  Tafeln 
mißmutig  und  träge  aufstehen,  im  Gefühle  ihrer  Übersättigung,  dem  Wirte  zum  Danke, 
noch  über  alles,  was  sie  gegessen,  nur  schimpfen  1  Dem  war  die  Trüffelpastete  zu  wenig 
pikant,  jenem  das  schwarze  Wildbret  als  zahmes  verdächtig;  der  schimpft,  daß  der  Aal 
in  zu  kurzen  Stücken  aufgeschnitten,  und  jener,  daß  die  Gans  nicht  mit  Kastanien  ge- 
füllt gewesen,  und  wieder  ein  anderer  meint,  daß  er  das  Alles  da  oder  dort  um  die  Hälfte 
des  Preises  wohl  besser  und  reichlicher  gefunden  habe  ....  In  diesen  Bädern  des  Wild- 
bades ist  keines  Menschen  Nachhülfe  nötig,  weder  kaltes  noch  warmes  Wasser  wird 

mühsam  in  diese  Bassins  ge- 
tragen (Vgl.  Abb.  116),  ganz 
so,  wie  der  Wärmegrad  dem 
oder  jenem  Körper  am  ange- 
messensten ist,  als  hätte  die 
Natur  diese  Quellen  zu  nichts 
anderem,  als  zur  Heilung 
kranker  Körper,  von  Anbe- 
ginn bestimmt  (man  kann 
nämlich  mit  diesem  Was- 
ser weder  Hühner  noch 
Schweine  brühen)  steigen  sie 
aus     der     geheimnißvollen 

Abb.  116.    Mineralbad  aus  dem  Ende  des  17.  Jahrhunderts.  Oleich-    Werkstätte        wohlthuender 
zeitige  Radierung  im  germanischen  Museum  zu  Nürnberg.  Geister  herauf.    Die  lebener- 

weckende, gleichförmige  Verbindung  dieses  Wassers  mit  Wärme  kann,  glaube  ich,  kein 
Thermometer  so  schön  darthun,  als  das  Experiment  sie  darthut:  daß  Hühnereier  beinahe 
zum  Ausbrüten  in  ihm  gebracht  werden  können.  Neben  diesem  immer  gleichen  Tem- 
peraturgrade haben  die  Bäder  des  Wildbades  wohl  auch  noch  diesen  Vorzug,  —  daß  ihr 
Wasser  ein  lebendiges  fließendes  ist.  Wer  in  diesen  Bädern  badet,  der  badet  in  einem 
natürlich  warmen  Flusse:  denn  dieses  geradeaus  seinen  Felstiefen  entsprungene  Wasser 
ist  über  dem  reinen  Flußsande  in  beständiger  Bewegung,  in  einem  beständigen  Ab-  und 
Zuflüsse.  Der  Badende  sitzt  umwallt  von  immer  sich  bewegenden,  krystallhellen,  leben- 
digen Quellen,  die  soeben  das  Licht  des  Tages  begrüßen,  umspielt  von  dem  unaufhödich 
unter  ihm  in  großen  Blasen  aufpedenden  mit  Wasserdämpfen  geschwängerten  Gas. 
Ein  solches  Baden  verdient  in  Wahrheit  erst  ein  Baden  genannt  zu  werden.  Wie  arm 
und  höchst  notdürftig  (auch  bei  seiner  geringen  Wassermenge)  ist  dagegen  jedes  Zuber- 
bad, das  Röhren  oder  Menschenhände  von  seiner  Geburtsstätte  tragen,  mit  kaltem 


im  fließenden  Mineralwasser  271 

Wasser  vermischen,  das  in  toten  Gefäßen  gebunden  steht  und  bei  dem  das  Thermo- 
meter immer  beschäftigt  ist,  eine  gleichförmige  Wärme  anzuordnen,  die  doch  bei  aller 
Sorgfalt  nicht  erhalten  werden  kann !  . . . .  Das  gemeinschaftliche  Zusammenbaden  trägt 
auch  vieles  zur  Unterhaltung  bei,  man  spricht  gemeinschaftlich  über  die  Gefühle  im 
Bade,  über  seine  Wirkung;  der  Hypochondrist  vergißt  seine  Grillen;  der  Gichtkranke 
seine  Schmerzen;  der  an  der  Heilung  schon  fast  Verzweifelnde  schöpft  neuen  Mut  und 
neue  Hoffnung,  indem  er  einen  Andern  die  wohlthätige  Wirkung  des  Wassers  preisen 
hört ....  Die  Bäder  des  Wildbads  sind,  wie  schon  öfters  gesagt,  warme  Flüsse.  Somit 
vereinigt  sich  in  diesen  Bädern,  als  in  einem  Brennpunkt,  alles,  was  je  ein  kranker  Orga- 
nismus von  der  Heilkraft  eines  reinen,  lebendigen  Brunnquells  und  einer  immer  gleichen 
Naturwärme  zu  erwarten  hat.  Und  wie  ein  schöner  Frühlingstag,  an  welchem  das  Licht 
der  Sonne  im  Bunde  mit  dem  reinsten  Äther  uns  umströmt,  fachen  sie  selbst  im  Greise 
wieder  neues  Leben  und  frische  Jugend  an.  Harmonisch,  ungetrübt  und  wohlthuend 
ergießen  diese  frommen  Nymphen  ihre  Wasser,  und  Segen  werden  sie  gewiß  auch 
dem  bringen,  der  die  Stufen  ihrer  Tempel  mit  Liebe  und  Glauben  betritt." 

„Der  Wasser  gute  Geister  singen  Wie  Lenzeshauch  wird's  Dich  durchbeben; 

Hier  aus  krystallnen  Tiefen  laut:  Frag'  nicht,  wie  diese  Kraft  man  heißt; 

„Bald  werden  Dem  wir  Heilung  bringen,  Du  kehrst  ein  neuer  Mensch  ins  Leben 

Der  liebend  unsrer  Kraft  vertraut".  Und  sprichst:   Das  that  des  Wildbads  Geist!" 

Nach  diesen  Ausführungen  ist  es  verständlich,  wenn  Kerner  das  Zuberbad  von 
Wildbader  Wasser  nicht  mehr  ein  Baden  im  Wildbade  nennt  und  die  zu  seiner  Zeit  er- 
richteten Badekufen  nur  für  warme  Bäder  mit  Zusätzen  von  Steinsalz,  Schwefelleber, 
Sublimat  und  aromatischen  Kräutern  gebraucht  wissen  will*. 


*  Kerner  macht  an  mehreren  Stellen  seinem  Ärger  über  die  neu  errichteten  Wannenbäder  Luft. 
„Das  gemeinschaftliche  Zusammenbaden  in  diesem  naturwarmen  lebendigen  Flusse  und  das  Baden 
in  stagnierendem  Wasser  in  einer  Kufe  verhält  sich  zu  einander  wie  ein  gemeinschaftlicher  Spazier- 
gang in  lebendiger  freier  Luft  zu  einem  einsamen  Sitzen  in  einer  verschlossenen  Stube."  Und  doch 
übertreibt  Kerner.  Nach  der  Badeordnung  von  182S,  die  Kerner  selbst  bringt,  erneuerte  sich  das 
Wasser  in  den  Badewannen  beständig. 


I 


DIE  GESUNDBRUNNEN   IN  NACHMITTELALTERLICHER 
ZEIT  /  BIS  ZUM  DREISSIGJÄHRIGEN  KRIEGE* 


eben  wir  von  Hans  FoLTZ'ens  Gedicht  über  die  Wiidbäder  ab,  so 
beginnt  die  deutsche  Bäderliteratur  zu  Anfang  des  lö.  Jahrhunderts, 
zuerst  mit  einigen  Monographien  über  Baden  bei  Wien,  Karlsbad, 
Wildbad,  Baden  in  der  Schweiz;  dann  folgt  das  erste  zusammen- 
fassende Buch,  der  Traktat  der  Wildbäder  von  Laurentius  Phries, 
der  freien  Kunst  und  Arznei  Doktor,  gedruckt  zu  Straßburg  151Q 
von  Johannes  Grieninger  420^  1538  abermals  von  Bartholomäus 
Grieninger676  und  zum  dritten  Male  im  16.  Jahrhundert  zu  Straßburg  bei  M.Jacob 
Cammer  Lander  von  Mainz  47 

Phries  fühlte  sich  nach  der  Vorrede  bewogen,  sein  Buch  zu  schreiben,  weil  wegen 
unvernünftigen  Gebrauches  der  Bäder  oft  großer  Schaden  erwuchs  und  glaubte  durch 
sein  Traktat  mehr  zu  nützen  „dann  andere  quotlibetische  bücher,  so  man  yetz  und  in 
tütsch  der  artzny  zuschreibt,  wie  dann  sunderlichs  yetzund  einer  züsamen  gefügt  hat 
widertige  subiecta,  dz  ist  hilff  des  menschlichen  leibs  vnd  die  lollbrüdery  wie  man 
den  sterbenden  vor  betten  sol".  Er  rechtfertigt  sich,  daß  er  das  erste  derartige  Buch  in 
deutscher  Sprache  schreibt.  „Wiewol  etiich  möchten  sprechen  das  es  gnug  wer  so  es 
diegelerten  wissten,  welches  doch  nicht  ist,  vrsach  das  der  gemein  nicht  füglich  mag  ge- 
haben die  gelerten,  oder  zu  zeiten  so  vngehobelt  das  er  nicht  achtet  rats  zu  pflegen. 
Auch  anderer  vrsach  halb  hie  nit  not  zu  erzalen." 

Andere  die  deutschen  Bäder  behandelnden  Werke  ähneln  sehr  dem  von  Phries. 
Eine  selbständige  Stellung  nimmt  das  von  Paracelsus  374  ein.  Die  Baderegeln,  welche 
Phries  gibt,  sind  die  von  Petrus  de  Tussignano  und  nur  weiter  ausgeführt.  Vor  der 
Abreise  soll  man  nach  dem  Rat  eines  gelehrten  Arztes  den  Leib  durch  Purgieren  und 
Aderlassen  reinigen.  Dann  fährt  man  ins  Bad,  wo  man  sich  nach  folgenden  Regeln 
verhalten  soll: 

„So  du  nun  auß  angezeugter  ler  verfasset  hast  ein  bad  dir  dienende,  auch  den  leib 
nach  rat  darzü  bereitet,  ist  auch  not  das  du  wissest  wie  du  dich  haltenn  sollest  so  du 
wilt  baden,  welliches  ich  dir  anzeigen  will  durch  ettliche  nachfolgende  regulen. 

Die  erst  ee  du  in  ein  bad  ziehest  soitu  schauwen  das  dein  seckel  geladen  sei  mitt 

*  Auch  in  diesem  Kapitel   sind,  um  Wiederliolungen   zu  vermeiden,  Gebräuche  aus   späterer  Zeit 
besprochen. 


Baderegeln  von  Laurentiiis  Phries 


273 


gold  vff  das  du  mögest  halten  zimliche  Ordnung.   Wann  so  bald  das  gelt  ein  ort  hat,  so 
hat  auch  die  ordenung  ein  ort. 

Die  ander  regul,  so  du  in  das  bad  kummest  soit  du  nicht  eilends  streng  baden,  sun- 
ders von  tag  zu  tag  ein  stund  zügeben. 

Die  drit  regul,  so  du  in  hitziger  zeit  zu  baden  bist,  das  du  nit  badest  wann  die  hitz 
groß  ist,  sunders  morgens  frü  vnd  abents,  wann  von  hitz  der  zeit  vnd  hitz  des  badens 
würden  die  leib  zu  hart  eröffnet  vnnd  geschwechet. 

Die  fierd  regul,  die  stund  so  du  baden  wilt  sol  sein  die  stund  so  die  sonn  vffgat, 
oder  wennig  daruon,  wann  zu  der  selbigen  stund  die  sonn  zu  dem  weitesten  von  vnserm 
haibteil  des  circuls  gesetzt  ist. 

Die  fünfft  regul,  wan  du  in  das  bad  gon  wilt  solt  du  dich  vorhin  reinigen  von  vber- 
flüssigkeiten  der  stülgeng,  des  harns,  der  speichelen  u.  s.  w.  wann  du  also  in  das  bad 
giengest,  würden  die 
vberflüssigkeiten  ge- 
zogen in  die  schwa- 
chen glider,  vnnd  da- 
rinnen machen  ver- 
stopffungen  vnnd  ge- 
schwer, darumb  ein 
yeglicher  badender 
oder  der  da  badet  sol 
lügen  vnnd  achtenn 
das  er  gereiniget  sei 
durch  die  natur  oder 
von  kunst. 

Die  sechst  regul, 
die  weil  du  in  dem 
wasser  sitzest,  so  solt 
du  weder  essen  noch 
trincken,  vnnd  dis  ist 
wider  den  gemeinen 
bruch  der  bad  gesellen. 
Vrsach  warum  man  nit 
in  dem  bad  essen  sol, 
ist  dz  die  speiß  oder 
tranck  eintweders  hit- 
zigend  vnd  darzü 
auch  warm  sein,  deß- 
halb  sie  dann  die  hitz 
des    badens    merent 

Martin,  Badewesen 


CractatöerBflöbeOer  natuer 

fic^ cfn  )?ei)ec  bereiten  fol  ce  tx  bftöct/auc^  xoW  mdn  ;b<ibcii/ 
vrtb  cttU<fc3i»fdl'^etbA^cfIben  ireiibert  fol/(3mt<;(f  c  mit 
gco|femfier^,9iirc^2uitjrcmmmp^nefcn^er  fmen  funjl 
vitnöÄr^ti;  fcocfoicm.  IDteptuitu© 


Abb.  117.    Titelliolzschnitt  von  E.  Schlitzoc  (?)  zur  ersten  Ausgabe  von: 
Laurentius  Phries,  Traktat  der  Wildbäder.    Straßburg,  1519. 


274 


Baderegeln  von  Laurentius  Phries 


vnndleichelichen  von  dem  bad  in  dem  magen  faul  werden.  Oder  sie  hitzigend  vnd  seind 
I<alt  wie  i<alter  wein,  darumb  dann  von  der  selbigen  keltin  gehindert  würt  die  wirckung 
des  bades  vnd  nicht  eröffnet  das  da  eröffnet  seit  werden.  Auch  so  tringet  die  selbig 
speiß  oder  trank  von  wegen  der  hitz  so  sie  in  irer  macht  hat  in  die  engen  weg  des  leibes, 
welliche  von  dem  bad  eröffnet  seind,  vnd  macht  darinnen  böße  verstopffungen.  Oder 
villeicht  seindt  die  speiß  oder  tranck  warm  vnd  kulent  doch  in  irem  gwalt  welche  dann 
auch  leichtiichen  in  füle  verkert  werdendt,  mitsampt  hinderung  der  wirckung  des  badens 
so  sye  dann  thünd. 

Die  sibend  regul,  einer  der  da  ist  heisser  vnd  truckner  complexion,  mitt  einer  dünnen 
haut  vnd  subteilen  füchten,  der  schwach  ist  von  geburt  oder  der  zeit,  sol  sich  hüten 
das  er  nicht  lang  bade  vnnd  sich  nicht  hart  reibe,  wann  zu  förchten  ist  in  solichem  ein 
böse  resolucion  geschehen  möcht. 

Die  achtend  regul,  wann  du  auß  dem  bad  gast,  so  solt  du  dich  wol  bedecken  mitt 
weißen  tüchern  das  der  lufft  nicht  an  dich  gange,  wann  der  lufft  ist  zu  vil  kalt  in  ver- 

gleichung  gegen  der 
wörmin  des  bades,  so 
ist  der  leib  ietzund 
dünn  gemacht  vnnd  er- 
öffnet von  wegen  der 
verzerung  der  glider 
füchtin  vnnd  geist,  da- 
rumb dann  schedlich 
wer  daz  der  lufft  gienge 
in  die  tieffe  des  leibs. 
Die  nünd  regul,  so  du 
nun  auß  dem  bad  ge- 
gangen bist  so  solt  du 

dich  legen  in  ein  bedt 
Abb.  118.   Titelholzschnitt  zur  dritten  Ausgabe  von:  Laurentius  Phries,  °      ^     i+  a 

Traktat  der  Wildbäder.    „Eyn  new  Badenfart.    Wlldt  Bäder  L.  Friessen".    ^'^^     zugedeckt,    vnnd 
Straßburg,  Jacob  Cammer.    Mitte  des  16.  Jahrhunderts.  solt  dann  also  schlaffen 

vnnd  schwitzen,  wann  durch  die  rü  vnnd  den  schlaff,  so  stillet  sich  die  vffledigung, 
vnnd  erholendt  sich  widerumb  die  seelischen  geist,  vnnd  würt  auch  hingethon  die  müde.. 
Auch  so  seind  vil  vberflüssigkeiten  subteil  gemacht  von  der  hitz  des  bades  vnd  gezogen 
in  dem  vmbkreiß  des  leibs,  welche  dann  durch  den  schweiß  vßgeschlossen  werden, 
dauon  der  leib  erleichtert  würt. 

Die  X.  regul,  ee  das  du  issest  soltu  dich  ein  weil  etwz  üben  mit  hin  vnd  her  gon  vff 
dz  die  tempff  vnd  windikeiten  so  von  des  bades  hitz  erhebt  seind  vßgetriben  werden, 
ob  du  aber  so  schwach  bist  dz  du  nit  gon  magst,  so  laße  dir  deine  glider  senfft  reiben 
mit  einem  warmen  thüch.  Vnd  so  du  dis  auch  nit  leiden  magst  von  wegen  schmertzens 
der  glider,  oder  du  villeicht  geschwer  daran  hast.  So  nym  vor  essens  ein  suppositorium. 


Baderegeln  von  Laiirentiiis  Phries  275 

das  ist  ein  zepflin,  welches  gemacht  sei  von  honnig  vnd  mangolt  wurtzel,  oder  von  viol- 
\NUxiz,  oder  vonn  gesaitzenem  speck. 

Die  eiifft  regul,  so  du  nun  diße  ding  alle  volbracht  hast,  so  seit  du  dann  essen  vnnd 
trincl<en  speiß  vnnd  tranck  zimliches  wesens  vnnd  zimiicher  vile.  So  ich  sprich  zim- 
liches  wesens  so  solt  du  verston  speiß  vnnd  tranck  weiche  nicht  zu  vi!  heiß  vnnd 
trucken,  hart  vnd  grob  seiend,  oder  zu  vi!  kalt  vnnd  feucht  schleimerig  vnnd  weich, 
welche  alle  der  dou  wung  widerstrebend,  vnnd  ietzund  die  hitz  des  magens  vonn  wirckung 
des  bades  geschwecht.  Auch  so  ist  not  das  die  speiß  vnnd  tranck  seiend  mittelmäßiger 
narung,  vnd  leichter  durch  tringung  zu  den  glidern  vnnd  darumb  so  soll  der  bader  brot 
sein,  wol  gehefelt  vnnd  wol  gebachen,  nicht  vber  zwen  tag  alt.  Ir  fleisch  sol  sein 
kitzin,  kalb,  ieriges  lambfleisch,  oder  von  deinen  iungen  vögeln,  nitt  von  wasserfogeln. 
Vnd  gewild  mögend  sie  essen  frischling,  hasen,  künglin.  Item  sie  soUendt  auch  meiden 
milch  ist  sich  das  die  vrsach,  das  sie  leichtlichen  sauer  würt  in  iren  mägen.  Doch  so 
mögend  die  so  gewon  seind  milch  zu  essen  wol  bruchen  süße  milch  die  nüwlichen  ge- 
molcken  ist,  nach  anderer  speiß  ein  wennig  nüwes  keß  ist  inen  auch  zugelassen. 

Von  eyern  mögend  sie  essen  nach  irem  willen  on  allein  so  sie  hart  gekocht  seind. 
Die  küchen  vnd  gebächtns  der  pfannen  seind  inen  auch  nicht  bequem  oder  gut. 

Sie  sollend  auch  meiden  alle  gemüß  außgenommen  rot  erbißen,  vnd  gersten  mitt 
fleischbrüe  gekochet. 

Von  fruchten  wennig,  wann  sie  leichtlichen  in  iren  magen  faulend.  Von  wolriechen- 
der  specery,  yngber  zymmet  vnnd  muscatblüet,  vnnd  die  andern  gar  wennig.  Fisch 
welche  schuppig  seind  vnnd  in  steinigen  wassern  gefangen,  seind  inen  bequem.  Ouch 
so  sol  al  ire  speiß  ein  mittel  haben  zwischend  süßem  vnnd  sauerem  geschmack,  nicht 
scharpff  sein  als  zübel,  knoblouch,  pfeffer,  senff,  auch  nicht  sauer  als  vnzeitige  frucht. 

Sie  sollen  trincken  subteilen  wolriechenden  weissen  wein,  nicht  zu  vil  starck  noch 
tempffig,  sollend  meiden  alles  wasser,  wann  so  die  glider  außgelert  vnnd  erhitziget  seind, 
möchte  das  wasser  leichtlich  dareyn  tringen  vnnd  gezogen  werden  in  die  äußern  glider, 
dauon  dann  den  neruischen  glidern  dem  haubt,  der  brüst,  den  beinen,  vnnd  dem  marck 
grosser  schaden  entsteen  möchte,  wie  dann  Hipocrates  apho.  part.  V.  anzeuget.  Ich 
hab  auch  oben  gesagt  das  die  bader  die  speiß  vnd  tranck  sollend  nemmen  in  zymlicher 
maß.  Vrsach  so  sye  die  aller  edelsten  speiß  zu  vil  auff  ein  mal  nemend,  möcht  die  selbig 
nicht  verdöwet  vnnd  recht  gekocht  werden,  dhweil  die  hitz  der  glider  von  wirckung  des 
bades  geschwechet  ist.  Nemmend  sie  aber  minder  dann  billich  speiß  vnnd  tranck,  so 
möchte  nicht  beschehen  Widerlegung  der  verzerten  vnnd  verlornen  feuchte,  daruon  dann 
die  glider  mer  getrencket  oder  beschwechet  würdent. 

Die  zwölfft  regul,  so  du  das  mal  genummen  hast  so  solt  du  nicht  in  das  bad  gon  ee 
sechß  stund  vergangen  seiend,  wann  so  du  badest  dweil  die  speiß  noch  nicht  ver- 
douwet,  so  würt  sie  gezogen  in  die  leber  vnnd  ire  ädern,  vnnd  macht  darinn  verstopffung 
vnd  böße  bresten.  Vnnd  diser  mißbruch  beschicht,  sunders  vil  vrsach  das  die  groben 
in  schneller  yl  außgericht  wöllendt  sein. 


276  Baderegeln  von  Phries  /  Leucippaeus  /  Mechinger  /  Sytz 

Die  dreizehend  regul,  du  solt  meiden  das  werck  der  liebe  dweil  du  badest,  vrsach 
das  sunst  vi!  feuchte  eröffnet  vnnd  verzeret  würt  durch  das  bad.  So  würt  auch  durch 
diße  werck  verzert  die  vberfiüssigkeit  der  letsten  narung  welche  vil  nütz  ist,  wie  dann 
bezügt  Auicenna.  XX.  tertii.  u.  s.  w." 

Darauf  folgt  die  Angabe  von  Arzneimitteln  gegen  die  übelen  Zufälle  im  Bad,  näm- 
lich gegen  Schlaflosigkeit,  großen  Durst,  Kopfschmerzen,  Verstopfung,  Schweißaus- 
brüche nach  dem  Bad,  „brunst  vnnd  stechen  des  harnes",  gegen  „ein  fluß  von  dem  haubt 
herab  fallende  vonn  wegen  der  materi  des  hirnes  so  die  hitz  des  bades  geschmeltzet 
hatt"  und  Appetitlosigkeit. 

interessant  ist,  daß  Phries  an  Stelle  der  Bewegung  nach  dem  Bade  bei  gelähmten 
Gliedern  die  Massage  setzt.  Auch  Leucippaeus  will  1598,  daß  Lahme  und  die,  welche 
keine  besondere  Leibesübung  wegen  Unvermögens  haben  können,  sich  vor  oder  nach 
dem  Essen,  wenn  sie  noch  nicht  ausgeschlagen  sind,  „an  den  Händen  vnd  Füßen,  auß 
vnd  abwerts,  ad  exteriora  membra,  sich  streichen  vnd  reiben  lassen,  damit  überflüssige 
Dämpfe  auch  verzehrt  durch  solche  Fricationes  und  als  eine  natürlich  Hitze  artificiali 
modo  in  ihnen  erweicht  werde"  43i.  Nach  Mechinoer  (1513)  sollen  im  Wildbad  die 
mit  lahmen  und  zitternden  Händen  und  geschwollenen  Gliedern  auch  im  Bade  die 
Glieder  mit  dem  am  Boden  liegenden  Sand  reiben  346  Gegen  Schlaflosigkeit  gibt  Leu- 
cippaeus 1598  im  Gegensatz  zu  den  sonst  gebräuchlichen  Arzneimitteln  an,  vor  dem 
Schlafengehen  die  Füße  erst  mit  warmem  Wasser,  darnach  mit  kaltem  zu  waschen  und 
die  Füße  im  Bett  nicht  zuzudecken  43i.  Bei  im  Bad  auftretendem  Fieber  (gemeint  sind 
Wallungen)  läßt  Sytz  1516  an  Stelle  des  Mineralbades  ein  Bad  aus  Brunnenwasser 
setzen,  frischen  Landwein  mit  Gerstenwasser  gemischt  trinken,  im  Bett  schlafen  und 
schwitzen  und  nach  dem  Erwachen  massieren.  Wäre  aber  das  Fieber  nicht  ein  solches 
schlechtes  (gewöhnliches),  sondern  ein  böses,  „so  soll  der  selb  stracks  onuerzogen  vß- 
gän,  vnd  aller  bäder  müssig  stän,  oder  empfacht  darumb  sein  Ion"  375.  Bei  starkem 
Nasenbluten  im  Bad  wollen  Sytz  (1516)  und  Mechinoer  (1513)  nach  Versagen  von 
großen  trockenen  Schröpfköpfen  auf  den  Bauch  „arm  vnnd  füeß  mit  sailen  vnnd  selb- 
ennden,  (Salbenden,  Tuchleisten)  von  tuch  hart  binden,  vnnd  etwan  vff  laßsen  vnd  wider 
binden  (Sytz  nur  einseitig),  vnnd  so  man  die  brüst  inn  frawen  vnnd  die  hochbelg  inn  l 
mannen  auch  alßo  bindet  ist  so  vil  dester  stercker"  (Mechinger).  Beide  empfehlen 
noch,  die  Nasenlöcher  mit  „Maißelin"  von  altem  leinenen  Tuch  genetzt  mit  frischem 
Saft  gedrückt  aus  Eselsmist  oder,  wenn  man  den  nicht  haben  kann,  aus  Schweinsmist, 
zu  verstopfen.  Die  wirken  nach  Mechinger  sicherer  als  die  sehr  kalten  Dinge,  die 
etliche  außen  und  innen  gebrauchen  nach  Sag  der  Lehrer.  Bei  Ohnmächten  und  Schwin- 
del im  Bad  schlug  Fabricius  Hildanus  vor,  die  Zehen  über  das  Bad  hinaus  zu  erheben, 
was  nach  Aussage  des  Badearztes  Petrus  de  Spina  1593  in  Aachen  mehrfach  mit 
gutem  Erfolg  vorgenommen  wurde  loi. 

Phries  zähH  die  ihm  bekannten  Wildbäder  im  hohen  (oberen)  Deutschland  auf: 
„pfeffers,  plumers  (Plombieres),  baden  in  Eidgnossen,  Wildbaden,  marckgraffen  Baden, 


Der  Name  Wildbad  277 

Zellerbad  (Liebenzeil),  Göppingen  vnd  Ow,  Emps  ob  Constantz,  das  wasser  in  der  vor- 
stat  zu  Vberlingen,  Gebersweiler  und  bad  bei  Oppenow.  Darunter  befinden  sich  auch 
kalte  Sauerbrunnen,  die  Phries  also  zu  den  Wiidbädern  zählt.  Folz  rechnete  nur  die 
Bäder,  die  von  Natur  heiß  sind,  dazu,  ebenso  Ryff48  und  Pictorius152.  Aber  auch 
das  „Wildbad"  zu  Nürnberg,  in  dem  Michel  Beham  1499,  1500  und  1502  badete  210, 
das  Wiidbad  zu  Roigheim  (1476)  61  mußten  gewärmt  werden.  Der  Name  Wildbad  für 
das  zu  Nürnberg  leuchtete  schon  im  18.  Jahrhundert  nicht  recht  ein.  Roth  schreibt 
1792:  Cardilucius  suchte  den  Namen  Wildbad  zu  erklären  und  meinte,  das  Wasser 
heiße  so,  weil  es  im  Vergleich  mit  anderen  süßen  Wässern  gleichsam  ein  wildes,  das 
ist  von  selbst  und  ohne  besonderen  dazu  angewandten  Fleiß  entstandenes  Wasser  sei, 
dahingegen  jene  in  ihren  Quellen  gesucht  und  durch  Röhren,  Rinnen  und  Wasser- 
leitungen geleitet  werden  müßten.  Ein  Dr.  Schoder  wollte  nicht  gestatten,  daß  man 
dieses  Wasser  thermas  ferinas  nenne,  sondern  behauptete,  daß  wild  hier  soviel  wie 
unecht  heiße  i95.  Unter  wildem  Wasser  verstand  man  stets  gewöhnliches  Quellwasser, 
dessen  Zufluß  man  von  den  Mineralquellen,  manchmal  unter  großem  Kostenaufwand, 
fernzuhalten  suchte.  Beide  Erklärungen  sind  so  gezwungen,  daß  man  annehmen  kann, 
im  18.  Jahrhundert  hatte  der  Ausdruck  Wildbad  eine  andere  und  schon  die  heutige  Be- 
deutung: natürlich  warmes,  in  wilder  Gegend  gelegenes  Bad.  Nach  dem  Gedicht  auf 
die  Bergtheimer  Schlacht  (1400)  war  das  Wildbad  ein  unter  freiem  Himmel  gelegenes  49. 
Konrad  von  Megenbero  (gest.  1374)  sagt,  es  „nimpt  auch  das  wasser  sere  seinen  ge- 
schmack  von  dem  geschmeid  vnd  auch  von  dem  schwefel  die  man  die  Wildtbad  nennet, 
daruon  dasselb  wasser  fleußt  durch  brennendes  schwefenlichs  erdtrich  daruon  das  wasser 
heyß  wirt  vnd  stinckt"  429.  Die  Annahme,  daß  die  Thermen  Schwefel  enthielten,  gründete 
sich  auf  dessen  Vorhandensein  in  einigen  derselben,  woraus  man  schloß,  der  Schwefel 
müsse  sich  in  allen  vorfinden  und  bewirke  die  Wärme.  Obwohl  für  Pfäfers  nachgewiesen 
war,  daß  das  Wasser  keine  mineralischen  Bestandteile  enthalte,  konnte  man  sich  im 
18.  Jahrhundert  noch  nicht  entschließen,  den  Schwefel  als  Bestandteil  fallen  zu  lassen 
und  folgerte  sein  Vorhandensein  aus  der  Wirkung  des  Bades.  „Es  gebens  auch  die 
Effectus  und  Gebrechen,  die  allda  curirt  werden  vnd  geheylet,  die  des  Schwefels,  und 
keines  anderen  Eygenschaft  synd"  (Reydt  1708)383.  Deswegen  konnte  man  durch 
Zusatz  von  Mineralien  zum  gewöhnlichen  Wasserbade  künstliche  Wildbäder  erzeugen  47. 
Rueff  sagt  1554  in  seinem  Hebammenbuch,  unfruchtbare  Weiber  sollen  nach  ge- 
nügendem Purgieren  in  ein  warmes  Schwefelbad  fahren  und  baden  251.  Für  schwefel- 
haltig galten  aber  sämtliche  Thermen,  die  denn  auch  alle  darauf  Anspruch  machten,  die 
Unfruchtbarkeit  der  Frauen  zu  heben.  Ruland  bezeichnet  in  der  lateinischen  Ausgabe 
seines  Buches  (1568)  als  geeignet:  Gastein  und  andere  warme  Wasser,  Aachen,  Baden 
in  der  Schweiz,  Brieg,  Plumbersbad  (Plombieres),  die  Wasser  in  Löffingen,  Broylerborn, 
Brochenborn,  Kesselborn,  die  Sauerwasser  in  Wehr  und  Gissen,  den  Sauerbrunnen  von 
Kissingen  und  die  Aquae  nitrosae,  an  anderer  Stelle  auch  noch  Markgrafenbad,  Ems, 
Niderbron,  Karlsbad  und  „Badenses  Herciniae"  384^  in  der  deutschen  Ausgabe  vom  selben 


278  Die  Frauenbäder 

Jahre  wird  zunächst  nur  Gastein,  später  werden  die  Bäder  von  Schwefel,  Alaun,  Salz  und 
warme  Bäder  angeführt,  „item  Oberbad  (Schweiz),  Marggraffbad,  das  bad  Gastein"  40o. 

Wie  schon  erwähnt  wurde,  stand  in  dieser  Beziehung  in  sehr  großem  Rufe  das 
Verenabad  zu  Baden  (Schweiz),  den  es  nicht  nur  seiner  Beziehung  zur  heiligen  Verena, 
sondern  in  manchen  Fällen  wohl  tatsächlichen  Heilerfolgen  verdankte;  denn  die 
Verenaquelle  war  eine  kräftige  aufsteigende  Dusche,  auf  deren  Wirkung  schon  Sytz 
1516  hinwies  375. 

Auch  die  „Bubenquelle"  in  Ems  war  eine  aufsteigende  Dusche  370.  in  Wettbewerb 
mit  Baden  trat  Bormio.  Erzherzogin  Catarina  von  Mantua,  die  Gemahlin  des  Erzherzogs 
Ferdinand  von  Österreich,  hatte  im  Sommer  1590  die  Wormser  Thermen  „der  Nach- 
kommenschaft halber"  besucht.  Quelle,  Bad  und  Zimmer,  welche  die  Fürstin  benutzt 
hatte,  hießen  von  nun  ab  nicht  mehr  das  untere  oder  das  Frauenbad,  sondern  führten 
den  Namen  „der  Erzherzogin".  Nach  Abbruch  desselben  erhielt  die  Quelle  den  Namen 
„Frauenheii"23  Die  Kur  der  hohen  Frau  hatte  übrigens  insofern  nur  Erfolg,  als  sie 
ihren  Gemahl  in  Zukunft  mit  drei  Mädchen  beschenkte  38  Bormio  aber  kam  in  Ruf  und 
hieß  1616  bei  den  Deutschen  das  Weiberbad  59 

Der  Erfolg  dieser  Kuren  wurde  Jahrhunderte  hindurch  in  nicht  mißzuverstehender 
Weise  weniger  der  Wirkung  des  Wassers  zugewiesen.  Darf  man  auch  Poooio  327^  Mur- 
ner 3i,  Guler59  Merveilleux  385  nicht  ernst  nehmen,  so  sagt  doch  der  glaubwürdige 
Phries,  daß  zu  „Marckgrauenbaden"  ein  Priester  bei  vielen  Frauen  im  Spiele  gewesen 
wäre 386   Im  Liebenzeller  Badhause  befand  sich  1748  unter  einem  Gemälde  der  Spruch: 

„Auf  ein  Zeit  hat  ein  Mann  ein  Weib,  Riet):  itir,  daß  sie  zog  in  dies  Bad. 

Die  liebt  er  als  sein  eigen  Leib.  Das  Weib  zog  hin  auf  des  Mannes  Rath. 

Weil  sie  ihm  aber  kein  Kinder  gab  Weiß  nicht  wie  es  gieng,  gut  war  die  Stund 

So  bekümmert  er  sich  hefftig  darab,  Schwanger  ward  das  Weib,  die  Magd  und  der 

Hund"3'2. 

Man  schob  überhaupt  gern  den  Frauen  ein  besonderes  Bedürfnis  einer  Badereise  zu. 

In  einem  die  deutschen  Mineralbäder  in  Kupferstichen  darstellenden  Werke  aus  dem 

17.  Jahrhunderte  finden  sich  die  Verse: 

„Der  Mann  schafft  Tag  und  Nacht,  badet  in  seinem  Schweiß, 
Alles  die  Frau  verzehrt  in  ihrem  Bad  mit  Fleiß"  ^s'. 

Tatsächlich  machten  auch  einige  Bräute  in  ihrem  Ehekontrakt  eine  Badenfahrt  aus. 
In  einem  solchen,  datiert  Wien,  September  1762,  „begibt  sich  im  VII.  Punkte  der  Bräuti- 
gam Herr  Anton  Waltoner:  gwester  Bräumeister:  hierin  iedes  Widerspruches  gegen 
seine  zukünftige  Eheliebste,  die  ehrsame  Jungfrau  Appolonia  Molin:  War  auch  Sach 
dass  sie  wollt  alljährlich  in  ein  Badt  fahren  so  soll  das  geschehen  unverwerth"  i6.  Der 
Brauch  wird  auch  von  den  Frankfurterinnen  für  Schwalbach  407  den  Züricherinnen  für 
Baden  448  angegeben,  doch  sind  die  Quellen  nicht  glaubwürdig. 

Im  16.  Jahrhundert  hatte  man  eine  hohe  Meinung  von  den  Mineralbädern.  Martin 
RuLANDUS  sagt  1568:  „Nach  dem  bißherkein  Artzneney  erfunden  noch  erdacht  worden 
zu   erhaltung  der  gesundtheit,  vnd  zur  heylung  yeder  vnd  aller  kranckheit  des  leybs, 


Die  Badeärzte 


279 


ohne  allein  das  wasser  vnd  Wasserbäder ist  schier  kein  kranci<heyt,  sie  sey  an 

Jungen  oder  allten  ieuten,  Weybern  oder  Männern,  welliche  durch  dise  vnsere  Wasser- 
bäder nicht  möge  geheylet  werden  ...  So  seind  die  Bäder  auch  in  bösen  vnnd  vnheyl- 
samen  kranckheyten  die  letzte  vnd  beste  hilff  vnnd  Zuflucht.  Dann  welliche  kranckheyt 
durch  ärtzeney  nicht  können  geheylet  werden,  heylen  dieselbigen  die  Bäder,  so  maus 
recht  thüt  brauchen."  Ruland  ist  aber  kein  einseitiger  Verehrer  der  Bäder,  bei  jedem 
gibt  er  eingehend  die  Oegen- 
anzeigen  des  Gebrauches  an400. 
Auch  Sytz  sagt,  daß  etliche  in 
den  Wildbädern  Gehör,  Gesicht, 
Geschmack  verloren  hätten,  an- 
dere lahm  geworden  seien,  wie 
er  selbst  vielfach  gesehen  375. 
Leute,  die  gesund,  oft  nur  zum 
Vergnügen  ins  Wildbad  zogen, 
gingen  häufig  als  Kranke  wieder 
heim.  Natürlich  gab  es  neben 
den  Vergnügungssüchtigen  auch 
wirkliche  Kranke,  man  muß  aber 
doch  recht  mißtrauisch  gewesen 
sein.  Als  1583  drei  Männer  von 
Weil  an  der  Wiesen  das  Luthern- 
bad  bei  Willisau  besuchten, 
brachten  sie  ein  Zeugnis  mit,  daß 
sie  wirklich  zur  Pflege  der  Ge- 
sundheit kämen  und  nicht  in 
betrügerischer  Absicht  Frau  und 
Kinder  verlassen  hätten,  mit  der 
Bitte,  „sie  dieses  göttliche  Ge- 
schenk genießen  zu  lassen"  38 

Für  Kranke  war  besser  als 
früher  gesorgt.  Die  besuchteren 
Badeorte  hatten  jetzt  selbst  oder 
in  benachbarten  Städten  Ärzte.  1578  war  der  Baseler  Professor  Pantaleon  zum  fünf- 
undzwanzigsten Maie  in  Baden  (Schweiz)  35.  In  kleinen  Bädern  war  meist  der  Verwalter 
oder  ein  Bader  und  Schröpfer  der  Ratgeber  der  Kranken,  falls  sich  nicht  fahrende  Ärzte, 
zumeist  Juden,  am  Orte  aufhielten,  die  sich  der  höchsten  Mißgunst  der  damaligen 
Ärztewelt  erfreuten  35.  375.  324.  Blondel  in  Aachen  (Abb.  119)  war  der  bedeutendste 
Badearzt  des  17.,  Marcard  in  Pyrmont  der  des  18.  Jahrhunderts. 

Vornehme  Patienten  brachten  ihren  eigenen  Arzt  mit.  1562  begleitete  Günther  von 


Abb.   119.    Franz  Blondel  d.  Ä.,  Badearzt  in  Aachen. 

Kupfer  aus:  Erklärung  deren  heylsamen  Badt- und  Trinck- 

wässeren  zu  Aach.    Aachen,  1688. 


280  Bäder  für  Vornehme  /  Karlsbad  /  Plombieres  /  Wiesbaden 

Andernach  den  Grafen  Philipp  den  Älteren  von  Hanau  nach  Pfäfers  388  Herzog  Wil- 
helm von  Sachsen  bat  1476  den  Kurfürsten  Ernst  um  den  Doktor  Hildebrand,  damit 
dieser  ihn  ins  „Wiltbad  zu  Sv\/arzwald"  begleitet  1593  war  Fabricius  Hildanus  mit 
einem  Edelmann  in  Aachen,  1610  mit  dem  Fürsten  Radziwill  in  Pfäfers  22  Der  Arzt 
leistete  dann  seinem  Patienten  im  Bade  Gesellschaft,  so  der  Baseler  Professor  Pantaleon 
1575  dem  Markgrafen  Georg  Friedrich  von  Brandenburg  35. 

Für  vornehme  Personen  hatte  man  besondere  Bäder,  die  dementsprechende 
Namen  führten,  die  nach  den  verschiedenen  Personen,  von  denen  sie  benutzt  wurden, 
sogar  umgeändert  wurden.  So  erhielt  das  erwähnte  Bad,  das  Markgraf  Georg 
Friedrich  von  Brandenburg  benutzt  hatte,  den  Namen  Markgrafenbad,  vorher  hieß 
es  Bischofsbad.  Teplitz  hatte  1607  sein  Herzogenbad,  das  durch  einen  Gang  mit 
dem  Schlosse  verbunden  war2ö4  i607  hieß  es  das  Kurfürstenbad  si,  1733  das  kur- 
fürstliche oder  fürstliche  Bad.  Es  wurde  möbliert,  wenn  fürstliche  Personen  an- 
wesend waren,  sonst  durfte  es  nur  von  Standespersonen,  nicht  von  gemeinen 
Leuten  benutzt  werden  447.  Das  Wildbad  hatte  vom  16.431  bis  ins  IQ.  Jahrhundert 
sein  Fürstenbad.  In  diesem  durfte  1758  niemand  baden,  er  habe  denn  bei  der 
fürstlichen  Rentkammer  darum  angehalten  und  einen  Befehl  deswegen  an  den  Vogt 
bekommen.  Um  die  Edaubnis  suchten  meist  Frauen  nach.  Die  Fürsten  selbst  und 
die  Grafen  benutzten  es  nicht,  sondern  badeten  lieber  im  Herrenbad  332  Der  Augs- 
burger Großkaufmann  Lucas  Rem  wieder,  dem  seinem  Stande  gemäß  im  Wildbad  das 
Herrenbad  zukam,  zog  1521  das  gemeine  große  Bad  vor,  nachdem  er  vierzehn  Tage  „im 
hern"  gebadet  hatte,  „um  daz  (es)  wermer  und  mer  geselschaft  was".  1525  badete  er 
seine  Kur  von  hundertsiebenundsiebzig  Stunden  im  „großen  hernbad"  und  nur  wenige 
davon  im  „clainen  hern  bedlin"  ab  265. 

Die  meist  im  oberen  Deutschland  erschienenen  Badebücher  behandeln  nur  die  dort 
gelegenen  Bäder.  1572  gab  ein  Anhänger  des  Paracelsus,  Thurneisser,  ein  nach  Fluß- 
läufen geordnetes  Werk  über  die  deutschen  Bäder  heraus,  das  erste,  das  auch  eingehend 
Norddeutschland  berücksichtigt  und  420  Folioseiten  umfaßt  390. 

Von  einzelnen  Bädern  erfahren  wir  im  16.  Jahrhundert  folgendes.  Karlsbad  war 
1591  nach  dem  Berichte  des  Nürnberger  Kaufmanns  Paumgarten  ein  „sehr  spröhttes 
wiildbad,  da  umbs  geltt  doch  garnichtts  zu  bekommen,  schier  weder  weyn  noch  bier 
allhie  hatt"  248.  Trotzdem  war  es  zur  Zeit  von  Fürstlichkeiten  auch  aus  der  Ferne  be- 
sucht, z.  B.  dem  Markgrafen  von  Brandenburg,  dem  Herzog  von  Pommern  und  dem 
von  Mecklenburg  391.  Das  französische  Plombieres  (Abb.  120)  wurde  von  den  Elsässern 
fast  ausschließlich  benutzt,  daß  Pictorius  1560  seine  Landsleute  darauf  aufmerksam 
machte,  es  gäbe  auch  nützliche  Bäder  im  deutschen  Land,  es  ist  „nit  alles  mit  dem  Bad 
Plummers  außgericht"  i52.  Wiesbaden  war  nach  Ryff  „allenthalben  vast  (sehr)  wol 
bekant"  48.    Philipp  von  Allendorf  erwähnt  es  1535  in  der  Judenbadstub : 

„Man  sagt  mir  vil  von  dem  Wißbad 
Wes  es  eym  fast  im  seci<el  schad"234 


Plombieres 


281 


Abb.  120.    Balneum  Plummers  (Plombieres).    Holzschnitt  aus :  Conradus  Oesnerus,  De  Thermis 
Qermanicis.    In :  De  Balneis.    Venetiis  (Venedig)  apud  Juntas.    1553. 


282 


Aachen  /  Gastein  /  Wildbad  /  Schwalbach 


Über  das  berühmt  warm  Bad  bei  Ach  (Aachen)  geht  Ryff  hinweg,  „dieweyl .... 
dasselbig  dieser  zeyt  mehr  zum  lust  dann  zu  der  gesundheyt  gebraucht"  wird  48. 

Im  Jahre  1534  i<am  Pfalzgraf  Philipp,  Fürst  und  Herr  am  Rhein,  am  Tage  Bartholomay 
mit  sechzig  Pferden  nach  Gastein  (Abb.  121),  badete  sieben  Wochen  und  wurde  gesund. 
Im  Jahre  1 537  zwischen  Ostern  und  Pfingsten  kamen  Ott  Heinrich  Pfalzgraf  und  sein  Vater 
Friedrich  mit  zwanzig  Wagen  und  fünfzig  Pferden  344  Man  hat  diese  Badefahrten  als 
besonders  pompös  betrachtet,  was  sie  jedoch  nicht  waren.  Zur  Mitführung  der  nötigen 
Haushaltungsgegenstände  brauchte  man  reichliches  Transportmaterial,  und  außerdem 
waren  die  Straßen  unsicher.  Als  der  Augsburger  Kaufmann  Lucas  Rem  am  12.  Septem- 
ber 1535  Wildbad  verließ,  nahm  er  auf  eigene  Kosten  wegen  Straßenräuberei  „fil  folck, 
glait,  Reiter,  fuosknecht"  mit  sich.  1538  zog  er  „im  Frankfurter  grossen  glaitt"  heim  265. 


Abb.  121.  Bad  Qastein  im  17.  Jahrhundert.  Gleichzeitiger  Stich. 
Daß  Vorsicht  geboten  war,  geht  aus  folgendem,  jauchjsonst  interessanten  Bericht  über 
die  Badereise  des  Kurfürsten  August  von  Sachsen  hervor,  die  1584  zustande  kam.  Im 
Rat  der  Leibärzte  hatte  Dr.  Paul  Luther  „den  Sauerbrunnen,  eine  Meile  von  Friedland 
gelegen"  (jetzt  Bad  Liebenwerda),  in  Vorschlag  gebracht,  wohin  viele  fremde  Leute 
gingen  und  von  dem  man  einige  Fäßlein  hatte  kommen  lassen.  Allein  die  anderen  Ärzte 
gaben  Schwalbach  den  Vorzug.  Sie  wünschten  vorerst  genau  zu  wissen,  ob  Leute  in  des 
Kurfürsten  Alter  (siebenundfünfzig  Jahre)  und  die  an  Wassertrinken  nicht  gewöhnt  seien, 
solchen  Brunnen  zumal  nüchtern  vertragen  könnten.  Der  Kurfürst  schrieb  im  April  1583 
an  die  Landgrafen  Wilhelm  von  Hessen-Kassel  und  Philipp  von  Hessen-Rheinfels,  erhielt 
auch  von  ersterem  ein  Regiment  (Anweisung),  welches  ihm  sein  Bruder  Ludwig  ge- 
geben, der  den  Brunnen  mehrmals  gebraucht  hatte.  Die  befreundeten  Fürsten  meinten, 


Schwalb  ach  /  Griesbach  /  Göppingen  283 

daß  sich  der  Kurfürst  im  Dorfe  Langenschwalbach  nicht  werde  behelfen  können,  weil 
die  Gelegenheit  da  gar  zu  geringe  und  enge  sei.  Im  Frühling  1583  wurde  deshalb  der 
kurfürstliche  Furier  Neumann  abgeschickt,  um  „ein  bequem  Losament"  auszumachen. 
Er  kam  im  Herbst  nach  unermüdlichem  Nachforschen  in  Langenschwalbach  an  und 
meldete,  daß  „solch  Fieckiein  gar  übel  gebauet,  hat  also  geringe  und  arme  Leut,  seint 
eitel  Tuchweber",  das  Rathaus  habe  nur  eine  Stube,  sei  übel  verwahrt  und  allenthalben 
offen,  es  solle  sich  auch  allerlei  loses  Gesindel  allda  aufhalten.  Neumann  entdeckte  auf 
seiner  Erkundigungsfahrt  auch  einen  Ort,  genannt  Wiesbad  (Wiesbaden).  Dort  sei  gute 
Unterkunft  und  Schloß  und  Stadt  wohl  verwahrt,  er  habe  auch  ein  Bad,  das  könnte  der 
Kurfürst  gebrauchen  oder  von  da  aus  Schwalbach  besuchen.  Dem  Furier  gefiel  aber 
auch  das  Schloß  des  Kurfürsten  von  Mainz  zu  Ellfeld  odef  Eltvil,  der  Hauptstadt  des 
Rheingaus,  und  er  glaubte,  das  Wasser  könnte  täglich  von  Schwalbach  geholt  werden, 
indem  man  in  den  dazwischen  liegenden  Dörfern  die  Träger  wechsele.  Der  Kurfürst 
von  Mainz  lud  darauf  den  Patienten  ein,  in  seinem  Schloß  zu  wohnen,  und  erst  im  Mai 
1584  wurde  die  Reise  angetreten  mit  einem  Troß  von  zweihundertundneun  Pferden  und 
sechzehn  Leibpferden  des  Kurfürsten.  Nach  achtzehn  Tagen  langte  der  Kurfürst  an  der 
hessischen  Grenze  an,  wo  er  vom  Mainzer  bewaffneten  Geleit  empfangen  wurde  3^8 

Ein  ganz  anderes  Urteil  fällte  1580  Tabernaemontanus  über  Schwalbach :  „So  findet 
man  auch  zimliche  gute  Herberg  die  von  tag  gebessert  werden.  Zu  dem  hat  es  gute 
trewhertzige  Leuth  daselbst,  die  menniglich  vmb  billiche  belohnung  zur  Hand  gehen 
vnnd  dienen,  also  daß  niemands,  der  sich  benügen  lassen  will,  zuklagen  hat."  Auf  die 
Seh walbacher  Sauerbrunnen  machte  1568  ein  Bauer  den  Bruder  des  Erzbischofs  von 
Mainz  „Philipsen  Brendeln  von  Homburgk  Vitzthumb  zu  Meyntz"  als  ein  besonders 
mildes  Sauerwasser  aufmerksam,  nachdem  diesem  die  Kur  in  Göppingen  nicht  gut  be- 
kommen war.  Tabernaemontanus  untersuchte  die  Brunnen  und  erklärte,  einer  derselben, 
der  Weinbrunnen,  sei  „der  edelst,  allerbest  vnd  heylsameste  vnder  allen  andern  Sauwer- 
brunnen  die  mir  noch  vorkommen  sind".  Darum  gab  er  ihm  den  ersten  Platz  in  seinem 
Neu-Wasserschatz  324  >x^ie  gut  die  Reklame  zog,  zeigt  der  Besuch  des  Kurfürsten  von 
Sachsen.  Trotzdem  blieb  der  Weinbrunnen,  als  man  ihn  fassen  wollte,  aus  und  mußte 
durch  fleißige  Arbeit  und  anhaltendes  Gebet  wieder  gesucht  werden  379. 

Tabernaemontanus  machte  auch  auf  einen  zweiten,  bis  dahin  unbekannten  Sauer- 
brunnen, den  zu  Greißbach  (Griesbach)  aufmerksam,  den  Georg  von  Schauenburg  ge- 
funden und  gebraucht  und  danach  hatte  fassen  lassen  (Abb.  122).  Er  wurde  bald  sehr 
bekannt.  Zu  Anfang  des  17.  Jahrhunderts  gab  Fabricius  Hildanus  dem  Berner  Bürger- 
meister Anton  von  Grafenried  Anweisung,  wie  er  den  Brunnen  gebrauchen  solle  22 
1606  trank  man  ihn  in  Baden-Baden  neben  dem  näher  gelegenen  Petersthaler,  der  aber 
aller  zwei  bis  drei  Tage  frisch  geholt  werden  mußte  362 

Im  höchsten  Rufe  stand  im  16.  Jahrhundert  der  Sauerbrunnen  von  Göppingen. 
Schon  1404  wurde  der  Schwalbronnen  zum  Lehen  gegeben  70.  Der  erste  bekannte  Kur- 
gast war  Graf  Eberhard  IIL  von  Württemberg,  der  1417  während  einer  Sauerbrunnenkur 


284 


Oöppingen  /  5/.  Moritz 


dort  starb  i54  Das  Oöppinger  Wasser  hatte  eine  ganz  besondere  Eigenschaft;  es  trieb 
das  eingenommene  Gift  aus  und  verzehrte  es.  Unter  anderem  wurde  auch  Herzog 
Christoph  von  Württemberg,  dem  während  seines  Aufenthaltes  in  Franl<reich  Gift  ge- 
reicht sein  sollte,  nach  mehrjährigen  Kuren  in  Göppingen  von  den  Folgen  geheilt  324 
In  den  achtziger  Jahren  des  17.  Jahrhunderts  erbaute  man  ein  neues  Gast-  und  Bade- 
haus. Damals  wurde  dem  Göppinger  Sauerbrunnen  die  erste  Stelle  durch  den  von 
Jebenhausen  streitig  gemacht,  den  man  den  Edelmann  nannte  und  den  Göppinger  nur 
den  Bürger;  der  Überkinger  erhielt  bei  diesem  Vergleich  wegen  seiner  „Rase"  (Schärfe) 


Abb.  122.    Bad  Qriesbach  im  Rauchtale.    Kupfer.    18.  Jahrhundert. 

die  Bezeichnung  Bauer.  1839  war  Göppingen  aufs  äußerste  heruntergekommen;  es 
fanden  sich  nur  noch  wenige  Gäste.  Der  Versand  von  Wasser  war  unbedeutend,  wäh- 
rend vorher  ganze  Schiffsladungen  nach  Wien  gegangen  sein  sollten.  Eine  der  Quellen 
wurde  damals  durch  eine  ganz  in  der  Nähe  angelegte  Dunggrube  zugrunde  gerichtet  '54. 
Paracelsus  bespricht  im  Baderbüchlein  Göppingen  als  ersten  Sauerbrunnen,  setzt 
den  „jm  Growen  pundt"  (St.  Moritz)  ihm  gleich,  fügt  aber  noch  hinzu,  der  in  Grau- 
bünden sei  edeler374.  im  Schreiben  über  die  tatarischen  Krankheiten  sagt  er:  „Ein 
acetosum  fontale,  das  ich   für  alle  so  in  europa  erfaren  hab,  ist  in  Engiodin  zu  S. 


St.  Moritz  I  Lenk  285 

Mauritz"  681,  und  Adam  von  Bodenstein  schreibt  1576:  „Was  soite  ich  sagen  vom 
brunnen  im  Bundt,  der  also  säur  und  i<reftig?"89  Tabernaemontanus  l<annte  das 
Wasser  aber  nur  vom  Hörensagen  (1580).  Vielleicht  wurde  es  zur  Zeit  gar  nicht  benutzt; 
denn  1570  hatte  das  Hochwasser  des  Inns  die  Quellen  verschüttet.  Nach  der  Neu- 
fassung kam  das  Mineralwasser  wieder  in  Aufnahme,  besonders  in  Italien  hatte  es 
großen  Ruf  und  wurde  weithin  versandt.  Der  italienische  Arzt  Malcarida  dichtete 
1650  Sonette  auf  die  Quelle,  die  sich  von  der  damaligen  schwülstigen  deutschen* 
Quellenpoesie  vorteilhaft  abheben,  deren  zweite  in  deutscher  Übersetzung  lautet: 

„Wie  Blumen,  wenn  sie  trinken,  frisch  erstehen,    Wie  wunderbar!  Das  Eisen,  sonst  so  tödhch. 
So  muß  durch  diese  Quelle  neues  Lebens  Das  leichte  Gas,  sonst  von  so  kurzer  Dauer, 

Auch  jedes  schwache  Alter  wieder  blühen.  Hier  helfen  beide,  daß  der  Mensch  nicht  sterbe." 

1670  ließ  die  Gemeinde  von  St.  Moritz  als  Besitzerin  der  Quelle  einige  Arbeiten  zur 
besseren  Benutzung  ausführen  und  verpachtete  sie  an  mehrere  Einwohner.  Aus  Ober- 
italien trafen  immer  mehr  vornehme  Kranke  ein,  1697  der  Herzog  Amadeo  von  Savoyen, 
16QQ  der  Herzog  von  Parma.  Um  diese  Zeit  wurde  der  Brunnen  auch  von  Deutschen 
besucht.  Jedoch  durch  die  napoleonischen  Kriege  und  die  Oleichgültigkeit  der  Ein- 
wohner trat  eine  Vernachlässigung  der  Quelle  ein^o.  1811  schrieb  der  Züricher  Leut- 
priester  Johann  Ludwig  Meyer:  „Die  Celebrität,  die  dies  heilsame  Wasser  hat,  könnte 
den,  der  sich  noch  nie  an  der  Stelle  befand,  leicht  vermuten  lassen,  da  wo  es  der  Erde  ent- 
quillt, eine  Menge  schöner  und  geräumiger  Wohnhäuser  zu  finden.  Aber  wie  sehr 
würde  er  sich  in  seinen  Erwartungen  getäuscht  sehen,  wenn  er  dorthin  versetzt,  statt 
der  gehofften  bequemen  Oebäude,  in  dem  kleinen  Tale  nichts  als  ein  Häuschen  er- 
blickte, dessen  Außenseite  und  innere  Einrichtung  alle  Begriffe  von  Armseligkeit  über- 
steigt! Und  doch  verhält  sich  die  Sache  nicht  anders.  Oerade  da,  wo  zum  Behufe  der 
Kurgäste  gut  eingerichtete  Absteigquartiere  stehen  sollten,  finden  sie  nichts,  als  jene 
elende  Hütte,  nach  der  sie,  so  lange  die  Kurzeit  dauert,  täglich  bei  jeder  Witterung  zu 
wandeln  gezwungen  sind.  Das  Erdgeschoß  dieser  baufälligen  Hütte  ist  in  zwei  ungleiche 
Hälften  abgeteilt;  die  größere  ist  ein  halboffener  Stallraum  ohne  Bahre  und  Krippe,  in 
den  nur  die  kleinere  Anzahl  der  Pferde,  welche  die  Brunnengäste  mit  sich  führen  müssen, 
zur  Not  eingestellt  werden  kann  ....  Die  kleinere  Hälfte  ist  für  das  eigentliche  Trink- 
zimmer (Abb.  123)  bestimmt.   Hier  sprudeln  drei  stärkere  und  vier  schwächere  Quellen 

*  Aus  der  deutschen  Literatur  sei  als  Ausnahme  Albrecht  von  Hallers  Gedicht  über  die  Leuker 
Thermen  hervorgehoben: 

„Im  Mittel  eines  Thals  von  Himmel-hohem  Eise, 

Wohin  der  wilde  Nord  den  kalten  Thron  gesetzt; 

Entsprießt  ein  reicher  Brunn  mit  siedendem  Gebräuse, 

Raucht  durch  das  welke  Gras,  und  sänget  was  er  netzt. 

Sein  lauter  Wasser  rinnt  voll  flüssiger  Metallen, 

Ein  heilsam  Eisensalz  vergüldet  seinen  Lauf: 

Ihn  wärmt  der  Erde  Gruft,  und  seine  Fluten  wallen 

Vom  innerlichen  Streit  vermischter  Salze  auf. 

Umsonst  schlägt  Wind  und  Schnee  um  seine  Flut  zusammen. 

Sein  Wesen  selbst  ist  Feu'r  und  seine  Wellen  Flammen"  ^s". 


286 


St.  Moritz  I  Pyrmont 


Abb.   123.    Der  Sauerbrunnen  zu   St.  Moritz   im   Ober-Engadin. 

Kupfer    aus    dem:    Neujahrsoeschenk    der    Gesellschaft    zum 

schwarzen  Garten.    Zürich,  1811. 


zwischen  den  mit  Eisenocker 
überzogenen  Steinen ,  und 
sammeln  sich  in  einer  aus 
rohen  Granitplatten  beste- 
henden Einfassung  von  etwa 
drei  Schuh  in  das  Gevierte, 
um  welche  herum  in  einem 
so  engen  Raum,  daß  kaum 
vier  Personen  in  die  Tiefe  zu 
stehen  kommen,  die  Kurgäste 
sich  zudrängen,  um  entweder 
von  dem  bestellten  Aufseher 
sich  ihre  Gläser  und  Gläs- 
chen aus  einer  eisernen  Kelle 
füllen  zu  lassen,  oder  sich 
tief  herunterbückend  selbst 
sie  zu  füllen,  um  die  fixe  Luft  besser  beisammen  zu  halten."  Über  dem  Pferdestall 
befand  sich  ein  Raum  zum  Aufenthalt  der  Kurgäste  bei  schlechtem  Wetter  mit  fenster- 
losen Lichtöffnungen  und  zwei  Kaminen,  durch  die  der  Wind  den  Rauch  ins 
Zimmer  blies.  Ein  italienischer  Graf  bot  aus  Dankbarkeit  für  seine  Genesung  Geld 
zum  Bau  eines  Gasthauses  bei  der  Quelle  an,  die  St.  Moritzer  wollten  von  keiner 
Änderung  wissen  444  Noch  später  behaupteten  sie,  der  Mineralquell  sei  ihnen  mehr 
schädlich  als  nützlich  36o.  |814  überrumpelte  aber  die  jüngere  Gemeinde  die  Alten,  als 
diese  in  Tirano  den  Viehmarkt  besuchten,  und  beschloß  eine  Innkorrektion,  die  1815 
bereits  vollendet  war,  wodurch  Quelle  und  Dorf  mit  einer  Fahrstraße  verbunden  wurden. 
1831  pachtete  eine  Aktiengesellschaft  die  Quelle,  von  der  aus  die  ersten  Gebäude  bei 
derselben  errichtet  wurden  90. 

Weit  mehr  von  des  Schicksals  Gunst  und  Ungunst  beeinflußt  war  der  Brunnen  zu 
Pyrmont.  Wollte  man  im  16.  Jahrhundert  die  Güte  eines  Sauerbrunnens  hervorheben, 
verglich  man  ihn  mit  Göppingen,  im  18.  und  im  Anfang  des  19.  mit  Pyrmont,  daneben 
auch  wohl  noch  mit  Spa  und  Schwalbach,  und  doch  sagt  das  Journal  des  Luxus  und 
der  Moden  von  1800,  der  Pyrmonter  Trinkbrunnen  eigne  sich  gar  nicht  zum  Verschicken, 
an  der  Quelle  selbst  sei  er  nach  langem  Regen  von  gewöhnlichem  Wasser  kaum  zu 
unterscheiden.  Seit  der  Erwähnung  durch  Henricus  de  Hervordia  im  Jahre  1350 
haben  wir  keine  Nachricht  von  einem  Brunnen  zu  Pyrmont.  Da  ging  plötzlich  1556  die 
Kunde  von  einem  Wunderbrunnen  in  der  Grafschaft  Spiegelberg  durch  ganz  Europa. 
Die  erste  gedruckte  Nachricht  davon  gab  Metobius,  die  als  Beispiel  derartiger  Schriften 
hier  vollständig  wiedergegeben  werden  soll. 

„Beschreibung  des  newen  gefundnen  Brunnens,  in  welchem  der  allmechtig  Gott  täg- 
lich seine  gaben  vnnd  guthat  reichlich  den  menschen  erscheinen  laßt,  deßgleichen  vor 


I 


Metobius'  Schliff  über  Pyrmont  von  1556 


287 


nie  erhört.  Vnnd  ist  der  selb  Brunn  gelegen  in  der  Oraffschafft  Speygelberg  zwo  meil 
wegs  von  Hamelen,  an  dem  fluß  Weser  gelegen. 

Diser  Brunn,  gelegen  inn  der  Oraffschafft  Speygelberg,  zwo  meil  wegs  von  Hamelen 
an  dem  fluß  Weser,  ist  vngeferd  bey  dreyhundert  Jaren  auch  in  grosser  krafft  vnnd  würde 
gewesen,  also  das  er  dazemal  eben  als  yetz  grosse  kranckheiten,  lammen  vnnd  tauben 
genert  hat. 

So  ist  inn  dem  der  Herr  derselben  Oraffschafft  zu  gefaren,  hat  den  Brunnen  lassen 
eynfassen,  vnd  allda  von  dem  wasser  Tribut  oder  zinß  geheyschet,  so  ist  in  dem  das 
wasser  verschwunden  vnnd  gantz  vnnd  gar  der  Brunn  versigen,  biß  auff  den  yetzigen 
Mertzen  diß  56.  Jars,  da  hatt  der  Brunn  seinen  fluß  wider  bekommen,  auch  sein  vorige 
würckung  vnd  tugent  durch  die  krafft  Oottes  wider  erzeigt. 

Die  Vögel  in  lüfften,  auch  andere  vierfüssige  thier,  die  ab  disem  wasser  trincken, 
sterben  dahin,  als  ob  sy  vergifftet  weren.  Vnnd  das  vernimpt  ein  armer  eilender  gsüch- 
tiger  mann,  der  tag  vnd  nacht  kein  rhu  hat,  gedacht  vor  grossem  schmertzen,  du  wilt 
auch  ab  disem  wasser  trincken,  so  stirbst  auch  gleich,  wie  die  thier  vnd  vögel, 
vnnd   kompst  also  deiner  marter,  angst  vnd  not  ab.    So  er  nun  hingat,  vnd  des 


wasser  trinckt  wirt  es 
etwas  besser  vmb  jn. 
Vnd  gedenckt  in  jm 
selbs.  Du  wilt  noch  mee 
von  dem  wasser  trincken, 
villeicht  wirdt  es  noch 
besser.  Vnd  trinckt  des 
Wassers  ein  Zeitlang,  we- 
schet  auch  sein  gantzen 
leib  darmit.  Oenist  aller 
dingen,  veriaßt  seine 
krucken,  lobet  Oott  den 
Herren,  vnnd  fart  dahin. 
Wölches  er  nun  kundt  hat 
gethan  yederman.  Vnnd 
ist  yetz  so  ein  grosses 
zulauffen  dahin  von  allen 
orten  vnnd  enden,  von 
den  armen  krüppelen, 
lamen,  tauben,  blinden,vnd 
besessenen  menschen,  ja 
auch  was  sie  für  kranck- 
heiten haben,  das  man 
nicht    herberg   noch    be- 


Mttfbrig  (BotttÄglid?  fcuie  gaben  vnnb  gutb<»ttr<fd?It(ö 

•■— mmfdjmctfd?crttenIagt/bcßalctd)crt»ot;ntc  tvhi  "' 

IChm^  ifl  betfclh  "S^tunn  gelegen  in  bct  (ßra(f^ 


von  t>Amclen/<m  bcm  fuß 
ÖJcfetgelegm. 


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Abb.  124.  Titelholzschnitt  zu:  Metobius'  Schrift  über  Pyrmont.    1556. 


288  Metobius'  Schrift  über  Pyrmont  von  1556 

hausung  gnug  mag  haben,  sonder  machen  alda  vff  dem  feld  hütten,  gleich  wie  in  einem 
läger. 

Nit  weit  vonn  dem  Brunnen  ligt  ein  Closter,  weiiiche  Münch  vor  mangel  vnd  armüt 
entlauffen  müssen,  dann  sie  von  den  den  armen  leüten  überfallen  werden  mit  almüsen 
geben:  vnd  haben  sich  selbs  dermassen  eröset,  das  sie  kein  bleibens  mee  allda  haben. 

Erstlich  von  der  gestalt  des  Wassers.  Der  Brunn  ist  metallisch  vnnd  säur,  vnd  hat 
mehr  Oker  bey  sich,  dann  sunst  einig  andere  bewerte  Ertze. 

Die  gele  färb,  so  bey  vnd  in  dem  Brunnen  ist,  vnd  erfunden  wirt,  wirt  vff  Latin 
Ocera  genennt,  vnnd  auf  Teütsch  gelber  Oker,  vnd  ye  gelber  dasselbe  in  vnnd  bey  dem 
Brunnen  ist,  dester  krefftiger  das  wasser  ist. 

Diser  Brunn  ist  von  Gott  mit  nachfolgenden  fugenden  reichlich  begäbet. 

Erstlich  hat  er  die  krafft,  das  daß  Wasser  zu  zeucht,  wem  die  Zeen  loß  schwach 
vnnd  offen  sein,  auch  das  Paralysis,  Podagra,  Gelsucht,  Oegicht,  Hilgedinck  hierinnen 
gebadet,  machet  die  seenen  ädern,  vnnd  das  fleisch  gut,  offne  schaden  heilet  es  auß 
dem  grund,  vnd  machet  sie  rein. 

Dioscorides  in  lib  V.  cap.  58.  schreibt  das  Oker  des  Brunnen  krafft  sey,  das  da 
zu  zeucht,  zu  bindet,  vertreibt  vnd  abbeisset  die  überein  vnnd  andere  gewechß,  vnnd 
verzert  alten  leüten  jre  reüdigkeit,  vnd  andere  zufallende  kranckheit. 

Item  das  Wasser  mit  Oker  vnd  gelben  wachs  vermischet,  füllt  die  wunden,  mit  newem 
fleisch.  Die  Gelsucht,  Gegicht,  Podagra  verzeret  es  an  henden  vnd  füssen. 

Jungen  starcken  leüten  schadet  es  nicht  getruncken :  dieweil  es  aber  ein  nagende  vnd 
beissende  krafft  hatt,  beschediget  es  die  Derm.  Welcher  zum  Colera  geneigt  ist,  das 
ist,  der  gech  zornig  ist,  der  drinck  es  nicht. 

Der  Leib  gepurgiert,  vnd  darnach  gebadet,  vertreibt  vnd  heilet  die  Rud,  den  Grind, 
vnd  böse  flüß,  Frantzosen,  vnd  alle  alte  offne  schaden  die  niemants  gneren  kan.  Auch 
schaden  die  übel  geheilet  seind  durch  vnfleiß,  beißts  wider  auff  vnd  heilets  recht. 

Man  hatt  auch  Gott  sey  lob  funden,  das  diser  Brunn  vilen  geholfen  hat,  die  etliche 
Jar  taub  vnd  blind  gewesen  sind. 

Deßgleichen  ist  befunden,  das  er  vilen  leüten  die  den  Kancker  oder  Krebs  vnnd 
Harwürm  gehabt  haben,  geholffen  hat. 

Es  ist  auch  ein  mensch  zu  disem  Brunnen  gebracht  worden,  wie  sollichs  in  der 
warheit  gesehen  vnd  glaubwirdig  befunden,  welcher  mit  dem  bösen  feind  besessen  ge- 
wesen, dem  selben  hat  man  mit  gewalt  dises  Wasser  in  den  mund  gegossen  hat  der 
böß  feind  als  bald  weichen  müssen.  Vnd  ist  der  selbig  mensch  mit  grosser  danck- 
sagung  zu  Gott,  von  dem  Brunnen  gesund  hinweg  gangen. 

Es  hat  Gott  der  Herr  durch  disen  Brunnen  vilen  menschen  geholffen,  die  alle  tage 
gesund  wider  heim  kommen,  vnd  noch  täglich  vil  mit  grossen  hauffen  dahin  ziehen, 
in  hoffnunggesundtheit  zu  eriangen.  Gott  verieihe  vns  allen  Christgleubigen  sein  genad 
vnnd  barmhertzigkeit,  Amen. 

Durch  Doctor  Borchardum  Metobium." 


Metobiiis'  Schrift  über  Pyrmont  von  1556  289 

„Diser  nachfolgender  brieff  ist  vonn  dem  Pastoren  bey  dem  Brunnen  wonhafftig 
einem  burger  auß  Lübeck  (der  da  selbst  auch  durch  die  Gottes  gnaden  seiner  kranck- 
heit  erlediget)  zugeschrieben. 

Item  zum  ersten  heilet  diß  wasser  auß  disem  Brunnen  genommen,  alle  wunden,  die 
kein  pflaster  erleiden  wollen. 

Auch  heilet  diß  wasser,  alle  wunden  so  geschossen,  gehauwen  oder  gestochen  sind. 

Item  das  wasser  heilet  auch  den  bösen  erbgrindt,  vff  dem  haupt  oder  am  leibe. 

Item  welcher  mensch  den  harwurm  hat,  vnnd  badet  darinnen  der  würdt  gesundt. 

Item  welcher  mensch  der  verkrencket  ist,  vnd  dem  die  glidmassen  steiff  vnd  ent- 
schlaffen sind,  vnd  darinnen  badet  vnd  er  trincket  von  dem  wasser,  mit  dem  wirdts 
besser. 

So  ein  mensch  gifft  bey  jhm  hett,  vnd  diß  wasser  trinckt,  vnd  badet  darinnen,  der 
wirt  gesundt.  Als  noch  ein  Fraw  von  Bylfeld  allhie  ist,  welcher  ein  Mauiworff,  ein 
Schnecken  vnd  ein  Schößlinck  abgegangen  seind. 

item  welcher  mensch  kranckheit  vnd  weetag  an  den  äugen  hat,  vnd  netzet  oder 
weschet  sie,  mit  disem  wasser,  dem  wirt  besser. 

Es  seind  auch  etlich  leüt  bey  dem  brunnen  gewesen,  welchen  nach  dem  sie  sich  mit 
disem  wasser  geweschen,  würm  auß  jren  beinen  gekrochen  vnd  gekommen  seind,  vnd 
ist  von  stund  an  besser  mit  jnen  worden. 

Item  dise  vorgemelte  puncten  zugebrauchen,  mag  ein  yeder  mensch  drey  oder  vier 
Wochen  thun,  darnach  der  schaden  groß  ist,  dann  vil  leüt  kommen  des  einen  tags  kranck 
vnnd  schwach  darzu,  vnd  gehn  des  anderen  tags  gesund  wider  hinweg. 

Auch  ist  hieher  kommen  ein  Schmidtknecht,  der  mit  einem  aug  blind  gewesen,  vnd 
hat  dasselbe  aug  drey  tag  nach  einander  mit  dem  wasser  geweschen,  vnd  darnach  sein 
gesiebt  wider  dermaß  erlangt,  das  er  allerley  Müntz  mit  dem  selbigen  aug  nun  er- 
kennen kan. 

Es  seind  auch  dahin  kommen  drey  Landtsknecht,  deren  zwen  wund  waren,  der  drit 
aber  gesund,  die  haben  sich  auch  mit  disem  wasser  geweschen,  doch  die  krafft  vnd 
würckung  des  wassers  verlacht  vnd  verspottet.  Spricht  der  ein.  Ich  muß  mein  schul- 
tern auch  weschen,  der  ander:  vnd  ich  mein  armen.  Der  gsund  spricht  auch,  muß  mich 
weschen  vileicht  wirden  ich  hübscher.  Vnd  haben  also  jr  gauckel  spil  triben  mit  der 
gaab  Gottes,  biß  das  der  ein  vnsinnig  vnd  rasend  ist  worden,  das  man  jn  hat  müssen 
an  ein  ketten  legen.  Der  ander  gar  toll  vnd  wütend,  das  man  jm  all  viere  hat  müssen 
binden.  Der  dritt  ist  mitt  dem  teuffei  besessen  worden.  Vnd  seind  also  all  drey  ver- 
dorben, von  wegen  der  Verachtung  der  gaben  Gottes. 

Zu  disem  brunnen  ist  ein  grosses  zülauffen  auß  allen  landen  weit  vnd  breit  von 
reichen  vnd  armen,  krüppelen,  vnd  lamen,  stummen  vnd  ghörlosen,  blinden  vnd  kriechen- 
den, die  alte  schaden  an  armen  vnd  schencklen  haben,  trieffende  bein  die  niemandts  on 
schaden  gstellen  kan,  die  den  Roten  schaden  haben,  weiber  die  brustwee  haben.  In 
summa,  was  doch  presthafft  ist,  kein  kranckheit  vßgenommen,  hat  alles  sein  züflucht 

Martin,  Badewesen  19 


2Q0  Wunderkuren  in  den  Bädern 

zu  disem  brunnen.  Man  find  heütigs  tags  leüt,  die  dörffen  sagen,  dz  bey  vnsern  zeiten 
der  allmechtig  Oott  nit  so  grosse  wunderwerck  und  miracklen  den  menschen  erzeigt,  als 
zun  Zeiten  Christi  seines  geliebten  süns,  nemen  die  selbige  diß  wunderwerck  für  äugen, 
so  Werdens  nit  so  vnwüssent  von  Gott  vnd  seinem  wunderwerck  reden. 

Der  brunn  ist  auch  der  art  wann  ein  krancker  dahin  geradt,  vnd  jn  das  wasser  nit 
dolen  will  so  wirffts  jn  auß,  oder  tödtet  jn  gar,  bey  dem  villeicht  ein  kranckheit  hat  gar 
überhand  genommen,  welches  doch  selten  geschieht. 

Gott  der  allmechtig  hat  den  kindern  von  Israel  vi!  gütthaten  vnd  wunder  werck  er- 
zeigt, dardurch  sie  jn  erkennen  soltfen,  aber  sie  waren  vndanckbar  vnd  murreten  wider 
den  Herren,  darumb  er  sie  straffet,  das  sie  in  der  wüste  stürben,  vnnd  jren  nit  mer  dann 
zwo  Personen  in  das  gelobt  land  kamen.  Also  ist  es  zu  vnsern  letsten  zeiten  gleich  auch  ein 
ding,  so  vns  Gott  seine  gaben  mit  wunder  wercken  erzeigt,  so  halten  wir  es  für  ein 
gspöt  oder  fabel.  Strafft  er  vns  dann  mit  plagen,  so  gat  es  sunst  niemand  zu  hertzen, 
dann  denn  (dem  ?)  es  zu  hauß  gat.  Warnet  er  vns  dann  mit  wunderzeichen  so  gat  es  nie- 
mandt  zu  hertzen,  vnnd  die  es  nit  gesehen  haben,  halten  es  für  ein  gedieht,  als  ich  acht, 
das  dise  gab  Gottes  vnd  wunderwerck,  von  vilen  verlachet  vnd  verspottet  würdt,  als  ob 
es  ein  erdicht  ding  sey,  wiewol  die  wunderwerck  heiter  am  tag  ligen,  darmit  vns  Gott 
sein  gute  vnd  barmhertzigkeit  anzeigt,  darmit  wir  erkennen  das  wir  einen  gnedigen 
vatter  haben,  vnd  sich  zu  jm  keren  vnd  jn  anrüffen  vmb  sein  gnad.  Sollichs  wöll  er 
vns  verleihen  das  wir  durch  jhn  erwerben  nach  disem  leben  das  ewig  leben,  Amen." 

Man  ist  leicht  versucht,  die  erwähnten  Wunderkuren  als  Betrug  anzusehen.  Ziehen 
wir  die  auf  Suggestion  beruhenden  ab,  bleiben  doch  noch  ein  Teil  auf  den  ersten  Blick 
für  uns  unverständliche  zurück.  Die  damalige  Generation  begnügte  sich  aber  schon, 
geringe  Besserungen  als  großen  Erfolg  anzusehen  und  als  Heilung  auszuschreien,  auch 
sah  man  mit  anderen  Augen  als  heute.  Man  betrachte  nur  die  Ungeheuer,  die  nach 
RuEFFs  Hebammenbuch  25i  oder  nach  den  Bilderbogen  der  Zeit  Menschen  geboren  haben 
sollten.  Die  Falten  der  macerierten  Haut  von  manchen  Frühgeburten  sind  fast  immer 
vom  Zeichner  so  gelegt,  daß  ein  kleines  Schwein  oder  ein  kleiner  Elefant  oder  das  be- 
rüchtigte Mondkalb  zustande  kommt.  In  Johannes  Bauhins  Abhandlung  über  das 
Bad  zu  Boll  vom  Jahre  1602  331  sind  mehrere  Petrefakten  abgebildet,  darunter  auch  ein 
Schieferstein,  der  einen  Wirrwarr  von  geflügelten  Menschen  zeigt.  Der  aufgeklärte 
Bauhin  setzt  aber  dem  Bilde  die  Worte  bei:  „Die  Menschliche  Gestallten  gehören  nicht 
hinein".  So  werden  wohl  die  von  Metobius  angegebenen  Tiere,  Maulwurf,  Schnecke 
und  Schößling  nichts  weiter  als  Blutgerinnsel  gewesen  sein.  Des  Brunnens  Pouhon 
berühmtes  Insekt  von  Spa,  das  durch  die  Nieren  ausgeschieden  wurde  (Abb.  125)  404, 
erscheint  auf  den  ersten  Blick  als  ein  Harnleitergerinnsel.  Das  Würmlein,  das  in  den 
Abhandlungen  von  Aachen  im  17.  und  18.  Jahrhundert  in  natürlicher  und  mikro- 
skopischer Vergrößerung  auftritt  409.  4io.  263^  jst  weiter  nichts  als  eine  zufällige  oder  ab- 
sichtliche Beimischung  zum  Harn.  Gewebsfetzen  wurden  häufig  als  Würmer  mit  meh- 
reren Köpfen  und  Füßen  gedeutet.    Die  Heilungen  von  Blinden  sind  sehr  vorsichtig 


Der  große  Zulauf  in  Pyrmont  1556 


291 


Abb.   125.     Inseckt  aus   den   Nieren   einer  Frauen   gekommen  durch  Würckung  derer 

Wasser  des  Pouhons.    Kupfer  aus:  Les  amusements  de  Spa:  or,  tlie  galanteries  of  the 

Spaw  in  Oermany.    London,  1745. 

aufzunehmen.  Beim  Weihenzeller  Wunderbrunnen  bestanden  sie  z.  B.  auch  darin,  daß 
jemand  ein  am  Boden  liegendes  Oeldstüci<  sehen,  ein  anderer  den  am  Finger  steci<en- 
den  Ring  erkennen  konnte  393. 

Die  Entdeckung  des  Brunnens  von  Pyrmont,  wie  sie  Metobius  schildert,  ist  eine 
Fabel.  Pyrmontanus  56  und  Büntinq  in  seiner  braunschweigischen  Chronik  392  geben 
an,  daß  1502  und  die  folgenden  Jahre  die  Gemahlin  des  Grafen  zum  Rietberg,  eine 
geborene  zu  der  Lippe,  das  Wasser  gebraucht  habe.  Selbst  wenfi  diese  Nachricht  falsch 
wäre,  erscheint  es  auffällig,  daß  das  Volk  den  Brunnen  den  heiligen  (er  lag  auch  auf  dem 
heiligen  Anger)  nannte,  also  mit  einem  Namen,  den  schon  zwei  Jahrhunderte  vorher 
Henricus  de  Hervordia  gebrauchte,  und  daß  Pyrmontanus  56  1597  den  zweiten  von 
diesem  erwähnten,  den  Brodelbrunn,  als  nichts  Auffälliges  bespricht.  Die  kleine  Schrift 
von  Metobius  veranlaßte  aber,  daß  in  den  balneologischen  Büchern  des  16.  Jahrhunderts 
vom  „Neubrunn"  die  Rede  ist.  Pyrmontanus  und  Bünting  erwähnen  auch  den  großen 
Zulauf  1556.  In  Spanien,  Frankreich,  England,  Schottland,  Norwegen,  Schweden,  Däne- 
mark, Polen,  Ungarn  und  Italien  soll  der  Brunnen  bekannt  gewesen  sein.  In  vier  Wochen 
fanden  sich  an  zehntausend  Menschen  ein.  Die  benachbarten  Dörfer  Odeßdorff  (Oß- 
dorff)  und  Holtzhausen  seien  Tag  und  Nacht  voll  von  Kranken  und  Gebrechlichen  ge- 
wesen, „daß  man  die  Behausung  vnd  was  sunsten  zur  Noturfft  bedürffens  nicht  zu- 
kommen wüste".    Die  Stadt  Lüdge,  einen  Büchsenschuß  vom  Brunnen  gelegen,  sei 


292 


Der  große  Zulauf  in  Pyrmont  1556 


dermaßen  von  kranken  Personen  hohen  und  niederen  Standes  überfüllt  gewesen,  daß 
kein  Raum  in  den  Häusern  mehr  übrig,  kein  Brot  oder  Bier  zu  bekommen  war,  und  daß 
die  Armut  große  Not  gelitten.  Während  eines  Vierteljahres  war  eine  solche  Menge 
Volks  daselbst  vorhanden,  daß  Lager  im  Holz  aufgeschlagen,  öffentliche  „Scharren", 
Fleisch-,  Bier-  und  Brothäuser  angelegt  werden  mußten.  „In  summa  es  war  gleich 
einem  f  grossen    Feldtlager"  56.  392     (Vergi.  Abb.   105,   12ö,   127.)    Oraf  Philipp  von 

^(ptmg/vonmm  i)<xüfamen'^nimm  fiit  man<^er(ep»n()ai(barefranc^atKtt/ 

wiUi}«  von  oncm  pawrf man/in  bem  Sütftmt^umb  Baytm/  bty  bem  Po:ff{)P<tlcf  (treffe»  /  ün 
tn<  D.  £j.  Dac/ ct:fitn&en)vot&cni|l> 


SwIcPfrö  hoffen. 


Abb.  126.    Bad  Walkershofen  in  Bayern  1551.    Holzschnitt  aus  einem  Fluglatt  des  16.  Jahrhunderts. 

Spiegelberg,  der  damals  zu  Pyrmont  residierte,  hatte  viel  Schaden  durch  Besuch  vor- 
nehmer Gäste,  die  den  Brunnen  gebrauchten.  Anwesend  waren  unter  anderen  Frau 
Hedwig,  des  Kurfürsten  Joachim  zu  Brandenburg  Gemahlin,  Frau  Catharina,  Herzog 
Johann  Ernsten  zu  Sachsen  auf  Coburg  Gemahlin,  Graf  Conrad  zu  Teckelburg,  der 
letzte  im  Geschlecht,  und  Graf  Sigismund  von  Gleichen,  der  bald  nach  dem  Bad  starb  56. 
An  einem  Lindenbaum  hing  neben  Stangen  und  Krücken  Geheilter  die  Badeordnung, 


Der  große  Zulauf  in  Pyrmont  1556  293 

die  Melanchthon  1556  zu  Wittenberg  lateinisch  abdrucken  ließ.     Der  erste  etwas 

sonderbare  Artikel  lautet  in  deutscher  Übersetzung: 

„Zum  ersten  solln,  so  diesen  Fontein  Diesem  Brunn,  und  machen  ihm  nicht 

Besuchen,  reich,  arm,  groß  und  l<Iein  Zu  einem  Abgott,  sondern  schlicht 

Sich  in  alleweg  thun  befleissen.  Zu  Gottes  Ehrn  sein  geniessen 

Daß  sie  nicht  Göttliche  Ehr  beweisen  Von  dem  kömmt  diese  Onad  herfliessen"3S'. 

Der  Zulauf  hörte  im  folgenden  Jahre  auf  um  die  Zeit,  als  Graf  Philipp  von  Spiegel- 
berg, der  letzte  seines  Geschlechts,  „für  Quentin"  den  10.  August  erschossen  ward. 
Man  vermutete  ein  göttliches  Strafgericht,  das  dem  Wasser  seine  Kraft  nehmen  ließ, 
weil  der  gemeine  Haufe  öffentlich  Sünde,  Schande  und  Hurerei  bei  dem  Brunnen  ge- 
trieben und  vornehme  Weibspersonen  den  Brunnen  beschuldigt  hatten,  durch  ihn 
wassersüchtig  geworden  zu  sein,  welche  Bosheit  aber  Gott  durch  die  Geburt  schöner 
Kindiein  zuschanden  gemacht  hatte.  Dies  der  Bericht  von  Pyrmontanus  15Q7  56. 
Spätere  Beschreiber  von  Pyrmont  lassen  ihren  Unwillen  über  den  Rückgang  des  Be- 
suches zum  Teil  in  derben  Ausdrücken  an  Tabernaemontanus  aus,  der  seinen  Ruf  als 
berühmter  Arzt  benutzt  habe,  um  Pyrmont  zugunsten  des  Schwalbacher  Weinbrunnens 
herabzusetzen  394  Allerdings  sprach  sich  dieser  nicht  gerade  lobend  aus:  „Es  war  vor 
zwentzig  Jahr  dieser  Sawerbrunnen  in  einem  solchen  ruff  vnnd  geschrey,  daß  auch  auß 
frembden  Nationen,  als  Franckreich,  Italien  vnd  Sicilien  Leut  herauß  gezogen,  diesen 
Brunnen  zubesuchen,  dann  ein  solch  geläuff  zu  diesem  Wunderbrunnen  war,  wie  vor 
Zeiten  das  wütend  vnnd  rasend  Wallen  zu  der  schönen  Maria  vnd  Nothelferin  zu  Regens- 
purg,  dann  es  war  schier  kein  Blinder,  Tauber,  Stummer  oder  von  Mutterleib  Lahmer, 
wie  auch  die  Sondersiechen  oder  Aussetzigen,  die  nicht  verhofften  in  diesem  Brunnen 
jhre  Gesundheit  zu  erlangen,  ein  solch  greuwiich  Lügengedicht  vnnd  falsch  geschrey 
kam  darvon  auß  in  alle  Land,  darzu  halffen  etliche  ärtzt  oder  Doctores,  oder  vielmehr 
Impostores  oder  Deceptores  vnnd  Landbuben,  die  Hessen  ein  öffentlichen  truch  auß- 
gehen,  daß  dieser  neuw  Wunderbrunnen  nicht  nur  allein  die  erzehleten  Kranckheiten, 
sonder  sonst  auch  alle  andere  Erbkranckheiten  oder  angeborene  Seuchten  curiren  vnnd 
heylen  solt,  weiches  doch  mit  keiner  Artzney  auff  dem  gantzen  Erdboden  zuwegen  zu- 
bringen ist,  vnd  dieselbig  Kunst  vnser  Erlöser  vnd  Seligmacher  jhme  allein  vorbehalten 
hat.  Wie  schändlich  aber  die  guten  Leut,  daß  sie  einen  solchen  weiten  Weg  diesem 
Brunnen  zugefallen  reysen  müssen,  betrogen  worden  seind,  hat  mancher  mit  schmertzen 
vnd  bekümmernüß  müssen  erfahren,  dann  ich  in  warheit  etliche  gute  Leut  gekennt  die 
all  jr  haab  vnd  Gut  versetzt  vnd  verpfendet,  vnd  die  hoffnung  hatten  durch  diesen 
Brunnen  jre  gesundheit  widervmb  zuerlangen,  haben  aber  durch  ein  so  weite  reyß  sich 
also  verzehret,  daß  sie  biß  jhr  ende  haben  müssen  mangel  leiden,  vnd  sonderlich  die  so 
sich  zum  ersten  vff  die  reyß  den  gemeldten  Brunnen  zubesuchen  begeben  haben,  dann 
dieselben  musten  den  größten  kosten  tragen,  die  andern  aber  die  zum  letzten  kommen, 
die  wurden  vff  dem  Weg  vnnd  Reyß  von  den  ersten  gewarnet,  vnnd  jhn  der  betrug  vnd 
falsch  eröffnet,  also  daß  sie  bey  zeiten  vmbkehrten  vnnd  sich  widervmb  zu  Hauß  ver- 
fügten, vnnd  also  jhr  einer  den  anderen  warnete,  dannenher  dieser  Brunnen  (wiewol  er 


294  Altere  Ansichten  über  die  kohlensauren  Wasser  und  die  Thermen  JL 

1 

doch  nit  gar  zuverwerffen,  sonder  in  etlichen  i<ranckheiten  nützlich  mag  gebraucht  werden) 

gar  in  ein  Verachtung  kommen  und  der  Gauchsbrunnen,  dieweil  er  so  vil  Narren  und  Gäuch 
gemacht,  genannt  worden  ist,  vnd  sich  also  je  einer  mit  dem  andern  selbst  vexiert.  So- 
viel aber  die  ärtzt  vnd  Medicos  anlangen  thut,  die  durch  den  öffentlichen  Truck  die  Leut 
also  verführt  vnd  betrogen,  weren  einer  guten  Verehrung  vnnd  iohns  wol  werdt  ge- 
wesen, dann  wann  man  sie  schon  mit  Ruthen  zum  Land  hinauß  gestrichen  hette, 
hetten  sie  wol  verdient"  324  Von  diesem  Urteil  erwähnen  die  Verehrer  Pyrmonts  nichts, 
wohl  aber  fallen  sie  über  Tabernaemontanus  her,  weil  er  vor  dem  Trinken  des  Brunnens 
warnte  auf  Grund  von  Bestandteilen,  die  auch  Metobius  angab  und  auch  wie  dieser 
auf  das  Absterben  von  Tieren  im  Wasser  hinwies.  Dies  letztere  erwähnt  Metobius 
auch  von  Wildungen  56^  Tabernaemontanus  vom  Weinbrunnen  in  Schwalbach  324 
Bauhin  von  den  Sauerbrunnen  im  Schwarzwald  33i,  und  auch  schon  Thurneisser  wußte, 
daß  Tiere  in  kohlensäurehaitigem  Wasser  nicht  leben  können  390.  Die  Schrift  von 
Metobius  war  aber  im  18.  Jahrhundert  nur  noch  dem  Titel  nach  bekannt,  sonst  wäre 
man  wohl  vorsichtiger  gegen  Tabernaemontanus  vorgegangen.  Um  diesen  zu  wider- 
legen, warf  Bolmann392  1055  einen  Frosch  in  Gegenwart  vieler  vornehmer  Personen 
in  den  Brunnen,  nötigte  ihn,  diesen  etliche  Male  zu  durchschwimmen.  Wie  er  aber 
müde  und  wegen  des  Wassers  dick  wurde,  nahm  ihn  Bolmann  vorsichtigerweise 
heraus,  band  ihn  in  seinem  Garten  an,  wo  er  vier  Tage  danach  aus  Mangel  des  nutri- 
menti  starb.  Und  damit  hatte  er  —  wie  ein  Hauptvertreter  der  Balneologie  in  der  ersten 
Hälfte  des  19.  Jahrhunderts  schreibt  —  die  offenbar  unrichtige  Behauptung  Tabernae- 
montanus' widerlegt  416.  Seipp,  der  das  Ersticken  von  Tieren  schon  über  dem  Wasser 
anerkannte,  wollte  aber  durchaus  kein  Gift  in  dem  „Dunst"  sehen,  sondern  nur  eine 
„sonderbare  elastische  ausbreitende  Krafft",  die  aus  der  Lunge  alle  Luft  verdränge  38i, 
infolgedessen  also  der  Tod  durch  Sauerstoffmangel  erfolge.  Das  edele  Wasser  durfte 
nun  einmal  nichts  Giftiges  an  sich  haben. 

Wenn  Tabernaemontanus  wirklich  die  Pyrmonter  Verhältnisse  beeinflußt  hätte,  wie 
hätte  es  da  Plombieres  ergehen  müssen,  von  dem  Paracelsus  sagte,  seine  Wärme  sei 
die  des  gärenden  Misthaufens,  es  habe  keine  sonderliche  Tugend,  den  Ausschlag  bade 
man  ohne  Nutzen,  weil  seine  Art,  die  Müdigkeit  zu  nehmen,  auch  gemeinem  Wasser 
zukomme?  Es  habe  sogar  einen  unangenehmen  Anhang.  Was  zu  dem  Guten  auf  der 
Bahn  sei,  fördere  es,  aber  auch  das  Böse,  so  zu  Bösem  geschickt  ist.  Baden-Baden, 
Wildbad,  Liebenzeil,  Teplitz,  Baden  bei  Wien,  Villach,  sie  alle  haben  nach  ihm  nicht 
mehr  Kraft  als  erwärmtes  gemeines  Wasser  374 

Nach  dem  Dreißigjährigen  Kriege  kam  Pyrmont  wieder  in  die  Höhe.  1651  wurde 
der  Brunnen  auch  innerlich  häufig  gebraucht  392.  lögl  waren  sogar  vierzig  königliche 
und  fürstliche  Personen  anwesend.  Man  fand  diese  Zusammenkunft  damals  so  merk- 
würdig, daß  man  auch  in  Paris  sich  darum  kümmerte,  eine  Erzählung  in  den  Mer- 
cure  galant  einrückte  und  urteilte,  man  werde  vielleicht  in  langer  Zeit  nicht  wieder  so 
viele  souveräne  Prinzen  beisammen  sehen.   Anwesend  waren  unter  anderen  Friedrich 


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Abb.  127.     Dorf  Hornhausen  sampt  den  dann  entspringenden  Hcilhronnen   IWd.     Kupfer  von  V.  Waoner. 


Pyrmont  /  Homhaiisen  /  und  andere  Wunderbrunnen  295 

Wilhelm  der  große  Kurfürst  mit  seiner  Gemahlin,  der  Herzog,  nachmalige  Kurfürst  von 
Hannover,  die  Herzoge  von  Celle  und  von  Braunschweig,  der  Landgraf  Carl  von  Hessen, 
Prinz  Georg  von  Dänemark,  nachheriger  Gemahl  der  Königin  Anna  von  England.  Als 
junge  Prinzen  waren  auch  da  der  Kurprinz  von  Hannover,  nachher  Georg  1.  von  Eng- 
land, und  seine  Schwester,  die  spätere  erste  Königin  von  Preußen,  und  Sophie  Char- 
lotte, die  Prinzessin  von  Celle,  spätere  Mutter  König  Georgs  11. 342  Von  nun  ab  war 
Pyrmont  Adelsbad  und  blieb  es  bis  zu  seinem  Rückgang  in  der  ersten  Hälfte  des 
19.  Jahrhunderts. 

Was  im  16.  Jahrhundert  Pyrmont,  war  im  17.  Hornhausen  zwischen  Aschersleben 
und  Halberstadt  (Abb.  127).  Sechs  Wunderbrunnen  waren  dort  1646  entsprungen, 
von  denen  im  selben  Jahr  drei  Beschreibungen  erschienen  und  1647  darauf  eine  vierte, 
nach  der  in  diesem  Jahre  über  zweitausend  Personen  gezählt  wurden,  welche  sich  beim 
Pastor  des  Orts  wegen  der  Danksagung  angegeben  hatten.  Ein  Schäfer  entdeckte  den 
ersten  Brunnen  und  war  gleich  vom  Fieber  geheilt  worden.  Das  wurde  im  Dorf  ruch- 
bar, viele  neugierige  Leute  liefen  mit  dem  Priester  und  Schulmeister  hin.  Eine  alte 
Bauersfrau,  die  viele  Jahre  kontrakt  gewesen  war,  ward  völlig  geheilt.  Nun  drang  der 
Ruf  von  diesem  Wasser  bald  in  fremde  Gegenden.  Von  allen  Orten  eilten  die  Kranken 
herzu,  und  unter  den  anwesenden  hohen  Personen  zählte  man  die  Königin  von  Schweden 
und  den  Kurfürsten  von  Brandenburg.  Allein  nach  kurzer  Zeit  erstarb  das  Gerücht 
von  den  Brunnen,  bis  sie  1689  wieder  emporkamen.  Viele  Hunderte  hatten  das  Dorf 
damals  angefüllt.  Dann  kamen  die  Wasser  abermals  in  Verfall;  erst  1718  hörte  man 
wieder  von  ihnen.  Sechzehn  gute  Quellen  und  eine  große  Menge  von  Kranken  wurden 
gezählt.  1719  war  ein  einziger  armer  Kranker  da,  nur  noch  sechs  Quellen  bestanden, 
von  denen  die  meisten  modrig  waren.  Man  warnte  jetzt  öffentlich  vor  ihrem  Gebrauch. 
Seither  herrschte  tiefes  Stillschweigen  über  diese  Quellen,  welche  —  wie  Zuckert  1768 
sagt  —  das  Schicksal  gehabt  haben,  dreimal  besucht  und  gelobt  und  dreimal  vergessen 
und  verachtet  zu  werden  343 

Im  17.  Jahrhundert  entstanden  mehrere  Wunderbrunnen,  die  sämtlich  plötzlich  in 
Ruf  kamen,  Blinde,  Taube,  Lahme  heilten  und  nach  kurzer  Zeit  wieder  verschwanden. 
Es  scheint  fast,  als  ob  unter  der  Not  des  Dreißigjährigen  Krieges  ein  Bedürfnis  nach 
derartigen  Brunnen  vorgelegen  habe.  Zeiller  schreibt  1655:  „Vil  Brünne,  die  vor  wenig 
Jahren  entstanden,  vnd  deren  Wasser  vnheilsame  Kranckheiten  zu  recht  gebracht  hat, 
als  die  zu  Hornhausen,  vnnd  andere  mehr,  haben  jhre  Krafft  wider  verlohren.  So  auch 
die  Anno  1646  den  24.  May  im  Ambt  Stoltzenau,  nächst  dem  Dorff  Müslering  entstandene 
drei  Heilbrünnen  gethan,  so  umb  den  Wintermonat  selbigen  Jahrs  jhre  Krafft  mehrertheils 
wider  verlohren  haben,  da  zuvor  vil  hohes,  vnd  nidriges  Standes  Personen,  nicht  allein 
dabey  sich  angefunden,  vnd  deren  bedient;  sondern  auch,  nach  erhaltener  zimlicher 
guten  Gesundheit,  die  Lahmen  jhre  auffgehenckte  Krücken  hinterlassen;  auch  sonsten 
etliche  hundert  vilfältig  presthafft  geweste  gesund  worden  seyn."  1652  entstanden  die 
Brunnen  beim  Dorf  Lose  im  Lüneburgischen  und  1646  beim  Kloster  Lüne  wieder,  die 


296       Die  Wunderbrunnen  bei  Nordhausen  /  zu  Hofgeismar  und  Rastenberg 


Abb.  128.    Gesundbrunnen  bei  Harn.    Kupfer  aus:  Peter.Hesselius,  Hertzfließende  Betractitungen 
von  dem  Elbe-Strom.    Altona,  1675. 

viele  Jahre  zuvor  in  Ansehen|  gewesen,  dazwischen  aber  kraftlos  gewesen  waren.    Ein 

berühmter  Wunderbrunnen  beim  Dorf  Nordhausen  im  Amt  Kassel  hatte  1655  keinen 

Ruf  mehr.    Der  Trinkbrunnen  zu  Hofgeismar  begann  auch  seine  Laufbahn  1639  als 

Wunderbrunnen  83;  der  alte  Badbrunnen  war  aber  schon  über  achtzig  Jahre  bekannt  3*3. 

1646  wurde  zu  Rastenberg  im  Weimarischen  ein  Gesundbrunnen  entdeckt.  Blinde, 

Lahme  und  Krüppel  wurden  geheilt,  viele  Krücken  blieben  zurück.  Der  Herzog  Wilhelm 

zu  Weimar  verordnete,  den  Brunnen  mit  einer  halben  Mauer  und  einem  Staket  darauf 

zu  umgeben,  alle  Woche  Betstunden  dabei  zu  halten  und  einen  Almosenstock  anzulegen. 

1648  blieb  aber  das  Wasser  aus.   1696  entsprang  es  neu.  Ein  kranker  Holzknecht  trank 

zufällig  davon.    Dies  wurde  im  Backhaus  erzählt,  und  schnell  entstand  großer  Zulauf. 

Der  Weimarische  Leib-  und  Hofmedicus  Zapf  beschrieb  ihn,  und  schon  im  Jahr  darauf 

mußte  sein  Büchlein  zum  vierten  Male  gedruckt  werden.   Diesmal  wurde  täglich  zweimal, 

morgens  und  abends  um  sechs  Uhr,  Betstunde  gehalten,  jedesmal  ein  Bußlied  gesungen, 

Johannes,  Kapitel  5  Vers  2 — 14  vorgelesen  und  darauf  ein  sehr  langes  Gebet  gesprochen. 

Der  Zulauf  war  auch  jetzt  wieder  sehr  groß.  Man  erhielt  nicht  ein  frisches  Bund  Stroh, 

viel  weniger  ein  Bett  und  eine  warme  Stube.    Vier  bis  fünf  Personen  mußten  in  einer 

Wanne  baden,  ohne  daß  das  Wasser  erneuert  wurde.  Viele  gingen,  ohne  den  Brunnen 

gebraucht  zu  haben,  heim^oi.  1666  entsprang  zu  Bielefeld  ein  Heilbrunnen.  Bei  diesem 


Die  Wunderbmnnen  zu  Bielefeld  /  Weilienzell  /  Harn  und  Biirgwinnumb        297 


derselbe  Zulauf.  Abb.  105  zeigt  das  Treiben  wie  bei  den  anderen  Wunderbrunnen. 
Wir  finden  auch  hier  die  „ordentliche  Beth-Stunde".  „Ach  Jesu  !  hast  du  denn  vergessen, 
daß  wirs  sind,  die  das  Unrecht  in  sich  gesoffen  wie  Wasser?"  Diese  Stelle  mag  das 
Bußgebet  charakterisieren,  das  beim  Brunnen  vorgelesen  wurde ^03.  in  Weihenzeil  bei 
Ansbach  entdeckte  1Ö80  ein  bettelnder  abgedankter  Soldat  unter  einer  Miststätte  einen 
Quell,  trank  davon  und  nannte  ihn  einen  unvergleichlichen  Schatz.  Sein  altes  Brustübel 
wurde  nach  einer  Stunde  gebessert,  nach  wenigen  Tagen  geheilt,  ebenso  zwei  Weiber 
im  Dorf.  Damit  begann  der  Ruf,  und  nun  kam  der  Zulauf.  Der  Fürst  von  Branden- 
burg-Onolzbach  ließ  den  Quell  in  Marmor  fassen  und  in  Gegenwart  vieler  tausend  Per- 
sonen durch  seinen  Oeneralsuperintendenten  ein  öffentliches  Dankgebet  sprechen,  das 
auch  im  Druck  erschien,  und  der  fürstliche  Leibmedicus  Löle  wurde  nicht  müde,  den 
Ruf  der  Quelle  in  Wort  und  Bild  zu  verkünden  393.  Zuckert  erwähnt  sie  aber  1768 
gar  nicht,  ebenso  die  Wunderbrunnen  bei  Ham  (Abb.  128),  die  zu  Walkershofen  (Abb. 
126)  und  zu  Burgwinnumb  (Abb.  129). 

Genossen  auch  viele  Bäder  einen  unverdienten  Ruf,  die  mineralische  Bestandteile 
angaben,  welche  sie  nicht  besaßen,  so  unterschieden  sie  sich  doch  wesentlich  von 
diesen  Wunderbrunnen  durch  ihren  dauernden  Ruf  und  Gebrauch.    Die  Badeärzte  von 

ßeDffamctt  ^ircfutig/be^fSrotttten^ 


Abb.  129.    Der  Brunnen  bei  Burgwinnumb  in  Franken.    Holzschnitt  aus  einem  Flugblatt  von  ca.  1600. 


298 


Der  heilige  Brunnen,  zu  Zürich  /  Pfäfers 


Pyrmont  hoben  hervor,  daß  ihr  Brunnen,  obwohl  er  das  Schicksal  eines  Wunder- 
brunnens gehabt  habe,  mit  diesen  nicht  auf  eine  Stufe  zu  steilen  sei,  weil  er  durch  seine 
wirksamen  Bestandteile  geheilt  habe.  Umgekehrt  wurde  beim  heiligen  Brunnen  an  der 
Wasserkirche  in  Zürich  im  lö.  Jahrhundert  von  Albrecht  von  Weissenstein  die  Mit- 
wirkung von  Mineralien  in  Abrede  gestellt,  weil  Gott  durch  die  Kraft  des  Wassers  allein 
die  Verdienste  der  Heiligen  ehren  wolle  ^i*. 

Unter  den  Thermen  steht  bei  Paracelsus  Pfäfers  obenan  374^  das  er  1535  selbst  be- 
suchte lund  beschrieb  21.  Angenehmer  als  früher  war  auch  im  16.  Jahrhundert  der 
Aufenthalt  noch  nicht. 

Stumpf  sagt  1548:  „Gleych  nebend  dem  Closter  in  einem  tieften  vngeheüren  tobel, 
dardurch   der  bach  Taming  gantz  vngestüm   über  die  velsen  rauschet,  vnder  einem 


Abb.  130.  Pfäfers  1610.  Holzschnitt  von  Joseph  Pleb  nach  einem  Modell  von  Fabricius  Hildanus. 
Aus:  QuiLHELMUS  Fabricius  Hildanus,  De  conservanda  valetudine.    Frankfurt  a.  M.,  Merlan,  1629. 

finsteren  holen  velsen,  ligt  das  köstlich  vnd  heilsam  warm  Bad,  auch  nach  dem  Closter, 

dem  es  zügehörig,  Pfäuers  genennt Das  tobel  ist  noch  heüttigs  tags  vnwägsam, 

kleine  eilende  heüßle  sind  darinn,  die  man  allein  Summers  zeyt  bewonet,  zur  notturfft 
deren  so  darinn  badend.  Weyn,  brot,  fleisch,  vnd  alles  das  man  darinn  braucht,  muß 
man  hinab  tragen.  Das  tobel  hat  zween  wäg  hinab  inns  Bad,  beiderseyts  in  die  velsen 
gehauwen :  also  böß  vnd  gefariich  zewandlen,  das  vil  leüt  auß  forcht  nit  hinab  bedörffend 
wandten :  etlich  tregt  man  dareyn,  etlich  fürt  man  hinab.  Etlich  hab  ich  selbs  kennt,  die 
biß  darauff  kommen,  vnd  auß  forcht  des  gefarlichen  wägs  widerumb  vngebadet  hinweg 
sind  gefaren.  Aber  im  jar  1543  ward  erst  ein  guter  wäg  hinab  gemachet,  den  man  reyten 
vnd  wol  gewandlen  mag  ....  Da  ist  in  disem  finsteren  loch  kein  fröud  noch  kurtzweyl 


Pfäfers  299 

dann  im  Bad,  darinn  ligt  man  tag  vnd  nacht.  Merteils  leüten  farend  dar  vnd  dannen, 
daß  sy  an  keinem  bett  zu  ruwen  niemer  kommend.  Die  Sonn  scheynt  im  Summer  bey 
mittemtag  bey  einer  stund  hinab.  Der  bach  rauschet  also  durch  die  velsen  vnder  dem 
Bad  hin,  daß  einer  dem  andern  redende,  gleych  als  in  einer  müllin,  laut  zürüffen  muß. 
Zu  Herbst  zeyt  im  October  vergadt  dz  Bad,  gibt  kein  warm  wasser  mer,  Stadt  lär  den 
Winter,  als  denn  ziehend  die  Würt  herauß"9. 

Münster  hätte  1 550  gern  in  seiner  Cosmographey  eine  Abbildung  von  Pfäfers  gebrach  t 
Es  war  ihm  aber  unmöglich.  „Es  ist  so  gar  zwischen  den  grawsamen  hohen  Felsen  be- 
schlossen, dz  man  sein  gelegenheit  nicht  anzeigen  kan.  Es  ist  ein  treffliche  weite  Spelunck, 
von  zweyen  hohen  Felsen  erwachsen,  vnder  welchen  der  ein  gantz  gebogen  ist  wie  ein 
Gewelb,  vnd  neigt  sich  gegen  dem  andern,  vnd  lassen  oben  in  der  höhe  gegen  Mittag  ein 
Öffnung,  das  die  Sonn  Summers  zeiten  zu  Mittag  ein  Stund  vngefährlich  dareyn  scheinen 
mag,  aber  dannoch  gantz  dunckel  da  vnden  ist,  daß  man  auch  vmb  den  Mittag  eins 
Liechts  in  den  engen  Gemachen  bedarff.  Dann  es  stehn  vnden  gleich  vber  dem  fließen- 
den Gletscherwasser  drey  oder  vier  Heußlin,  darinnen  man  kocht,  vnnd  kleine  Stüblin 
hat ...  .  Nun  aber  ist  der  Kasten  (auch  in  Felsen  gehauwen)  so  eng,  das  nicht  viel  vber 
100  Menschen  darinn  gesitzen  mögen,  die  sich  dannoch  gantz  eng  vnnd  nahe  zu- 
sammen schmucken  müssen,  vnnd  sitzen  da  in  der  dunckelheit,  wie  die  Seelen  in 
S.  Patricij  Fegfewr"  3i8^  und,  wie  1665  ein  Unterösterreicher  Namens  Schmuz  hinzufügt, 
in  „deß  Lutheri  Höll"456 

1610  fertigte  Fabricius  Hildanus  ein  Modell  des  Bades  an,  nach  dem  er  einen  Holz- 
schnitt (Abb.  130)  zeichnen  ließ  22.  Vom  Beschauer  aus  wölbte  sich  der  Felsen  über 
die  Häuser.  Wie  man  vor  der  Erbauung  des  breiten  schwebenden  Stegs  im  Jahre  1543 
ins  Bad  gelangte,  wird  nirgends  angegeben.  Man  könnte  vermuten,  daß  ein  schmalerer 
schon  früher  bestand.  Nach  Münster  mußten  die  Kranken  ehemals  an  langen  Seilen 
und  hängenden  Leitern  ins  Bad  hinabgelassen  werden  35i.  Der  Aufenthalt  im  Bad 
selbst  war  furchtbar.  Der  Dampf  verdunkelte  das  Zimmer,  daß  man  am  Tage  Licht 
brennen  mußte,  und  wenn  die  Sonne  hell  am  Himmel  stand,  war  es  erst  recht  dunkel, 
weil  dann  die  Dämpfe  nicht  abzogen.  Dazu  kam  das  Brausen  der  Tamina  und  das  Ge- 
räusch des  Badewassers,  das  mit  großer  Gewalt  in  den  Fluß  fiel.  Manche  sollen 
närrisch  geworden  sein,  konnten  nicht  schlafen,  Fieber  und  andere  Zufälle  folgten  22. 
Günther  von  Andernach  fiel  bei  seinem  Aufenthalte  im  Jahre  1562  noch  unliebsam 
auf  der  „foetor  ex  alui  recrementis,  hie  illic  per  uiam  qua  ad  lauacrum,  uel  extra  hospitium 
itur,  positis  occurrit,  ut  animi  defectionem  hominibus  paulo  humanius  educatis  accer- 
sat"  *  388.  Große  Steine  und  Bäume  fielen  zuweilen  von  der  Höhe  auf  die  Häuser  hinab, 
einmal  als  dreihundert  Menschen  im  Bade  saßen  349.  „Mühe  und  Gefahr",  schrieb  Ulrich 

*  Etschenreutter  hat  dafür  die  Stelle  (Übersetzung) :  „Es  ist  nichts  das  dem  bad  mehr  schaden 
bringt  dann  die  vngelegenheyt  der  herberg,  Engge  vnnd  wüste,  in  welchen  offtermals,  so  ein  böser 
gestanck,  mit  zieht  zünielden,  auß  dem  me(n)schenkaht,  an  allen  orten,  da  man  ins  bad  oder  ausser- 
halb der  herberg  geht,  hingelegt,  widerfart,  das  es  denen  höfflichen  leüthen,  ein  onmacht  bringt"  ■'•". 
Vgl.  die  Badeordnung  von  1619  S.  349. 


300  Pfäfers 

VON  Hütten  1523,  als  er  die  Kur  umsonst  gebraucht  hatte,  „waren  vergeblich  be- 
standen" 395. 

Viel  wurde  nicht  für  das  alte  Bad  getan.  Die  Brücke  war  1610  wackelig  und  zitterte, 
wenn  man  darauf  ging,  daß  niemand  mehr  hinabreiten  konnte  und  Furchtsame  von  den 
Bauern  in  Sesseln  mit  verbundenen  Augen  getragen  werden  mußten  22.  Oftmals  kam 
es  vor,  daß  nicht  allein  Betrunkene,  sondern  Nüchterne  im  Ein-  und  Ausgehen  zur  Tag- 
und  Nachtzeit  in  den  Abgrund  zu  Tode  stürzten.  Schließlich  wurde  die  lange  Brücke 
durch  abfallende  Steine  eingeschlagen,  die  Häuser  und  die  Badehütte  verfaulten  durch 
die  Dämpfe,  im  Winter  1626  wurde  das  obere  Wirtshaus  durch  einen  herabfallenden  Stein 
zerstört,  und  1629  brannte  im  Winter,  als  man  zur  Pestzeit  badete,  durch  Unvorsichtigkeit 
dreier  Mädchen  das  untere  Gasthaus  ab.  Das  sah  der  Abt  als  eine  Fügung  Gottes  an 
und  entschloß  sich  zum  Bau  des  Bades  an  der  heutigen  Stelle.  Am  IQ.  Mai  1630  floß 
das  Wasser  in  seiner  Leitung  zum  ersten  Male  die  Taminaschlucht  hinab.  Den  10.  Januar 
1631  wurde  auch  noch  das  alte  Badehaus  durch  einen  herabfallenden  Stein  ganz  zer- 
schmettert und  dadurch  das  Baden  im  alten  Tobel  „nunmehro  auffgehebt"  349. 

1680  wurde  das  Fortbestehen  des  neuen  Bades  ernstlich  in  Frage  gestellt.  Am 
11.  März  stürzten  nach  anhaltendem  Tauwetter  schon  länger  drohende  Felsenstücke  mit 
großen  Eis-  und  Schneemassen  über  die  Quelle  und  verschütteten  dieselbe  derart,  daß 
auch  nicht  eine  Spur  von  Thermalwasser  mehr  zu  finden  war.  im  Konvent  zu  Pfäfers 
wurden  Beratungen  gepflogen,  ob  man  die  Quelle  wieder  hervorsuchen  oder  dem  un- 
geheuren Schutt  preisgeben  wolle.  Schließlich  entschied  man  sich  für  ersteres,  und  am 
1.  Mai  fand  man  sie  wieder.  Eine  wichtige  Beratung  fand  1700  statt.  Das  Badehaus 
genügte  für  die  vielen  Gäste  nicht  mehr,  war  auch  baufällig  geworden  und  sollte  abge- 
tragen werden.  Es  wurde  die  Erbauung  eines  neuen  Gebäudes  am  Schwattenfall  erwogen, 
ungefähr  in  der  Mitte  des  heutigen  Weges  von  Ragaz  nach  Pfäfers.  Der  Plan  kam  nicht 
zur  Durchführung,  dafür  erstand  das  heutige  klosterartige  Gebäude  in  den  Jahren  1704 
bis  1716  316.  Es  war  anfänglich  vier  Etagen  hoch  und  diente  zweihundert  Personen  zur 
Herberge.  Um  dasselbe  herum  war  kein  Raum  für  Spaziergänge.  Obgleich  der  Ort,  so 
dermalen  das  Badehaus  steht,  nicht  mehr  so  gräßlich  ist  als  der  ehemalige  Aufenthalt 
bei  der  Quelle,  sagt  1766  FÄsi,  „so  würden  doch  Übelthäter,  denen  das  Leben  abge- 
kennt  ist,  Gnade  verdienen,  wenn  sie  gezwungen  wären,  sich  allhier  ein  Vierteljahr  aufzu- 
halten". Nur  die  Hoffnung  auf  Gesundheit  mache  den  Aufenthalt  erträglich  4 1 9.  1825 
schrieb  ein  deutscher  Arzt  in  Hufelands  Journal,  daß  kaum  ein  berühmter  Badeort  Ärzten 
und  Kranken  weniger  bekannt  sei  als  Pfäfers.  Man  wisse  gar  nicht,  wie  man  dahin 
gelange.  Er  selbst  war  siebzehn  Tage  dort.  Der  Weg  von  Ragaz  wurde  in  zwei  kleinen 
Stunden  zu  Fuß,  zu  Pferd  oder  auf  von  Männern  getragenen  Sesseln  zurückgelegt. 
Fahren  konnte  man  nicht.  Von  Valens  senkte  sich  der  Weg,  ins  Bad  führten  Stufen 
hinab.  „Es  werden  wenige  sein,"  sagt  er,  „in  welchen  dieser  Anblick  den  Gedanken 
nicht  erregte,  die  unverzügliche  Rückkehr  einem  mehrwöchentlichen  Begräbnisse  in 
diesem  schauerlichen  Schlünde  vorzuziehen."    Die  Quelle  besuchte  er  nicht,  weil  er 


Pfäfers 


301 


sich  an  den  schauderhaften  Anblick  nicht  gewöhnen  konnte.  Er  fand  überall  nicht  nur 
Mangel  an  Eleganz,  sondern  viel  Unreinlichkeit.  Die  Fugen  der  Wasserleitung  waren 
mit  halbfaulem  Moos  verstopft,  und  das  Wasser  hatte  Holzgeschmack.  Beim  ersten 
Anblick  eines  Badgewölbes  (Abb.  131;  1805  waren  nach  Ebel  in  sämtlichen  sechs 
Bädern  die  Fenster  fest  vernagelt  682)  vvar  er  sehr  verwundert: 


„Wie!  in  so  ekelhaft  schmutzigen  Hallen 
Thront  Pfäfers  Nymphe,  die  Fürstin  aus  allen  ? 
Sie,  die  mit  Wunderkraft 


Stets  neues  Leben  schafft!  — 

Still  Freund!  man  findet  ja  überall  Spuren 

Von  großer  Heilwirkung  der  Ekelkuren." 


Die  Preise  fand  er  nicht  billig,  tröstete  aber  den  Gast  mit  der  Ersparnis  an  Equipagen, 
Gesellschaften,  Ballkostümen  und  den  hier  fehlenden  Verlusten  im  Hasardspiel  396 

Dem  weiten  Weg  von 
Ragaz  über  Valens  und  dem 
schaudererregenden  Abstieg 
auf  der  Felsentreppe  zum  Bad 
wurde  1838/39  durch  Anlegen 
der  neuen  Kunststraße  längs 
der  Tamina  abgeholfen,  so 
daß  man  von  nun  an  von 
Ragaz  nach  Pfäfers  nicht  nur 
in  dreiviertel  Stunde  gehen 
und  reiten,  sondern  auch 
fahren  konnte,  und  kurz  dar- 
auf wurde  gar  die  Wasser- 
leitung längs  der  Straße 
hinabgeführt,  daß  am  31.  Mai 
1840  die  neue  Badeanstalt  in 
Hof  Ragaz,  dem  alten  Statt- 
haltergebäude des  Klosters, 
eröffnet  werden  konnte  3i6. 
Nun  stand  dem  alten  Wasser, 
das  ein  Jahrtausend  nur  als 
Heilbad  gedient,  nichts  mehr 
im  Wege,  sich  zu  einem 
Luxusbad  zu  entwickeln, 
wenn  auch  Professor  Voot 
noch  1857  sagt:  „In  Ragaz 
darf  man  nicht  rauschende 
Vergnügungen  wie  in  großen 
Bädern  suchen.  Man  kennt 
da     nicht    Bälle,    Konzerte,    Abb.  131.   Pfäfers  1784.  Kupfer  von  J.J.M.  Zürich.  Stadtbibliothek. 


302  Wildbad  /  Spa 

Musik  eines  großen  Orchesters,  Hazardspiel  u.  dg!.,  überhaupt  nicht  ein  städtisches  Ge- 
seilschaftsieben mit  Putz  und  Tand  aller  Art.  Man  ist  hier  in  der  Tat  auf  dem  Lande  und 
alle  Vergnügungen  und  Unterhaltungen  haben  durchaus  das  ländliche  Gepräge"  3ö8 

Weit  besser  als  in  Pfäfers  war  im  16.  Jahrhundert  in  Wildbad  gesorgt.  Günther 
VON  Andernach  fand  alle  Bequemlichkeiten  3S8  und  auch  andere  Schriftsteller  geben  an, 
daß  für  Arm  und  Reich  gute  Herberge  zu  finden  sei  43'.  Es  wurde  zur  Zeit  von  mehreren 
Fürstlichkeiten  und  vornehmen  Personen  besucht.  Die  Anwesenheit  Heinrich  Ottos, 
Pfalzgrafen  bei  Rhein,  im  Jahre  1526  wurde  der  Nachwelt  durch  eine  Inschrift  auf  dem 
Bogen  der  sogenannten  Hölle  im  Herrenbad  überliefert.  Dem  Namen  war  auch  sein 
Wahlspruch  „Mit  der  Zeit"  beigesetzt.  1532  stiftete  König  Ferdinand,  als  er  sich  während 
seiner  Interimsregierung  im  Wildbad  aufhielt,  eine  steinerne  Brunnensäule  mit  zwölf 
metallenen  Röhren,  auf  der  er  sein  gewappnetes  Bild  errichten  ließ.  Herzog  Ulrich  von 
Württemberg  scheint  aber  kein  Freund  seines  eigenen  Bades  gewesen  zu  sein.  Als 
sein  Sohn  Herzog  Christoph  1545  um  hundert  Stunden  gebadet  hatte,  warnte  er  ihn,  die 
Kur  fortzusetzen  und  schrieb  unter  anderem :  „Wenn  auch  das  Bad  zum  allerbesten  ge- 
riethe,  so  ist  keine  andere  Vermuthung,  als  daß  du  nach  solchem  Bad  deinem  Halten  und 
Wesen  nach  (wie  mir  bericht)  so  feyst  werdest,  wie  eine  Mastsaw."  In  einem  anderen 
Schreiben  warnt  erihn,  sich  in  Hinsicht  des  Bades  wohl  vorzusehen,  „sonst  erwürgt's  dich, 
ehe  du  dich's  versiehst".  Das  Städtchen  Wildbad  wurde  sechsmal  beinahe  gänzlich  in 
Asche  gelegt.  Das  scheint  beim  Zurückgehen  des  Bades  einen  wesentlichen  Anteil  ge- 
habt zu  haben,  obwohl  es  den  Dreißigjährigen  Krieg  infolge  eines  Schutzbriefes  Kaiser 
Ferdinands  III.  gut  überstand  325.  335.  Um  das  Bad  zu  heben,  wurde  1821  der  Regierung 
eine  Denkschrift  mit  Vorschlägen  überreicht,  in  der  als  Hauptmangel  das  für  die  höheren 
Stände  widerliche  und  viele  Badegäste  zurückschreckende  Baden  von  Leuten  aus  allen 
Volksklassen  in  denselben  Bassins  sowohl  im  Herren-  als  im  Frauenbade  zur  Sprache 
kam.  1824  beschloß  man,  das  Pferdebad  zu  einem  Menschenbad  einzurichten,  das  den 
Armen  überwiesen  wurde,  so  daß  1828  durch  Neuherstellung  der  Einrichtungen  der 
schickliche  Vorteil  erreicht  wurde,  nach  verschiedenen  Klassen  der  Kurgäste  zu  baden, 
die  Vornehmen  auf  Wunsch  auch  in  Einzelbädern  382.  1337  befand  sich  im  Wildbad 
noch  nicht  ein  einziger  norddeutscher  Kurgast,  1839  erst  neunzehn  is*  Durch  Neu- 
bauten brachte  es  Wildbad  schließlich  dahin,  daß  auch  Personen  höchsten  Ranges 
standesgemäße  Unterkunft  fanden.  Es  wurde  (1857)  wiederholt  von  der  Kaiserin- Witwe 
von  Rußland  und  vielen  anderen  hohen  Personen  besucht  457 

Spa  scheint  schon  im  16.  Jahrhundert  das  Bad  fremder  Fürstlichkeiten  gewesen  zu 
sein.  Ein  Leibarzt  Heinrichs  VIII.,  ein  Venezianer  und  eine  spanische  Dame  waren  an- 
geblich die  ersten  fremden  Kurgäste.  Mehrere  Monographien  halfen  zur  Verbreitung 
des  Rufes.  Louis  de  Gonzaga,  Herzog  von  Nevers,  war  1575  und  78  und  Alexander 
Farnese,  Herzog  von  Parma,  war  vor  1589  dort,  auch  Kari  I.  von  England  und  Heinrich  III. 
von  Frankreich  gebrauchten  die  Kur,  1577  Margaretha  von  Valois  mit  einer  liebeskranken 
Prinzessin,  die  aber  aus  politischen  Gründen  das  Wasser  nach  Lüttich  kommen  ließ. 


Die  Dusche 


303 


Maldonat  und  Margaretha  von  Valois  wissen  noch  nichts  Gutes  von  den  Spaer  Einrich- 
tungen zu  berichten  70. 

Zu  Anfang  des  16.  Jahrhunderts  kam  eine  neue  Gebrauchsart  der  Mineraibäder  nach 
Deutschland,  die  Dusche.  Tucia  (Ryff),  Ditia  (Leucippaeus),  das  sind  die  ersten,  dem 
italienischen  Wort  Doccia  oder  Duccia  nachgebildeten  Namen  in  Deutschland  für  das 
„Vff  sich  lassen  rinnen  vnd  fallen  von  oben  herab"  (1513)346  Als  Paumqarten  1584  in 
Lucca  weilte,  schlugen  ihm  die  Ärzte  das  „doccirn"  mit  dem  Wildbadwasser  vor  248. 
Häufig  wird  der  allgemeinere  Name  Stillicidium  gebraucht.  Die  Dusche  wurde  im  Gegen- 
satz zu  unserem  heutigen  Gebrauch  zuerst  nur  auf  den  Kopf  angewandt  (Abb.  132),  was 
nicht  den  Beifall  aller  deutschen  Ärzte  fand.  Phries  (151Q)  will  nichts  von  dem  Gießen  des 
heißen  Wassers  aufs  Haupt  wissen,  weil  es  Kopfschmerz  mache  420^  und  Conrad  Gessner 
gebrauchte  zu  Baden  (Schweiz)  an  Stelle  des  ehemals  berühmten  Stiliicidiums  —  wie  er 
sagt  — ,  welches  vielen  Personen  Ungelegenheit  gemacht  hatte,  einen  Schwamm,  womit 
das  Haupt  bedeckt  und  auf  den  das  warme 
Badewasser  geschüttet  wurde  H  1598  wandte 
sich  Leucippaeus  gegen  die  eine  Elle  hoch 
herabfallende  Dusche,  sie  solle  für  etliche 
Mängel  des  Haupts  dienen,  in  Wahrheit  sei 
aber  solch  Stillicidium  viel  schädlicher  als 
es  nützen  könne  43i.  Nach  Phries  war  die 
Fallhöhe  1516  drei  Schuh  hoch,  gegen  Ende 
des  Jahrhunderts  aber  viel  niedriger,  so  daß 
wir  bei  dem  schwachen  Strahl  heute  eigent-    Abb.  132.    Gleichzeitiger  Gebrauch  von  Dusche 

lieh  nicht  von  einer  Dusche  sprechen  wür-    ^^^  ^^^^^^^  '"    r"  "*'"  ^^ff.'"^"'™  '" 
'  Aachen.  Kupfer  aus :  Blondel,  Erklärung  deren 

den.  Als  der  Nürnberger  Kaufmann  Wolf  Badt- vnd  Trinckwässeren  zu  Aach.  Aachen  1688. 
Flenntz  1571  nach  „Carls  Padt  bey  Eilenbogen"  ging,  gab  ihm  Volcher  Coiter,  ein 
bekannter  Nürnberger  Anatom  und  späterer  Feldmedikus  des  Fürsten  Kasimir  von  An- 
halt, eine  Anleitung  zur  Kur.  Darin  heißt  es:  „Manmusein  hiltzes  schefflin  zwo  span- 
nenhochvomhaupt  hennckhenn  vnd  wan  das  ihr  im  badt  seidt,  das  wasser  darin  ir 
badett  in  das  selbige  schefflein  giessenn,  vnd  durch  ein  henlin,  so  weith  das  aines 
klains  fingerlin  halb  groß  darein  ghenn  mag,  dasselbig  wasser  auff  das  haubt 
also  warm  fallenn  lassenn  das  muß  geschehenn  ein  wenig  vor  ehe  das  ihrauß  dem  badt 
woldt  ghenn,  Erstlich  müst  ihr  das  wasser  fallenn  lassen  vornen  auf  das  hauptt,  ein 
handt  braith  von  der  stirnn,  letzlich  hinden  ein  handtbraith  vom  knieckh,  das  müst  ihr 
treibenn  so  lanng  ir  badett"  376.  Nach  Bauhin  fiel  das  Wasser  nur  eine  Hand,  aufs 
höchste  eine  Spanne  hoch  herab  33i.  Die  Dauer  setzte  Mechinger  (1513)  auf  ungefähr 
eine  Stunde  346  ebenso  Bauhin  33i  bei  fünfzehntägiger  Gebrauchszeit,  Coiter  für  Karls- 
bad auf  zwei  Stunden  fest  376.  Mehrere  geben  eine  besondere  Vorrichtung  an,  um  das 
Wasser  länger  auf  dem  Kopf  zu  halten  und  dann  die  Wirbelsäule  hinabfließen  zu  lassen. 
Nach  Mechinger  sollte  das  Wasser  „fallen  vffs  haubt  vornen  da  es  offen  ist,  als  man 


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304 


Die  Dusche 


das  an  iungen  kinden  sehen  kan,  da  tringt  es  durch  yn.  Soll  aber  das  das  haubt  mit 
ainem  bauschs  wie  itzo  die  frawen  vff  iren  haubtern  tragen  bewart  sein,  der  selbe  soll 
hinnen  offen  sein,  das  die  wasser  dahin  durch  mögen  lauffen  übern  hals  hinab"  346.  Die- 
selbe Vorrichtung  beschreibt  Sytz  375.  Ryff  wollte  dafür  ein  Tuch  um  Stirn  und  Schläfe 
gewunden  haben,  so,  daß  hinten  eine  Öffnung  blieb  48.  Manche  scheren  das  Haar  ab 
(Bauhin,  Reydt).  In  diesem  Falle  hielt  man  eine  warme  Bedeckung  des  Kopfes  nach 
der  Dusche  noch  nötiger  als  sonst.  Für  Priester,  die  bei  der  Messe  die  Kappe  abnehmen 
mußten,  schlug  Reydt  1708  ein  Pflaster  auf  den  Kopf  vor  458. 

Die  Kur  geschah  auf  zweierlei  Weise,  im  Bad  (Abb.  132)  und  außerhalb  des  Bades 

(Abb.  133);  wie  beim 
Baden  erhöhte  man  all- 
mählich die  Wärme  331, 
in  späterer  Zeit  stieg 
man  auch  mit  der  Fall- 
höhe und  der  Dauer  der 
Dusche  und  nahm  am 
Schlüsse  wieder  ab. 
1606  gebrauchte  man 
in  Baden-Baden  das 
„Träuffen"  wie  das  an- 
dere Bad  täglich  zwei- 
mal, fing  mit  wenig 
Stunden  an,  stieg  bis 
zum  höchsten  (bis 
sechs  Stunden?)  und 
nahm  darauf  ab  362.  Es 
entstand  auch  eine 
„Ruffe"  (Ausschlag),die 

nicht  abgerissen   wer- 
Abb.  133.    Auf-  und  absteigende  Duschen  (Stillicidia  oder  Wasserguß)  ° 

im  St.  Cornelii- (oben)  und  im  Rosenbade  (unten)  zu  Aachen.  Kupfer  aus:  den  sollte,  weswegen 
Blondel,  Erklärung  deren  Badt-vndTrinckwässeren  zu  Aach.  Aachen,  1688.  (Jgg  Kopfwäschen  vier- 
zig Tage  zu  unterlassen  war  (Baccius)  33i. 

Ryff  empfahl  als  einfachstes  Instrument  den  Laugenkessel  der  Barbiere  48.  Man 
verband  auch  das  Kopfwaschen  mit  der  Dusche.  Der  dänische  Statthalter  in 
Holstein,  Heinrich  Rantzau  schrieb  eine  lateinische  Anweisung  zur  Gesundheit,  die 
1573  herausgegeben  397  und  1587  von  Wittich  Vinar  ins  Deutsche  übersetzt 
wurde.  Er  empfahl  zur  Erhaltung  der  Gesundheit,  jährlich  das  Haupt  drei-  oder  vier- 
mal mit  kaltem  Wasser  zu  zwagen:  „erstlichen  sol  das  heupt  mit  laulicher  laug  ge- 
waschen werden,  wenn  solches  geschehen,  soll  man  mit  frischem  brunn wasser  all- 
gemachsam  von  der  höhe  auff  das  heupt  treuffen,  vnd  bald   darnach 


Die  Dusche  305 

heuffig  ein  drey  oder  vier  nössel  kalte  laug  oder  frisch  brunnwasser  vber  den  kopff 
schütten"  -i^o 

Schon  Ryff  empfahl,  die  Dusche  auch  auf  kranke  Glieder  tropfen  zu  lassen,  und  dieser 
Gebrauch  trat  allmählich  immer  mehr  in  den  Vordergrund  (Abb.  46,  133,  1350).  Die  ein- 
fachste Vorrichtung  der  Dusche  in  Form  eines  Gießfasses  war  leicht  in  jedem  Bade  anzu- 
bringen. Immerhin  wurde  sie  nicht  überall  häufig  gebraucht,  in  Warmbrunn  war  1607  die 
„Treffte"  selten  69  Bauhin  erwähnt  schon,  daß  in  dem  neuen  Namen  Ducciazwei  Sachen 
begriffen  seien,  das  „abtroffen"  und  die  „Besprengung".  Man  gebrauchte  neben  dem  Her- 
abtropfen auch  einen  stärkeren  Strahl,  derausTeucheln  floß,  die  vom  Brunnen  hergeleitet 
wurden  33i.  „Newe  vor  diesem  niemahl  gebrauchte  Stillicidia  oder  Wassergüß"  kündigte 
Blondel  1688  im  S.  Cornelii  und  im  Rosenbad  zu  Aachen  an,  die  von  den  Franzosen  la 
douche  oder  latouche,  von  den  Aachenern  aber  die  „Pompe"  genannt  wurden  (Abb.  133). 
Sie  waren  nur  ohne  Bad  zu  brauchen  und  hatten  in  der  Nähe  Betten  zum  Schwitzen. 
Als  Besonderheit  führte  Blondel  an,  die  Patienten  wären  nach  der  Dusche  mit  Schwefel- 
blumen bedeckt,  daß  man  mit  Fingern  auf  der  Haut  schreiben  konnte,  im  kaiserlichen, 
dem  kleinen  und  in  S.  Quirinibad,  den  sogenannten  alten  Stadtbädern,  war  der  Wasser- 
guß „von  alters  her"  im  Brauch,  und  zwar  fiel  das  Wasser  aus  einem  erhöhten  Geschirr 
herunter.  1688  wurde  das  Wasser  durch  eine  Pumpe  emporgehoben  (Abb.  132).  Ge- 
duscht wurde  während  des  Badens  ^OQ.  Da  die  Pumpen  nur  das  Wasser  in  die  Höhe 
zu  treiben  hatten,  war  der  Druck  des  fallenden  Wassers  gering,  und  man  suchte  ihn 
durch  möglichst  hochgelegene  Duschebehälter  zu  erhöhen.  1806  war  die  Dusche  im 
Verenabade  zu  Baden  zehn  bis  zwölf  Schuhe  hoch  (Abb.  46, 103),  man  benutzte  sie  zehn  bis 
fünfzehn  Minuten  lang,  nahm  mit  der  Zeit  zu  und  ab  wie  beim  Bade^is  Vogt  verlangte 
1857  eine  Fallhöhe  von  zehn  bis  fünfzehn  Fuß,  welche  die  meisten  Bäder  nicht  besaßen, 
um  eine  Erschütterung  der  tiefer  gelegenen  Teile  zu  bewirken  368  1793  war  im  Brücke- 
nauer  Bade  bei  Fulda  ein  Tropfbad  von  zweiunddreißig  Schuh  Fallhöhe  in  Gebrauch, 
das  auf  Zwierleins  Vorschlag  errichtet  worden  war,  in  Ronneburg  eins  von  fünfund- 
vierzig, in  Lauchstädt  von  achtundzwanzig  656^  in  Driburg  1792  von  achtzehn  Fuß 
Höhe  674.  Im  Seebad  zu  Zoppot  fielen  1823  die  Tropf-,  Dusch-,  Regen-  und  Sturzbäder 
von  einem  Turme  herab  iss. 

in  den  süddeutschen  Bädern  hatte  man  1822  noch  die  alten  Duscheeinrichtungen, 
bei  denen  das  Wasser  von  der  Decke  oder  vom  Dachboden  herabfiel.  Es  mußte  in  die 
Behälter  getragen  oder  gepumpt  werden,  wodurch  die  Temperatur  nicht  gut  regulierbar 
war  und  außerdem  nur  Duschen  von  oben  nach  unten  gegeben  werden  konnten.  In 
den  norddeutschen  Bädern  zu  Rehburg,  Nenndorf,  Elisen,  Pyrmont,  Mainberg  und  Dri- 
burg hatte  man  Duschemaschinen,  die  im  wesentlichen  Feuerspritzen  waren  und  den 
Strahl  unter  höherem  Druck  auf  jeden  Körperteil  richten  ließen.  Bemerkt  muß  hier 
werden,  daß  man  zu  dieser  Zeit  unter  Dusche  (Tropfbad)  nur  die  Strahlendusche  ver- 
stand, die  Regendusche  hieß  Trauf-  oder  Sturzbad  und  wurde  nur  kalt  verwendet  370*. 

*  ZwiERLEiN  gebrauchte  1793  dafür  den  Namen  Spritzbad  (siehe  auch  Ferro  S.  50)   und  führte  als 
Martin,  Badewesen  20 


306  Duschemassage  und  schottische  Dusche 

Die  bewegliche  Strahlendusche  unter  Verwendung  einer  Art  Feuerspritze  wurde  von 
einem  Dr.  Lucas  vorgeschlagen,  was  Zuckert  1768  erwähnt  343.  Zur  Unterstützung  der 
Duschewirkung  rieb  man  die  Glieder.  Das  besorgte  der  Kranke  selbst,  und  in  dieser  Form 
war  die  „Douchemassage"  ein  allgemeiner  Brauch.  Zu  Aix  in  Savoyen,  Aachen  und 
Warmbrunn  bestand  noch  eine  besondere  Anwendungsart.  „Es  setzt  sich  nämlich", 
schreibt  Rüsch  1832,  „der  Badewärter  zu  dem  Kranken  in  eine  ovale  Wanne,  reibt, 
streicht,  drückt,  dehnt,  manipulirt  während  dem  Herabströmen  eines  Wasserstrahls  die 
Glieder  desselben  eine  Viertelstunde  lang  unausgesetzt:  durch  welche  Behandlung  die 
Wirksamkeit  der  Douche  sehr  erhöht  werden  soll"  88.  Auch  Justinus  Kerner  erwähnt 
1832  von  Aachen,  daß  dort  eigene  Leute  männlichen  und  weiblichen  Geschlechts 
(Frotteurs  und  Frotteuses  genannt)  zum  Reiben  der  kranken  Gelenke  mit  der  bloßen 
Hand  während  des  Duschens  angestellt  seien  325.  in  seiner  Gymnastik  weist  TissoT 
darauf  hin,  daß  man  bei  Gelenkerkrankungen  zur  Vermeidung  von  Steifigkeit  und  Kon- 

Charakteristikum  desselben  an,  daß  der  ganze  Körper  von  vielen  kleinen  Tropfen  aus  einem  durch- 
löcherten Gefäße  wie  aus  einer  Gießkanne  getroffen  werde.  An  die  Stelle  einer  komplizierten  Vor- 
richtung setzte  er  dann  auch  die  einfache  Gießkanne,  mit  der  er  auf  einem  Stuhle  stehend  den 
Kranken  begoß  ^^^.  Das  kalte  Traufbad  wurde  in  Deutschland  in  der  zweiten  Hälfte  des  18.  Jahr- 
hunderts von  England  aus  durch  den  Pyrmonter  Badearzt  Marcard  eingeführt  "^o.  Der  häufig  ge- 
brauchte Name  „schower  bath"  erinnerte  bei  uns  an  den  englischen  Ursprung.  In  Frankreich,  wo- 
hin diese  Badeform  um  dieselbe  Zeit  gelangte,  wurde  sie  geradezu  englische  oder  häufiger  schottische 
Dusche  (Douche  ecossaise)  genannt ^o.  Nach  zwei  Schriften  von  Despine,  auf  die  Forestier  (Ar- 
chives  gener.  d'hydrologie,  IQOO)  hinwies,  war  es  der  Großvater  dieses  Dr.  Despine  —  in  der  einen 
Despierre  (?  Druckfehler  ?)  genannt  — ,  der  in  Edinburg  bei  Dr.  Cullen  das  „schower  bath"  kennen 
gelernt  hatte,  es  zu  Aix  in  Savoyen  einführte  und  zur  Erinnerung  „douche  ecossaise"  nannte.  1850 
verstand  man  nach  der  einen  Schrift  zu  Aix  unter  schottischer  Dusche  das  kalte,  laue  oder  warme 
Bad  in  Regenform  6"°.  —  In  Aix  gab  es  drei  Ärzte  mit  Namen  Despine,  der  älteste  war  wohl  der 
Überführer  des  schower-bath  von  England  nach  Frankreich  (bezw.  Savoyen).  1787  wurde  er  zum 
medizinischen  Direktor  von  Aix  ernannt.  Das  Bad  nahm  unter  seiner  Leitung  einen  ungeheueren 
Aufschwung;  während  es  vorher  drei-  bis  vierhundert  Gäste  jährlich  gezählt  hatte,  mehrten  sich 
diese  —  ausgenommen  während  der  Herrschaft  der  Republik  —  von  Jahr  zu  Jahr,  und  gegen  1830 
waren  zweitausendfünfhundert  bis  dreitausend  anwesend.  Dieser  Despine  starb  1830  fünfundneunzig 
Jahre  alt.  Sein  Sohn,  der  sich  selbst  Despine  pere,  der  Vater  nennt '''*2,  installierte  1822  im  Thermal- 
institute  von  Aix  eine  schottische  Dusche  s'".  Er  selbst  gibt  1838  von  der  douche  ecossaise  die  Er- 
klärung: „C'est  ainsi  qu'on  appelle  ä  Aix-en-Savoie,  le  Schawer  Bath  des  Anglais  ou  Bain  de  pluye 
froid"  ^'^-.  Er  versteht  in  dieser  Bemerkung  demnach  darunter  nur  die  kalte  Regendusche.  Eine 
Reklameschrift  nach  Despine  fils,  dem  Sohne  des  vorigen,  bringt  eine  Abbildung,  bei  welcher  der 
Kranke  mit  den  Füßen  im  (warmen)  Bassinbade  steht  und  vom  Badewärter  einen  (wohl  kalten) 
Regen  von  oben  herab  über  den  ganzen  Körper  erhält''".  Nach  diesen  Ausführungen  ist  man  ver- 
sucht, anzunehmen,  daß  die  schottische  Dusche  der  Familie  Despine  eine  kalte,  laue  oder  warme, 
vielleicht  meist  kalte  allgemeine  Regendusche  war,  bei  welcher  der  Kranke  die  Füße  im  warmen 
Thermalwasser  stehen  hatte,  und  doch  ist  die  Erfindung  unserer  heutigen  schottischen  Dusche,  bei 
der  warmes  und  kaltes  Wasser  nacheinander  gebraucht  wird,  geistiges  Eigentum  des  einen,  näm- 
lich des  zweiten  Despine,  nur  daß  wir  sie  heute  in  der  Regel  nicht  mehr  als  allgemeine  Prozedur 
und  auch  nicht  mehr  als  Regenbad  gebrauchen.  Der  dritte  Despine  (fils)  sagt  in  der  genannten 
Reklameschrift  aus  den  dreißiger  Jahren  des  19.  Jahrhunderts,  daß  bei  der  schottischen  Dusche 
Kälte  und  Wärme  abwechsele.  Sie  wurde  zur  Bekämpfung  von  Nervenkrankheiten,  allgemeiner 
Schwäche,  Lähmung  und  Rheumatismen  gebraucht ''^i.  Auch  Rüsch  erwähnt  1832  von  Aix  in  Sa- 
voyen: „Despine  läßt  Wasser  von  35  Grad  R.  mit  solchem,  das  beinahe  bis  zum  Gefrierpunkt  er- 
kaltet ist,  abwechselnd  in  einem  Strahle  (! !)  auf  den  leidenden  Teil  (! !)  strömen,  wobei  er  bei 
Nervenaffektionen  vorzüglichsten  Nutzen  wahrnahm ;  dies  ist  die  sogenannte  schottische  Douche"  ^s. 


Die  Mineraldampfbäder 


307 


trakturen  einige  Tage  nach  dem  Schwinden  des  Schmerzes  und  der  Entzündung  neben 
passiven  Bewegungen  Reiben  der  Gelenke  und  namentlich  die  warme  Dusche  mit 
großer  Fallhöhe  anwenden  müsse,  die  durch  ihren  Stoß  schon  als  Erschütterung  wirke, 
um  allmählich  zu  aktiven  Bewegungen  überzugehen.  Die  Dusche  von  warmem  Mineral- 
wasser hielt  er  für  besonders  vorteilhaft  und  stützte  sich  dabei  auf  die  guten  Berichte 
aus  Aachen  453.  1758  machte  Zuckert  darauf  aufmerksam,  daß  bei  irgendwelcher  Ent- 
zündung an  den  Gliedern  oder  in  den  Eingeweiden  die  Dusche  auf  jeden  Fall  unter- 
bleiben müsse. 

Gegen  Ende  des  16.  Jahrhunderts  kam  aus  Italien  eine  zweite  neue  Gebrauchsart  der 
Mineralbäder  nach  Deutschland,  die  Verwendung  als  Stufe,  auf  Deutsch  als  Dampfbad, 
direkt  über  oder  in  unmittelbarer  Nähe  der 
Quelle.  Nach  Bauhin  hatte  man  in  Italien 
drei  Hauptarten  in  Gebrauch.  Die  Dämpfe 
wurden  entweder  über  der  Quelle  aufgefangen 
und  durch  einen  engen  Gang  in  ein  kleines 
Haus  geführt,  oder  man  schwitzte  in  Höhlen, 
unter  der  sich  „feurige  Hitze"  befand,  und  die 
nach  Art  der  Badestuben  aufsteigende  Bänke 
hatten,  oder  man  steckte  nur  einzelne  Glieder 
in  kleine  Höhlen.  Bauhin  schlug  für  das  Boller 
Bad  vor,  die  Kessel  und  Deckel  so  zuzurüsten, 
daß  das  Wasser,  welches  heraustropfte,  zum 
Trinken  könne  aufgefangen  werden  und  die 
Dünste  durch  Kanäle,  welche  man  vor  die 
Löcher  gestellt,  in  das  über  dem  Kessel  gelegene 
Kämmerlein  aufsteigen  konnten.  In  dieser  Kam- 
mer sollten  Häußlein  mit  krummen  Teucheln    Abb.  134.  Entwurf  Blondels  zu  Dampfbädern 

,.     ,,      ...  ,,  ,  ,         in  Aachen.   Kupfer  aus:  Blondel,  Thermarum 

an  die  Kanäle  angeschlossen  werden,  wo   der     Aquisgranensium    et     Porcetananarum    eluci- 

Kranke  auf  einem  hölzernen   durchlöcherten  datio  et  thaumaturgia.    Aachen,  I688. 

Brette  saß  und  der  Kopf  sich  außerhalb  des  Häuschens  befand,  also  ein  Schwitzkasten, 
wie  er  schon  beschrieben  wurde.  Ein  derartiges  Schweißbad  befand  sich  bereits  beim 
Bad  zu  Plombieres,  und  Bauhin  schlug  vor,  dort  mehrere  zu  errichten,  ebenso  zu  Baden- 
Baden  und  zu  Baden  in  der  Schweiz  33i.  in  Baden-Baden  wollte  man  aber  davon  nichts 
wissen.  Hess  nahm  1606  an,  ein  solches  Dampfbad  müsse  über  der  Quelle  liegen,  wo- 
durch das  Badewasser  durch  abrinnenden  Schweiß  verunreinigt  würde,  außerdem  könne 
man  das  Gewölbe  des  Hauptquells  nicht  zerstören  362  Vornehme  Männer  und  Ärzte 
verlangten  „schweiß-  oder  schwadembäder"  für  Aachen  und  Burtscheid,  und  Blondel 
schlug  1688  den  in  Abb.  134  wiedergegebenen  Kasten  Kir  das  Kaisersbad  an  der  Stelle, 
wo  das  überflüssige  Wasser  ablief,  vor.  Eine  Art  aufsteigende  Dampfdusche  im  St.  Cor- 
nelius- und  im  Rosenbade  bildet  Blondel  ab  (Abb.  133  links),  beschreibt  sie  aber  nicht  409 


308 


Die  Minemidampfbäder 


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Abb.  135.    Bilder  aus  Aachen  von  1827.    a  Die  Art,  wie  man  das  warme  Wasser  auf  die  schwachen 

OHeder  fließen  läßt,    b  Trockenbad  oder  auf  was  für  Art  man  den  Dampf  von  dem  Wasser  auf  die 

kranl<en  Glieder  bringt,    c  Gebrauch  des  trockenen  oder  Dampfbades,    d  Das  halbe  Dunstbad.    e  Das 

halbe  Wasserbad.    Kupfer  aus:  Blondel,  Beschryving  van  de  Stad  Aken.    Leiden,  1727. 

Dampfkästen  für  den  ganzen  und  halben  Köper  und  Dampfduschen  für  einzelne  Glieder 
finden  sich  im  18.  Jahrhundert  in  mehreren  Schriften  über  Aachen  angegeben 
(Abb.  135)263.  410.  1768  sagt  Zuckert,  daß  die  mineralischen  Dampfbäder  nur  bei  den 
schwefelhaltigen  Thermen  angebracht  seien,  die  übrigen  hätten  vor  dem  gewöhnlichen 
Dampfbade  keinen  Vorzug  343  Jn  Karlsbad  wurde  1794  ein  kleines  Dampfbad  gegen 
den  Sprudel  hin  errichtet,  das  1825  unter  Weglassung  der  Wasserbäder  zu  einer  größeren 
Dampfbadeanstalt  mit  mehreren  Kästen  über  der  Hygieensquelle  umgestaltet  wurde. 
Die  Erbauung  geschah  unter  Leitung  eines  Dr.  Jean  de  Caro,  der  sie  1829  beschrieb  347 
In  einen  neuen  Entwicklungsabschnitt  traten  die  Dampfbäder  mit  dem  Auftreten  des 
bayerischen  Legationsrates  Carl  von  Gimbernat.    Seine  Vorstudien  machte  er  in  Aix 


Die  Mineraldampfbäder 


309 


in  Savoyen,  1823  kam  er  nach  Baden  in  der  Schweiz,  wo  er  in  aller  Stille  seine  Unter- 
suchungen begann.  Er  glaubte  schon  in  Aix  eine  organische  Substanz,  gebildet  durch 
die  elastische  Flüssigkeit  dieser  Quelle,  gefunden  zu  haben,  die  viel  Gleichheit  mit  der 
tierischen  Substanz  und  alle  negativen  Eigenschaften  von  Azot  (Stickstoff)  haben  solle, 
dessen  Gegenwart  sich  ihm  im  Gas  der  Quelle  anzeige.  Nach  ihm  verlor  sich  wegen 
unzweckmäßiger  Einrichtungen  der  Behälter,  der  Quellen,  der  Wasserleitungen  die 
Haupttugend  dieser  elastischen  Flüssigkeit  so  sehr,  daß  Gas  und  Schwefel  nur  in  sehr 
unbedeutender  Menge  zu  den  Bädern  und  Brunnen  gelange.  Die  Eigentümer  der  großen 
Bäder  gingen  auf  Versuche  Gimbernats  nicht  ein,  die  er  dann  in  den  kleinen  anstellte. 
1824  legte  er  der  Stadt  Baden,  nachdem  er  von  der  aargauischen  Regierung  die  Zu- 
sicherung zur  Unterstützung  seiner  Pläne  erhalten  hatte,  eine  Zuschrift  vor,  in  der  er 
unter  anderem  zeigte,  daß  der  größte  Teil  der  elastischen  Flüssigkeiten,  die  sich  aus  den 
Thermalquellen  entwickeln,  ein  dem  Azot  (Stickstoff)  entsprechendes  Gas  sei,  dem  er 
den  Namen  tierischer  Thermalstoff  gab,  daß  dieses  Schwefelgas  sich  sehr  schnell  zer- 
setze und  fast  weder  Gas  noch  Schwefel  zu  den  Wassersammlern  gelange,  was  für  die 
Kranken  ein  großer  Verlust  sei,  indem  ihnen  von  der  Kraft  dieser  Schwefelbäder  und 
des  Gases,  das  hier  die  Natur  in  großer  Menge  diesen  Heilquellen  mitteile,  nichts  zu- 
gute komme.  Er  wollte  ein  großes  Vaporarium  über  dem  Verenabade  errichten  und  bei 
Erfolgen  die  Badebesitzer  zur  Errichtung  ähnlicher  Anstalten  ermuntern.  Am  3.  Juli 
wurde  der  erste  Dampfkasten  über  dem  Verenabade  errichtet.  Gimbe^nat  erhielt  nach 
England  und  Frankreich  ehrenvolle  Einladungen,  blieb  aber  in  Baden  und  verlangte 
vom  Stadtrate  auch  eine  Abkühlungsanstalt  (Tepidarium),  weil  das  allzuschnelle  Aus- 
setzen des  gebadeten  Körpers  an  die  freie 
Luft  gerade  in  dem  Maße  schädlich  sei,  als 
die  Gasbäder  bei  dem  Gebrauch  eines  Tepi- 
darii  nützen  könnten.  Seine  Wünsche  er- 
regten den  Unwillen  der  Bevölkerung.  Als 
die  Regierung  vorschlug,  ihm  als  Wohltäter 
der  Menschheit  das  Bürgerrecht  zu  schenken, 
erklärte  sich  die  Bürgerschaft  damit  nicht 
einverstanden.  Zwar  empfahl  die  Sanitäts- 
kommission die  Errichtung  von  Thermal- 
bädern und  Tepidarien  in  den  Bädern,  statt 
der  Ausführung  nahm  man  aber  die  Ein- 
richtung im  Verenabade  1825  weg.  GiM- 
BERNAT  protestierte  bei  der  Regierung,  das 
Dampfbad  wurde  wieder  hergestellt.  Auch 
in  den  Höfen  und  dem  Wirtshaus  zum  Bär 

entstanden   nun   Einrichtungen    (Abb.    136),    t^\  ^^^-     Dampfbad  zu  Baden   ,n,   Au,,,,. 
*=         ^  ''    Kupfer  aus  dem:  Neujahrsoeschenk  der  Oe- 

weil  viele  Kranke  in  die  kleinen  Bäder  gingen,    sellschaft  zum  schwarzen  Garten.  Zürich,  1827.2* 


310  Die  Minemidampfbäder 

Das  Haupthindernis  seitens  der  Bäderbesitzer  bei  der  Errichtung  von  Dampfbädern  lag 
darin,  daß  Gimbernat  darauf  bestand,  sie  müßten  direl<t  über  der  Quelle  angelegt 
werden.  Schinznach,  das  nur  eine  einzige  Bade-  und  Trinkquelle  besaß  und  nur  einen 
Kessel,  dessen  Wasser  zu  den  Bädern  nicht  entbehrt  werden  konnte,  der  zugleich  als 
Dampfbad  diente,  mußte  wegen  Beschwerde  der  Badegäste  die  Anstalt  bald  eingehen 
lassen,  die  nicht  in  einem  verunreinigten  Badewasser  sitzen  wollten  353.  ]817  errichtete 
man  auch  zu  Baden-Baden  drei  Dampfbäder  über  dem  an  mehreren  Stellen  durch- 
bohrten Gewölbe  der  Ursprungsquelle.  Im  folgenden  Jahre  wurde  auch  im  Badgast- 
hause zum  Baldreith  ein  Dampfbad  errichtet,  und  1819  kam  eine  große  Dampfbadeanstalt 
an  der  Ursprungsstelle  zustande,  in  deren  zweitem  und  drittem  Stock  sich  vierzehn  Bade- 
kabinette befanden.  In  den  meisten  gab  es  ganze  Dampfbäder,  außerdem  halbe,  Fuß-, 
Arm-,  Schulter-,  Hüft-,  Nacken-,  Ohren-,  Mund-  und  Augendampfbäder,  auch  Vorrich- 
tungen zum  Einatmen  des  Dampfes  3™.  Auch  die  Errichtung  der  Dampfbäder  in  Baden- 
Baden  suchte  Gimbernat  zu  beeinflussen.  Wildbad  hatte  1832  keine  Dampf badeanstalt, 
seine  Temperatur  eignete  sich  nicht  dazu  325.  ihre  Errichtung  war  schließlich  aus  prak- 
tischen Gründen  auf  die  höher  temperierten  Bäder  beschränkt. 

Bemerkt  muß  noch  werden,  daß  nur  der  Gedanke,  besondere  Vorrichtungen  für 
Mineraldampfbäder  zu  errichten,  italienischen  Ursprungs  ist.  Die  Dämpfe  selbst  wurden 
in  Deutschland  schon  früher  verwendet.  Rvff  schlug  z.  B.  vor,  gegen  Wassersucht  den 
ganzen  Körper  mit  Badleim  (dem  Niederschlag  der  Mineralbäder)  zu  bestreichen  und 
über  die  Dämpfe,  nicht  im  Wasser  zu  halten,  später  den  Leim  mit  dem  Wasser  abzu- 
waschen 48  Von  Pfäfers  wurde  sowohl  vom  alten  Bade  (Abb.  130),  als  auch  vom  neuen 
(dessen  Fenster  nicht  zu  öffnen  waren)  (Abb.  131)  gesagt,  daß  die  Badenden  mit  dem 
Oberkörper  gleichsam  in  einem  Dampfbad  säßen,  und  Fabricius  Hildanus  sah  darin 
1610  ein  hervorragendes  Heilmittel,  weswegen  er  auf  eine  Anfrage  hin  angab,  das  Baden 
in  Wannen  mit  Pfäferser  Wasser  außerhalb  des  Bades  selbst  habe  nur  wenig  Wirkung, 
weil  da  der  Dampf  wegfalle  22.  In  Baden  (Schweiz)  empfahl  schon  Conrad  Gessner  zur 
Stärkung  der  Glieder,  diese  über  das  heiße  Wasser  zu  halten  9*,  und  Pansa  erwähnt 
1609  in  Karlsbad  das  Bähen  der  Glieder  vor  dem  Bad  über  warmem  Wasser  in  einem 
Fasse,  das  oben  bedeckt  sein  solle,  wie  man  die  Schweißbäder  anzurichten  pflegt  350. 

Eine  sehr  eingehende  Schilderung  des  Badelebens  im  16.  Jahrhundert  gibt  der  Baseler 
Professor  Pantaleon  von  Baden  in  der  Schweiz  im  Jahre  1578  35.  Die  einzelnen  Bäder 
und  die  dortigen  Gebräuche  beschreibt  er  wie  folgt: 

VON  DEM  FREVEN  BAD 

Das  freye  Bad,  so  auch  das  Burgerbad  genennet,  ist  vnder  dem  heiteren  himmel, 
zwischen  den  Herberigen  auff  einem  zimlichen  besetzten  platz  gelegen.  Es  ist  30  schuh 
lang  vnd  24  schuh  breit,  also  das  vber  die  hundert  menschen  zu  mal  darinnen  baden 
mögen.  Es  ist  auch  zuring  herumb  mit  steinen  blatten  besetzet,  vnd  mancherley  sitz 
darinnen  geordnet.  Hiemit  ist  auch  ein  eck  vnd  viertetheil  deß  Bads  durch  ein  höltzenen 
gatter  vnderschlagen,  vnd  für  die  Weiber  geordnet.  Weil  aber  offt  die  gemeinen  Weiber 


Pantaleons  Bericht  über  Baden  im  Aargau  von  1578  311 

dahin  kommen,  pflegen  sich  andere  in  dem  größeren  Bad  zuenthaiten.  Es  lauffet  ein 
großer  Brunnen  in  diß  Bad  von  deß  großen  stein  ersten  quell  vnd  vrsprung.  Demnach 
auch  ein  kleinere  rören  in  das  vergattert  Frawenbad,  von  dem  viertheil  dises  quell  so 
gegen  der  Herberig  zu  dem  Blumen  gerichtet.  Dises  wirt  alle  freytag  abgelassen  vnd 
sauber  geweschen,  man  laßt  auch  bald  das  wasser  starck  hinein  lauffen,  also  das  dises 
in  sieben  stunden  wider  erfüllet.  Dann  man  darff  disem  Bad  kein,  mangel  an  wasser 
lassen,  vnd  müssen  etwann  andere  mangeln,  biß  dises  erfült  ist.  In  disem  Bad  darff 
jederman  frembd  vnd  heimisch  vmbsonst  baden,  vnd  sein  ergetzung  lang  oder  kurtz 
da  haben.  Fürnemlich  kompt  an  Sambstagen  das  Voick  von  der  Statt  vnd  ab  dem  Land 
mit  hauffen  daher,  vnd  begert  Weib  vnd  Mann  sein  kurtzweil  zu  haben,  vnd  hüpsch  zu 
werden.  Hie  ist  sich  aber  hoch  zu  verwundern  das  man  das  schräpffen  dermassen 
mißbrauchet,  dann  es  will  jederman  schräpffen,  vnnd  vermeinen  mehrtheils  sie  haben 
nit  gebadet  wann  sie  nit  voll  hörnlin  wie  ein  Igel  hangen.  So  jnen  doch  offt  vil  nützer 
das  blut  zu  jnen  zukauffen  ...  Es  were  auch  besser  wann  regenwetter  vorhanden,  man 
sesse  nit  in  das  bad:  dann  ob  wol  dz  bad  halb  bedecket,  vnd  man  sich  an  den  schirm 
thun  mag,  verleuret  doch  das  Bad  durch  deß  regenwassers  Vermischung  sein  qualitet 
vnd  eigenschafft.  Deßhalben  keinem  zu  rahten  das  er  sein  gantze  Badenfart  darinnen 
vollbringen  solle,  dieweil  nicht  alle  zeit  das  wätter  bestendig  sein  mag.  Dises  solle  man 
auch  von  S.  Verena  bad  verstehn.  Es  ist  ein  Badermeister  oder  Scherer  vber  dises 
verordnet,  welcher  der  Knaben  vnzucht  stillen,  vnd  gute  Ordnung  darinnen  erhalten 
solle.  Diser  hat  etwann  zwen,  drey  oder  vier  Diener,  welche  doch  alle  mit  schräpffen 
gnug  zuschaffen,  also  das  ein  parthey  offt  der  andern  kümerlich  mag  platz  geben.  Deß- 
halben auch  offt  das  bad  dermassen  geferbet,  als  wann  man  in  dem  blut  badet.  Diser 
hat  es  von  der  Statt  zu  einem  Lehen  entpfangen,  verdienet  vil  gelt,  vnd  muß  auß  disem 
Bad  vnd  seiner  behausung  järlich  40  Gulden  erlegen. 

VON  SANCT  VERENABAD 
Dises  Bad  ligt  auch  vnder  dem  Himmel  auf  der  anderen  seiten  deß  grossen  platz,  in 
gleicher  form  wie  das  freye  bad  mit  steinen  vnd  mauren  eingefasset,  es  ist  34  schuh 
lang  vnd  20  breit.  Es  baden  mehrtheils  arme  prästhaffte  leut  darinnen.  Daher  es  auch 
S.  Verenabad  genennet.  Dann  dise  heilige  Fraw  ist  mit  sampt  S.  Mauritio  vnd  dem 
Christenlichen  hauffen  vnder  den  Heydnischen  Keysern  Diocietiano,  Maxentio  vnd 
Maximino  vmb  das  300  jare  nach  Christi  geburt,  als  jhrer  ordenlichen  Oberkeit  hilff  zu 
beweisen,  auß  Affrica  in  der  Heluetier  land  kommen :  wie  auch  die  Thebanische  Legion 
zu  Martinach  in  Wallis  als  bestendige  Christen  grausam  gemartert,  vnd  etliche  auß  jnen 
als  S.  Felix,  Regula,  Vrsus  vnd  andere  Weib  vnd  Mannspersonen  mehr  biß  an  die  Aar 
vnd  Limmat  entronen,  auch  letstlich  durch  die  Keyserliche  Landtuögt  hingericht,  hat 
S.  Verena  in  disem  Bad  den  armen  gedienet,  jhr  gut  jnen  reichlich  mitgetheilet,  vnnd  sie 
den  Christen  glauben  gelehrt,  biß  sie  zu  letst  auch  abgethon  worden.  Dise  ligt  nicht 
weit  von  disem  Bad  zu  Zurzach  begraben,  da  auch  ein  reiche  gestifft  vorhanden.  In 
disem  bad  entspringet  der  ander  quall  gantz  reichlich  herfür,  vnd  zeigen  sich  vil  bläter- 


312  Pantaleons  Bericht  über  Baden  im  Aargau  von  1578 

lin  als  wann  ein  hafen  auffquallet.  Es  ist  aber  hie  ein  abergieubischer  wohn  vor- 
handen. 

Dann  es  vermeinen  hie  jren  vil,  wann  ein  vnfruchtbare  Fraw  darinnen  bade,  vnd 
ein  fuß  in  dz  loch  stosse,  da  dz  wasser  herfür  quillet,  es  werde  S.  Verena  bey  Gott  er- 
werben dz  sie  fruchtbar  werde.  Deßhalben  sich  auch  begibt,  wann  das  bad  sauber  ab- 
geiossen  vnnd  geweschen,  welches  dann  zweymalen  in  der  wochen  beschicht  am  Mitt- 
wochen vnnd  Sambstag,  das  vil  schöner  reicher  Frawen  mit  guldinen  Ketten  bezieret 
sich  darein  setzen,  den  fuß  hinein  stossen,  jr  gebett  vollbringen,  vnnd  den  armen  jr 
allmusen  mittheilen.  Es  begibt  sich  auch  offt  das  sie  bald  hernach  schwanger  werden. 
Man  findet  wol  etliche  so  da  vermeinen  es  helffen  auch  etwann  die  starcken  Bettler 
darzu,  welcher  vil  darinnen  vorhanden.  Man  thut  aber  den  ehrlichen  Frawen  vnrecht: 
dann  wann  sie  darinnen  baden,  ist  heiterer  häller  tag  etwann  zwo  stund  vor  dem  jmbiß 
mal,  vnd  stehn  vil  leut  vmb  das  bad  so  jnen  zulugen.  Ich  weiß  aber  ein  bessere  vrsach. 
Nämlich  das  dises  bad  art  vnd  eigenschafft  ist  die  Bermuter  außzutrücknen  vnd  zu  er- 
wermen  also  das  sie  geschickter  wirt  zu  entpfahen.  Also  muß  ein  jeder  Acker  bereitet 
werden,  so  den  samen  entpfahen,  vnd  hernach  frucht  bringen  solle.  Weil  auch  in  disem 
bad  das  wasser  nit  oben  herab  durch  die  Kenel  fallet,  sonder  von  vnden  auff  quillet, 
wirt  die  muter  vil  krefftiger  erwermet,  so  man  ein  stund  bey  dem  loch  sitzet,  dann  wann 
man  sonst  ein  gantzen  tag  im  anderen  wasser  sesse  .... 

So  vil  aber  die  armen  leut  belanget  kommen  offt  vorab  im  Meyen  etliche  hundert 
dahin  zusamen.  Sie  müssen  aber  vorhin  vmb  ein  Herberig  lugen  damit  sie  jr  heimwesen 
haben  vnd  nit  dörffen  auff  der  gassen  ligen,  wie  dann  zwo  oder  drey  zunechst  bey  dem 
bade  vorhanden.  Dise  werden  durch  fromer  leuten  allmusen  teglichen  erhalten.  Es  setzen 
die  armen  jre  schusseln  zuring  vmb  das  bad  auff  die  mauren,  vnd  bleiben  sie  im  bad 
sitzen,  darff  auch  keiner  die  seine  anzeigen.  Dann  legt  man  Oelt,  Brot,  Wein,  Suppen, 
Fleisch,  oder  anders  in  die  Schüsseln,  vnd  weißt  niemand  welchem  dise  zu  gehörig. 
Wann  auch  etwann  große  heuffen  herzugetragen,  theilet  der  Wechter,  so  sein  Heußlin 
an  dem  Bad  hat,  dises  ordentlichen  auß,  vnd  ermanet  dise  zubetten  vnd  sich  danckbar 
zu  erzeigen.  Demnach  geht  ein  jeder  herfür,  vnd  nimpt  wz  in  seiner  schusseln  ist.  Weil 
aber  hie  offt  vnder  den  frommen  sich  auch  vil  böser  buben  vnd  seck  einmischen  so 
nicht  wercken  mögen,  sonder  andern  dörfftigen  das  Brot  vor  dem  maul  abschneiden, 
were  notwendig  vnd  nutzlich  wann  ein  jeder  armer,  so  sich  deß  allmusen  behelffen 
wille,  ein  schein  von  jrer  Oberkeit  brechten,  das  sie  dises  nottürfftig  vnd  dz  allmusen 
an  jnen  wol  angelegt  were.  Es  wurden  sich  hiemit  vil  böser  Buben  schemmen,  vnd 
einem  biderman  wercken  müssen,  welche  sonst  deß  müssiggangs  gewohnen,  vnd  in 
vil  böse  laster,  als  stälen  vnd  morden  gerahten.  Es  hat  sich  im  1571  jar  zugetragen,  das 
ein  Vatter  Heine  Eyselin  vnd  der  Sohn  Lude  genennet,  mit  der  Muter  daselbst  gebadet, 
auch  etwann  öpffel  vnd  byren  auß  den  Dörffern  zugetragen  vnd  da  verkauffet.  Wann 
aber  dise  vermercket,  das  etwann  schlechte  leut  auß  dem  Bad  wollen  heimziehen,  haben 
sie  an  kommlichen  orhten  auff  sie  gewartet,  vnnd  dise  errnördet  vnnd  vmbgebracht:  dise 


Pantaleons  Bericht  über  Baden  im  Aargau  von  1578  313 

seind  hernach  zu  Brück  gefangen  worden,  vnnd  hat  sich  der  Vatter  nach  bekannter 
schuld  inn  der  gefengknuß  selbs  erhencket,  der  Sohn  warde  auff  das  Rad  gelegt,  vnd 
die  Muter  ertrencket.  Wann  sie  hetten  ein  schein  von  jrer  Oberkeit  sollen  bringen, 
wurden  sie  disen  nicht  bald  erlanget  haben.  Dann  ob  sie  wol  sich  einer  kranckheit  an- 
genommen, wäre  es  doch  nur  ein  erdichteter  handel,  vnd  mochten  wol  wercken.  Ich 
hette  jnen  dises  nicht  vertrawet.  Dann  sie  seind  lang  auch  zu  Basel  gewesen,  vnnd 
haben  mir  offt  in  Reben  vmb  ein  Tagion  gewercket. 

Wann  die  armen  etwas  vnzucht  begeh n,  werden  sie  von  dem  Wächter  gestraffet 
vnnd  in  das  taubheußlin  gesetzet,  so  vnden  zu  dem  Schlüssel  steht.  Wann  auch  jr 
Badenfart  nach  einem  Monat  vollendet,  manet  er  dise  ab,  vnnd  heisset  die  je  nach  ge- 
legenheit  deß  prästen  hinweg  ziehen,  damit  ander  leut  mögen  platz  haben.  Sie  müssen 
jm  auch  bey  schwerer  straff  gehorsamen. 

VON  DEM  STADHOF 

Der  Stadhof,  so  auch  der  vordere  Hof  genennt,  vnd  an  der  Limmat  gestad  gelegen, 
ist  ein  grosse  lustige  Herberig,  so  mit  vil  schönen  stuben,  sälen  vnd  gemachen  bezieret. 
Daselbst  seind  zwo  grosser  Kuchen  vorhanden.  Die  eine  gehöret  dem  Herren  wirt  zu, 
auß  welcher  er  die  Gest  mit  ordenlichen  malen,  oder  mit  dem  pfennwert  noch  eines 
jeden  gelegenheit  speisset.  Die  andere  hat  ein  besonderen  Koch  für  alle  dise  so  selbs 
einkauffen,  vnd  jre  speiß  nach  gefallen  zu  Kochen  begeren.  Dann  es  ist  solches  einem 
jeden  zugelassen.  In  disem  Hof  seind  acht  lustige  Beder  vnder  welchen  fünffe  gemein : 
vnnd  die  vberigen  drey  werden  sonderbaren  personen  vmb  ein  bestimpt  Gelt  zu  jeder 
Wochen  mit  sampt  den  ordenlichen  gemachen,  verliehen. 

Das  erst  ist  das  Herrenbad,  in  welchem  Edel  vnd  Vnedel,  Geistlich  vnd  Weltlich, 
Jung  vnd  Alt  Mannspersonen  von  den  Catholischen  oder  Euangelischen  ohne  alles  dis- 
putieren vnd  zancken,  gantz  freundtlich  nach  vnd  nach  zusammen  kommen,  vngefahr 
bey  20.  Es  ist  15  schuh  lang,  vnd  13  schuh  breit.  Diser  wirt  durch  den  ersten  quall 
so  vor  dem  Hof  bey  dem  grossen  stein  vorhanden,  mit  sampt  dem  Frawenbad,  vnd  den 
vndern  dreyen  sonderbaren  Bedern  zubereitet  vnd  gewermet.  Man  mag  auch  dises  heiß, 
warm,  oder  law  machen,  nach  dem  man  den  zapffen  außzeuhet,  darzu  vil  oder  wenig 
lauften  lasset.  Dises  ist  fast  dem  Hof  eben,  vnnd  mag  man  also  sitzende  hinauß  durch 
die  thüren  in  Hof  sehen,  vnd  mancherley  Voick  besichtigen.  Welcher  in  dises  Bad  will, 
gibt  zu  einzug  zwen  doppelfierer,  oder  ein  angster  vnd  drey  Creutzer.  Demnach  geben 
sie  alle  morgens  vmb  sechs  vhr  die  suppen  (Abb.  87),  ordenlich  nach  einander,  etwann 
einer  vil  der  ander  wenig,  nach  dem  ein  jeder  will  gesehen  sein.  Ob  wol  auch  zu  vil  essen 
vnd  trincken  in  dem  Bad  nicht  nutz,  begibt  sich  doch  offt  das  jren  vil,  so  vmb  drey  oder 
vier  vhren  in  das  Bad  sitzen,  eines  süpplin  notwendig,  vnd  nicht  lenger  mögen  one 
trincken  sein.  Doch  were  gut  das  hierinn  ein  Ordnung  gemacht,  vnd  das  auff  ein  Per- 
son nicht  vber  ein  halb  maß  weins  gegeben  wurde:  solches  brechte  dem  Bad  einen 
besseren  nammen,  vnd  dörffte  man  nit  öffentlich  schreiben  vnnd  in  truck  lassen  kom- 
men, es  were  der  Schlemmer  Bad,  vnnd  wurde  hie  die  volle  Mette  gesungen.    Dann  es 


314 


Pantaleons  Bericht  über  Baden  im  Aargau  von  1578 


mögen  der  Badergesellen  der  sach  nach  jrem  gefallen  mit  einander  eins  werden.  Wann 
man  die  Suppen  gar  abstellen,  wurde  meniglich  arm  vnd  reich  darinnen  Baden,  vnnd 
das  Bad  mit  personen  vberfüUet  sein,  das  man  sich  nicht  wol  geregen  möchte.  Man 
bettet  vor  vnd  nach  der  morgensuppen  vnd  dancket  dann  mit  einem  kurtzweiligen  Lied 
dem  Wirt,  damit  er  lang  mit  ehren  lebe,  biß  er  jnen  wider  gibt.  Nach  disem  bestellet 
man  ein  anderen  Wirt,  auff  welchen  die  Ordnung  kommet,  setzet  jm  einen  Krantz  auff, 
vnd  dröwet  jhm  in  dem  gesang  man  wolle  morgen  zu  jm  kommen,  mit  Pfeyffen  vnd 
mit  Trommen.  Doch  lasset  man  am  Sontag  vnd  grossen  Feyrtagen  die  gemeine  Suppen 
vnnd  gesang  anstehn. 

In  disem  bad  wirt  ein  Schultheiß  erwelet  mit  mehrer  band  der  Badergesellen,  deß- 
gleichen  ein  Statthalter,  Seckelmeister,  Caplan,  Schreiber,  Großweybel,  Kalthanß,  Scherg 
und  Nachrichter,  sonachdersuppendasgericht(Abb.  137)  besitzen,  vnnd  die  vnzucht,  so 
daselbst  vnd  in  allen  Bedern  dises  Hofs  begangen,  wol  straffen  vnd  abstellen  mögen.  Es 

muß  auch  ein  jeder 
Badergesell  dem 
Schultheissen  mit 
der  lincken  band  an 
den  Stab  geloben 
jme  zu  gehorsamen. 
Was  für  bussen 
fallen,  geben  sieden 
armen  oder  vmb 
Wein,  oder  ver- 
zehren es  mit  einan- 
dern.  Also  geht 
jnen  der  morgen  mit 
kurtzweil  hinweg. 
Wann  auch  jemand 
außgebadet,  nimpt 


Abb.  137. 


Badgericht  in  der  zweiten  Hälfte   des    16.  Jahrhunderts.    Holz- 
schnitt aus:  MÜNSTER,  Cosmographey.    Basel,  1598. 


er  freundlich  vriaub  vnd  gibt  sein  ehriich  letze*. 


*  Leonhart  Strübin  beschrieb  1576  das  Badgericht :  „Nun  volgt  der  bruch  der  badenden,  in  beyden 
Höfen,  hinder  vnd  Statthof  im  Herrenbad,  welcher  darein  sitzt,  muß  erstlich  das  Burgrecht  kauften 
mit  einem  oder  zweien  fuder  wyn,  so  mit  zweyen  reiften  gebunden,  das  ist  ein  maß  oder  zwo  wyn, 
vnd  gibt  jeder  ein  morgen  suppen,  alle  morgen  ein  Wirt  gemacht,  derselbig  muß  den  andern  tag 
Wirt  syn  vnd  die  suppen  geben,  also  von  eim  zum  andern,  vnnd  nach  der  suppen  halt  man  Gericht, 
da  ist  der  Schultheiß  vnd  Vogt  des  Rychs,  Seckelmeister,  Schreyber,  Landweybel,  Hencker  vnd  für- 
sprechen,  vnd  welcher  das  Burgrecht  gelobt,  sol  die  rechte  band  an  der  brüch  haben,  vnd  mit  der 
lincken  hand  an  den  Richterstab  geloben,  lieb  vnd  leid  mit  den  rüdigen  vnd  schebigen  bader  ge- 
sellen liden  vnd  tragen,  vnd  was  im  bad  gehandlet  wirt  allzit  bliben  lassen,  die  bader  straffen,  so 
einer  etwas  vnzüchtigs  begieng,  oder  ouch  schimpflich  mit  wyberen  oder  in  seinem  gemach,  der 
wirt  morgen  vom  Landtweybel  beklagt,  vnd  vmb  ein  füder  wyn  drey,  vier  oder  mehr  gestrafft,  be- 
sonder vnzucht  vnd  Gotts  lesterung  vnd  alle  straffen  alle  morgen  dem  Seckelmeister  vberantwortet, 
welcher   auch  syn  Badenfart  endet,  der  Stadt  vor  dem  Bad,  dancket  guten  Herren   vnd  Badergselln 


Pantaleons  Bericht  über  Baden  im  Aargau  von  1578  315 

Das  ander  ist  das  Frawenbad,  in  weichem  alleriey  ehren  Frawen  vnnd  Jungfrawen 
zusammen  i<ommen,  mehrtheils  bey  30.  Es  ist  16  schuh  lang,  vnd  10  schuh  breit.  Dises 
bekommet  auch  sein  wasser  von  der  ersten  quell  so  vnder  dem  grossen  stein  vor  dem 
Hof  entspringet,  vnnd  \N\ri  durch  Kenel  hinein  geleitet,  vnd  durch  den  lauffenden  zapffen 
gemindert  oder  gemehret.  In  disem  haben  die  Frawen  auch  alle  tag  nach  Ordnung  jr 
Wirtin,  haben  ein  fröliche  suppen,  dancken  derselbigen,  vnd  machen  dann  ein  andere 
mit  einem  Krantz  vnd  frölichen  gesang,  wie  in  dem  Herrenbad.  Sie  haben  auch  ein  be- 
sondere Seckelmeisterin,  welche  jhr  gelt  vnd  letzin  in  seckei  entpfahet,  das  sie  auch  mit 
einandern  freundtlich  verzehren.  Wann  aber  etwas  vngeschickt  vnnd  straffwürdig  bey 
jhnen  fürgeht,  zeigen  sie  es  dem  Schultheissen  vnd  gericht  im  Herren  Bad  an,  damit 
darüber  etwas  nach  altem  gebrauch  erkennet  werde. 

Das  dritte  ist  der  Kessel,  so  18  schuh  lang  vnd  15  breit.  In  disen  kompt  alleriey 
Voick,  Weyb  vnnd  Mann,  bey  den  50  Personen  zusammen,  seind  züchtig  vnd  freundt- 
lich beyeinandern,  vnd  isset  ein  jeder  was  jm  gefalt,  vnd  wz  es  vermag.  Doch  seind 
sie  auch  deß  Herren  bads  gericht  vnderworffen.  Es  mag  auch  ein  jeder  auß  dem  Herren 
oder  Frawen  bad  etwann  in  Kessel  gehn,  sich  wol  zu  erwermen.  Hergegen  dörffen 
aber  dise  nicht  in  dieselbigen  gehn,  sie  machen  sich  dann  der  suppen  theilhafftig.  Dises 
ist  ein  wunderbar  gut  vnnd  krefftiges  Bad,  welches  von  vnden  her  gantz  reichlich  her- 
für quillet,  vnd  dasselbig  Bad  krefftig  erwermet.  Der  Kessel  haltet  obenher  im  zirckel 
20  spannen  vmbsich,  vnnd  wann  ein  Mann  auff  dem  jnneren  gattern  steht,  so  ob  dem 
Brunnquell  ist,  geht  er  einem  biß  an  die  brüst.  Es  hat  dises  bad  ein  nutzliche  würckung 
vnd  werden  offt  contracte  vnd  lame  hinein  getragen,  welche  bald  hernach  frisch  vnd 
gerad  selbs  wider  herauß  gehn,  wie  in  dem  1577  jar  einem  Frewlin  von  Waltzhut  be- 
schehen,  welche  sich  nit  vberessen,  vnd  mit  Ordnung  gebadet.  Ich  raht  auch  insonder- 
heit den  Weibern,  so  etwas  mangel  an  der  Bermuter  befinden  oder  vnfruchtbar  seind, 
dz  sie  sich  offt  zu  disem  Kessel  setzen,  vnd  die  füß  hinein  hencken,  so  werden  sie  ge- 
wißlich jr  Badenfart  wol  anlegen,  vnd  nicht  begeren  den  Badkosten  wider  in  dem  Seckei 
zu  haben,  wie  ich  solches  von  vil  ehrlichen  Weib  vnd  Mannspersonen  gehöret,  so  nicht 
zustreng,  sonder  ordenlich  gebadet,  wie  wir  hernach  wollen  anzeigen. 

Das  vierdte  ist  neben  dem  Kessel,  vnd  wirt  von  demselbigen  auch  erwermet.  Doch 
ist  es  nicht  also  heiß,  wie  der  Kessel,  weil  er  durch  den  Bogen  lauffet,  vnd  in  dem  vber- 
schlagen  etwas  kelter  wirt.  Darumb  solle  man  erstlich  in  dises,  vnd  vber  ein  stund  oder 
zwo  in  den  Kessel  sitzen.  Es  ist  16  schuh  lang  vnd  13  breit.  Dahin  kommen  auch 
Weib  vnd  Mann  jung  vnd  alt  bey  40  etwann  zusammen. 

Das  fünffte  ist  neben  der  Frawen  bad,  vnd  bekompt  sein  wasser  auch  auß  vorge- 

jhr  ehr  vnd  zucht  vnd  bewißne  gute  gesellschafft,  hieby  mit  bit  begerende  ob  er  jemandts  erzürnt 
jm  verzyhen,  vnd  hieruff  gibt  vnnd  schenckt  er  die  letzte,  jeder  nach  synem  vermögen  vnd  gefallen, 
etwann  zwen,  drey  oder  vier  batzen,  mehr  oder  minder,  vnd  dann  vss  disem  straff  vnd  letze  gelt, 
zert  man  täglich  zoben,  hieneben  frey  vnd  vngezwungen  essen  oder  fasten.  Es  ist  ouch  bey  den 
Wirten  frey  das  mal  oder  pfennwert  nemmen  oder  essen.  So  vil  vom  bruch  vnd  art  des  Bads  dem 
vnwissenden,  guter  freundtlicher  meinung  fürgestelt"  398. 


316  Pantaleons  Bericht  über  Baden  im  Aargau  von  1578 

meltem  Kessel,  vnd  lasset  die  hitz  durch  das  ablauffen  auch  etwas  nach.  Es  ist  fast  in 
der  Frawen  bad  große,  vnd  kommen  allerley  personen,  wie  in  vorgemeldtem,  bey  den 
40  dahin  zusammen.  Wann  aber  der  Frawen  Bad  mit  personen  gar  erfüllet,  so  müssen 
alle  andere  personen  weichen,  vnd  nemmen  es  die  Frawen,  so  die  suppen  geben,  auch 
für  sich  ein.  Dise  Beder  werden  alle  nacht  sauber  geweschen,  vnd  ist  man  nicht  anders, 
weder  dem  Badwäscher,  alle  wuchen  ein  Creutzer  schuldig. 

Das  sechßte  heisset  deß  Bischoffs  vnd  etwann  deß  Marggrauen  bad.  Es  wirt  sonder- 
baren personen  verliehen,  vnd  bekompt  sein  wasser,  von  der  ersten  brunnquell,  wie  das 
Herren  bad.  Dises  ist  10  schuh  lang  vnd  8  breit,  wie  die  zwey  volgende.  In  disem  ist 
der  Durchleuchtige,  Hochgeboren  Jörg  Friederich  Marggraue  zu  Brandenburg  auff 
einem  Pferde  sitzende  gemalet,  so  daselbst  im  1575  jar  in  eigner  person  gebadet.  Wann 
ich  an  dises  Bad  gedenck,  muß  ich  warlich  eines  wunderbaren  bossen  lachen  so  dar- 
innen fürgangen  vnd  würdig  zubeschreiben. 

In  gemeltem  Jare  hatten  Burgermeister  vnd  ein  Ersamer  raht  der  loblichen  weitbe- 
rümpten  Statt  Zürych  dem  Hochgebornen  Fürsten  von  Brandenburg  ein  ehrliche  Baden- 
schencke  von  Wein  vnd  Habern  zu  gesendet,  vnd  Herrn  Heinrich  Lochman  dem  Paner- 
herren  von  Zürych  beuohlen  dise  zu  presentieren  vnd  zu  vberantworten.  Wie  nun 
diser  zu  Baden  mit  der  schencke  erschienen,  begab  sich  dz  der  fromme  Fürst  durch  das 
Bad  zimlich  erhitziget,  vnd  schwach  worden,  also  das  er  etliche  tag  nicht  zu  der  tafeln 
gangen,  sonder  sich  in  seinem  gemach  oder  in  dem  Bad  still  gehalten.  Hiezwischen 
beuahle  er  Hertzog  Johansen  von  der  Lignitz  vnnd  seinen  Rähten  die  frembden  Gest 
zu  entpfahen,  vnd  jnen  gut  geschirr  zu  machen.  Als  man  nun  guter  dingen  gewesen, 
vnd  der  Panerherr  gern  den  Fürsten  gesehen,  ward  jm  angezeigt,  der  Fürst  lasse  jetz 
niemand  für  sich  kommen,  sonder  enthalte  sich  in  dem  gemach  oder  im  bad.  Da  schwüre 
der  Panerherr  vnnd  gelobt  bey  seinen  ehren,  er  wolte  morgen  ehe  er  verritte  wann  es 
anders  nicht  möchte  sein,  mit  Stiffel  vnd  Sporen  zu  dem  Fürsten  in  das  Bad  tretten  vnd 
jme  die  band  bieten,  damit  er  seiner  Oberkeit  könte  anzeigen  er  habe  den  Fürsten  ge- 
sehen. Weil  ich  nun  auch  ob  derselbigen  tafel  gesessen,  vnd  zu  morgen  von  dem 
Fürsten  erfordert  mit  jm  allein  zu  baden,  hab  ich  dem  Fürsten  züchtiglich  angezeigt,  wz 
sich  ob  dem  nachtessen  für  reden  zugetragen,  vnd  wz  der  Panerherr  versprochen.  Hie- 
mit  zeigt  ich  auch  dem  Fürsten  deß  Panerherren  hoch  alter,  vnd  auffrecht  dapffer  gemüt 
an*,  bittende  wann  solches  beschehen,  jr  Fürstliche  Qnad  wölte  jm  nicht  zu  vngnaden 
auffnemmen:  Wie  wir  also  zwo  stund  bey  einander  gesessen,  vnd  vns  mancherley 
Sachen  ersprachet,  so  kompt  der  gute  alte  Lochman  wie  ein  alter  einfeltiger  Eydgnoß 
daher,  wünschet  dem  Fürsten  einen  guten  tag,  wattet  mit  Stiffel  vnd  Sporen  durch  das 
Bad,  vnd  beutet  dem  Fürsten  die  hand.  Ich  vermercket  damalen  das  sich  der  Fürst 
etwas  entferbet.    In  solchem  träte  der  Panerherr  hindersich,  vnd  bäte  den  Fürsten  vmb 

*  Schon  1531  hatte  Lochmann,  damals  zwanzig  Jahre  alt,  in  der  Schlacht  bei  Kappel  gefochten,  war 
durch  die  Nase  gestochen  und  schwer  am  Kopfe  verwundet  worden  und  über  fünf  Stunden  unter 
den  Toten  liegen  geblieben  3i5. 


Pantaleons  Bericht  über  Baden  im  Aargau  von  1578  317 

Gottes  willen  jme  zu  verzeihen,  dann  es  were  auß  guter  meinung  beschehen,  damit  er 
seiner  Oberkeit  deß  Fürsten  miitigkeit  vnd  freundtligkeit  erzellen  mögen.  Da  hat  der 
Fürst,  als  ein  weiser  wolberedter  Herr,  erstlich  seiner  Oberkeit,  vnd  auch  jhme  von  wegen 
der  presentierung  gedancket,  vnnd  sich  aller  gnaden  gegen  den  Zürychern  erbotten.  Hiemit 
hat  er  jm  auch  dise  that  so  auß  frommem  einfaltigem  gemüt  beschehen,  verzigen,  vnd  jm 
auch  hiemit  ein  grossen  stauff  mit  Wein  zu  einer  freundtschafft  außgebracht.  Disen  hab  ich 
von  dem  Fürsten  entpfangen  vnd  dem  Panerherren  dargereicht,  welcher  dem  Fürsten 
bescheyd  gethon,  vnd  jn  mir  auß  gebracht.  Er  ist  auch  hernach  gantz  demütig  vnnd 
frölich  von  dem  Fürsten  gescheiden.  Weil  solches  in  disem  Bad  beschehen,  so  jetz 
deß  Marggrauen  Bad  genennet,  hab  ich  es  hie  müssen  anzeigen,  vorab  weil  der  fromme 
Lochman  in  volgendem  jare  in  hohem  alter  auß  diser  zeit  seliglichen  verscheiden. 

Das  siebende  heißet  der  H.  drey  König  bad  oder  das  schellenbedlin,  ist  in  gleicher 
grosse,  vnd  wirt  auch  von  disem  wasser  erwermet. 

Das  achte  heisset  das  Meyenbedlin  geht  hinauß  auff  die  Limmat  ist  mit  schönen 
fenstern  bezieret,  welche  man  auff  vnd  zuthun  mag,  vnd  fürnemlich  in  dem  Meyen  einen 
großen  lust  vnd  nutz  darinnen  entpfahen.  Es  ist  auch  in  vorgehnder  grosse,  vnnd  wirt 
mit  vorgehndem  heilsammen  wasser  zubereitet.  Dise  drey  letsten  Beder  werden  von 
sonderbaren  Personen  etwann  ein  Monat  zuuor  bestellet,  damit  wann  sie  kommen,  dise 
ledig  seyen,  vnnd  vorgehnde  Ehrenleut  jhr  badenfart  vollendet  haben. 

Es  hat  auch  Herr  Hans  Jakob  Vberlinger  der  jetzige  Wirt  im  Stadhof  im  1576  jar 
ein  newen  Brunnenquell  in  seinem  Hof  etwann  zehen  schrit  von  der  Limmat  erfunden, 
vnnd  mit  grossem  kosten  lassen  einfassen,  wie  ich  dann  dises  selbs  besichtiget,  vnnd 
sein  werme  erfahren,  so  obenher  bey  vier  spannen  zu  ring  vmb  sich  haltet,  vnd  lustige 
bläterlin  auffwirffet.  Wann  man  auch  disen  etwas  höher  vbersich  bringen,  vnd  dann 
hinab  in  Kenel  durch  die  kammern  richten,  möchte  es  an  der  behausung  eck  zwey  oder 
drey  lustige  Beder  geben,  auß  welchen  man  zu  beyden  ecken  die  Limmat  hinauff  vnnd 
hinab  sehen  köndte. 

In  disem  Hof  ist  auch  ein  lustiger  dantzplatz  mit  schönen  beumen  bezieret,  deß- 
gleichen  ein  schöne  Sommerlauben  darbey,  so  28  schuh  lang  vnd  25  breit  ist,  also  das 
bey  zehen  tisch  darinnen  stehn  mögen.  Er  ist  mit  schönen  Fenstern,  vnnd  vil  ehrlichen 
Wappen  bezieret.  Daselbst  kommen  die  Badergest  offt  zusammen,  thund  ein  abend- 
trunck,  oder  begehn  die  maizeit  mit  einandern,  damit  jr  kurtzweil  gemehret,  vnd  jr  gemüt 
erfrewt  werde,  welches  dann  zu  einer  nutzlichen  badenfart  höchlichen  von  nöthen. 
VON  DEM  HINDEREN  HOF 

Der  hindere  Hof  ist  vnder  dem  vorgemelten  auch  an  der  Limmat  gelegen,  mit  einem 
großen  Hof,  darzu  mit  vil  Stuben,  Sälen  vnd  Gemachen  bezieret,  also  das  mancherley 
Weib  vnd  Mannspersonen  von  Adel  vnd  Burgern,  Geistlichen  vnnd  Weltlichen  stadt 
daselbst  kommlich  wonen,  jr  speiß  entpfahen,  vnd  jrer  badenfart  wol  mögen  außwarten : 
dann  es  seind  auch  zwo  Kuchen  darinnen  vorhanden,  für  dise  so  selbs  Kochen,  oder 
bey  dem  Wirt  wollen  essen,  wie  im  Stadhof.    Dises  Hofs  warm  heilsam  wasser  kompt 


318  Pantaleons  Bericht  über  Baden  im  Aargau  von  1578 

von  einem  sonderbaren  Brunnenquel  herfür,  so  der  vierdte  mag  genennet  werden,  vnd 
vor  dem  Hof  vnder  einem  runden  gemewr  von  quadersteinen  erbawen,  herauß  tringet. 
Es  hat  Herr  Caspar  Falck  ein  frölicher  Mann  vnd  jetziger  Wirt  desselbigen  Hof  erst  vor 
zweyen  jaren  disen  vrsprung  geöffnet  vnd  geseubert,  welches  vorhin  bey  menschen 
gedechtnuß  nicht  beschehen.  Dises  wasser  wirt  in  acht  Beder  außgetheilet,  so  in  dem- 
selbigen  Hof  vorhanden. 

Das  erste  ist  das  Herren  Bad,  in  welches  man  von  dem  Hof  etliche  Staffel  hinab 
geht.  Es  ist  sehr  lustig  vnd  die  steinine  sitz  mit  täfelwerck  eingefasset.  Dises  ist 
18  schuh  lang  vnd  9  breit,  also  das  bey  dreissig  mann  darinnen  baden  mögen,  vnd  ist  fast 
in  der  mitte  der  andern  bedern  gelegen.  Es  kommen  allerley  stadt  ehrliche  Menner  in  dises 
zusammen.  Geben  nach  einander  die  morgensuppen,  vnnd  besetzen  das  Gericht  aller 
dingen  wie  im  Stadhof  beschicht.  Es  hat  sich  auch  etwann  zugetragen,  wann  der  Per- 
sonen wenig  vorhanden,  vnd  jr  Gericht  nit  wol  besetzen  mögen,  das  man  auß  beiden 
Höfen  ein  morgen  vmb  den  andern  zusammen  gangen,  die  suppen  entpfangen,  vnnd 
das  Gericht  gehalten,  auff  das  jhr  kurtzweil  gemehret,  viel  kundtschafft  gemachet,  vnnd 
einigkeit  erhalten  wurde. 

Das  ander  ist  das  Frawen  bad,  so  vngefahr  12  schuh  lang  vnd  breit  ist,  vnd  auch 
bey  24  Frawen  setzen  mag.  In  disem  kommen  auch  vil  schöner  ehrlicher  jung  vnd  alte 
Weibspersonen  zusammen,  seind  freundtlich  mit  einander,  geben  ordenlich  jr  suppen, 
vnd  halten  es  auch  aller  dingen,  wie  man  im  Frawen  bad  deß  Stadhofs  zuthun  pfleget. 

Das  dritte  ist  der  Kessel,  so  auch  ein  quell  von  vndenher,  vnnd  doch  auch  von  der 
großen  Brunnquell  etliche  wasser  entpfahen  muß.  Dises  ist  bey  20  schuh  lang  vnd 
12  schuh  breit,  in  welchem  bey  den  40  personen  von  weib  vnnd  mannen  kommlich 
baden  mögen. 

Das  vierdte  ist  zwischen  dem  Kessel  vnnd  Frawen  bad  gelegen,  vnd  bey  12  schuh 
fast  geuierdt,  in  welchem  auch  allerley  personen  wie  in  dem  Kessel  zusammen  kommen. 
Die  volgenden  viere  seind  nicht  gemein  sonder  werden  sonderbaren  personen  ver- 
liehen, welche  dise  gemeinlich  auff  ein  bestimpte  zeit  von  wochen  zu  wochen  entpfahen. 

Also  ist  das  König  bad  das  fünffte  so  zu  oberst  gelegen,  vnd  das  erste  wasser  von 
der  großen  Brunnquell  entpfahet.  Es  ist  vngefahr  12  schuh  lang  vnd  8  breit,  ist  gar 
lustig  bezieret,  vnd  muß  man  ein  Stegen  hinab  zu  dem  eingang  gehn. 

Das  sechßte  heißet  der  Königin  bad,  ist  fast  geuierdt  12  schuh  lang  vnd  breit,  vnnd 
zu  nechst  an  dem  vorgehnde  in  der  tieffe  gelegen,  inn  welchem  mehrtheil  der  Adel  sein 
Badenfart  vollbringet. 

Das  siebende  ist  deß  Jungbrunnen  bad,  so  vnden  an  der  Limmat  zu  niderst  an  den 
andern  Bedern  gelegen.  Es  ist  fast  rund  vnd  sehr  lustig  mit  Fenstern  beziert,  in  wel- 
chem mehrtheil  ein  sonderbare  freundtschafft  badet,  vnnd  vil  kurtzweil  hat,  ist  auch  bey 
12  schuhen  lang  vnd  breit. 

Das  achte  ist  zu  niderst  in  dem  Hof  bey  einem  Fürstlichen  saal  vnd  lauben  gelegen, 
bey  10  schuh  lang  vnnd  breit,  darzu  lustig  getäfelt,  also  das  groß  Herren  vnd  Prelaten 


Pantaleons  Bericht  über  Baden  im  Aargau  von  1578  31 Q 

daselbst  baden  vnd  jr  kurtzweil  haben  mögen.    Man  spacieret  gemeinlich  durch  disen 
hindern  Hof,  wann  man  auff  der  Matten  etwas  i<urtzweil  vollbringen  will. 

VON  DEM  RAPPEN 

Der  Rappen  ist  ein  lustige  Herberig  bey  dem  Freyen  bad  an  dem  Stadhof  gelegen, 
in  welchem  vil  lustiger  gemach  vorhanden,  also  das  der  Adel  vnd  vil  ehrlicher  leut  gern 
daselbst  einkehren.  Es  hat  sechs  Beder,  welche  alle  jr  wasser  von  dem  ersten  grossen 
quel  haben,  so  vnder  dem  grossen  stein  bey  dem  Freyen  bad  entspringet. 

Das  erste  ist  das  Oewelb,  inn  welchem  allerley  Personen  Weib  vnd  Mann  bey  30 
zusammen  kommen.  Es  ist  vngefahr  16  schuh  lang  vnd  10  breit.  Demnach  seind  in 
einem  lustigen  gemach  vier  Beder  ordentlich  mit  gattern  vnd  täfelwerck  creutzweiß 
vnderscheiden,  jedes  bey  10  schuh  lang  vnd  breit,  welche  sonderbaren  personen  ver- 
lihen  werden.  Das  sechßte  ligt  an  einem  besondern  orth  mit  lustigen  gemachen  be- 
zieret. Es  hat  lustige  Fenster  gegen  der  Limmat  welche  man  beschliessen  oder  gar 
offen  mag  lassen.  Dises  Bedlin  ist  auch  bey  zehen  schuhen  geuierdt,  vnd  gantz  komm- 
lich  für  contracte  oder  lame  personen,  welche  jhr  Bett  begeren  nahe  bey  dem  Bade  zu 
haben.    Es  ist  auch  für  sonderbare  personen  zubereitet. 

Ähnlich  beschreibt  Pantaleon  die  Herbergen  zur  Blume,  zum  Ochsen,  zum  Bären. 
Dann  folgt  das  letzte  Badehaus  in  den  großen  Bädern. 

VON  DER  SONNEN 

In  diser  Herberig  so  auch  auff  dem  platz  bey  S.  Verena  Bad  gelegen,  kommet  man- 
cherley  Volck  zusammen,  vnnd  werden  vmb  jr  Gelt  wol  gehalten.  Es  seind  sechs  Beder 
darinnen  vorhanden,  so  durch  deß  sechßten  quell  heilsame  wasser  (wie  auch  zu  dem 
Beren)  zubereitet.  Die  ersten  zwey  seind  mit  gattern  vnderscheiden  vnd  jedes  bey 
zwölff  schuh  lang  vnnd  zehen  breit,  in  welchen  allerley  personen  Weib  vnd  Mann  zu- 
sammen kommen.  Die  vberigen  vier  seind  fast  von  8  schuhen  geuierdt,  vnnd  werden 
sonderbaren  personen  verliehen,  sich  nach  jrem  gefallen  darinnen  zu  ergetzen.  Der- 
gestalt seind  die  heilsamen  wasser  zu  den  grossen  Bedern  in  41  orth  abgesündert. 
VON  DEN  KLEINEN  BEDERN 

Jenseith  der  Limmat  ist  der  siebende  Brunnenquell  gleich  zwischen  den  Bedern  vor- 
handen, welcher  in  vier  Beder  durch  Kessel  außgetheilet.  Das  erste  ist  22  schuh  lang 
vnd  IQ  breit,  also  das  bey  50  personen  darinnen  baden  mögen.  Es  lauftet  sonst  auch  ein 
rörlin  darein  von  einem  anderen  kleinen  quell.  In  disem  bade  seind  gemeinlich  Weib 
vnd  Mann  so  von  dem  Land  zusammen  kommen,  vnd  begeren  jr  badenfart  etwas  ringer 
zu  verrichten.  Das  ander  ist  15  schuh  lang  vnd  19  breit,  so  mit  gatteren  von  dem  ersten 
vnderscheiden,  auch  mit  dergleichen  personen  erfüllet.  Wann  aber  deß  Volcks  weniger, 
machet  man  dises  Bad  nicht  an,  sonder  lasset  dem  ersten  desto  mehr  wasser. 

Das  drit  vnd  vierte  seind  dargegen  vber  vnder  einem  andern  lach  an  einandern  ge- 
legen, vnd  werden  auch  durch  ein  gattern  vnderscheiden.  Das  dritt  ist  8  schuh,  vnd 
das  viert  7  schuh  breit,  vnd  ein  jedes  17  schuh  lang,  in  welchem  auch  allerley  Volck  zu- 
sammen kompt.    Weil  aber  etwann  sonderbare  reiche  Personen  sich  in  dise  kleine 


320 


Männerbad 


Abb.  138.    Männerbad  im  Anfang  des  16.  Jahrhunderts.    Aus  einem  Holzschnitt  von  A.  Dürer" 


Pantaleons  Bericht  über  Baden  im  Aargau  von  1578  321 

Beder  thun,  damit  sie  destermeiir  ruii  mögen  haben,  wirt  es  denselbigen  auch  insonder- 
heit verliehen,  damit  sie  mit  jrem  Haußgesind  daselbst  jhr  badenfart  nützlich  vollbringen 
mögen.  Es  seind  vier  Wirtsheusser  daselbst  vorhanden.  Zu  dem  Hirtzen,  Sternen, 
Engel  vnd  Löwen,  welchen  die  Beder  zugehörig:  deßhalben  mag  ein  jeder  gast  ein- 
kehren wo  jm  gefallet,  sich  zu  dem  Wirt  verdingen,  auch  das  maal  oder  pfennwert  vmb 
ein  zimlichen  pfennig  bey  jnen  essen,  doch  wirt  niemand  zugelassen  für  sich  selber  zu- 
kochen.  Es  haben  die  Landtleut  ein  guten  mut  daselbsten,  führen  mancherley  gesang, 
vnd  muß  Trommen,  Pfeiffen,  Geigen,  vnd  Sackpfeiffen  offt  bey  jnen  leyden,  daß  man 
etwann  jnen  gern  gelt  gebe,  das  sie  auffhörten :  doch  begerten  sie  es  nit  besser  zu 

haben (Vgl.  Abb.  138.) 

VON  DEM  SCHLÜSSEL  VND  ANDERN  HERBERGEN 
Die  Herberig  zu  dem  Schlüssel,  hat  keine  Beder,  gehört  der  Statt  zu,  vnd  ist  einem 
sonderbaren  Wirt  vmb  ein  Zinß  verliehen.  In  diser  kehren  erstlich  die  frembden  Gest 
zu  Rossz  vnd  Fuß  ein,  welche  vorhin  kein  kundtschafft  zu  den  Bedern  haben,  biß  daß 
sie  ein  komliches  gemach  mit  sampt  dem  Bad  in  anderen  Herberigen  bestellet.  Wann 
aber  jemand  begeret  in  dem  Freyen  bad  zu  verharren,  der  mag  daselbsten  bleiben. 
Etwann  vor  hundert  jaren,  was  es  ein  groß  wesen  vnd  gastung  zu  dem  Schlüssel. 
Dann  die  Wirt  im  Vorderen  vnd  Hinderen  Hof  kocheten  nit  für  jhre  Gest,  sondern 
waren  groß  Junckherrn,  vnd  verlihend  frembden  leuten  allein  die  Gemach  vnd  sonder- 
bare Beder,  von  einer  wochen,  oder  einem  Monat  zu  dem  andern,  vmb  ein  gewissen 
zimlichen  zinß.  Deßhalben  der  Adel  vnd  andere  Herren,  so  in  den  Höfen  gebadet, 
mehrtheil  die  malzeit,  zu  dem  Schlüssel  entpfangen.  Dann  es  ist  ein  lustiger  Sommer- 
saal daselbst  vorhanden,  so  bey  44  schuh  lang  vnnd  35  schuh  breit  also  das  bey  12 
Tisch  darinnen  stehn  mögen.  Weil  sich  aber  diser  brauch  verendert,  vnd  die  Wirt  in 
Höfen,  jre  Gest  so  nit  selber  kochen,  auß  jrer  Kuchen  speisen,  hat  der  Schlüssel  sehr 
abgenommen,  vnnd  muß  sich  allein  diser  personen,  so  erst  ankommen,  oder  der  Bauren 
behelffen,  so  im  Freyen  bad  etliche  stund  bleiben,  vnnd  ein  abendtrunck  thun  wollen. 

*  Anmerkung  zu  Abb.  138.  Der  Aachener  Arzt  STRÄTER'^ä  verlangt  als  Unterschrift  zu  diesem  Bild 
„Bad  zu  Aachen"  mit  der  sonderbaren  Begründung,  Dürer  habe  nach  seinem  Tagebuche  '''^  in 
Aachen  gebadet,  und  es  sei  ihm  daran  gelegen  gewesen,  dem  Publikum  und  seinen  Landsleuten 
etwas  bis  dahin  wenig  oder'  gar  nicht  Gesehenes  vorzulegen.  „Daß  Dürer  bei  der  Herausgabe 
dieses  Blattes  nicht  die  Absicht  haben  I<onnte,  eine  Badeanstalt  darzustellen,  wie  sie  sich  in  jeder 
Stadt,  etwa  in  Nürnberg,  seinem  Wohnorte  selbst,  vorfand,  muß  bei  einiger  Betrachtung  des  Gegen- 
standes klar  werden,  denn  abgesehen  davon,  daß  uns  garnicht  bekannt  ist,  daß  schon  im  Anfange 
des  16.  Jahrhunderts  in  Nürnberg  selbst  eine  Badeanstalt  bestanden,  so  würde,  selbst  in  dem  ge- 
setzten Falle,  Dürer  sich  durch  die  Pubhkation  eines  solchen  Blattes  sehr  wenig  Anklang  haben 
versprechen  können."  Nun,  Dürer  hat  nicht  verschmäht,  eine  Badestube  darzustellen;  was  sein 
Mineralbad  betrifft,  so  haben  wir  keinen  Anhalt  dafür,  daß  ein  bestimmter  Ort  wiedergegeben  ist. 
In  Nürnberg  war  zur  Zeit  das  heute  noch  vorhandene  Wildbad  auf  der  Insel  Schutt  in  großem  An- 
sehen und  sogar  in  einem  Lobspruch  verherrlicht  worden.  Das  „Wiltpat  an  der  Begnitz"  wird 
schon  von  Endres  Tucher  im  Baumeisterbuche  der  Stadt  Nürnberg  (1464—1475)  erwähnt  ^'o.  Das 
DÜRERsche  Bild  fand  in  plumper  Weise  auf  dem  Titelholzschnitt  eines  anonymen  Buches  Verwen- 
dung ^^t)  (wohl  vor  1520  und  vor  der  Aacliener  Reise  DüRERs),  der  dem  Humanisten  Wimpheling 
zugeschrieben  wird. 

Martin,  Badewescn  21 


322  Pantaleons  Bericht  über  Baden  im  Aargau  von  1578 

Doch  bestellen  auch  etwann  die  Oest  auß  beiden  Höfen  ein  malzeit  daseibsten,  ergetzen 
sich  mit  einandern,  vnd  ist  Weib  vnd  Mann  frölich.  Also  lassen  sie  auch  etwann  auß 
diser  Herberig  wein  in  jr  gemach  bringen. 

Sonst  seind  noch  andere  Herberig,  als  zu  dem  Gälenhorn,  Löwen,  vnnd  halben 
Mon  vmb  Sanct  Verena  Bad,  deßgieichen  in  der  oberen  straß,  zu  dem  Hirtzen  vnnd 
Krebs  in  welchen  offt  die  Landtleut,  so  sich  inn  dem  freyen  Bad  erweschen  oder 
schräpffen  v/öllen,  essen  oder  ein  abendtrunck  thun :  deßgieichen  seind  die  armen  leut 
daselbst  zu  Herberig,  vnnd  mögen  sich  vmb  ein  klein  gelt  ring  enthalten.  Dann  man 
lasset  niemand  inn  S.  Verena  bad  sitzen,  er  habe  dann  vorhin  ein  Herberig  bestellet. 
Wann  man  auch  daselbst  deß  weins  befindet,  ist  man  gleich  so  frölich  wie  an  andern 
orten. 

VON  DES  BADS  FREYHEIT 

Es  seind  dise  Beder  mit  mancherley  Freiheiten  von  alten  zelten  her,  durch  König 
vnd  Keyser,  vnnd  auch  letstlich  durch  die  lobliche  Eydgnoschafft,  deßgieichen  durch 
die  Statt  Baden  begäbet.  Dann  weicher  in  dem  Bad  sitzet  ist  seines  leibs  vnd  lebens 
auch  haab  vnd  gut  versichert,  vnd  darff  gar  niemand  einerley  waaffen  oder  seitenwehr 
zu  dem  Bad  tragen.  Wo  sich  auch  jemand  hie  vbersehe,  vnd  vngefahr  ein  wehr  mit  jm 
zu  dem  Bad  bringen,  hat  er  das  wehr  verwircket,  vnnd  muß  es  der  Oberkeit  durch  den 
Wechter  zuhanden  stellen.  Es  mag  auch  jederman  in  disen  Bedern  sich  ergetzen  vnd 
sein  Badenfart  vmbsonst  vollbringen.  Dann  er  ist  niemand  nicht  daruon  schuldig  weder 
dem  Badwescher  ein  wochen  ein  creutzer,  welcher  das  Bad  seuberen  soll,  oder  dem 
Bader  den  schrepfferlon,  so  er  jhm  ab  verdienet  hat.  Hiemit  solle  auch  dises  Bad  bey 
schwerer  straff  sauber  vnd  rein  gehalten  werden,  vnd  darff  niemand  einerley  vnuer- 
nünfftig  thier,  als  Sew,  Hund,  Katzen,  oder  dergleichen  darauß  waschen,  oder  darein 
werffen.  Wann  aber  jemand  solches  vbersehen,  der  ist  neun  pfund  zu  straff  der  Ober- 
keit verfallen.  Wann  sich  auch  etwann  vnzucht  in  dem  Bad  begeben,  es  were  mit  werten 
oder  wercken,  dises  mag  durch  die  Badergesellen  gestraffet,  vnd  durch  jhren  Schult- 
heissen  vnd  gericht  verbessert  werden.  So  aber  jemand  nicht  gehorsamen,  oder  zu  vil 
grosse  vnzucht  begangen  oder  ohne  nidercleid  in  das  Bad  kommen,  also  das  hiedurch 
etliche  andere  fromme  Weib  vnd  Manns  personen  verletzet  oder  geergert,  die  werden 
von  der  Statt  Schultheissen  gestraffet  vnd  dahin  gehalten,  das  sie  von  mutwillen  ab- 
stehn,  vnnd  meniglich  müssen  vnbekümmert,  vnd  in  dem  Bad  rüwig  lassen.  Wo  aber 
jemand  etwas  an  den  andern  zusprechen,  der  mage  darumb  bey  der  Statt  Schultheissen 
vmb  Recht  ansuchen.  Es  solle  auch  dises  Bad  vil  andere  Freyheit  haben,  welche  mir 
bisher  doch  vnbekannt  gewesen." 

Die  Badegäste  fanden,  außer  in  den  Bädern  selbst,  auch  noch  in  der  Stadt  Baden 
Gelegenheit  zu  Vergnügungen. 

„Es  ist  auch  gleich  an  der  Statt  bey  dem  nideren  Thor  ein  schöner  Saal  vnd  Garten, 
so  der  Herren  Garten  genennet,  in  welchem  zu  Sommer  zeit  gemeiner  Eydgnossen  Le- 
gaten, fremde  Bader  Gest,  oder  Statt*  Räht  vnd  Burger  alle  tag  zusammenkommen,  offt 


Montaignes  Bericht  über  Baden  im  Aargait  von  1580  323 

jhr  Malzeit  entpfahen  oder  ein  abendtrunck  thun,  darzu  vi!  freud  vnnd  l<urtzweil  bey 
einander  haben,  also  das  keiner  den  andern  verachtet,  was  Religion  Catholisch  oder 
Euangelisch  er  sein  möchte.  Diser  saal  ist  82  schuh  lang  vnd  32  breit,  also  das  bey 
40  Tischen  vnd  400  Mann  wol  daselbsten  zu  Tisch  sitzen  mögen.  In  der  mitte  lauffet 
ein  schöner  Brunnen  mit  dreyen  rören,  also  das  sich  das  wasser  in  die  erden  verleuret, 
vnd  stehet  der  gekrönet  Bachus  mit  zweyen  angesichten  auff  dem  Brunnen,  welchen 
etliche  Janum  die  andern  Noe  genennet,  so  die  Weinreben  zu  pflantzen  erfunden,  auch 
die  Welt  vor  vnd  nach  dem  Sündfluß  gesehen.  In  disen  werden  die  Bächer  gekület,  vnd 
mag  also  mancher  hitziger  Badergesell  mit  wein  oder  wasser  seinen  durst  löschen.  Doch 
ist  der  Statt  beste  wasser  in  dem  grossen  Brunnen  bey  dem  Löwen  vorhanden.  Minder 
disem  Saal  ist  ein  schöner  Garten  mit  wolschmeckenden  Linden,  vnd  Reben  geheiden 
bezieret:  auff  der  Linden  sind  auch  Tisch  bereitet,  bey  welchen  man  mag  guter  dingen 
sein,  also  das  diser  platz  den  Burgeren  vnd  frembden  nit  ein  kleiner  lust  ist." 

Diese  Qartenzunft  oder  -gesellschaft,  zu  der  nur  die  Honoratioren  von  Baden  Zutritt 
hatten,  gab  auf  den  1.  Mai  ein  großes  Jahresfest.  Sie  löste  sich  erst  17Q8  während  der 
Revolution  auf,  aus  Besorgnis,  ihres  reichen  Fonds  beraubt  zu  werden,  den  sie  unter  die 
lebenden  Mitglieder  verteilte  3i5. 

Pantaleon  berichtet  auch,  daß  die  Stadt  ein  reiches  Spital  besaß,  das  1310  Königin 
Agnes,  Andreas  von  Ungarn  Gemahlin  und  des  ermordeten  Kaisers  Albrecht  Tochter, 
gestiftet  hatte.  „In  disem  werden  vil  einheimischer  vnnd  frembder  armer  leuten  erhalten, 
welche  kranck  bey  den  Bedern  vorhanden,  vnd  sich  nicht  selbs  versehen  mögen." 

1580,  also  zwei  Jahre  später,  berichtet  Michel  de  Montaigne  über  seinen  Aufenthalt 
in  Baden :  Es  ist  „eine  kleine  Stadt,  mit  einem  Flecken  daneben,  wo  sich  die  Bäder  befinden. 
Diese  Stadt  ist  katholisch  und  steht  unter  dem  Schutze  der  8  Schweizer  Kantone.  Es 
wurden  hier  auch  mehrmals  große  fürstliche  Zusammenkünfte  gehalten.  Wir  nahmen 
aber  nicht  in  der  Stadt,  sondern  in  dem  Flecken  unsere  Herberge,  der  unten  an  der 
Tiefe  ganz  an  einem  Flusse  oder  vielmehr  Waldstrome  liegt,  welcher  Limmag  heißt  und 
aus  dem  Zürichsee  fließt.  Hier  finden  sich  2  bis  3  öffentliche  und  unbedeckte  Bäder, 
derer  sich  deswegen  nur  die  armen  Leute  bedienen.  Die  übrigen  sind  in  sehr  großer 
Anzahl  inner  der  Häuser,  wo  sie  in  mehrere  kleine,  offene  sowohl  als  beschlossene 
Gemächer  abgeteilt  und  geleitet  werden,  die  man  zugleich  mit  den  Wohnzimmern  zur 
Miete  nimmt.  Diese  Badegemächer  sind  sehr  niedlich  und  bequem  eingerichtet,  so  daß 
zu  jedem  Bad  eine  Ader  Wasser  fließt.  Diese  Häuser  sind  gar  prächtig.  Da,  wo  wir 
wohnten,  fanden  sich  eines  Tags  an  die  300  Menschen  zum  Essen  ein.  Die  Badegesell- 
schaft war  bei  unserer  Anwesenheit  noch  so  stark,  daß  die  Gäste  wohl  170  Betten 
brauchten.  Es  sind  siebenzehn  Stuben  und  elf  Küchen  da  und  in  einem  anderen  nahen 
Wirtshause  fünfzig  möbelierte  Zimmer.  Die  Mauern  der  Häuser  sind  ganz  mit  den 
Wappenschilden  der  Edelleute  bekleidet,  welche  hier  wohnten  .... 

Das  Badwasser  in  Baden  riecht  nach  Schwefel,  gleich  dem  zu  Aigues-Chaudes  und 
andern.    Die  Wärme  desselben  ist  gemäßigt  wie  dort  und  zu  Barbotan,  und  die  Bäder 


324  Montaignes  Bericht  über  Baden  im  Aargau  von  1580 

sind  daher  sehr  sanft  und  angenehm.  Wer  Damen  zu  begleiten  hätte,  welche  recht 
züchtig  und  bequem  baden  wollten,  mag  sie  nur  hierher  bringen;  denn  da  können  sie 
ganz  allein  in  einem  Bade  sitzen,  das  einem  geschmückten  Cabinet  ähnlich  ist,  durchaus 
hell,  mit  Olasfenstern,  bemalten  Wänden  und  reinlichen  Fußböden ;  überdas  findet  man 
Stühle  und  kleine  Tische,  so  daß  man  nach  Belieben  im  Bade  sogar  lesen  und  spielen 
kann.  Der  Badende  hiernächst  kann  sich  selbst  so  viel  Wasser  zugießen  oder  wieder 
ablaufen  lassen,  als  er  will,  und  nahe  am  Bade  hat  man  sein  Zimmer,  schöne  Spazier- 
gänge am  Fluß  und  daneben  die  künstlichen  auf  etlichen  Galerien  ....  Die  Landein- 
wohner brauchen  es  aber  vielmehr  als  Bad  (als  zum  Trinken)  und  lassen  sich  da  so 
stark  schröpfen  und  Ader  schlagen,  daß  ich  die  beiden  öffentlichen  Bäder  bisweilen  so 
gerötet  sah,  als  ob  sie  ganz  von  Blut  wären.  Wer  übrigens  das  Wasser  trinkt,  nimmt  ge- 
wöhnlich nicht  mehr  als  1  oder  2  Gläser  zu  sich.  Insgemein  hält  man  sich  5  bis  6  Wochen 
hier  auf,  und  die  dortigen  Gasthöfe  sind  den  ganzen  Sommer  über  besucht,  selten  zwar 
von  einer  anderen  Nation  als  von  Deutschen ;  diese  aber  kommen  in  großer  Menge  her." 

Wir  erfahren  ferner  von  Montaigne,  daß  er  das  Wasser  vornehmlich  zum  Trinken 
benutzte,  daneben  schweißbadete,  daß  er  im  Hinterhofe  wohnte,  die  Bezahlung  etwas 
stark  fand  und  zudem  noch  gegen  die  sonstige  Sitte  des  Landes  mehrfach  geprellt 
wurde. 

In  seinen  Versuchen  (Bd.  II,  Kap.  37)  kommt  Montaigne  noch  einmal  auf  die 
Bäder  von  Baden  zu  sprechen,  welche  er  mit  denen  von  Bagneres,  Plombieres,  Lucca 
und  della  Villa  hauptsächlich  der  angenehmen  Gegend,  mancherlei  Bequemlichkeit  für 
die  Badegäste,  der  Gelegenheit  zu  Leibesübungen  und  der  guten  Gesellschaft  wegen 
in  eine  Linie  setzt  und  dabei  glaubt,  daß,  wer  bei  dem  Besuche  solcher  Bäder  die  oben- 
erzählten Eigenschaften  derselben,  wo  sie  sich  finden,  nicht  mit  Freuden  benutze,  törich- 
terweise sich  selbst  ihrer  besten  Wirkungen  beraube  326. 

Aus  Pantaleons  Beschreibung  ersehen  wir,  daß  die  Stadt  Zürich  dem  Markgrafen 
Georg  Friedrich  von  Brandenburg  Wein  und  Hafer  als  Badschenke  zusandte.  Der- 
artige Geschenke  waren  nicht  ungewöhnlich.  Als  der  Landgraf  Moritz  von  Hessen  am 
8.  August  1603  mit  seiner  Gemahlin  Juliane  nach  Wolfshagen  kam,  verehrte  ihm  der 
Rat  einen  halben  Ohm  Wein  und  ein  halbes  Fuder  Bier  und  der  Landgräfin  zwei  Hin- 
dernis Besonders  suchte  man  aber  dadurch  fremde  hohe  Personen  in  Bädern  zu  ehren. 
Die  Art  der  Geschenke,  anfangs  meist  Nahrungsmittel,  in  dem  erwähnten  Fall  auch 
Hafer,  läßt  darauf  schließen,  daß  man  ursprünglich  den  Gast  in  den  meist  vom  Verkehr 
abgeschlossenen  Badeorten  mit  Lebensmitteln  versorgte.  In  Pfäfers  konnte  der  Wirt 
noch  im  17.  Jahrhundert  den  Gästen  nur  Brot  und  Wein  bieten.  Fleisch,  Fische  und 
Wildbret  sandte  der  Abt  ohne  Entgelt  Standespersonen  ins  Bad  hinab  22. 

Schon  im  Jahre  1474  schenkte  die  ganze  Eidgenossenschaft  der  Gemahlin  des  Her- 
zogs Siegmund  von  Österreich,  Eleonora,  einer  schottischen  Prinzessin,  die  mit  vielen  1 
Hofdamen  und  Edelleuten  in  Baden  zur  Kur  weilte,  an  Ochsen,  Wein,  Schafen,  Butter, 
Hafer  und  anderen  Dingen  im  Werte  von  siebzig  Gulden,  „weil  von  ihr  viel  Ehren  und 


Die  Badschenken  325 

Gnade  Armen  und  Reichen  gesehen".  Die  Herzogin  hatte  viel  zur  Aussöhnung  des 
Hauses  Österreich  mit  den  Eidgenossen  beigetragen  32  Dem  Pfaizgrafen  Otto  Heinrich 
bei  Rhein  nebst  seiner  Gemahlin  wurden  im  Wildbad  vom  Herzog  Christoph  von 
Württemberg  Wein,  Hafer  und  Wildpret  „verehret"  335.  1576  schickte  der  Rat  von 
Zürich  dem  Landgrafen  Maximilian  von  Stühlingen,  römisch-kaiserlichen  Erbmarschall, 
und  seiner  Gemahlin,  welche  die  Kur  in  Baden  gebrauchten,  durch  beide  Standessäckel- 
meister ein  schönes  Rind  mit  weiß  und  blau  bemalten  Hörnern  und  einer  ebenfalls  weiß 
und  blauen,  mit  Quasten  gezierten  Decke,  welches  fünfundsechzig  Gulden  gekostet 
hatte.  1609  sandten  „meine  gnädigen  Herren"  von  Zürich  durch  den  Bürgermeister 
Rahn  und  drei  andere  Magistratspersonen  dem  Herzog  Ernst  von  Bayern,  Kurfürsten 
von  Köln,  welcher  sich  in  den  Bädern  aufhielt,  einen  silbernen  und  vergoldeten,  die 
Weltkugel  vorstellenden  Becher,  welcher  zweiundsiebzigeinhalb  Lot  wog,  einen  Hirsch 
aus  dem  Stadtgraben  nebst  einigen  Lachsen  und  Aalen  3i5.  Ähnliche  Badschenken  mit 
mehr  oder  weniger  diplomatischem  Charakter  sind  des  öfteren  in  der  Geschichte  Badens 
verzeichnet. 

Auch  die  Stadt  Baden  selbst  wartete  zuweilen  ihren  Gästen  mit  Geschenken  auf. 
1706  erhielt  der  Schultheiß  Grafenried  von  Bern,  weil  er  das  erstemal  im  Bade  war,  ein 
paar  Schafe  und  vier  Kannen  Wein,  1712  der  Züricher  Bürgermeister  Holzhab  vier  gute 
welsche  Hühner,  sechs  paar  Güggel  und  sechs  paar  Tauben  32 

Hie  und  da  werden  Badegeschenke,  zuweilen  mit  scherzhaften  Anspielungen,  an  An- 
gehörige und  Bekannte  erwähnt;  auch  solche  an  Mitpatienten  kommen  vor.  Pfarrer 
Schweizer  wurde  von  den  Damen,  mit  denen  er  zu  Baden  an  einer  Tafel  speiste,  mit  einer 
täuschend  nachgemachten  Pfeife  aus  Zucker  beschenkt,  weil  sie  bemerkt  hatten,  daß  er 
trotz  ärztlichen  Verbotes  heimlich  rauchte.  Vor  seiner  Abreise  zum  Bad  hatte  Schweizer 
von  seinen  Angehörigen  einen  seidenen  Hut  aus  Biberhaaren  und  einen  seidenen 
Schwarzrock  als  Badschenke  erhalten  399.  1474  schickte  der  Doktor  Heinrich  Steinhövel 
der  Gräfin  Margarete  von  Württemberg  von  Ulm  aus  „22  pombrantzen  von  Kum 
(Como)"  ins  Zellerbad  (Liebenzeil)  und  schrieb  dazu:  „bitt  ich  üwer  fürstlich  genad, 
dises  min  armes  gäblin  fürain  schenkin  zu  gelüklichem  bad  genädiglich  uffzenieman"  54 
1632  erfreute  Statthalter  Heidegger  in  Zürich  seinen  Schwiegersohn  Hauptmann  Heß 
im  Hinterhof  zu  Baden  mit  einem  „schönen  Badermeyen  nebst  vielen  andern  Gut- 
thaten".  Der  Badermeyen  (sonst  ein  Blumenstrauß)  bestand  in  einem  Gedicht,  in  dem 
der  Herr  Schwiegervater  zunächst  alles  Gute  zur  Kur  wünschte,  dann  eine  lange  ge- 
lehrte Abhandlung  über  die  schädlichen  Folgen  des  Trunkes  mit  Zitationen  aus  alten 
und  neuen,  geistlichen  und  weltlichen  Schriftstellern  folgen  Iieß3i5. 

Es  war  ferner  Sitte,  daß  Körperschaften  ihren  Vorgesetzten  Geschenke  zur  Ehrung 
ins  Bad  sandten.  Von  der  kleinen  Gemeinde  EIgg  im  Kanton  Zürich  erhielten  Frau 
Beatrix  von  Hinweil  1546  eine  Krone  und  drei  „Gitzi",  1548  der  Junker  Felix  ein  Kalb, 
1549  der  Junker  Hans  von  Ulm  und  seine  Frau  ein  Kalb,  1667  der  Pfarrer  ein  Schaf.  Als 
Junker  Jörg  1576  von  Baden  kam,  gab  ihm  die  Gemeinde  ein  Schaf  i45    Wolfach  hat 


326 


Die  Badschenken 


1643/44  in  der  Stadtrechnung  verzeichnet:  „Dem  Herrn  Pfarrer  von  gemeiner  Statt  wegen 
in  sein  Badenchur  in  Grießbach  an  brod,  flaisch  geschickt  und  verehrt  worden  12  ß 
4  d"  460.  Wie  schon  erwähnt  wurde,  gestattete  Ulm  1466,  dem  Bürgermeister,  den  Rich- 
tern und  den  Räten  ein  Maß  Malvasier  oder  dessen  Wert  ins  Maienbad*  zu  schenl<en5i. 
Alle  diese  Badschenkungen  werden  weit  in  den  Schatten  gestellt  durch  die,  welche 
Zürich  seinen  Standespersonen  zukommen  ließ.  Die  erste,  welche  großes  Aufsehen  er- 
regte, ward  im  Jahre  1534  von  hundertachtundneunzig  Zürcherischen  Stadt-  und  Land- 
bürgern zu  Pferd  und  zu  Fuß  ihrem  Bürgermeister  Diethelm  Röust  nach  Baden  über- 
bracht. Sie  bestand  in  einem  fetten  Ochsen,  welcher  über  vierundzwanzig  Gulden 
gekostet,  mit  weiß  und  blauer  Decke  behangen  war,  vergoldete  Hörner  hatte  und 
zwischen  denselben  einen  weiß  und  blauen  Beutel  trug,  der  zwanzig  rheinische  Gul- 
den enthielt.  Die 
Mannschaft  war 
neu  in  Sammet 
und  Seide  ge- 
kleidet, mit  Fe- 
derbüschen ge- 
schmückt, auch 
mit  Handbüch- 
sen und  Spießen 
wohl  bewaffnet, 
und  zog  so  fröh- 
lich nach  Baden 
hinab.    Als  aber 

Abb.  131).  Wie  etlich  Herren  vnd  Burger  züsamen  geschossen.  Die  Herren  die  Bürger  dieser 
Bürgermeister  Johansen  Kambly  vnd  Herrenn  Seckelmeister  Clunrath  Aescher.    q,    .,  , 

Einen  Ochsen  gan  Baden  zu  einen  Baden  Schencke  gebracht.    1576.    Nach  einer  ' 

farbigen  Zeichnung  der  Wyckiana.    Zürich,  Stadtbibliothek.  die     eidgenössi- 

sche Tagsatzung  versammelt  war,  einen  so  zahlreichen  Zug  anrücken  sahen,  schickten  sie, 
da  sie  demselben  wegen  der  noch  neuen  Religionsänderung  der  Züricher  keine  guten  Ab- 
sichten zutrauten,  heimlich  zu  den  Gesandten  der  übrigen  Kantone,  um  sich  Rat  zu 
holen,  ob  sie  nicht  ihre  Tore  schließen  sollten.  Diese  aber  befahlen  ihnen,  sich  ruhig 
zu  verhalten,  indem  die  Züricher  auch  ihre  Oberherrn  seien.  Da  ließen  sie  zwar  die 
lustige  Mannschaft  ungehindert  durch  die  Stadt  ziehen,  erwiesen  ihr  aber  keinerlei  Ehre. 
Nachdem  die  fröhlichen  Gesellen  ihr  Geschenk  abgegeben  und  die  Nacht  in  den  Bädern 
zugebracht,  zogen  sie  am  folgenden  Morgen  wieder  heimwärts.  Da  fürchteten  die  Bür- 
ger von  Baden,  ihr  Verdacht  und  ihre  Unfreundlichkeit  möchten  übel  gedeutet  werden 
und  bewirteten  nun,um  alles  wieder  gut  zu  machen,  den  Zug,  als  er  in  die  Stadt  eintrat, 
mit  Wein  und  beschenkten  denselben  mit  drei  Goldgulden.  Im  Jahre  1571  (?)  schickte  die 
Zunft  zum  Widder  dem  damaligen  Bürgermeister  Kambli  einen  Ochsen  zum  Geschenk 
*  Es  handlet  sich  vielleicht  um  das  Mayenbad  bei  JVlindelheim  in  der  Nähe  von  Memmingen. 


Die  Badschenken  327 

(Abb.  13Q),  der  eintausendeinhundertdreißig  Pfund  wog,  den  derselbe  aber  nicht  in 
Baden  verzehrte,  sondern  bei  seiner  Heimi<;unft  auf  sämtliche  Zünfte  verteilen  ließ  3i5. 
1604  besuchte  der  Deputat  und  Zunftmeister  Melchior  Hornlocher  von  Basel  mit  seiner 
Gattin  das  Bad  Ramsen  im  Jura.  Diesen  Anlaß  ergriff  die  gesamte  Geistlichkeit  der  Land- 
schaft, um  „ihrem  getreüwen  patronen"  einen  Beweis  der  Hochachtung  darzubringen. 
Im  Namen  der  drei  Kapitel  der  Landschaft  machten  sich  die  drei  Herren  Dekane  auf  den 
Weg  zum  Bade.  Sie  waren  beauftragt,  dem  wohlweisen  und  ehrenfesten  Herrn  Zunft- 
meister „einen  salmen,  so  zwölf  Pfund  kostet",  zu  überreichen.  Sie  „presentierten,  ver- 
ehrten und  schenkten"  nicht  allein  „zu  einer  guten  badenfahrt,  zu  lybs  gesundheit  und 
langwieriger  Wohlfahrt",  sondern  auch  „zur  Ehr  Gottes,  zu  nutz  des  Vatterlandts  und 
fürderung  der  kilchen  (Kirche)"  39 

Schon  gegen  Ende  des  16.  Jahrhunderts  traten  in  Zürich  zuweilen  an  Stelle  der  Na- 
turalien silberne  Becher,  im  17.  öfter.  In  Basel  gehörte  es  zu  den  „Kompetenzen  der 
Herrn  Häupter",  daß  ihnen  nach  einer  gebrauchten  Bad-  oder  Sauerbrunnenkur  ein  sil- 
bernes Trinkgeschirr  von  vierzig  Gulden  Wert  mit  der  Stadt  Wappen  von  Obrigkeit 
wegen  geschenkt  wurde.  Das  geschah  von  1604  bis  1631  mehrmals.  Auch  der  Stadt- 
magistrat von  Baden  ließ  öfters  an  angesehene  schweizerische  Staatsmänner  silberne 
Becher  und  dergleichen  als  Badgeschenk  überreichen  3i5. 

Da  die  Geschenke  immer  kostspieliger  wurden,  griffen  die  Behörden  ein.  Der  Stadt- 
rat von  Konstanz  verbot  sie  aus  diesem  Grunde  schon  im  15.  Jahrhundert  ■iöi.  Gegen 
Ende  des  16.  beginnen  in  Zürich  die  Verbote,  die  häufig  wiederholt  und  ebensooft, 
selbst  von  der  Behörde,  nicht  gehalten  wurden.  Als  1647  alle  Gaben  an  Vorgesetzte 
abermals  verboten  wurden,  übersandte  die  Regierung  im  selben  Jahre,  in  Widerspruch 
mit  sich  selbst,  dem  Bürgermeister  Rahn  eine  künstlich  gearbeitete  Uhr  mit  einem  sil- 
bernen Schreibzeug  ins  Bad.  Es  finden  sich  auch  in  den  Ratsmanualen  derselben  Zeit 
Beweise,  daß  die  Regierung  Ratsrednern,  Stadttrompetern,  Hebammen,  Schanzenschrei- 
bern und  dergleichen  von  der  Stadt  besoldeten  Leuten  Badschenkungen  an  Geld,  Wein 
und  Getreide  zu  senden  verordnete.  Noch  gegen  Ende  des  18.  Jahrhunderts  ließen  sämt- 
liche Stadtknechte,  Läufer  und  Überreuter  jeden  Sommer  vor  dem  Rate  durch  einen  An- 
walt um  ihre  Badschenkungen  bitten,  die  für  jeden  einige  Pfund  an  Geld  betrugen  und 
einen  Teil  der  Einnahmen  ausmachten,  welche  ihnen  im  Jahre  1679  durch  eine  obrig- 
keitliche Verordnung  zugesichert  worden  war,  ohne  daß  sie  dieselben  in  Baden  zu  ver- 
zehren brauchten.  In  Schaffhausen  war  das  Herbstbadgeld,  auch  kurz  Herbstbad  ge- 
nannt, ein  Besoldungsposten  höherer  Beamter.  Im  Ämterbuche  daselbst  finden  sich  im 
18.  Jahrhundert  z.  B.  die  Stellen:  „Dem  Antistes  Herbstbaadgelt  36  Kreuzer."  „Besol- 
dung eines  Herrn  Diakoni  im  Münster,  Herbstbad  aus  dem  Kloster  36  Kreuzer,  Herbst- 
bad aus  dem  Spital  36  Kreuzer"  557  (vergl.  Badgeld  S.  178  u.  179). 

Da  sich  in  Zürich  ein  vollständiges  Verbot  der  Badschenkungen  nicht  durchführen 
ließ,  so  wurden  zuweilen  die  scharfen  Mandate  gemildert.  Bald  waren  nur  silberne  Becher, 
bald  auch  Geld  oder  Geldeswert  und  lebendige  Schafe  verboten.  Manchmal  wurden  die 


328  Die  Badschenken 

Bürgermeister,  häufiger  die  Verwandten  ausgenommen,  denen  unbenommen  sein  sollte, 
ihren  Angehörigen  Eßwaren  zu  schicken.  Mehr  als  alle  Mandate  bewirkte,  wenn  auch 
nur  vorübergehend,  das  Auftreten  des  Antistes  Breitinger  vom  Oroßmünster.  Als  dieser 
1618  zur  Kur  in  Baden  weilte,  verordnete  der  Rat,  daß  jedes  Mitglied  desselben  einen 
Dukaten  erlegen  solle  und  der  Bürgerschaft  freistehe,  auch  das  Ihrige  beizutragen,  um 
dem  ersten  Lehrer  der  vaterländischen  Kirche  ein  namhaftes  Geschenk  zu  machen. 
Allein  sobald  Breitinger  von  diesem  Vorhaben  Kunde  bekam,  lehnte  er  die  ihm  zuge- 
dachte Badschenkung  so  entschlossen  und  beharrlich  ab,  daß  der  Ratsdiener  die  bereits 
eingezogenen  Dukaten  jedem  Geber  zurückerstatten  mußte.  1632  eiferte  Breitinger  von 
der  Kanzel  herab  gegen  den  Mißbrauch  und  derartig,  daß  er  wegen  seiner  ehrenrührigen 
Anspielungen  zur  Verantwortung  gezogen  wurde.  Seine  Verteidigung  gestaltete  sich 
zu  einer  abermaligen  Strafpredigt,  daß  der  Herr  Bürgermeister  am  nächsten  Ratstag  ge- 
stehen mußte:  „Wir  sind  bestanden,  wie  ein  Lauß  auf  dem  Ermel!"  Aus  Breitingers 
selbstverfaßter  Lebensbeschreibung  geht  hervor,  daß  die  Badschenken  zu  Stadt  und 
Land  geradezu  erpreßt  wurden,  wenn  auch  nicht  von  den  Vorgesetzten  selbst,  sondern 
von  deren  Schmeichlern,  die  nachher  die  Geschenke  überbrachten. 

Wie  reichlich  die  Geschenke  flössen,  ist  aus  einem  Verzeichnis  zu  ersehen,  das  Bür- 
germeister Waser  von  Zürich  aufgestellt  hat,  als  er  1665  von  Amts  wegen  zur  Tagsatzung 
in  Baden  weilte  und  zu  gleicher  Zeit  mit  seinen  Angehörigen  das  Bad  gebrauchte.  Von 
siebzig  verschiedenen  Orten  erhielt  er:  „an  barem  Gelde  vierzehn  Gulden  sechzehn 
Schilling;  zwei  Louisd'or  und  drei  Dukaten  in  Gold,  ferner:  einen  großen  Hirsch,  ein 
Zimmerstück  von  einem  Hirsch  und  noch  ein  anderes  Stück  Wildbret,  ein  Vorderstück  von 
einem  wilden  Schwein,  vier  Hasen,  drei  Schafe,  zwei  Lämmer,  ein  Schafsviertel,  acht  Schafs- 
füße, ein  Essen  Kalbsmilchen.fünfundzwanziggrößere  und  kleinere  Fische,  vierzig  Hähne, 
ein  Huhn  und  achtzehn  Eier,  zwei  Gänse,  zwanzig  Tauben,  zehn  kalekutische  Hennen, 
dreiundsechzig  Rebhühner,  zwölf  Rebvögel,  sechs  Wachteln,  zwei  Haselhühner,  zwei 
Steinhühner,  zweihundertsechsundzwanzig  Krebse  und  einen  Vierling  dito,  eine  Pastete, 
allerlei  Salat  und  Rettige,  Artischocken,  einen  Stock  Blumenkohl,  zwei  Ankenbräute 
(Butterbemmen),  ein  neugebackenes  Hausbrot,  zwei  Semmeln,  drei  Eierweggen,  einen 
Eierkranz,  zwei  große  Bachis  (Gebäck),  einen  Hammen  (Schinken),  acht  Scatellen 
(Schachteln)  mit  allerhand  Konfekt,  Rosinen  und  Makronen,  eine  Schachtel  Truciscas 
(wohl  Trochisci  =  Bonbons,  Zeltchen),  zwei  Mandel-  und  Rosinen-Torten,  Brustzucker, 
Melonen,  Zitronen  und  verschiedene  Zierraten,  mancherlei  Aprikosen,  zwei  Zuckerstöcke. 
Ferner  ein  schönes  Hofessen,  nämlich :  einen  Kapaun,  ein  Quart  von  einem  indischen 
Hahn,  einen  Hasen,  ein  Rebhuhn,  Brigniolen,  ein  Stück  von  einer  Mandeltorte, 
ein  Stück  von  einer  Quetschentorte  und  eine  überzuckerte  Zitrone.  Ein  Ührlein.  An 
Büchern:  Planün,  Histoire  Helvetique  (französische  Übersetzung)  und  Hottingeri  Hi- 
storia  Ecclesiastica,  und  endlich  noch  von  zwei  armen  Kapuzinern  im  Hinterhof  zwei 
Melönchen,  eine  Hand  voll  Fenchel  und  einen  Maien  (Strauß)"  3i5. 

Noch  1755  wurden  in  Zürich  durch  Mandat  die  „Badschenki"  im  allgemeinen  bei 


Badschenken  und  Baderkräm  329 

zwei  Pfund  Buße  verboten  und  17Q0  —  wohl  zum  letzten  Male  —  die  Geschenke  ganzer 
Gemeinden  an  ihren  Pfarrer  oder  von  Schulen  an  den  Lehrer  bei  30  Pfund  ^'2.  Soweit 
aus  Hess'  Badenfahrt  zu  ersehen  ist,  bestanden  sie,  mit  Ausnahme  der  von  Verwandten 
gespendeten,  1818  nicht  mehr3'5. 

Wurden  Vornehme  bei  ihrem  Aufenthalt  im  Bad  von  dem  Landesfürsten  oder  der 
Stadt  beschenkt,  so  hinterließen  sie  wiederum  „nach  glücklich  vollbrachter  Baden-Kur 
zur  Gedächtnuß  Ihre  Wappen"  (Walch,  Liebenzell  1668)  '54^  und  das  geschah  meistens 
in  Gestalt  gemalter  Fensterscheiben,  ein  Brauch,  den  schon  PooGio  erwähnt.  Auf  dem 
Bild  des  mittelalterlichen  Hausbuchs  sind  die  Wappenscheiben  im  Badehause  darge- 
stellt (Abb.  104).  Selbst  kleine  Bäder  waren  reichlich  mit  solchen  versehen,  z.  B.  im 
16.  Jahrhundert  das  nicht  mehr  vorhandene  Bad  Urdorf  (Zürich)  mit  den  Wappen  des 
Grafen  Georg  von  Württemberg-Mömpelgard,  der  Reformatoren  Bullinger  und  Peli- 
canus427  das  Oyrenbad  bei  Hin  weil  mit  denen  Bullingers,  der  Bürgermeister  von  Zürich, 
der  Prälaten  von  Einsiedeln,  Fischingen  und  Rheinau425  im  18.  Jahrhundert,  z.  B.  in 
Spa,  scheinen  die  Einwohner  selbst  mehr  zu  Reklamezwecken  ihre  Häuser  mit  den 
Wappen  fürstlicher  Personen  geziert  zu  haben  404. 

Kehrte  man  vom  Bade  heim,  so  erforderte  die  Sitte,  Geschenke  mitzubringen,  die  den 
Namen  „Baderkräme"  (kramen,  kaufen)  führten.  Johann  Grob  aus  dem  Toggenburg 
hat  unter  dieser  Überschrift  in  seiner  „Dichterischen  Versuchgabe"  1678  folgende  Verse 
verzeichnet: 

„Wann  der  Frauen  Bader-Cur  und  die  liebe  Zeit  verflossen, 
Dann  so  geht  das  Kramen  an ;  freuet  eucli,  ilir  Hausgenossen, 
Kneclit  und  Magd  ist  unvergessen,  auch  der  nächstgeseßnen  Schaar; 
Hat  der  Mann  dann  nichts  zu  hoffen?   Ja,  ein  schönes  Hörnerpaar!" 3i5. 

Mit  dem  Titel  „Bad-kramet"  schickte  der  Kanzler  Löffler  1633  Eberhard  ill.  ein 
Schreiben  aus  dem  Wildbad  73.  Pfarrer  Burkhard  zu  Nieder-Weningen  kaufte  1736  in 
Baden  mehrere  Kegelspiele  als  „Baderkröme",  um  sie  daheim  zu  verschenken  32  Vielleicht 
handelte  es  sich  um  Geschenke  bestimmter  Natur;  denn  als  der  Astronom  FÄsi  1703 
seine  Schwiegermutter  von  Baden  abholte,  da  brachte  er  seinen  Kindern  etwas  mit,  aber 
nur  dem  Rägeli  (Regula)  „Baderkräm"  462  Zu  Anfang  des  19.  Jahrhunderts  bedachte 
man  auch  noch  die  Kinder,  Verwandte  und  Dienstboten,  aber  nur  mit  kleinen  Geschen- 
ken, besonders  mit  Spanischbrötchen,  einem  Backwerk,  das  in  Baden  besonders  gut 
hergestellt  wurde 3i5. 

Armen  Leuten,  die  ins  Bad  fuhren,  gab  die  Heimatsbehörde  kleine  Unterstützungen 
zum  Unterhalt  mit.  Solche  „Wildbadalmosen"  wurden  z.  B.  im  16.  Jahrhundert  in  Nürn- 
berg ausgeteilt '6  In  Basel  erhielt  1593  ein  armer  Mann  von  Normandingen  (jetzt  Or- 
malingen)  aus  dem  Kirchengute  eine  „Badesteuer"  von  sechzehn  Schillingen  39^  in 
Würzburg  1590  ein  Bader  zwei  oder  drei  Gulden  „Beisteuer"  ins  Wildbad  'H 

Das  B^den  selbst  war  für  Arme  unentgeltlich,  ja  sogar  für  Vornehme,  die  auch,  ab- 
gesehen von  kleinen  Entschädigungen,  nichts  für  das  Wasser  zahlten.  In  Pfäfers  hatte 
1610  jeder,  der  es  vermochte,  einen  Kreuzer  für  Licht,  und  wer  hinwegzog,  einen  Batzen 


330  Die  Freibäder 

dem  Aufseher  zu  geben,  nichts  weiter  22  Pfäfers  wird  deswegen  öfters  als  edles  Wild- 
und  Freibad  bezeichnet.  Wie  Pantaleon  berichtet,  bezahlte  man  in  Baden  (Schweiz) 
nur  die  Säuberung  des  Bades  wöchentlich  mit  einem  Kreuzer  35.  ,,Es  mügen  zu  diesem 
Brunnen  kommen  vngehindert,  Ade!  oder  vnadei,  Reich  oder  Arm",  sagt  Feurbergk 
(Pyrmontanus)  15Q7  von  Pyrmont,  „gratis  datur  gratis  accipitur"  56.  Mit  einem  gewissen 
Aberglauben  wurde  die  Zulassung  zum  Bad  jedermann  gestattet.  Dem  Fabricius  Hil- 
DANUS  erzählten  1610  die  Einwohner  von  Pfäfers,  ein  Abt  habe  das  Bad  mit  Abgaben 
belegt,  da  sei  der  Brunnen  verschwunden,  bis  der  Zoll  aufgehoben  wurde  22.  Ähnliches 
berichtet  Waoner  von  Gontenschwyl  bei  Reinach  im  Aargau.  Dort  wurde  1640  eine 
Quelle  entdeckt,  die  bei  massenhaftem  Zulauf  viele  Wunderkuren  vollbrachte.  Aber 
schon  im  folgenden  Jahre  hatte  der  Brunnen  seine  seltsame  Heilkraft  vollständig  ein- 
gebüßt, weil  die  Bauern  aus  Habgier  das  Wasser  verkauften  679.  Metobius  erzählt  1556, 
der  Pyrmonter  Brunnen  habe  dreihundert  Jahre  vorher  große  Krankheiten  geheilt.  Als 
aber  der  Herr  der  Herrschaft  Zins  erheischte,  da  verschwand  das  Wasser  und  ver- 
siegte der  Brunnen  417.  |n  Baden-Baden  beschwerten  sich  die  Einwohner  1488  beim 
Markgrafen  Christoph,  als  der  Bader  von  den  Armen  Geld  genommen  hatte,  mit  Erfolg  40. 

Zu  Baden  in  der  Schweiz  bezog  das  Freibad  mit  mehreren  Wirtshäusern  zusammen 
sein  Wasser  aus  der  Quelle,  die  der  heiße  Stein  hieß.  Es  wurde  ängstlich  darauf  gesehen, 
daß  zuerst  die  Armen  mit  genügend  Wasser  versorgt  wurden.  Nach  alten  Badefreiheiten 
konnte  im  Freibad  jedermann  den  Zapfen  (dargestellt  in  Abb.  102  rechts)  ziehen  oder 
stecken,  wenn  er  das  Wasser  wärmer  oder  kühler  haben  wollte.  Kein  Wirt  durfte  bei  Strafe 
den  Zapfen  berühren,  schon  sein  bloßes  Erscheinen  beim  Freibade  nach  dem  Läuten  der 
Betglocke  hatte  für  ihn  unnachsichtlich  eine  Buße  von  fünfundzwanzig  Pfund  zur  Folge. 
Als  im  Jahre  1641  der  Nachtwächter  bei  den  Bädern  auf  Geheiß  eines  Wirtes,  um  ihm 
mehr  Wasser  zuzuhalten,  den  Zapfen  des  Freibades  steckte,  wurde  er  solange  in  den 
Turm  gesperrt,  bis  er  den  nannte,  der  es  ihm  geheißen  32.  in  Baden  war  auch  der  Besuch 
der  Matte,  des  Vergnügungsplatzes,  für  jedermann  frei,  trotzdem  sie  zum  Hinterhofe,  also 
dem  Gasthause  der  Vornehmen,  gehörte,  der  Besitzer  desselben  den  Platz  instand  zu 
halten  hatte  und  ihn  mit  den  nötigen  Ruhebänken  versehen  mußte.  1424  wurde  „als 
altes  Herkommen  geöffnet,  daß  die  Werdmatte  zu  Niederbaden  (es  ist  nicht  Baden- 
Baden  gemeint,  Niderbaden  steht  hier  wohl  im  Gegensatz  zu  der  höher  gelegenen  Stadt 
Baden)  zu  dem  Hofe,  der  Heinrich  Schinders  sei.  gewesen  ist,  gehöre  und  gehören  soll, 
daß  aber  jedermann,  in  welchen  Ehren  und  Würden  er  sei.  Jung  oder  Alt,  Herren  und 
Frauen,  zu  jeder  Zeit,  Sommers  und  Winters,  auf  diese  Matte  gehen,  allda  tanzen  oder 
andere  ziemliche  Kurzweil  treiben  mögen,  von  jedermann  ungehindert.  Und  wer  den 
Schinders  Hof  inne  habe,  der  soll  die  Tanzstühle  auf  der  Matte  machen  und  in  Ehren 
halten  und  nießen,  was  auf  der  Matte  wächst,  ohne  jemand  an  Kurzweil,  Steg  oder  Weg 
daselbst  zu  hindern"  32. 

Die  Abgabe  von  Mineralwasser  zum  Trinken  war  fast  überall  gänzlich  frei,  zu 
Bädern  jedoch  nur  da,  wo  das  Wasser  nicht  erwärmt  werden  mußte.     Im  Solbade 


Das  Auswerfen 


331 


Abb.  140.  Das  Freibad  zu  Baden  im  Aargau  1820.  Aquarell  von  Ludwig  Vogel.  Zürich,  Landesmuseum. 

Kreuznach  kostete  14Q0  einen  Tag  baden  einen  Heller  6i,  zu  Meinhardt  in  Württemberg 
zaiiite  man  1485  für  das  Baden  am  Vor-  und  Nachmittag  je  zwei  Pfenniges.  Das  waren 
die  Preise  der  öffentlichen  Badestuben.  1602  verordnete  der  Rat  von  Luzern,  daß  die 
Bauern  das  Wasser  aus  dem  Bad  in  der  Luthern  nicht  wegführen  dürften,  weil  der  Bader 
auf  eigene  Kosten  das  Bad  hatte  herstellen  lassen  38 

Die  Auffassung,  daß  auch  der  Reiche  nichts  fürs  Bad  zu  zahlen  habe,  hatte  seine 
Ursache  einmal  darin,  daß  man  das  Mineralwasser  als  Gabe  Gottes  betrachtete;  da- 
durch war  es  steuerfrei.  Diese  Ansicht  hatte  auch  zur  Folge,  daß  etliche  (1610)  annahmen, 
Pfäfers  verletze  die,  welche  mit  Franzosen  (Syphilis)  behaftet  seien,  weil  die  hohe  und 
heilige  Arznei  solche  unreine  und  wüste  Krankheit  nicht  annehme  22  (Der  Abt  von 
Pfäfers  lud  aber  doch  Ulrich  von  Hütten  zur  Kur  ein!)  Nach  Thurneisser  (1572) 
sollten  sich  vor  Pfäfers  auch  die  Goldschmiede  hüten,  die  viel  vergoldet  haben,  die 
schwämmen  empor  darin.  Er  kannte  einen  aus  Lindau,  der  viel  vergoldet  und  deshalb 
viel  Quecksilber  an  sich  gezogen  hatte.  Als  dieser  nun  mit  dem  Podagra  beschwert  nach 
Pfäfers  kam,  konnte  er  nicht  unter  Wasser  bleiben  und  mußte  ungebadet  wieder  heim- 
ziehen, weil  das  Wasser  kein  Quecksilber  litte  390.   Fabricius  Hildanus  widerlegte  diese 


332 


Einfache  Einrichtungen  in  den  Mineralbädern 


Abb.  141.  Mineralbad  von  ca.  1600.  Federzeichnung  von  Bartholomäus  Lingo  in  Straßburg.  Statistik 
schweizerischer  Giasgemälde  und  Handzeichnungen.   Jg.  1904.    Zürich,  Landesmuseum.    Vgl.  Abb.  58. 

Ansicht  durch  einen  Versuch  am  eigenen  Leibe,  nachdem  er  ihn  an  einem  seiner  Lehr- 
linge vorgenommen  hatte.  1628  wurde  auch  ein  Goldschmied  vom  Gliederweh  ge- 
heilt 101.  Das  Wasser  warf  aber  Wassersüchtige  aus,  die  wegen  des  leichteren  spezifi- 
schen Gewichts  emporschwammen,  Man  sah  das  als  ein  absolutes  Anzeichen  zum  so- 
fortigen Verlassen  des  Bades  an.  So  wurden  1663  in  Pfäfers  zwei  Wassersüchtige  aus- 
geworfen, ein  dritter  badete  weiter  und  starb  456. 

Auch  rührte  das  Freibaden  gewiß  aus  einer  Zeit  her,  wo  sich  die  einfachsten  Vor- 
richtungen in  oder  bei  der  Quelle  befanden.  Die  Freibäder  —  und  das  waren  die 
ältesten  —  lagen  sehr  häufig  unter  freiem  Himmel*,  die  zu  Baden  in  der  Schweiz  bis  ins 
IQ.  Jahrhundert  (Abb.  46).  Erst  1812  wurden  die  bis  dahin  offenen  Bäder  mit  Jalousien 
eingewandet  (Abb.  103,  140),  1824  das  Freibad  gedeckt  und  auch  für  beide  Geschlechter 
in  zwei  Abteilungen  unterschieden,  drei  Jahre  darauf  geschah  letzteres  im  Verenabad, 
das  immer  noch  offen  blieb,  bis  es  1841  einging  32.  Als  Verbesserung  traten  die  soge- 
nannten Badeschuppen  auf  (Abb.  124,  138).  Auch  in  dieser  Gestalt  treffen  wir  Bäder 
mehrfach  noch  im  19.  Jahrhundert  an.  So  hatte  1867  das  Kuttlenbad  in  der  Gemeinde 
Summiswald  (Bern)  einen  einzigen  offenen  Schuppen  als  Baderaum,  unter  dem  in  sechs 
Wannen  die  Geschlechter  ungetrennt  badeten  §6.  i832  sagt  RÜSCH  vom  Langeneybad 
am  Fuße  des  Seelibühls,  zwischen  dem  Gurnigel  und  den  Stößen,  drei  Viertelstunden 
vom  Gurnigelbad  (Berner  Oberland)  gelegen:  „Es  gleicht  in  seiner  Lage  und  Bauart 
nach  eher  einer  Räuberhöhle  als  einer  Heilanstalt.  Wind,  Regen  und  Schneegestöber 
streichen  ungehindert  durch  das  von  vornen  und  hinten  offene  Giebeldach  (Vgl.  Abb. 
96).  Wohnung  und  Bewirtung  findet  man  nicht;  die  ganze  Einrichtung  beschränkt 
sich  auf  vier  im  Erdgeschoß  angebrachte  ausgehölte  Baumstämme,  in  welchen  acht  Per- 
sonen mit  gegeneinander  gerichteten  Füßen  baden  können"  88.  Baden-Baden  hatte  aber 
1488  schon  geschlossene  Freibäder  40. 

*  Angenehm  war  der  Aufenthalt  bei  schlechtem  Wetter  in  einem  solchen  Bade  nicht.  Hess  singt 
1818  von  den  Freibädern  in  Baden: 

„Wasser  begehr'  ich  wohl  hier;  aliein  von  oben  und  unten, 
Kaltes  und  warmes  zugleich,  ist  mir  doch  wahrlich  zu  viel"^'5. 
Die  Kranken  wurden  auch  viel  von  den  „stechenden  Bader-Fleugen"  belästig-t,  die  1688  Simler  be- 
sang 2?.    In  Abb.  141  ist  das  Abwehren  der  Fliegen  mit  dem  Wedel  dargestellt,  eine  Beschäftigung, 
zu  der  sich   in   der  Badenfahrt  guter  Gesellen   der  Pritschenmeister  dem  Wirt  an  Steile  einer  Be- 
zahlung der  Getränke  anbietet  3^. 


Zusammenbaden  verschiedener  Stände  in  den  Mineralbädern 


333 


Abb.  142.    Karlsbad  vor  dem  Brande  von  1759  mit  den  Holznnnen  (2),  die  vom  Sprudel  aus  längs 
der  Tepl   und  über  dieselbe   das  Thermalwasser  in  die  im  ersten  Stock  gelegenen  Badstiiblein  der 

Uferhäuser  leiteten.    Kupfer. 

Ursprünglich  saßen  im  Freibad  Vornehme  und  Arme  beieinander.  In  Plombieres 
(Plumbersbad)  badete  alles  in  einem  unter  freiem  Himmel  gelegenen  See  (Abb.  120);  nur 
das  Königsbad  war  „beschlossen"  449.  Auf  Verlangen  des  Pfalzgrafen  Herzog  Friedrich 


334  Trennung  der  Stände  in  den  Mineralbädern 

wurde  1524  für  diesen  im  Wildbad  das  Herrenbad  zum  Gebrauch  für  zwanzig  Personen 
unterschlagen  335.  Später  errichtete  man  noch  mehrere  Abteilungen,  immerhin  saßen 
die  verschiedenen  Stände  in  einem  gemeinsamen  Bade  und  waren  nur  durch  Bretter- 
wände voneinander  getrennt.  In  Pfäfers  war  das  obere  Bad  1610  (Abb.  130)  (auch  im 
neuen  Bad  (Abb.  131)  bestand  die  Trennung  der  Stände)  für  große  Herren  und  Edel- 
leute  bestimmt  und  führte  den  Namen  Herrenbad  22,  obwohl  die  Badeordnung  vom  Jahre 
1619  sagt,  keiner  solle,  weil  Pfäfers  ein  Freibad,  seines  Standes  wegen  vorgezogen 
werden  632.  Sie  fügt  jedoch  hinzu,  die  Badenden  seien  nach  ihrer  Würde  zu  setzen,  und 
das  geschah  durch  strenge  Absonderung  im  Herrenbad.  Baden  in  der  Schweiz  hatte 
Bäder  für  Vornehme  in  den  Gasthäusern,  ebenso  Baden-Baden.  Hier  waren  1606  zehn 
offene  Wirtshäuser  mit  dreihundertneunundachtzig  Badkästen  neben  einem  Privatbad- 
hause 362.  In  Karlsbad  wurde  das  Wasser  des  Sprudels  in  die  benachbarten,  zur  Frem- 
denbeherbergung dienenden  Bürgerhäuser  in  offenen  Holzrinnen  geleitet  und  dort  in 
den  „Badstueblein"  gebadet.  Solcher  zählte  man  im  16.  Jahrhundert  gegen  zweihundert, 
und  noch  vor  dem  großen  Brande  vom  Jahre  175Q  waren  vierzig  Häuser  mit  Badestuben 
versehen.  (Auf  Abb.  142  liegen  sie  als  vergatterte  Hallen  im  untersten  Stockwerk  der 
Häuser  längs  des  Flusses;  bei  den  ersten  beiden  Häusern  sind  sie  kleine  Anbauten.) 
Nach  dem  Brande  jedoch  hatten  die  meisten  Bürger  in  ihren  Häusern  keine 
Bäder  mehr,  weil  das  Baden  um  diese  Zeit  außer  Gebrauch  gekommen  war  347.  in  den 
Beschreibungen  wird  vielfach  berichtet,  daß  Patienten,  welche  den  gemeinsamen  Bade- 
raum nicht  benutzen  wollten,  das  Wasser  in  ihre  Zimmer  tragen  ließen,  ja  nach  benach- 
barten Orten,  wenn  sie  im  Bade  selbst  keine  standesgemäße  Unterkunft  fanden.  In 
Liebenzeil  wurden  1748  die  Bäder  nur  von  den  Dienern  und  armen  Leuten  gebraucht, 
wer  es  bezahlen  konnte,  ließ  das  Wasser  ins  Zimmer  bringen  372  Immerhin  wurde  hie 
und  da  auch  das  gemeinsame,  selbst  das  Armenbad,  von  Vornehmen  benutzt,  wie  wir 
sahen  das  Verenabad  in  Baden  wegen  seiner  besonderen  Eigenschaft. 

Die  Regel  scheint  aber  doch  gewesen  zu  sein,  daß  man  die  Armen  aus  dem  alten 
Freibade  verdrängte  und  ihnen  andere  Bäder  zuwies.  So  wurden,  wie  wir  schon  sahen, 
im  Wildbad  1828  die  Armen  aus  dem  gemeinschaftlichen  großen  Bade  entfernt,  und  sie 
erhielten  in  einer  besonderen  Anstalt  das  Wasser  vom  früheren  Pferdebade.  Es  bestand 
jedoch  zur  selben  Zeit  die  auf  lagerbüchlichem  Herkommen  beruhende  Berechtigung 
zum  unentgeltlichem  Gebrauch  der  Bäder  für  die  Bürger  und  Bürgerinnen  der  Orte 
Wildbad,  Kalmbach  mit  Höfen,  Neuenbürg,  Gräfenhausen  mit  Arnbach  und  Oberhausen, 
sowie  die  Dienstboten  und  die  Verwandten  der  Wildbader  Bürger  und  Bürgerinnen 
bis  in  den  dritten  Grad  bürgerlicher  Berechnung  einschließlich  325.  1584  wurde 
im  Tobelbad  bei  Graz  geklagt,  daß  gesunde  und  „presshafte"  Personen  ohne 
Unterschied  „fast  beinander"  badeten  und  die  Armen  „gleich  hervor  vom  neuen  Ur- 
sprung (Quelle)  säßen"  84.  im  17.  Jahrhundert  bestand  das  Armenbad  zu  Burtscheid  aus 
einer  Grube  (Abb.  143),  bei  der  zwei  bienenkorbartige  Schwitzhütten,  wie  wir  sie  oft 
als  ersten  Anfang  einer  Badeanstalt  antreffen  (Abb.  129),  errichtet  waren  409^  und  doch 


I 


Die  Zulassung  zu  den  Freibädern 


335 


muß  nach  Aussage  von  Baccius  im  16.  Jahrhundert  ein  größeres  Freibad  bestanden 
haben,  bei  dem  Lustbarkeiten  stattfanden  '^o.  Man  i<am  von  der  alten  Auffassung  des 
Freibades  immer  mehr  ab  und  gab  den  als  Bettler  umherziehenden,  mit  häßlichen  Krank- 
heiten Behafteten,  die  früher  am  meisten  Mitleid  erregt  hatten,  Bäder,  die  man  kaum 
noch  mit  diesem  Namen  bezeichnen  kann.  In  Teplitz  war  1607  das  vor  der  Stadt  ge- 
legene Bad  für  Bettler,  Aussätzige  und  die  an  Franzosenkrankheit  Leidenden  nur  ein 
Tümpel  und  das  in  der  Stadt  befindliche  „Frantzöser- oder  Rossebad"  ein  „Pfudel"264. 
In  Warmbrunn  mußten  sich  1607  die  Armen  gefallen  lassen,  daß  Vornehme  mit  ekel- 
haften Krankheiten  in  ihrem  Bade  saßen,  weil  das  für  Herren  diesen  verschlossen 
wurde  ö9 

An  einzelnen  Orten  nahm  man  das  Freibaden  wörtlich.  1688  hatte  zum  „armen  oder 
Comphaußbad"  in  Aachen  jedermann  freien  Zutritt.  Da  badeten  Kranke  und  Gesunde, 
Weiber  und  Männer,  Junge  und  Alte,  „besudelte,  krätzige  vnd  mit  geschwären  behaffte" 
durcheinander.  Die  Waschweiber  wuschen  ihre  Lein- 
wand, die  Färber  Wolle  und  Tücher.  Sitzplätze,  Zimmer 
und  Betten  gab  es  nicht.  Einmal  im  Jahre  wurde  das  Bad 
von  vierzig  Tuchmachern  gereinigt.  Im  St.  Quirinibad 
durften  die  Bürger  wenigstens  Wasser  holen  409.  ins  Frei- 
bad zu  Baden  (Schweiz)  konnte  jedermann  kommen  und 
gehen.   Das  Verenabad  durften  aber  schon  zu  Pantaleons 

Zeiten  nur  die  benutzen,  welche  Herberge  genommen  hatten,    Abb.  143.    Armenbad  in  Burt- 

,  t/-       ■       r\  L  -li  c    ■■!    ■         Ol  j        scheid  mit  zwei  Strohhütten  zum 

also  zur  Kur  im  Orte  weilten.     Spater  mußte  von   der 


Schwitzen.  Kupfer  aus:  Blon- 
DEL,  Beschryving  van  de  Stad 
Aken.  Leiden,  1727.  (Befindet 
sich  schon  in  der  Ausgabe  von 
1688,  in  der  ersten  Auflage  von 
1685    fehlen    die    Strohhütten.) 


Heimatsbehörde  ein  Dürftigkeitszeugnis  vorgewiesen 
werden,  und  das  hatte  seinen  Grund  im  Vorhandensein 
zahlreicher  sogenannter  starker  Bettler,  Nichtstuer,  die 
haufenweise  in  den  Bädern  lagen.  In  Baden-Baden  hing 
1528  die  Erlaubnis  zum  Betteln  für  die,  welche  des  Bades  notdürftig  waren,  von  der 
Einwilligung  des  Schultheißen  ab  454.  1702  ließ  man  in  Baden  (Schweiz)  auch  nicht 
mehr  jedermann  ohne  weiteres  ins  gemeinsame  Verenabad.  Die  mit  ekelerregenden 
und  ansteckenden  Krankheiten  Behafteten  badeten  einige  Tage  an  einem  abgeschla- 
genen, von  der  Quelle  entferntem  Ort,  bis  sie  von  der  gröberen  Unsauberkeit  befreit 
waren  373. 

Karlsbad  hatte  in  der  zweiten  Hälfte  des  16.  Jahrhunderts  öffentliche  (Gemein-) 
Bäder  am  rechten  Teplufer  in  nächster  Nähe  des  Sprudels.  Das  Badehaus  besaß  je  eine 
Abteilung  für  Männner  (Abb.  144,  No.  5)  und  Frauen  (No.  6),  sowie  eine  abgesonderte 
für  „Kretzige  und  Aussätzige"  (No.  7),  die  nach  Abb.  144  noch  zu  Anfang  des  17.  Jahr- 
hunderts ohne  Dach  war.  Nach  dem  großen  Stadtbrande  im  Jahre  1759  wurde  das 
Gemeinbad  neuerdings  errichtet  und  nach  einer  Abbildung  von  ca.  1780  dem  alten  sehr 
ähnlich.  Auch  das  dritte  Bad  für  Aussätzige  wurde  hinter  dem  Weiberbad  wieder  auf- 
geführt.   Das  ganze  Gebäude  erstand  1794  neu  mit  einem  kleinen  Dampfbade,  wurde 


336 


Die  Freibäder  zu  Karlsbad  und  Baden-Baden 


aber  1809  beim  explosionsartigen  Ausbruch  des  Sprudels*  derart  beschädigt,  daß  es  ab- 
getragen werden  mußte  347.  Damit  verschwand  das  alte  Bad,  das  wir  unbedingt  als 
Freibad  auffassen  müssen.  An  seiner  Stelle  erstand  um  die  1809  hier  neu  entsprungene 
Hygieensquelle  —  das  alte  Bad  wurde  vom  Sprudel  versorgt  —  eine  Säulenhalle,  mit 
einem  zweiten  Stock,  das  zur  Dampfbadeanstalt  eingerichtet  wurde.  Der  Mühlbrunnen 
war  schon  im  16.  Jahrhundert  bekannt.    Zu  Anfang  des  18.  war  er  in  ein  nur  mit 


Dem '^yVeüiertxSmbien   Ji^wferi  artj:b<Jd{?)fr  "öfu^t    qe^andl  '  U        J 


Abb.  144.    Der  Sprudel  zu  Karlsbad  im  17.  Jahrhundert.    Kupfer  von  O.  Hupschmann. 
Brettern  verschlagenes  Bad  geleitet,  was  die  Armen  benutzten,  namentlich  auch  zum 
Schröpfen  347. 

In  Baden-Baden  bestanden  ähnliche  Verhältnisse  wie  zu  Baden  in  der  Schweiz.    Es 
gab  zwei  Freibäder**,  ein  großes  und  ein  kleines,  die  nach  einer  Ordnung  des  Mark- 

*  Am  1.  November  1775  beim  Erdbeben  von  Lissabon  blieb  der  Sprung  der  Hauptquelle  zu  Teplitz 
auf  einmal  sieben  Minuten  aus,  dann  drang  aber  das  Wasser  mit  ungeheuerer  Gewalt  hervor,  daß 
man  auf  dem  Platz  der  Vorstadt  mit  Kähnen  fahren  konnte.  Am  26.  Juli  1805  stand  vi^ährend  des 
Erdbebens  von  Neapel  der  Sprudel  zu  Karlsbad  sechs  Stunden  lang  still  und  man  befürchtete,  das 
Wasser  möchte  ausbleiben  ^25.  Der  Streit  über  die  Entstehung  der  Thermen  war  damit  geschlossen. 
**  1606  hatte   Baden-Baden   ein   „gefreytes    Haus".    Es  war  „vnsers  gnedigsten  Herrn  deß  Marg- 


fl 


Die  Freibäder  wurden  am  meisten  am  Sonnabend  benutzt  337 

grafen  Christoph  1488  Freibäder  im  eigentlichen  Sinne  des  Wortes  waren.  Als  sich  die 
von  Baden  beschwerten,  der  Bader  habe  den  Mägden  das  Wasserholen  nicht  gestattet, 
das  eine  Freibad  während  des  Badens  geschlossen  gehalten  und  auch  von  Armen  Geld 
genommen,  wurde  im  selben  Jahre  eine  neue  Verfügung  erlassen.  Nach  ihr  war  das 
große  Freibad  von  altersher  „armen,  eilenden  menschen  vmb  Gottswillen  allweg  fry". 
Das  kleine  Freibad  stand  aber  nur  den  Einheimischen  frei  zur  Verfügung  (auch  in  Baden 
in  der  Schweiz  hieß  das  eine  Freibad,  das  nicht  von  den  Armen  kurgemäß  gebraucht 
wurde,  nach  Pantaleon  das  Bürgerbad),  Fremde  zahlten  täglich  einen  Pfennig.  Die  Ver- 
ordnung enthält  aber  schon  eine  Einschränkung  des  kleinen  Freibades,  die  der  Bader 
nach  seinem  Vertrage  aufrecht  hielt.  Wenn  er  fremde  Gäste  „zu  lust"  behielte,  hatten 
die  Einwohner  von  Baden  keinen  Zutritt  40.  So  wurde  in  Pfäfers  nach  der  Badeord- 
nung von  1619  dem  Verwalter  bei  Strafe  verboten,  Leute  aus  der  Umgebung  nach  Feier- 
abend oder  am  Samstag  abend  baden  zu  lassen,  wenn  das  Bad  mit  Kranken  besetzt 
sei  632*.  Diese  Verordnung  hatte  ihren  Grund  darin,  daß  die  Bauern,  um  das  Badegeld 
zu  sparen,  die  Freibäder  an  Stelle  der  Badestuben  benutzten.  In  Baden-Baden  wurden 
deshalb  die  Freibäder  alle  „gebannte  sampstags-  und  feyernächte"  im  Sommer  um  neun, 
im  Winter  nach  sieben  Uhr  für  Nichtkranke  geschlossen  40.  im  Freibad  zu  Baden 
(Schweiz)  war  der  Andrang  am  Samstag  Abend  am  größten,  wo  nicht  nur  gebadet  und 
geschröpft,  sondern  auch  bis  in  die  Nacht  getrunken  wurde.  Mehrmals  wurde  in  den 
Berner  Kapitelakten  über  das  ärgediche  Unwesen  in  den  Bädern,  namentlich  am  Sams- 
tag abend  und  Sonntag  geklagt,  weswegen  der  Rat  1650  das  Baden  zu  dieser  Zeit  ver- 
bot. Betroffen  wurden  sechs  Bäder,  darunter  das  Gurnigelbad,  weil  Samstag  zu  Nacht 
und  am  Sonntag  mehrenteils  nur  Knechte  und  Mägde  von  Üppigkeit  wegen  in  diese 
Orte  zögen.    Die  Klagen  gehen  bis  zum  Jahre  1673 142. 

Bei  dem  stundenlangen  Baden  war  es  natürlich,  wenn  man  Unterhaltung  suchte, 
und  das  geschah  in  den  meisten  Fällen  —  den  Schriftstellern  nach  als  Eigenart  der 
Deutschen  —  durch  Zechen,  Singen  und  Instrumentalmusik,  wovon  schon  Poooio  be- 
richtet, und  das  auf  vielen  Abbildungen  des  16.,  seltener  des  17.  Jahrhunderts  darge- 
stellt ist  (Abb.  95,  102,  117,  138).  Angeblich  sollte  auch  dadurch  der  als  schädlich 
geltende  Schlaf  verscheucht  werden. 

Einen  eigenartigen  Zeitvertreib  schuf  Gailer  von  Kaisersbero  dem  Peter  Schott 
und  dessen  Frau,  indem  er  einen  Doktor  als  Lustigmacher  ins  Wildbad  schickte,  der 

graffen",  also  das  schon  früher  erwähnte  Privatbad  des  Fürsten  und  nicht  ein  Freibad  (vielleicht 
aber  eine  alte  Freiheit  für  Verbrecher),  wie  es  Hess  bezeichnet.  Außerdem  gab  es  zwei  große 
Bäder  am  Mari<t,  das  eine  für  die  Armen,  das  andere  für  die  Bürger.  Man  I<önnte  vermuten,  daß 
diese  beiden  die  alten  Freibäder  seien.  Es  bestanden  aber  noch  zwei  Badehäuser  oder  „Stuften", 
darin  man  sich  nur  wusch.  Das  oberste  hieß  das  Freibad,  das  andere  das  untere  Bad^i^^,  und  da, 
wie  früher  ausgeführt  wurde,  eins  der  alten  Freibäder  in  sich  eine  Badestube  schloß,  sind  vielleicht 
die  beiden  zuletzt  erwähnten  die  alten  Freibäder. 

*  1805  schreibt  aber  Ebel  von  Pfäfers,  daß  alle  Sonnabende  große  Haufen  von  Landleuten  aus 
allen  umliegenden  Gegenden,  besonders  Oraubünden,  herbeiströmten,  welche  bis  IWontag  früh  im 
Bade  schwitzten  (man  saß  ja  mit  dem  Oberkörper  im  Dampf)  und  schröpften  '"ä^. 

Martin,  Badewesen  22 


338 


Unterhaltung  im  Bad 


Abb.  145.    Vergnügungen  beim  Mineralbade  in  der  zweiten  Hälfte  des  16.  Jahr- 
iiunderts.    Holzschnitt  aus:  Münster,  Cosmographey.    Basel,  1598. 


seinen  Posten  so 
gut  versah ,  daß 
Schott,  ein  sonst 
sehr  ernsthafter 
Mann,  ihm  das 
Zeugnis  geben 
mußte,  „er  habe 
die  werte  Gesell- 
schaft über  Tisch 
mit  seinen  omeliis 
et  scommatibus 
so  belustigt,  ut 
risu  pene  omnes 
defecerimus,  prae- 
sertim  famulae 
nostrae,     quibus 


risus  in  urinationem  cessit"  325.  Der  Tübinger  Professor  Bebel  schrieb  seine  berühmten 
Facetiae,  eine  Anekdotensammlung,  aus  welcher  das  ganze  16.  Jahrhundert  schöpfte, 
als  Badelektüre  für  seine  Freunde  6.    Die  Unterhaltung  der  Badegäste  war  gewiß  nicht 
immer  die  anständigste;  denn  Simler  hat  in  seiner  Gedichtsammlung  (1688)  unter 
mehreren  Sprüchen  in  das  Badehaus  auch  die  folgenden: 
„Die  Säüglock  bleib  unangezogen : 
nur  guten  g'sprächs  werd  hier  gepflogen." 
„Im  Bad-  und  Wöschhauß  meid  anreitzendes  Geschwätz 
zu  schnöder  Üppigkeit,  zorn,  hader,  und  Gefätz: 
dann,  was  du,  sonder  nutz,  geredt  in  disem  Leben, 
darvon  must  Rechenschafft  dem  grossen  Richter  geben"  27 

Zur  Unterhaltung  gehörte  auch  der  Tanz,  und  es  scheint,  daß  dieser  zuweilen  direkt 
beim  Bade  (Abb.  145)  und  manchmal  im  Badekostüm  stattfand.  Baccius,  der  Arzt  des 
Papstes  Sixtus  V.,  hörte  (1571)  beim  Freibad  von  Burtscheid  Tanzmusik  und  Gesang 
und  sagt,  das  wäre  in  ganz  Deutschland  Sitte  ^o.  Hans  Rudolf  Räbmann  singt  noch 
1606  von  Leuk: 

„Etlich  gand  aus  dem  Bad  zum  Tantz, 
Im  Nachtbeltz  Springs  frölich  ganz"  ^s. 

Es  gibt  mehrere  aus  dem  15.  Jahrhundert  stammende  geistliche  Badelieder  28,  die 
genau  genommen  nicht  Bade-,  sondern  geistliche  Lieder  sind  und  Baderegeln  zur  Grund- 
lage frommer  Ermahnungen  nehmen.  Sie  mögen  wohl  auch  im  Bade  gesungen  worden 
sein.  Aus  späterer  Zeit  sind  mehrere  Badelieder  mit  religiösem  Charakter  bekannt 
(Abb.  146).  Die  Glotterthaler  Badeordnung  aus  der  Mitte  des  16.  Jahrhunderts  schrieb 
vor:  „Item  es  soll  kein  Gesang  wider  die  Catholische  Religion  gestattet,  auch  sunsten 
nichts  Schandtliches  gesungen  werden  330_  Jn  Pfäfers  wurde  1619  das  Singen  deutscher 
Psalmen  verboten,  nachdem  es  des  öfteren  die  Jahre  vorher  den  Katholischen  zum  Trotz 


I 


Die  Badelieder 


339 


geschehen  war  632.  Auch  im  Wallis,  namentlich  im  Bade  Leuk  nahmen  1600  die  Katho- 
lischen wahr,  daß  ihnen  „mit  Singen,  Gebärden,  Worten  und  Werken  Trotz  geboten 
werde"  3S.  Nach  der  Ordonnanz  von  1679  für  Baden  bei  Wien  durften  geistliche  und 
christliche  Gesänge  und  Historien,  auch  andere  ehrliche  und  fröhliche  Sachen  gesungen 
und  gesprochen  werden.  Buhliieder  und  „unschambare"  Worte  wurden  mit  vierhundert 
Pfund  verpönt  84. 

Bei  Badenfahrten  vornehmer  Personen  wurden  von  Verehrern  eigene  Wunschge- 
sänge gedichtet  700.  Ejn  aus  dem  17.  Jahrhundert  stammendes  Lied,  mit  drei  Melodien 
gedruckt,  besingt  in  scherzhafter  Weise  die  Qualen  des  Badeausschlags  328.  Mehrere 
Badelieder  dichtete  und  setzte  der  Züricher  Dichter  Simler  im  17.  Jahrhundert  in 
Musik.    Es  sind  meist  Verherrlichungen  der  heimatlichen  Bäder,  z.  B. 

„Zu  Vrdorf,  und  am  Geiren  Rein,  j  .     .     .1 

auf  Aeiigst,  und  auf  dem  Riedt, 

entspringen  gsunde  Brünnelein, 

durch  Gottes  sondre  gut: 

so,  daß  wir  können  baden, 

für  ein  und  andern  schaden, 

auch  in  dem  Zürichbiet." 
Auch  Simler  schrieb  ein  besonderes  Ge- 
dicht, als  etliche  Herrn  Häupter  geistlichen 
und  weitlichen  Standes   der  Städte  Zürich, 
Bern,  Basel  und  Schaffhausen  166Q  Baden 
gleichzeitig  besuchten  27.    Sicherlich  wurden 
auch  die  alten  Schlemmlieder  häufig  ange- 
stimmt. Pantaleon  war  sehr  betrübt  darüber, 
daß  man  von  Baden  öffentlich  schreibe  und 
auch  in  Druck  kommen  lasse,  es  wäre  der 
Schlemmer  Bad  und  werde  dort  die  volle  Mette 
gesungen  35.    Geschrieben  hatte   dies   Pic-      _^t     (     H-  i     .     '. 
TORius,  aber  auch  mit  eigenen  Ohren  gehört,   g^  ■■  ^  "T'   ^    I    1'    J 
daß   man  alle  Morgen  den   Schlemmer  zu  "' 

singen  anhob,  aber  nicht  in  Schilers  Ton, 
sondern  der  vollen  Zapfen  '52. 

Getrunken  wurde  im  allgemeinen  viel,  aber 
nicht  Wasser,  sondern  Wein,  besonders  in 
Baden,  wo  bis  1811  das  Trinkwasser  in  die 
großen  Bäder  von  auswärts  herbeigeschafft 
wurde  und  von  Arm  und  Reich  bezahlt  wer- 
den mußte  32.  So  waren  dort  selbst  die  Armen 
gezwungen,  Wein  zu  trinken.  Als  der  Ulmer 
Patrizier  Hans  Ulrich  Krafft  1573  in  einem  der 


öX>  :öat)ett  ritbmn  ^cife  (lern 
^Ixpmm  (o  n?cnbit?tg  baben/ 


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Abb.  146.    IVl.  MUCHHEIMIN  VON  Vri  *.    Ein 

nüw   Lied,    in    Badenfärten    lustig   zesingen. 

Qetruckt  im  Jar  1617. 


Ein  Hieronymus  Muheim  in  Uri  war  Pritschenmeister  und  Dichter  i»". 


340  Zechen  im  Bad  /  Die  Morgensuppe  j 

freien  Bäder  badete,  entführten  ihm  die  Weiber  sein  „Schnupftüechlin",  zum  Säubern,  um 
sich  einen  Trunk  damit  zu  verdienen.  Die  vier  Ulmer  Maß  Wein,  die  ihnen  Krafft 
schici<te,  vertranken  sie  fröhlich  unter  Jubilieren  und  Gesang  32Q. 

PiCTORius  sagt  1560  vom  Wattwyler  Bad  im  oberen  Elsaß,  der  Wein  verderbe  dort 
viel,  was  das  heilsame  Bad  aufrichte;  „dann  offt  badend  allda  gute  Herrn  vnnd  ge- 
sellen" 152.  Als  Albrecht  Dürer  im  Oktober  1520  in  Aachen  weilte,  schrieb  er  unter 
anderem  in  sein  Tagebuch  „Auch  5  Stüber  für's  Baden  ausgegeben  und  mit  den  Ge- 
fährten vertrunken",  „ich  habe  5  Weißpfennige  in  Gesellschaft  vertrunken  und  für's 
Baden  ausgegeben"  675. 

Die  vornehmen  Badegäste  hatten  unter  sich  eine  Art  studentischen  Komments,  der  am 

deutlichsten  in  der  sogenannten  Morgensuppe  (Abb.  87),  von  der  Pantaleon  berichtet, 

hervortrat.  Sie  hatte  viel  Ähnlichkeit  mit  dem  heutigen  Bierstaat  der  Jenaer  Studenten.  Zu 

Baden  hielten  sie  auch  die  Frauen  bei  fröhlichem  Gesang  in  ihrem  Bad.    Sie  fand  im 

Stad-  und  im  Hinterhofe  statt.    Um  gemeine  Leute  fernzuhalten,  mußte  man  sich  mit 

einer  größeren  Menge  Wein  einkaufen,  auch  dann,  wenn  man  im  selben  Gasthofe,  aber 

nicht  in  einem  der  genannten  Bäder  badete  und  diese  nur  vorübergehend  benutzen 

wollte.    Umgekehrt  war  aber  den  Gästen  der  Herren-  und  der  Frauenbäder  erlaubt, 

andere  Bäder  zu  betreten  und  dort  zu  baden,  was  z.  B.  im  Kessel  des  Stadhofs  vorkam, 

weil  dessen  Wasser  wärmer  war  und  für  heilkräftiger  galt.    Wie  sehr  die  Teilnehmer 

der  Morgensuppe  bevorzugt  wurden,  geht  daraus  hervor,  daß  ihnen  bei  Überfüllung 

des  Frauenbades  im  Stadhofe  ein  zweites,  sonst  von  anderen  Personen  benutztes  Bad, 

eingeräumt  wurde. 

„All  vol  lassend  vns  frölich  singen"  ^'', 

mit  solchem  oder  ähnlichem  Lied  begann  die  Morgensuppe  zu  Baden  in  der  Schweiz, 
und  zu  Baden  bei  Wien  sang  man  1588: 

„Aussig  Wasser  inne  Wein, 
Last  uns  alle  frölich  sein"!^. 
Mit  der  Morgensuppe  war  auch  das  Badgericht  (Abb.  137)  verbunden.  Es  fand  zu  Baden 
(Schweiz)  in  den  Herrenbädern  des  Stad-  und  des  Hinterhofes  statt;  bei  ungenügender 
Beteiligung  in  einem  Bade  taten  sich  die  Gäste  beider  zusammen  und  hielten  das  Ge- 
richt abwechselnd  in  einem  der  beiden  Höfe. 

Zur  Aburteilung  durch  das  Badgericht  kamen  nur  kleinere  Vergehen,  die  im  Verena- 
bade vom  Wächter  bestraft  wurden,  der  auch  das  Recht  hatte,  Leute  in  das  Taubenhaus 
(Gefängnis  bei  den  Bädern)  zu  setzen.  In  den  von  gemeinen  Leuten  benutzten  kleinen 
Bädern  hatte  nach  der  Ordnung  von  1506  der  Badknecht  „die  Unzucht  mit  guten  Worten 
oder  mit  der  Ruthe  fernzuhalten"  32. 

Zur  Einführung  des  Badegerichtes  hatte  wohl  der  Umstand  geführt,  daß  den  Bädern 
Freiheiten  verliehen  wurden,  nach  denen  die  Ortspolizei  bei  kleineren  Vergehen  nicht  ein- 
greifen durfte.  Freiheiten  in  dieser  Beziehung  hatten,  wie  es  scheint  —  und  aus  Pan- 
taleon geht  dies  ja  hervor  —  nur  die  von  Vornehmen  besuchten  Bäder.  1475  gab 
Friedrich  I.  von  der  Pfalz  dem  neu  entstandenen  Bad  Hub  in  der  Ortenau,  da  „gewon- 


Das  Badgericht  341 

lieh  ein  yedes  Bad  sunder  friheit  hat",  die  Ordnung,  „das  keinerley  gerichtsstabe  noch 
gerichtszwang  gebrucht  werden  soll  gegen  den  luten,  die  umb  badens  willen  die  ob- 
genanten  herberg  besuchen  und  das  bat  bruchen".  Im  Wildbad  Roigheim  bei  Möck- 
mühl  verordnete  aber  derselbe  Pfalzgraf  1476,  daß  die  Badenden  dem  Roigheimer  Recht 
unterstehen  sollten  6i. 

Das  Badgericht  bestand  im  ganzen  deutschen  Sprachgebiet.  Nach  der  Badeordnung 
von  Baden  bei  Wien  von  1613  und  den  Zusätzen  bis  1690  wählten  die  Kurgäste  unter 
sich  das  Gericht  84.  Aus  der  Olotterthaler  Badeordnung  (Mitte  des  16.  Jahrhunderts) 
seien  folgende  hierher  gehörige  Stellen  angeführt : 

„Und  damit  die  nachuolgenden  Verbott  steyff  gehalten  vnd  die  verbrachtem  gestrafft 
werden,  so  soll  jederzeit  ain  Schulthaiß,  so  den  stab  füeret,  vnd  fünff  Richter,  ain  Waibel, 
auch  zwen  Fürsprechen,  vnder  den  Bädern  geordnet  vnd  gesetzt,  vnd  was  durch  die 
erkannt,  exequiert  werden. 

Vff  daß  auch  ain  Jedtwederer  Amptsuerweser  wisse,  was  ein  tragendt  Ampt  in  sich 
habe,  so  soll  erstlich  ain  jeder  verordneter  vnd  gesetzter  Schuldhaiß  schuldig  sein,  so- 
bald jme  von  dem  hern  Wirdt  der  Stab  . . .  .* 

Item  es  soll  auch  ain  jedtder maister  (wohl  Seckelmeister)  schuldig  sein gelt 

inzuziehen  vnd  getreuwiich  alles  wer auff  zuheben  vnd  vff  begeren  abzulüffern. 

Item  es  soll  auch  ein  jedtwederer  Kuchemeister  allwegen  zu  Essenszeit  in  der  ge- 
wohnlichen Malstuben  ainen  vnd  den  andern  befragen,  ob  jme  aus  der  Küche  vnd  aus 
dem  Keller  seinem  begeren  nach  gewillfahret,  vnd  da  in  der  Kuchin  durch  faul-  oder 
hinlässigkeit  ettwas  verabsaumbt  vnd  ....  ohne  alle  jnredt ....  der  richterlichen 

Es  soll  ain  jedtwederer  Waibel  acht  haben,  daß  wann  ain  Bader  oder  anderer .... 
mit  gewehrter  Handt,  als  da  seind  Degen,  Waidmer,  Beyhel  oder  dergleichen  schneiden- 
den Waffen,  in  das  Hauß  kummpt,  daß  er  denselben,  er  sey  in  dem  Bad  oder  nit,  an- 
globen lasse,  daß  er  ehender  nit  auß  dem  Badort  weichen  (wolle),  bitz  er  sich  den 
Bädernen  richte  vnd  ain  fueder  Weyns  mit  zweyen  Reyffen  gebunden  zur  Straff  gebe. 

Item  es  soll  auch  ain  jedtwederer  Sigrist  schuldig  sein,  siben  zaichen  mit  dem  Olöck- 
lin,  so  in  der  Kirchen  hanget,  zu  nachuolgenden  vnderschidlichen  malen  zu  geben,  alß 
erstlich  Morgendts  bey  zeit  zu  Bett,  volgends  vor  neun  vhren  vß  dem  Bad  vnd  vmb 
zehne  zum  Essen.  Sodann  auch  zue  Mittag  vnd  Aubendts  vmb  fünff  vhren  widerum 
vß  dem  Bad;  dann  vmb  sex  vhren  zum  Essen,  vnd  letzlichst  wann  es  zeitt,  widerumb 
zu  Bett  zu  leutten,  darnach  sich  alle  Bäder  wissen  zu  richten. 

Item  es  soll  auch  ain  jedtwederer  Britzenmeister  oder  Schlager,  wan  man  endenlich 
Gericht  haltet,  sich  in  seinem  anbefolnen  Richtschwerdt  in  der  Nähe  bey  Gericht  ver- 
lassen vnd  daselbsten  fleissig  achtung  geben,  wann  jme  Jemandt  in  sein  handtwerck 

greifft,  erkannt  würd,  daß  er krafft  ergangener  Vrthail  vnd  tragenden  Ampts  halber 

Richte  schuldig  sei  (Abb.  137). 

Vnd  sollen  demnach  alle  die  jenige  benempt  vnd  andere  Badgenossen,  so an- 

*  Im  Manuskript  ist  hier  ein  Stück  weggerissen. 


342 


Das  Badgericht 


beuoihner  Empter  vnd  abgefertigter  Artickel,  wie  die  dann  ordenlich  nach  ainandern 
besciiworen  vnd  verlesen  werden,  würcklich  nachsetzen  vnd  vor  dem  Gericht  anklagt 
nach  aller  gebür  von  recht  wegen  gestrafft,  auch  alle  verwijrckte  Straff  gleich  alsbald 
erlegen.  Dar  durch  aber  der  hohen  Oberkeit  an  jren  Rechten  vnd  Gerechtigkeiten  nichts 
entzogen  sein  werdt"  330. 

Ob  tatsächlich  einer  der  Mitbadenden  als  Sigrist  die  Kirchenglocke  läutete  oder  das 
Badgericht  nur  die  Aufsicht  darüber  führte,  daß  es  rechtzeitig  geschah,  mag  dahingestellt 
sein.  Nach  der  Badenfahrt  guter  Gesellen  lag  die  Beaufsichtigung  von  Küche  und 
Keller  dem  Pritschenmeister  ob. 

„Vnd  han  ich  inn  der  kuchi  acht 

so  lang  der  koch  dsuppen  macht 

Wil  ouch  bim  keller  trüHch  stan 

biß  er  hat  die  maß  voll  glan"^''. 


Abb.  147.    Qyrenbad  bei  Turbenthal  im  Kanton  Zürich.    Kupfer  aus  dem:  Neujahrsgeschenk  der 
Gesellschaft  zum  schwarzen  Garten.    Zürich,  1826. 

In  Baden  (Schweiz)  hatte  im  Gegensatz  zum  Glotterbad  das  Badgericht  nicht  das  Recht, 
Leute  zu  bestrafen,  die  mit  Waffen  zum  Bade  kamen.  Die  Wehr  war  der  Obrigkeit  verwirkt 
und  mußte  ihr  durch  den  Wächter  zugestellt  werden  35.  Waffentragen  in  der  Nähe  des 
Bades  war  überall  verboten.  Selbst  der  Zar  Peter  I.  mußte  1707  am  Brunnen  in  Spa  den 
Degen  ablegen  404.  Auch  in  Pyrmont  trug  1784  niemand  einschließlich  der  Offiziere 
beim  Brunnen  einen  Degen,  wie  Marcard  glaubt,  weil  alles  nur  zum  Frieden  und  zur 
Ruhe  beisammen  war  342 

Im  Glotterbad  bestand  die  Strafe  in  Wein.  Doch  deutet  die  unvollständige  Stelle 
vom  (Säckel-)meister  darauf  hin,  daß  sie  auch  in  Geld  gegeben  wurde.  In  Baden 
(Schweiz)  wurde  das  Strafgeld  von  den  Badergesellen  verzehrt  oder  armen  Leuten  ge- 


Das  Badgericht  343 

geben  35,  in  Baden  bei  Wien  kam  es  ansciieinend  nur  armen  Leuten  zugute  84.  37i;  da- 
gegen wurde  es  in  dem  i<leinen  Oyrenbad  bei  Turbenthal  (Abb.  147)  nacii  der  Badeord- 
nung des  Junkers  von  Breitenlandenberg  vom  Jahre  1600  zu  einem  „Abletzemahi"  ver- 
wendet 445.   Von  Leuk  singt  Hans  Rudolf  Räbmann  1606: 

„Im  Bad  sind  Richter  und  Amptslüt,  Der  Badbrief  da  sein  Buss  drauf  hat. 

Die  lassen  ungestraffet  nüt.  Manch  Fuder  Wein*  wird  g'setzt  zur  Buss 

Wo  einer  fehlt  mit  Wort  und  That,  Wie  viel  jeder  bezahlen  muss''^«. 

Die  einfachste  Strafe  bestand  jedoch  nicht  im  Bezahlen  von  Wein,  sondern  in  zwangs- 
weisem Trinken.    In  einem  Notizbuche  von  Baden  bei  Wien  vom  Jahre  1588  heißt  es: 
„Nimm  mit  dir  ein  voll  wein  kandel 
Und  bekommst  du  in  päd  einen  handel 
So  sei  stäts  willig  und  bereit 
Zu  bussen  mit  dem  kandel  dein  tumpheit", 

und  „Ein  schöner  Spruch  von  dem  Wildbad  zu  Nürnberg"  hat  1581  die  Worte: 

„Noch  ist  zu  merken  zu  der  letz, 

Ein  nütz  und  nöthig  Badgesetz, 

Dass  wer  allda  will  sitzen  ein. 

Der  bring  mit  sich  ein  flaschen  wein"  's. 
Nach  Pantaleon  wurde,  wer  sich  dem  Badgericht  nicht  fügte,  vom  Schultheißen 
der  Stadt  gestraft.    Das  ist  übertrieben;  denn  nach  der  Badenfahrf  guter  Gesellen  ver- 
fiel er  dem  Pritschenmeister. 

„Ouch  das  man  vns  soll  ghorsam  sin 

oder  werden  gestraft  vm  win 

Der  sich  aber  weite  weren 

Dem  wurd  ich  näst  vfkeren"^''. 
Der  Pritschenmeister  war  einer  der  Mitbadenden,  in  Abb.  87  nur  durch  die  Pritsche, 
in  Abb.  117  u.  137  auch  noch  durch  die  Narrenkappe  gekennzeichnet.  Abb.  137  zeigt  uns 
eine  Szene,  die  wir  häufig  bei  der  Darstellung  von  Schützenfesten  antreffen,  wo  der 
berufsmäßige  Pritschenmeister  als  Festordner,  Dichter  und  Polizist  seines  Amtes 
waltete.  Ernst  waren  seine  Schläge  nicht  gemeint;  denn  auf  Abb.  137  erhebt  einer  der 
Delinquenten  den  zur  Richtstatt  mitgebrachten  Becher. 

Auffallend  erscheint  es,  daß  im  Glotterbad  harmlose  Vergehen  nicht  unter  die  Para- 
graphen fallen,  die  dem  Badgericht  unterstanden.  „Item  es  sollen  auch  die  Bäder 
(Badenden),  noch  Fremde,  so  die  Bäder  besuechen,  dem  Bad  nit  Wasser  sagen,  bey 
Straff  eines  Fueder  Weins  mit  zweyen  Reiffen  gepunden."  Die  Art  der  Strafe  zeigt  aber 
doch,  daß  die  Obrigkeit  sie  nicht  verhängte.  Dasselbe  Verbot  hatte  übrigens  auch 
Baden  bei  Wien  84.  37i. 

Verboten  war  ferner  im  Glotterbad,  wie  überall,  Schwören  und  Gotteslästern,  im 
Bad  bei  Boll  (ca.  1600)  auch  das  Nennen  des  Teufels  „ohne  Vrsach",  sich  selbst  oder 
andere  beim  Teufel  verfluchen  33i. 

•  Die  Höhe  der  Strafe  ist  hier  scherzhaft  übertrieben.  Für  Baden  bei  Zürich  gibt  StrÜbin^^s  an, 
daß  das  Fuder  mit  zwei  Reifen  gebunden  und  gleich  ein  Maß  Wein  sei.  In  Baden  bei  Wien  waren 
die  Strafen  nach  Pfund  bemessen,  weswegen  Wichner  die  Höhe  für  unwahrscheinlich  hält«*,  nach 
Zeiller  (1649)  war  aber  ein  Pfund  Strafgeld  gleich  einen  Pfennig  3' >. 


344  Gebote  und  Verbote  in  den  Minemibädern 

„Item  sollen  ain  Jedtwederer  Bäder  es  seyen  Manns-  oder  Weybspersonen,  jre  Heim- 
ligkeiten  zuedecken,vnd  wo  aineroderaine  dasselbigvnzüchtigerweiß  vbergüengen  vnd 
vor  dem  Gericht  deßhalben  anklagt  wurden,  der  oder  die  sollen  ebenmäßig  straffwürdig 
sein"  (Glotterbad).  Wer  in  Baden  (Aargau)  ohne  Niderkleid  ins  Bad  kam  ohne  große 
Unzucht  beging,  wurde  vom  Schultheißen  der  Stadt  bestraft,  nicht  vom  Badgericht  35. 

1571  verurteilte  man  zu  Baden  Hans  Brunner  wegen  Ungebührlichkeiten  im  freien 
Bade  und  wegen  Schwörens,  am  nächsten  Sonntage  während  des  Hochamtes  in  der 
Kirche  das  „Erterich"  zu  küssen.  Auch  erhielt  er  das  Wirtshaus-  und  Oesellschaftsver- 
bot,  bis  ihn  der  Rat  begnadigte  32  in  Pfäfers  wurden  Gäste,  die  sich  ungebührlich  be- 
nahmen, wenn  sie  sich  auch  schon  in  vorgerückterem  Alter  befanden,  auf  hundertundein 
Jahr  vom  Besuche  des  Bades  ausgeschlossen,  so  1479  ein  Rudi  Teller,  der  einen  Ehe- 
bruch begangen  hatte  38. 

Fast  in  allen  Ordnungen  sind  Gespräche,  die  leicht  zu  Streitigkeiten  führen  konnten, 
verboten,  seit  der  Reformation  namentlich  Religionsgespräche.  Noch  die  Badeordnung 
vom  Wildbad  vom  Jahre  1828  bestimmt  für  das  gemeinschaftliche  Bad:  „Ebenso  soll 
Niemand  durch  Schreien  oder  Singen,  durch  Gespräche,  welche  einen  Anderen  beun- 
ruhigen oder  ärgern,  durch  Reden  oder  Handlungen,  welche  irgend  ein  Volk,  einen 
Stand  oder  einen  Beruf  lächerlich  machen  oder  herabsetzen,  durch  Unschicklichkeiten 
oder  Zudringlichkeiten  irgend  einer  Art  die  Mitbadenden  stören"  325.  Es  sollte  ein 
sicherer  und  steifer  Burgfrieden  gehalten  werden  33i.  393.  Überflüssig  Essen  und 
Trinken  war  im  Glotterbad  verboten.  „Welcher  bezechter  vnd  voller  weiß  im  Bad  er- 
funden wirdt",  zahlte  im  Boller  Bad  einen  halben  Gulden,  und  für  das,  was  er  in  der 
Trunkenheit  fehlte,  wurde  er  besonders  bestraft  33i. 

In  der  Ordonnanz  von  1676  für  Baden  bei  Wien  wird  Schwimmen  und  Untertauchen 
untersagt,  Ausspucken  nur  beim  Ausfluß  geduldet.  Personen,  Badeordnung  und  Pro- 
tokolle dürfen  nicht  „angespritzt"  werden  §4.  |m  Wildbad  wurde  1757  neben  dem  Be- 
spritzen der  Mitbadenden  auch  das  Werfen  mit  Sand  verboten  332^  nach  der  Lörlibads- 
ordnung  von  Winterthur  (1537)  zahlte  5  ß  Buße,  „wer  den  andern  im  Bad  wurd  tufen 
oder  unzimmlich  sprützen"  57.  Leute  mit  ekelerregenden  Krankheiten  wurden  abseits 
gesetzt  oder  badeten  zu  besonderen  Zeiten.  In  der  Boller  Ordnung  findet  sich  noch 
ein  eigenartiger  Zusatz:  „Da  auch  jemands  ein  heßiich  vnd  abschewlich  Gesicht  hette, 
der  soll  vmb  der  Schwangern  vnd  anderer  Personen  willen,  dasselb  bedeckt  halten.  Da 
aber  einer  oder  mehr,  solcher  bresthafften  Leut,  diesem  Nachzukommen  sich  verweigern 
wollen,  die  sollen  also  bald  vom  Bad  ab-  vnd  gentzlich  hinweg  geschafft  werden"  33i. 

Gegen  Verunreinigung  des  Bades  waren  überall  Gesetze  erlassen.  „Item  wann  ain 
Bader  ins  Bad  sitzen  will  vnd  zuvor  die  Füeß  nit  abbutzet  (Vgl.  Abb.  148),  der  selbige 
soll  in  die  Straff  gefallen  sein,  doch  die  Jenigen,  so  Bandoflen  oder  Hosen  anhaben, 
außgenommen"  (Glotterbad).  „Der  Bader  soll  auch  Niemandts  in  das  Bad  sich  aus 
dem  Staub  und  Kath  ze  waschen  gan  vergunnen,  und  biderb  Lüt  also  übersetzen,  be- 
sonders so  einer,  es  sige  Joch  Burger  oder  Frömd,  sich  zu  waschen  kommend,  daß  er 


Pferdebäder 


345 


Abb.  14S. 


Frauenbad  um  1560.    Zeichnung  aus  einer  alchimistisclien  Handschrift  des  germanischen 
iVluseums  in  Nürnberg. 


dem  oder  denen  besonderbar  Zuber  oder  Kasten  geben  solle.  Wohl  wann  das  Badzit 
verschinnen,  also  wann  es  ze  Abend  Siben  geschlagen  hat,  daß  er  alsdann  einen  in  dem 
Kasten  sich  ze  erwäschen  gar  wohl  erlauben  möge"  (Lörlibadsordnung)  57.  im  Wild- 
bad hatte  im  18.  Jahrhundert  jeder  vor  Beginn  der  Kur  ein  „Abwasch-Bad"  zu  nehmen. 
Es  war  nicht  gestattet,  „den  Kopf  in  das  Bad  zu  zwagen"  332. 

Nach  Pantaleon  war  es  in  Baden  in  der  Schweiz  verboten,  Tiere  mit  dem  Bade- 
wasser zu  waschen  oder  in  dasselbe  zu  werfen,  auch  im  Lörlibad  war  das  Hineinwerfen 
von  Tieren  (neben  Kleidern,  Schuhen,  Kot)  untersagt.  An  manchen  Orten  hatte  man 
deswegen,  wenigstens  für  Pferde,  besondere  Bäder.  Schon  Foltz  sagt  vom  Bad  bei 
Avignon : 

„Auch  sint  do  ander  bad  erl<orn. 

Für  reüdig  vnd  repige  pferd 

Vnd  mancher  der  gleichen  geferd"  "2. 
Roßbäder  gab  es  in  Teplitz264^  Ems370.  |n  Bormio  lag  es  (1616)  unter  St.  Martins 
Kirchlein  und  diente  zur  „benemmung  der  müde  vnnd  heilung  viler  schaden  sehr 
wol"59.  Im  Wildbad  wurden  noch  im  19.  Jahrhundert  königliche  und  andere  Pferde 
mit  gutem  Erfolge  behandelt.  Gesunde  Pferde  durften  aber  nicht  länger  als  zwölf  Tage 
lang  täglich  eine  Stunde  eingestellt  werden,  weil  sonst  die  Hufe  erweichten.  Nach  Ein- 
gehen des  alten  Pferdebades  trat  Justinus  Kerner  für  Neuerrichtung  eines  solchen 
ein  325. 

Unterstanden  einzelne  Bäder  nicht  der  Ortspolizei,  sondern  unmittelbar  dem  Landes- 
herrn, so  mußten  Frevel  strenger  und  höher  bestraft  werden,  um  einerseits  Tätlichkeiten 
zu  verhüten,  andererseits  auch  vornehme  Gäste  im  Zaume  zu  halten  und  dadurch  allen 
die  nötige  Sicherheit  zu  gewähren  6i.    Guler  von  Weineck  singt  1630  von  Pfäfers : 

„Da  Sicherheit,  frey  Luft,  gut  Muth, 

Die  Kraft  dess  Bads  vermehren  thuf'^s. 

Von  Baden  sagt  Pantaleon,  wer  im  Bad  sitzt,  sei  seines  Leibes  und  Lebens, 
auch  Habes  und  Gutes  sicher,  deswegen  dürfe  auch  niemand  mit  Waffen  oder 
Seitengewehr  ins  Bad  gehen.  Zur  Freiheit  des  Bades  Hub  gehörte  (1475):  „Ob  aber 
yemant  darinn  frevelt  mit  worten,  und  sunderlich  gein  yemant,  der  von  badens  wegen 
da  were,  oder  den  dienern  des  bads,  der  solt  sich  verwirckt  han  in  pene  hundert  rinischer 


346  Die  Freiheit  der  Mineralbäder 

gülden  off  gnode,  darnach  die  wort  schedelich  und  auch  die  persone  gewirdigt,  die  das 
berurn,  were.  Ob  aber  yemants  sich  frevelich  einer  wehere  und  Überlaufs  gebrucht,  als 
gezugk  swert,  messer,  tegen,  gespanner  armbrost,  geladener  buchsen  oder  ander 
wehere  derglichen,  als  spieß,  kolben,  oder  helbarten,  wie  man  die  nennen  mocht,  oder 
wurff  det,  er  letz'  yemant  darmit  oder  nit :  so  solt  der  detter  ein  hant  und  fuß  verfallen 
sin  und  zu  uns  als  dem  hern  des  lands  zu  unserm  teil  steen,  ob  wir  also  von  ime  richten 
lassen  oder  darfur  ein  abtrag  mit  gelde  von  ime  nemmen  wolten.  Wer  aber  yemant  by 
nacht  überfiel  im  bade  oder  der  herberg,  oder  yemant  im  bade  oder  der  herberg  wondet 
off  den  tot  oder  gar  libloß  mecht,  der  solt  lip  und  gut  verlorn  han  und  verfallen  sin  und 
one  gnad  von  ime  gericht  werden  nach  recht  one  geverde"  01.  Nach  der  Ordnung  eines 
kleinen  württembergischen  Bades  Mainhardt  von  1485  wurde  dem,  der  mit  gewappneter 
Hand  gegen  den  Mitbadenden  vorging,  die  rechte  Hand  abgehauen  53.  Recht  naiv  wird 
1597  im  Tobelbad  bei  Graz  das  Verbot  von  „Rumoren,  Poldern,  schlagen,  raufen", 
Schwert-  und  Dolchziehen,  Büchsenschießen  begründet,  weil  dadurch  die  Badegesell- 
schaft und  sonderlich  „das  löbliche  Frauenzimmer  und  ander  ehrliche  Weibspilder"  im 
Baden  gestört  und  erschreckt  würden.  Von  einem  Bruch  der  Freiheit  ist  hier  nicht  die 
Rede,  sie  scheint  demnach  auch  nicht  bestanden  zu  haben,  trotzdem  Tobelbad  viel  von 
Adeligen  besucht  war.  Auch  das  Badgericht  fehlte,  an  seiner  Stelle  standen  sechs  aus 
der  Gemeinde  gewählte  Männer.  Der  Wirt  hatte  deswegen  vom  Adel  viel  zu  leiden. 
1584  führte  er  Beschwerde,  für  die  jungen  Herren  vom  Adel  müsse  er  oft  um  zehn  bis 
elf  Uhr  nachts  das  Bad  heizen,  und  wenn  er  die  Tagestaxe  mit  sechs  Kreuzern  als  zu 
gering  nicht  annehmen  wolle,  „so  well  man  miers  umbs  Maull  schlagen".  Die  Land- 
schaft empfahl  dem  Wirt  ein  bescheidenes  Benehmen  gegen  jedermann,  ordnete  aber 
zugleich  an,  die  Sperre  des  Bades  um  zehn  Uhr  morgens  und  fünf  Uhr  abends  durch 
Glockenzeichen  zu  signalisieren.  In  Anbetracht  dieses  Urteils  darf  man  es  dem  Wirt 
nicht  verdenken,  wenn  er  1597  eigenhändig  Justiz  übte.  Die  Badegäste  hatten  mutwillig 
Schlösser,  Türen,  Fenster,  Öfen,  Betten  und  Bänke  beschädigt.  Dafür  hatte  er  einen  der 
Täter,  den  Hofkoch  Georg  Trugker  im  Bade  „überloffen  und  mitstraichen  übl  traktirt"  H 

Die  Sicherheit  einiger  Bäder  erstreckte  sich  auch  auf  Übeltäter.  1491  wurde  das  Bad 
Losdorf  vom  Rat  von  Solothurn  zu  einer  Freiheit  erhoben,  daß  innerhalb  der  Dach- 
rinnen des  Badehauses  kein  Missetäter  gefangen  werden  durfte  86  Das  Wildbad  erhielt 
von  Kaiser  Maximilian  einen  ähnlichen  Freiheitsbrief,  der  1525  beim  großen  Brande  ver- 
loren ging  und  deswegen  von  Kaiser  Kari  V.  1530  erneuert  wurde: 

„Kayserlich  Begnadigung,  mit  wöllicher  die  Statt  Wildbad  vngevährlich  Todtschlags 
begabt.  Beneben  einnerley  Pt.  Straffen  die  yederzeit  alda  frevenlich  verwürckht,  wie 
solliche  zue  straffen.    Wir  Carl  der  Fünfft,  von  Gottes  Gnaden  Römischer  Kayser  zu 

allen  Zeiten  Mehrer  des  Reychs Bekennen  öffentlichen  mit  disem  Brief,  und  thun 

kundt  allermeniglichen  als  Uns  yetzo  Vnnser  und  des  Reychs  liebe  Getrewen,  Schult- 
heis, Burgermeister,  Gericht  und  Raathe  zu  Wildtpaad  in  Vnnserm  Fürstenthum  Würt- 
temberg gelegen  fürbringen  lassen,  wie  daß  sie  von  weylandt  dem  Durchleuchtigsten 


Der  Freiheitsbrief  für  das  Wildbad  347 

Fürsten  Vnsern  lieben  Herrn  und  Anherrn,  Kaysern  Maximiliane  loblicher  Gedächtnuß, 
mit  sondern  Gnaden  privilegiert,  fürseehen,  und  begaabt  seien,  und  namblich  das  die 
Badgässt  so  yederzeith  da  wehren,  hohes  und  nider  Stands,  keiner  mit  dem  andern 
weder  mit  Worten  noch  Wercken,  jehzeit  vnfreundtlichs,  aigens  Gevallen  vnbillichs, 
frevenlichs,  oder  tähtlichs  fürnemen  noch  handeln  sollen,  bey  einer  Straaf  als  namblichen 
Verlierung  des  Haupz,  darzue  auch  das  ein  jeder  so  ein  vngevorlichen 
Todschlag  begangen  vnd  andere  (vßgenomen  Mörder,  und  offent- 
licheStraaßreuberunddergleichenUbelthäter)daselbstenimFlecken 
des  Wildbads,  Jhar  undTag,FridundFreyungs  gehapt  und  gehaben 
sollten  u.  s.  w.  Wölliche  Kayserliche  Freyheit  auch  yederzeiten  den  Baad-Gästen  und 
andern  daselbsten  zum  offtermahlen  im  Jar  durch  den  Schultheissen  angesagt,  verkündt 
und  öffentlich  vßgeruffen  worden  were.  Über  wölliche  Freyheit  und  Begnadigung  sie  auch 
von  obgenandten  vnsern  lieben  Herrn  und  Anherrn  offen,  glaubhafft  und  versigelt 
Brief  und  Urkundt  in  Irem  Gewalt  und  Verwarung  gehapt;  Wölliche  Brieff  aber  inen 
vngevarlich  bey  fünff  oder  sechs  Jaren,  als  in  der  grosen  Brunst  im  Wildtbaad  auff- 
gangen,  da  die  Statt  in  der  Ringmauren,  sampt  andern  ihren  Haaben  und  Güetern,  gar 
verbrennen  weren.  Vnd  vns  darauf  demüetiglichen  anrueffen  und  pitten  lassen,  das 
Wir  sollichen  Iren  empfangenen  Schaden  mültiglichen  bedencken,  vnd  Inen  sollich  ir 
vorgedacht  vorgegeben  vnd  verbrant  Privilegium  Gaab  und  Begnadigung  zu  confir- 
miren.  Vnd  von  neuem  widerum  zu  geben,  und  zustellen  gnädiglich  geruhen ;  das  Wir 
gütlich  angesehen,  ihr  demüthig  Pitten,  vnd  das  sie  allso  vsser  vnversehenem  zuge- 
standenem Vnfahl  obberürter  Irer  Privilegien  durch  angezeigte  Brunst  beraubt  sein.  Vnd 
Inen  darauff  also  mit  gueten  Raathe  Vollkommenheit,  und  rechten  Wissen,  sollich  ob- 
gedacht  Freyheiten  confirmirt,  besteet,  und  von  newem  gegeben  haben,  confirmiren, 
besteeten  und  geben  Inen  die  allso  von  newem  hiemit.  Von  Römischer  Kayserlicher 
Macht  in  Crafft  dises  Brieffs.  Mainen  und  wollen,  das  sie  derselben  Freyheiten,  wie  sie 
der  Baadgäst  halben,  so  yederzeit  darkommen,  alles  obgemellt  gehabt,  fürohin  auch 
haben,  prauchen  und  genießen  sollen  und  mögen.  VonRechtoderGewonheit 
allermeniglich  vnverhindert  ....  und  wollen  das  die  berürte  Schultheissen, 
Burgermeister,  Gericht  und  Raathe  zu  Wildbaad,  die  yetzundt  seindt  oder  künfftigl.  da 
sein  würden ;  an  obgedachter  Confirmations-Begnadigung  vnd  Gebung  der  Freyheit 
alls  obstehet  nit  irren.  Sonder  sie  gäntzlichen  dabey  pleyben,  vnd  sich  dero  geruwig- 
lichen  und  vnverhündert  gebrauchen  lassen.  Alls  lieb  Inen  allen  vnd  einem  yeden  sei 
Vnser,  vnd  des  Reichs  Vngnad,  vnd  darzu  ein  Peen,  nämlichen  dreyßig  Marck  lotig 
Golds  zu  vermeiden  . .  . ."  335. 

Die  Badeordnung  von  Mainhardt  (1485)  sicherte  nicht  nur  jedem  des  Bades  Be- 
dürftigen zu,  daß  er  im  Bad  „frei,  stark  und  sicher"  sei,  sondern  auch  ungefährliches 
Geleit  für  sich  und  seine  Begleiter  53.  Pyrmont  war  1856  eben  erst  bekannt  geworden 
und  erhielt  in  seiner  Badeordnung  schon  den  Satz: 

„Ein  sicher  Qeleid  thun  wir  auch  geben  Den  so  sich  halten  recht  daneben"  ^si. 


348  Das  sichere  Geleit 

Freies,  sicheres  Geleit  erhielten  in  der  Schweiz  alle  diejenigen,  die  sich  zur  Herstellung 
ihrer  Gesundheit  in  den  in  den  eidgenössischen  Vogteien  gelegenen  Bädern  aufhielten  38. 
Kaum  sechs  Jahre  waren  vergangen,  seit  die  Eidgenossen  dem  Herzog  Friedrich  von 
Österreich  Baden  und  den  Aargau  weggenommen  hatten,  da  bat  dieser  den  alten  Gegner 
um  Erlaubnis,  während  des  kommenden  Sommers  (1421)  mit  einem  Gefolge  von  sechzig 
Personen  einige  Wochen  in  den  Bädern  zu  Baden  zubringen  zu  dürfen.  Am  4.  Mai  1463 
gaben  die  Eidgenossen  dem  im  Züricher  Kriege  durch  seine  mordbrennerischen  An- 
schläge berüchtigt  gewordenen  Hans  von  Rechberg  Geleit,  mit  sechzehn  bis  siebzehn 
Personen  eine  Badenfahrt  nach  Baden  zu  machen  32  Das  Einholen  der  Erlaubnis  zur 
Badenfahrt  hatte  seine  Gründe.  Wenigstens  der  ungefähr  aus  dem  Jahre  1492  stam- 
mende Geleitsbrief  für  das  Bad  Pfäfers  enthielt  die  Bestimmung,  daß  unter  Umständen 
die  eidgenössischen  Orte  einzelnen  Personen  das  Geleit  künden  dürften.  Eine  Ver- 
letzung des  Geleites  durch  den  Abt  von  Pfäfers  an  Jörg  Gossenbrot  von  Augsburg, 
der  mit  dem  Grafen  von  Werdenberg  in  Konflikt  geraten  war  (1498),  bildete  neben  an- 
derem eine  Ursache  zum  Ausbruche  des  Schwabenkrieges  (1499).  Großes  Aufsehen  erregte 
zur  Zeit  die  Geleitsaufkündung  an  einen  böhmischen  Revolutionär.  Im  Jahre  1620  wurde 
auf  Reklamation  des  Erzherzogs  Leopold  von  Österreich  der  im  Bade  Pfäfers  sich  auf- 
haltende Freiherr  Friedrich  von  Tieffenbach,  einer  der  böhmischen  Direktoren,  ausge- 
liefert, weil  er  in  drei  Punkten  das  Geleit  gebrochen  hatte:  erstens  durch  Tragen  von 
„Unterwaffen",  zweitens  durch  Ausstellen  von  bewaffneten  Wachen  und  drittens  durch 
Schimpfen  gegen  die  katholische  Religion  38 

Das  Badeleben  zu  Anfang  des  17.  Jahrhunderts  wird  durch  folgende  Ordnung  von 
Pfäfers  vom  Jahre  1619  charakterisiert: 

„Avß  Gottes  Gnaden,  Wir  Michael  von  Hohen  Sax,  Abbte  dess  vralten  Freyen 
Fürstlichen  Gottshaus  vnser  lieben  Frawen  zu  Pfeffers,  Sanct  Benedicten  Ordens,  so 
ohne  mittel  Bäpstlicher  Heyligkeit  vnderworfen :  Vrkunden  menigklichen,  so  allhero  in 
vnser  FreyBad  Pfeffers  in  das  Tobel  kommen,  es  seyen  frembde  oder  heimsche,  Geyst- 
liche  oder  Weltliche,  Reich  oder  Arme,  niemandt  außgenommen.  Demnach  vns,  als 
an  dem  ohrt  freyen  Gerichts,  vnd  diß  Bads  ordenlichen  inhabenden  Herren,  die  Gericht, 
Mandat,  Gebott  vnn  verbott  zu  thun,  zu  setzen,  vnnd  zu  publicieren  vnd  die  vbertretter 
zu  Bussen  vnd  zustraffen,  von  Obrigkeit  wegen  gebürt  vnd  zugehört. 

Damit  aber  vnder  den  Badgästen,  so  sich  dises  vnsers  Bads  gebrauchen,  frid,  ruh 
vnd  einigkeit  gemacht,  auch  alle  gebür,  Erbarkeit  vnd  Zucht  so  in  ein  Badt  gehören  er- 
halten, dem  vbel,  mutwillen,  leichtfertigkeit  vnnd  frefel  vmb  sovil  mehr  abgewert  vnd 
gesteurt  werde,  sich  auch  menigklichen  vor  dergleichen  vnbillichkeiten  fürzusehen  vnd 
zubehüten  wisse,  also  haben  wir  an  vnserm  Ampt  vnd  Schuldigkeit  nit  wollen  ermanglen, 
sonder  bey  vnsern  vorfahrern,  deß  gemeldten  vnsers  Gottshauß  löblich  herkommen, 
so  wol  als  in  andern  Bädren  gebraucht  wirdt,  ein  Bad  Ordnung,  vnnd  dise  nachvolgende 
Gebott  vnd  verbott  auff  das  Papir  bringen  vnd  stellen  lassen,  die  wir  vnnachläßlich 
bey  den  nachgesetzten  Straffen  vnd  Bussen  wollen  gehalten,  vnd  von  den  vngehorsamen 


Badeordnung  von  Pfäfers  von  1619  349 

jhr  verbrechen  vnnd  begangne  frefel,  durch  vnsere  verordnete  Badmeister  oder  andere 
Befelchshaber,  ohn  alle  Onad  abzufordern  vnd  einzuziehen  befohlen. 

1.  Erstlich  so  gebieten  wir  ernstlich,  das  keiner  wer  der  seye,  einen  andern  mit  der 
Faust  schlage,  welcher  aber  hierwider  muhtwilliger  weiß  handlete,  im  Tobel  oder  ausser 
halb,  verfallt  Buss  10.  ft.  pfenning.  Item  wann  einer  oder  eine,  den  andern  mit  einem 
Wehr,  Teichen  oder  Messer  schädigte,  dardurch  die  Freyheit  gebrochen  wurde,  die 
sollen  nach  erkandtnuss  des  Rechten,  vnnd  gestaltsame  dess  Verbrechens  würcklich 
abgestrafft,  vnnd  auff  Leib  vnd  Gut  geklagt  werden.  Es  solle  auch  keiner  kein  ander 
Waffen  als  ein  seytenwehr  in  das  Tobel  tragen,  vnd  dasselbig  also  baldt  dem  Würth 
(biß  zu  außgang  seiner  Badenfahrt)  zubehalten  geben,  bey  straff  \.  ft.  pfenning. 

2.  Zum  andern  verbieten  wir  ernstlich,  das  keiner  dem  andern  vbertrang  thun 
solle,  als  durch  spritzen,  tauffen,  oder  freuenlich  in  das  Bad  fallen,  welcher  hierüber 
thete,  verfallt  \.  ti.  pfenning:  Da  aber  weiters  vnraht  darauß  ervolgte,  soll  mit  Recht 
gestrafft  werden. 

3.  Zum  dritten  verbieten  wir,  das  kein  Mensch  das  Bad  maculiere,  oder  reuerenter 
durch  vnwillen,  Menschlicher  notturfft,  oder  womit  das  geschehen  köndte:  Welche 
hierüber  mißhandleten,  verfallt  ein  jedes  2.  n.  pfenning.  Vnd  da  ein  anders  solches 
sehe,  vnd  anzeygte,  dem  wirdt  das  Badgellt  geschenckt.  Deßgleichen  auch,  welches 
die  häuser,  steeg  vnd  weeg  solte  mit  vorgemeldter  vnzucht  verwüsten,  verfallt  auch  ein 
jedes  \.  U.  Pfenning,  darumb,  das  solcher  gestanck  vnd  geschmack  vermitten  bleibe. 

4.  Zum  vierten,  dieweilen  dann  vilmahlen  von  den  Weibspersonen  geklagt  worden,  das 
sie  etwan  vnzüchtiger  vnd  mutwilliger  weiß  von  den  Mannsbildern  in  den  Schrancken 
angetastet  werden,  vnd  damit  aber  diß  ohrts  vnzucht  vnnd  ärgernuß  in  allweg 
abgeschafft  werde,  gebieten  Wir  ernstlich,  das  nach  Ordnung  deß  Badmeisters  die  Weib 
vnd  Mannspersonen  (ausserhalb  der  Eheleuthen  oder  verwandten)  in  abgesünderten 
Schrancken  baden  thethen,  im  fahl  aber  solches  wegen  vile  der  Badgästen  oder  anderer 
vrsachen,  nit  kan  geschehen  oder  statt  haben,  so  wollen  Wir  jhnen  nichts  desto  weniger 
(sovil  jmmer  möglich)  ruhe  schaffen,  setzens  derhalben  menigklichen  zu  einer  wahrnung, 
an  2.  n.  pfenning  buss,  damit  kein  vngebür  gegen  jhnen,  weder  mit  vnzüchtigem  an- 
tasten, vppigen  oder  vnschamhafften  werten  oder  geberden,  sonder  durchauß  alle 
ärgernuß  vnd  vnbillichkeit  abgeschnitten  wurde. 

5.  Zum  fünfften  verbieten  Wir  auch,  das  keiner  sein  Scham  entdecke,  oder  andere 
dergleichen  vnschamhafftigkeit  erzeige,  bey  Buss.  1.  tl.  pfenning.  Zu  dem  auch  gebieten 
Wir  ernstlich,  das  alles  vnzüchtiges  (reuerenter)  Huren  und  Bubenleben,  da  solches  ein- 
reissen  wolte,  durch  vnsern  Badmeister  bey  mercklicher  Straff,  die  Wir  gegen  den  mut- 
willigen vbertrettern  (nach  gestalt  der  sach  vnd  deß  Verbrechens)  vorbehalten  haben 
wollen,  vnd  welches  darwider  handlete,  solle  vns  gefäncklich  herauß  gebracht  werden. 

6.  item  zum  sechßten  verbieten  Wir  auch  ernstlich,  das  keiner  den  andern  mit  dem 
zutrincken  solle  vbernötigen,  damit  durch  die  völlrey  keiner  den  Wein  widerumb  von 
sich  geben  müsse,  welcher  aber  darwider  thete,  verfallt  1.  U.  pfenning.    Item  welcher 


350  Badeordnung  von  Pfäfers  von  1619 

in  der  Trunckenheit  fluchte  oder  Gott  lästerte,  oder  einen  andern  an  seinen  Ehren  vnd 
guten  Lümbden  antasten  solte,  verfallt  4.  n.  pfenning.  Vnd  da  auß  gedachter  völlerey 
vneinigkeit  entstünde,  solle  der  vrsächer  mit  Recht  würcklich  abgestrafft  werden,  vnd 
wirdt  sich  keiner  mit  seinem  vollen  kopff,  vnd  das  er  bezecht  gewesen  sey  zu  entschul- 
digen haben :  Es  solle  auch  niemandts  ohn  Unser  verwilligung,  von  andern  ohrten  Wein 
ins  Tobel  beschicken  oder  holen  lassen,  bey  Straff  2.  it.  pfenning. 

7.  Zum  sibenden  gebieten  wir  denen,  die  da  liebhaber  deß  newen  Glaubens  weren, 
das  sie,  dieweil  sie  in  dem  Bad  seind,  denselbigen  mit  jhrer  Lehr  ihnen  selbst  behalten, 
vnd  damit  weder  Geystlich  noch  Weltlich  anziehen,  jederman  ohn  gestumpfiert  vnd 
zufriden  lassen,  vermög  deß  Landtfridens,  vnd  bey  Buss  3.  tt.  pfenning,  so  offt  solliches 
beschicht:  Da  aber  weiter  nach  gethanem  anzug  vngelegenheit  darauß  entspringen 
solte,  vnd  durch  schmitzen  oder  schmähen  wider  den  Landtsfriden  gefreflet  wurde,  als- 
dann wirdt  solcher  mit  Recht  (laut  deß  Landtfridens)  abgestrafft  werden.  Zu  dem  sollen 
sie  auch  der  Teutschen  Psalmen  singen,  gäntzlich  bey  obgeschribner  Büß  sich  ent- 
halten, damit  nicht  (wie  die  Jahr  hero  beschehen)  vil  vngelegenheit  vnd  Widerwillen  er- 
wachßen  möchte:  Insonderheit,  wann  man  söllich  vngestum  singen,  den  Catholischen 
zu  einem  trutz  anheben  solte,  darauff  dann  baldt  ein  zwyspalt  vnd  vneinigkeit  entstehn 
möchte,  da  aber  einer  je  grossen  lust  zu  singen  hette,  der  kan  andere  Geystliche,  oder 
sonsten  erbare  Lieder  (doch  alles  mit  bescheydenheit)  singen,  vnd  darumb  das  Bad  mit 
keinem  vngehewren  geschrey  füllen,  damit  nit  zuforderst  die  Alten,  vnd  die  sonst  blöde 
Häupter  haben  mit  verdruß  im  Bad  sitzen,  oder  offt  gar  außweichen  müssen. 

8.  (Betrifft  Bestrafung  ungebührlichen  Verhaltens  (3.  ft.  pfenning)  während  des 
Morgen-  und  Abendgebetes.) 

9.  Wiewol  zum  neundten,  dise  Herliche  vnd  grosse  Gaab  Gottes  dises  warme 
Wasser  allhie,  für  ein  FreyBad  geachtet  soll  werden  vnd  sein,  das  weder  Reichen  noch 
Armen,  Frembden  oder  Heimschen  verbotten,  sonder  einen  jeden  (so  diser  Vnser  Bad- 
ordnung gehorsamen  will)  erlaubt  ist,  darinnen  sovil  ohrt  vnd  platz  als  er  bedürfftig, 
vnd  die  enge  deß  Bads  leyden  mag,  jhm  selbs  einzunemmen :  So  wollen  Wir  darumb 
nicht  gestatten  oder  gutheissen,  das  deß  Standts  halben  der  minder  dem  mehrerem, 
nach  Würde  vnd  gelegenheit  der  ohrten  vnd  sitzen,  im  Bad  solle  für  gezogen  werden, 
sondern  es  solle  in  disem  ein  Badmeister  fleissig  achtung  geben  vnd  warnemen  sovil 
müglich,  das  ein  jeder  nach  seiner  Würde,  vnd  nit  nach  seinem  muhtwillen,  solle  ein- 
gelosiert  werden,  da  aber  hierüber  wider  gebür  gefrefelt  wurde,  solle  der  vbertreter  nach 
erkandtnuß  deß  Badmeisters,  würcklich  abgestrafft  werden. 

10.  Zum  Zehenden,  befehlen  Wir  auch,  im  fahl  sich  etwas  frefels,  muhtwillen,  vnge- 
bür  vnd  bussfelliges  zutrüge,  so  hierinnen  in  diser  BadOrdnung  nit  begriffen  were, 
solle  gleich  ....  vngestrafft  nicht  verbleiben  ....    Da  aber  einer  oder  mehr,  ab  vnser 

Straff  sich  nit  ergeben  wolte,  gegen  denen  solle  mit  Recht  verfahren  werden, vnd  da 

der  Badmeister,  wie  auch  der  Würth  samt  jhren  Diensten  nicht  mächtig  oder  starck  genug 
weren,  solle  der  Badmeister  auch  andere  Nachpauren  beruften,  vnd  jhnen  bey  verliehrung 


I 


Badeordniing  von  Pfäfers  von  1619  351 

jhrer  ämpter  vnd  Lehen  gebieten,  das  sie  jhnen  die  vbertretter,  Vns  hellfen  vber  andt- 
worten. 

Letsflichen,  gebieten  Wir  den  Badmeistern  sampt  den  Würthen,  seytemahlen  Wir 
an  vilen  ohrten  vnschuldiger  weiß  außgerufft  werden,  als  iiielten  Wir  gegen  niemandts 
kein  Ordnung,  das  sie  derowegen,  diser  BadSatzung  stracks  ohn  alles  conniuieren,  vnd 

verschonen,  endtlich  darauff  halten  vnd  sorg  tragen Datum  in  Vnserm  Oottshaus 

Pfeffers,  den  6.  Juiij:  Nach  Christi  vnsers  einigen  Erlösers  Geburt,  1619." 

Darauf  folgen  noch  Artikel  für  die  Angestellten.  Der  Bademeister  hat  abends  und 
morgens  das  Gebet  fleißig  zu  läuten,  das  Badlicht  ordentlich  anzuzünden,  die  Badeord- 
nung am  Mittwoch  und  Samstag  vorzulesen,  „gesunde,  freche  vnd  böse  Bettelbuben" 
aus  dem  Badtobel  hinwegzuschaffen,  Leute  aus  der  Umgegend  nach  Feierabend  oder 
Samstag  abend,  falls  das  Bad  besetzt  ist,  nicht  baden  zu  lassen,  im  übrigen  für  Rein- 
lichkeit im  Bad  und  der  Umgebung  desselben  zu  sorgen.  Die  Wirte  im  Bad  und  zu 
Valens  dürfen  sich  bei  schwerer  Strafe  nicht  die  Gäste  abjagen.  Im  Bad  darf  nur 
Klosterwein  ausgeschenkt  werden,  der  allerdings  so  schlecht  war,  daß  der  Heraus- 
geber der  Beschreibung  des  Bads  1619  den  Abt  um  einen  besseren  Trunk  für  die  Gäste 
bat  632. 

Diese  Ordnung  entspricht  noch  vollkommen  denen  früherer  Zeiten;  die  c.  1631  vom 
Abt  Jodocus  für  das  neue  Bad  Pfäfers  erlassene  deckt  sich  nahezu  mit  der  angeführten, 
enthält  aber  einige  Verschärfungen  gegen  die  Nichtkatholischen,  denen  z.  B.  das  Fleisch- 
essen an  Freitagen  und  Samstagen  verboten  wurde.  Mitbringen  von  eigenem  Wein 
wurde  jetzt  nicht  mehr  mit  zwei,  sondern  mit  fünf  Pfund  bestraft.  Geheilte  sollten 
spätestens  einen  Monat  nach  Verlassen  des  Bades  zur  Ehre  Gottes  Nachricht  von  ihrem 
Zustand  geben  349. 


DIE  DEUTSCHEN  MINERALBÄDER  SEIT  DEM  DREISSIG- 
JÄHRIGEN  KRIEGE  /  DIE  WASSERHEILKUNDE 


EBiz  schreibt  1647  in  seinen  Mißbräuchen  der  Bäder:  „Es  finden 
sich  auch  vnterweiien  Grobian!,  weiche  vermeinen,  es  seye  jhnen 
alles  erlaubt,  was  sie  thun  vnd  fürnemmen  —  andere  müssen  es 
wol  leiden  —  sie  seyen  in  jhren  Gemachen  vnd  vmb  jhr  gelt  da. 
Scheuwen  sich  derwegen  nicht,  gantze  durchgehente  Nächte  zu 
Zachen,  zu  schreyen,  zu  jählen,  zu  raßlen  vnd  zu  spielen,  haben 
auch  wol  die  gantze  durchgehente  Nacht  biß  an  den  hellen  liechten 
Morgen  Spiel  Leuth  bey  sich,  dadurch  andere  Badgäste,  welche  jhre  gesundheit  suchen, 
in  jhrer  Nachtruhe  mercklich  vnd  schmertzlich  verhindert  werden"  65. 

Auffallend  ist,  daß  Sebiz  nichts  von  Gastereien  und  Musik  während  des  Bades, 
sondern  nur  „viel  reden  vnd  schwätzen,  vnd  vnterweiien  auch  mit  heller  stimme  singen" 
erwähnt  und  nach  seinem  Bericht  die  „Grobiani"  doch  zu  den  Ausnahmen  zählten.  Ja 
Sebiz  nimmt  in  seinen  Diätvorschriften  Rücksicht  auf  Personen,  die  „abstemius" 
sind  *. 

Die  alte  deutsche  Badeherrlichkeit  war  verschwunden,  und  das 
hatte  der  Dreißigjährige  Krieg**  bewirkt.    Nach  ihm  entstand  ein 

*  Die  Mäßigkeitsbewegung  scheint  im  17.  Jahrhundert  größere  Ausdehnung  gewonnen  zu  haben. 
1616  Idagten  die  Landleute  im  württembergischen  Amte  Haidenheim  einen  Bäcker  und  Bierwirt  zu 
Oberbabingen  an,  daß  er  aus  Dinkel,  Roggen  und  anderen  Qetreidearten  Branntwein  brenne,  wo- 
durch Gottes  Gabe  mißbraucht  und  verkehrt  und  aus  Speise  Trank  gemacht  werde.  Auch  würde 
den  Leuten  dadurch  zu  übermäßigem  Zechen  Ursache  und,  indem  man  diesen  Branntwein  mit  anderem 
guten  Wein  mische,  auch  Anlaß  zu  Betrügereien  gegeben  (Zeitschrift  für  deutsche  Kulturgeschichte, 
Jahrg.  1856).  Über  die  ältesten  Mäßigkeitsvereine,  insbesondere  von  der  Christophs-Gesellschaft,  siehe 
ebenda.  Das  unmäßige  Zechen  der  vorhergehenden  Zeit  hatte,  wie  es  scheint,  recht  häufig  unan- 
genehme Nachwirkungen;  denn  die  Folgen  der  Alkoholpolyneuritis  und  ihr  Zusammenhang  mit  dem 
Trinken  waren  sehr  gut  bekannt.  Nach  Paracelsus  heilte  Pfäfers  die  Kontrakturen  der  Glieder,  die 
vom  Wein  entstanden ^i,  und  Stumpf  schreibt  von  Worms  (Bormio):  „An  disem  ort  ist  ein  warm 
Bad,  von  natur,  gantz  krefftig,  vnnd  gut  für  vilerley  geprästen,  besonder  des  haupts,  auch  den  er- 
lameten  glideren  dienstlich:  vnd  deßhalb  den  Etschleüten,  vnd  guten  zächbrüdern  (die  sich  bey  weylen 
an  dem  starcken  Etschweyn  abtrinckend,  vnnd  daran  gar  contract  werdend)  gar  wol  gelegen  vnd  gantz 
gebreüchig"  9.  Nach  Martin  Ruland  heilte  das  Trinken  von  gewöhnlichem  kalten  Wasser  das 
„Zittern  vom  Wein"  ■">".  **  Am  meisten  litten  die  württembergischen  Bäder '".  Wiesbaden  wurde 
entvölkert.  Man  erpreßte  Geld  von  den  Badegästen.  1623  war  Tilly  dort^".  Auch  die  badischen  und 
elsäßischen  Bäder  wurden  schwer  heimgesucht^'.  Baden  in  der  Schweiz  aber  brachte  der  Krieg 
goldene  Tage.  So  wohnten  in  den  Wirtshäusern  der  Stadt  vom  27.  Januar  bis  27.  Februar  1644 
zweitausendeinhundertfünfundvierzig  Personen  38. 


Unterhaltung  in  den  Minemlbädern  353 

neues,  vollständig  anderes  Leben.  Morgensuppe  (wenigstens  die  in  Wein 
bestehende)  und  Badgericht  gingen  ein,  und  wo  sie  sich  in  Gegenden,  die  der  Krieg 
nicht  berührt  hatte,  noch  hielten,  überlebten  sie  nicht  den  Anfang  des  18.  Jahrhunderts. 
Man  hat  den  Niedergang  von  Baden  in  der  Schweiz  mit  der  Einnahme  durch  die  refor- 
mierten Kantone  im  Jahre  1712  in  Zusammenhang  gebracht,  die  großen  Gesellschafts- 
bäder samt  Morgensuppe  und  Badgericht  bestanden  aber  schon  1702  nicht  mehr  373. 
An  Stelle  fröhlicher  Gesellen  saßen  Familien  im  Morgenbad,  tranken  Kaffee,  Tee  und 
Schokolade  und  aßen  Konfekt  mit  Spanisch  Brödli424. 

Das  übermütige  Schlemmerlied  war  verstummt,  nun  sang  man  Bußlieder  in  den 
Wunderbrunnen.  Der  Pritschenmeister  hatte  seine  Tätigkeit  eingestellt,  die  alten  derben 
Spruchgedichte  und  Gesänge  wollten  niemand  mehr  gefallen.  Zoten  in  Form  schmutzig- 
ster Liebesgeschichten  wurden  jetzt  den  Badegästen  in  den  verschiedenen  Amüsements 
des  eaux  de  N.  N.  zur  Unterhaltung  gereicht.  Man  braucht  nicht  die  Versicherung  des 
Herrn  von  Merveilleux,  des  Verfassers  einiger  derselben  (sie  erschienen  namenlos),  daß 
die  Vergnüglichkeiten  bei  den  Wassern  zu  Spa  und  Aix  la  Chapelle  (Aachen)  das  Glück 
hatten,  der  galanten  Welt  zu  gefallen  385^  die  heute  noch  zahlreich  vorhandenen  Exem- 
plare in  französischer,  deutscher  und  teilweise  auch  englischer  Ausgabe  sagen  genug*. 
Nicht  wesentlich  unterschied  sich  von  der  Lektüre  das  Theater.  In  Baden  bei  Wien 
spielten  1727  Wiener  Komödianten  „das  Baadener-Bad",  das  voller  schmutziger  Liebes- 
geschichten war  406.  Die  deutsche  Komödie  zu  Wiesbaden  zeichnete  sich  um  die  gleiche 
Zeit  durch  grobe  Zoten  aus,  der  Hanswurst  wiederholte  dabei  zuweilen  ein  Wort  wohl 
zweihundertmal  in  einem  Stück  407.  1797  vertauschten  in  Karlsbad  beim  Schauspiel 
Männer  und  Frauen  die  Rollen,  wobei  sich  die  Frauen  darstellenden  Männer  grobe  Un- 
sittlichkeiten  zuschulden  kommen  ließen,  die  vom  größten  Teil  der  Zuschauer  gemiß- 
billigt wurden,  was  aber  nicht  verhinderte,  daß  das  „neue  Sonntagskind"  in  den  gleichen 
Kostümen  auf  „hohes  Begehren"  wiederholt  wurde  '65^  und  das  geschah  im  vornehmsten 
Bade  Deutschlands.  Das  kleine  Lauchstedt  war  berufen,  als  erstes  Bad  Goethes  und 
Schillers  Bühnenwerke  seinen  Gästen  vorzuführen. 

Jetzt  zogen  die  Fürsten  nicht  mehr  mit  großem  Geleit  zur  Sicherung  gegen  räuberische 
Überfälle  in  die  Bäder,  der  ganze  Hofstaat  erschien  unter  militärischer  Prachtentfaltung. 
Als  Friedrich  August,  König  von  Polen,  1705  nach  Karlsbad  kam,  wurden  aus  Dresden 
an  Garde,  Wrangeischen  Dragonern,  Chevalier-  und  Schweizergarde  sechshundertacht- 
undsechzig  Köpfe  kommandiert.  Da  in  den  Bürgerhäusern  die  Truppen  nicht  unter- 
gebracht werden  konnten,  mußten  aus  Dresden  die  erforderlichen  Lagergerätschaften 
zu  einem  Campement  gesandt  werden  45i.  Glänzende  Kavalkaden,  Brunnenfeste  und 
Bälle  hatte  die  Anwesenheit  der  Höfe  zur  Folge;  Grafen  und  Barone  suchten  in  der 

*  Die  Amüsements  hatten  einen  Vorläufer  in  Mich.  Caspar  Lundorfs  Wißbadischem  Wiesen- 
Brünnlein  von  1610,  das  weiter  nichts  als  „schlechte  Histörgen"  enthielt,  die  den  Kurgästen  zum 
Zeitvertreib  dienen  sollten  ^33  Dem  „unschuldigen"  Zeitvertreib  im  Karlsbad  dienten  angeblich  als 
Quellen  Abraham  a  Santa  Clara  und  französische,  italienische  und  holländische  Literatur*". 

Martin,  Badcwescii  23 


354  Einteilung  der  Bäder  nach  den  Ständen  der  Besucher 

Prachtentfaltung  nicht  zurückzustehen  und  sich  gegenseitig  darin  zu  überbieten*.  Es 
soll  sogar  vorgei<ommen  sein,  daß  hohe  Persönlichkeiten  ihren  alljährlich  gegebenen 
Ball  ausfallen  ließen,  wenn  ihnen  durch  Anwesenheit  Begüterter  die  Aussicht  genommen 
wurde,  an  erster  Stelle  zu  glänzen. 

Trat  in  früheren  Jahrhunderten  eine  Trennung  der  Stände  in  einzelnen  Bädern  auf, 
so  sonderten  sich  jetzt  die  verschiedenen  Bäder  nach  Ständen.  Das  Luxusbad  wurde 
das  Ideal  der  Bäderbesitzer  und  Badeärzte;  in  einem  solchen  die  Saison  in  Gegenwart 
hoher  fürstlicher  Personen  zuzubringen,  rechnete  man  sich  zur  höchsten  Ehre  an,  und 
wenn  der  Bürgerliche  nur  hinter  den  Stühlen  den  Tänzen  des  Adels  zusehen  durfte  und 
der  einheimische  Adel  von  ausländischen  Fürsten  stehend  empfangen  wurde  (z.  B.  1801 
in  Pyrmont  von  der  Gemahlin  Ludwigs  XVIII.)**.  Seine  bevorzugte  Stellung  mußte 
übrigens  1797  in  Karlsbad  der  Adel  mit  doppelter  Kurtaxe  bezahlen.  Die  Armen  sah 
man  in  diesen  Bädern  jetzt  nur  ungern  noch.  1761  heißt  es  in  einer  Wiesbadener 
Schrift,  daß  alle  Jahre  Hunderte  von  Fremden,  sonderlich  gemeine  Leute  das  Bad  be- 
suchten, die  viel  kürzer  durch  Arzneien  kuriert  werden  könnten  433.  Diese  Zustände 
waren  übrigens  nicht  ein  Charakteristikum  des  Badelebens,  sondern  ein  allgemeines 
Zeichen  jener  Zeiten.  Ich  erinnere  daran,  daß  auch  auf  den  Universitäten  der  studierende 
Graf  an  einem  besonderen  Tische  saß,  doppeltes  Kollegiengeld  zu  zahlen  hatte,  und 
daß  Meiner,  der  Prorektor  von  Göttingen,  1802  schrieb,  die  Anwesenheit  nur  einer 
mäßigen  Anzahl  von  fleißigen  und  untadeligen  jungen,  aber  armen  Studenten,  sei  ein 
großes  Übel  für  diese  Universität  i40. 

Wie  von  alters  her  zog  der  Bauer  alljährlich  weiter  (in  Süddeutschland  und  der  Schweiz 
bis  über  die  Mitte  des  19.  Jahrhunderts  hinaus)  in  sein  Schröpf bad,  um  bei  Abzapfung 
einer  genügenden  Menge  Blutes  je  nach  der  Größe  des  Geldbeutels  einen  halben  bis 
acht  Tage  lang  die  Zeit  mit  Essen  und  Trinken  im  Bade  zuzubringen. 

Das  Leben  in  einem  bürgerlichen  Kurorte  wird  am  besten  durch  einige  Stellen  aus 
Mosers  Schrift  über  das  Wildbad  vom  Jahre  1758  gezeichnet: 

„Wer  von  Stuttgart  oder  Tübingen  kommt,  muß  die  Calmbacher  Steig  paßieren, 
welche  zwar  nicht  gäh,  aber  eine  Stunde  lang  ist,  und,  wann  sie  allererst  wieder  ge- 
macht worden,  durch  Plaz-Regen  leicht  so  verdorben  wird,  daß  sie  arg  stoßt  und  das 
Gefährt,  wann  es  nicht  gut  beschaffen  ist,  Schaden  nehmen  kan;  dahero  ist  auch  schon 
Fürstliche  und  andere  Standes-Personen,  so  grose  Schmerzen  gehabt,  durch  Ochsen 

*  Die  hier  folgenden  Angaben  fußen  auf  Schilderungen  der  verschiedenen  „Amüsements",  den 
Zeitungen  und  den  Brunnentaschenbüchern  der  Zeit;  namentlich  kommt  das  Journal  des  Luxus  und 
der  Moden  ^<'^  in  Betracht.  **  Die  Bedeutung  eines  an-  oder  abwesenden  Hofes  für  die  Mineralbäder 
zeigt  am  besten  das  Schicksal  der  Quelle  von  Imnau  im  Fürstentum  Hohenzollern-Sigmaringen.  1822 
schreibt  Wetzler  darüber:  „Vor  etlichen  und  zwanzig  Jahren  ließ  der  damalige  Fürst  Anton  ein 
großes  und  schönes  Badehaus  aufführen  und  kam  alle  Jahr  im  Sommer  dahin.  Der  Hof,  das  Spiel 
zog  viele  Gäste  herbei.  Der  Hof  blieb  weg,  und  die  Gäste,  die  derselbe,  sowie  das  Spiel  angezogen, 
blieben  auch  weg,  so  daß  der  Brunnen  die  letzten  Jahre  sehr  wenig  besucht  ward,  und  das  Bad, 
das  an  oder  gar  über  die  hunderttausend  Gulden  gekostet  haben  soll,  vor  einem  Jahre,  dem  Ver- 
nehmen nach,  mit  15  000  fl.  verkauft  wurde"  3^°. 


Mosers  Schrift  über  das  Wildbad  von  1758  355 

diese  Steige  haben  iierab-füliren  lassen,  weil  selbige  langsamer  und  gleicher  ziehen,  als 
Pferde. 

Anmeldung  bey  dem  Badmeister.  Wann  man  im  Wildbad  angelanget  ist,  lassen  die 
Personen,  so  einiges  Standes  seynd,  den  Badmeister  zu  sich  ruffen,  melden  ihme,  daß 
sie  baden  wollen,  ziehen  von  ihme,  wo  nöthig,  ferneren  Unterricht  ein,  und  übergeben 
ihm  die  Bad-Gerähte. 

Compliment  an  die  Mit-Bad-Gäste.  So  dann  erkundiget  man  sich,  was  für  Personen 
ohngefähr  gleichen  Standes  in  eben  dem  Wirthshaus  logiren,  lasset  so  dann  ihnen,  auch 
andern  Bekannten,  ein  Compliment  machen,  Glück  zum  Bad  wünschen,  und  sich  er- 
bieten, wann  man  ausgeruhet  habe,  sie  zu  besuchen ;  worauf  man  insgemein  von  ihnen 
bald  den  ersten  Besuch  erhält 

Umkleidung.  Alle  Manns-Personen  gehen  nur  in  Schlafrock,  Kapp,  Strümpfen  und 
Pantoffeln  über  die  Strasse  in  das  Bad.  Um  auch  desto  eher  fertig  zu  seyn,  läßt  man  das 
Halstuch,  Knie-Riemen  und  die  Hembd-Knöpfe  zu  Haus,  ingleichem  die  Ringe,  so  leicht 
im  Baden  verlohren  gehen,  auch  wohl  die  Steine  im  Wasser  ihren  Glanz  verliehren. 
Man  nimmt  nur  ein  Schnupftuch  zum  abtrocknen  des  Gesichts  mit;  einige  auch  die 
Taback-Dose.  Frauens-Personen  pflegen  im  Mantel,  Unterrock  und  Hembd  in  das  Bad- 
haus zu  gehen.  Kommt  man  in  das  erste  Vor-Zimmer  und  findet  das  zweyte,  weil  sich 
würcklich  jemand  umkleidet,  verschlossen,  sitzet  man  so  lang  nieder,  bis  dise  Person 
herausgehet.  Alsdann  gehet  man  in  das  zweyte  gewärmte  Vor-Zimmer,  und  setzet  sich : 
Der  Badmeister  oder  Bad-Frau  ziehet  die  Strümpfe  ab;  so  dann  stehet  man  auf,  bietet 
ihn  den  Rücken,  und  gibt  den  Schlafrock  weg,  schlupft  mit  dem  einen  Arm  aus  dem 
Hembd  heraus  und  in  das  Bad-Hembd  hinein,  so  dann  auch  mit  dem  andern,  läßt  sofort 
das  ganze  Hembd  fallen,  knüpft  ferner  das  Bad-Hembd  am  Hals  und  um  den  Leib  mit 
den  Bändeln  zu,  thut  die  Pantoffeln  aus,  nimmt  das  Schnupftuch  und  Dose,  und 
geht  also  mit  blossen  Füßen  durch  die  von  dem  Badmeister  oder  Bad-Frau  eröffnete 
Thüre  einige  Staffeln  hinab  in  das  Bad 

Bezeugen  währenden  Bades So  löblich  auch  sonst  und  an  und  für  sich  das 

Singen  geistlicher  Lieder  ist;  so  muß  man  sich  doch  dessen  enthalten,  wann  es  nicht 
allen  anständig  ist,  weil  die  Andere  alsdann  nicht  dafür  mit  einander  sprechen  können, 
oder  es  sie  sonst  incommodirt.  Gleiche  Beschaffenheit  hat  es  mit  lautem  Lachen,  oder 
allzustarkem  Reden.  Wann  die  im  Bad  sitzende  Personen  mit  einander  sprechen, 
müssen  sie  sich  in  Acht  nehmen,  was  sie  sprechen,  weil  man,  wo  es  in  einem  Bade 
stille  ist,  alles  deutlich  höret,  was  in  einem  benachbarten  Bad  gesprochen  wird;  wovon 
mir  merckwürdig-  und  bedenckliche  Exempel  bekannt  seynd 

Vom  Aussteigen  und  Ankleiden.  Ob  man  gleich  im  Bad  selbst  die  Uhr  schlagen 
hört;  so  sagt  doch  der  Badmeister  oder  Bad-Frau  jeder  Person  im  Fürsten-  Herren-  und 
Edel-Frauen-Bad,  wann  es  Zeit  ist,  auszusteigen.  Man  stehet  so  dann  auf,  trocknet  das 
Gesicht  ab,  nimmt  sein  Schnupftuch  und  Dose,  empfiehlet  sich  denen  Anwesenden, 
unter  nochmahliger  Anwünschung  eines  gesegneten  Bades,  steiget  aus  dem  Bad  herauf 


356 


Die  Badeordniins'  von  Neu-Schaiienburs  von  1762 


und  begibt  sich  in  das  warme  Vor- 
zimmer. Der  Badmeister  oder  Bad- 
Frau  halten  sodann  das  gewärmte  Lei- 
lach  in  die  Höhe,  und  werffen  solches, 
wann  man  das  nasse  Bad-Hembd  hat 
fallen  lassen,  um;  oder  man  stellt  sich 
mit  dem  Rücken  gegen  sie,  schlupft 
mit  einem  Arm  aus  dem  Bad-Hembd 
und  lasset  sich  das  Leilach  umlegen, 
macht  es  sodann  mit  der  andern  Seite 
auch  so,  und  läßt  endlich  das  Bad- 
Hembd  fallen:  Man  trocknet  sich  hier- 
auf, mit  Hülf  des  Badmeisters  oder 
Bad-Frau,  ab,  läßt  sich  das  gewohn- 
liche Hembd  überwerffen,  und  ziehet 
den  Schlafrock  an,  setzet  sich  sofort 
nieder,  läßt  sich  auch  die  Füsse  ab- 

AKiimr-Tci        i_iiur      r>j  .        trockncu  uud  die  Strümpfe  anziehen, 

Abb   149     Das  Tafeli  im  Hinterhof  zu  Baden  im  Aar- 

gau  im  18.  Jahrhundert.  Kupfer  von  Heqi  aus:  David  Schlupft  in  die  Pantoffeln,  setzt  etwa 
Hess,  Die  Badenfahrt.    Zürich,  1818.  guch  eine  warme  trockene  Kapp  auf, 

trocknet  nochmahls  das  Gesicht  ab,  nimmt  das  Schnupftuch  und  Dose  zur  Hand,  und 
gehet  so  wieder  nach  Haus"  332 

Als  Seitenstück  mögen  folgende  Bestimmungen  aus  dem  17Ö2  erlassenen  „Baad- 
und  Aufführungs-Reglement"  für  das  im  Gebiete  von  Basel  liegende  Bad  Neu-Schauen- 
burg  hier  folgen : 

„Des  Morgens  von  7  bis  8  Uhr  sollen  sich  sämtliche  Baad-Gäste  mit  ihren  Curen, 
als  besonders  mit  Thee,  Caffee,  Chocolade,  Wein-Waaren,  Saurbrunnen,  Kraut-,  Kachel-, 
und  Blatten-Muess,  Butter-Schnitten,  und  was  dergleichen  mehr  ist,  im  grossen  Saal  ein- 
finden. —  Die,  so  nicht  in  das  Baad  gehen,  sollen  sich  während  9  bis  10  Uhr  still,  ehrbar 
und  bescheiden  aufführen  und  mit  etwas  Nützlichem  beschäftigen.  10  bis  12  Uhr  ist 
zum  Spazieren  bey  schönem  Wetter,  und  beym  Regen  zum  Spielen,  Conservieren  und 
unschuldigen  Belustigungen  gewidmet.  12  bis  1  Uhr  zum  Mittag-Essen,  doch  solle  es 
auf  eine  Viertelstund  mehr  oder  weniger  nicht  ankommen.  1  bis  2  Uhr  zum  Caffee,  wer 
aber  keines  nicht  trinket,  mag  sich  indessen  mit  etwas  anders  erquicken ;  doch  ist  in 
dieser  Stund  der  Chocolade  gänzlich  verbotten. 

5  bis  8  Uhr,  zu  einem  Spaziergang  vor  die  ganze  Gesellschaft;  wenn  aber  wider  alles 
Erwarten  ein  Regen  einfiele,  so  könnte  aus  Desperation  gespielt  werden.  8  bis  Q  Uhr 
Nacht-Essen.  Von  Q  bis  11  Uhr,  wäre  der  Tag  mit  einem  Ehren-Tänzlin,  oder  einer  an- 
dern angemessenen  Ergötzlichkeit  zu  beschliessen.  Um  11  Uhr  sollen  alle  und  jede  sich 
in  das  Bett  verfügen,  und  eine  allgemeine  Stille  regieren,  besonders  wenn  sich  Jemand 


Die  Badcordmiiw  von  Neii-Scliaiicnbiirs[  von  1762 


357 


unter  den  Baad-Gästen  nicht  wohl  befinden  thäte.  —  Das  particulare  Gesundheit-Trin- 
i<en  solle  äussert  dem  generale  über  Tisch  gänzlich  abgethan,  doch  einem  jeden  wohl 
erlaubt  seyn,  seinen  Nachbarn  in  der  Stille  einen  Trunk  zuzubringen.  In  denen  Ge- 
mächern sowohl  als  in  dem  Baad  solle  man  so  wenig  als  möglich  Geräusch  machen, 
damit  die  Nachbaren  nicht  beunruhiget  werden.  Sollte  auch  jemand  durch  einigen  Zufall 
überfallen  werden  —  das  Wasser  von  Schauenburg  wirkte  nämlich,  wie  Brückner 
meldet,  „verdinnernd"  —  der  ihne,  es  seye  bey  Nacht  oder  in  der  frühen  Morgen-Zeit, 
aus  dem  Gemach  zu  gehen  nöthigen  würde,  so  wird  eine  anständige  Stille  ebenfalls  bestens 
anbefohlen,  welche  auch  von  der  Herrschaft  ihrem  Gesinde  soll  eingeschärft  werden ; 
in  dieser  Zeit  aber  sollen  die  hölzernen  Absätz  an  Schuen  und  Pantouffeln  gänzlich  ver- 
botten  seyn.  Alle  Ohrenbläser,  Sonderling  und  Murrolfen  sollen  gänzlich  von  hinnen 
verbannisirt  seyn ;  es  seye  dann  Sach,  dass  sie  Besserung  versprechen.  —  Weilen  der 
ganzen  Ehren-Compagnie  daran  gelegen,  dass  Sie  weder  zur  Nachtzeit  noch  an  der 
Tafel,  durch  Hunde  nicht  beunruhiget  werden,  als  solle  ein  jeder  Ehren-Gast,  welcher 
solcher  Thieren  mitbringet,  gehalten  seyn,  selbige  an  gehörigem  Ort  verwahren  zu 
lassen.  —  Was  die  Strafe  dieser  Anordnung  anbelanget,  so  könnte  der  Uebertretter  der- 
selben am  Geld,  das  Frauen- 
zimmer aber  am  Leib  ab- 
gestraft werden,  welches 
aber  billichermassen  der 
Ehren-Compagnie  zur  De- 
cision  überlassen  wird. 
Desgleichen,  wenn  ein  Mann 
seiner  Frauen,  oder  eine 
Frau  ihrem  Mann,  innert 
ersten  8  Tagen  keinen  Be- 
such abstattet,  solle  jeder 
Parthey  frey  stehen,  sich 
anderwärts  Rath  zu  schaf- 
fen." Da  Neu-Schauenburg 
wie  Dr.  Rudolf  Wacker- 
NAOEL,  der  Herausgeber  die- 
ses Reglements,  bemerkt,  als 
„ein  höchst  heimeliges  Bur- 
gerbädlein  unserer  lieben 
alter  Basier"  galt,  das  weder 
wegen  der  Heilkraft  des 
Wassers,  noch  wegen  Zu- 
drangs  der  Schöngeister  be-  ^^^  ,5^  ^-^^  j^^^^^  _^^  ^^^^^  .^^  Aargau.  Kupfer  aus  dem  :  Neu- 
rühmt  war,  wie  Schinznach,    jAHRSOESCHENKderOeselischaftzum  schwarzen  Garten.  Zürich,  1809. 


358      Die  alten  berühmten  Bäder  gehörten  anfänglich  nicht  zu  den  Luxusbädern 


Abb.  151.    Der  Brunnenplatz  zu   Pyrmont  mit  dem  Trinkbrunnen  (dem  Kuppelbau  rechts)  und  dem 

vor  ihm  liegenden  Badebrunnen.    Kupfer  nach  Weitsch  von  Oeyser.    Aus :  Marcard,  Beschreibung 

von  Pyrmont.     Leipzig,  1784. 

SO  ist  auch  natürlich,  daß  die  Kurgäste  „nach  der  Ordnung  ihrer  Ankunft  ihren  Platz  an 
dem  Tisch  bezogen"  38. 

Daß  sich  in  den  bürgerlichen  Bädern  Leute  von  einigem  Stande  von  den  übrigen 
Kurgästen  absonderten,  braucht  nicht  weiter  hervorgehoben  zu  werden.  Zu  Baden  im 
Aargau  mieden  im  18.  Jahrhundert  die  Badegäste  aus  vornehmen  Kreisen  die  gemischte 
Gesellschaft  auf  der  Matte,  jenem  schon  oft  erwähnten  uralten  Vergnügungsplatze,  und 
zogen  vor,  ihr  Morgenstelldichein  an  einem  runden  steinernen  Tische,  dem  Täfeli  beim 
Hinterhofe  vor  den  Ställen  des  Federviehs  zu  halten  (Abb.  149)32.  Aber  nach  der  Re- 
volution (1797)  wurde  es  einsam  am  Täfeli,  und  die  Matte  kam  wieder  zu  Ehren 
(Abb.  150)315. 

Unter  den  Luxusbädern  vermißt  man  den  größten  Teil  der  im  Mittelalter  berühmt 
gewesenen  Bäder,  und  das  hatte  mehrere  Gründe.  Die  Lage  der  alten  Wildbäder  ver- 
hinderte deren  Ausdehnung.  Neue  Bauten  ließen  sich  wegen  Platzmangels  schwer  er- 
richten, und  die  alten,  mit  großen  Kosten  hergestellten  konnten  ohne  längeres  Aussetzen 
des  Betriebes  höchstens  um-,  nicht  neugebaut  werden.  So  findet  man  vielfach  Klagen 
über  ungenügende  Einrichtungen,  z.  B.  im  Wildbad,  in  Pfäfers,  in  Baden  in  der  Schweiz. 


An  Stelle  der  Badekur  war  jetzt  die  Trinkkur  Mode  35Q 

Von  Leuk  schrieb  ein  Berner  im  18.  Jahrhundert,  daß  für  die  Gäste  wenig  gesorgt  werde, 
die  Gebäude  schlecht  (Abb.  97),  das  Ameubiement  häßlich,  die  Tafel  nicht  sonderlich 
und  die  Preise  teuer  seien  675^  und  Goethe  wußte  bei  seinem  dortigen  Aufenthalte  1779 
vom  Besuch  eines  Heeres  hüpfender  Insekten  zu  berichten,  daß  er  am  andern  Morgen 
aussah,  als  hätte  ihn  die  Nesselsucht  befallen 38  Der  Hauptgrund  des  Auf- 
kommens neuer  Bäder  an  Stelle  der  alten  lag  aber  darin,  daß  statt 
der  Bade-  die  Trinkkur  Mode  der  vornehmen  Welt  wurde.  Darum 
rechnete  Baden-Baden  im  18.  Jahrhundert  noch  nicht  zu  den  Luxusbädern.  Es  kam 
erst  durch  den  Rastatter  Kongreß  (1797)  in  Aufnahme,  galt  dann  als  das  billigste  der 
größeren  Bäder  und  war  nach  Wetzler  (1817)  das  einzige,  wo  der  Gast  nicht  geprellt 
wurde370.  \q\q  kannte  man  als  alleiniges  Vergnügen  der  Badegäste  die  gemeinsame 
öffentliche  Tafel  -tos.  So  wird  verständlich,  wenn  alte  Badegebräuche,  wie  Morgensuppe, 
Badgericht  verschwanden,  die  an  das  Wasserbad  geknüpft  waren  und  zur  Unterhal- 
tung, namentlich  der  vornehmen  Gesellschaft,  während  des  stundenlangen  Einsitzens 
dienten. 

Karlsbad  erstand  nach  dem  Brande  von  1 759  fast  nur  als  Trinkkurort  347  Zu  Pyrmont 
gab  es  im  18.  Jahrhundert  für  vornehme  Leute  keine  öffentlichen  Badeinrichtungen,  man 


Abb.  152.    Ansicht  des  Markts  zu  Spa   und  des  Brunnens  Pouhon.    Kupfer  aus:   Les  Amüsements 
de  Spa    or,  the  galanteries  of  the  Spaw  in  Germany.    London,  1745. 


360 


Pyrmont  /  Spa  /  Aachen  /  Karlsbad 


Abb.  154.    Der  Spaziergang  bei  den   Brunnen  zu  Aachen.    Aus:   Amüsements  des   eaux  d'Aix 
Chapelle,  oder  Zeitvertreib  bey  den  Wassern  zu  Achen.    Berlin,  1737. 

mußte  das  Wasser  in  die  Wohnungen  holen  lassen  342  Man  trani<  zumeist  den  alten 
heiligen  Brunnen  (Abb.  151).  In  Spa  (Abb.  152)  wurde  im  17.  Jahrhundert  nur  ge- 
trunken, wegen  Verlustes  der  Kohlensäure  beim  Erwärmen  des  Wassers  verzichtete 
man  auf  die  Verwendung  zum  Bad*.  Zum  Ärger  der  Spaer  Ärzte  führte  Blondel  in 
Aachen  zur  Bade-  die  Trinkkur  ein,  was  ihm,  nebenbei  bemerkt,  den  Titel  „Thermo- 
potationum  institutor"  (Abb.  119)  eintrug.  Welch  bewegtes  Leben  sich  dort  im  18.  Jahr- 
hundert am  frühen  Morgen  bei  den  Brunnen  entwickelte,  zeigt  Abb.  153. 

Pyrmont  wird  von  Schiller  neben  Karlsbad  als  glänzendstes  der  Bäder  erwähnt  6^1 

*  Das  Entweichen  der  Kohlensäure  beim  Kochen  der  Säuedinge  war  schon  Bolmann,  einem  Arzte 
in  Hameln,  aufgefallen,  der  1682  ein  Werk  über  Pyrmont  verfaßte.  In  jungen  Jahren  hatte  er  1628 
den  im  Dreißigjährigen  Kriege  berühmt  gewordenen  Grafen  von  Pappenheim  nach  Lüdge  begleitet. 
Dieser  gebrauchte  dort  den  heiligen  Brunnen  von  Pyrmont  zum  Baden,  und  Bolmann  machte  die 
Erfahrung,  daß  beim  Erwärmen  des  Wassers  im  Kessel  „alle  Spiritus,  darin  die  Kräffte  stecken 
evanesciren,  sich  verlieren  und  ausrauchen".  Er  schlug  einen  Modus  —  wie  er  glaubte  einen  neuen, 
den  er  erfunden  —  vor  und  „practicirte"  ihn  auch,  nämlich  bei  zugedeckter  Badewanne  glühend  ge- 
machte große  Kieselsteine,  Kugeln  oder  Schmiedeschlaken  vermittelst  eiserner  Kellen  durch  ein  Loch 
des  Deckels  in  das  Wasser  zu  werfen  und  dies  dadurch  zu  erwärmen  392. 


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"> 


f      ^ 


Abb.  153.    Aachen  1727.     De  Groote  Vergaader-Plaats  van  alle  gebrekkelyke  Menschen,  die  sig  na  de  Fonteinen  begeeven  om  de  Wateren  te  Drinken.     Kupfer  aus:  Blondel, 

Beschryving  van  de  Stad  Aken.    Leiden,  1727. 


Die  Luxusbäder  /  Einteilung  des  Tages  in  den  Trinkbrunnen 


361 


Nach  Zuckert  waren  1768  Karlsbad,  Pyrmont,  Eger  und  Spa  am  besuchtesten  343.  Als 
Luxusbad  ersten  Ranges  gah  Langenschwalbach.  1711  waren  elf  fürstliche  und  fünfzehn 
gräfliche  Personen  anwesend  387.  Von  kleinen  Bädern  rechnete  sich  Brückenau  im  Fulda- 
ischen gegen  Ausgang  des  18.  und  zu  Anfang  des  19.  Jahrhunderrs  zu  den  vornehmen, 
und  dessen  Badearzt  Zwierlein  war  unausgesetzt  bemüht,  das  Bad  als  ersten  Kurort 
hinzustellen.  Als  teuerstes  Bad  galt  (1798)  Freienwalde,  wo  sich  der  brandenburgische, 
mecklenburgische  und  pommersche  Adel  trafen.  Durch  die  Kriege  am  Rhein  verlor 
Schwalbach  im  18.  Jahrhundert  seine  Bedeutung  als  Luxusbad,  Spa  durch  die  Revolution, 
während  Pyrmont  infolge  derselben  den  französischen  Adel  samt  Hof  öfters  zu  Gaste 
bekam,  bis  es  auch  im  19.  Jahrhundert  des  Titels  eines  Luxusbades  verlustig  ging. 

Wie  eben  angedeutet  wurde,  trank  man  das  Mineralwasser  am  Morgen.  In  Spa  trafen 
1735  die  ersten  Gäste  schon  um  vier  Uhr  in  Schlafkleidern  beim  Brunnen  von  Pouhon 
ein,  und  gegen  neun  Uhr  ging  man  in  die  Herbergen,  um  sich  anzukleiden.  Die 
Zwischenzeit  wurde  mit  Trinken  und  zur  guten  Verdauung  des  genossenen  Wassers  mit 
Spazierengehen  zugebracht  404.  |n  Aachen  gab  es  für  letzteren  Zweck  einen  besonderen 
Spazierplatz  (Abb.  154),  bei  Regenwetter  wandelte  man  unter  Galerien  (Abb.  110),  und 
zuweilen  wurden  (1737)  die  Trinkgäste  von  der  Stadt  mit  Musik  beehrt  263  Außerdem  traf 


Abb.  155.    Die  „Allee"  in  Pyrmont.     Kupfer  nach  Weitsch  von  Geyser.   Aus:  Marcard,  Beschreibung 
vori  Pyrmont.    Leipzig,  1784. 


362  Die  KlMerpmcht  /  Badeuniformen 

die  Kurgesellschaft  noch  zu  bestimmten  Zeiten  einige  Male  am  Tage  zusammen.  In  Spa 
besuchte  man  um  vier  Uhr  den  Garten  der  Kapuziner  oder  die  Vieruhrwiese,  um  sieben 
die  Siebenuhrwiese  404.  Pyrmont  hatte  seine  herrliche  „Allee"  (Abb.  155),  eine  von 
Baumreihen  begleitete  Straße,  die  anscheinend  für  andere  Kurorte  mustergültig  wurde; 
denn  die  „Allee"  spielte  in  Bädern,  die  sich  für  vornehm  hielten,  eine  größere  Rolle  als 
der  Kurgarten.  Dort  schritten  Damen  und  Herren  würdevoll  auf  und  ab,  ihre  Kleider 
spazieren  führend,  die  Damen  in  großer  Toilette,  die  Herren  in  nicht  weniger  ausge- 
suchtem Anzüge,  Militärpersonen  in  voller  Uniform. 

War  angeblich  in  Karlsbad  kein  steifer  Etiquettenzwang,  so  liebten  die  Damen  doch 
eine  öftere  Änderung  des  Anzuges  am  Tage,  viele  sah  man  viermal  die  Toilette  wech- 
seln (1797),  und  bestand  auch  keine  Verordnung,  die  einfach  und  reinlich  gekleideten 
Damen  das  Spazierengehen  unter  den  Kurgästen  daselbst  verbot,  soll  es  doch  vorge- 
kommen sein,  daß  sie  an  der  anderen  Seite  des  Flusses  gehen  mußten,  wenn  sie  den 
Anzug  nicht  ändern  wollten  (17Q8). 

Gegen  den  Putz  und  die  Kleiderpracht  wurde  von  Brückenau  aus  ein  Kampf  oder, 
wohl  richtiger  gesagt,  ein  Scheinkampf  eröffnet.  Zwierlein  machte  1788  den  Vorschlag 
zu  einer  allgemeinen  Badeuniform  für  Damen,  die  elegant,  bequem  und  nicht  kostbar 
sein  sollte.  Er  glaubte  an  die  Verwirklichung  seines  Planes,  weil  in  Aachen,  Pyrmont, 
Wiesbaden,  Schlangenbad,  Karlsbad,  Brückenau  usw.  adelige  Damen  häufig  mit  ihrer 
Hofuniform  auskämen,  vergaß  aber  dabei,  daß  diese  nicht  ohne  eine  bestimmte  Absicht 
getragen  wurde,  wobei  die  Damen  vom  Hofe  das  Angenehme  mit  dem  Nützlichen  ver- 
banden. 1791  schlug  im  Brückenauer  Bad  im  Anschluß  an  Zwierleins  Veröffentlichung 
„eine  teutsche  National-Versammlung  von  Gräfinnen  und  andern  Damen  vom  ersten 
Range"  ein  bestimmtes  Kleid  in  der  Erwartung  vor,  daß  die  Herren  so  galant  und  ge- 
fällig sein  würden»  eine  Uniform  in  den  gleichen  Farben  zu  tragen.  Die  Brückenauer 
Nationalversammlung  erinnerte  aber  in  derselben  Bekanntmachung  daran,  daß  ihr  Vor- 
schlag nicht  dahin  aufzufassen  sei,  als  sollten  die  Damen  nichts  als  diese  Kleidung 
tragen.  Wer  wollte  es  wagen,  der  Damen-Toilette  Gesetze  zu  geben,  ihrem  Geschmacke 
Fesseln  anzulegen?  So  waren  denn  wohl  die  Uniformen  mit  ihren  Abzeichen  ä  la  Spa, 
Karlsbad,  Brückenau,  Pyrmont  nur  darauf  berechnet,  der  heimatlichen  Nachbarschaft  zu 
zeigen,  in  welchem  vornehmen  Kurorte  man  die  Saison  zugebracht  hatte.  Im  übrigen 
vertändelten  die  Damen  weiter  den  Morgen  mit  der  Toilette  und  erschienen  nach 
dem  Frühstück  in  vollem  Glänze.  Den  Nachmittag  brachten  sie  in  steifem  Putze 
ohne  Bewegung  zu  und  saßen  meistens  mit  den  Karten  oder  dem  Strickzeuge  in  der 
Hand  wie  angenagelt  auf  ihren  Stühlen.  Abends  wurde  in  schweren  Kleidern  mit 
möglichst  enggeschnürter  Brust  getanzt  (1788),  und  am  nächsten  Morgen  erschienen 
dieselben  Damen  (in  Kadsbad  1799)  unfrisiert,  oft  noch  in  Wickeln  oder  doch  in 
Schlafhäubchen  in  offenen  englischen  Schlafröcken  mit  umgehängtem  Schal  beim 
Brunnen. 

Fremde  kennen  lernen,  spielen  (und  zwar  meist  Hasard),  sich  zerstreuen,  das  war  die 


I 


Reformvorschläge  /  Prießnitz  363 

Losung  in  den  Luxuskurorten,  und  die  meisten  Gäste  tranken  weder  Wasser,  noch 
badeten  sie. 

Ernster  als  die  Vorschläge  der  Damen  von  Brückenau  zur  Beseitigung  der  Übel- 
stände im  Badeleben  sind  Äußerungen  aufzufassen,  die  ländliche  Einfachheit  als  Vor- 
aussetzung eines  wahren  Kur-  und  Erholungsortes  priesen.  So  empfahl  eine  Frau 
Tourte-Cherbuliez  1793  Grindelwald  aus  dem  Grunde,  weil  man  dort  weder  „Piano's, 
noch  Harfen,  weder  Karossen,  noch  Teppiche,  weder  Vorhänge  aus  Mousseline,  noch 
Wachslichter,  noch  Operntoiletten  finde"  38.  „Warum  auf  dem  Lande  nicht  ländlich?", 
schrieb  ein  Ungenannter  im  Journal  des  Luxus  und  der  Moden  1788.  „Wie  viele  ziehen 
nicht  regelmäßig  entweder  nach  dem  Bade  oder  aufs  Land,  und  auch  da  leben  sie  wie 
innerhalb  der  Stadt-Mauern !  Was  der  Patient  um  der  Genesung,  was  der  Geschäftsmann 
um  der  Erholung  willen  thut,  das  thun  sie  bloß,  weil  es  Andere  thun,  aus  Nachahmung, 
aus  Gewohnheit ....  Lohnt  sichs  auch  alsdann  der  Mühe,  den  Haushalt  zu  ändern,  das 
Gerät  einzupacken,  vier  und  sechs  und  mehr  Stunden  in  dem  Wagen  gefangen  zu  sitzen, 
sich  mit  Beschwerlichkeit  anderswo  nieder  zu  lassen,  blos  um  sagen  zu  können :  Wir 
ziehen  aufs  Land,  wir  kommen  vom  Lande  zurück?  Solche  Leute  führen  die  Stadt  mit 
sich  aufs  Feld,  coelum,  non  animum  mutant.  Nicht  belauschen  sie  am  buschigten  Ufer 
die  Liebesklagen  der  Nachtigall ;  nicht  begrüßen  sie  auf  der  waldigten  Anhöhe  die  er- 
wachende Sonne;  ohne  sie  geht  der  Mäher  auf  die  Flur  und  der  Winzer  ins  Trauben- 
gebirg.  Sie  gähnen  am  Fenster  oder  vor  der  Türe,  und  mit  sehnsuchtsvoller  Ungeduld 
harren  sie  auf  das  Rollen  des  Wagens  oder  auf  die  Staubwolke  von  Pferden,  die  irgend 
einen  neuen  Ankömmling  verkündigen.  Dann  wird  mit  ebenso  viel  steifem,  ängstlichem 
Ceremoniell,  wie  in  der  Stadt,  die  Tafel  gedeckt;  eben  so  langweilig  setzt  man  sich  dann 
zum  traurigen  Spieltische."  Im  Gegensatz  dazu  rühmt  der  Verfasser  die  liebenswürdige 
Gesellschaft  zu  Baden  im  Aargau,  mit  der  er  die  Freuden  der  Weinlese  genoß,  Berg  und 
Tal  durchstreifte  und  an  der  St.  Michaelsherbstfeier  unter  Winzern  und  Winzerinnen  teil- 
nahm, wo  in  gleichen  Reihen  Dorfnymphen  und  Damen,  Gebieter  und  Diener  tanzten  ö78. 

Eine  eingreifende  Änderung  der  unnatürlichen  und  ungesunden  Zustände  im  Bade- 
leben kam  erst  durch  das  Auftreten  von  Vincenz  Priessnitz  zustande,  das  in  die  zwan- 
ziger Jahre  des  IQ.  Jahrhunderts  fällt.  Welches  Verdienst  hat  sich  der  Bauerndoktor  auf 
dem  Gräfenberge  erworben,  um  als  ein  Grenzpfeiler  im  deutschen  Badeleben  zu  gelten  ? 
Die  Ärztegegner  betrachten  ihn  als  Gründer  der  Hydrotherapie,  als  Erfinder  eines  ganz 
neuen  Heilverfahrens  mit  dem  kalten  Wasser  634.  Es  geht  aus  dem  Vorhergehenden  zur 
Genüge  hervor,  daß  diese  Anschauung  eine  falsche  ist,  daß  die  Verwendung  von  ge- 
wöhnlichem Wasser  und  auch  von  kaltem  vor  Priessnitz  in  Gebrauch  war,  daß  Ärzte 
unter  Hinweis  auf  alte  Volksgebräuche  das  kalte  Wasser  in  den  Heilschatz  aufnahmen. 
Im  besonderen  war  die  Kaltwasserbehandlung  der  akuten  Infektionskrankheiten  hoch 
entwickelt,  nicht  minder  die  der  Nervenkrankheiten,  zweier  Gebiete,  welche  heute  noch 
eine  hervorragende  Rolle  in  der  Hydrotherapie  spielen.  Die  übertriebene  und  ausge- 
artete Kaltwasseranwendung  hatte  im  18.  Jahrhundert  sogar  schon,  wie  wir  sahen,  eine 


364  Reaktion  gegen  die  Kaltwasserbehandlung  /  Luftbäder 

Reaktion  hervorgerufen,  ja  man  war  —  wie  in  unseren  Tagen  —  noch  weiter  gegangen 
und  hatte  darauf  hingewiesen,  daß  der  Mensch  doch  eigentlich  nicht  im  Wasser,  sondern 
in  der  Luft  lebe  und  eine  Luftbehandlung  die  naturgemäßere  sei.  So  erschien  in  Lich- 
tenbergs Magazin  für  das  Neueste  aus  der  Physik  und  Naturgeschichte  (dritter  Band, 
viertes  Stück)  ein  Aufsatz  über  die  unmittelbare  Wirkung  der  Luft  auf  die  Oberfläche 
des  menschlichen  Körpers,  den  ich  nach  dem  ersten  Bande  von  Rahns  Archiv  vom 
Jahre  1787  wiedergebe. 

Wie  der  Fisch  im  Wasser  —  wird  darin  ausgeführt  — ,  so  lebt  der  Mensch  beständig 
umgeben  von  einer  anderen  Flüssigkeit,  der  Luft.  Das  Bad  in  dieser  ist  vielleicht  unserem 
Körper  noch  angemessener  als  das  kalte  Wasserbad.  Man  kann  es  ohne  allen  Aufwand 
so  oft  wiederholen,  als  man  es  für  gut  befindet ;  es  besteht  darin,  daß  man  den  ent- 
blößten Leib  der  atmosphärischen  Luft  zur  unmittelbaren  Berührung  darbietet.  Man  hat 
in  unseren  Zeiten  all  die  Übel  empfunden,  welche  mit  einer  weichlichen  und  verzärtelten 
Erziehung  verbunden  sind,  und  man  verfällt  deshalb  in  die  entgegengesetzte  Aus- 
schweifung und  badet  Kinder  zu  allen  Jahreszeiten  in  kaltem  Wasser,  ohne  auf  die  ihnen 
eigentümliche  Beschaffenheit  des  Körpers  zu  sehen.  Galen  tadelte  die  alten  Deutschen, 
weil  sie  ihre  Kinder  gleich  nach  der  Geburt  einer  so  harten  Tauchung  aussetzten,  und 
das  Luftbad  ist  wirklich  ein  viel  sanfteres  und  der  Natur  mehr  angemessenes  Mittel, 
ebendenselben  Zweck  zu  erlangen.  Die  Wirkung  der  L  u  f  t  und  die  vom  L  i  c  h  t  d  e  r 
Sonne  sind  vielleicht  die  ersten  Beförderungsmittel  der  Gesundheit  und  der  Lebhaftig- 
keit. Die  Natur  bietet  uns  an  allen  Orten  Luft,  Sonnenlicht  und  freie,  mäßige  Bewegung 
unserer  Gliedmaßen  dar,  und  in  der  Tat  hat  auch  beständig  die  Diätetik  dergleichen 
Mittel  für  chronische  Krankheiten  empfohlen,  und  von  diesem  darf  man  nicht  fürchten, 
was  die  Freunde  des  Magnetismus  von  den  Arzneien  behaupten,  daß  sie  tötend  und 
zerstörend  wären  635  *. 

Auch  der  Tübinger  Professor  Ploucquet  sagt  1798,  kalte  Bäder  in  der  Badewanne 
seien  für  den  Gesunden  kaum  auszuhalten,  und  noch  weniger  für  kranke,  geschwächte 
Personen  geeignet,  denen  man  noch  vor  kurzem  aus  der  falschen  Hypothese,  die 
tierische  Faser  müsse  stringiert  werden,  sie  geradezu  verordnete  und  oft  genug  die  Un- 
befolgbarkeit  des  Vorschlags  oder  auch  seinen  Schaden  erfahren  mußte.  Er  empfahl 
als  Ersatz  des  kalten  Bades  in  der  Wanne,  sich  auf  einem  Schemel  sitzend  von  einer 
vertrauten  Person  mittels  eines  Schwammes  oder  genetzten  Tuches  den  ganzen 
Körper  waschen  oder  reiben  zu  lassen  (Schwammbad  nach  Schreoer  18034),  auch 
mit  der  Kanne  begießen  oder  an  Stelle  des  Wasserbades  das  Luftbad  treten  zu 
lassen  160. 

Ein  praktischer  Verehrer  des  Luftbades  war  1803  Lord  Monboddo  in  London,  der 
es  selbst  ohne  Hemd  neben  seinem  Hause  täglich  nahm  und  auf  der  anderen  Seite  des- 
selben oder  auf  freiem  Altane  von  seinen  Töchtern  gebrauchen  ließ  ist.  in  seinem  kos- 

•  Es  ist  demnach  die  Angabe,  ein  englischer  Arzt  Abernetzy  habe  1793  das  Luftbad  zuerst  zur 
Sprache  gebracht  s*^,  falsch. 


Luft-  I  Sonnenwärme-  und  Sonnenlichtbäder  365 

metischen  Taschenbuch  empfahl  Schreoer  (ca.  1814)  den  Damen  das  Luftbad  als 
„erstes  Schönheitsmittel  in  seiner  Art"  659. 

Franklin  nahm  das  Luftbad  im  Zimmer.  „Beinahe  alle  Morgen",  sagt  er  in  einem 
Briefe  an  den  französischen  Übersetzer  seiner  Werke,  „stehe  ich  sehr  früh  auf  und 
bleibe,  ohne  irgend  eine  Art  von  Bedeckung,  in  meinem  Zimmer  eine  halbe  oder  ganze 
Stunde  nach  der  Jahreszeit  sitzen  und  lese  oder  schreibe.  Dies  Verfahren  ist  nichts 
weniger  als  lästig,  sondern  sogar  angenehm ;  ja  wenn  ich  mich  vor  dem  Ankleiden  noch 
einmal  zu  Bette  lege,  wie  es  zuweilen  geschieht,  so  verfalle  ich,  gleichsam  als  Nachtrag 
zu  meinem  nächtlichen,  in  einen  zweistündigen  Schlaf,  der  so  sanft  ist,  als  man  sich  ihn 
nur  vorstellen  kann,  ich  finde,  daß  daraus  gar  keine  üblen  Folgen  entstehen,  und  daß 
es  meiner  Gesundheit  nicht  schadet,  wenn  es  ihr  ja  nicht  etwa  gar  sehr  viel  nützen 
sollte."    (Oeuvres  de  Franclin,  Tome  II)  659. 

Von  höchstem  Interesse  sind  die  Ausführungen  des  Jenaer  Chemieprofessors 
DÖBEREINER  in  einer  kleinen  Schrift  vom  Jahre  1816,  die  eine  Anleitung  zur  Darstellung 
und  Anwendung  aller  Bäder  enthielt,  und  die  er  den  Jenaer  Medizinprofessoren  Stark 
und  Succow  widmete.  Diese  Schrift  enthält  die  Grundgedanken  unserer  modernen 
Lichttherapie. 

Döbereiner  trennt  von  den  Luftbädern,  die  er  mit  den  flüssigen  und  festen  Bädern 
zusammen  als  stoffliche  auffaßt,  die  geistigen ;  diese  letzteren  wieder  können  Licht-, 
Wärme-,  elektrische  und  magnetische  Bäder  sein.  Von  den  Lichtbädern  sagt  er:  „Jedem 
Erdengeschöpfe  mithin  auch  jedem  Menschen  ist  es  gegönnt,  die  Wirkungen  des 
Lichtes  zu  empfangen ;  jeder  Raum,  welcher  unmittelbar  von  der  Sonne  beleuchtet  wird, 
bietet  für  letzten  ein  Lichtbad  dar,  in  welches  er  nur  nackt  oder  loose  und  weiß  bekleidet 
sich  tauchen  darf.  Weiße  Bekleidung  ist  da,  wo  L  i  c  h  t  a  1 1  e  i  n  wirken  soll,  jeder  anderen, 
d.  h.  farbigen  und  selbst  dem  nackten  Zustande  des  Körpers  darum  vorzuziehen,  weil 
Weiß  die  Sonnenstrahlen  in  reines  Licht  und  Wärme  scheidet  und  die  letzte  abstößt, 
während  farbige  Flächen  und  also  auch  die  Haut,  mit  dem  Lichte  gleichzeitig  die  durch 
dasselbe  veranlaßte  Wärme  einsaugen,  und  so  ein  Sonnenlichtbad  in  ein  Feuerbad  um- 
wandeln. Das  letzte  ist  es,  was  die  meisten  Menschen,  besonders  die  Landleute 
immer  statt  des  ersten  empfangen,  weil  sie  sich  stets,  selbst  mitten  im  heißen  Sommer, 
mit  farbigen  Kleidern  bedecken.  Für  Gesunde  mag  ein  Sonnenfeuerbad  sehr  wohlthätig 
wirken,  aber  für  gewisse  Krankhafte  möchten  denselben  reine  Lichtbäder  vorzuziehen 
sein,  z.  B.  in  Fällen,  wo  auf  den  äußeren  Teilen  des  Körpers  der  Oxydationsproceß  vor- 
herrschend geworden,  wie  vielleicht  bei  der  Bleichsucht,  und  zur  Heilung  eine  ent- 
gegengesetzte, nehmlich  desoxydirend  wirkende  Kraft  angezeigt  wäre. 

Soll  das  Licht  blos  auf  einzelne  Teile  des  Körpers  wirken,  so  muß  man  das  unmittel- 
bare Sonnenlicht  durch  kleine  Öffnungen  in  verfinsterte  Räume  auf  den  zu  beleuch- 
tenden Teil  fallen  lassen.  Durch  ein  Brennglas  lassen  sich  die  einfallenden  Lichtstrahlen 
verdichten  und  in  ihrer  Wirksamkeit  erhöhen. 

Bei  gewissen  krankhaften  Zuständen  des  Organismus  und  auch  der  Seele,  möchte 


366  Preisausschreiben  über  Wasserbehandlung 

vielleicht  farbiges,  d.  li.  rotes,  blaues,  gelbes,  oder  grünes  Licht  sich  heilsam  erweisen, 
und  ein  farbiges  Lichtbad  dem  einfachen  vorzuziehen  sein.  Es  ist  leicht  das  homogene 
Licht  in  farbiges  umzuw^andeln.  Man  darf  nur  die  Sonnenstrahlen  oder  auch  das  ge- 
vvöhnliche  Tageslicht  durch  eine  rote,  blau,  gelb  oder  grün  gefärbte  Glasscheibe  in  ein 
dunkles  Zimmer  fallen,  und  wenn  es  stark  wirken  soll,  die  Glasscheibe  so  schleifen 
lassen,  daß  das  Licht  bei  seinem  Durchgange  mehr  oder  weniger  verdichtet  werde.  Von 
farbigen  Lichtbädern  haben  die  Ärzte  noch  gar  keinen  Gebrauch  gemacht.  Es  läßt  sich 
aber  erwarten,  daß  sie  sich  gegen  den  tierischen  Organismus  und  gegen  das,  was  diesen 
belebt,  nicht  gleichgültig  oder  unwirksam  verhalten  werden,  denn  die  Farben  wirken 
überaus  mächtig  auf  das  Gemüt  und  können  den  Menschen  sogar  zu  Handlungen  be- 
stimmen, an  welche  nicht  ohne  vorhergegangene  Einwirkung  desselben  gedacht  wor- 
den." Döbereiner  glaubt  dann,  daß  Licht,  rein  oder  farbig  angewandt,  nach  schon  vor- 
liegenden Versuchen  bei  gewissen  Augenkrankheiten  mit  sicherem  und  schnellem  Er- 
folge gebraucht  werden  könne  und  verweist  auf  Stellen  aus  Goethes  Farbenlehre,  die 
einen  Einfluß  der  Farbe  auf  das  Gemüt  darlegen. 

Von  den  durch  die  Sonne  erzeugten  Wärmebädern  sagt  Döbereiner:  „Die  Sonnen- 
wärme wird  stets  vom  Licht  begleitet  und  ist  daher  gewissermaßen  geistiger  und  leben- 
diger, mithin  auch  belebender  und  durchdringender  als  die  künstliche  Wärme  . . .  Das 
Sonnenlicht  wird  an  farbigen,  besonders  aber  an  schwarzen  Gegenständen,  fast  ganz 
in  Wärmematerie  umgewandelt,  und  man  muß  daher  den  Organismus,  welcher  ein 
Sonnenwärme-Bad  empfangen  soll,  farbig  und  am  besten  schwarz  bekleiden  666"  *. 

Der  Standpunkt  der  Ärzte  in  der  Wasserbehandlung  der  Infektionskrankheiten  zur 
Zeit  von  Priessnitz'  Auftreten  wird  am  besten  durch  ein  Preisausschreiben  der  Hufe- 
LANDschen  medizinischen  Gesellschaft  zu  Berlin  im  Jahre  1821  **  charakterisiert. 

„Seit  Erscheinung  des  ersten  und  zweiten  Teils  der  Berichte  des  Dr.  J.  Currie  (vor- 
mals in  Liverpool)  über  die  Wirkungen  des  Wassers  in  Fiebern,  sind  in  Berlin  und 
manchen  andern  Teilen  Deutschlands,  wie  auch  in  Ungarn  und  Oberitalien,  viele  Ver- 
suche gemacht  worden.  Wenn  die  bisherigen  Erfahrungen  günstig  dafür  sind,  so  ver- 
dient die  einfache  Methode  allgemeiner  angewandt  zu  werden,  als  noch  heutiges  Tages 
geschieht.  Um  den  Wert  dieser  Methode  sicherer  auszumitteln  und  dieselbe  demnächst 
in  die  tägliche  Praxis  einzuführen,  ihre  Anwendbarkeit  näher  zu  bestimmen,  oder  zu 
Folge  ungünstiger  Resultate  die  Methode  ganz  zu  verbannen,  ist  dienlich  erachtet  wor- 
den, einen  Preis  von  fünfzig  Dukaten  auszusetzen  auf  die  beste  Abhandlung  über  den 

*  DÖBEREINER  glaubte  auf  Grund  dieser  Ausführungen,  daß  die  natürlich  schwarzen  Menschen  von 
der  Sonne  mehr  Wärme  als  Licht  erhielten  und  sie  vielleicht  daher  mit  weniger  Geisteskräften  be- 
gabt seien  als  die  Weißen,  bei  denen  die  Sonne  mehr  als  Licht  wirke.  Es  wäre  nicht  uninteressant, 
einen  eventuellen  Unterschied  in  der  Wirkung  unserer  modernen  Lichttherapie  bei  verschieden- 
farbigen iVlenschen  festzustellen.  Aus  Döbereiners  Schrift  hebe  ich  noch  hervor,  daß  von  der  künst- 
lichen Wärme  die  am  freien  flammenden  Feuer,  die  strahlende,  die  beste  ist,  die  man  durch  metallene 
Hohlspiegel  nach  jeder  Richtung  bequem  und  besonders  leicht  an  die  kranken  Teile  des  im  Bett  lie- 
genden Patienten  leiten  kann.  **  Ähnliche  Preisausschreiben  erließen  die  Akademien  zu  Dijon  und 
Bordeaux  im  Jahre  1756  bezw.  1765  ■"^. 


Die  Kaltwasserbehandlung  in  der  Berliner  Klinik  3()1 

durch  die  Überschrift  bezeichneten  Gegenstand."  Es  sollten  eine  Zusammenstellung 
und  Vergleichung  der  wichtigsten,  seit  CuRRiEs  Schriften  bekannt  gewordenen  und 
durch  dieselben  veranlaßten  Versuche  und  Zeugnisse  über  die  äußerliche  Anwendung 
des  kalten  Wassers  zum  Zwecke  der  Mäßigung  der  Fieberhitze  gegeben  werden,  ferner 
als  Hauptteil  eine  Reihe  eigener  Versuche  mit  kalten  Übergießungen  nach  Currie  und 
kalten  Abwaschungen  an  Fiebernden  bei  Verwendung  des  Thermometers  und  unter  An- 
gabe der  Pulsschläge  und  drittens  die  Meinung  des  Verfassers  über  die  Art  der  Wirkung 
genannter  Prozeduren.  „Möge  diese  Preisfrage",  schrieb  Hufeland,  „weniger  durch 
den  Preis,  als  durch  die  Richtung  der  Aufmerksamkeit  auf  einen  wichtigen,  nahen,  nütz- 
lichen, nur  durch  treue  Beobachtungen  auszumittelnden  Gegenstand  dazu  beitragen, 
daß  nicht  allein  derselbe  auf  sichern  Grundsätzen  zurückgeführt  wird,  sondern  daß  auch 
überhaupt  die  übermäßige  Liebhaberei  des  Schwärmens  in  den  dunkelsten  und  schwer- 
lich je  ganz  zu  erhellenden  Gegenden  der  Medizin  abnehme  unter  den  teutschen  Ärzten." 

Drei  Schriften  liefen  auf  das  Ausschreiben  ein.  Die  zur  Prüfung  ernannte  Kommission 
war  lange  unschlüssig,  welcher  sie  den  Preis  erteilen  sollte,  entschied  sich  aber  endlich, 
ihn  der  Abhandlung  zuzuerkennen,  „welche  sich  am  meisten  durch  lange,  gereifte  Er- 
fahrung auszeichnet",  deren  Verfasser  der  um  diesen  Gegenstand  durch  frühere  Schriften 
verdiente  K.  K.  Hofmedikus  und  „Senior  als  Dekan"  der  medizinischen  Fakultät  in 
Wien  Fröuch  war  662 

Aus  der  „Preis-Aufgabe-Beantwortung"  des  bayerischen  Medizinalrates  und  Aschaf- 
fenburger  Physikus  Reuss  möchte  ich  folgende  Stelle  hervorheben,  die  uns  die  Kalt- 
wasserbehandlung der  Infektionskrankheiten  in  der  Berliner  Klinik  zeigt.  Reuss  schreibt: 
„Dr.  Ernst  Hörn,  k.  p.  Hofrat  und  Professor  der  Klinik  an  der  k.  medizinisch-chirur- 
gischen Militär-Akademie  und  Direktor  der  klinischen  Lehranstalt  im  Charite-Kranken- 
hause  zu  Berlin  hat  seine  Erfahrungen  über  die  Heilung  des  ansteckenden  Nerven-  und 
Lazarettfiebers  und  über  die  Mittel,  seine  Entstehung  und  Verbreitung  von  den  Laza- 
retten aus  zu  verhüten  und  sich  vor  Ansteckung  zu  sichern,  bei  dem  Antritte  des  Jahres 
1814  in  einer  besonderen  Schrift  bekannt  gemacht.  Die  Kranken  dieser  Art  ließ  er  bei 
ihrer  Aufnahme  in  einem  Reinigungszimmer,  ganz  entkleidet,  in  einem  warmen  Bade 
mit  Seife  abreiben,  reinigen,  mit  reiner  Wäsche  versehen  und  in  die  zu  ihrer  Aufnahme  be- 
stimmten hellen  und  luftigen  Zimmer  bringen.  Dieses  Bad  wurde  täglich  zweimal  bis  zur 
Entscheidung  ihrer  Krankheit  fortgesetzt.  War  aber  der  Kopf  eingenommen  und 
schwer,  der  Kranke  betäubt  und  irre,  die  Haut  heiß  und  trocken,  das  Auge  stier,  glanz- 
los und  entzündet,  so  wurde  er  entkleidet,  in  eine  trockne  Badewanne  gesetzt  und  mit 
5  bis  6  Eimern  kalten  Wassers,  jeder  zu  4  bis  5  Portionen,  über  den  Kopf  und  Körper 
Übergossen  und  dieses  täglich  2  bis  3mal  wiederholt.  Da,  wo  das  Gehirnleiden  noch 
heftiger  war,  die  Kranken  raseten  und  beständig  zitterten,  wurden  die  Sturzbäder  täglich 
3mai  wiederholt  und  ihre  Wirkung  durch  das  kalte  Douchebad  auf  den  Scheitel  noch 
erhöht.  Wertn  aber  die  große  Hitze  und  Trockne  der  Haut  abnahm  und  der  Patient 
gegen  die  Sturzbäder  empfindlicher  wurde,  die  Schwere  und  Betäubung  im  Kopfe  aber 


368         Die  Kaltwasserbehandlung  in  der  josephinischen  Akademie  zu  Wien 

noch  fortdauerte,  so  wurde  er  in  ein  lauwarmes  Bad  gesetzt  und  sein  Kopf  mit  eis- 
i<altem  Wasser  übergössen.  Alien  Nervenfieberkranken  wurde  der  Kopf,  besonders  die 
Stirngegend,  mit  einer  in  eiskaltem  Wasser  getauchten  und  immer  erfrischten  Com- 
presse  Tag  und  Nacht  bedeckt,  und  allen,  derer  Haut  heiß  und  trocken  war,  es  mochten 
Peteschen  (Petechien)  oder  keine  darauf  sichtbar  sein,  wurden  die  heißesten  Stellen  mit 
eiskaltem  Wasser  öfters  gewaschen.  Den  Vollblütigen  wurde  anfangs  durch  Blut- 
egel und  später  durch  einen  Aderlaß  Blut  abgelassen  usw. 

Eine  wesentliche  Bedingnis  zur  Kur  war  (wodurch  auch  die  Erzeugung  und  Ver- 
breitung des  Contagiums  dieser  Krankheit  gehindert  wurde)  eine  reine  und  kalte 
Zimmerluft.  Die  Zimmer  wurden  nicht  geheizt,  und  einige  Fenster  blieben  Tag  und 
Nacht  offen. 

Die  Wirkungen  dieser  Behandlungsart  bewiesen  sich,  nach  Hrn.  Horns  Versicherung, 
bei  den  meisten  gefährlichen  Nervenfieberkrankheiten  sehr  günstig,  die  Entscheidung 
der  Krankheit  trat  bei  den  meisten  allmählich,  nach  dem  9.,  11.  und  14.  Tag  ein.  Sie 
dauerte  3 — 4,  5  Tage,  oft  länger,  selten  wenige  Stunden. 

Derselbe  Arzt  empfiehlt  in  seinem  Archiv  für  medizinische  Erfahrung  Heft  2,  J.  1812 
auch  die  Anwendung  der  kalten  Sturzbäder  bei  den  Röteln  und  dem  Scharlachfieber, 
scheint  aber  nur  bei  einzelnen  Krankheiten  dieser  Art  Versuche  damit  gemacht  zu 
haben"  662 

Zum  Schluß  seien  die  Worte  eines  Schweizer  Dorfarztes  Gabriel  Rüsch  zu  Speicher 
im  Appenzellischen  aus  dem  Jahre  1825  angeführt,  die  zeigen,  daß  ein  einfacher  Land- 
arzt ein  ausgezeichneter  Beobachter  und  tüchtiger  Praktiker  in  der  Wasserbehandlung 
war  und  diese  an  der  Wiener  Klinik  zur  Zeit  ausgiebig  und  mit  Erfolg  angewandt  wurde. 

Rüsch  schreibt:  „Beim  Tauchbad  begiebt  sich  der  Patient,  wenn  er  bei  gehöriger 
Einsicht  und  Kräften  ist,  selbst  einigemal  ins  Wasser,  bis  über  den  Kopf;  widrigenfalls 
pflegt  man  ihn  auf  einem  starken,  von  vier  Männern  gehaltenen  Leintuch  in  eine  mit 
Wasser  gefüllte  Wanne  niederzulassen,  eine  Minute  lang  unterzutauchen,  den  Kopf  mit 
kaltem  Wasser  zu  begießen,  dann  wieder  empor  zu  heben,  und  nach  zwei-  bis  drei- 
maliger Wiederholung  dieses  Verfahrens  den  Kranken  gut  getrocknet  in  das  Bette  zu 
legen.  Hahn,  einem  schlesischen  Arzte,  haben  wir  die  Anwendung  dieser  Methode  im 
Typhus  zu  verdanken,  welche  hernach  von  Currie  in  England,  von  Mylius  in  Rußland 
und  seither  von  vielen  deutschen  Ärzten  mit  dem  größten  Erfolg  an- 
gewandt wurde.  Im  Jahr  1817  war  ich  täglich  Zeuge,  wie  in  der  josephini- 
schen Akademie  zu  Wien,  unter  Leitung  von  Kasterlitz,  Typhuskranke,  welche 
besinnungs-  und  sprachlos,  stöhnend  mit  starrem  Blicke  und  spröder  Haut,  ohne  Aus- 
druck in  den  Gesichtszügen,  als  ein  Bild  des  Todes  da  lagen,  auf  das  Tauchbad  wieder 
zur  Besinnung,  Bewegung  und  Sprache  kamen,  wie  die  Physiognomie  heiterer,  der 
Blick  lebhafter,  der  Puls  langsamer  und  kräftiger,  Zunge  und  Haut  feuchter  wurden, 
wie  sich  darauf  Schlaf,  allmählicher  Appetit,  mehr  Kräfte  und  Wohlbefinden  einstellten, 
und  wie  einzig  durch  diese  Methode,  zweimal  täglich  angewandt,  unter  Gebrauch  von 


Rüsch  über  das  kalte  und  das  laue  Bad  369 

Wein  als  Getränk,  die  meisten  Kranken  hergestellt  wurden.  Man  suchte  dabei  die  Tem- 
peratur des  Wassers  der  Reizbarkeit  des  Körpers  möglichst  anzupassen  und  vermied 
sie  bei  Brustaffection,  feuchter  Haut,  kritischen  Bewegungen,  Gefühl  von  Kälte  und  im 
letzten  paralytischen  Stadium  der  Krankheit. 

Wo  Vorurteile  einer  solchen  einfachen,  heroischen  Behandlung  entgegen  stünden, 
wo  Gegenanzeigen  vorhanden  sind  oder  der  Typhus  nicht  den  entzündlichen  Charakter 
hätte,  wie  bei  dem  Genius  Stationarius  der  letzten  Dezennien,  da  möchte  wenigstens 
FiCKERs  Vorschlag  (Memorabilien  der  Heilkunde,  2.  Bd.  1818.  S.  Q2),  bei  übriger  zweck- 
mäßiger Behandlung  den  Körper  mit  Essig  und  Wasser  zu  waschen,  anzuwenden  sein, 
wovon  er  vortrefflichen  Erfolg  wahrnahm. 

Der  Erfolg  kühler  und  kalter  Tauchbäder  beim  Typhus  trug  viel  dazu  bei,  daß  sie 
auch  bei  andern  Krankheiten,  die  sich  demselben  annähern,  häufig  angewandt  wurden 
und  zwar  mit  glücklichem  Erfolg,  wie  bei  hitzigen  Wechsel-,  Gallen-  und  Entzündungs- 
fiebern, Scharlach,  Masern,  brandiger  Bräune,  Gehirnfieber  der  Säufer  u.  dgl,  doch  ist 
ihre  Anwendung  hier  im  Allgemeinen  sehr  gewagt  und  noch  mehr  bei  Brustentzün- 
dungen, rheumatischen  und  catarrhalischen  Krankheiten,  Convulsionen  der  Kinder,  bei 
der  Pest,  dem  gelben  Fieber,  der  Wasserscheu  und  dem  Tetanus,  in  welchen  letzteren 
Fällen  man  auch  zuweilen  Genesung,  oft  aber  auch  einen  plötzlichen  Tod  erfolgen  sah. 
Ich  verweise  hierüber  des  näheren  auf  die  Betrachtung  der  kalten  und  warmen  Bäder, 
mit  welchem  ersterm  das  Tauchbad  im  Grunde  übereinkommt." 

Das  laue  Bad  ist  nach  ihm  angezeigt  „bei  hitzigen,  ansteckenden  Ausschlagskrank- 
heiten, die  sich  dem  Typhus  in  so  vielen  Stücken  annähern  und  in  ihren  bösartigen 
Formen  auch  ein  wahres  Bild  des  Typhus  sind,  namentlich  gegen  Blattern,  Masern, 
Scharlach  und  ihre  Modifikationen.  Wenn  diese  gutartig  sind,  ist  es  freilich  nicht 
nötig,  und  wo  sie  einen  sehr  entzündlichen  Charakter  haben,  da  ist  kaltes  Waschen  im 
Ganzen  dienlicher  (als  das  laue  Bad) ;  dagegen  ist  es  von  um  so  größerem  Nutzen  (das 
laue  Bad),  je  schwieriger  der  Ausschlag  zum  Ausbruch  kommt  wegen  Unreinigkeit, 
Dichtigkeit  und  Trockenheit  der  Haut,  je  mehr  die  Krankheitsmaterien  sich  nach  Innern 
Teilen,  namentlich  auf  die  Nerven,  wirft  und  dadurch  Unruhe,  Angst  und  Convulsionen 
hervorbringt,  je  mehr  die  Krankheit  sich  dem  Typhösen  nähert.  Wenn  der  Ausschlag 
wegen  Erkältung  zurückzusinken  droht,  unterstützt  es  trefflich  die  Wirkung  gelinder 
Reizmittel ;  es  befördert  die  Abschuppung  und  verhütet  und  erleichtert  manche  Nach- 
krankheiten, die  oft  aller  Sorgfalt  ungeachtet  dennoch  erscheinen.  Während  der  hiesigen 
Scharlach-  und  Masernepidemie  1818  und  19  hat  mir  das  laue  Bad  unter  angegebenen 
Umständen  die  vorzüglichsten  Dienste  geleistet"  ss. 

Der  von  Rüsch  erwähnte  schlesische  Arzt  Hahn  ist  ein  Mitglied  der  Ärztefamilie 
Hahn,  die  den  Gebrauch  des  kalten  Wassers  in  Deutschland  volkstümlich  machte.  Der 
älteste  der  „Wasserhahns"  war  der  Vater  Siegemund  Hahn  (geb.  1664,  gest.  1742),  der 
über  fünfzig  Jahre  in  Schweidnitz  als  Arzt  tätig  war,  sich  noch  in  hohem  Alter  oft  bei 
ziemlich  rauher  Witterung  kalt  badete  und  sein  „Wasserglaubenbekenntnis"  1732  in 

Martin,  Badewesen  24 


370  Die  Wasserhahns  /   Theden  /  Johann  Gottfried  de  Hahn 

seinem  Peterswälder  Brunnen,  besonders  aber  1737  in  der  Psychrolusia  veteri  renovata 
niederlegte,  die  1738  wieder  vermehrt  aufgelegt  wurde  ö^o.  Nach  Küchenmeister  führte 
sie  den  Titel  „Psychroluposia  vetus  renovata,  jam  recocta.  Wieder  aufgewärmt  Alt-Kalt 
Bad  und  Trinken,  Schweidnitz  1738"  ö7i  *. 

Der  „alte"  Hahn  war  von  großem  Einfluß  auf  den  späteren  preußischen  Oeneral- 
chirurgen  Theden,  dem  er,  wie  dieser  selbst  erzählt,  freien  Zutritt  und  seine  schriftlich 
gesammelten  Bemerkungen  zu  lesen  erlaubt  hatte.  Theden  war  damals  Esquadron- 
feldscher  beim  Buddenbrockischen  Kürassierregiment  in  Schweidnitz,  und  als  1742  ein 
Unteroffizier  nach  Beschneiden  eines  Leichdorns  an  Blutvergiftung  bedenklich  er- 
krankte, wandte  er  sich  in  Abwesenheit  des  Regimentsfeldschers  an  Hahn  und  behan- 
delte den  Kranken  nach  dessen  Rat.  „Ich  ließ  einen  Eimer  frisches  Wasser  aus  dem 
Brunnen  ziehen,  tauchte  das  Betttuch  darein,  und  ließ  solches  um  den  Fuß  und  Unter- 
leib schlagen ;  der  Patient  schrie  gewaltig,  und  ich  zitterte  gleichfalls  wegen  des  Aus- 
gangs und  Folgen  der  Kur.  Nichts  destoweniger  wiederholte  ich,  nach  der  Verordnung, 
das  kalte  Umschlagen,  so  bald  nur  das  Tuch  warm  ward;  der  Kranke  fing  an,  es  besser 
zu  vertragen,  und  nach  einer  Beschäftigung  von  drei  Stunden  mit  dieser  Arbeit  nahm 
die  Röte  und  Geschwulst  ab;  es  erfolgte  ein  ruhiger  Schlaf  und  Schweiß,  und  am  Abend 
desselben  Tages  war  aller  Geschwulst  weg,  und  ein  Fuß  wie  der  andere,  ohne  alle 
Schmerzen ;  dennoch  fuhr  ich  bis  zum  folgenden  Morgen  mit  Umschlagung  des  kalten 
Wassers  fort"6ii. 

Am  meisten  wurden  Hahns  Söhne  vom  Vater  beeinflußt,  von  denen  der  zweite, 
Johann  Gottfried  de  Hahn,  praktischer  Arzt  zu  Breslau  und  Adjunkt  der  Leopold. 
Carolin.  Akademie,  der  1754  über  die  Kaltwasserbehandlung  einer  Faulfieberepidemie 
in  Breslau  berichtete  ß'^i,  weniger  hervortrat  als  der  ältere  Sohn  Johann  Siegemund 
Hahn  (16Q6 — 1773),  praktischer  Arzt  zu  Schweidnitz,  der  des  Vaters  und  seine  Lehren 
im  „Unterricht  von  Krafft  und  Würckung  des  frischen  Wassers"  zusammenfaßte ^70^ 
welcher  zu  Lebzeiten  Hahns  in  wenigstens  sechs  Auflagen  erschien  **. 

Da  ich  das  Buch  von  Hahn,  dem  Vater,  nicht  erhalten  konnte,  gebe  ich  einen  Aus- 
zug von  Küchenmeister  wieder.  „Das  Wasser  zum  Trinken,  zum  Waschen  und  Baden, 
meistens  frisch,  selten  lau,  dient  im  Sommer  und  Winter,  in  der  Nacht,  wie  am  Tage, 

*  Der  alte  Hahn  war  der  erste,  der  Luthers  Worte:  „Wasser  thut's  freilich  nicht"  in  „Wasser  thut's 
freilich !  Nicht?"  umwandelte  ''^i,  was  später  von  Laienwasserärzten,  Rausse  und  Pfarrer  Kneipp,  wieder- 
holt wurde.  **  Hirschel  gibt  folgende  Auflagen  an,  die  erste  von  1738,  die  zweite  von  1743,  die  dritte 
von  1754  (ist  wohl  Druckfehler  für  1745),  die  vierte  von  1754,  die  1770  mit  neuem  Titelblatt,  also  als 
unveränderter  Abdruck,  erschien  '■22.  ich  kenne  die  „2."  Auflage  von  1745,  die  von  Hirschel  nicht  er- 
wähnte „3."  von  1749  und  die  „4."  von  1754.  Da  nun  Hahn  in  der  Vorrede  zur  sogenannten 
zweiten  Auflage  von  1745  selbst  angibt,  das  Buch  sei  1738  zum  ersten  Male  herausgegeben,  1743 
abermals  und  durch  Zusätze  vermehrt  worden,  und  nun  wage  sein  Verleger  die  dritte  Auflage,  so 
ist  die  Bezeichnung  zweite  Auflage  auf  dem  Titelblatte  falsch.  Das  Buch  erschien  also  1738,  1743, 
1745,  1749,  1754  und  1770,  hatte  demnach  eine  ungemeine  Verbreitung  gefunden.  Die  Züricher 
Bibliotheken  enthalten  fünf  Exemplare,  von  denen  drei  die  medizinisch-chirurgische  Bibliothekgesell- 
schaft besitzt.  1833  gab  Örtel  eine  unveränderte  „5."  und  1834  eine  von  ihm  völlig  umgearbeitete 
Auflage  heraus ''22.    in  neuester  Zeit  ließ  Winternitz  das  Buch  wieder  erscheinen. 


Die  Lehre  des  alten  Hahn  /  Johann  Siegemund  Hahn  der  Jüngere  37 1 

Gesunden,  vornehmlich  aber  Kranken.  Gesunde  können  kalt  trinken  beim  Aufstehen, 
unter  und  zwischen  dem  Essen,  beim  Schlafengehen  und  nachts;  wenigstens  sollte  man 
es  morgens  und  abends  thun.  Nach  Hippokrates  mache  Wassertrinken  Appetit,  „ge- 
fräßig". Manche  werden  dadurch  verstopft,  manche  bekommen  Stuhl,  wie  z.  B.  auch 
durch  Auflegen  von  Eis  auf  den  Bauch  oder  durch  Setzen  der  Füße  auf  einen  naß  ge- 
machten Marmorfußboden.  —  Noch  mehr  haben  es  Kranke,  mehr  in  hitzigen,  als  lang- 
wierigen Fiebern  nötig,  frisch,  überschlagen,  in  der  Rekonvaleszenz  lau.  Waschen  soll 
man  sich  beim  Aufstehen,  man  schwitze  oder  nicht,  aus  einem  mit  recht  frischem  Wasser 
gefüllten  Becken  zuerst  das  Gesicht  und  das  ganze  Haupt  mit  flachen  Händen,  dann 
mit  dem  eingetauchten  Schwämme  über  Arme,  Brust,  Rücken,  Bauch  und  den  ganzen 
entblößten  Körper  fahren,  in  die  auf  die  Seite  gewendeten  Ohren  den  Schwamm  drücken, 
auch  das  Wasser  in  die  offenen  Augen  strömen  lassen.  Dann  trockne  man  sich  ab  und 
kleide  sich  oberwärts  an,  während  man  den  Mund  mit  frischem  Wasser  ausspült  und 
das  übrige  durch  die  Nase  zieht.  Hierauf  müssen  auch  die  Schenkel  irts  Becken.  Dieses 
Kaltwaschen  und  Trinken  nannte  Hahn  die  „kleine  Gerätschaft,  petit  apareil". 

Die  „große  Gerätschaft,  grand  apareil"  besteht  in  Folgendem.  Man  setzt  sich  so  tief 
man  kann  in  die  Kühlwanne  und  trocknet  sich  alsdann  ab.  „Dies  mache  ihn  so  warm 
beim  Ankleiden,  daß  er  ihn  im  Winter  sogar  nicht  ebenso  sehr  zum  Einheitzen  nöthige." 
Hat  er  sich  oben  wieder  angekleidet,  geht  er  zum  Fußwaschen  über,  und  je  länger  man 
seine  Füße  bis  zu  den  Knöcheln  ins  Wasser  setzt,  um  so  gelenker  werden  die  Glieder. 

Die  „höchste  Gerätschaft,  haut  apareil"  ist  das  Baden  des  ganzen  Menschen.  Da  dies 
in  Fluß  und  See  nicht  immer  geht,  nahm  Hahn  eine  kupferne  Wanne,  zehn  Ellen  im 
Durchschnitt  weit,  fünf  Ellen  hoch,  dreißig  Ellen  im  Umfang,  die  zweitausend  Bath  faßte 
(also  etwa  eine  Braupfanne),  voll  frischen  Wassers,  stellte  sie  in  den  Hof  unter  ein  Zelt,  ließ, 
wenn  es  den  Leib  wärmte,  kaltes  Wasser  nachgießen  und  kühlen,  und  setzte  sich  bis  an  die 
Achseln  hinein,  darinnen  mit  den  Händen  arbeitend.  „Stützt  man  sich  auf  die  Arme,  so 
fährt  man  auf  und  nieder;  hält  man  sich  zum  Füßen  an  den  Rand  der  Wanne,  so  zieht 
und  schwimmt  man  fürwärts,  und  von  dannen  wird  wieder  abgestoßen,  dahin  gefahren, 
wo  zuvor  gesessen."  Bei  solchen  Bewegungen,  die  den  ganzen  Körper  unter  Wasser 
setzen,  schlagen  die  Wellen  über  den  Kopf  zusammen.  „Wer  sich  ein  paar  hundert  Mal 
in  der  Wanne  auf-  und  abzieht,  wird  über  keine  Kälte  des  Bades  zu  klagen  haben." 
Man  bleibe  eine  viertel  oder  eine  halbe  Stunde  nach  Belieben  darin,  „man  erfriert  sich 
nichts""  Ö71. 

Das  Buch  des  Sohnes  Johann  Sieoemund  Hahn  übertrifft  in  seiner  derben,  volks- 
tümlichen Sprache  alle  vorausgegangenen  populären  Schriften  über  Wasseranwendung, 
auch  die  des  von  ihm  so  oft  angeführten  Floyer.  „Was  meine  gebrauchte  Schreib-  und 
Lehr-Art  betriff,"  sagt  er,  „so  glaube  ich,  es  sey  jedweden  erlaubt  zureden,  wie  ihm  der 
Schnabel  gewachsen,  und  sich  in  seinem  Vortrag  einer  Ordnung  zu  bedienen,  die  seinem 
Genio  am  gemäßesten  ist".  Hier  als  Beispiel  die  Behandlung  des  Hauptwehs.  „Wenn 
das  Dach  anhebt  zu  glimmen,  kan  man  es  oft  mit  einem  nassen  Sacke  dämpffen,  aber 


372 


Johann  Siegemund  Hahns  Unterricht 


wenn  die  Flammen  heller  lichter  Loh  ausbrechen,  muß  man  die  beständig  gießende 
Spritze  gebrauchen  :  Also  auch  wird  eine  angehende  geringe  Hitze  und  daher  kommen- 
der Schmertz  der  Schwarte  meistens  mit  etlichen  frischen  Umschlägen  von  schlechtem 
Wasser  gehoben ;  allein  wenn  der  gantze  Kopff  schon  so  hefftig  brennt,  daß  er  wie  die 
glüenden  Dach-Ziegel  in  Stücken  zerspringen  möchte,  so  müssen  wir  immer  mit  kühlem 
Wasser  drauf  loß  gießen,  oder  sich  dasselbe  gar,  von  einem  Spring-Brunnen  eine  halbe 
Stunde  lang  über  das  Haupt  lauffen  lassen"  (Abb.  156). 

Die  Formen,  in  denen  Hahn  neben  dem  Trinken  das  kalte  Wasser  gebrauchte,  waren 
Waschungen,  Umschläge,  Bäder,  Duschen  oder  Übergießungen.    (Unter  besonderen 

Umständen  nahm  er  das  Wasser 
auch  „überschlagen".)  Von  den 
Lähmungen  sagt  er,  sie  mögen  von 
Krämpfen  oder  einem  Schlagfiuß 
herrühren,  „so  wird  nöthig  seyn, 
nicht  nur  bloß  die  um  ihre  Bewe- 
gung gebrachten  Glieder,  sondern 
auch  besonders  das  Haupt  und 
Genicke,  als  wo  die  beyden  Übeln 
angegriffnen  Nerven  entspringen 
und  auch  deren  Verstopfung  oder 
Irritation  gemeiniglich  den  Anfang 
nimmt  unbesorgt  frisch  zu 
waschen.  Kan  man  den  gelähmten 
Theil  gar  ins  Bad  setzen,  so  ist  es 
noch  besser,  am  allerbesten  aber 
thut  die  Embrocation,  da  man  das 
Wasser  (aber  nicht,  wie  sonst  da- 
bey  gewöhnlich,  warm,  sondern 
gantz  frisch)  von  einer  gewissen 
Höhe  auf  das  mit  hiezu  verfertig- 
ten Schwamm-Kappen  verwahrte 
Haupt  und  die  mit  leinen  Tüchern  umgebne  (oder  auch  gantz  nackte)  Glieder  eine  Weile 
herab  träufelt  oder  gießet ;  denn  da  darf  man  nicht  besorgen,  daß,  wie  vom  allzu  langen 
Verweilen  im  Baden  geschehen  könnte,  eine  gar  zu  heftige  Abkühlung  und  Auslöschung 
der  natürlichen  Lebens- Wärmde  davon  entstehen  würde,  sondern  die  beym  Angießen 
vorgehende  starcke  Bewegung  und  Andrückung  des  Wassers  wird  vielmehr  auch  den 
erstarrten  Gliedern  eine  angenehme  Erwärmung  verschaffen,  und  über  dieses  auch  Ur- 
sache seyn,  daß  die  angebrachten  Feuchtigkeiten  desto  tiefer  durch  die  Haut  hinein 
dringen,  und  geschwinder  und  nachdrücklicher  werden  würcken  können.  Hippokrates 
sagte  daher  schon,  daß  das  viele  Übergießen  mit  frischem  Wasser  die  Wärmde  wieder- 


Abb.  156.    Titelkupfer  zu:  Hahn,  Unterricht  von  Krafft  und 
Würckung  des  frischen  Wassers.    Breßlau  u.  Leipzig,  1745. 


von  Kfaft  und  Wirkung  des  frischen  Wassers  373 

bringe,  die  Wärmde  aber  heile  den  Krampf  und  Steifigkeit  des  Genickes,  iindre  die  Con- 
vulsiones.  Wird  aber  irgendswo  Zeit  und  Gedult  erfordert,  so  ist  es  bey  diesen  Zu- 
fällen und  ihrer  Cur,  welche  nicht  Tage,  sondern  Monate,  ja  oft  Jahre  erfordert,  von- 
nöthen;  denn  selten  wird  ein  solcher  Patient,  wie  neulich  erst  einem  von  heftigem 
Reißen  gelähmten  20  jährigen  Menschen  vom  frischen  Waschen  wiederfahren,  innerhalb 
8  Tagen  restituirt.  Doch  wenn  man  bald  Anfangs,  da  der  reißende  Schmertz  sich  wittert, 
dem  kürtzlich  von  einer  vornehmen  Dame  einigen  ihrer  angefallnen  Unterthanen  gege- 
benen Rathe  zu  folge,  die  wehthuenden  Glieder  eine  halbe  Stunde  lang  unter  der  Pumpe 
mit  frischem  Wasser  überlaufen  ließe,  so  würde  man  so  wohl  als  diese  den  Anfall  bald 
abwenden,  und  so  gar  der  Contractur  zuvor  kommen." 

Aus  dieser  Schilderung  geht  hervor,  daß  Hahn  den  Kollaps  bei  zu  langem  kalten 
Baden  kannte*,  daß  er  aber  auch,  wie  schon  sein  Vater,  wußte,  durch  kaltes  Wasser  lasse 
sich  eine  angenehme  Erwärmung  des  Körpers  hervorbringen.  Übrigens  hat  er  sein 
sechstes  Kapitel  überschrieben:  „Des  frischen  Wassers  Kraft  die  erkälteten  Glieder 
wieder  zu  erwärmen." 

Außer  Infektionskrankheiten  behandelte  Hahn  namentlich  chirurgische  Erkran- 
kungen, Wassersucht,  Lähmungen,  Gicht,  englische  Krankheit  und  Hautkrankheiten. 
Vor  allem  lag  es  ihm  daran,  im  Volke  bestehende  Vorurteile  zu  beseitigen,  so  den 
Glauben  „alter  Weiber",  die  Rose  dürfe  man  nicht  netzen,  die  Annahme,  durch  kaltes 
Waschen  könnten  böse  Säfte  zurückgetrieben  werden  oder  beim  Haupte  gar  ein  Schlag- 
fluß erfolgen.  Er  wies  auch  darauf  hin,  daß  da,  wo  das  Volk  das  kalte  Wasser  in  Ver- 
bindung mit  einem  Aberglauben  schon  gebrauchte,  es  auch  ohne  diesen  wirke.  „Einige 
mischen  statt  der  Artzeney  (die  Hahn  zuweilen  gab)  ein  wenig  Aberglauben  mit  zur 

*  Darum  sagt  Hahn  auch:  „Das  Baden  der  Krancken  geschieht  entweder  in  hitzigen  oder  lang- 
wierigen Krancliheiten.  In  hitzigen  zwar  last  es  sich,  wenn  die  Patienten  allzu  schwach  werden,  daß 
sie  in  der  Wanne  nicht  ausdauren  können,  nicht  allemahl  thun,  und  man  kan  auch  dabey  schon  mit 
dem  bloßen  Waschen  zurechte  kommen ;  doch  wenn  dergleichen  Leute  das  Baden  vertragen  können, 
so  läßt  man  sie  nicht  eben  so  lange  darinnen,  aber  man  kan  es  desto  öffters  wiederholen,  doch  nicht 
länger,  als  bis  man  aus  dem  Pulß  und  der  Empfindung  des  Patienten  selbst  gewahr  wird,  daß  die 
größte  Hitze  gedämpft  sey,  und  dabey  beobachtet  man  eben  keine  Zeit  auch  sonst  keine  besondere 
Diät."  Bei  chronischen  Krankheiten  war  Hahn  weniger  ängstlich,  so  riet  er  sogar  einmal  einer  mit 
„gemeiner  Krätze"  „durch  den  gantzen  Leib  schändlich  damit  behaffteten"  Frau,  etliche  Tage  in  einer 
Wanne  zuzubringen  und  gar  darinnen  zu  essen  und  zu  schlafen.  „Da  ihr  aber  solches  allzu  be- 
schwerlich und  ihre  Profession  ihr  daran  hinderlich  war,  so  wusch  sie  sich  nur  oft  den  Tag  über, 
und  des  Nachts  wickelte  sie  sich  gantz  bloß  in  nasse  Tücher,  und  in  kurtzem  wurde  sie  gantz  rein." 
Diese  schroffe  Verordnung  Hahns  gehört  aber  zu  den  Ausnahmen.  Ich  möchte  das  deswegen  her- 
vorheben, weil  man  hin  und  wieder  liest,  Hahn  habe  Menschen  mit  wahren  Pferdekuren  behandelt, 
und  deswegen  soll  durch  ihn  die  Kaltwasserbehandlung  nicht  populär  geworden  sein.  Im  Gegen- 
teil, Hahn  individualisierte  schon,  wie  wir  bei  der  Behandlung  von  Infektionskrankheiten  sahen. 
Fälle,  bei  denen  Bekannte  von  ihm  bei  rauher  Luft  anfangs  Herbst  unter  freiem  Himmel  ellen- 
hoch kaltes  Wasser  Armsdick  auf  sich  schießen  ließen,  sich  bei  heftigem  Leibschneiden  nackend 
aufs  freie  Feld  legten,  als  die  Erde  schon  gefroren  war,  und  den  Leib  mit  Eis  bedeckten  oder  in 
einer  großen  Badewanne  mit  eiskaltem  Brunnenwasser,  bis  sie  „ziemlich  gefrohren  und  verblaut" 
zubrachten,  rechnet  Hahn  zu  den  „Excessen  mit  gantz  kaltem  Baden".  Obwohl  er  hinzufügi,  daß 
die  Betreffenden  keinen  Schaden  genommen  hätten,  sagt  er  doch:  „Ich  mag  eben  nicht  allen  und 
jeden  rathen  es  nach  zu  thun." 


374  Scheuchzer  /  Hofmann  /  Johann  Siegeiniind  Hahns  Unterricht 

Cur,  wie  diejenigen,  weiche  davor  liaiten,  die  Krätze  Icönne  vom  kalten  Baden  niciit  ver- 
gehn,  wenn  solches  nicht  am  Charfreytage  geschähe.  Ein  mit  dergleichen  Aberglauben 
so  starck  als  mit  der  Krätze  behaffteter  Mann  und  2  Weibs-Personen  verfügten  sich  an 
einem  Char-Freytage  in  den  Bach,  der  etliche  hundert  Schritte  von  ihrer  Wohnung  ent- 
fernt war,  badeten  darinnen  in  ihren  Hemdern,  welche  sie  anbehielten,  giengen  also  un- 
getrocknet  nach  Hause,  legten  sich  zu  Bette  und  wurden  völlig  rein;  da  hieß  es  nun 
wohl  nicht,  dein  Glaube,  sondern  allein  das  Wasser  hat  dir  geholffen." 

Ferner  trat  Hahn  der  herrschenden  Mode  entgegen,  in  Mineralbäder  auch  in  Fällen 
zu  ziehen,  wo  das  einfache  kalte  Wasser  ebenso  oder  besser  wirkte.  Seine  Stellung  zu 
den  Mineralbädern  ist  schon  durch  den  Titelholzschnitt  seines  Buches  (Abb.  156)  ge- 
kennzeichnet; denn  die  Unterschrift  stellt  nichts  anderes  als  eine  Verhöhnung  der  unter 
dem  Namen  der  Amüsements  de  N.  N.  erschienenen  Badeschriften  dar.  Übrigens  hatten 
schon  der  Züricher  Stadtarzt  Scheuchzer  und  der  hallische  Professor  Hofmann  (den 
Hahn  auch  anführt)  darauf  hingewiesen,  daß  die  Wirkung  der  Mineralbäder  in  erster 
Linie  dem  Wasser  zukomme  und  zahlreiche  sogenannte  Mineralbäder  sich  in  nichts 
vom  gemeinen  Wasser  unterschieden 383.  Hahn  sagt:  „Nebst  diesen  ist  noch  zu  er- 
innern, daß  diejenigen,  welche  das  frische  Wasser-Trincken  als  eine  schädliche  Sache 
verwerfen,  sich  öfters  mit  der  That  selbst  widersprechen,  indem  ja  die  meisten  derselben 
ihre  Patienten,  auch  in  solchen  Zufällen,  da  eben  keine  sonderliche  Hitze,  eine  außer- 
ordentliche Abkühlung  erfordert,  in  die  Brunnen  reisen  und  sich  daselbst  das  kalte  mine- 
ralische Wasser  in  großer  Menge  bis  zum  Schauer  eingießen  lassen.  Hat  denn  dieses 
weniger  Kraft  zu  erkälten,  als  das  sogenannte  schlechte.  Ich  dächte,  jenes  sauren  Spiritus, 
(dergleichen  ich  aus  dem  Pyrmonter-Brunne  per  simplicem  destillationem  seines  Saltzes 
in  retorta,  selbst  heraus  gebraucht,)  vitriolische  und  Salpeterhafte  Theilgen,  so  mit  ihm 
vermischt  sind,  solten  es  eher  kühlender  machen,  als  das,  so  mit  dergleichen  nicht  be- 
laden ist.  Doch  mineralische  Wasser  heißen  Gesund-Brunnen,  darum  müssen  sie  ja  ge- 
sünder seyn,  als  die,  so  diesen  Namen  nicht  führen ;  das  andre  nennt  man  gemeines,  ja 
gar,  in  Ansehung  der  itzt  gemeldeten,  wildes  Wasser,  daher  muß  es  auch  geringe 
Würckung  haben  und  nur  vor  wilde  Bestien,  nicht  aber  vor  vernünftige  Menschen  ge- 
hören. Zwar  wollen  wir  immerhin  mit  den  Thieren  (so  die  mineralische  Wasser  kaum 
bey  dem  heftigsten  Durste  trincken  mögen),  schlecht  Geträncke  genießen,  wenn  wir 
nur  auch  mit  ihnen  frisch  und  gesund  leben  können,  ohne  uns  zu  bekümmern,  ob  andre, 
die  nichts,  als  was  seltsam  ist,  hochachten,  dadurch  ihre  Gesundheit  verkünsteln.  Mir 
scheinet  es  wenigstens  sehr  wahrscheinlich,  daß,  da  die  mineralischen  Wasser  meist  in 
unwegsame  Örter  relegirt  sind,  solches  eine  vorsichtige  Behutsamkeit  des  allerweisesten 
Schöpfers  andeute,  welcher  gewolt,  daß  solche  Brunnen  schwer  zu  finden  und  zu  er- 
reichen seyn,  damit  nicht  die  Menschen  sich  derselben  ohne  Unterscheid  und  genüg- 
samen Vorsicht  bedienen  und  sich  dadurch  Schaden  zuziehen  möchten,  wie  denn  auch  die 
verständigen  Liebhaber  mineralischer  Wasser  gestehn  müssen,  daß  dieselben  mit  kluger 
Vorsicht  müsten  gebraucht  werden,  weil  sie  sonst  schädlich  seyn  würden,  wie  selbst 


von  Kraft  und  Wirkung  des  frischen  Wassers  375 

vom  berührten  Achner  Gesund-Brunn  der  Auetor  des  Zeitvertreibs  bey  den  Wassern 
zu  Achen  pag.  m.  175.  gestehet,  daß  wer  sie  ohne  Vorbedacht  genießet,  sich  vielen  Zu- 
fällen unterwerfen  würde.  Juiii  Caesaris  sonst  gesunde  Armee  fiel  auf  einen  mine- 
ralischen Brunnen,  und  wurde  davon  in  kurtzer  Zeit  räudig.  Genung,  wir  glauben 
wenigstens  mit  dem  gemeinen  kalten  Wasser  eben  so  viel,  wo  nicht  mehr  Gutes  in 
allerley  Kranckheiten  auszurichten,  als  man  von  dem  andern  nur  immer  erwarten  mag. 
Und  ich  glaube  gar  gerne,  was  ein  guter  Freund  muthmaste,  nemiich,  wenn  die  gantze 
Welt  voll  bittrer  und  Sauer-Brunnen,  aber  nur  ein  eintziger  süßer  Quell  im  äußersten 
Monomotapa  zu  finden  wäre,  so  würde  man  vor  eine  kleine  Bouteille  von  diesem  gantz 
willig  mehr  denn  einen  Ducaten  bezahlen.  Aber  weil  schlecht  Wasser  überall  fleußt, 
und  weil  es  umsonst  zu  haben,  so  meynt  man,  daß  es  auch  von  schlechter  Kraft  seyn 
müsse,  und  man  setzt  also  ein  größer  Vertrauen  auf  solche  Sachen,  welche  schwer  und 
mit  großen  Kosten  zu  erlangen  sind,  und  welche  mit  vieler  meist  unnöthigen  Mühe  erst 
zusammen  gesetzt  und  mit  großprahlenden  Titeln  belegt  worden.  Der  ehrliche  Lucanus 
sucht  uns  vernünftigere  Gedancken  beyzubringen,  wenn  er  schreibt:  discite  quam 
parvo  etc. 

„Lernt  der  Natur  gemäß  von  wenigen  zu  leben ; 
Ein  goldener  Pocal  mit  alten  Wein  gefüllt, 
Hilft  nicht  den  Krancken  auf;  was  in  dem  Bache  quillt, 
Und  Brod  ist  schon  genung,  uns  LebensKraft  zu  geben."" 
Hahn  war  durchaus  trotz  seiner  teilweise  sogar  übertriebenen  Wasseranwendung 
kein  einseitiger  Wasserspezialist.  Er  bediente  sich,  wie  er  selbst  sagt,  zugänglicher  (ob- 
schon  nicht  überflüssiger)  Medikamente.    Auch  die  Anempfehlung  und  der  eigene  Ge- 
brauch des  Wassertrinkens  hatte  ihn  nicht  zum  Totalabstinenten  gemacht.    Er  schließt 
sein  Buch:  „Je  zeitlicher  aber  ein  Mensch  anhebt  das  frische  Wasser  bey  gesunden 
oder  ungesunden  Tagen  zum  Trincken  und  Waschen  zu  gebrauchen,  desto  mehr  Nutzen 
wird  er  davon  verspühren;  doch  ist  es  auch  im  Alter  nie  zu  spät,  sich  daran  zu  ge- 
wöhnen; man  fange  also  in  der  Wiege  schon  an,  und  höre  damit  nicht  eher  auf,  als  im 
Grabe.    Wer  aber  zur  Freude  und  Abwechselung  zuweilen  beym  Wasser-Trincken  ein 
Gläßgen  Wein  bescheid  zu  thun  Lust  hat,  dem  will  ich  solches  mit  einem  hertzlichen 
Prosit  gesegnen,  denn  immer  einerley  gebrauchen  verursacht  leicht  Überdruß :  Allezeit 
Wasser  oder  Wein  trincken  ist  nicht  lustig,  sondern  zuweilen  Wein,  zuweilen  Wasser 
trincken,  das  ist  lustig." 

Der  Ruf  der  Wasserhahns  muß  ein  bedeutender  gewesen  sein.  Das  Vertrauen,  was 
der  Militärarzt  Theden  dem  alten  Hahn  entgegen  brachte,  spricht  sattsam  dafür,  auch 
schreibt  der  jüngere  Hahn,  daß  „viel  gelehrte  und  erfahrne  Practici,  nebst  vernünftigen 
und  gewissenhaften  Chirurgis  in  unsren  und  umliegenden  Gegenden,  sich  bey  ihren 
Krancken  des  frischen  Wassers  äußerlich  und  innedich  gebrauchen,  und  seine  Kraft 
gar  unvergleichlich  befinden".  Aber  die  Hahns  waren  auch  außerhalb  Schlesiens 
Grenzen  bekannt.  Das  Buch  des  jüngeren  Hahn  ist  heute  noch,  auch  in  den  älteren 
Auflagen,  in  zahlreichen  Exemplaren  und  auf  den  meisten  Bibliotheken  vorhanden.  Der 


376  Baldlnger  /  Schmucker  /  Pare  /  Lombard  /  Percy 

jüngere  Johann  Siegemund  erwähnt  die  Freunde  der  Wasserbehandlung,  „unter  denen 
besonders  den  weyl.  hoch-berühmten  Herrn  Geheimden  Rath  Hofmann  (den  schon 
genannten  Professor)  in  Halle  anzuführen  mir  die  Freyheit  nehme,  als  welcher  nicht 
alleine  selbst  in  öffentlichen  Schriften  die  Heilsamkeit  des  Wassers  aufs  gründlichste  er- 
wiesen, sondern  auch  in  einem  an  meinen  geliebten  Bruder  in  Breßlau  abgelassenen 
eigenhändigen  Schreiben,  sein  Vergnügen  bezeuget,  weil  er  von  vielen  Reisenden 
vernommen,  daß  wir  hier  zu  Lande  mit  gelinden  Mitteln,  besonders 
dem  Gebrauch  des  Wassers,  denen  Krancken  nicht  geringe  Dienste 
leisteten"  670.  Baldinoer,  ein  Marburger  Medizinprofessor,  schrieb  1792:  „Wer 
kennt  nicht  wenigstens  das,  was  Anton  Musa,  Floyer,  Hahn  und  Friedrich  Hof- 
mann mit  Wasser  thaten.  Und  Theedens  und  Schmuckers  Anwendung  des  kalten 
Wassers  hat  allgemeinen  Beifall  gefunden,  und  viele  Menschen  sind  dadurch  gerettet 
worden,  die  sonst  ohne  Rettung  verloren  waren.  Mit  Recht  nannte  schon  Friedrich 
Hofmann  das  Wasser  eine  medicina  universalis.  Und  dieser  Arzt,  die  Zierde  der  Ärzte 
Teutschlands,  erweckte  in  seinem  Vaterlande  allgemeinen  Sinn  vor  die  Wirkungen  des 
kalten  Wassers  und  ermunterte  dadurch  zuerst  seine  Schüler  und  Nachfolger  zu  dessen 
häufigen  Gebrauch"  650. 

Der  von  Baldinoer  genannte  Schmucker  war  der  Vorgänger  Thedens  als  preußi- 
scher Generalchirurg.  Nach  Reuss  wurde  auch  er  durch  die  Beobachtungen  der  Hahns 
aufgemuntert,  „die  Fomentationen  mit  kaltem  Wasser,  welches  er  zur  Erhöhung  der  Kälte 
noch  mit  Salpeter,  Salmiak  und  Essig  versetzten  ließ,  bei  allen  Kopfverletzungen  und 
andern  Contusionen,  während  den  zwei  schlesischen  Kriegen  zu  versuchen.  Diese 
haben  durch  ihn  auch  eine  so  große  Reputation  erhalten,  daß  sie  seitdem  unter  der 
Benennung  „die  ScHMUCKERischen  Fomentationen"  allgemein  bekannt  sind  und  bei  ähn- 
lichen Vorfällen  gebraucht  werden"  (1822)662 

Andere  Chirurgen  entnahmen  die  Wasseranwendung  für  ihre  Kunst  direkt  dem 
Volksbrauche  unter  Weglassung  des  Aberglaubens.  Der  berühmte  Ambrosius  Pare 
hatte  bei  der  Belagerung  von  Metz  1553  den  Verdruß,  daß  ihm  der  Meister  Doublet, 
welcher  das  Verbandwasser  zu  beschwören  verstand  und  nach  dem  Zeugnisse  von 
Zeitgenossen  selbst  die  schwersten  Verletzungen  damit  heilte,  von  den  Verwundeten 
vorgezogen  wurde.  Ich  bezweifelte  nicht,  sagt  Pare,  daß  man  Wunden  mit  reinem 
Wasser  heilen  kann,  wenn  man  vorher  über  dasselbe  gewisse  Worte  gesprochen  und 
die  Leinwand  in  Kreuzesform  in  dasselbe  getaucht  hat,  aber  es  sind  weder  die  Worte, 
noch  das  Kreuz,  sondern  das  Wasser  allein,  weil  es  die  Wunde  reinigt  und  der  Entzün- 
dung entgegen  wirkt.  Als  1785  in  Straßburg  bei  Prüfung  von  Artilleriewaffen  viele 
Soldaten  bedeutend  verwundet  und  in  das  unter  Lombard  und  Percy  stehende  Hospital 
gebracht  wurden,  erbot  sich  ein  Müller,  die  Verwundeten  mit  einem  von  ihm  unfehlbar 
gemachten  Wasser  zu  heilen,  und  erfüllte  zur  Verwunderung  aller  sein  Versprechen. 
Obgleich  der  Müller  sein  Wasser  mit  allerlei  Beschwörungen  *  zugerichtet  und  auch 
*  Den  Ausdruck  Beschwörungen  halte  ich  nicht  für  richtig,  es  handelt  sich  um  das  sog.  Segnen.    In 


Langenbeck  /  May  /  Marcard  /  Offterdinger  311 

eine  Kleinigkeit  von  Alaun  zugesetzt  hatte,  so  schrieben  Lombard  und  Percy  die  Er- 
folge dem  Wasser  allein  zu  und  stellten  später  Versuche  an,  deren  günstiges  Resultat 
beide  veröffentlichten  672 

Zum  Schluß  muß  ich  die  Worte  eines  Chirurgen  aus  Vorprießnitzscher  Zeit,  des 
Göttinger  Professors  Langenbeck,  anführen,  der  1822  unter  seinen  Ratschlägen,  Frost- 
beulen zu  vermeiden,  folgendes  schreibt:  „Man  wasche  Hände,  Gesicht  und  Füße  kalt, 
bürste  oder  reibe  dabei  Hände  und  Füße,  worauf  eine  angenehme  Wärme  folgt.  Was 
das  kalte  Waschen  der  Füße  anbetrifft,  so  kann  sich  freilich  nicht  jeder  dazu  verstehn; 
indessen  sichern  gehöriges  Abtrocknen  und  Reiben  vor  den  Nachteilen,  die  darauf 
folgen  können.  Die  Füße  werden  nie  wärmer,  als  wenn  man  sie  nur  in  kaltes  Wasser 
taucht,  tüchtig  reibt  und  dann  Strümpfe  anzieht.  Wer  daran  gewohnt  ist,  wird  bald  den 
guten  Einfluß  auf  den  ganzen  Körper  bemerken.  Ich  wasche  alle  Morgen  meinen  ganzen 
Körper  kalt  und  empfinde  darnach  eine  allgemein  verbreitete  Wärme,  bekomme  eine 
große  Leichtigkeit,  ein  äußerst  behagliches  Gefühl  und  kenne  keinen  Rheumatismus. 
Wer  gesund  ist,  wird  beim  mäßigen  Leben,  beim  Genuß  weniger  und  nahrhafter 
Speisen,  einfacher  Kost,  und  wenn  er  dem  Bacchus  und  der  Venus  nicht  zu  häufige 
Opfer  bringt,  bei  kaltem  Waschen  gesund  bleiben  und  keinen  Rheumatismus  bekommen, 
weil  das  kalte  Waschen  die  Haut  stärkt  und  die  zu  große  Empfindlichkeit  aufhebt"  6ö5. 

Die  inneren  Mediziner  waren  bestrebt,  die  Wasseranwendung  zu  vervollkommnen, 
namentlich  Anzeigen  und  Gegenanzeigen  aufzustellen,  Mißbräuche  zu  bekämpfen,  be- 
sonders aber  bei  der  Behandlung  zu  individualisieren.  Der  Warnung  über  den  Miß- 
brauch der  kalten  Bäder  durch  den  Heidelberger  Professor  May  (S.  47)  und  der  Vor- 
schriften über  den  vernünftigen  Gebrauch  des  unter  dem  Namen  Tauchbad  gebrauchten 
kalten  Bassinbades  von  selten  des  Pyrmonter  Badearztes  Marcard  (S.  48  ff.)  ist  schon 
gedacht  worden.  Neben  diesen  Ärzten  sind  drei  besonders  hervorzuheben,  der  Kan- 
statter  Physikus  Georg  Gottlieb  Offterdinger,  Brandis,  Badearzt  zu  Driburg,  später 
Professor  in  Kiel  (als  solcher  gab  er  ein  Buch  über  Kaltwasserbehandlung  der  Infek- 
tionskrankheiten heraus  ö'^^)  und  Samuel  Hahnemann,  der  spätere  Homöopath. 

Offterdinger  sagt  1782  bei  Besprechung  der  Krankheiten,  die  wir  heute  mit  dem 
allgemeinen  Ausdruck  Nervenschwäche  bezeichnen,  in  seiner  „Anleitung  für  das  Land- 
volk in  Absicht  auf  seine  Gesundheit":  „Man  sollte  sich  einmal  bereden  können,  daß 
nicht  alle  Krankheiten  blos  durch  Arzneien  zu  heilen  sind,  und  daß  bei  vielen  chro- 
nischen die  Bewegung  und  eine  dienliche  Lebensordnung  öfters  mehr  ausrichten,  als 
alle  Mittel  aus  der  Apothek,  und  daß  eben  diese  beiden  heilsamen  Mittel,  gleich  wie  sie 
die  vornehmsten  Stützen  zur  Aufrechthaltung  der  menschlichen  Gesundheit  sind, 
auch  in  allen  denjenigen  Übeln,  welche  mit  einem  gehinderten  Umlauf  des  Geblüts  in 
den  Eingeweiden,  dem  Kopfe,  der  Brust,  dem  Unterleib,  einer  Verstopfung  derselben, 

schweizerischen  Verboten  findet  sich  der  Ausdruck  Lachsnen.  Man  besprach  wohl  Krankheiten 
als  etwas  vom  Bösen  Zugefügtes.  Es  ist  aber  sinnwidrig,  ein  Heilmittel  zu  besprechen,  bezw.  zu 
beschwören. 


378  Offterdinger  /  Brandts 

dergleichen  die  meisten  chronischen  oder  mit  einer  Schwachheit  und  Empfindlichkeit 
der  Nerven  verbundenen  sind,  auch  die  wahren  und  zuverlässigsten  zur  Wiederher- 
stellung derselben  abgeben  .  .  . 

Allein  nicht  nur  die  Bewegung,  sondern  auch  die  Bäder  sind  von  der  herrlichsten 
Würkung.  Man  gebraucht  sie  nach  Beschaffenheit  der  Umstände,  wärmlicht,  lau,  und 
bleibt  so  lange  darinnen  sitzen,  bis  sie  kalt  sind,  oder  wenn  die  Empfindlichkeit  der 
Nerven  nicht  gar  zu  groß  ist,  gar  kalt.  Ich  habe  nicht  nötig,  daß  ich  die  verdienten 
Lobsprüche  derselben  wiederhole,  welche  ihnen  Herr  Tissot  und  andere  große  Ärzte 
schon  längst  gegeben  haben,  und  ich  sage  nicht  zuviel,  wenn  ich  behaupte,  daß  die  Be- 
wegung, die  Bäder  und  eine  taugliche  Lebensordnung  allein  hinreichend  sind,  dieses 
öfters  verzweifelte  Übel  zu  heben,  insonderheit  in  dem  Fall,  da  die  allzustarke  Empfind- 
lichkeit der  Nerven  die  vornehmste  Ursache  davon  ist,  oder  wenn  nur  noch  keine  un- 
heilbaren Fehler  in  den  festen  Teilen  vorhanden  sind :  Zu  eben  diesem  Zweck  dienen 
auch  die  kalten  Fußbäder,  womit  man  allenfalls  den  Anfang  machen  kann,  und  ich  kann 
nicht  umhin,  hier  den  ungemeinen  Nutzen  des  kalten  Wassers,  wenn  man  alle  Teile  des 
Leibes,  hauptsächlich  den  Unterleib,  die  Brust,  den  Kopf,  den  Rückgrad,  Morgens  und 
Nachts  vorm  Schlafen  stark  damit  reibet,  aufs  äußerste  anzurühmen,  welches  in  allen 
denjenigen  Fällen,  da  die  kalten  Bäder  noch  zu  reizend  sind,  deren  Stelle  anfangs  ver- 
treten kann.  Viele  bereden  sich,  daß  die  Bäder  überhaupt  ihrer  Natur  nicht  taugen, 
allein  es  ist  dies  ein  irriges  Vorurteil.  Man  kann  sie  unstreitig  nach  eines  jeden  Tem- 
peraments und  Leibesbeschaffenheit  einrichten,  einige  haben  sie  lau,  andere  kälter,  andere 
ganz  kalt  nötig,  und  der  Erfolg  wird  dieses  am  besten  anzeigen,  auch  muß  man,  wenn 
sie  stärken  sollen,  nicht  darauf  ins  Bett  liegen  und  schwitzen,  wol  aber  auf  dasselbe"  ö33. 

Brandis  schreibt  1792:  „Friedrich  Hofmann,  Tissot,  Maret,  Marteau  und 
William  Falconer  haben  sehr  viel  Gutes  über  die  Bäder  überhaupt,  Floyer,  Hahn, 
Marcus  Herz  und  Ferro  vortrefflich  über  kalte  Bäder  geschrieben:  aber  gewiß  haben 
alle  doch  noch  manches  übrig  gelassen,  was  den  Gebrauch  dieses  äußerst  wichtigen 
Heilmittels  bestimmter,  sicherer  und  wahrscheinlich  allgemeiner  machen  kann  . .  . 

Sowohl  als  Vorbauungsmittel  gegen  Krankheiten,  als  auch  als  Heilmittel,  sind  Bäder 
eine  der  wirksamsten  Arzneien,  werden  daher  aber  auch  oft,  wie  alle  wirksamen  Arz- 
neien, zu  großem  Nachteile  Kranker  und  Gesunder  äußerst  gemißbraucht.  Wer  sich 
schwach  glaubt,  setzt  oft  sein  ganzes  Heil  in  den  Gebrauch  kalter  Bäder,  friert  in  den- 
selben täglich  Stunden  und  länger  durch,  und  kommt  vielleicht,  wenn  seine  Nerven  noch 
weit  empfindlicher  und  seine  Fasern  weit  reizbarer  geworden  sind,  von  seinem  schäd- 
lichen Wahne  zurück,  daß  dieses  seine  Panacee  sei,  durch  die  er  in  kurzer  Zeit  einem 
Herkules  oder  Milon  gleich  werden  könnte  . .  .  Daher  ist  es,  vorzüglich  für  reizbare, 
schwächliche  Personen,  eine  äußerst  wichtige  Regel,  diese  Heilmittel  nicht  ohne  Zu- 
raten eines  erfahrnen,  aufgeklärten  Arztes  zu  gebrauchen." 

Brandis  führt  dann  aus,  daß  beim  kalten  Bade  die  Kälte  die  Hauptsache  sei,  durch 
den  starken  Reiz  der  Kälte  würden  die  Haut  und  mit  dieser  consensualisch  die  übrigen 


Brandis  Ansichten  über  Kälteanwendung  379 

festen  Teile  des  Körpers,  vorzüglich  aber  die  auf  der  Oberfläche  überall  verbreiteten 
kleineren  Gefäße  schnell  zusammengezogen.  Das  vorher  in  ihnen  enthaltene  Blut  habe 
nicht  mehr  Raum  in  ihnen  und  werde  mit  großer  Schnelligkeit  in  die  größeren  Gefäße 
nach  dem  Herzen  zurückgetrieben.  „Auf  das  Nervensystem  wirkt  die  plötzliche  Kälte 
als  ein  heftiger  Reiz.  Allgemeines  Zittern,  vorzüglich  Zahnklappern,  sind  die  sichtbaren 
Folgen  davon.  Läßt  die  Kälte  bald  nach,  oder  haben  die  größern  Gefäße  Kraft  genug, 
den  Widerstand  des  Kreislaufs  auf  der  Oberfläche  zu  überwinden:  so  treiben  sie  das 
Blut,  durch  die  größere  Menge  desselben  gereizt,  mit  verdoppelter  Gewalt  nach  der 
Oberfläche  zurück,  es  entsteht  eine  allgemein  vermehrte  Wärme  über  den  ganzen  Körper, 
die  zuletzt  eine  sehr  vermehrte  Transspiration  hervorbringt ...  In  alle  diesem  siehet  man 
ganz  den  Verlauf  eines  künstlichen  Fiebers;  und  alles  Gute,  was  man  von  einem  Fieber 
erwarten  kann,  wird  auch  ein  sehr  kaltes  Bad  bewürken  *.  Hartnäckige  Verstopfungen 
der  Gefäße  und  beträchtliche  Hindernisse,  die  irgendwo  dem  freien  Kreislaufe  der  Säfte 
im  Wege  stehen,  werden  dadurch  aufgehoben;  träger  Kreislauf,  der  auf  die  flüssigen 
Teile  nicht  hinlänglich  wirkt,  sie  nicht  genug  bereitet  und  animalisiert,  erhält  dadurch 
eine  neue  Kraft,  dieses  Geschäft  gehörig  zu  verrichten;  die  Fiber  wird  dichter,  ge- 
spannter und  elastischer.  Durch  die  darauf  folgende  häufige  Transspiration  werden 
viele  unnütze  wäßrige  Feuchtigkeiten  aus  den  Säften  ausgeschieden  . . ." 

Aus  den  weiteren  Ausführungen  geht  hervor,  daß  die  kalten  Kopfbäder  zur  Zeit  „oft 
gebraucht  und  gemißbraucht"  wurden.  Ganz  hartnäckige  Kopfschmerzen  schwanden 
häufig  durch  das  äußerst  schmerzhafte  kalte  Tropfbad  auf  den  geschorenen  Scheitel. 

„Kalte  Bäder  gehören  daher  ohne  Zweifel  unter  die  wirksamsten  Mittel,  aber  müssen 
auch  mit  äußerster  Vorsicht  und  genauer  Rücksicht  auf  alle  Nebenumstände  angewandt 
werden.  Ärzte,  die  der  Idee  von  Schwäche  nur  allzeit  die  freilich  leicht  zu  findende  Cur 
von  Stärkung  und  Zusammenziehung  der  Faser  entgegensetzen,  werden  kalte  Bäder 
sehr  oft  mißbrauchen.  Ein  ganz  kaltes  Bad,  das  alle  die  oben  beschriebenen  Wirkungen 
in  ihrer  völligen  Stärke  hervorbringt,  hat  daher  nur  bei  solchen  Personen  statt,  deren 
Kraft  des  Herzens  und  der  Innern  Gefäße  stark  genug  ist,  den  durch  die  Kälte  hervor- 
gebrachten Widerstand  der  Gefäße  auf  der  Oberfläche  zu  überwinden.  Daher  ist  für 
schwache  und  alte  Personen  ein  ganz  kaltes  Bad  sehr  gefährlich,  eben  so  sehr  für  solche, 
bei  denen  man  irgend  eine  Verletzung  oder  lokale  Schwäche  eines  Innern  Teils,  z.  B. 
Fehler  in  den  Lungen,  zu  großen  Drang  des  Blutes  nach  dem  Kopfe,  Neigung  zum 
Schlage,  beträchtliche  Verstopfungen  im  Unterleibe  u.  s.  w.  vermuten  kann.  Auch  für 
sehr  vollblütige,  bei  denen  die  Masse  der  Säfte  zu  groß  ist,  als  daß  sie  von  den  Gefäßen 
bequem  könnten  im  Umlauf  erhalten  werden;  für  alle,  deren  Nervensystem  sehr  reizbar 
ist,  ihre  Fasern  mögen  auch  immer  noch  so  schlaff  sein,  werden  kalte  Bäder,  wenigstens 

*  Diese  Auffassung  finden  wir  bei  Priessnitz  wieder.  „Priessnitz  erkannte  oder  ahnte  in  einem 
gewissen  hydriatischen  Instinct,  daß,  wenn  die  chronischen  Kranl<heiten  in  der  Wasserl<ur  sich  zur 
acuten  Form  gestalten,  eben  dadurch  die  Heilung  vom  Organismus  erstrebt  wird,  und  in  den  meisten 
Fällen  nur  dadurch  erreicht  werden  kann",  schreibt  Rausse''". 


380  Bmndis  Ansichten  über  Kälteanwendung 

anfangs,  nie  ein  zweckmäßiges  Mittel  sein.  Die  Reizbariceit  wird  durch  die  Kälte  immer 
vermehrt  und  die  ganze  Maschine  dadurch  äußerst  zerrüttet  werden.  Ich  habe  Gelegen- 
heit gehabt,  mehrere  traurige  Fälle  von  der  Art  zu  sehen.  Vorzüglich  hat  man  sich  aber 
bei  der  örtlichen  Anwendung  der  Kälte  sehr  zu  hüten,  daß  man  nicht  die  Lebenskraft 
in  dem  Teile  durch  die  Kälte  ganz  unterdrückt,  wo  man  der  Faser  nur  mehr  Zusammen- 
ziehung und  mehr  Kraft  geben  wollte.  Vorzüglich  gilt  dieses  von  den  äußersten  Teilen, 
die  vom  Herzen  weiter  entfernt  sind.  Hier  hat  es  immer  mehr  Schwirigkeit,  daß  die 
ganze  Wirkung  des  kalten  Bades  hervorgebracht  werde.  Die  Gefäße  werden  zwar 
schnell  zusammengezogen  und  den  Nerven  ein  heftiger  Reiz  mitgeteilt,  das  Herz  wird 
aber  von  dieser  partialen  Zusammenziehung  nicht  hinlänglich  gereizt,  um  den  Wider- 
stand zu  überwinden  und  eine  schnellere  Circulation  in  den  Teilen  zu  bewirken.  Daher 
kann  durch  eine  unbedachtsame  Anwendung  kalter  Bäder  an  solche  einzelne  entfernte 
Stellen,  z.  B.  die  Füße,  der  Blutumlauf  und  die  Lebenskraft  ganz  unterdrückt  werden  . . . 

Dahingegen  ist  das  ganz  kalte  Bad  für  jüngere  Personen  von  schlaffer  und  untätiger 
Faser,  mit  weniger  reizbarem  Nervensysteme,  die  an  hartnäckigen  Verstopfungen,  zu 
häufigen  Secretionen,  Lähmung  und  Atonie  irgend  eines  Teils  leiden,  das  wirksamste 
Stärkungsmittel;  und  ich  bin  überzeugt,  daß  Floyer  und  Hahn  nicht  zu  viel  von  der 
Wirksamkeit  dieses  vortrefflichen  Mittels  gesagt  haben,  daß  von  vielen  Ärzten  wol  bei 
weitem  nicht  häufig  genug  angewandt  wird.  Auch  für  empfindsamere  Personen  kann 
man  kalte  Bäder  im  Notfalle  anwendbar  machen,  da  man  nach  Willkür  den  Wärmegrad 
desselben  der  Empfindsamkeit  des  Kranken  angemessen  machen  kann.  Je  mehr  sich 
die  Wärme  der  von  80  o  (Farenheit)  nähert,  desto  gelinder  wird  begreiflich  der  Reiz,  aber 
desto  geringer  auch  die  Zusammenziehung  der  Gefäße,  desto  mehr  nähern  sich  die 
Wirkungen  desselben  denen  eines  lauen  Bades. 

Bei  sehr  empfindsamen  Personen  ist  es  am  ratsamsten,  sich  an  kalte  Bäder  nach  und 
nach  zu  gewöhnen,  mit  einem  kühlen  oder  gar  lauen  Bade  anzufangen,  und  dasselbe, 
wenn  sie  einige  Zeit  darin  zugebracht  haben,  durch  Zugießen  von  kaltem  Wasser  kälter 
zu  machen  und  den  nächsten  Tag  die  Kälte  des  Bades  gleich  anfangs  zu  verstärken. 
TissoT  sah  von  dieser  Methode  bei  äußerst  empfindsamen  Personen  vortreffliche  Wir- 
kung, und  ich  habe  mich  derselben  Art,  die  kalten  Bäder  anzuwenden,  gleichfalls  sehr 
oft  mit  den  besten  Wirkungen  bedient . . . 

Kalte  Bäder  dürfen  bei  weitem  nicht  so  lange  gebraucht  werden  (als  die  lauwarmen). 
Bei  den  meisten,  wo  man  blos  Erschütterung  des  Nervensystems  und  Zusammenziehung 
der  festen  Teile  zum  Zwecke  hat,  ist  ein  Aufenthalt  von  zwei  bis  drei,  höchstens  von 
fünf  bis  sechs  Minuten  hinlänglich ;  nur  in  einzelnen  Fällen,  wo  man  durch  das  Bad 
noch  andere  Zwecke,  z.  B.  auf  die  Haut  unmittelbar  in  Ausschlägen,  Flechten,  weißem 
Flusse  u.  dgl.,  oder  um  sehr  hartnäckige  Verstopfungen  aufzulösen,  erreichen  will,  kann 
man  den  Aufenthalt  vedängern  . .  . 

Bei  Tropfbad  und  Douche  ist  der  Zweck,  durch  die  größere  Gewalt,  womit  das 
Wasser  auf  einzelne  Teile  gespritzt  wird,  diesen  Teilen  einen  besondern  Reiz  mitzu- 


Brandts  Ansicht  über  die  kalte  Dusche  381 

teilen,  die  lebendige  Faser  zu  einer  tätigen  Zusammenziehung  zu  reizen  und  die 
Nervenkraft  mehr  zu  beleben.  Nach  der  Höhe,  von  welcher  das  Wasser  herunterfällt, 
oder  nach  der  Kraft,  mit  welcher  es  auf  den  einzelnen  Teil  aufgespritzt  wird,  und  nach 
dem  dickern  oder  dünnern  Strahle  des  aufgestossenen  Wassers,  kann  dieser  Reiz  von 
der  Heftigkeit  des  größten  Schmerzes,  dem  Röte  und  Entzündung  der  Haut  folgt,  bis 
zu  dem  Gefühl  einer  geringen  Gewalt  modificirt  werden.  An  Absorption  ist,  wenigstens 
bei  einer  etwas  beträchtlichen  Gewalt,  wol  nicht  zu  denken ;  und  geschieht  sie,  so  wird 
sie  in  dem  leidenden  Teile,  auf  welchen  man  wirken  will,  schwerlich  unmittelbare  Ver- 
änderungen hervorbringen.  Die  Bestandteile  des  aufgespritzten  Wassers  kommen  also 
wol  schweriich  bei  Tropfbad  und  Douche  in  weitern  Betracht,  also  insofern  sie  auf  die 
Haut  unmittelbar  wirken.  Wichtiger  ist  dabei  die  Temperatur  des  Wassers.  Kälte 
und  große  Wärme  vermehren  den  Reiz  beträchtlich  und  auf  verschiedene  Art. 

Der  Reiz  dieser  Bäder  ist  aber  ganz  besonders,  und  vielleicht  einer  der  wirksamsten, 
die  der  Arzt  anwenden  kann  . . .  Diese  mechanische  Gewalt  erschüttert  jede  Faser,  jedes 
Gefäß  und  jeden  Nerven  des  Teils,  auf  welchen  man  wirken  will,  gleich  stark.  Daher 
ist  es  sehr  begreiflich,  daß  man  durch  ihn  Wirkungen  hervorbringen  kann,  die  man 
von  allen  andern  Reizmitteln  vergebens  erwarten  würde.  Die  Oscillation  der  kleinsten 
Gefäße  des  Teils  wird  durch  diesen  Reiz  beträchtlich  vermehrt,  und  bei  großer  Stärke 
desselben  entsteht  selbst  Röte  und  Entzündung;  bei  minderer  Heftigkeit  ist  eine  sehr 
häufige  Transspiration  des  einzelnen  Teils  die  Folge  davon.  Stockungen  in  den  kleinen 
Gefäßen  müssen  also  sehr  wirksam  aufgelöset  und  jedes  derselben  zur  freien  Circu- 
lation  der  Säfte  wieder  geöffnet  werden.  Daher  ist  die  Douche  bei  sehr  hartnäckigen 
chronischen  Rheumatismen  eins  der  wirksamsten  Mittel.  Auch  die  resorbirenden  Ge- 
fäße werden  zu  neuer  Tätigkeit  angereizt  und  in  den  Stand  gesetzt,  stockende  Säfte 
aus  dem  Zellgewebe  oder  andern  Behältern  wieder  einzusaugen  und  in  den  allgemeinen 
Kreislauf  zurückzuführen.  Daher  ist  die  Douche  oft  das  einzige  Heilmittel  in  kalten 
Geschwülsten,  vorzüglich  aber  in  den  oft  so  gefähriichen  Geschwülsten  der  Gelenke 
(white  swellings)  und  in  Lähmungen,  die  von  einem  zu  häufig  ergossenen,  verdorbenen 
oder  verhärteten  Gliedwasser  herrühren,  Anchylosen  u.  dgl.  Besonders  wohlthätig  ist 
dieser  Reiz  aber  oft  den  einzelnen  Nerven,  die  dadurch  wirksamer  als  durch  irgend  ein 
anderes  Reizmittel  in  Thätigkeit  gesetzt  werden  und  sich  vielleicht  schädlicher  Materien, 
die  sich  auf  dieselben  geworfen  haben,  auf  eine  dem  Physiologen  freilich  noch  uner- 
klärbare Art  entledigen.  In  verschiedenen  Arten  Nervenkopfweh,  Schwindel,  Melan- 
cholie, Lähmung  einzelner  Teile,  in  krampfhaften  Ziehungen  einzelner  Teile,  z.  B.  des 
Kopfs,  in  Schwindung  einzelner  Glieder,  in  Schwäche  einzelner  Teile  von  unordent- 
licher Einwirkung  der  Nerven,  z.  B.  der  Zeugungsteile,  und  den  so  mancherlei  daher 
rührenden  Übeln,  sind  Tropfbäder  und  Douche  ein  über  alle  Maßen  wirksames  Heil- 
mittel, das  oft  da  eine  wohlthätige  Heilung  hervorbringt,  wo  sich  die  erfahrensten  Ärzte 
an  wirksamen  Mitteln  vergebens  erschöpft  hatten. 

Auf  den  Grad  des  Reizes  kommt  bei  Anwendung  dieses  heilsamen  Mittels  alles  an; 


382  Samuel  Hahnemann 

durch  plötzliche  heftige  Anwendung  der  ganzen  Kraft  desselben  kann  man  vielleicht 
den  noch  übrigen  Lebensfunken  ganz  ersticken  oder  das  Übel  sehr  vermehren,  wo  man 
mit  einem  gelindern  Reize  völlige  Heilung  würde  hervorgebracht  haben.  Diesen  Grad 
zu  bestimmen,  kann  bloß  der  Erfahrung  und  Einsicht  des  Arztes  überlassen  werden, 
der  durch  öftere  Beobachtungen  ähnlicher  Fälle  und  durch  genaue  Kenntnis  der  Kräfte 
der  Werkzeuge,  der  Reizbarkeit  und  Empfindsamkeit  des  Kranken,  der  Temperatur  des 
aufzugießenden  Wassers  usw.  in  den  Stand  gesetzt  ist,  richtig  darüber  zu  urteilen"  ö74 

Hahnemann  schrieb  ein  Buch,  alte  Schäden  und  faule  Geschwüre  zu  heilen,  in  dem 
er  neben  einer  örtlichen  Behandlung  eine  Kaltwasserkur  des  ganzen  Körpers  vorschlug. 

„Wenn  man  irgend  eine  allgemein  hülfreiche  Arznei  hätte,  so  würde  es  Wasser  sein. 
Meine  Kranken  mit  alten  Geschwüren  kann  ich  ohne  kaltes  Bad  nicht  heilen,  nicht  dauer- 
haft heilen,  die  Kälte  an  sich  scheint  nicht  nur  als  stärkendzusammenziehendes  Mittel, 
sondern  auch  als  ein  fäulungswidriges  hiebei  zu  wirken.  Man  kann  die  Heilkraft  der  Kälte 
auf  keine  Art  so  lokal  anwenden,  als  durch  den  Gebrauch  kalter  Bäder,  eine  Anwendung, 
die  der  ganzen  Gradleiter  des  Wärmemessers  fähig  ist,  ohne  übrigen  Nachteil  und  ohne 
Kosten. 

Anfangs  lasse  ich,  der  Schade  mag  an  irgend  einem  Teile  des  Körpers  sein,  Wasser 
von  fünfzig  Grad  fahrenheitischer  Wärme  zum  Fußbade  blos  über  die  Knöchel  alle 
Abende  vor  Schlafengehn  sechs  Minuten  lang  unter  beständiger  Bewegung  des  Wassers 
nehmen.  Dies  ist  der  geringste  Grad  des  stärkenden  Bades,  welches  selbst  Kranken 
von  äußerster  Schwäche  diensam  und  nicht  beschwerlich  ist,  ich  erhöhe  es  von  Zeit  zu 
Zeit  immer  mehr  und  mehr,  selbst  wenn  das  Geschwüre  am  Fuße  ist,  und  so  steige  ich, 
nach  Beschaffenheit  der  anwachsenden  Kräfte  und  der  Güte  der  Wunde,  nach  und  nach 
bis  zum  ganzen  Bade,  auf  fünfzehn  Minuten  Dauer,  bis  zu  dreien  Malen  des  Tags,  früh 
vor  Einnahme  des  Frühstücks,  zwei  Stunden  nach  dem  Mittagsessen  und  eine  halbe 
Stunde  vor  Schlafengehn,  auf  vierzig,  dreißig  und  selbst  zwanzig  Grad  fahrenheitischer 
Wärme  des  Wassers.    Dies  sind  die  höchsten  Grade. 

Da  diese  Genauigkeit  bei  Bädern  von  fließendem  Wasser  nie  angebracht  werden  kann, 
so  muß,  einmal  für  allemal  gesagt,  durch  stete  Bewegung  des  Wassers  die  Kälte  des 
Bades  immer  in  Gleichförmigkeit  erhalten  werden,  und  selbst  die  Menge  des  dazu  nötigen 
Wassers  darf  in  dieser  Absicht  nicht  geringe  sein,  wenn  das  Stubenbad  alle  Vorteile  eines 
Flußbades  erreichen  soll. 

Die  Grade  des  kalten  Bades  und  die  steigende  Bewegung  des  Körpers  müssen  mit 
der  Zunahme  der  Kräfte  in  gleichen  Schritten  fortgehn.  Es  lassen  sich  bei  so  ange- 
stellter Badekur  so  viel  Grade  der  Erhöhung  anbringen,  daß  auch  der  schwächste  Körper 
ohne  die  mindeste  Erschütterung  seines  Gefühls  nach  und  nach  bis  zur  höchsten  Staffel 
steigen  kann,  wenn  genaue  Vorschriften  des  Arztes  und  die  pünktlichste  Folgsamkeit 
des  Kranken  verbunden  werden. 

Ich  habe  noch  nie  aufhören  können,  mich  zu  verwundern,  wie  unsre  größten  Ärzte 
bei  Vorschreibung  der  stärkenden  Kur  so  nachlässig  in  Bestimmung  des  kalten  Bades 


Hahnemanns  Kaltwasserbehandlung  383 

haben  sein  können.  Man  brauche  halbe  oder  ganze  Bäder  früh  oder  auch  abends,  das 
ist  der  Inbegriff  ihrer  Vorschriften.  Von  den  Graden  der  Kälte,  der  genauen  Dauer  des 
Bades  und  den  übrigen  unentbehrlichen  Bestimmungen  kein  Wort.  Alle  Verwunderung 
über  den  so  häufigen  durch  kalte  Bäder  angerichteten  Nachteil  auf  die  Gesundheit  hört 
so  gleich  auf,  wenn  man  bedenkt,  wie  viel  zweckwidrige  Anwendungen  des  kalten 
Wassers  durch  so  verstümmelt  hingeworfene,  dreisilbige  Vorschriften  haben  können 
hervorgebracht  werden. 

Der  entkräftete  Siechling  warf  sich  Stunden  lang  in  Schneewasser,  um  durch  heroische 
Befolgung  unbestimmter  Vorschriften  jenen  großen  Männern  Ehre  zu  machen,  und  man 
zog  ihn  ohnmächtig,  durch  Krampf  erstarrt,  vom  Schlage  gelähmt,  oder  bis  zum  Faul- 
fieber erkältet  wieder  heraus,  oft  auch  wohl  tot.  Kann  mans  dem  wolthätigen  Eisen 
beimessen,  daß  sich  das  unmündige  Kind  die  Adern  öffnete,  oder  ist  vielmehr  die  Nach- 
lässigkeit seiner  Aufseher  und  Gesetzgeber  anzuklagen.  Man  kann  bei  Aufzeichnung 
der  Gebrauchsregeln  kräftiger  Heilmittel  nicht  pünktlich  und  umständlich  genug  zu 
Werke  gehn,  an  nachläßiger  Befolgung  wirds  demungeacht  nie  fehlen. 

Diese  Unbestimmtheit  hat  dem  kalten  Wasser  so  viel  Feinde  zugezogen,  daß  man 
eine  ungeheure  Anzahl  Menschen  antrifft,  die  kalte  Bäder  als  den  äußersten  Grad  arznei- 
licher Karnifizin  ärger  als  den  Tod  scheuen.  Aber  die  Hefe  nachbetender  Ärzte  hatte 
auch  durch  sinnlose  Anwendung  dieser  unbestimmten  Vorschriften  unsrer  Hippokraten 
die  Schmach  des  kalten  Bades  aufs  äußerste  gebracht.  Der  Patient  mußte  oft  mit  Ge- 
walt und  auf  einmal  in  ein  kaltes  Bad  steigen  und  gewöhnlich  eine  Stunde  drin  bleiben. 
Um  die  Pein  der  auf  ihn  eindringenden  Kälte  zu  mäßigen,  fühlt  er,  ist  ihm  kein  Mittel 
übrig,  als  unbeweglich  still  zu  sitzen.  Nach  Verlauf  von  Viertelstunden,  nachdem  er  viel 
Kräfte  zur  Ausdauer  der  Kälte  einer  solchen  Menge  Wassers  verschwendet  hat,  wird 
das  Wasser  um  ihn  her  lau.  Ruhig  bleibt  er  sitzen,  um  sich,  wie  ihm  deucht,  in  der 
warmen  Wasseratmosphäre  wieder  zu  erholen  und  die  Kräfte  zu  ersetzen,  die  er  auf 
ihre  Erwärmung  verschwenden  mußte.  Dies  erwärmte  Wasser  wirkt  nun  als  ein  laues 
Bad  und  nimmt  ihm  einen  Teil  der  Kräfte  vollends  weg,  die  ihm  die  Ausdauer  der  über- 
mäßigen anfänglichen  Kälte  des  Wassers  übrig  gelassen  hatte.  Nun  wickelt  man  ihn  in 
erwärmte  Tücher  und  so  nimmt  ihn  ein  erwärmtes  Bett  in  Empfang,  Behandlungen,  die 
den  Nachteil  dieses  unsinnigen  Bades  vollenden.  Er  kömmt  nun  in  Schweiß  und  ver- 
liert durch  diese  zwölfstündige  Folter  wenigstens  zwanzig  vom  Hundert  der  Kräfte,  die 
er  vor  dem  Bade  hatte,  des  drauf  folgenden  Krampfs,  des  Schnupfens,  des  Hustens, 
des  Durchlaufs  oder  des  Rheumatism  nicht  zu  gedenken,  die  er  Tags  darauf  als  unver- 
meidliche Unbequemlichkeiten  seines  hülfreichen  Bades  mit  Geduld  verschmerzt,  nur 
Schade,  daß  er  dies  liebe  stärkende  Bad  kaum  drei-  bis  viermal  aushalten  kann,  es  würde 
ihm  wohl  sonst  noch  rechten  Nutzen  gestiftet  haben !  Eine  sehr  artige,  aber,  welches 
ihr  sehr  zur  Empfehlung  dient,  fast  durchgängige  Verordnung,  mächtig  genug,  die  Kirch- 
höfe der  berühmtesten  Bäder  Europas  so  ansehnlich  zu  erweitern,  von  der  ich  jedoch 
zeitig  zurückgekommen  zu  sein,  mich  glücklich  schätze. 


384  Hahnemanns  Kaltwasserbehandlung 

Da  meine  Kranken  nur  allmählich  und  nach  Verhältnis  ihrer  zunehmenden  Kräfte  dazu 
angeführt  werden,  wie  oben  erwähnt  worden,  so  findet  sich,  daß  die  meisten  nach  voll- 
endeter Kur  kaum  aufhören  wollen,  sich  kalt  zu  baden.  Ich  bemerke  nach  meiner  Verord- 
nung keine  Verkältung,  vielmehr  vermehrte  oder  doch  ununterbrochene  Ausdünstung, 
und  die  Kräfte  nehmen  von  Tage  zu  Tage  bei  meinen  Kranken  zu,  da  ich  durchs  kalte 
Bad  nicht  mehr  Wärme  aus  dem  Körper  ziehen  lasse,  als  er  sehr  bald  durch  eigne  Blut- 
wärme wieder  ersetzen  kann.  Der  Schwung  des  durch  den  Körper  kreisenden  Blutes 
verstärkt  sich  durch  die  von  der  Kälte  gleichförmig  veranstaltete  Zusammenziehung  der 
Muskelfasern  und  Gefäße,  so  wie  die  Kraft  der  Spiralfeder  zunimmt,  je  dichter  sie  zu- 
sammengewunden wird,  und  alle  Verrichtungen  des  Körpers  bekommen  ein  neues  Leben. 
Um  diese  Stärkung  und  Zusammenziehung  der  Fibern  desto  gleichförmiger  zu  bewirken, 
schärfe  ich  bei  jedem  Grade  des  Bades  als  umumgänglich  ein,  das  Wasser  in  steter  Be- 
wegung um  den  Körper  oder  das  eingetauchte  Glied  zu  halten  und  ein  so  großes  Gefäß, 
wie  möglich,  dazu  zu  nehmen,  um  die  Vorteile  hier  zu  ersetzen,  die  das  fließende  Wasser- 
bad vor  den  Stubenbädern  sonst  voraus  hat. 

Flußbäder  wende  ich  auch  nicht  gerne  eher  an,  als  bis  nach  vollendeter  Heilung,  wo 
etwas  mehr  oder  mindere  Kälte  und  vernachlässigte  Aufsicht  nicht  leicht  schaden  kann, 
übrigens  schränke  ich  alles  auf  Stubenbäder  ein,  wo  eine  gehörige  Leitung  gehandhabt 
und  jeder  Vorteil  der  fließenden  Bäder,  wie  gesagt,  erhalten  werden  kann,  ohne  daß 
einer  ihrer  Nachteile  hinzukommen  darf.  *w 

Das  Wasser  kann  entweder  der  Kranke  selbst  bewegen,  wenn  er  ehrlich  genug  dazu 
ist,  oder  man  veranstaltet  es.  Die  Art,  wie  das  Wasser  bei  Destillationen  in  den  Kühl- 
fässern erneuert  wird,  entspricht  zu  diesem  Behufe  aller  Absicht.  So  viel  nämlich  kaltes 
Wasser  durch  eine  angebrachte  Röhre  nach  dem  Boden  des  Badegefäßes  sinkt,  so  viel 
läuft  oben  durch  eine  Rinne  von  selbst  ab,  durch  die  Wärme  des  Körpers  erwärmt,  da 
das  kalte  schwerer,  das  warme  Wasser  aber  leichter  ist  und  nach  oben  schwimmt  und 
von  da  abläuft. 

Ich  erinnere  aber,  für  unbemitteltere,  daß  ein  etwas  großes  Badegefäß  und  die  Bewegung 
des  Wassers  darin  schon  hinlänglich  sein  kann.  Ärmere,  die  den  Grad  der  Wärme  nicht 
genau  zu  bestimmen  wissen  und  sonst  wenig  Bequemlichkeit  haben,  lasse  ich  eine  ein- 
fachere Vorschrift  befolgen.  Die  Grade  der  Eintauchung  nebst  den  Graden  der  Dauer 
bestimmen  bei  ihnen  allein  die  Leiter,  wonach  das  Bad  erhöhet  werden  soll.  In  Wasser 
aus  einem  sehr  tiefen  Brunnen  sich  so  und  so  tief,  so  und  so  oft  und  so  und  so  lange  ein- 
zutauchen, gleichviel  ob  im  Sommer  oder  im  Winter,  ist  die  Vorschrift.  Dies  erhöhe  ich 
bei  ihnen  von  Zeit  zu  Zeit  nach  Beschaffenheit  ihrer  Kräfte.  Sie  können  nichts  dabei  ver- 
sehn, da  die  Vorschrift  so  einfach  ist,  und  haben  fast  gleich  großen  Nutzen  davon,  als 
Reichere,  die  genauere  und  kostbarere  Verordnungen  befolgen  können. 

Das  kälteste  Wasser,  was  selbst  bemitteltere  im  Sommer  haben  können,  ist  doch  nur 
das  aus  Brunnen,  die  auf  dreißig  und  mehrere  Fuß  tief  sind  und  höchstens  etwas 
unter  zweiundfunfzig  Grad  fahrenheitischer  Wärme  haben.   Man  müßte  denn  den  Auf- 


Hahnemanns  Kaltwassermethode  385 

wand  machen  können,  die  Kälte  des  Bades  mit  Eise  aus  Eisgruben  zu  bestimmen.  Das 
kälteste  Wasser  der  Brunnen  ist  jedoch  für  jedermann  hinlänglich,  wenn  die  Kur  im 
Sommer  fällt,  da  man  die  mindere  Kälte  durch  öfteres  oder  länger  daurendes  Baden  und 
den  Grad  der  Eintauchung  ersetzen  kann  .... 

Die  Schwäche  des  Kranken,  zuweilen  auch  rauhe  Witterung  machen  es  fast  zur  durch- 
gängigen Notwendigkeit,  sich  vor  dem  Eintritte  ins  kalte  Bad  und  nach  dem  Ausgange 
aus  demselben  eine  mäßige  Bewegung  zu  machen,  ein  unvergleichliches  Mittel,  den  Kreis- 
lauf hiebei  in  Ordnung  zu  erhalten. 

Die  erregte  Wärme  des  Blutes  kann  dann  der  Kälte  des  Bades  desto  leichter  wider- 
stehen und  die  Muskelfibern  nebst  den  Gefäßen  gleichförmig  zusammen  ziehn.  Eben 
hiedurch  erhält  man  auch  den  Vorteil,  daß  das  kalte  Bad  nie  Erkältung  verursacht,  und 
daß  man  geschwindere  Schritte  in  Erhöhung  des  kalten  Bades  thun  kann,  als  wenn  der 
in  Ruhe  gebliebene  Kranke  sich  auf  einmal  und  unvorbereitet  der  Kälte  des  Wassers  an- 
vertrauen soll. 

Die  Bewegung  vor  dem  Bade  aber  muß  so  gemäßigt  sein,  daß  sie  nie  bis  zum  Schweiße 
ausartet,  es  wäre  sehr  undienlich,  in  solchem  Zustande  die  Wanne  zu  besteigen.  Die  Be- 
wegung nach  dem  Bade  kann  etwas  kräftiger  sein,  doch  darf  sie  auch  nie  weder  bis  zum 
Schweiße,  noch  zur  Ermijdung  führen.  Unter  dieser  Einschränkung  kann  man  sich  un- 
gemeine und  sonst  durch  nichts  zu  ersetzende  Vorteile  davon  versprechen. 

Wenn  das  kalte  Bad  besonders  bei  der  Nachkur  vom  halben  Bade  bis  zum  ganzen 
steigt  und  die  Kälte  und  die  Dauer  des  Bades  täglich  erhöhet  werden  soll,  da  lasse  ich 
meine  Kranken  ein  oder  zwei  Gläser  des  ihnen  beschiednen  Weines  im  Wasser  genießen. 
Der  Vorteil  hievon  hat  sich  mir  oft  sichtlich  bewiesen,  und  er  wird  jedem,  der  hierüber 
nachdenkt,  leichtlich  einleuchten. 

Ich  setze  zu  den  Gebrauchsregeln  des  kalten  Bades  noch  einen  wesentlichen  Umstand, 
der  sehr  genau  mit  den  gleich  vorher  beschriebenen  Handgriffen  zusammenhängt,  ein 
Umstand,  der  die  Vorteile  des  zu  bewegenden  Wassers  mit  einbegreift.  Ohne  diese 
Handanlegung  lasse  ich  nie  ein  kaltes  Bad  nehmen.  Von  der  ersten 
geringen  Eintauchung  an  bis  zum  kältesten  ganzen  Bade  lasse  ich 
den  Kranken  die  Teile,  die  unter  dem  Wasser  sind,  sowie  die 
nächsten,  mit  wollenen  Tüchern  nur  immer  stärker  reiben,  je  nach- 
dem der  Patient  bald  heraustreten  will.  Dies  kann  der  Kranke  selbst 
thun,  es  kann  auch  von  jemand  anderm  geschehen.  So  bald  er  heraustritt, 
lasse  ich  denselben  Teil  nur  mit  trocknen,  auch  wohl  mit  Gewürzen  und  Harzen  durch- 
räucherten Tüchern  noch  eine  und  mehrere  Minuten  hindurch,  gewöhnlich  noch  etwas 
stärker  als  im  Bade  selbst,  reiben,  ihn  dann  bedecken  und  so  eine  viertelstündige  bis 
stündige  Bewegung  vornehmen,  die  seinen  Kräften  angemessen  ist. 

Will  man  stärkere  Fortschritte  bei  Erhöhung  des  kalten  Bades  thun,  so  kann  man  das 
Frottieren  auch  vor  dem  Bade  an  den  einzutauchenden  Teilen  vornehmen,  man 
wird  Vorteile  hervorbringen,  die  durch  andere  Behandlungen  nie  erreicht  werden. 

Martin,  Badewesen  25 


386  Qebrauch  der  Kaltwasserbehandlung 

Was  überhaupt  Bewegung  für  die  ganze  Maschine  des  menschlichen  Körpers  ist,  dies 
und  noch  mehr  ist  Reiben  und  besonders  mit  wollenen  Tüchern  für  einzelne  Teile.  Die 
Lebenskraft  wird  erweckt,  der  Kreislauf  der  Säfte  wird  hiedurch  ganz  ungemein  befördert 
und  in  Ordnung  gebracht,  die  Muskeln  dieser  Teile  werden  gestärkt,  und  die  Haut  emp- 
findlicher und  für  den  Eindruck,  den  das  kalte  Wasser  darauf  ausüben  soll,  empfäng- 
licher gemacht,  so  werden  Häute  während  des  Oerbens  gerieben,  geschlagen  und  gewalkt, 
damit  die  zusammenziehenden  Kräfte  der  Lohe  desto  stärker  darauf  wirken  können.  Man 
wird  mir  dies  Gleichnis  vergeben,  da  es  übrigens  so  passend  ist.  Durchs  Frottieren  werden, 
mit  einem  Worte,  Vorteile  hervorgebracht,  die  man  zu  unsrer  Absicht  durch  andre  Mittel 
zu  bewirken,  sich  vergeblich  bemühen  würde.  Vermittelst  des  Frottierens  kann  die 
schwächste  Person  mit  Vorteil  das  kälteste  Bad  nehmen  . .  . 

Wenn  ich  das  kalte  Bad  nächst  der  gehörigen  Diät  zum  Hauptstücke  der  stärkenden 
Kur  alter  Geschwüre  mache,  so  habe  ich  die  ausgesuchtesten  und  zahlreichsten  Erfah- 
rungen vor  mir  und  verlange  unumschränkten  Glauben  in  diesem  Stücke. 

Daß  selbst  der  Ärmste  sich  dieses  herrlichen  Hülfsmittels  leicht  und  ohne  weitläuftige 
Vorschriften,  außer  den  oben  angezeigten,  bedienen  kann,  ist  kein  geringer  Beweis  seiner 
Vortrefflichkeit.  Er  kann  sich  vor  und  nach  dem  Bade  eben  so  gut  bewegen,  sich  eben 
so  reiben,  eben  sowohl  das  Wasser  um  den  badenden  Teil  herum  in  Bewegung  halten, 
als  der  Reichste.  Er  kann  eben  sowohl  der  freien  Luft  genießen,  und  ein  kräftiges  Bier 
wird  ihm  statt  des  Weines  dienen.  Sein  Körper  aber,  der  gewöhnlich  durch  Erziehung 
und  Lebensart  fester  und  benervter  worden  ist,  als  des  Vornehmern  zärtlicherer  Leibes- 
bau, nimmt  zweckmäßige  Mittel  viel  leichter  zur  Genesung  an,  die  Hälfte  der  dem  Ver- 
zärtelten zu  reichenden  Heilmittel  bewirken  bei  ihm  schon  alles  nötige,  und  Pumpernickel 
dient  ihm  statt  der  Kraftsuppen.  Also  auch  für  ihn  ist  gesorgt"  660. 

Aus  dem  Angeführten  geht  zur  Genüge  hervor,  daß  die  Ärzte  nicht  nur  Bücher  über 
Kaltwasserbehandlung  schrieben,  sondern  diese  auch  praktisch  bei  ihren  Kranken  durch- 
führten. Ich  erinnere  nochmals  daran,  daß  Marcard  in  Pyrmont  ein  Bassinbad  errichtete 
(S.  48).  Brandis  gebrauchte  neben  einfachen  kalten  Wasserbädern  auch  das  Driburger 
Wasser  kalt,  dem  er  wegen  seines  Reizes  auf  die  Haut,  namentlich  durch  die  Kohlensäure 
und  das  Eisen,  eine  besondere  Wirkung  zuschrieb  674.  Jm  Jahre  1815  sagt  Hufeland, 
daß  er  sich  von  der  außerordentlichen  Kraft  der  Sturzbäder  von  kaltem  Wasser  auf  den 
Kopf  bei  Gemütskranken  im  Irrenhause  der  Charite  zu  Berlin  überzeugt  habe,  wo  der 
äußerst  glückliche  Erfolg  der  Kuren,  da  im  Durchschnitt  der  dritte  Teil  geheilt  werde, 
hauptsächlich  diesem  Mittel  zuzuschreiben  sei  *  6*2.  Nun  genug  davon !  Ich  mußte  etwas 
breit  in  meiner  Darstellung  werden,  um  zu  zeigen,  daß  die  Welt,  als  Priessnitz  mit  ge- 

*  Es  ist  noch  anzuführen,  daß  das  sogenannte  ableitende  Verfahren  den  Ärzten  nicht  unbekannt  war. 
Floyer  erwähnt,  es  sei  eine  mehrmals  versuchte  Erfahrung  der  Weiber,  daß  sie  bei  Blutstürzen  der 
Gebärmutter  ihre  Füße  in  kaltes  Wasser  setzen  ">.  Dauter  spricht  von  einer  Anwendung  des  kalten 
Wassers  auf  andere  entfernte  Teile,  damit  es  „vermöge  der  iVlitleidenschaft"  auf  den  Krankheitssitz 
selbst  wirke,  beim  Nasenbluten  z.  B.  leiste  es,  nicht  nur  auf  die  Nase  selbst,  sondern  auch  auf  den 
Hodensack  geschlagen,  gute  Dienste ''^ä. 


Auswüchse  der  Kaltwasserbehandlung  Im  18.  Jahrhundert  und  durch  Prleßnitz     387 

segnetem  Wasser  und  Abwaschungen  Kranke  zu  behandeln  anfing,  mit  keinem  neuen 
Heilverfahren  überrascht  wurde,  und  als  Priessnitz  immer  mutiger  in  der  Kaltwasser- 
anwendung wurde  und  schließlich  zu  recht  heroischen  Verfahren  griff,  da  war  er  im 
Grunde  genommen  auf  einem  Standpunkt  angelangt,  dem  die  deutschen  Ärzte  als  Aus- 
wuchs des  Wasserheilverfahrens  Jahrzehnte  vorher  entgegengetreten  waren,  wie  er  auch 
noch  zu  Lebzeiten  des  Priessnitz  von  dessen  Schülern  Munde 647  und  Hausse  637 (Pseudo- 
nym für  H.F.Franke  661)  bekämpft  und  in  der  späteren  Wasserheilkunde  fallen  gelassen 
wurde.  Ich  will  nur  ein  Beispiel  anführen.  Rausse,  der  Priessnitz  den  Entdecker  der 
Wasserheilkunde  und  den  Held  derselben  nennt,  muß  doch  „Irrtümer"  des  Priessnitz 
zugeben.  „Dahin  gehört  vor  allen  Dingen",  sagt  er,  „seine  gänzliche  Mißkenntnis  der 
kranken  Nervenzustände  und  das  daraus  hervorgehende  Abtreiben  und  Überhetzen  seiner 
Patienten  mit  unausgesetzter  Bewegung,  mit  zu  vielem  Trinken  und  zu  vielem  und  zu 
kaltem  Baden  ....  Wenn  das  Frostregime  lange  fortgesetzt  wird,  so  kann  die  dadurch 
hervorgebrachte  Aufregung  bis  zum  Ausbruch  des  wirklichen  Wahnsinns  gesteigert 
werden,  und  das  ist,  wie  ich  aus  den  sichersten  Quellen  erfahren  habe,  öfter  als  einmal 
bei  Gräfenberger  Patienten  der  Fall  gewesen,  wenn  gleich  vielleicht  erst  kurz  nach  dem 
Abgang  aus  der  Anstalt"  637^  und  nun  vergleiche  man  mit  dieser  PRiESSNiTZschen  Be- 
handlung die  oben  wörtlich  wiedergegebenen  Ansichten  älterer  Ärzte  über  denselben 
Gegenstand. 

Statt  Abhärtung  erhielten  die  Patienten  beim  PRiESSNiTZschen  Frostregiment  eine 
größere  Empfänglichkeit  gegen  Infektionskrankheiten.  Manche  konnten  sich  noch  ein 
halbes  Jahr  nach  der  Kur  selbst  in  der  Hundstagshitze  in  der  Sonne  und  obendrein  im 
Pelz  nicht  erwärmen  637.  647^  dje  Leute  hatten,  statt  ihre  Blutgefäße  zu  üben,  sie  bis  zur 
dauernden  Lähmung  überanstrengt.  Das  Endergebnis  einer  vernünftigen  Wasserkur,  der 
prompte  Eintritt  der  sog.  Reaktion,  eines  wohligen  Wärmegefühls  auf  Kältereize,  war 
verloren  gegangen. 

Das  betraf  Patienten,  die  wohl  Priessnitz'  Verordnungen  wörtlich  durchgeführt  hatten. 
Verwundern  darf  man  sich  über  den  ungünstigen  Ausgang  nicht.  So  mußte  ein  Mann  in 
heftigster  Winterkälte  duschen  (im  Freien)  und  nach  der  Dusche  eine  halbe  Stunde  lang 
nackt  Holz  hauen.  Zum  Glück  für  die  Patienten  befolgten  viele  die  Anordnungen  von 
Priessnitz  nicht.  Auf  dem  Gräfenberge  ging  ein  Sprichwort  um :  „Wer  die  Kur  am  schlech- 
testen macht,  der  macht  die  beste  Kur"  637. 

Die  Unzufriedenheit  mit  Priessnitz  und  seinem  Heilverfahren  von  selten  seiner  Schüler 
und  Patienten  fällt  erst  in  die  spätere  Zeit  seines  Wirkens.  Im  Anfange  herrschte  eine  Be- 
geisterung, wie  wir  sie  nur  bei  den  Wunderbrunnen,  namentlich  bei  Pyrmont,  finden,  und 
wo  auch  die  Ernüchterung  auf  dem  Fuße  folgte.  Derselbe  Rausse,  der  jene  Verordnung 
von  Priessnitz,  einen  Patienten  nach  der  Dusche  nackt  eine  halbe  Stunde  lang  Holz  hauen 
zu  lassen,  auf  das  tiefste  verurteilt,  schrieb  auch  einst,  man  könne  durch  fortgesetzte  Ab- 
härtung dahin  kommen,  bei  heftigster  Winterkäite  nackt  oder  doch  in  leichter  Kleidung  zu 
gehen,  und  er  muß  das  klägliche  Geständnis  machen :  „Da  ich  die  erste  Auflage  jener 


I 


388        Angaben  von  Selinger  /  Weiß  /  Hausse  /  Ehrenberg  /  Orafenfeld  /  Munde 

Schrift  (ich  muß  es  bei<ennen)  in  einem  durchaus  krankhaften  Zustand  in  der  Lohe  der 
ersten  Begeisterung  für  die  Wasserheilkunde  schrieb,  ohne  selbst  noch  genügende  Er- 
fahrungen gemacht  zu  haben,  so  sind  Auswüchseund  Extreme  leicht  erklärlich  und  sogar 
notwendig(!?)  gewesen"  637. 

Die  Angaben  über  die  Entstehung  der  Behandlungsweise  Priessnitz'  sind  in  ganz  ähn- 
licher Weise  verschieden,  je  nachdem  der  begeisterte  oder  ernüchterte  Schriftsteller  schrieb. 
Nach  Selinoer  hat  Priessnitz  seine  ganze  Kurmethode  selbst  gefunden,  und  das  hat 
ihm  Priessnitz  selbst  mitgeteilt  634.  Priessnitz"  ehemaliger  benachbarter  Wasserkollege 
in  Freiwaldau,  der  frühere  Tierarzt  und  spätere  Direktor  der  Wasserheilanstalt  zu  Stan- 
stead  Bury  in  England  Weiss  sagt  aber  von  ihm,  „in  Vereinigung  mit  seinen  Kranken 
machte  er  immer  neue  Versuche,  und  so  gelangte  sein  Heilsystem  nach  und  nach  zu  einer 
solchen  Ausdehnung,  wie  sie  bis  dahin  die  Geschichte  der  Medizin  in  Bezug  auf  das 
Wasser  nicht  aufzuweisen  hat.  Ich  sagte  soeben,  in  Vereinigung  mit  seinen  Kranken; 
denn  P.  leugnetesnicht,  daß  ihn  während  jener  Periode,  wo  sich  seine  Kurart  aus- 
zubilden anfing,  oft  die  Kranken  selbst  auf  neue  Anwendungsarten  des  kalten  Wassers 
aufmerksam  machten,  ja  selbst  das  Möglichste  zu  deren  Ausführung  beitrugen"  668.  Be- 
stätigt wird  diese  Angabe  durch  Rausse,  der  trotz  seiner  Lobeserhebungen  über  Priessnitz 
in  demselben  Buche  von  diesem  angibt,  er  sei  kein  tiefer  Denker  im  wahren  Sinne  des 
Wortes  gewesen.  „Es  ist  oft  gesagt  worden,  daß  Priessnitz  die  meisten  seiner  großen 
Entdeckungen  nicht  aus  der  Tiefe  seines  Geistes,  sondern  aus  den  Beobachtungen  und 
Reden  seiner  Kurgäste  geschöpft  habe"  637. 

Ein  Leipziger  Arzt  Ehrenberg,  der  bei  Priessnitz  gewesen  war,  erzählt:  „Schon  die 
Untersuchung,  wie  wohl  Priessnitz  darauf  geleitet  sei,  dem  kalten  Bade  jene  Einwicklung 
und  Schweißerregung  voraus  gehen  zu  lassen,  war  mir  interessant  und  von  Wert,  da  mir 
nicht  unbekannt  war,  daß  die  Wasseranwendung  schon  Jahre  lang  auch  mit  glänzendem 
Erfolg  von  Priessnitz  ausgeübt  worden  war,  ohne  die  dem  Bade  vorausgehende  Schweiß- 
erregung für  nötig  zu  erachten.  Ich  war  denn  auch  so  glücklich  auszumitteln,  daß  nur 
erst,  nachdem  ein  Kranker,  der  gegen  seine  Leiden  früher  einmal  russische  Dampfbäder 
gebraucht  und  dort  die  Überzeugung  gewonnen  hatte,  daß  man  ungefährdet  den  erhitzten, 
von  Schweiß  triefenden  Körper  der  Einwirkung  des  kalten  Wassers  aussetzen  könne,  in 
Gräfenberg  eines  Morgens  in  vollem  Schweiß  erwachend,  sich  ohne  das  Vertrocknen  des 
Schweißes  abzuwarten,  dem  kalten  Bade  ausgesetzt  hatte,  man  in  Gräfenberg  von  der 
Ungefährlichkeit,  von  der  Möglichkeit  des  glücklichen  Ausganges  und  bald  sogar  von  der 
Notwendigkeit  dieser  vorausgehenden  Schweißerregung  überzeugt  war,  so  daß  in  kurzem 
dieselbe  zu  einem  wesentlichen  Moment  der  Wasserkur  erhoben  wurde,  und  jetzt  streng 
genommen  die  Wasserkur  ohne  diese  Procedur  kaum  gedacht  werden  kann"  65i. 

Ernst  Orafenfeld  sagt  1842  sogar:  „So  waren  es  kranke  Gäste,  die  sich  in  Gräfen- 
berg zuerst  eine  Badewanne  verfertigen  ließen  und  in  kaltem  Wasser  zu  baden  wagten; 
kranke  Gäste  waren  es,  die,  ermutigt  durch  die  Kenntnis  des  Gebrauchs  eines  russischen 
Dampfbades,  zuerst  ihren  schwitzenden  Körper  dem  kalten  Bade,  ohne  Furcht  vor  irgend 


und  einem  Anonymus  über  die  Entstehung  des  Pneßnitzschen  Heilverfalirens        389 

einem  Nachteil,  aussetzten;  es  waren  l<ranl<e  Gäste,  die  bei  ilirem  Herumschlendern  im 
Walde  zuerst  auf  die  glückliche  Idee  kamen,  einzelne,  hier  im  Überflusse  vorhandene  Berg- 
quellen durch  eine  Rinne  zu  einem  einzigen  Wasserstrahl  zu  vereinigen,  und  sich  der  Ein- 
wirkung dieses  von  einer  gewissen  Höhe  herabströmenden  Wasserstrahls  unterzogen; 
selbst  die  Verbesserung  der  grundlosen  Wege,  das  Anlegen  notwendiger  und  zweck- 
mäßiger Spaziergänge,  die  hölzernen  Umkleidungen  des  benannten,  vereinigten 
Wasserstrahles  oder  der  Douchen  im  Walde,  kurz  Alles  und  Jedes  verdankt  seine 
Entstehung  dem  Nachdenken  und  der  Freigebigkeit  der  in  Gräfenberg  weilenden  kranken 
Gäste"  636 

Der  Wasserarzt  Munde  konnte  1840  zum  Teil  durch  nahe  Verwandte  von  Priessnitz 
über  dessen  Werdegang  als  Arzt  folgendes  erfahren : 

„Ein  reisender  Hausirer  kehrte  eines  Tages  in  dem  kleinen  Häuschen,  welches  Priess- 
NiTzens  Großvater  auf  dem  Gräfenberge  gebaut,  ein.  Es  war  eben  eine  Kuh  am  Fuße  mit 
der  Sense  verletzt  worden  und  die  Nachricht  davon  kam  herein,  während  der  Handels- 
mann sich  in  der  Stube  befand.  „Ich  will  Euch  Eure  Kuh  curiren",  sagte  der  Mann. 
„Gebt  mir  ein  Stückchen  Holz."  Man  willfahrtete  seinem  Begehren.  Er  holte  ein  Messer 
aus  seiner  Tasche  und  schnitt  drei  kleine  Hölzchen  ab,  ließ  sich  dann  einen  linnenen 
Hader  und  einen  Krug  mit  Wasser  geben  und  ging  hinaus  auf  das  Feld,  wo  die  Kuh  sich 
befand*.  „Vinzla",  sagte  der  alte  Vater  zu  Priessnitz,  „gieh  ok  un  sieh,  wie  er's  macht." 
Und  Priessnitz  ging  und  sah. 

Der  Mann  tauchte  das  Hölzchen  in  die  Wunde,  den  Lappen  in  den  Wasserkrug,  und 
verband  erstere  dann,  nachdem  er  sie  ausgewaschen  unter  dem  Hermurmeln  einiger  un- 
verständlicher Worte.  Hierauf  schnitt  er  von  dem  Lappen  einen  Zipfel  ab,  wickelte  die 
Hölzchen  hinein  und  empfahl,  das  Verfahren  täglich  wenigstens  drei  Mal  zu  wiederholen; 
besser  wäre  es,  wenn  es  noch  öfter  geschähe.  Die  Hölzchen  wurden  dann  mit  dem 
Läppchen  auf  den  Ofen  gelegt  und  mußten  abdorren.  Die  Kuh  wurde  bald  hergestellt 
und  als  der  Handelsmann  wiederkam,  kaufte  man  ihm  das  Geheimnis,  d.  h.  die  Worte, 
welche  er  hermurmelte,  für  ein  Geldstück  ab. 

Der  junge  Priessnitz  fing  sogleich  an,  zu  curiren.  Das  Volk  ist  dort  abergläubisch; 
also  wurde  es  ihm  leicht  in  Kundschaft  zu  kommen,  und  bei  seiner  großen  Vorsicht  (denn 
anfangs  ließ  er  bloß  Wasser  trinken  und  verordnete  Waschungen)  und  den  Heilkräften 

*  Eine  etwas  andere  Schilderung  gibt  1845  ein  Anonymus:  „Durch  einen  Handelsmann  aus  der  Nach- 
barschaft (Ludwigsthal),  welcher  in  PRiESSNiTZens  elterlichem  Hause  einkehrte  und,  wenn  er  sich  bei 
seinem  Hantieren  mit  Eisen-  und  Drahtwaren  an  Händen  und  Füßen  oft  verwundet  hatte,  nur  da- 
durch, daß  er  die  Verletzung  mit  kaltem  Wasser  abwusch  und  dann  mit  einem  in  frisches  Wasser 
getauchten  Lappen  umwickelte,  bald  völlig  heilte,  war  die  Aufmerksamkeit  von  Gräfenberger  und 
anderen  Landleuten,  die  sich  verwundet  oder  gequetscht  hatten,  auf  ihn  gelenkt  worden,  und  so 
natüriicherweise  auch  die  immer  rege  Aufmerksamkeit  des  jungen  Priessnitz,  welcher,  als  Alters- 
schwäche den  unter  den  Landleuten  berühmten  Wunder-Wasserdoktor  ferner  zu  curiren  hinderte, 
nun  selbst,  nach  vollbrachter  Feldarbeit,  bei  sich  an  ihn  wendenden  Leidenden  dessen  Kunst  glück- 
lich ausübte.  Sie  beschränkte  sich  damals  nur  darauf,  daß  er  die  leidenden  Teile  mit  einem  runden 
Schwämme,  welchen  er  stets  bei  sich  trug,  wusch,  weswegen  ihm  von  diesen  Leuten  der  Name 
„Schwammeldoctor"  beigelegt  wurde  ^3^. 


390  Munde  über  Prießiiitz  und  Schrott 

des  kalten  Wassers  fehlte  es  nicht  an  recht  glücklichen  Erfolgen.  Man  nannte  ihn  den 
„Hölzladoctor"*. 

Nach  und  nach  wurde  er  auf  die  Idee  gebracht,  daß  die  „Hölzla"  eine  sehr  überflüssige 
Sache  bei  den  Kuren  wären**,  und  da  er  sich  der  wohlthätigen  Wirkungen  der  kalten 
Waschungen  bewußt  geworden  war,  so  schaffte  er  statt  der  Hölzchen  einen  Wasch- 
schwamm an,  mit  dem  er  die  kranken  Stellen  selbst  abwusch,  wobei  er  Sorge  hatte,  den 
Leuten  glaublich  zu  machen,  daß  die  heilende  Kraft  in  seinem  Schwämme  stecke,  woran 
diese  gern  glaubten,  da  es  ihnen  ein  Greuel  gewesen  wäre,  sich  auf  eine  natüdiche  und  ein- 
fache Weise  durch  bloßes  Wasser  heilen  zu  lassen.  Man  nannte  ihn  nun  den  „Schwambla- 
doctor". 

Die  Kundschaft  des  jungen  Arztes  vermehrte  sich  mit  seinen  Erfahrungen,  unter  die 

der  bekannte  Rippenbruch  gehört,  den  er  selbst  editt,  den  aber  die  Freiwaldauer  Ärzte 

auf  eine  ganz  andere  Art  erzählen,  als  ich  ihn  nach  PRiESSNiTzens  eigener  Mitteilung  referiert 

habe***.    Mit  seiner  Kundschaft  erwachte  auch  der  Neid  der  Mediziner,  welche  sich  so 

*  Munde  schreibt  von  Schrott,  dem  Begründer  der  ScHROTTschen  Kur,  der  in  Lindewiese  bei 
Qräfenberg  pral<tizierte :  „Er  erzätilte  uns,  daß  er  auf  seine  Methode  durch  einen  reisenden  Hand- 
werksburschen gekommen  sei,  den  er  einst  auf  seinem  Wagen  eine  Strecke  mitgenommen  und  der 
ihm  geraten  habe,  seine  gichtisch  geschwollenen  Kniegelenke  mit  frischem  Wasser  täglich  einige  Mal 
zu  waschen  und  zwar  mit  einem  Läppchen,  in  welches  er  ein  mit  seinem  Blute  beflecktes  Hölzchen 
zu  wickeln  hätte.  Das  Waschen  half,  der  Lappen  verfaulte,  und  Schrott  nahm  nun  einen  andern 
Lappen  ohne  Hölzchen,  was  bei  ihm  und  anderen  dieselben  Dienste  that.  Durch  das  Anraten  seines 
Mittels  hatte  er  einen  gewissen  Ruf  bekommen  und,  so  wie  Priessnitz,  eine  oberflächliche  Idee 
von  verschiedenen  Krankheiten  sich  angeeignet,  welche  ihm  bei  seinen  Verordnungen  von  Nutzen 
war.  Ein  guter  Kopf  und  praktische  Lebensklugheit  hatten  ihm  gelehrt,  daß  die  Leute  sich  besser 
halten  und  eine  Kur  besser  brauchen,  wenn  sie  sie  nicht  verstehen  und  etwas  Ungewöhnliches, 
ihnen  Unbegreifliches  dabei  vorkommt.  Er  magnetisierte  also  das  Wasser,  welches  er  zu  seinen 
Waschungen  und  zum  Trinken  benutzen  ließ,  fügte  späterhin  das  Schwitzen  in  nassen  Tüchern  hinzu  . . . , 
setzte  jedoch,  und  zwar  mit  Recht,  einen  vorzüglichen  Wert  auf  eine  strenge  Diät."  Das  Magnetisieren 
des  Wassers  durch  Schrott  war  natürlich  weiter  nichts  als  das  alte  Segnen  unter  einem  zur  Zeit  besser 
ziehenden  Namen.  Schrott  stillte  auch  Blutungen  durch  Magnetisieren,  nach  alter  Weise  ausgedrückt, 
er  besprach  oder  segnete  das  Blut.  Die  Wundsegen  reichen  bis  in  heidnische  Vorzeit  zurück.  **  Ganz 
frei  von  Aberglauben  war  aber  Priessnitz  auch  in  späterer  Zeit  nicht.  Als  bei  einer  polnischen  Gräfin 
trotz  (wie  Munde  sagt,  wegen)  seiner  Behandlungsweise  ein  Krebs  aufbrach  und  ihre  Familie  untröstlich 
wurde,  der  Mann  der  Kranken  Priessnitz  Vorwürfe  machte,  daß  die  Krankheit  unter  seiner  Behandlung 
einen  so  üblen  Ausgang  genommen,  entschuldigte  sich  dieser  damit,  „es  sei  ein  Hexenschuß,  dafür  könne 
er  nicht".  Munde  bemerkt,  daß  Hexenschuß  in  Schlesien  zur  Zeit  ein  Behextsein  der  Kühe  bedeute. 
***  Selinqer  sagt  in  seinem  nach  Priessnitz'  Angaben  verfertigten  Werke:  „Um  jene  Zeit  lebten  im 
schlesischen  Gesenke  mehrere  Männer  unter  dem  Volke,  die  wegen  glücklich  bewirkter  Kuren  häufig 
genannt  wurden.  Einer  derselben  heilte  verschiedene  Krankheiten  mit  Kräutern,  ein  anderer  kurierte 
Beinbrüche,  ein  dritter  Rippenbrüche.  Gebrochene  Rippen  wieder  einzurichten  verstand  mit  beson- 
derer Geschicklichkeit  der  Müllermeister  im  Dorfe  Sandhübel,  der  daher  auch  weit  und  breit  bekannt 
und  häufig  gesucht  war."  Als  Priessnitz  (im  17.  Lebensjahre)  von  einem  Wagen  überfahren  worden 
war,  da  „erinnerte  er  sich  (nach  Fehlschlagen  der  Kur  des  Freiwaldauer  Wundarztes)  der  Art  und  Weise, 
wie  der  bereits  verstorbene  Müller  in  Sandhübel  gebrochene  Rippen  einzurichten  pflegte.  Er  nahm 
nun  einen  eichenen  Sessel,  legte  den  Unterieib  auf  die  Ecke  desselben,  hielt  den  Atem  an  und 
drückte  den  Bauch  so  lange  in  die  Höhe,  bis  die  eingedrückten  und  gebrochenen  Rippen  in  ihre 
natürliche  Lage  hervorgehoben  waren.  Nachdem  er  dies  glücklich  zu  Stande  gebracht,  fiel  ihm  ein, 
daß  sich  das  kalte  Wasser  an  ihm  selbst  und  an  Andern  bei  verschiedenen  Gelegenheiten  sehr  wohl- 
tätig erwiesen  habe,  und  er  beschloß  daher,  das  kalte  Wasser  auch  in  diesem  Falle  als  Heilmittel 
zu  versuchen.    Er  machte  sich  nun  kalte  Umschläge  um  den  Leib,  worauf  die  wütenden  Schmerzen 


Munde  und  Selinger  über  Pneßnitz  391 

lächerlich  machten,  das  „Schwambia"  vor  Gericht  zu  zerschneiden  und  zu  analysiren, 
um  Heilstoffe  darin  zu  entdecken  und  den  Priessnitz  als  Pfuscher  zu  denunciren.  Man 
weiß  nicht  recht,  soll  man  bei  diesem  Prozesse  die  Einfalt  der  gelehrten  Herren  oder  die 
Klugheit  des  ungeiehrten  Bauern  mehr  bewundern,  welche  diesem  den  Sieg  über  seine 
Gegner  verschaffte.  Man  intriguierte  auf  jede  Weise  gegen  ihn,  konnte  ihm  aber  nicht 
verbieten,  den  Leuten  zum  Abzuwaschen  und  Wassertrinken  zu  raten  .... 

Der  Schwamm  war  indessen  zerschnitten,  und  Priessnitz  hatte  Ruf  genug,  um  des- 
selben nicht  mehr  zu  bedürfen.  Er  curierte  nun  mit  bloßem  Wasser;  doch  wollte  nun 
das  Volk  nicht  mehr  so  recht  daran.  Dagegen  kamen  Leute  aus  der  Nachbarschaft  und 
bald  auch  aus  größeren  Entfernungen  und  brachten  Geld  mit.  Die  Cur  bestand  haupt- 
sächlich nur  in  Waschen,  Trinken  und  Baden,  neben  einfacher  Diät.  Die  Kranken  wohnten 
bei  Priessnitz  und  schliefen  zum  Teil  auf  dem  Heuboden.  Man  genierte  sich  nicht.  Priess- 
nitz ging  barfuß  und  setzte  sich  in  Hemdärmeln  zu  Tische.  Sein  freundliches  und  dienst- 
fertiges Wesen  und  seine  nette  Frau  machten  den  Leuten  den  Aufenthalt  in  seinem  Hause 
angenehm.  Er  war  übrigens  damals  noch  nicht  so  streng  in  seinen  Grundsätzen,  als  er 
es  späterhin  wurde.  Im  Jahre  1829  war  ein  Bekannter  von  mir  aus  Weisse  bei  ihm  in  der 
Cur,  weicher  als  ein  Lebemann  den  Wein  ungern  entbehrte,  obschon  er  ihm  als  Gicht- 
kranken schädlich  sein  mußte.  Er  ließ  mit  einem  anderen  Freunde  zusammen  ein  Fäßchen 
Ungarwein  anschroten  und,  während  die  anderen  ihre  Milchsuppe  verzehrten,  saßen  die 
beiden  mit  Priessnitz  zusammen  im  Keller  beim  Weinfasse  und  frühstückten  ein  kräftiges 
Stück  Fleisch.  Er  erinnerte  sich  noch  mit  Vergnügen  der  Herzlichkeit  des  PRiESSNiTZschen 
Ehepaares  und  der  glücklichen  Tage,  die  er  bei  ihnen  zugebracht.  —  Ich  glaube,  jene  Zeit 
war  auch  für  Priessnitz  die  glücklichste!  —  Dann  klagte  er  über  Priessnitzcus  Undank 
gegen  die  Weisser,  die  ihn  doch  zuerst  in  Ruf  gebracht;  wie  er  sie  zurückweise,  wenn  sie 
nicht  reich  wären,  wie  er  seine  alten  Weisser  Freunde  kalt  und  frostig  empfange,  wie  ihn 
der  Reichtum  verderbe;  denn  er  ließe  alle  Wochen  eine  Menge  Staatsschuldscheine  in 
Weisse  einkaufen 

Es  scheint,  Priessnitz  hält  gern  die  Leute  von  seiner  Anstalt  fern,  welche  ihn  an  die 
früheren  Zeiten  erinnern,  oder  von  denen  er  fürchtet,  daß  sie  die  Art,  wie  er  nach  und 
nach  herausgewachsen,  den  Gästen  erzählen  und  dadurch  den  mühsam  um  sich  ge- 
zogenen Wimbus  zerstreuen  möchten.  Daher  seine  Kälte  gegen  alle  Freunde.  Sie  ist  kein 
Beweis  eines  guten  Herzens  1 

Die  Cur  bildete  sich  nach  und  nach  durch  die  Bemühungen  der  Kranken  selbst  aus. 
Es  ist  leicht  zu  begreifen,  daß  eine  Anzahl  Kranker,  der  Behandlung  eines  ungebildeten 
Bauern  hingegeben,  nicht  blindlings  seinen  Anordnungen  folgt,  sondern  selbst  denkt  und 
verbessert,  wo  sich  nur  Gelegenheit  zeigt.  So  erfand  man  das  Schwitzen  vor  dem  Baden, 
weil  man  bemerkte,  das  kalte  Bad  sei  weniger  unangenehm,  wenn  man  es  mit  feuchter 

nachließen  und  er  in  einen  langen,  ruhigen  Schlaf  verfiel".  Die  Umschläge  wurden  fortgesetzt,  dabei 
fleißig  kaltes  Wasser  getrunken,  und  kein  Wundfieber  trat  ein.  Priessnitz  trug  noch  ein  Jahr  lang 
Umschläge  um  den  Leib  und  fühlte  sich  dann  hergestellt  ^^^ 


392     Munde  über  Pneßnitz  /  Hahns  Einfluß  auf  Prießnitz  /  Ansichten  des  Volkes 

Haut  nehme.  Die  erste  Douche  war  nichts  anderes  als  ein  Stück  Röhre,  die  im  Walde 
liegen  geblieben  war  und  die  man  in  den  über  den  Berg  herabstürzenden  Bach  steckte, 
um  sich  das  Wasser  über  den  Körper  laufen  zu  lassen.  Jemand  brachte  des  alten 
Schweidnitzer  Hahn  treffliche  Schrift  über  den  heilsamen  Gebrauch 
des  kalten  Wassers  bei  Krankheiten  mit,  und  nun  wurde  alles  durch- 
probiert, was  im  Hahn  stand.  Und  darin  steht  Viel  und  viel  Gutes.  Nach  und  nach 
bildete  sich  die  Wasserheilkunde  zu  einem  System  aus,  und  man  muß  PRiESSNiTzen  nach- 
sagen, daß  er  eine  schätzenswerte  Geschicklichkeit  bewies,  alle  die  fremden  gewagten 
Erfahrungen  zu  seinen  eigenen  zu  machen  und  zum  Nutzen  anderer  anzuwenden. 

Mehrere  eclatante  Curen  machten  Aufsehen.  Priessnitz  fand  Gönner  unter  den  Leuten 
von  Einfluß.  Nach  und  nach  strömten  immer  mehr  und  immer  reichere  Kranke  seiner 
Anstalt  zu,  die  zu  eröffnen  ihm  erlaubt  worden  war.  Einmal  im  Zuge,  konnte  es  ihm 
nicht  schwer  werden,  das  zu  werden,  was  er  ist. 

Die  von  Priessnitz  so  sehr  verachteten  und  verunglimpften  Mediziner  haben  übrigens 
das  Ihre  redlich  zu  seiner  Ausbildung  beigetragen.  Sobald  Priessnitz  ein  wenig  bekannt 
geworden,  machten  es  sich  Mehrere,  teils  aus  den  nahe  liegenden  Ortschaften,  teils  aus 
dem  entfernteren  Breslau  und  Berlin,  zur  Pflicht  und  zum  Vergnügen,  ihn  zu  besuchen. 
Einige  kamen  auch,  um  die  Cur  bei  ihm  zu  gebrauchen,  und  machten,  besonders  Gicht- 
kranke, die  Erfahrung,  daß  in  den  Bergen  Schlesiens  sich  Heilmittel  befanden,  welche 
gegen  mancherlei  Übel  größere  Wirkung  zeigten,  als  die  berühmtesten  Specifica.  Daß 
die  Ärzte  zur  Beseitigung  von  Mißbräuchen,  zur  Anwendung  von  manchem  in  der  medi- 
zinischen Praxis  längst  bekannten,  wenn  schon  vernachlässigten  Hülfsmittel,  zur  Ein- 
führung einer  einfachen  Diät  und  überhaupt  zur  Ausbildung  der  Methode  und  zur  Be- 
lehrung PRiESSNiTzens  wesentlich  beitrugen,  ist  leicht  zu  begreifen.  Mit  dem  herrlichen 
Buche  des  alten  Hahn  in  der  Hand  mußten  sie  in  kurzer  Zeit  den  Priessnitz  zu  An- 
wendung aller  darin  angegebenen  Hülfsmittel  bringen,  ohne  daß  er  selbst  genötigt  war, 
das  Buch  zu  studieren.  Wer  Hahn  gelesen  hat,  wird  nur  wenig  von  der  Gräfenberger 
Methode  darin  vermissen :  ich  war  überrascht,  als  er  mir  nach  Herausgabe  meines  Buches 
zum  ersten  Male  in  die  Hände  fiel ;  es  ist  so  viel  Klarheit  und  Erfahrung  darin,  daß  man 
sich  wundern  muß,  wie  dieser  Schatz  unter  dem  Wüste  medizinischer  Schriften  fast  ein 
Jahrhundert  lang  hat  begraben  bleiben  können.  So  ist  es  aber  mit  der  Wahrheit:  die 
Haarzopfperioden,  welche  von  Zeit  zu  Zeit  das  Menschengeschlecht  verblenden,  er- 
drücken sie  oft.   Ein  Trost  ist  es,  daß  sie  immer  wieder  durchbricht. 

Aus  dieser  Relation  ergiebt  sich,  daß  diejenigen,  welche  PRiESSNiTzen  für  inspirirt 
halten  oder  ihm  allein  die  Erfindung  der  gesamten  Wasserheilkunst  zuschreiben,  im  Irr- 
tum sind.  Ich  möchte  ihn  fast  mehr  als  den  Mittelpunkt  betrachten,  an  welchem  sich 
mehrere  zufällige  und  glückliche  Umstände  häuften,  die  er  mit  einer  bewundernswürdigen 
Klugheit  und  Ruhe  festzuhalten  wußte.  Geholt  hat  er  sich  den  Schatz  seines  ärztlichen 
Wissens  nicht,  wie  es  andere  mit  vieler  Mühe  und  großen  Kosten  thun;  man  hat  ihm 
denselben  gebracht,  und  er  wußte  es  so  geschickt  anzufangen,  daß  man  ihm  nicht 


zu  Prießnitz'  Zelten  über  Wasseranwendungen  /  Hahns  Einfluß  auf  Örtel  393 


nur  sein  Wissen,  sondern  auch  das  Oeld  noch  dazu  brachte.  Dazu  gehörte  seine  seltene 
Selbstbeherrschung  und  die  unerschütterliche  Ruhe,  sein  Scharfblick,  sein  gutes  Ge- 
dächtnis und  so  manche  lobenswerte  Eigenschaft,  ohne  welche  ein  Mensch  sich  nie  zu 
erheben  vermag.  Priessnitz  würde  unter  verschiedenen,  aber  gleich  günstigen  Umständen  , 
vor  Jahrhunderten  vielleicht  ein  Mahomet  geworden  sein,  und  so  er  Millionen  um  den 
Dreizack  gesammelt  hat,  vielleicht  ganze  Völkerschaften  dem  Vollmonde  oder  irgend 
einem  anderen  Gestirn  haben  nachwandern  lassen  .... 

Übrigens  glaube  man  ja  nicht,  daß  das  System  der  Wasserheilkunst  auf  dem  Gräfen- 
berge  auf  so  unwandelbare  Weise  fest  gestellt  sei,  daß  nicht  zahlreiche  und  wichtige  Ver- 
änderungen daran  vorgenommen  würden.  So  fest  steht  PRiESSNiTZens  Wissen  nicht,  daß 
es  nicht  hin  und  wieder  dem  Einflüsse  der  Umstände  wiche.  Jedes  Jahr  beinahe  zeigt 
Veränderungen  und  Moden  in  der  Curmethode.  im  Jahr  1 836  war  das  unmäßige  Schwitzen 
an  der  Tagesordnung;  im  Jahre  1840  mußten  die  nassen  Tücher  Alles  thun,  und  man 
schwitzte  wenig"  647 

Selbst  wenn  keins  der  vorstehenden  Zeugnisse  vorläge,  würde  ich  in  Priessnitz 
nicht  das  Erfindergenie  sehen,  das  man  aus  ihm 
heute  noch  gern  macht.  Man  hat  vergessen,  daß  zu 
Priessnitz'  Zeiten  die  Duschen  auch  anderwärts 
eine  gewaltige  Höhe  erreichten  (Abb.  46),  und  be- 
wundert diese  nur  bei  Priessnitz  (Abb.  157).  DasI 
übertrieben  lange  und  wiederholte  Baden  inl 
Gräfenberg  bis  zur  Bildung  eines  Ausschlages, 
der  Krise  —  ich  glaube,  ich  habe  zur  Genüge  ge- 
zeigt, daß  man  ein  Ausschlagbaden  als  Ziel  jeder 

Badekur  betrachtete  — ,  beweist  nur,  daß  Priess- 

,,,..,.  _,  .,  ,  .  ,,  „  Abb.  157.  Priessnitz'  Walddusche  in 
NITZ  ein  echtes  Kind  seiner  Zeit  und  seines  Volkes  Q^äfenberg.  Aus :  Kröber,  Priessnitz  in 
war.    Priessnitz  wäre   nicht   mehr  und   nicht  Gräfenberg.    Breslau,  1836. 

weniger  aus  dem  Rahmen  seiner  Heimat  hervorgetreten  als  die  übrigen  zahlreichen 
Bauernärzte.  Er  hatte  unter  diesen  das  Glück,  einen  Zweig  der  Volksmedizin  auszu- 
üben, der,  modern  gesprochen,  zur  Zeit  höchst  aktuell  war. 

In  weiteren  Kreisen  machte  der  Ansbacher  Gymnasialprofessor  Örtel  Priessnitz  be- 
kannt. Er  war  zum  Wasserheilverfahren  durch  das  Buch  des  jüngeren  Johann  Sieqe- 
mund  Hahn  geführt  worden,  von  dem  ihm  1804  ein  Exemplar  in  die  Hände  gefallen 
war.  „Seit  diesem  glücklichen  Funde",  schreibt  er,  „suchte  ich  die  darin  enthaltenen 
Grundsätze  und  Erfahrungen  des  alten  ehriichen,  menschenfreundlichen,  uneigen- 
nützigen Seh weidnitzer  Stadtarztes  Dr.  Hahn  an  mir  und  den  Meinigen  so 
wie  an  meinen  Freunden  und  Bekannten  in  Ausübung  zu  bringen.  Diese  und  mehrere 
dergleichen  Erfolge  veranlaßten  mich,  die  Heilsache  des  frischen  Wassers  im  Allg.  Anz. 
öffentlich  zur  Sprache  zu  bringen  und  so  allmählich  meine  Erfahrungen  in  mehreren  Auf- 
sätzen mitzuteilen.    Und  so  entspann  sich  mir  eine  ausgebreitete  Wasserkorrespondenz, 


394  Örtel  I  Kröber  /  Künz  über  Piießriitz 

welche  noch  fortdauert Im  Jahre  1830  war  ich  der  Erste,  welcher  die  im  Jahre  1829 

errichtete  Wasserheilanstalt  des  Vincenz  Priessnitz  in  Gräfenberg  öffentlich  bekannt 
machte.  Denn  die  erste  Kunde  davon  gab  mir  im  Jan.  1830*  der  Amtmann  Knur  in 
Kuchelna  bei  Ratibor  in  Oberschlesien  —  durch  ein  freundschaftliches  Schreiben,  worin 
er  mir  diese  neue  Anstalt  und  seine  darin  erhaltene  Gesundheit  beschrieb.  S.  mein  3. 
Wasserheft.  Seitdem  posaunte  ich  diese  Heilanstalt  fast  in  jedem  meiner  Wasserhefte  aus 
ihrem  Sudetenwinkel  hervor  und  in  alle  Welt  hinaus  und  empfahl  sie  auch  in  einer 
eigenen  Schrift  unter  dem  Titel  „Vincenz  Prießnitz"  (1834),  worin  ich  einen  Aufruf  an 
alle  Regierungen  Deutschlands  zur  Errichtung  von  Wasserheilanstalten  ergehen  ließ. 
Außerdem  wäre  Priessnitz  noch  lange  nicht  so  bekannt  geworden"  64i. 

Von  ärztlicher  Seite  wurde  zuerst  durch  einen  Breslauer  Kröber  auf  Priessnitz  in 
einer  diesen  empfehlenden  Schrift  1833  (2.  Aufl.  1836)  aufmerksam  gemacht  6ö9  nachdem  er 
zwei  Monate  auf  dem  Gräfenberge  zugebracht  hatte.  Eine  Broschüre  von  Dr.  Künz  folgte, 
und  von  nun  ab  hielten  sich  in  Gräfenberg  und  Freiwaldau  stets  Ärzte,  oft  sechs  bis  acht 
gleichzeitig  auf  66s^  um  bei  Priessnitz  zu  beobachten.  Wenn  trotzdem  die  Ärzteweit  im  all- 
gemeinen sich  in  der  Folgezeit  ablehnend  dem  PRiESSNiTZschen  Verfahren  gegenüber  ver- 
hielt, so  hatte  dies  in  der  übertriebenen  und  der  einseitigen  Anwendung  seinen  Grund; 
denn  Priessnitz  lehrte,  daß  kaltes  Wasser  allein  unter  Ausschluß  aller  anderen  Heilmittel  ** 
und  nur  in  den  von  ihm  vorgeschriebenen  Formen,  ja  —  so  hoch  stellte  er  seine  Person 
und  seine  Anstalt  —  nur  von  ihm  persönlich  verordnet  und  in  Gräfenberg  gebraucht 
wirke.  Jede  Anwendung  des  Wassers  außerhalb  Gräfenbergs,  wofür  er  nicht  die  Verord- 
nunggegeben, erklärte  er  für  Pfuscherei  65i.  647.  Er  hielt  sich  allein  für  fähig,  zu  bestimmen, 
ob  Kranke  für  seine  Kur  geeignet  und  wie  sie  zu  behandeln  seien,  und  doch  ist  so  mancher 
Patient,  den  Priessnitz  als  ungeeignet  von  der  Behandlung  ausschloß,  durch  Wasser- 
anwendung von  anderer  Seite  geheilt  worden,  und  umgekehrt  mancher,  dem  Priessnitz 
Besserung  und  Heilung  versprach,  wie  er  gekommen,  vom  Gräfenberge  gegangen.  Nach 
Munde  fielen  auf  zwölf  aufgenommene  Kranke  elf  ungeheilt  entlassene,  und  dabei 
wurden  Schwerkranke  überhaupt  nicht  aufgenommen  ö47 

Das  Verhältnis  zwischen  Priessnitz  und  der  Ärzteschaft  wurde  mit  der  Zeit  ein  ge- 
spanntes und  artete  schließlich  geradezu  in  Haß  aus,  wobei  leider  häufig  die  Ärzte  die 
Person  von  der  Sache  nicht  zu  trennen  wußten  und  mit  Priessnitz  sein  Wasserheilver- 
fahren verdammten.  Priessnitz  erklärte  jeden  Arzt  für  unfähig,  weil  er  Arzt  war,  Wasser- 
heilkunde zu  treiben.   „Sie  sind",  äußerte  er  zu  Herrn  von  Kobbe,  „halt  wie  die  Juden, 

*  Örtels  allerneueste  Wasserkuren  begannen  schon  1829  zu  erscheinen  1=22.  **  ich  muß  hier 
jedoch  an  zwei  Stellen  aus  Mundes  Memoiren  erinnern:  „Die  Frau  Doctor  Rupprecht  und  die 
Gräfin  Potocka  starben  beide  am  Schlage  nach  dem  Bade.  Bei  ersterer  sollte  nach  PRiESSNirzens 
Urteil  ein  Aderlaß  am  Fuße  Schuld  sein,  welchen  ihr  der  schnell  herbeigeholte  Arzt  gemacht 
hatte.  Der  zweiten  verordnete  Priessnitz  selbst  eine  Blutentlassung,  ohne  daß  er  sie 
zu  retten  vermochte."  Eine  ältere  Dame  starb  in  Gräfenberg  an  einem  eingeklemmten  Bruch.  Munde 
nennt  sie  das  Opfer  des  ärztlichen  Egoismus,  weil  ein  anwesender  Arzt  als  Ausländer  keine  Operation 
wagen  wollte,  deren  Ausgang  zweifelhaft  war,  und  Priessnitz?  Der  wollte  sich  mit  dem  ein- 
geklemmten Bruche  nicht  befassen.    So  ließ  man  die  Dame  sterben  s*^. 


Prießnitz'  Verhältnis  zu  den  Ärzten  /  Zulauf  nach  Oräfenberg  3Q5 

wenn  man  sie  auch  zehn  Mal  tauft,  sie  werden  doch  keine  Christen"  636^  und  gegenüber 
einem  anderen  Patienten:  „Kömmt  meine  Anstalt  nach  meinem  Tode  in  die  Hände  eines 
Doktors,  so  geht  sie  zu  Grunde"  634.  Den  ärztlichen  Untersuchungsmethoden,  die  ihm 
völlig  fremd  waren,  galt  besonders  sein  Spott.  Als  er  einst  einen  Kranken  mit  „gestorbenem 
Hautsystem"  zugeschickt  bekam,  dessen  Behandlung  er  ablehnte,  und  ein  anwesender 
Arzt  unter  Hinweis  auf  den  noch  guten  Puls  des  Patienten  dennoch  die  Annahme  emp- 
fahl, zeigte  Priessnitz  an  Stelle  einer  Antwort  nur  einen  Anflug  von  Spötteln  im  Ge- 
sicht. Am  folgenden  Tage  sagte  er  zu  Hausse  auf  dessen  Anfrage:  „Puls !  Was  kümmert's 
mich,  ob  der  Puls  gut  ist  oder  schlecht !  —  ich  taxiere  meine  Leute  bloß  nach  den  Augen 
und  nach  dem  Rock"  (er  meinte  die  Haut)* 638.  In  welch  grellem  Gegensatze  zu  dieser 
stolzen  Antwort  steht  die  Annahme  von  „Korrespondenz-Patienten"  durch  Priessnitz, 
die  sogar  Rausse,  der  Reformator  der  Wasserheilkunde  (wie  er  genannt  wird)  639^  der 
davon  Nachricht  gibt,  in  der  Vorrede  zur  2.  Auflage  seiner  Miszellen  zur  Gräfenberger 
Wasserkur  nicht  an  und  für  sich  verurteilt,  sondern  nur  wegen  der  möglichen  falschen 
Auffassung  der  Vorschriften  beseitigt  haben  will  640^  wo  doch  das  Auge  des  Wasser- 
arztes den  Rock  des  Patienten  gar  nicht  zu  sehen  bekam ! 

Am  meisten  verletzte  Priessnitz  die  Ärzte  durch  seine  Lehre  von  der  Entstehung 
chronischer  Krankheiten.  Diese  waren  nach  ihm  durch  die  Ärzte  verschuldet,  welche 
mit  Medikamenten  bei  akuten  Erkrankungen  nur  einen  „augenblicklichen  Erfolg"  herbei- 
führten und  die  akute  Krankheit  „zu  schnell"  heilten,  wodurch  dauerndes  Siechtum  ent- 
stände** 634  Die  echten  Prießnitzianer,  namentlich  die  recht  zahlreichen  mit  selbstver- 
schuldeten Leiden,  betrachteten  sich  deshalb  als  ein  Opfer  der  Ärzte,  und  selbst  gebildete 
Leute  verfolgten  diese  in  Gräfenberg  mit  ihrem  Haß,  wo  und  wie  sie  nur  konnten. 

Priessnitz'  Anstalt  entwickelte  sich  ungemein  schnell.  Im  Jahre  182Q  hatte  er  45  Pa- 
tienten, im  folgenden  54.  1833  bestellte  er  seine  Felder  noch  selbst.  Schnell  stieg  die 
Zahl  der  Kurgäste,  nämlich  auf  62,  118,  206,  256,  342,  469,  570  jährlich;  im  Jahre  1840 
betrug  sie  bereits  1576.  „Die  meisten  waren  aus  Österreich,  Ungarn  und  Polen,  nur  zwei 
aus  England.  Im  Jahre  1841  zählte  Priessnitz  unter  seinen  Patienten  zehn  Fürsten  und 
Fürstinnen,  wenigstens  hundert  Grafen  und  Freiherren,  Militärs  aller  Grade,  mehrere 
Ärzte  und  gegen  fünfhundert  Professoren  und  Advocaten."  Namentlich  waren 
„große  ungarische  Fürsten  und  Magnaten"  anwesend.    Im  Jahre  1843  behandelte 

*  RüscH  rechnet  1825  (als  Priessnitz  noch  keine  kalten  Bäder  verabreichte  ^i^s)  Untätigkeit,  Sprödig- 
keit,  Dichtigkeit,  Risse  der  Haut  zu  den  „Umständen,  welche  zu  einem  unglücklichen  Erfolg  des 
kalten  Bades  geneigt  machen"  ^s.  Hufeland  sagt  1804:  „Die  Haut  ist  der  Sitz  der  beständigen 
Ausdünstung,  des  größten  Reinigungsmittels  unsrer  Säfte."  „Keine  Krankheit  kann  ohne  Mitwirkung  der 
Haut  kuriert  werden,  und  ihre  Beschaffenheit  bestimmt  am  sichersten  unsre  Hoffnung  und  die  Gefahr"  ^^''. 
**  Priessnitz  selbst  mußte  später  von  seifen  seines  Schülers  Rausse  über  sich  den  Vorwurf  ergehen 
lassen,  er  habe  durch  falsche  Wasseranwendung  bei  akuten  Erkrankungen  nicht  nur  Todesfälle,  son- 
dern auch  chronische  Übel  verschuldet.  Priessnitz'  eigene  Tochter  leide  seit  einer  Lungenentzündung 
an  Herzklopfen,  er  habe  durch  verkehrte  Wasseranwendung  die  Lungenentzündung  nicht  geheilt, 
sondern  unterdrückt.  Bei  Rausses  „richtiger"  Behandlung  darf  nämlich  kein  Todesfall  oder  eine 
Nachkrankheit  vorkommen  *37. 


3Q6  Prießtiitz'  Bedeutung  für  die  Heilkunde  /  Fortschritte  der 

Priessnitz  in  runder  Summe  zweitausend  Kranke,  unter  denen  sich  achtzig  vom  höch- 
sten Adel  befanden  636 

Man  findet  hier  ein  Publil<um  beisammen,  wie  es  in  früheren  Zeiten  nur  Luxusbäder 
ersten  Ranges  aufzuweisen  hatten,  ein  Zeichen,  daß  in  der  vornehmen  Weit  selbst  das 
Bedürfnis  nach  Reformen  vorhanden  war.  Neben  Baden  und  Mineralwassertrini<en  oder 
auch  ohne  diese  galt  bis  dahin  vom  Luxus-  bis  zum  Bauernbad  mit  wenigen  Ausnahmen 
die  Losung  Vergnügen  und  Genießen.  Priessnitz  verlangte  Entsagung  und  setzte  dafür 
eine  vernünftige  Beschäftigungstherapie  bei  derber  Bauernkost  mit  kalter  Milch  und  ge- 
wöhnlichem Wasser  als  Getränk  *.  War  seineWasserbehandlung  nicht  die 
richtige,  seineDiät  nicht  für  alle  geeignet,  eins  steht  fest,  er  schuf 
einen  Kurort,  in  den  der  Gast  nicht  halb  als  Kranker,  halb  als  Ver- 
gnügen Suchender,  sondern  ganz  seiner  Gesundheit  lebte,  und  das 
hatte  trotz  aller  Vorschläge  kein  Arzt  vor  ihm  praktisch  zur  Durch- 
führunggebracht. 

Als  1839  die  Freiwaldauer  Kurgäste  ein  „Casino"  daselbst  gründeten,  war  Priessnitz 
gar  nicht  damit  zufrieden,  da,  wie  er  sagte,  die  Leute  dort  äßen,  tränken,  läsen  und 
spielten  und  darüber  die  Kur  versäumten  636  Trotz  aller  Klagen  der  Kurgäste,  trotz  aller 
Mahnungen  seiner  Schüler  Munde  und  Rausse  war  Priessnitz  nicht  zu  bewegen,  seine 
Diät  zu  ändern.  Er  wußte,  daß  in  Bauernkost  und  Fernhaltung  jedes  Luxus  die  Stärke 
seiner  Anstalt  lag. 

Unstreitig  wurde  die  schon  im  Werden  begriffene  Reformation  der  Kur-  und  Bade- 
orte durch  das  Auftreten  von  Priessnitz  in  hohem  Grade  beschleunigt.  Der  Wettbewerb 
mit  den  Wasserheilanstalten  nötigte  sie  mehr  als  je  zur  Rücksichtsnahme  auf  wirklich 
Kranke,  wollten  sie  nicht  ganz  zu  Vergnügungsorten  herabsinken.  Aus  den  Badeärzten 
wurden  wissenschaftlich  denkende  Ärzte.  „Es  ist  doch  ein  wahrerJammer",  sagt  Spengler 
noch  1854,  „wie  es  bis  jetzt  zugegangen:  Badeorte  kommen  in  und  aus  der  Mode,  wie 
Leibröcke  und  Damenhüte.  Ein  Bad,  das  vor  wenig  Jahren  noch  ein  großes  Renomee 
hatte,  ist  jetzt  vergessen ;  neue,  früher  fast  gar  nicht  benutzt  gewesene  Badeorte  kommen 
dagegen  in  Gunst;  andere  werden  bloße  Vergnügungsörter.  Sieht  das  nicht  aus,  als  ob 
das  Ganze  ein  bloßes  Spiel  sei!?  Soll  es  wirklich  so  bleiben,  daß  Ärzte  und  ein  großes 
Publikum  lediglich  der  Gunst  des  Augenblicks  und  der  Mode  huldigend  in  einem  Lustrum 
hiehin,  in  einem  andern  dorthin  vorzugsweise  getrieben  werden?  Der  Mangel  aller  festen 
Anschauungen  über  die  eigentlichen  Indikationen  für  die  einzelnen  Heilquellen;  das 
Herumtappen  der  Ärzte  in  Benutzung  derselben;  das  fortwährende  Umherreisen  und 
sich  Empfehlen  der  Brunnenärzte  gleich  den  mit  Proben  ihrer  Ware  herumreisenden 
Commis-Voyageurs ;  das  fortwährende  Coquettiren  mit  Abfassung  immer  neuer  Bade- 

*  Ich  muß  allerdings  bemerken,  daß  in  dem  in  bezug  auf  Diät  heute  noch  mustergültigen  Karlsbad 
schon  1795  eine  ausdrückliche  Küchenvorschrift  für  die  Speisewirte  vorhanden  war^'o,  und  Justinus 
Kerner  schreibt  1832,  daß  zu  Karlsbad  und  auch  zu  IVlarienbad  schon  längst  den  Speisewirten  eine 
Küchenvorschrift  erteilt  sei,  von  der  sie  trotz  allen  Geschreies  leckerer  Mäuler  bei  Verlust  ihrer 
Privilegien  nicht  abgehen  dürften  325. 


Balneologie  und  Hydrotherapie  /  Spengler  /  Currle  /  Wlnternltz  /  Matthes       397 

Schriften  über  hundertmal  dagewesene  Dinge,  bloß  als  Empfehlungskarte  —  ist  wahrhaft 
unerträglich  und  der  Nachtheil  für  die  Bäder  sicherlich  kein  geringer !  Es  ist  zu  fürchten, 
daß  der  Schwindel  unsere  herrlichen  Quellen,  diesem  großen  Heilschatze,  immer  mehr 

in  Verruf  bringe Das  Feld  der  Balneologie  war  bisher  zu  sehr  der  Charlatanerie  und 

Oberflächlichkeit  überlassen,  aber  es  verdient  doch  wahrlich,  wie  kaum  ein  andres,  auf 
eine  würdige  Weise  bearbeitet  zu  werden,  damit  es  ferner  nicht  länger  den  practischen 
Arzt  ungläubig  mache;  es  muß  auch  den  Nichtbalneologen  befriedigen,  wenn  nur  die 
Thatsachen  nüchtern  und  wahr  niedergeschrieben  werden."  Privatunterhandlungen 
auf  der  Versammlung  deutscher  Naturforscher  und  Ärzte  zu  Göttingen  im  Herbst  1854 
führten  zur  Bildung  einer  deutschen  hydrologischen  Gesellschaft  zu  gemeinschaftlicher 
Förderung  der  Balneologie  und  zur  Gründung  der  balneologischen  Zeitung.  „Ehr- 
lichkeit", sagt  Spengler  im  ersten  Bande  derselben,  „und  ganz  besonders  Wahr- 
heitsliebe sollen  für  unser  Blatt  die  Druckerschwärze  liefern,  und  alles  Entgegen- 
gesetzte soll  mit  unbarmherzigen  Händen  Preis  gegeben  werden.  Sie  soll  das  allen 
Brunnen  Gemeinschaftliche  faßlich,  aufrichtig,  wahr  bringen,  und  immer  wieder 
darauf  verweisen.  Durch  die  Association  der  deutschen  Kräfte  muß  ein  gemein- 
samer Weg  der  Forschung  in  diesem  Gebiete  der  Arzneiwirkung  angebahnt,  und  so 
die  B a  1  n e 0 1  o g i e  in  die  Reihe  der  exacten  Wissenschaften  eingeführt  werden, 
die  dann  gewiß  etwas  Nützliches  leisten  wird"  6*6. 

Die  Hydrotherapie  hielt  gleichen  Schritt.  Currie  bestimmte  schon  gegen  Ende  des 
18.  Jahrhunderts  mit  dem  Thermometer  den  Einfluß  der  kalten  Übergießungen  auf  den 
Körper  Fiebernder  649  und  schuf  somit  den  Anfang  für  eine  wissenschaftliche  Grundlage 
der  Hydrotherapie.  Langsam  wurde,  namentlich  auf  dem  Gebiete  der  fieberhaften  Er- 
krankungen, am  Ausbau  weiter  gearbeitet,  bis  Wilhelm  Winternitz  64S  in  Wien  unter 
Berücksichtigung  älterer  Forschungen  und  mit  zahlreichen  neuen  Untersuchungen  der 
gesamten  Hydrotherapie  die  wissenschaftliche  Grundlage  gab.  Aus  der  einseitigen  Kalt- 
wasserbehandlung war  mittlerweile  eine  Wasserbehandlung  geworden.  Winternitz 
trat  scharf  für  seine  Wissenschaft  ein  und  erhielt  als  erster  auf  deutschem  Boden  zu  Wien 
eine  Professur  für  Wasserheilkunde.  Es  darf  jedoch  nicht  verschwiegen  werden,  daß  im 
großen  und  ganzen  sich  die  Klinik  der  Hydrotherapie  gegenüber  ablehnend  verhielt. 
Wohl  wurden  die  Kaltwasserbehandlung  der  fieberhaften  Erkrankungen  eifrig  gepflegt 
und  einzelne  Prozeduren  sonst  noch  angewandt,  die  systematische  Wasserkur  chroni- 
scher Krankheiten  verblieb  aber  lange  Zeit  den  Wasserheilanstalten  und  wurde  erst  in 
den  letzten  Jahren  Gemeingut  einzelner  Kliniken.  Winternitz  hat  sich  auch  hier  ein 
bleibendes  Verdienst  erworben.  Vielleicht  war  das  Allzuviel  seiner  Schule  noch  ein 
Hindernis  der  Einführung.  Eine  vollständige  Aussöhnung  zwischen  Klinik  und  Wasser- 
heilkunde brachte  erst  Max  Matthes  in  Jena,  der  erste  Kliniker  und  Nichtspezialist, 
im  Jahre  1900  durch  die  Herausgabe  seines  Lehrbuches  der  klinischen  Hydrotherapie  i6i 
zustande. 

Schauen  wir  noch  einmal  auf  den  Entwicklungsgang  der  Wasserheilkunde  zurück. 


398 


Heilige  Brunnen  /  Floyer  /  Hahn  /  Pneßnitz  /  Winternitz 


Uralte,  dem  germanischen  Heidentum  entstammende  Vollcsgebräuche  bilden  für  Deutsch- 
land den  Ausgang.  Ihrem  Aussterben  nahe,  werden  sie  von  Ärzten  aufgenommen,  von 
denen  das,  was  einst  als  Glaube,  nun  als  Aberglaube  im  Vordergrunde  stand,  allmählich 
zurückgedrängt  und  schließlich  —  von  manchen  von  vornherein  —  gänzlich  fallen  gelassen 
wird.  Die  Namen  Floyer,  Hahn,  Priessnitz,  Winternitz  tragen  die  Hauptglieder  der 
ununterbrochenen  Kette  vom  einsamen  heiligen  Brunnen  bis  zum  heutigen  hydrothera- 
peutisch glänzend  eingerichteten  Krankenhause. 


Abb.  158.    Schlußkupfer  aus:    David   Hess, 
Die  Badenfahrt.    Zürich,  1818. 


Baden  im  8.  Jahrhundert  /  Johannisbäder  /  Wiener  Badeverhältnisse       399 


Abb.  159.    Leiste  aus:  De  Balneis  Venetiis  (Venedig)  apud  Juntas.    1553. 


NACHTRAG 

Für  die  Häufigkeit  des  Badens  in  Deutschland  im  8.  Jahrhundert  spricht  vielleicht 
ein  Vermerk  in  zwei  altdeutsch  geschriebenen  Rezepten  der  Baseler  Universitäts- 
bibliothek, die  aus  jener  Zeit  stammen.  Während  des  Gebrauchs  der  dort  aufgeführten 
Gewürze  soll  nicht  gewaschen  und  gebadet  werden :  „ni  in  demo  ni  duuahe:  ni  in  demo 
ni  pado"  ö95. 

Die  Johannisbäder  wurden  im  Württembergischen  nicht  nur  1591  und  1602  (S.  20) 
verboten,  sondern  auch  am  19.  August  1639  und  nochmals  am  14.  Mai  1666  zusammen 
mit  dem  Johannifeuer29i. 

Weswegen  die  Ankündigung  der  FERROschen  Badeanstalt  in  Wien  von  den  kaiser- 
lichen Leibärzten  van  Swieten  und  Störk  angegriffen  wurde  (S.  47),  ist  nicht  recht  klar; 
denn  Ferro  selbst  schreibt,  die  medizinische  Fakultät  habe  über  die  Errichtung  seiner 
Anstalt  den  vorteilhaftesten  Bericht  abgegeben.  „Es  ist",  schrieb  sie  unter  anderem, 
„durch  Erfahrungen  bestätigt,  daß  in  sehr  vielen  kränklichen  Umständen  die  kalten  Bäder 
großen  Nutzen  schaffen  und  oft  solche  Kranke  vollkommen  herstellen,  die  lange  Zeit 
andere  Mittel  fruchtlos  gebraucht  haben"  i35. 

Die  S.  52  angeführte,  seit  1839  bestehende  militärische  Schwimmschule  in  Graz  war 
nicht  die  erste  derartige  Anstalt  in  Österreich,  sondern  die  1812  errichtete  k.  k.  Militär- 
Schwimmschule  im  Fahnenstangenwasser  im  Prater  zu  Wien,  wo  auch  Zivilpersonen 
auf  Wunsch  gegen  mäßige  Vergütung  Unterricht  im  Schwimmen  erhielten  und  nach 
dem  Erlernen  baden  durften.  Unmittelbar  daran  errichtete  1838  der  Schwimmeister  das 
„Fahnenstangenbad",  abgesondert  für  Geschlechter,  als  eigene  Unternehmung,  mit  den 
nötigen  Bequemlichkeiten.  Im  Kaiserwasser,  links  von  der  kleinen  Taborbrücke,  bestand 
seit  1830  die  „Damenschwimmschule"  mit  Abteilungen  auch  für  Männer  unter  dem 
Namen  „Ferdinand-  und  Maria-Annabad".  Bemerkt  sei  noch,  daß  1810  die  Freibäder  in 
der  Donau  an  Plätzen  entstanden,  die  der  Sicherheit  wegen  durch  F*fähle  mit  Stricklinien 
abgesteckt  wurden  636. 


400        Agnes  Bemaiienn  /  Züricher  Kalender  /  Schröpfen  im  Bad  /  Sittlichkeit 

Die  S.  67  erwähnte  Baderstochter  von  Augsburg,  die  Herzog  Albrecht  III.  von  Bayern 
1432  heiratete,  ist  die  bekannte  Agnes  Bernauer,  die  auf  Betreiben  von  Albrechts  Vater, 
Herzog  Ernst,  1432  zum  Tode  verurteilt  und  zu  Straubing  in  der  Donau  ertränkt  vi^urde. 

Der  S.  76  angeführte  Züricher  Kalender  von  1585  ist  der  durch  Kaspar  Wolff  ge- 
stellte und  von  Froschauer  gedruckte  696 

Im  Gegensatz  zu  anderen  Schriftstellern  (S.  81)  sagt  Pyrmontanus  15Q7:  „Aderlassen 
oder  Schrepffen  soll  man  bey  höchster  gefahr  vermeiden,  die  jnsonderheit  baden 
wollen"  56.  Gemeint  ist  das  Baden  im  Wasser  von  Pyrmont.  Von  Marius  erfahren  wir 
1601,  daß  eine  alte  Gewohnheit  beim  Schröpfen  war,  am  Ende  mit  kaltem  Wasser  ab- 
zukühlen 4S5. 

Die  Rolle  der  „Badstover"  zu  Lübeck,  die  der  Handschrift  nach  Mitte  des  14.  Jahr- 
hunderts aufgeschrieben  wurde,  enthält  neben  Zunftangelegenheiten  folgende  das  Bade- 
leben betreffende  Stellen :  „Ok  so  en  mach  nyn  sulves  here  mannes  baden  laten  des 
avendes  na  des  dat  de  vrouwen  gebadet  hebben  by  dren  marken  sulvers  na  vnser  heren 
gnade,  yd  en  weren  vnse  heren  edder  junckheren  van  der  stad  vnde  erlike  borgere  ane 
vrowen  to  badende  (siehe  S.  86  u.  87).  Ok  so  en  schal  nyn  knecht  de  ene  mit  deme  an- 
dern in  den  stoven  speien,  de  wile  dar  lüde  baden,  by  eneme  halven  punde."  Das  Amt 
der  Bader  bestand  1806  noch  aus  vier  Personen  und  wurde  im  gleichen  Jahre  mit  dem 
der  Barbiere  vereinigt  689. 

Die  in  den  Badestuben  (S.  91)  und  Mineralbädern  bestehenden  Mißbräuche  gingen 
auch  auf  die  Flußbadeanstalten  über.  Zwierlein  schreibt  1803:  „Pfiffige  Wirte  waren 
hierbei  nicht  müßig  und  machten  Speculation  auf  die  Beutel  der  Badegäste;  sie  veran- 
stalteten Bälle,  halten  anlockende,  reizende  Mädchen,  haben  Erfrischungen  aller  Art, 
Getränke  und  Speisen  in  Bereitschaft,  um  ihre  Badegäste  zu  laben  und  zu  ermuntern  und 
solchen  immer  mehr  Lust  zu  dem  angenehmen  Badegeschäft  zu  machen,  zumal  jungen 
Personen;  es  wird  geschmauset,  gespielt,  gelärmt,  geschwärmt  und  getanzt  bis  tief  in 
die  Nacht,  und  so  endigt  sich  in  vielen  Städten  bei  den  Badeanstalten  auf  den  Flüssen 
fast  jeder  Tag  ....  Andere  bleiben  dann  abends,  durch  Gesellschaft  beredet,  im  Bade- 
hause oder  auf  dem  Badschiffe  beim  Souppee,  schwärmen,  spielen,  tanzen  und  schaden 
sich  mehr,  als  sie  durch  das  Bad  gut  gemacht  haben,  in  welchen  Fehler  Jünglinge  und 
andere  lustige  Brüder  gern  verfallen.  In  einer  Stadt  wurden  die  Ausschweifungen  unter 
den  Badgästen  so  auffallend,  daß  sich  die  Geistlichkeit  darein  mischte  und  es  dahin 
brachte,  daß  die  Badeanstalt  aufgehoben  wurde"  i57.  Ähnliche  unangenehme  Verhält- 
nisse traf  Munde  zu  Anfang  der  vierziger  Jahre  des  19.  Jahrhunderts  in  einer  der  ersten 
Wasserheilanstalten,  der  zu  Elgersburg,  an  und  kämpfte  gegen  sie  ohne  jeden  Erfolg  647 

Nicht  nur  in  Deutschland  (S.  111),  sondern  auch  in  Rußland  wurde  die  Badestube 
als  Wohnraum  benutzt.  So  berichtet  Petri  in  den  Pitoresken  aus  dem  Norden,  daß  man 
in  Rußland  die  Badestube  Leuten  zur  Wohnung  unter  der  Bedingung  überlasse,  daß 
sie  im  Sommer  täglich  frische  Birkenzweige  holen,  im  Winter  aber  nackte  Zweige  in  der 
Badestube  zum  Ausschlagen  bringen  644 


Baderuf  I  Regimen  sanitaüs  /  Wichelhausens  falsche  Schilderung  des  Badewesens    401 

Ein  Baderuf  (S.  145)  sei  hier  noch  angeführt,  der  aus  einem  Fastnachtsspiele  des 
15.  Jahrhunderts  genommen  ist,  das  die  Rufe  verschiedener  Handwerker  parodiert. 
„Wol  auf  gen  päd ! 

•Ir  Herrn,  mit  lecken,  paden  und  krauen 
Kan  ich  versehen  wol  die  frauen"  '^. 
Wurde  in  Zürich  1636  und  1650  das  Badrufen  am  Weihnachtsheiligabend  verboten 
(S.  144),  so  findet  es  1748  in  den  hundertsechsundfünfzig  Züricher  Ausrufbiidern  von 
Herrliberoer  keine  Erwähnung  mehr.  Obwohl  es  zur  Zeit  keinen  Weinrufer  mehr 
gab,  bringt  Herrliberoer  aus  geschichtlichem  Interesse  sein  Bild  und  seinen  Ruf.  Den 
Badrufer  kennt  er  aber  nicht  einmal  vom  Hörensagen  ö97. 

Die  Mainauer  Naturlehre  (S.  173)  diente  zur  Grundlage  einem  Regimen  sanitatis,  das 
ein  Arzt  im  15.  Jahrhundert  für  den  Großmeister  des  deutschen  Ordens  zu  Marienburg 
bearbeitete.  Im  Auszug  ist  es  in  Raumers  Taschenbuch  (1844)698^  vollständig  aber  in 
Gruners  Almanach  (1784)  699  mitgeteilt.  Das  Manuskript  befindet  sich  auf  der  Königs- 
berger Bibliothek.  Die  das  Baden  betreffende  Stelle  lautet:  „Ouch  genediger  herre  moget 
ir  vnderczeithen  baden  noch  euwer  gewonheit  des  morgens  nüchtern  vnd  noch  dem 
bade  haltdet  euch  warm  besunder  das  houpt  noch  dem  waschen." 

Eine  vollkommene  Unkenntnis  des  einstigen  deutschen  Badewesens  zeigt  Wichel- 
hausen in  seinem  1807  erschienenen  geschichtlichen  Werke  über  die  Bäder.  Vieles  hat 
er  des  Leibmedikus  Moehsen  Geschichte  der  Wissenschaften  in  der  Mark  Brandenburg 
entnommen,  selbst  aber  noch  reichlich  Verwirrung  angerichtet.  Kaiser  Karl  der  Große 
trug  nach  ihm  „zur  Erhaltung  des  kunstgemäßen  Badegebrauches  nicht  wenig  bei". 
Unter  dessen  ersten  Nachfolgern  scheint  sich  der  Badegebrauch  noch  erhalten,  im 
10.,  11.  und  12.  Jahrhundert  aber  abgenommen  zu  haben.  Moehsen  behauptet,  daß  die 
Bäder  damals  in  Deutschland  vernachlässigt  worden.  Daß  der  Gebrauch  derselben  in 
diesen  Zeiten  der  bürgerlichen  Kriege  und  der  Anarchie  sehr  abgenommen,  erhellt  auch 
daraus,  was  Moehsen  anführt.  Er  behauptet,  daß  es  in  diesem  Zeitalter  den  Regenten 
und  Geistlichen  schwer  geworden  wäre,  die  Menschen  an  Reinlichkeit  und  den  Ge- 
brauch der  Bäder  zu  gewöhnen,  die  doch  wegen  des  herrschenden  Aussatzes  doppelt 
notwendig  gewesen.  Die  Mönche  bedienten  sich  in  der  Hinsicht  damals  des  Kunst- 
griffes, daß  sie  den  Badegebrauch  durch  religiöse  Grundsätze  heiligten,  indem  sie  be- 
haupteten, daß  durch  das  Baden  die  Sünden  abgewaschen  und  Absolution  von  allen 
Vergehungen  erhalten  werden  könnte.  Diese  Bäder  nannten  sie  Seelenbäder  (balnea 
animarum,  refrigeria  animi).  Unter  diesem  Vorwande  erhielten  sie  Vermächtnisse,  wofür 
sich  arme  Leute  entweder  in  den  Klöstern,  in  den  Hospitälern  oder  den  Badestuben 
frei  baden  durften,  auch  auf  Verlangen  geschröpft  und  zur  Ader  gelassen  werden 
konnten  und  gespeiset  oder  mit  Brot,  Bier  und  Salz  beschenkt  wurden.  Diese  Werke 
der  Wohltätigkeit  sollten  auf  das  Wohl  der  Seelen  der  Stifter  im  Fegefeuer  einen  Ein- 
fluß haben,  sie  abkühlen  und  ihre  Pein  vermindern.  Die  Ritter  und  Knappen  scheinen 
damals  auch  keine  Muster  der  Reinlichkeit  gewesen  zu  sein  und  an  Bädern  großen  Ge- 
fallen gefunden  zu  haben,  weil  ein  Gesetz  notwendig  war,  nach  welchem  kein  Ritter 

Martin,  Badewesen  26 


402  Oebrauch  der  Thermometer  /  Wildbad  Oastein 

in  einem  Orden  Aufnahme  fand  und  kein  Knappe  den  Ritterschlag  erhielt,  wenn  sie 
nicht  am  Abend  vorher  gebadet  und  ihre  schmutzigen  langen  Barte  hatten  abnehmen 
lassen.  Auch  durfte  damals  kein  Brautpaar  getrauet  und  kein  Gast  zur  Hochzeit  gelassen 
werden,  wenn  sie  sich  nicht  vorher  gebadet  hatten.  Die  Handwerker  suchte  man  da- 
durch an  die  Bäder  zu  gewöhnen,  daß  sie  alle  Sonnabend  durch  eine  Prozession  der  Lehr- 
linge der  Bader  unter  dem  Klange  der  Becken  zum  Baden  aufgemuntert  wurden."  Schon 
seit  der  Mitte  des  14.  (!)  Jahrhunderts  sollen  sich  die  Badeanstalten  allmählich  infolge 
ansteckender  Krankheiten  ihrem  gänzlichen  Verfall  im  abendländischen  Europa  ge- 
nähert haben.  „Die  große,  schreckliche,  aus  dem  Morgenlande  gekommene  Pest,  welche 
von  dem  Jahre  1347  oder  nach  anderen  1348  an,  den  größten  Teil  der  Bevölkerung  von 
Europa  aufrieb,  hat  zuverlässig  die  Vernachlässigung  der  Bäder  zur  Folge  gehabt"  i55. 

Das  Thermometer  fand  zur  Bestimmung  des  Badewassers  erst  allmählich  volle  An- 
erkennung. 1793  sagt  noch  Zwierlein,  es  könne  nicht  zum  allgemeinen  Maßstab  dienen, 
das  Gefühl  sei  der  richtigste  Wärmemesser  6^6^  andere  wollten  wieder,  man  solle  mit 
dem  Thermometer  feststellen,  ob  sich  die  Temperatur  nicht  über  und  nicht  unter  be- 
stimmten Graden  befände,  innerhalb  derselben  müsse  das  Gefühl  entscheiden.  In  den 
Kurorten  wurde  im  allgemeinen  der  Gebrauch  des  Thermometers  vernachlässigt.  Das 
Journal  des  Luxus  und  der  Moden  warf  Marcard  vor,  daß  er  wohl  in  seinen  Schriften 
die  verschiedene  Wirkung  verschieden  warmer  Bäder  erörtere,  in  seinem  Bad  Pyrmont 
die  Bäderwärter  die  vorgeschriebene  Temperatur  des  Bades  aber  gar  nicht  beachteten. 
Wetzler  fand  (1822)  in  zwanzig  Bädern  nur  zwei  Thermometer.  Wenn  er  danach 
fragte,  hieß  es  immer,  sie  seien  erst  vor  ein  paar  Tagen  zerbrochen  worden  370.  Hufeland 
rühmte  dagegen  1815  die  pünktliche  Temperaturmessung  in  Nenndorf,  wo  besondere 
Badethermometer  auf  einer  Korkscheibe  senkrecht  im  Wasser  schwammen  und  man 
die  Veränderung  der  Wärme  während  des  Badens  beobachten  konnte,  um  rechtzeitig 
einen  nötigen  Zusatz  von  warmem  Wasser  feststellen  zu  können  642.  Sehr  viele  Thermo- 
meter wichen  in  ihren  Angaben  vom  Normalen  ab.  Als  die  besten  galten  gegen  Ende 
des  18.  und  zu  Anfang  des  19.  Jahrhunderts  die  RAMSDENschen  Badethermometer,  doch 
sagt  Kahtlor  1722,  daß  man  jetzt  vollkommen  richtige  auch  in  Deutschland  anfertige, 
und  er  rühmt  die  Fabrikate  aus  Frankfurt  a.  M.,  Jena,  Nürnberg  und  Wien,  die  manchem 
RAMSDENschen  vorzuziehen  seien  644. 

Wildbad  Gastein  (S.  227,  S.  269  und  Abb.  121)  behielt  bis  ins  19.  Jahrhundert  seinen 
alten  Charakter.  1832  besaß  es  zwanzig  Häuser,  von  denen  mit  Ausnahme  des  Schlosses 
und  des  erzherzoglich  Johannschen  Gebäudes  kaum  drei  steinern  waren.  „Untersuchen 
wir  nun  die  innere  Beschaffenheit  derselben,  so  kommen  wir  leider  abermals  zu  keinem 
tröstlicheren  Resultate;  denn  mit  Ausnahme  des  Schlosses  und  zum  Teil  des  neuen 
Straubinger  und  Grabenwirtshauses,  dann  der  Wohnung  des  Chirurgen  sind  alle 
übrigen  und  namentlich  das  dreihundert  Jahre  alte,  ganz  und  gar  aus  Holz  gebaute  und 
daher  mit  Recht  die  alte  Straubingerhütte*  genannte  Haus  höchst  dürftig  und  unbequem. 
*  „Westenrieder  nennt  diese  Hütte  eine  armselige,  unbeiiülfliche,  modernde,  traurige  und  gefahr- 


Wildbad  Oaste'm  403 

Wer  die  Beschreibungen  vom  Oasteiner  Wildbad  früher  gelesen  hat,  kommt  ohnehin 
mit  einer  bangen  Erwartung  hier  an ;  hat  er  aber  das  Unglück,  in  eine  solche  erbärm- 
liche, bretterne  Spelunke  verwiesen  zu  werden,  dann  fällt  ihm  der  Mut  gewaltig,  und 
nur  die  unerwartete  Überzeugung  von  der  Gleichgiltigkeit,  womit  die  andern  Badegäste 
das  gemeinschaftliche  unvermeidliche  Mißgeschick  tragen,  muntert  ihn  einigermaßen 
auf,  ein  Gleiches  zu  thun."  Folgende  Anekdote  wurde  von  einem  Gasteiner  Tavernisten 
erzählt:  „Einer  dieser  letzteren  äußerte  sich  über  die  unbilligen  und  übertriebenen  For- 
derungen der  jetzigen  Badegäste  ungefähr  also :  Ich  weiß  nicht,  was  die  Leute  heut  zu 
Tag  alles  begehren ;  sonst  waren  gar  viele  froh,  wenn  sie  in  der  Gastein  auf  Heu  schlafen 
konnten;  die  Vornehmen  legte  ich  je  zwei  und  zwei  in  ein  Bett,  und  solcher  Betten 
standen  zwei  bis  drei  in  einem  Zimmer;  nur  in  ganz  besonderen  Fällen  wurde  einer  ein- 
zelnen Person  ein  einzelnes  Zimmer  zu  Teil;  jetzt  will  jeder  Gast  gleich  dem  größten 
Herrn  bedient  und  für  sich  allein  bequartiert  sein!" 

Über  die  Beschaffenheit  der  Bäder  sagt  dieselbe  Schrift:  „In  dieser  Hinsicht  werde 
ich  mich  wieder  vorzugsweise  an  die  Straubingerschen  halten,  da  jene  im  Schloß,  sowie 
alles  daselbst,  keiner  Kritik  bedürfen,  und  diese  unter  den  übrigen  nicht  allein  die  zahl- 
reichsten, sondern  auch  die  zweckmäßigsten  sind.  Das  alte  Straubingerhaus  besitzt 
sieben  Bäder  und  zwar  ein  Kommun-  oder  gemeinschaftliches,  dann  vier  Solitär-  oder 
Separat-  und  zwei  für  gemeine  Leute  bestimmte  Bäder;  im  neuen  Hause  befinden  sich 
ein  Vollbad  und  zwei  Einzelnbäder.  Außerdem  besitzt  der  Mitterwirt  drei  und  der 
Grabenwirt  ebenfalls  drei  Bäder,  und  endlich  ist  noch  in  dem  Hause  des  Chirurgen  das 
sogenannte  Schröpf-  oder  Krükenbad.  Die  gemeinschaftlichen  oder  Vollbäder  sind  alle 
kaum  so  groß,  daß  zwölf  bis  sechszehn  Personnen  bequem  zusammen  baden  können, 
d.  h.  jedoch  nur  in  dem  Fall,  wenn  die  Ankleidezimmer  darnach  eingerichtet  wären. 
Diese  aber  sind  in  einer  Art  angelegt,  daß  man  sich  nicht  genug  über  den  Baumeister 
wundern  kann.  Denn  hat  man  sich  eine  zweiundvierzig  Stufen  zählende,  ziemlich  steile 
Stiege  mühsam  hinabgeschleppt,  so  gelangt  man  durch  einen  engen  Gang  in  die 
bretternen  Verschlage,  die  man  Ankleidezimmer  nennt.  Sie  sind  sämtlich  so  eng,  daß 
sich  höchstens  zwei  Personen  zu  gleicher  Zeit  an-  und  auskleiden  können,  aber  dabei 
so  finster,  daß  man  anfangs  beim  Eintritt  ganz  blind  zu  sein  scheint,  und  endlich  bieten 
sie  zur  Bequemlichkeit  außer  einer  kaum  einen  Schuh  breiten,  längs  der  Wand  hin- 
volle und  sagt,  daß  die  Fußböden  und  Stubenwände  so  dünn  sind  und  hörig,  daß  man  jeden  leisen 
Tritt  über  sich  wie  ein  Geklapper,  jede  leise  Bewegung  und  Stimme  eines  Gastes  neben  sich,  als 
stünde  er  vor  uns,  vernehmen  kann ;  ferner  daß  fast  keine  Stube  mehr  in  ihrer  ursprünglichen,  recht- 
winkligen Lage,  sondern  die  meisten  sichtlich  verschoben  und  auf  einer  Seite  bedeutend  abhängig, 
endlich  daß  die  alten  Treppen  stark  gespalten  und  so  wie  die  Abtritte,  welche  in  der  freien  Luft 
über  Abgründen  schweben,  das  tief  unten  vorbeischäumende  Wasser  erblicken  lassen.  Und  diese 
Beschreibung,  wer  wundert  sich  darüber  nicht!  paßt  heute  (1832)  nach  zwanzig  Jahren  noch  aufs 
genaueste!  —  Blumauer  sagt  in  seiner  Epistel  vom  Jahre  1785: 

die  Fenster  alle 

Stehn  mit  dem  Wind  Jahr  aus  Jahr  ein 

Dem  Ansehn  nach  in  förmlichen  Tractaten, 

Ihm  stets  den  Durchgang  zu  gestatten." 


404  Gastein  /  Fabian  Sommer  über  Karlsbad  1572 

laufenden  hölzernen  Bank  ein  paar  Nägel  zum  Aufhängen  der  Kleider  und  einem  eisernen 
Ofen  zum  Wärmen  der  Badewäsche  weiter  nichts  dar.  Ein  jedes  Vollbad  besitzt,  was 
ebenfalls  unbegreiflich  ist,  nur  ein  solches  Zimmer,  und  man  kann  sich  demnach  leicht 
denken,  wie  sehr  die  Badegäste  hier  beengt  sind,  indem  beide  Geschlechter  sich  des- 
selben Zimmers  bedienen  müssen  und  der  kleine  Raum  desselben  nicht  gestattet,  auf 
einmal  mehr  als  zwei  Personen  aufzunehmen.  Die  Solitärbäder  sind  nur  etwas  wenig 
kleiner,  entsprechen  daher  ihrem  Zweck  insofern  gar  nicht,  als  sie  für  jedes  einzelne  Bad 
nicht  besonders  ab-  und  vollgelassen  werden  können,  weil  sie  zu  groß  sind  und  daher 
zu  langsam  erkalten  würden.  Man  badet  also  auch  hier  zumeist  in  demselben  Wasser, 
worin  sich  früher  ein  Anderer  schon  befunden  hat.  Alle  Bäder  haben  den  gemeinschaft- 
lichen Fehler,  daß  sie  nur  mit  einem  bretternen  Dach  bedeckt,  daher  nicht  selten  dem 
Wind  und  Wetter  zu  sehr  Preis  gegeben  sind,  indem  es  sich  selbst  in  diesem  Jahr  sogar 

ereignet  hat,  daß  die  Badenden  mit  Schneeflocken  heimgesucht  wurden Endlich 

kann  ich  nicht  ungerügt  lassen,  daß  in  den  sämtlichen  Bädern  längs  den  Wänden  des 
Wasserbehälters  nur  zwei  Bänke  angebracht  sind,  und  daß  daher  Kinder  und  solche 
Kranke,  welche  z.  B.  nur  die  untern  Gliedmaßen  und  das  Gesäß  in  Wasser  setzen  wollen, 
so  wie  sehr  Schwache,  da  sie  sich  nirgends  als  an  der  Bank  zu  halten  vermögen,  ohne 
besondere  Unterstützung  nicht  baden  können." 

Die  „ungünstige  und  wahrhaft  furchtbare"  Lage  des  Wildbades  Gastein  regte  den 
Gedanken  an,  das  Wasser  nach  einer  für  Bauten  günstigeren  Stelle  zu  leiten.  Schon  im 
Jahre  1760  hatte  der  Erzbischof  Sigmund  von  Schrattenbach  eine  kleine  Badeanstalt  für 
zwölf  Personen  unterhalb  des  Wildbades  bei  der  sogenannten  Badbrücke  errichtet,  die 
aber  nach  dem  Tode  des  Erbauers  wegen  Gefährdung  durch  die  wilde  Kötschach  ein- 
ging. Spätere  Pläne,  darunter  einer,  das  Wasser  aufwärts  zu  leiten,  scheiterten  aus  ver- 
schiedenen Gründen,  bis  1829  der  Bau  der  Wassedeitung  nach  Hof  Gastein  —  zwei- 
undeinviertel  Stunde  vom  Wildbad  gelegen  —  in  Angriff  genommen  wurde.  Das 
Wasser,  das  mit  36  "  R  im  Bad  entspringt,  traf  mit  26  bis  29  o  im  Hof  ein.  Übrigens 
wurde  es  schon  früher  in  Fässern  nach  dem  dreizehn  Meilen  entfernten  Salzburg  mit 
Postpferden  geführt  und  konnte  daselbst  noch  mit  29  o  R  zum  Baden  gebraucht  werden. 
Auch  nach  Hof  Gastein  wurde  schon  vor  Herstellung  der  Leitung  seit  1824  das  Wasser 
vom  Wildbade  fuhrenweise  in  Fässern  in  die  Brauerei  hinabgeführt,  wo  in  Wannen  ge- 
badet wurde.    Eine  zweispännige  Fuhre  reichte  für  sechs  Bäder  hin  ßss 

Schon  Fabian  Sommer  erwähnt  in  seinem  Buche  über  Karlsbad  (deutsch  nach  seinem 
Tode  1 572  von  seinem  Bruder  Matthias  herausgegeben),  daß  man  beim  „Brudel"  (Sprudel) 
Eier  koche,  Hühner,  Gänse  und  Schweine  abbrühe  (S.  267  und  Abb.  144).  „Aber  das  wir 
wider  auff  den  Brudel  kommen,  beim  Stege  auff  der  lincken  selten,  da  man  von  der 
Kirchen  herunter  gehet,  ist  ein  ebener  blatz,  dahin  das  Wasser  zu  manchedey  nutz 
fleusset,  denn  daselbst  die  Hüner,  Gense  (wie  oben  berurt),  Enten,  Schwein,  mit  dem 
heissen  Wasser  abgebrüet  werden,  daselbst  reibet  vnd  weschet  man  allerley  gefes,  vnd 
mit  dem  Wasser  brühet  man  dem  Vieh  das  Grummet  an,  vnd  sonst  machet  man  alleriey 


" 


Die  Bäder  und  die  Quellen  in  Karlsbad  405 

garstige  weide  rein,  daselbst  fenget  man  das  warme  Wasser,  welchs  den  Becken  zum 
kneten  vnd  backen  sehr  dienstlich,  vnd  ist  das  Wasser  fast  zu  allen  dingen  nützlich,  darzu 
man  sonst  das  schlecht  gesottene  Wasser  gebrauchet." 

An  das  Sprudelgehäuse  „sind  viel  Rinnen  geleget,  welche  denn  das  Wasser  an  alle 

örter,  in  der  Wirte  Heuser  zum  baden  einführen Auff  das  ich  aber  widerumb  komme 

auff  die  Rinnen,  die  in  die  zwey  Heuslein  angesetzet,  so  sind  derselben  sehr  viel  vnd 
mancherley  in  vnd  nach  einander  gesetzet.  Denn  etliche  in  die  lenge,  etliche  in  die  breite 
vber  das  Wasser  auffgerichtet,  vnnd  in  der  Bürger  Heuser  eingefüret  werden,  dadurch 
das  Wasser  in  die  Bade  einfliessen  möge  (S.  334  und  Abb.  142).  Von  dem  ort  (Hospital), 
wenn  man  hienauffwarts  nach  dem  Marckt  zugehet,  seind  die  Wirdt  gegen  der  Döpel 
zu,  vnd  die  Herbergen  für  diese  Geste,  so  eines  bessern  vermügens  sind,  vnter  welchen 
etliche  zwey,  etliche  drey,  etliche  auch  vier  Bade  haben,  welche  für  allerley  gelegenheit 
vnd  kranckheit  frembder  Leut  auffgebawet  sind.  Vnd  treget  sich  offt  zu,  dieweil  jr  viel 
in  einem  Hause  sind,  denen  doch  nicht  zugleich  mit  einander  zu  baden  geraten,  das  ein 
Gast  ein  bad  für  sich,  der  ander  dergleichen  ein  anders,  vnd  so  fort  an,  jnnen  hat. 

Eben  an  denselben  ort  da  man  nach  dem  Stege  (beim  Sprudel)  zugehet,  ist  das 
grosse  gemeine  Bad,  welches  in  zwey  Theil  vnterschiedlich  gebawet  ist,  denn  in  den 
ersten  die  Menner,  in  den  andern  die  Weiber  baden  (Abb.  144).  Vnd  mag  in  denseibigen 
jederman  beyde  frembde  vnd  Inwoner  baden,  wo  sie  nicht  kretzig,  aussetzig,  oder  der- 
gleichen schedliche  vnnd  schwirichte  kranckheit  an  sich  haben,  denn  inn  diesen  feilen 
werden  sie  inn  andere  Bad  gewiesen,  welche  hart  bey  den  gemeinen  Baden  sind  gelegen. 
Denn  für  diese  Krancken  hat  man  drey  Bad  auffgebawet,  die  nach  eines  jeden  kranckheit 
ort  vnterschieden.  Denn  in  dem  ersten  baden  die  schlechts  kretzig  sind,  in  dem  andern 
so  aussetzig  (vgl.  S.  200),  in  dem  dritten  so  mit  hefftigen  vnd  gefehrlichen  geschwüren 
beladen  sind.  (Die  Angabe  Bechers  S.  200,  daß  nach  Sommer  Kretzige  und  Aussätzige  in 
Karlsbad  zusammen  badeten,  ist  demnach  nicht  richtig).  Es  wolle  sich  aber  wol  ge- 
büren  das  die  Aussetzigen  oder  mit  andern  gefehrlichen  Geschwürn  befleckten  Leut,  an 
einem  andern  von  gesunder  leut  gemeinschafft  abgesünderten  ort,  mit  sonderlichem 
baden  versorget  würden.  Welches  beyde  den  Auslendischen  die  jhre  Krancken  fast  alle 
Jar  ins  warme  Bad  verschicken  (siehe  S.  200),  vnd  den  Inwohnern  gebüren  wil.  Wiewol 
ohne  das  die  Inwohner  mehr  denn  zu  viel  von  armen  leuten,  auch  sonsten  von  allerley 
Streichern  vnd  Stürtzern  beschweret  werden  .... 

Es  ist  auch  vor  etlichen  Jaren  ein  Geschrey  in  viel  Lender  kommen,  als  solle  das 
Wasser  wegen  der  Inwohner  Geitz  aussen  blieben  sein  (vgl.  S.  330).  Vnd  ob  ich  wol 
den  Geitz  nicht  lobe,  sondern  viel  mehr  als  ein  Laster  straffe,  Doch  so  ist  des  aussen- 
bliebenen  Wassers,  dieses  nicht  die  vrsach,  sondern  weil  es  an  eim  andern  ort  sich  ge- 
samlet  vnd  auffgesprungen  ist,  hat  dieser  Brudel  auffgehöret  (vgl.  S.  336)  .... 

Eben  an  dem  ort,  da  jetzt  das  Rathaus  stehet,  sind  vor  zelten  die  gemeinen  Bad  ge- 
standen, die  jetzt  vber  den  Steg  bey  der  Döpel  gelegen.  Vnnd  dieselbigen  Bad  waren 
an  einem  nidrigen  ort  auffgebawet,  mit  Mawren  verwahret,  vnd  also  vnterschieden,  wie 


406       Die  Karlsbader  Badekuren  j  Der  Fresser  /  Eigenart  des  Karlsbader 

diese  so  jetzt  für  Man  vnnd  Weibs  Person  vnterschiedlich  sind  auffgebawet.  Es  ist  aber 
das  sehr  heisse  Wasser,  von  dem  Brudel,  vber  die  Döpei,  in  die  alten  gemeine  Bade,  so 
beym  Rathaus  gestanden,  eingeführet  worden.  Vnd  weil  das  Wasser  allzu  heis  gewesen, 
ist  das  lalichte  welches  an  bemeltem  ort  auffgequollen,  das  es  zu  baden  bequem  vnnd 
nützlich  werden  möchte,  durch  sonderliche  Rinnen  ins  heisse  Wasser  eingefüret,  vnnd 
damit  vermenget  worden." 

Dieses  laue  Wasser,  in  dem  Kaiser  Karl  IV.  gebadet  haben  sollte,  das  1572  aber  un- 
benutzt war,  hatte  die  Haut  so  heftig  aufgebissen,  daß  es  des  Fressers  Namen  be- 
kommen. Das  laue  Creusinbad,  dessen  Quelle  zur  gleichen  Zeit  mit  Mist  verschüttet 
war,  hieß  aus  demselben  Grunde  der  Fresser.  Auch  von  anderen  lauen  Adern  hebt 
Sommer  hervor,  daß  sie  die  Haut  aufbissen,  die  heißen  Quellen  auch  dann,  wenn  das 
Wasser  etwas  kühler  und  lauer  geworden  war.  Wie  schon  S.  252  erwähnt,  bildete  das 
Baden  mit  dem  Aufbeißen  der  Haut  in  Karlsbad  eine  besondere  Badeart  neben  dem  ge- 
wöhnlichen Baden.  Bei  letzterem  ließ  Sommer  im  warmen  Wasser  vierzehn  oder  fünf- 
zehn Tage  mit  Ansteigen  bis  fünf  Stunden  täglich  baden.  Einen  Ausschlag  erwähnt  er 
bei  der  Beschreibung  dieser  Kur  nicht,  er  scheint  aber  doch  aufgetreten  zu  sein;  denn 
an  anderer  Stelle  sagt  Sommer:  „Aber  wenn  das  wasser  etwas  wermer  ist,  so  wird  die- 
selbe verschlossene  vnd  kalte  materien  beweget  vnd  thetig,  das  daraus  kretz,  Bletterlein 
vnnd  dergleichen  geschwür  erfolgen.  Aber  man  mus  darumb  nicht  gedencken,  dieweil 
das  warme  Wasser  solche  kretz  heraus  in  die  Haut  treibet,  das  es  dieselbe  auch  auff- 
beisse." 

Das  Aufbeißen  der  Haut  war  demnach  nur  eine  besondere,  mit  starker  Entzündung 
derselben  einhergehende  Form  des  Badeausschlags,  bei  der  der  Leib  offen  war  und  die 
böse  Materie  herausfloß.  Nach  Sommer  sollte  man  am  Tag  bis  zwölf  Stunden  baden, 
die  Kranken  taten  es  aber  bis  zwei  Tage  und  Nächte  hintereinander  und  darüber.  Daß 
bei  diesem  langen  Baden  der  Ausschlag  stärker  ausfiel  als  bei  fünfstündigem  am  Tag, 
ist  selbstverständlich,  im  Gegensatz  zu  allen  anderen  Bädern  geschah  dies  aber  in  Karls- 
bad nicht  im  warmen,  sondern  im  lauen  oder  gar  kalten  Wasser;  denn  Sommer  kämpft 
gegen  die  Ratschläge  der  Wirte,  daß  die  Gäste  kalt  baden  sollten,  wenn  ihnen  auch  die  Haut 
darüber  schauern  möchte,  sagt  aber  selbst:  „Da  aber  einer  mit  dem  baden,  vnd  auff- 
beissen  eilen  wolte,  sol  er  das  Wasser  nicht  alle  tage  auslassen,  sondern  ein  drey,  oder 
vier  tage  lassen  stehen,  denn  wenn  es  stehet  (also  doch  kalt  ist!),  wird  es  scherffer,  vnd 
beisset  die  Haut  desto  eher  auff." 

Das  Karlsbader  Wasser  muß  also  ganz  besondere  Eigenschaften  haben;  denn  all- 
gemein galt,  das  warme  Wasser  „beisse  die  Haut  auff,  vnd  mache  sie  schwürich,  welches 
doch  nicht  ist,"  wie  Sommer  auf  Grund  seiner  Erfahrung  in  Karlsbad  annimmt,  „sondern 
wie  zuuor  vormeldet,  das  warme  Wasser  machet  widerumb  gantz  vnd  heilet".  Aus- 
nahmen kämen  allerdings  vor.  Man  war  damals  verschiedener  Meinung  über  die  Ur- 
sache der  eigenartigen  Wirkung.  „Die  erste  vrsach,  warumb  das  lalichte  wasser  auff- 
beisset",  schreibt  Sommer,  „stehet  inn  des  Alauns,  Vitriols,  vnnd  Salpeters  scherffe. 


Wassers  beim  Baden  /   Trinkkuren  /  Duschen  /  Dampfbäder  in  Karlsbad  407 

welche  mineren  im  warmen  Wasser,  wenn  es  lalicht  worden,  gar  krefftiger  wircken. 
Denn  so  das  Wasser  warm  ist,  so  werden  die  theii  der  vorbenandten  mineren  zur- 
strewet,  vnd  etwas  stumpffer,  das  sie  nicht  so  thetig  in  warmen,  als  in  ialichten  wasser 
sein  können.  Wenn  aber  wie  gesaget,  das  wasser  lalichter  ist  worden,  werden  sie  etwas 
scherffers  vnd  thetigers,  dieweil  die  hitze  (welche  die  jetzt  bemelten  mineren  etwas  vn- 
düchtig  gemacht)  dem  wasser  entgangen  ist.  Die  ander  vrsach  ist,  das  keine  fettigkeit 
mehr  vorhanden  ist,  vom  Kalch  weisser  vnd  roter  Erden,  wie  wir  oben  Bergröte  vnnd 
Bergweisse  genandt  haben.  Denn  wenn  die  zehen  feuchtigkeiten  durch  die  hitze  im 
wasser  allent  halben  beysammen  vnd  gantz  bleibet,  vnd  nicht  durch  den  Braden  vnd 
das  auskülen  von  dem  Wasser  abgesondert  werden,  so  dempffen  sie  die  obbemelte 
mineren  das  sie  jre  kreffte,  nicht  haben  vnd  wircken  können,  denn  die  fettigkeit  drückt 
vnter  die  scherff  der  jetzt  benandten  mineren.  Wenn  sich  aber  solche  zehe  vnd 
schleimichte  fettigkeit,  durch  das  ausbrednen  verliret  (welches  geschieht,  wenn  das 
Wasser  kalt  wird)  werden  die  Mineren,  so  von  der  zehen  fettigkeit  frey  sein,  viel  kreff- 
tiger vnnd  thetiger.  Vnnd  aus  diesen  zweyen  vrsachen  beisset  das  kalte  Wasser  die 
haut  auff,  nemlich  weil  die  hitz  dem  Wasser  entgangen  vnd  fettigkeit  des  kalch s, 
Schwefels,  Bergröt,  vnd  Bergweis  durchs  ausbrednen  zerstrewet,  welche  fettigkeit 
zuuor,  da  das  Wasser  warm  war,  bemelte  mineren  krafft  vnd  wirckung  gedempfet  hat."  ' 
Im  gleichen  Sinne  erklärt  er,  warum  das  warme  Wasser  die  Haut  wiederum  zuheile. 

Sommer  hat  an  der  Wahrheit  wohl  nicht  allzuweit  vorbeigeschossen,  wenn  er  die 
Wirkung  verschieden  temperierter  Bäder  von  Karlsbader  Wasser  dem  verschiedenen 
Verhalten  der  mineralischen  Bestandteile  zuschreibt.  Vielleicht  kann  uns  heute  die  phy- 
sikalische Chemie  darüber  aufklären,  warum  die  mineralischen  Bestandteile  des  Karis- 
bades  in  heißem  Wasser  weniger  reizend  als  in  lauem  oder  kaltem  wirken. 

Sommer  wandte  sich  gegen  den  gleichzeitigen  Gebrauch  einer  Trink-  und  Badekur. 
Manche  tranken  einen  Tag,  den  anderen  badeten  sie,  andere  tranken  früh  und  badeten 
am  Nachmittag,  und  wieder  andere  hatten  den  bösesten  Brauch,  im  Bade  Mineralwasser 
zu  trinken.  Sechs  oder  sieben  Tage  sollte  die  Trinkkur  betragen,  an  die  sich  die  Badekur, 
wenn  vonnöten,  anzuschließen  hatte. 

Eingehends  handelt  Sommer  von  der  „Trefft"  (Dusche),  die,  wie  wir  ja  sahen,  in 
Karlsbad  reichliche  Anwendung  fand.  Die  „Stuften"  (Dampfbäder  über  den  Quellen) 
waren  aber  noch  nicht  in  Gebrauch.  Sommer  machte  Vorschläge  zur  Errichtung  der- 
selben 684 


LITERATUR 


1.  Tacitus,  Germania.  Die  Qeschichtssclireiber  der  deutschen  Vorzeit.  Die  Urzeit.  Bd.  1. 
Berlin,  1849. 

2.  Alpen po st.    Bd.  7.    Zürich,  1874. 

3.  Heyne,  Fünf  Bücher  deutscher  Hausaltertümer.  Bd.  1  (Wohnungswesen),  Bd.  3  (Körperpflege 
und  Kleidung).    Leipzig,  1899  u.  1903. 

4.  Schreger,  Balneotechnilc  oder  Anleitung,  Kunstbäder  zu  bereiten  und  anzuwenden.  Fürth, 
1803. 

5a.  Retzius,  Finland  i  nordiska  museet;  nägra  bidrag  tili  l<annedomen  cm  finnarnes  gamla  odling 
(Bidrag  tili  vär  odiings  häfder  ut  gifna  af  Artur  Hazelius.  I.).    Stockholm,  Beijers  Förlag,  1881. 
5b.  Dasselbe  Buch,  übersetzt  von  Appel.    Berlin,  1885. 

6.  Badenfahrt  von  Thomas  iVlurner.  Neudruck  nach  der  Ausgabe  Straßburg  1514.  Mit  Er- 
läuterungen insbesondere  über  das  altdeutsche  Badewesen  von  Martin.  Straßburg,  1887. 
Beiträge  zur  Landes-  und  Volkskunde  von  Elsaß-Lothringen.   Bd.  1.   Straßburg,  1889. 

7.  Kochendörff  er.  Zum  mittelalterlichen  Badewesen.  Zeitschrift. für  deutsche  Philologie.  Bd.  24. 
Halle,  1892. 

8.  Keller,  Bauriß  des  Klosters  St.  Gallen  vom  Jahr  820.    Zürich,  1844. 

9.  Gemeiner  lobHcher  Eydgnoschafft  Stetten,  Landen  vnd  Völckeren  Chronick  wirdiger  thaaten  be- 
schreybung.  .  .  .  Durch  Johann  Stumpfen.    Zürych,  1548. 

10.  Herbords  Leben  des  Bischofs  Otto  von  Bamberg.  Übersetzt  von  Prutz.  Die  Geschichts- 
schreiber der  deutschen  Vorzeit.    XII.  Jahrhundert.   Bd.  6.   Berlin,  1869. 

11.  Die  Stretlinger  Chronik.  Herausgegeben  von  Baechtold.  Bibliothek  älterer  Schrift- 
werke der  deutschen  Schweiz.  Bd.  1.  Frauenfeld,  1877. 

12.  Fastnachtspiele  aus  dem  15.  Jahrhundert.  Bibliothek  des  litterarischen  Vereins  in  Stuttgart. 
Bd.  28,  29,  30  und  Nachlese  Bd.  47.    Stuttgart,  1853  und  1858. 

13.  Ekkeharti  (IV.)  Casus  sancti  Galli,  herausgegeben  von  Meyer  von  Knonau.  Mitteilungen 
zur  vaterländischen  Geschichte.  Heft  15  und  16.  St.  Gallen,  1877.  —  Deutsch  von  Meyer 
von  Knonau.  Die  Geschichtsschreiber  der  deutschen  Vorzeit.  X.Jahrhundert.  Bd.  11.  Leipzig, 
1878.    Dort  Bruchstücke  aus  Cod.  Nr.  915  (lat.  Mitteilungen  usw.  Heft  11). 

14.  Stephani,  Der  älteste  deutsche  Wohnbau  und  seine  Einrichtung.  Bd.  2.  Leipzig,  1903. 

15.  Der  Mönch  von  St.  Gallen  über  die  Taten  Karls  des  Großen.  Übersetzt  von  Watten- 
bach.   Geschichtsschreiber  der  deutschen  Vorzeit.    IX.  Jahrhundert.    Bd.  13.    Berlin,  1850. 

16.  Zappert,  Über  das  Badewesen  mittelalterlicher  und  späterer  Zeit.  Archiv  für  Kunde  öster- 
reichischer Geschichtsquellen.  Bd.  21.  Wien,  1859. 

17.  von  Arx,  Geschichten  des  Kantons  St.  Gallen.    St.  Gallen,  1810—1813. 

18.  Sach,  Deutsches  Leben  in  der  Vergangenheit.    Halle,  1890  u.  1891. 

19.  Grimm,  Deutsche  Mythologie.    4.  Ausgabe  von  Meyer.    Berlin  und  Gütersloh,  1877. 

20.  Scheuchzer,  Beschreibung  der  Naturgeschichten  des  Schweizerlands.    Zürich,  1706—1708. 

21.  Von  dem  Bad  Pfeffers.  Gelegen  in  ober  Schweitz,  von  seinen  tugenten,  krefften,  vnd  wirckung, 
vrsprung  vnd  herkommen,  Regiment  vnd  ordinantz.  Durch  den  hochgelehrten,  vnd  erfarnen 
baider  artzney  Doctorem  Philippum  Theophrastum  Paracelsum.  Getruckt  zu  Straßburg,  bey 
Christian  Müller,  MDLXXl. 

22.  Gvilhelmi  Fabricii  Hildani...  Consilivm:  In  quo  de  conservanda  valetudine,  item,  de 
thermis  Vallesianis,  et  acidulis  Oriesbachcensibus  .  .  .  agitur.  Accessit  epistola  .  .  .,  in  qua  de 
thermis  Piperinis,  et  nonnullis  aliis,  lectu  dignis,  agitur.    Francofvrti,  MDCXXIX. 


Literatur  409 

23.  Brügger,  Ostrhätische  Studien  zur  Geschichte  des  Badelebens,  insbesondere  der  Kurorte 
Bormio  und  St.  JVloritz.    Zürich,  1863. 

24.  U hl  and.  Alte  hoch-  und  niederdeutsche  Volkslieder.  Bd.  1.  Abt.  2.  Stuttgart  und  Tübingen, 
1845. 

25.  Regimen  Sanitatis.  Dis  ist  das  Regiment  der  gesuntheit  durch  all  monat  des  gantzen  iors 
wie  man  sich  halten  soll  mit  essen  vnd  trincken  vnd  ouch  von  lossen  u.  Impressum  Argentine 
per  Mathiam  Brant  im  Rosengarten  u.  Anno  dni.  im  V.  ior  (1505). 

26.  Ein  kalender  mit  sinem  nüwen  vnd  stunden  vs  des  hochgelerten  doctor  iohannis  kung 
(Kungsberger)  sunst  vil  subtiler  Sachen  mit  vil  figuren  ....  Getruckt  in  der  keiserlichen 
statt  Zürich  durch  Hansen  am  wasen  .  .  .  1508. 

27.  Johann  Wilhelm  Simlers  Teutscher  Oetichten  die  vierte,  von  Ihme  Selbsten  und  auß  hinter- 
lassenen  Schrifften  um  einen  Viertheil  vermehrt-  und  verbesserte  Außfertigung.  Zürich,  1688. 

28.  Wackernagel,  Das  deutsche  Kirchenlied.    Stuttgart,  1841. 

29.  Hans  Sachs'  Werke.  Herausgegeben  von  Arnold.  Berlin  und  Stuttgart.  —  Dichtungen  von 
Hans  Sachs.  Herausgegeben  von  Goedeke.  1.  Teil:  Geistliche  und  weltliche  Lieder. 
Leipzig,  1870.  —  Hans  Sachs'  Werke.  Herausgegeben  von  Keller  und  Götze.  Bibliothek 
des  literarischen  Vereins  in  Stuttgart.   Bd.  102  ff.  Tübingen,  1870  ff. 

30.  Scheible,  Das  Kloster.   Bd.  4.  Stuttgart  und  Leipzig,  1846. 

31.  Scheible,  Das  Kloster.  Bd.  8.   Stuttgart  und  Leipzig,  1847. 

32.  F ricker,  Geschichte  der  Stadt  und  Bäder  zu  Baden.    Aarau,  1880. 

33.  Kraus,  Die  Miniaturen  der  Manesseschen  Liederhandschrift.  Im  Auftrage  des  Großherzog- 
lich Badischen  JVlinisteriums.    Straßburg,  Trübner,  1887. 

34.  Simrock,  Handbuch  der  deutschen  Mythologie.    Bonn,  1864. 

35.  Warhafftige  vnd  fleissige  beschreibung  der  Vralten  Statt  vnd  Graueschafft  Baden,  sampt  jher 
heilsamen  warmen  Wildbedern,  so  in  der  hochloblichen  Eydgnoschafft  inn  dem  Ergöw  gelegen. 
.  .  .  durch  Heinrich  Pantaleon  der  Philosophey  vnnd  Artzney  Doctor  zu  Basel  jetzt  erstlich 
verzeichnet.    Getruckt  zu  Basel,  Anno  1578. 

36.  (Hanns  Achtsinit),  Ein  Badenfart  guter  gsellen. 

37.  (Hanz  Foltz,  Meistersänger  und  Barbier),  Dises  puchlin  saget  vns  von  allen  paden  die  von 
natur  heiß  sein.    (Nürnberg  um  1480.)    Neudruck,  Straßburg,  Heitz  (Heitz  &  Mündel),  1896. 

38.  von  Liebenau,  Das  Gasthof-  und  Wirthshauswesen  der  Schweiz  in  älterer  Zeit.  Zürich, 
1891. 

39.  Heß,  Basler  Kulturbilder  aus  dem  16.  und  dem  Anfang  des  17.  Jahrhunderts.  Basler  Jahr- 
buch, 1905. 

40.  Krieg  von  Hochfelden,  Die  beiden  Schlösser  zu  Baden,  ehemals  und  jetzt.  Karlsruhe, 
1851. 

41.  Des  Himmels  Lauffes  Wirckung,  vnnd  Natürliche  Influentz  der  Planeten,  Gestirn  vnd 
Zeychen,  auß  grund  der  Istronomei,  nach  jeder  zeit,  jar,  tag  vnd  stunden  Constellation.  In 
Natiuiteten,  zur  Artznet,  wolfart  vnd  allem  leben  der  menschen  zu  wissen  von  nöten.  Getruckt 
zu  Franckfort  am  Meyn,  bei  Christian  Egenolffs  Erben.  Anno  M.  D.  LVI. 

42.  Monatliche  Oesundheitsregeln.  Taschenbuch  für  vaterländische  Geschichte.  33.  Jahrg. 
Berlin,  1844. 

43.  Baader,  Vorschriften  eines  mittelalterlichen  Kalenders  über  Gesundheitspflege.  Anzeiger  für 
Kunde  der  deutschen  Vorzeit.    N.  F.  Bd.  11.   Nürnberg,  1864. 

44.  Meinauer  Naturlehre.  Herausgegeben  von  Wackernagel.  Bibliothek  des  literarischen 
Vereins  in  Stuttgart.  Bd.  22.   Stuttgart,  1851. 

45.  Conradi  Celtis  .  .  .  quatuor  libri  amorum.    Anno  M  D.  noui  seculi  II.    Inpressa  Noribergae. 

46.  Schmeller,  Bayrisches  Wörterbuch.  1.— 3.  Teil.  Stuttgart  und  Tübingen,  1827—1836.  — 
Schmeller-Frommann,  Bayerisches  Wörterbuch.  2.  Aufl.  Stuttgart  und  Tübingen,  1872 
und  1877. 

47.  Eyn  new  Badenfart.  Wildt  Bäder  L.  Friessen,  sampt  einer  trewen  vnderrichtung  wie  mann 
sich  vor,  inn,  vnd  nach  dem  Bad  halten  soll.  Das  erst  Buch.  Haymische  wasser  vnd  schweys 
Bäder,  für  das  grün,  steyn,  vnd  lame  glieder  ....  Ottho  Brunßfelsii,  das  ander  Buch  . .  . 
Von  newem  außgangen,  vnd  getruckt  zu  Straßburg  bei  M.  Jacob  Cammer  Lander  von  Mentz. 

48.  Newe  heilsame  vnnd  nutzliche  Badenfart  ....  Beschrieben  durch  D.  Gualterum  H.  Riuium 
Medicum  et  Chirurgum.    Gedruckt  zu  Wirtzburg  durch  Johan  Myller,  MDXLIX. 


410  Literatur 

49.  von  Liliencron,  Die  historischen  Voll<slieder  der  Deutschen  vom  13.— 16.  Jahrhundert. 
Bd.  1  und  3.    Leipzig,  1865  und  1867. 

50.  Jäger,  Ulms  Verfassungs-,  bürgerliches  und  commercielles  Leben  im  Mittelalter.  Schwäbisches 
Städtewesen.   Bd.  1.   Stuttgart  und  Heilbronn,  1831. 

51.  Birlinger,  Aus  Schwaben.    Bd.  2.    Sitten-  und  Rechtsgebräuche.    Wiesbaden,  1874. 

52.  Becker,  Geschichte  der  Medizin  in  Hildesheim  während  des  Mittelalters.  Zeitschrift  für 
klinische  Medizin.    Bd.  38.    Berlin,  1899. 

53.  Aus  dem  mittelalterlichen  Badeleben.  1.  Badereise  der  Frau  Anna  von  Weinsberg  in  das  Wildbad 
15.  Sept.  —  1.  Okt.  1436.  Mitgeteilt  von  Boger.  2.  Badordnung  für  das  Bad  Mainhardt.  Mitgeteilt 
von  Bossert.   Württembergische  Vierteljahrshefte  für  Landesgeschichte.  Jg.  2.   Stuttgart,  1879. 

54.  Steinhausen,  Deutsche  Privatbriefe  des  Mittelalters.  Bd.  1.  Denkmäler  der  deutschen  Kultur- 
geschichte, I.  Abt.,  1.  Bd.    Berlin,  1899. 

55.  Thilenius,  Über  die  Winterbäder.  Taschenbuch  für  Gesundbrunnen  auf  das  Jahr  1817  von 
Fenner.    Darmstadt,  1817. 

56.  Föns  sacer,  Das  ist,  Beschreibung  der  Wunderbaren,  Köstlichen  vnd  Weitberümbten  Heilig- 
brunnen, gelegen  in  der  Oraffschafft  Pyrmont ... .  Auetore  Johanne  Pyrmontano  alias  Feur- 
bergk,  Lugdunensi,  Scholae  patriae  Moderatore.  Gedruckt  zu  Lemgo,  durch  Conrad  Grothen 
Erben,  Anno  1597. 

57.  Troll,  Geschichte  der  Stadt  Winterthur.    3.  und  4.  Teil.    Winterthur,  1843  und  1844. 

58.  Haus  er,  Das  Sondersiechenhaus  zu  St.  Georg  bei  Winterthur.  Neujahrsblatt  der  Hülfsgesell- 
schaft  von  Winterthur,  1901. 

59.  Guler  von  Weineck,  Raetia.    Zürych,  1616. 

60.  Jos.  Simler,  Regiment  gemeiner  löblicher  Eydgnoschafft.    Zürich,  1576. 

61.  Mone,  Über  Krankenpflege  vom  13.  bis  16.  Jahrhundert.  Zeitschrift  für  die  Geschichte  des 
Oberrheins.    Bd.  2.    Karisruhe,  1851. 

62.  Abschrift  mehrer  Zunft-  und  Gewerbs -Ordnungen  der  Stadt  Regensburg.  Verhand- 
lungen des  historischen  Vereins  der  Oberpfalz  und  von  Regensburg.    Bd.  8.    Regensburg,  1844. 

63.  Die  J  ohannisbäder,  oder  der  Gebrauch  24  Stunden  lang  in  ein  Bad  zu  sitzen.  Würtem- 
bergische  Jahrbücher,  1823. 

64.  Rößlin,  Des  Elsäss  vnd  gegen  Lotringen  grentzenden  Wassgawischen  Gebirgs  gelegenheit, 
vnd  Commoditeten  inn  Victualien  vnd  Mineralien:  vnnd  dann  der  Mineralischen  Wassern, 
sonderiich  dessen  zu  Niderbronn  Hanawischen  Liechtenbergischen  gebiets,  generation  vnd  wir- 
ckung.    Strassburg,  1593. 

65.  Sebizius,  Beschreibung  vnd  Widerlegung  etlicher  Mißbräuche  vnd  Irrthumb,  so  biß  anhero 
in  dem  Gebrauch  der  Saurbrunnen,  vnd  andern  warmen  vnd  kalten  Bädern  bey  uns  fürgangen 
....     Straßburg,  1647. 

66.  Salomonis  Braunen,  Med:  Doct.:  ....  Teutscher  Jordan  oder  Biberacher  Bad.  Augsburg,  1673. 

67.  Zeiller,  Itinerarium  Germaniae  nov-antiquae.    Teutsches  Reyßbuch.    Straßburg,  1632. 

68.  Wolf,  Beiträge  zur  deutschen  Mythologie.  2.  Abt.    Göttingen,  1857. 

69.  Schwenckfeldt,  Hirschbergischen  warmen  Bades,  in  Schlesien  vnter  dem  Riesen  Oebürge 
gelegen,  kurtze  vnd  einfältige  Beschreibung  ....    Görlitz,  1607. 

70.  Lersch,  Geschichte  der  Balneologie,  Hydropsie  und  Pegologie  oder  der  Gebrauch  des  Wassers 
zu  religiösen,  diätetischen  und  medicinischen  Zwecken.    Würzburg,  1863. 

71.  Nork,  Der  Festkalender.    Scheible,  Das  Kloster.    Bd.  7.    Stuttgart  und  Leipzig,  1847. 

72.  (Martin),  Die  Nonnenkirche  und  die  Nonnenkirmes  zu  Blankenhain.  Thüringer  Monatsblätter. 
Jg.  8.    Eisenach,  1900. 

73.  Fischer,  Schwäbisches  Wörterbuch.    Bd.  1.    Tübingen,  1904. 

74.  Vom  Aberglauben  zu  Osterode  am  Harze.  Journal  von  und  für  Deutschland.  Heraus- 
gegeben von  Siegmund  Freyherrn  von  Bibra  (in  Fulda).    Jg.  5.  1788. 

75.  Wuttke,  Der  deutsche  Volksaberglaube  der  Gegenwart.    2.  Bearbeitung.    Berlin,  1869. 

76.  Wunderiiche  und  warhafftige  Gesichte  Philanders  von  Sittewald,  Das  ist  Straff-Schrifften 
Hans-Michael  Moscherosch  von  Wilstädt.  1.  Theil.  Jetzo  wider  von  neuem  auffgelegt. 
Straßburg,  1677. 

77.  Cysat,  Beschreibung  deß  Berühmten  Lucerner-  oder  4.  Waldstätten  Sees.    Lucern,  1661. 

78.  Runge,  Der  Quellkultus  in  der  Schweiz.  S.-A.  Monatsschrift  des  wissenschaftlichen  Vereins 
in  Zürich,  1859. 


Literatur  41 1 

79.  Simler,  Vallesiae  Descriptio.    De  Alpibus  Commentarius.    Tiguri,  1574. 

80.  Von  heilsamen  Bädern  des  Teütschenlands,  ....  zusammen  getragen,  Durch  Johannem  Jacobum 
Huggelium,  der  Artzney  Doctorn  zu  Basel.  1559.  Oetruckt  zu  Mülhusen  im  obern  Elsaß 
durch  Hans  Schirenbrand  vnnd  Peter  Schmid. 

81.  Kempfe,  Genaue  und  eigentliche  Beschreibung  ....  des  uhralten  Töplitzer  Bades.  Berlin,  1706. 

82.  Walt  hier,  Neue  Beschreibung  des  Halts  vom  weltberühmtesten  Pfäfferser-Mineral- Wasser. 
Zug,  1749. 

83.  Handbuch  von  allerley  nutzlichen  Erinnerungen,  anmüetigen  und  lustigen,  erbaulichen,  denk- 
würdigen, und  meistentheils  neuen  Exempeln  oder  Beyspielen  ....  durch  Martin  Zeillern. 
Ulm,  1655. 

84.  Wichner,  Beiträge  zu  einer  Geschichte  des  Heilwesens,  der  Volksmedicin,  der  Bäder  und 
Heilquellen  in  Steiermark  bis  incl.  Jahr  1700.  Mittheilungen  des  historischen  Vereines  für  Steier- 
mark.   Heft  33.    Graz,  1885. 

85.  Hille,  Die  Ludgeriquelle  bei  Helmstädt,  die  Taufstelle  der  ersten  Christen  in  Ostsachsen. 
Vaterländisches  Archiv  des  historischen  Vereins  für  Niedersachsen.   Jg.  1844.    Hannover,  1846. 

86.  Meyer-Ahrens,  Die  Heilquellen  und  Kurorte  der  Schweiz.    2.  Aufl.    Zürich,  1867. 

87.  Ziegler,  Bemerkungen  über  gemeines  Wasser,  und  besonders  über  natürliche  und  künstliche 
Mineralwasser  ....  Winterthur,  1799. 

88.  Rüsch,  Anleitung  zu  dem  richtigen  Gebrauche  der  Bade-  und  Trinkcuren.  Ebnat,  Bern  und 
Chur,  1825-1832. 

89.  Doctoris  Aureli  Theophrasti  schreiben  von  warmen  oder  Wildbäderen.  Jetzunder  fleißig  mit 
des  authoris  scripto  collaciniert  vnnd  publiciert  Durch,  Doctor  Adamen  von  Bodenstein.  Ge- 
truckt  zu  Basel,  bey  Peter  Perna.  MDLXXVI. 

90.  Gsell  Fels,  Die  Bäder  und  klimatischen  Kurorte  der  Schweiz.    3.  Aufl.    Zürich,  1892. 

91.  (von  Escher,  Die  Heilquellen  der  Schweiz).  An  die  zürcherische  Jugend  auf  das  Jahr  1855. 
Von  der  Naturforschenden  Gesellschaft.    LVII.  Stück. 

92.  Tschudi,  Beschreibung  des  lobl.  Orths  und  Lands  Glarus.    Zürich,  1714. 

93.  Wagner,  Historia  naturalis  Helvetiae  curiosa.    Tigurum,  MDCLXXX. 

94.  Scheuchzer,  Hydrographia  helvetica.  Beschreibung  der  Seen,  Flüssen,  Brünnen,  warmen 
und  kalten  Bäderen,  und  anderen  Mineral-Wasseren  des  Schweitzerlands.  Der  Natur-Histori  des 
Schweitzerlands  zweyter  Theil.    Zürich,  1717. 

95.  Paracelsus,  Chirurgische  Bücher  und  Schriften.    Straßburg,  1618. 

96.  Floyers...  wieder  belebte  alte  Psychrolusia  oder.  Versuch,  zu  beweisen,  daß  kaltes  Baden 
gesund  und  nützlich  sey.    Übersetzt  von  Sommer.    Breßlau  und  Leipzig,  1749. 

97.  Sachse,  Medicinische  Beobachtungen  und  Bemerkungen.  Bd.  1.  Über  die  Wirkungen  und 
den  Gebrauch  der  Bäder,  besonders  der  Seebäder  zu  Doberan.    Berlin,  1835. 

98.  Colloquia  Erasmi.  Gespräche  des  hochgelerten  vnnd  weytberümpten  Doctors  Erasmi  von 
Roterdam,  vmbgesatzt  vnd  verdeutscht ....  durch  Justum  Alberti  von  Volckmarsen,  Pfarrherr 
vnnd  diener  der  Gemayne  zu  Qladenbach.  Anno  MDXXXXV.  Gedruckt  vnnd  vollendet  inn  der 
Kayserlichen  Reychstatt  Augspurg,  durch  Heynrich  Stayner. 

99.  John  Locke's  Gedanken  über  Erziehung.  Herausgegeben  von  E.  von  Sallwürk.  Langen- 
salza, 1883. 

100.  J.  J.  Rousseau,  herausgegeben  von  Vogt  und  von  Sallwürk.    Langensalza,   1876  und  1878. 

101.  Fabricius  Hildanus,  Opera,  quae  extant  omnia.  Francofurti,  MDCXLVI.  Auch  deutsch  von 
Friderich  Greiffen.    Frankfurt,  1652. 

102.  Weinhold,  Die  deutschen  Frauen  im  Mittelalter.    2.  Aufl.    Wien,  1882. 

103.  von  der  Hagen,  Minnesinger.    Leipzig,  1838. 

104.  Valerius  Anshelm's,  genannt  Rüd,  Berner-Chronik,  von  Anfang  der  Stadt  Bern  bis  1526. 
Herausgegeben  von  Stierlin  und  Wyß.    Bd.  1  u.  2.    Bern,  1825  u.  1826. 

105.  Urkundenbuch  der  Stadt  und  Landschaft  Zürich.  Bearbeitet  von  Esche r  und  Schweizer. 
Bd.  4.    Zürich,  1896  und  1898. 

106.  Grimm,  Deutsche  Rechtsaltertümer.    4.  Ausgabe  von  Heusler  und  Hübner.   Leipzig,  1899. 

107.  Gruntliche  Antzaigung,  des  Teufflischen  vnd  schantlichen  betrugs,  mit  dem  gemachten 
Bauch,  des  falschen  Weibs,  vnd  Junckfrawenzu  Eßlingen,  von  anfang  biß  zu  end  1551  auß  gericht. 

108.  Sprengel,  Versuch  einer  pragmatischen  Geschichte  der  Arzneykunde.  3.  Aufl.  3.  Teil. 
Halle,  1827. 


412  Literatur 

109.  D.  Martin  Luthers  .  .  .  sämtliche  Schriften.  22.  Teil,  welcher  die  Colloquia  oder  Tischreden 
.  .  .  enthält.    Herausgegeben  vou  Wal  eh.    Halle,  1743. 

110.  Erzählungen  aus  altdeutschen  Handschriften.  Gesammelt  durch  Adalbertv.  Keller. 
Bibliothek  des  litterarischen  Vereins  in  Stuttgart.   Bd.  35.   Stuttgart,  1855. 

111.  Kopp,  Des  alten  Lucerns  Sitten  und  Satzungen  vor  dem  Streite  am  Morgarten.  Geschichts- 
blätter aus  der  Schweiz.  Bd.  1.  Lucern,  1854. 

112.  Osenbrüggen,  Deutsche  Rechtsaltertümer  aus  der  Schweiz.    Zürich,  1858. 

113.  von  Maurer,  Geschichte  der  Fronhöfe,  der  Bauernhöfe  und  der  Hofverfassung  in  Deutsch- 
land.  Bd.  4.    Erlangen,  1863. 

114.  B od  mann,  Rheingauische  Alterthümer  oder  Landes-  und  Regiments-Verfassung  des  west- 
lichen oder  Niederrheingaues  im  mittleren  Zeitalter.    Mainz,  1819. 

115.  Forste  mann,  Der  Erfurter  Zuchtbrief  v.  J.  1351.  Neue  Mittheilungen  aus  dem  Gebiet  historisch- 
antiquarischer Forschungen.    Bd.  7.    Halle  und  Nordhausen,  1844. 

116.  Müllenhoff,  Die  Germania  des  Tacitus.    Deutsche  Altertumskunde.    Bd.  4.    Berlin,  1900. 

117.  Tacitus'  Historien.   Die  Geschichtsschreiber  der  deutschen  Vorzeit.  Urzeit.  Bd.  1.    Berlin,  1849. 

118.  Bintz,  Die  Leibesübungen  im  Mittelalter.    Gütersloh,  1880. 

119.  Kaiser  Karls  Leben  von  Einhard.  Übersetzt  von  Abel.  Die  Geschichtsschreiber  der 
deutschen  Vorzeit.    IX.  Jahrhundert.    Bd.  1.    Berlin,  1850. 

120.  Die  Chronik  Thietmars,  Bischofs  von  Merseburg.  Die  Geschichtsschreiber  der  deutschen 
Vorzeit.    XI.  Jahrhundert.   Bd.  1.    Berlin,  1848. 

121.  Bluntschli,  Geschichte  der  Republik  Zürich.    Bd.  2.  1870. 

122.  Mitteldeutsche  Gedichte,  herausgegeben  von  Bartsch.  Bibliothek  des  litterarischen 
Vereins  in  Stuttgart.   Bd.  53.  Stuttgart,  1860. 

123.  Boesch,  Kinderleben  in  der  deutschen  Vergangenheit.    Leipzig,  1900. 

124.  Meyer-Ahrens,  Die  kalten  Bäder  im  Mittelalter  und  im  Anfang  der  Neuzeit.  Die  illustrierte 
Schweiz.  3.  Jg.   Bern,  1873. 

125.  Willi,  Baugeschichtliches  über  das  Kloster  Wettingen.  Cistercienser  Chronik.  5.  Jg.  Bregenz, 
1893. 

126.  Froschmevsler,  Der  Frosch  vnd  Meuse  wunderbare  Hoffhaltunge  ....  Gedruckt  zu 
Magdeburgk,  durch  Andreas  Gehn.    Im  Jahr,  MDXCV. 

127.  Kriegk,  Deutsches  Bürgerthum  im  Mittelalter.    Frankfurt  a.  M.,  1868.  —  Neue  Folge,  1871. 

128.  Bau  mann,  Quellen  zur  Geschichte  des  Bauernkriegs  in  Oberschwaben.  Bibliothek  des  litte- 
rarischen Vereins  in  Stuttgart.    Bd.  129.  Tübingen,  1876. 

129.  Mone,  Quellensammlung  zur  badischen  Landesgeschichte.  Bd.  1 — 3.   Karlsruhe,  1848—1863. 

130.  Der  Renner.  Ein  Gedicht  aus  dem  13.  Jahrhunderte  verfaßt  durch  Hugo  von  Trimberg. 
Herausgegeben  vom  historischen  Verein  zu  Bamberg.    Bamberg,  1833 — 1834. 

131.  Keller,  Die  römischen  Ansiedelungen  in  der  Ostschweiz.  IL  Abteilung.  Zürich,  1864.  Mit- 
teilungen der  antiquarischen  Gesellschaft  in  Zürich.   Bd.  15. 

132.  Sechs  und  zwanzig  nichtige  Kinderspiel  zu  richtiger  Erinnerung  erhebt  und  in  Kupfer  gebracht 
durch  Conrad  Meyer  Maalern  in  Zürich.  Teil  von:  H.Jacob  Catsen,  Kinder-Lustspiele, 
durch  Sinn-  und  Lehrbilder  geleitet;  zur  underweisung  in  guten  sitten.  Auß  dem  Nider-  in  das 
Hochteutsche  gebracht  Durch  H.  Johann  Heinrichen  Amman:  und  mit  Kupferstichen  geziert, 
vermehret  und  verlegt  durch  Conrad  Meyern,  Mahlern  in  Zürich,  MDCLVII. 

133.  von  Lersner,  Der  weit-berühmten  Freyen  Reichs-,  Wahl-  und  Handels-Stadt  Frankfurt  am  Mayn 
Chronica.  1706.  —  von  Lersner,  Nachgehohlte,  vermehrte  und  continuirte  Chronica  der  .  .  . 
Stadt  Franckfurth  am  Mayn,  oder  zweyter  Theil  der  ordentlichen  Beschreibung  der  Stadt  Franck- 
furth.    Frankfurt  am  Mayn,  1734. 

134.  Die  Grewel  der  Verwüstung  menschlichen  Geschlechts  .  .  .  durch  Hippolytum  Guarinonium, 
Art.  et  Med.  Doctorem,  deß  Königlichen  Stiffts  Hall  im  Ynthal.  .  .  .  Leib,  vnd  gemainer  Statt 
bestallten  Physikum.    Ingolstatt,  1610. 

135.  Ferro,  Vom  Gebrauche  des  kalten  Bades.    2.  Aufl.    Wien,  1790. 

136.  Guts  Muths,  Gymnastik  für  die  Jugend.    2.  Ausg.    Schnepfenthal,  1804. 

137.  Hunziker,  Geschichte  der  Schweizerischen  Volksschule.    Zürich,  1881. 

138.  Gazette  de  sante  oder  gemeinnütziges  Magazin  für  Leser  aus  allen  Ständen ,  heraus- 
gegeben von  J.  H.  Rahn.    Jg.  3.    Zürich,  1784. 

139.  Scheible,  Das  Kloster.    Bd.  6.    Stuttgart  und  Leipzig,  1847. 


Literatur  413 

140.  von  Raumer,  Geschichte  der  Pädagogik.  3.  Aufl.  Stuttgart,  1857—1861. 

141.  Gärtner,  Baden  und  Schwimmen,  in  Rein,  Encyl<lopädisches  Handbuch  des  Pädagogii<.  Bd.  1. 
Langensalza,  1895. 

142.  von  Rodt,  Bern  im  17.  Jahrhundert.    Bern,  1903. 

143.  von  Meiller,  Österreichische  Stadtrechte  und  Satzungen  aus  der  Zeit  der  Babenberger.  Archiv 
für  Kunde  österreichischer  Geschichtsquellen.   Bd.  10.  Wien,  1853. 

144.  Heffner,  Über  die  Baderzunft  im  Mittelalter  und  später,  besonders  in  Franken.  Archiv  des 
historischen  Vereines  von  Unterfranken  und  Aschaffenburg.    Bd.  17.   Würzburg,  1865. 

145.  Hauser,  Geschichte  der  Stadt,  Herrschaft  und  Gemeinde  Elgg.    Elgg,  1895. 

146.  Kalte  nbaeck,  Die  Pan-  und  Bergtaidingbücher  in  Österreich  unter  der  Enns.  Bd.  1.  Wien, 
1846. 

147.  Helvetischer  Kalender  fürs  Jahr  1780.    Zürich. 

148.  Marteaus  theoretische  und  praktische  Abhandlung  über  die  Bäder  vom  einfachen  Wasser  und 
vom  See  Wasser,  nebst  einem  Anhange  von  dem  Tropfbade.   Übersetzt  von  Held.   Leipzig,  1778. 

149.  Fürs  tenberger  Ur  k  undenbuch.    Bd.  6.    Tübingen,  1889. 

150.  Mi ttelal terliches  Hausbuch.  Bilderhandschrift  des  15.  Jahrhunderts.  Herausgegeben  vom 
germanischen  Museum.    Leipzig,  Brockhaus,  1866. 

151.  Grimm,  Deutsches  Wörterbuch.    Leipzig,  1854  ff. 

152.  Baderbüchlin.  Gantz  kurtzer  bericht  von  allerhand  einfachten,  vnd  38  componierten  minerali- 
schen teütsches  lands  wild  bädern  ....  Alles  durch  D.  Georgium  Pictorium.  MDLX. 
Oetruckt  zu  Mülhusen  im  oberen  Elsaß,  durch  Peter  Schmid. 

153.  Journal  des  Luxus  und  der  Moden.    Weimar,  1800. 

154.  Riecke,  Die  Heilquellen  und  Bäder  Würtembergs,  ihre  Geschichte  und  ihr  gegenwärtiger  Zu- 
stand.   Württembergische  Jahrbücher.    Jg.  1839.    Stuttgart  und  Tübingen,  1840. 

155.  Wi  chelhau  sen.  Über  die  Bäder  des  Alterthums.    Mannheim  und  Heidelberg,  1807. 

156.  (Grüner),  Flußbäder  und  Badeanstalten.  Almanach  für  Ärzte  und  Nichtärzte  auf  das  Jahr 
1792.    Herausgegeben  von  Grüner.    Jena,  1792. 

157.  Zwierlein,  Über  die  neuesten  Badeanstalten  in  Deutschland.    Frankfurt,  1803. 

158.  May,  Vermischte  Schriften.    Mannheim,  1786. 

159.  Das  erste  ärztliche  Inserat  und  die  erste  Kaltwasserheilanstalt  in  Österreich.  Balneologische 
Zeitung.   Bd.  11.  Wetzlar,  1862. 

160.  Marcard,  Über  die  Natur  und  den  Gebrauch  der  Bäder.    Hannover,  1793. 

161.  Matthes,  Lehrbuch  der  klinischen  Hydrotherapie.    Jena,  1900.    2.  Aufl.  1903. 

162.  Josua  Maaler,  Die  Teütsch  spraach  ....    Tiguri,  MDLXI. 

163.  Scheible,  Das  Schaltjahr.   Bd.  3.  Stuttgart  und  Leipzig,  1847. 

164.  Gazette  de  sante  oder  gemeinnütziges  Magazin  für  Leser  aus  allen  Ständen  ....  heraus- 
gegeben von  J.  H.  Rahn.  Jg.  1.   Zürich,  1782. 

165.  Journal  des  Luxus  und  der  Moden.    Weimar,  1787 — 1806. 

166.  Ploucquet,  Das  Wasserbett.    Tübingen,  1798. 

167.  Marcuse,  Bäder  und  Badewesen  in  Vergangenheit  und  Gegenwart.    Stuttgart,  1903. 

168.  Genzmer,  Bade-  und  Schwimmanstalten.  Handbuch  der  Architektur.  Teil  4.  Halbband  5. 
Heft  3.    Stuttgart,  1899. 

169.  Oechsli,  Quellenbuch  zur  Schweizergeschichte.    Neue  Folge.    Zürich,  1893. 

170.  Freytag,  Aufsätze  zur  Geschichte,  Literatur  und  Kunst.  Gesammelte  Aufsätze.  Bd.  2. 
Leipzig,  1888. 

171.  Herr  Ulrich  Zwingli  leerbiechlin  wie  man  die  Knaben  Christlich  vnterweysen  vnd  erziehen 
soll,  mit  kurtzer  anzayge  aynes  gantzen  Christlichen  lebens.    MDXXIIIL 

172.  Egli,  Actensammlung  zur  Geschichte  der  Züricher  Reformation  in  den  Jahren  1519—1533. 
Zürich  1879. 

173.  Vögelin,  Das  alte  Zürich.   2.  Aufl.    Zürich,  1878  und  1890. 

174.  Rahn,  Das  Fraumünster  in  Zürich,  mit  Anhang:  Auszüge  aus  den  Rechnungen  des  Frau- 
münsterstiftes im  Staatsarchive  Zürich  von  Zeller-Werdmüller.  Mitteilungen  der  antiquarischen 
Gesellschaft  in  Zürich.    Bd.  XXV. 

175.  Escher,  Beschreibung  des  Zürichsees.    Zürich,  1692. 

176.  Murer,  Über  die  öffentlichen  Zeitvertriebe  der  Zürcherischen  Jugend.  Gazette  de  sante  oder 
gemeinnütziges  Archiv.     Herausgegeben  von  Rahn.    Jg.  4.    Zürich,  1785. 


414  Literatur 

177.  An  die  liebe  Zürcherisclie  Jugend  auf  das  Neujahr  1796.    Von  der  Gesellschaft  zum 
schwarzen  Garten. 

178.  Lavater,  Abhandlung  über  den  Nutzen  und  die  Gefahren  des  Badens  der  Jugend  an  freyen 
Orten,  nebst  Vorschlägen,  wie  die  letzteren  zu  vermindern  seyen.    Zürich,  1804. 

179.  Lavater,  An  die  lernbegierige  Zürcherische  Jugend  auf  das  Neujahr  1836.    Von  der  Gesell- 
schaft der  ehemaligen  Chorherrnstube.    58.  Neujahrsblatt. 

180.  Vogel,   Memorabilia  Tigurina   oder  Chronik  der  Denkwürdigkeiten  der  Stadt  und  Landschaft 
Zürich.    Zürich,  1841. 

181.  Koelliker,  Erinnerungen  aus  meinem  Leben.    Leipzig,  1899. 

182.  von  Escher,  Memorabilia  Tigurina  oder  Chronik  der  Denkwürdigkeiten  des  Kantons  Zürich 
1850—1860.     Zürich,  1870. 

183.  Hingst,   Sanitätsverhältnisse   Freibergs  und  darauf  bezügliche  obrigkeitliche   Maßnahmen  im 
Mittelalter.    Mitteilungen  vom  Freiberger  Altertumsverein  1884.    21.  Heft.    Freiberg  i.  S.,  1885. 

184.  Vogel,   Über  den  Nutzen  und  Gebrauch  der  Seebäder.    Nebst  der  Ankündigung  einer  öffent- 
lichen Seebadeanstalt,  welche  an  der  Ostsee  in  Mecklenburg  angelegt  wird.    Stendal,  1794. 

185.  Die  Seebadeanstalten  zu  Zoppot  bei  Danzig.    Danzig,  1823. 

186.  Die  Urkunden  des  Stadtarchivs  zu  Baden  im  Aargau.    Herausgegeben  von  Welti.    Bd.  1. 
Bern,  1896. 

187.  Nater,  Geschichte  von  Aadorf  und  Umgebung.    Frauenfeld,  1898. 

188.  Dändliker,  Die  sogenannten  Waldmannischen  Spruchbriefe,  ihre  Beurteilung  und  ihr  Schicksal. 
Züricher  Taschenbuch.    1900. 

189.  von  Segesser,  Rechtsgeschichte  der  Stadt  und  Republik  Lucern.    Bd.  2.    Lucern,  1852. 

190.  von  Dreyhaupt,   Ausführliche   diplomatisch-historische   Beschreibung  des  .  .  .  Saal-Kreyses. 
Halle,  1755. 

191.  Fidicin,  Historisch-diplomatische  Beiträge  zur  Geschichte  der  Stadt  Berlin.    Beriin,  1837— 1842. 

192.  Grote  und  Broennenberg,  Das  hannoversche  Stadtrecht.    Vaterländisches  Archiv  des  histo- 
rischen Vereins  für  Niedersachsen.    Jg.  1844.    Hannover,  1846. 

193.  von  Bunge,  Die  Stadt  Riga  im  13.  und  14.  Jahrhundert.    Leipzig,  1878. 

194.  Otto,  Aus  dem  Volksleben  der  Stadt  Butzbach  im  Mittelalter.   Archiv  für  hessische  Geschichte. 
N.  F.  Bd.  1.     Darmstadt,  1894. 

195.  Roth,   Fragmente  zur  Geschichte  der  Bader,   Barbierer,   Hebammen,   Erbarn  Frauen   und  Ge- 
schwornen  Weiber  in  der  freyen  Reichstadt  Nürnberg.    Nürnberg,  1792. 

196.  Falk,   Zur  Volksgesundheitspflege   Deutschlands  im   Mittelalter  (Badewesen   und  Seelenbad). 
Historisch-politische  Blätter  für  das  katholische  Deutschland.    Bd.  108.    München,  1891. 

197.  Falk,  Die  Volksgesundheitspflege  im  Mittelalter.   Historisch-politische  Blätter  für  das  katholische 
Deutschland.    Bd.  118.    München.  1896. 

198.  Reyscher,  Sammlung  altwürttembergischer  Statutar-Rechte.    Tübingen,  1843. 

199.  von  Rodt,  Bern  im  16.  Jahrhundert.    Bern,  1904. 

200.  von    Freyberg,    Sammlung  historischer  Schriften    und    Urkunden.     Bd.   5.     Stuttgart    und 
Tübingen,  1836. 

201.  Baader,  Nürnberger  Polizeiordnungen   aus  dem  13. — 15.  Jahrhundert.    Bibliothek   des   litte- 
rarischen Vereins  in  Stuttgart.    Bd.  63.    Stuttgart,  1861. 

202.  Scriptores   rerum   Lusaticarum.    Sammlung  Ober-   und    Niederlausitzischer  Geschichts- 
schreiber.   N.  F.  Bd.  1  u.  2.    Goeriitz,  1839  und  1841. 

203.  Au  er.  Das  Stadtrecht  von  München.    München,  1840. 

204.  Rau,  Die  Regimentsverfassung  der  freien  Reichsstadt  Speier.    2.  Abt.    Speier,  1845. 

205.  von  Maurer,  Geschichte  der  Städteverfassung  in  Deutschland.    Bd.  2  und  3.    Erlangen,  1870. 

206.  Anton  Tuchers   Haushaltungsbuch   (1507 — 1517),  herausgegeben  von  Loose.    Bibliothek  des 
litterarischen  Vereins  in  Stuttgart.    Bd.  134.    Tübingen,  1877. 

207.  Die   Chroniken   der  fränkischen  Städte.    Nürnberg.    Bd.  4   und   5.    Die   Chroniken   der 
deutschen  Städte.    Bd.  10  u.  11.    Leipzig,  1872  u.  1874. 

208.  Eygentliche    Beschreibung    aller   Stände    auff    Erden  ....    Durch    den    weitberümpten    Hans 
Sachsen  ....  Franckfurt  am  Mayn,  MDLXVIII. 

209.  J.  F.  Meiss,  Beschreibung  der  Stadt  Zürich.    Msc.  der  Stadtbibliothek  Zürich. 

210.  Schultz,  Deutsches  Leben  im  XIV.  und  XV.  Jahrhundert.   Große  Ausgabe.    Wien,  Tempsky, 
1892. 


Literatur  415 

211.  Deutsche  Gedichte  des  12.  Jahrhunderts  und  dernächstverwandten  Zeit.  Herausgegeben 
von  Massmann.    2.  Teil.    QuedHnburg  u.  Leipzig,  1837. 

212.  von  der  Hagen,  Oesammtabenteuer.    Stuttgart  und  Tübingen,  1850. 

213.  Der  Sachsenspiegel  nach  der  ältesten  Leipziger  Handschrift  herausgegeben  von  Weiske. 
3.  AufL    Leipzig,  1863. 

214.  Seifrid  Helbling.    Herausgegeben  von  Seemüller.    Halle,  1886. 

215.  Roth  von  Schreckenstein,  Die  Bader,  Truckenscherer  und  Vintuser  zu  Ulm  1470.  Anzeiger 
für  Kunde  der  deutschen  Vorzeit.    N.  F.  Bd.  6.  Jg.  1859.  Nürnberg. 

216.  Zeitschrift  für  die  Geschichte  des  Oberrheins.  Herausgegeben  von  Mone.  Bd.  16. 
Karlsruhe,  1864. 

217.  Rüdiger,  Die  wiedergefundene  Handschrift  der  Zunft  der  Bader  in  Hamburg.  Mittheilungen 
des  Vereins  für  Hamburgische  Geschichte.    Bd.  3.    Hamburg,  1887. 

218.  von  Karajan,  Buch  der  Rügen.    Zeitschrift  für  deutsches  Alterthum.    Bd.  2.    Leipzig,  1842. 

219.  Mone,  Armen-  und  Krankenpflege  vom  13.— 16.  Jahrhundert.  Zeitschrift  für  die  Geschichte 
des  Oberrheins.    Bd.  12.    Karisruhe,  1861. 

220.  Beneke,  Von  unehrlichen  Leuten.     Hamburg,  1863. 

221.  Groß  Chirurgei,  oder  volkommene  Wundartznei.  Durch  Qwaltherum  H.  Ryff,  Argent.  Medicum 
vnnd  Chirurgum.  Getruckt  zu  Franckfurt  am  Meyn,  Bei  Christian  Egenolffs  Erben.  Im  larMDLIX. 

222.  Meister-Holzschnitte  aus  vier  Jahrhunderten.  Herausgegeben  von  Hirth  und  Muther. 
München  u.  Leipzig. 

223.  Schmeller,  Deutsches  des  X. — XU.  Jahrhunderts  aus  Münchener  Handschriften.  Zeitschrift 
für  deutsches  Alterthum.     Bd.  8.     Leipzig,  1851. 

224.  Das  Leben  der  heiligen  Elisabeth  vom  Verfasser  der  Erlösung.  Herausgegeben  von 
Rieger.    Bibliothek  des  litterarischen  Vereins  in  Stuttgart.    Bd.  90.    Stuttgart,  1868. 

225.  Eraclius,  Deutsches  Gedicht  des  13.  Jahrhunderts.  Herausgegeben  von  Grae f.  Straßburg,  1883. 

226.  Der  Edelstein  von  Ulrich  Bon  er.  Herausgegeben  von  Pfeiffer.  Dichtungen  des  deutschen 
Mittelalters.    Bd.  4.    Leipzig,  1844. 

227.  Bär,  Das  Frauenkloster  St.  Verena  in  Zürich.  Programm  der  höheren  Töchterschule  der  Stadt 
Zürich.    Schuljahr  1902—1903. 

228.  von  Bah  der,  Gedichte  des  Königs  vom  Odenwald.    Germania.    Jg.  23.    Wien,  1878. 

229.  Brunner,  Die  Verwundeten  in  den  Kriegen  der  alten  Eidgenossenschaft.    Tübingen,  1903. 

230.  Der  Ring  von  Heinrich  Witten weiler.  Herausgegeben  von  Bechstein.  Bibliothek  des 
literarischen  Vereins  in  Stuttgart.    Bd.  23.    Stuttgart,  1851. 

231.  Schachtafelen  der  Gesuntheyt ....  durch  Michael  Hero,  Leibartzt  zu  Straßburg.  Getruckt  durch 
Hans  Schotten  zum  Thyergarten.  MDXXXllI. 

232.  Bartels,  Die  Medicin  der  Naturvölker.    Leipzig,  1893. 

233.  Artznei  Spiegel  ....  durch  D  Joan.  Dryandrum.  Itzt  widerumb,  mit  Verbesserung,  im  Truck 
verordnet.    Franckfurt  am  Meyn,  Bei  Christian  Egenolph.    1547. 

234.  (Philipp  von  Allendorf f),  Der  Judenn  Badstub.  Eyn  Anzeygung  Irer  manigfeltigen  sched- 
lichen  hendel  .  .  .  1535. 

235.  Gurlt,  Geschichte  der  Chirurgie  und  ihrer  Ausübung.    Beriin,  1898. 

236.  von  Hef ner-Alteneck,  Trachten,  Kunstwerke  und  Gerätschaften  vom  frühen  Mittelalter  bis 
Ende  des  18.  Jahrhunderts.    2.  Aufl.    Bd.  8  und  10.    Frankfuri  a.  M.,  Keller,  1887  u.  1889. 

237.  Allerhand  über  den  1712.  Jahrs  verloffnen  Toggenburger  Krieg  außgegangner  getrukter  und 
geschribner  .  .  .  .  inscriptionen  zusammen  getragen  von  Erhard  Dürsteier,  Pfarrer  zu  Horgen. 
Msc.  der  Stadtbibliothek  zu  Zürich. 

238.  Hie  nach  volget  ein  gut  regiment  vnd  Ordnung  vnd  bewert  preseruatiua  vnd  1er,  wie  man 
sich  wider  den  geprechen  der  pestilentz  aufhalten  vnd  bewaren  sol.  . .  .  Die  durch  hochgelert 
doctores  vnd  meyster  der  ertzney,  auf  das  kurtzist  ausgezogen  vnd  hie  mit  durch  disen  truck 
zu  gemeynem  nutz,  für  reich  vnd  arm  geoffenbart  sein.     (Reiserscher  Druck.) 

239.  Scharold,  Auszüge  aus  den  ältesten  Raths-Protokollen  der  Stadt  Gerolzhofen.  Archiv  des 
historischen  Vereins  für  den  Untermainkreis.    Bd.  3.    Würzburg,  1836. 

240.  Hienach  stadt  der  Meister  der  Scherer  vnnd  Baderordnung  vnd  Artickel  was  ir  handt- 
werch  antrift.    Anno  Domini  1608.    Msc.  der  Med.  Bibliothek  in  Zürich. 

241.  Des  Teufels  Netz.  Herausgegeben  von  Barack.  Bibliothek  des  litterarischen  Vereins  in 
Stuttgart.    Bd.  70.    Stuttgart,  1863. 


416  Literatur 

242.  Wildvogel,  Libellus  de  balneis  et  balneatoribus.    Francofurti  et  Lipsiae,  MDCCLIIII. 

243.  Manu  Script  der  medizinischen  Bibliothek  in  Zürich. 

244.  Peters,  Der  Arzt  in  der  deutschen  Vergangenheit.    Leipzig,  1900. 

245.  Vogel,  Memorabilia  Tigurina  1840—1850.    Zürich,  1853. 

246.  Pictorius,  Laßbüchlin.  Anhang:  Vonn  schrepffen.  Gedruckt  zu  Basel,  by  Jacob  Kündig  im 
jar  MDLV. 

247.  Ringholz,  Geschichte  des  fürstlichen  Benediktinerstiftes  U.  L  F.  zu  Einsiedeln  unter  Abt 
Johannes  I.  von  Schwanden,  1298—1327.  Der  Geschichtsfreund.  Mittheilungen  des  historischen 
Vereins  der  fünf  Orte.    Bd.  43.    Einsiedeln  und  Waldshut,  1888. 

248.  Briefwechsel  Balthasar  Paumgartners  des  Jüngern  mit  seiner  Gattin  Magdalena,  geb.  Behaim. 
Herausgegeben  von  Steinhausen.  Bibliothek  des  litterarischen  Vereins  in  Stuttgart.  Bd.  204. 
Tübingen,  1895. 

249.  Müller,  Der  Aderlaß.    Cistercienser  Chronik.    Jg.  5.    Bregenz,  1893. 

250.  Spiegel,  vnnd  Regiment  der  Qesundtheyt  ....  Vualtherus  Riuius.  Getruckt  zu  Franckfurt 
am  Mayn,  bei  Egenolph,  im  Jar  MDLV. 

251.  Ein  schön  lustig  Trostbüchle  von  den  empfengknussen  vnd  geburten  der  menschen  ....  durch 
Jacob  Rueff,  burger  vnd  Steinschnyder  der  loblichen  Statt  Zürych.  Getruckt  zu  Zürych  by 
Christoffel  Froschouer,  im  MCLIIII.  jar. 

252.  Ganz,  Aus  zürcherischen  Theilrödeln.    Züricher  Taschenbuch.    Zürich,  1900. 

253.  von  Rodt,  Bern  im  19.  Jahrhundert.    Bern,  1898. 

254.  Wolfram  von  Eschenbach.    3.  Ausgabe  von  Lachmann.    Berlin,  1872. 

255.  Ochs,  Geschichte  der  Stadt  und  Landschaft  Basel.     Bd.  2.    Basel,  1792. 

256.  Heinrich  Kaufringers  Gedichte.  Herausgegeben  von  Euling.  Bibliothek  des  litterarischen 
Vereins  in  Stuttgart.    Bd.  182.    Tübingen,  1888. 

257.  Hampe,  Gedichte  vom  Hausrat  aus  dem  XV.  und  XVI.  Jahrhundert.    Straßburg,  1899. 

258.  Haupt,  Zu  Wolframs  Parzival.     Zeitschrift  für  deutsches  Altertum.    Bd.  11.    Beriin,  1859. 

259.  Liederbuch  der  Clara  Hätzlerin.  Herausgegeben  von  H  al  tau  s.  Quedlinburg  und  Leipzig,  1840. 

260.  Fechter,  Topographie  (Basels)  mit  Berücksichtigung  der  Cultur-  und  Sittengeschichte.  Basel 
im  14.  Jahrhundert.    Basel,  1856. 

261.  Das  ist  der  Teutsch  Kalendari  mit  den  Figuren.  Getruckt  zu  Augsburg  von  Nannsen 
Froschauerin  der  Kaiseriichen  stat.  Als  man  zait  nach  Christi  gepurt.  MCCCCC  vnd  11  Jar  — 
Ohne  Titelblatt.  Gedruckt  vnnd  volenndet  in  der  keyseriichen  statt  Augspurg  von  Hannsen 
Schobser MCCCC  vnnd  in  dem  LXXXVIll.  jare. 

262.  Temporal,  Des  weitberhümpten  M.Johann  K  ü  ngsperge  rs,  natüriicher  kunst  der  Astronomey 
kurtzer  begriff,  von  Natürlichem  einfiuß  der  Gestirn,  Planeten,  vnd  Zeichen  ....  Getruckt 
zu  Franckfurdt  am  Mayn,  durch  Weygand  Hau,  in  der  Schnurgassen,  zum  Krug. 

263.  Amüsements  des  eaux  d' Aix-La-Chap  eile.  Amsterdam,  1736.  —  Amüsements  des 
eaux  d'Aix  la  Chapelle,  oder  Zeitvertreib  bey  den  Wassern  zu  Achen.    Berlin,  1737. 

264.  Schwenckf eldt,  Thermae  Teplicenses.  Von  deß  Töplitzen  warmen  Bades,  in  Böhmen,  nicht 
weit  vom  Graupen  gelegen,  Vrsprung,  Gelegenheit,  Abetheylung,  Natur,  Eigenschafft,  vnd 
rechtem  Gebrauch.    Görlitz,  1607. 

265.  Tagebuch  des  Lucas  Rem  aus  den  Jahren  1494—1541.  Mitgeteilt  von  Greift.  Augsburg  1861. 
26.  Jahresbericht  des  historischen  Vereins  im  Regierungsbezirke  von  Schwaben  und  Neuburg 
für  das  Jahr  1860.    Augsburg,  1861. 

266.  Mone,  Stadtordnungen.    Zeitschrift  für  die  Geschichte  des  Oberrheins.  Bd.  4.   Karlsruhe,  1853. 

267.  Tandareis  uud  Flordibel.  Ein  höfischer  Roman  von  dem  Pleiaere.  Herausgegeben  von 
Khull.    Graz,  1885. 

268.  Ulrichs  von  Liechtenstein  Frauendienst.    Herausgegeben  von  Bechstein.  Leipzig,  1888. 

269.  Blumenbach,  Blicke  in  den  Hofstaat  und  die  Lebensweise  einer  verwittweten  Fürstin  im 
14.  Jahrhundert.    Archiv  des  historischen  Vereins  in  Niedersachsen.   Jg.  1849.    Hannover,  1851. 

270.  Reiserechnungen  Wolfgers  von  Ellenbrechtskirchen,  Bischofs  von  Passau,  Patriarchen 
von  Aquileja.    Herausgegeben  von  Zingerle.    Heilbronn,  1877. 

271.  Scheible,  Das  Kloster.    Bd.  1.    Stuttgart  und  Leipzig,  1845. 

272.  V  arges,  Zur  Verfassungsgeschichte  der  Stadt  Wernigerode  im  Mittelalter.  Zeitschrift  für 
deutsche  Kulturgeschichte.   Bd.  3.   Weimar,  1896. 

273.  Zeuß,  Die  freie  Reichsstadt  Speier  vor  ihrer  Zerstörung.    Speier,  1843. 


Literatur  417 

274.  Reber,  Felix  Hemmerlin  von  Zürich.     Züricli,  1846. 

275.  Ordnung,  ansehen  vnd  erkanntnus  eines  Ersamen  Radts  der  Statt  Zürich,  wie  hinfür  über 
EeUch  sachenn  gericht . . .  sol  werden.  Actum  an  Samstag  23.  ApriHs.  1 530  vor  Räthen  vnnd  Burgeren. 

276.  Ludwig  Lauater,  Erl<lerung  vnd  vßlegung  über  das  Buch  Hesther.    Zürych,  1583. 

277.  Gespräch  buchHn  herr  Virichs  von  Hütten.  Feber  das  Erst.  Feber  das  Ander.  Wadiscus, 
oder  die  Römische  dreyfaltigkeit.  Die  Anschawenden.  (Geben  zu  Ebernburgk,  vff  den  heyHgen 
newen  jars  abent,  im  jar  nach  Christi  geburt  MCCCCC.  vnd  einvndzweintzigsten.) 

278.  Hegel,  Städte  und  Gilden  der  germanischen  Völker  im  Mittelalter.   Bd.  2.   Leipzig,  1891. 
27Q.  Stoltze,   Unehrliche   Leute.     Zeitschrift  für  deutsche   Kulturgeschichte.     N.   F.   Jg.  2.     Han- 
nover, 1873. 

280.  Die  Chronik  von  Clemens  Sender.  Die  Chroniken  der  schwäbischen  Städte.  Augsburg.  Bd.  4. 
(Die  Chroniken  der  deutschen  Städte.  Bd.  23.)    Leipzig,  1894. 

281.  Bluntschli,  Staats-  und  Rechtsgeschichte  der  Stadt  und  Landschaft  Zürich.  2.  Aufl.  Teil  1. 
Zürich,  1856. 

282.  Sanders,  Wörterbuch  der  deutschen  Sprache.    Leipzig,  1860 — 1865. 

283.  Keller,  Zürcherische  Apotheken  und  Apotheker.  Festschrift  zur  Erinnerung  an  die  fünfzig- 
jährige Stiftungsfeier  in  Zürich  am  16.  und  17.  Aug.  1893.     Zürich,  1893. 

284.  Ott  Rulands  Handlungsbuch.  Bibliothek  des  literarischen  Vereins  in  Stuttgart.  Bd.  1.  Stutt- 
gart, 1843. 

285.  Förstemann,  Die  alten  Statuten  der  Stadt  Halle.  Neue  Mittheilungen  aus  dem  Gebiete 
historisch-antiquarischer  Forschungen.    Bd.  1.    Halle,  1834. 

286.  von  Schlosser,  Die  Bilderhandschriften  Königs  Wenzel  \.  Jahrbuch  der  kunsthistorischen 
Sammlungen  des  allerhöchsten  Kaiserhauses ,  herausgegeben  .  .  .  vom  Oberstkämmer-Amte. 
Bd.  14.    Wien,  Tempsky,  1893. 

287.  Bluntschli,  Memorabilia  Tigurina,  Merkwürdigkeiten  der  Statt  Zürich.  2.  Aufl.   Zürich,  1711. 

288.  Abraham  a  S.  Clara,  Etwas  für  alle.     Anderer  Teil.     Nürnberg-Würtzburg,  1711. 

289.  Meyer-Ahrens,  Die  Ärzte  und  das  Medicinalwesen  der  Schweiz  im  Mittelalter.  Archiv  für 
pathologische  Anatomie.    Herausgegeben  von  Virchow.    Bd.  24  u.  25.    Berlin,  1862. 

290.  Martin,  Urkundenbuch  der  Stadt  Jena  und  ihrer  geistlichen  Anstalten.    Bd.  1.   Jena,  1888. 

291.  Solger,  Aus  dem  Sanitätswesen  der  Reichsstadt  Nürnberg  im  16.  Jahrhundert.  Deutsche 
Vierteljahrsschrift  für  öffentliche  Gesundheitspflege.    Bd.  2.    Braunschweig,  1870. 

292.  Pf  äff,  Württembergs  Wiedergeburt  nach  dem  dreißigjährigen  Krieg.  Württembergische  Jahr- 
bücher.   Jg.  1848.   Stuttgart  und  Tübingen,  1849. 

293.  Pfotenhauer,  Über  Freibergs  Ärzte  und  Heilkünstler  in  den  ältesten  Zeiten.  Mitteilungen 
vom  Freiberger  Altertumsverein.     Heft  22,  1885.     Freiberg  in  Sachsen,  1886. 

294.  Scharold,  Mannigfaltiges.  Archiv  des  historischen  Vereins  von  Unterfranken  und  Aschaffen- 
burg.    Bd.  4.     Würzburg,  1838. 

295.  Otte  mit  dem  Barte  von  Cuonrat  von  Würzeburc.  Herausgegeben  von  Hahn.  Quedlin- 
burg und  Leipzig,  1838. 

296.  Der  trojanische  Krieg  von  Konrad  von  Würzburg.  Herausgegeben  von  A.  von  Keller. 
Bibliothek  des  litterarischen  Vereins  in  Stuttgart.   Bd.  44.    Stuttgart,  1858. 

297.  Hartmann  von  Aue.  Herausgegeben  vonBech.  I.Teil.  Erec  der  wundermaere.  2.  Teil. 
Der  arme  Heinrich.    Leipzig,  1867. 

298.  Biterolf  und  Dietleib.  Herausgegeben  von  Jänicke.  Deutsches  Heldenbuch.  Teil  1. 
Beriin,  1866. 

299.  Alpharts  Tod.    Von  der  Hagen,  Heldenbuch.   Bd.  1.    Leipzig,  1855. 

300.  Wigalois.  Eine  Erzählung  von  Wirnt  von  Qravensberg.  Herausgegeben  von  Pfeiffer. 
Leipzig,  1847. 

301.  Mai  und  Beaflor.  Eine  Erzählung  aus  dem  13.  Jahrhundert.  1.  Druck.  Dichtungen  des 
deutschen  Mittelalters.   Bd.  7.    Leipzig,  1848. 

302.  Meleranz  von  dem  Pleier.  Herausgegeben  von  Bartsch.  Bibliothek  des  litterarischen  Ver- 
eins in  Stuttgart.   Bd.  60.  Stuttgart,  1861. 

303.  Herzog  Ernst  des  Heinrich  von  Veldeck.  Von  der  Hagen  und  Büsching,  Deutsche 
Gedichte  des  Mittelalters.    Bd.  1.   Beriin,  1808. 

304.  Wigamur.  Von  der  Hagen  und  Büsching,  Deutsche  Gedichte  des  Mittelalters.  Bd.  1. 
Beriin,  1808. 

Martin,  Badewesen  27 


418  Literatur 

305.  Sei  OS  und  Zingerle,  Fresken-Cycliis  des  Schlosses  Runkelstein  bei  Bozen.   Innsbruck. 

306.  Janitschek,  Geschichte  der  Malerei.    Berlin,  1890. 

307.  De  la  Curne  de  Sainte-Palaye,  Das  Ritterwesen  des  iVlittelalters.  Aus  dem  Französischen 
mit  Anmerkungen,  Zusätzen  und  Vorrede  von  Kl  üb  er.     Bd.  1.     Nürnberg,  1786. 

308.  IVlanuskript  der  Stadtbibliothek  Zürich. 

309.  von  Arnim  und  Brentano,  Des  Knaben  Wunderhorn.  Arnims  sämtliche  Werke.  Bd.  17. 
Berlin,  1846. 

310.  Ein  schön  new  Lied,  Zu  Leyptzig  saß  ein  Kauffman  reich,  der  het  ein  gutte  Hetzen.  Im 
Thon :  Ein  Buch  Cento  Nouella  heist. 

311.  Oöldi,  Der  Hof  Bernang.    St.  Oallen,  1897. 

312.  Bericht  des  Ibrahim  ibn  Jaküb  über  die  Slawen  aus  dem  Jahre  973,  mitgeteilt  von  Wigger. 
Jahrbücher  des  Vereins  für  mecklenburgische  Geschichte  und  Alterthumskunde.  Jg.  45.  Schwerin, 
1880. 

313.  Die  Gedichte  Oswalds  von  Wolkenstein.    Herausgegeben  von  Weber.   Innsbruck,  1847. 

314.  Auszüge  aus  Ammianus  Marcellinus,  übersetzt  von  Coste.  Die  Geschichtsschreiber  der 
deutschen  Vorzeit.     Urzeit.     Bd.  2.     Leipzig,  1879. 

315.  Die  Badenfahrt  von  David  Heß.    Zürich,  1818. 

316.  Kaiser,  Die  Heilquelle  zu  Pfäfers  und  Hof  Ragaz.    3.  Aufl.    St.  Gallen,  1847. 

317.  Johann  von  Müllers  Geschichten  Schweizerischer  Eidgenossenschaft.  Teil  5,  Abt.  2.  Von 
Glu  tz- Bio  zheim.     Zürich,  1816. 

318.  Cosmographey:  das  ist,  Beschreibung  aller  Länder,  Herrschafften  vnd  fürnemesten  Stetten  des 
gantzen  Erdbodens.  Erstlich  durch  Herrn  Sebastian  Munster  .  .  .  gebessert;  jetzt  .  .  .  bis  ins 
MDXCVIII.  jar  gemehret.    Getruckt  zu  Basel. 

319.  Kunstdenkmäler  im  Großherzogtum  Hessen.  Adamy,  Provinz  Oberhessen,  Kreis  Friedberg. 
Darmstadt,  1895. 

320.  Pfyffer,  Geschichte  der  Stadt  und  des  Kantons  Luzern.    Zürich,  1850.  1852. 

321.  Füßli,  Joh.  Waldmann.    Zürich,  1780. 

322.  Kurtze,  vnd  eigentliche  Beschreibung,  deß  Vrsprungs,  Krafft,  Nutzbarkeit  vnnd  gebrauchs 
deß  Edlen,  weitberümbten  warmen  Bads,  zu  Baden  im  Ergöuw,  in  der  loblichen  Eydt- 
gnoschafft.  Allen  denen,  so  sich  deß  Badts  nutzlich  gebrauchen  wollen,  zu  hochnohtwendiger 
nachrichtung  vnd  gefallen  in  Truck  verfertiget.  Getruckt  im  Jahr,  MDCXIX.  (1683  abermals 
gedruckt.) 

323.  Von  dem  Antegaster  Saur-Brunnen,  und  von  seiner  Krafft  und  Würckung.  Abgeschrieben  auß 
dem  Neuen  Wasser-Schatz,  und  probieret  durch  Jacobum  Theodorum,  der  Artzney  Doctor  zu 
Wormbs,  Im  Jahr  Christi  1505.    Straßburg,  1704. 

324.  Neuw  Wasserschatz,  Das  ist:  Aller  Heylsamen  Metallischen  Minerischen  Bäder  vnd  Wasser, 
sonderlich  aber  der  new  erfundenen  Sawrbrunnen  zu  Langen  Schwallbach  .  .  .  beschreibung. 
.  .  .  Durch  Jacobum  Theodorum  Tabe  rn  aemontanum.   Franckfurt  am  Mayn,  MDLXXXI. 

325.  Kern  er,  Das  Wildbad  im  Königreich  Würtemberg  mit  Nachrichten  über  die  Heilquelle  zu 
Liebenzeil.    3.  Aufl.    Tübingen,  1832. 

326.  Michel  Montaignes  Reise  durch  die  Schweiz.  I.  J.  1580.  Helvetischer  Almanach  für  das  Jahr 
1800.    Zürich. 

327.  Die  Bäder  zu  Baden  in  der  Schweiz.  I.  J.  1417.  Helvetischer  Almanach  für  das  Jahr  1800. 
Zürich. 

328.  Weemühtige  Klag  vnd  Traurgeschicht  der  zu  Rottenburg  und  Gniffikon  von  der  Bick- 
weilerischen  Rott  u.  übel-gequelten,  aber  doch  selbsschuldigen  sechs-  oder  siben-wüchigen  Qual- 
bilderen. Vber  ihre  bitter-süsse  selbs-gesuchte  Heil-noht  .  .  .  Getruckt  zu  Kretzingen,  in  der 
Thermopolitanischen  gegne. 

329.  Reisen  und  Gefangenschaft  Hans  Ulrich  Kraffts.  Herausgegeben  von  Haßler.  Bibliothek 
des  litterarischen  Vereins  in  Stuttgart.   Bd.  61.   Stuttgart,  1861. 

330.  Bader,  Nachrichten  über  das  Glotterbad.  Zeitschrift  für  die  Geschichte  des  Oberrheins.  Bd.  21. 
Karlsruhe,  1868. 

331.  Ein  New  Badbuch,  Vnd  Historische  Beschreibung,  Von  der  wunderbaren  Krafft  vnd  würckung, 
des  Wunder  Brunnen  vnd  Heilsamen  Bads  zu  Boll  .  .  .  Durch  Johannem  Bauhinum,  ins 
Deutsch  gebracht,  durch  M.  Dauid  Fort  er.    Getruckt  zu  Stutgarten,  1602. 

332.  (Moser),  Brauchbare  Nachrichten  für  diejenige,  so  sich  des  fürtrefflichen  Würtembergischen 


Literatur  419 

Wildbades   bedienen   wollen.    Zur  Bequemlichkeit   seiner  Mit-Bad-Gäste  gesammlet  von   einem 
danckbaren  Bad-Qast.     Stuttgart,  1758. 

333.  Petri  de  Tvssignano  liber  de  balneis  Burmi  etc.  De  Balneis  omnia  quae  extant  apvd 
Graecos,  Latinos,  et  Arabas,  tarn  medicos  quam  quoscunque  ceterarum  artium  probates  scrip- 
tores  .  .  .  Venetiis  apvd  Ivntas,  MDLIII. 

334.  Conradi  Qesneri  Excerptorum  et  obseruationum  de  Thermis  liber  primvs.  De  Thermis  in 
genere.  De  Thermis  Germaniae  ordine  literarum,  über  secundus.  De  Balneis  etc.  (Siehe 
Nr.  333.) 

335.  Historisch-physikalische  Beschreibung  des  Würtembergischen  Wild-Bades.  I.  A.Q.  M.D.  (Q  e  ß  n  e  r). 
Stuttgart,  1745. 

336.  Des  grossen  gemeinen  Conciliums  zu  Costentz  gehalten,  kurtze,  doch  grundtlichere  vnd  vol- 
kommenere  dann  vor  nie  in  Teutsch  gesähen,  beschreybung  u.  s.  w.  Durch  Johann  Stumpften. 
(Zürich,  Froschower.) 

337.  Schnorr  von  Caroisfeld,  Zur  Geschichte  des  deutschen  Meistergesangs.    Berlin,  1872. 

338.  Mone,  Gewerkschaften  für  Eisen,  Glas  und  Salz.  Vom  11.  bis  17.  Jahrhundert.  Zeitschrift  für 
die  Geschichte  des  Oberrheins.   Bd.  12.   Karlsruhe,  1861. 

339.  Spengler,  Bericht  über  die  Saison  1858  zu  Bad-Ems.  Balneologische  Zeitung.  Bd.  8.  Wetzlar, 
1859. 

340.  Spengler,  Bericht  über  die  Saison  1860  zu  Ems.  Balneologische  Zeitung.  Bd.  11.  Wetzlar, 
1862. 

341.  Wolfdietrich.    Von  der  Hagen,  Heldenbuch.   Bd.  1.  Leipzig,  1855. 

342.  Marcard,  Beschreibung  von  Pyrmont.    Leipzig,  1784  u.  1785. 

343.  Zücke rts  systematische  Beschreibung  aller  Gesundbrunnen  und  Bäder  Deutschlands.  Berlin 
und  Leipzig,  1768. 

344.  Kiene,  Die  warmen  Quellen  zu  Gastein.    Salzburg,  1844. 

345.  Rahn,  Die  Wandgemälde  in  der  Klosterkirche  zu  Kappel.  Anzeiger  für  schweizerische  Alter- 
tumskunde.    Zürich,  1884. 

346.  Ain  nützlichs  büchlin  von  dem  Wildpad,  gelegen  im  fürstenthumb  Wirtenberg,  gemacht  von 
dem  berümpten  doctor  Johann  Mechinger  (Johann  Widman  genannt  Mechinger).  Ge- 
druckt zu  Tübingen  Anno  1513. 

347.  Becher,  Karlsbads  Bade-Einrichtungen  und  Brunnen-Kolonnaden  einst  und  jetzt.  S.-A.  aus 
der  Festschrift  der  Stadt  Karlsbad  für  die  74.  Versammlung  deutscher  Naturforscher  und  Ärzte 
in  Karlsbad  1902.    Prag,  1902. 

348.  D.Johann  Stephan  Strobelbergers  ....  Kurtze  Vnterweisung,  wie  man  nemlich  deß  Kaysers- 
Carls-Bads  sich  recht  zu  gebrauchen  .  .  .  solle.  Anjetzo  auff  das  newe  an  das  Liecht  gebracht, 
und  zufinden  bey  Andreas  Becher.    Prag,  1696. 

349.  Tractat  von  deß  überauß  heylsamen,  weitberühmten,  selbst  warmen,  Vnser  Lieben  Frawen 
Pfeffersbad,  inn  Oberschweitz  gelegen,  wunderthätiger  Natur,  Art,  Eygenschafft,  Tugent,  Krafft 
vnd  Würckungen  .  .  .  Durch  Johann  Kol  wecken.    Dilingen,  1631. 

350.  Kurtze  Beschreibung  deß  Carolsbades,  so  nahe  beym  Städlein  Ellnbogen  in  Böhmen  gelegen 
....     Durch  Martinum  Paus  am.     Annenbergk,  1609. 

351.  Cosmographiae  universalis  Lib.  VI.  Autore  Seb.  Munster o.  Basileae  apud  Henrichum  Petri, 
MDL. 

352.  Hof  mann,  Bade-Preise  zu  Badenweiler  aus  dem  Jahre  1747.  Zeitschrift  für  deutsche  Kultur- 
geschichte.    N.  F.  Jg.  2.     Hannover,  1873. 

353.  (Meyer)  Beschreibung  der  Heilbäder  zu  Baden  im  Kanton  Aargäu.  Über  die  Dampf-  und 
Qualmbäder  zu  Baden  im  Canton  Argau.  Über  die  Dampf-  und  Gas-Bäder  zu  Baden  mit 
einigen  Notizen  über  Schinznach  im  Canton  Aargau.  Neujahrsgeschenk  von  der  neuerrichteten 
Gesellschaft  zum  schwarzen  Garten  der  lieben  Zürcherischen  Jugend  gewidmet  auf  das  Jahr 
1808,  1809,  1827,  1828. 

354.  Renz,  Wildbad  im  Königreich  Württemberg.    Stuttgart,  1871. 

355.  Scheuchzer,  Vernunfftmäßige  Untersuchung  des  Bads  zu  Baden,  dessen  Eigenschafften  und 
Würkungen.     Zürich,  1732. 

356.  Kraus,  Die  Miniaturen  des  Codex  Egberti  in  der  Stadtbibliothek  zu  Trier.    Freiburg,  1884. 

357.  Will,  Henricus  de  Hassia  über  das  Wiesbadener  Badeleben  im  14.  Jahrhundert.  Annalen  des 
Vereins  für  Nassauische  Alterthumskunde.    Bd.  13.  Wiesbaden,  1874. 


420  Literatur 

358.  D.  Joli.  Dan.  Horstii . .  .  kurtzer  Bericht  vom  Embser-Bad  ....  samt .  .  Bericht  Doct.  Marsillii 
Weigelii   vom  Embser  Bad  und  Brunnen.     Darmbstadt,  1683. 

359.  Eucharius  Rößlin,  Der  Schwanngeren  frawen  vnd  Hebammen  Rosengarten.    Augspurg,  1528. 

360.  Capeller  und  Kaiser,  Die  Mineralquellen  zu  St.  Moritz,  Schuls,  Tarasp,  Fideris  .  .  .  Chur,  1826. 

361.  Feuerlein,  Heylsbronnisches  Zeugnuß  der  Göttlichen  Güte  und  Vorsorge,  bey  dem  uralten, 
nun  aber  neu  entdeckten,  mitten  in  dem  Closter  Heylsbronn  befindlichem  Heylbronnen.  Nürn- 
berg, 1732. 

362.  Natürliche  wolerfahrne  Beschreibung  des  Marggräffischen  Bades  ....  durch  Herrn  D.  Johan. 
Matthaeum  Hessum.    Speyer,  1606. 

363.  Jäger,  Geschichte  der  Stadt  Heilbronn.    Heilbronn,  1828. 

364.  Eckart,  Die  Mineral-Gesundheits-  und  Reinigungsbäder  in  Mittelfranken  1854—1855.  Balneo- 
logische  Zeitung.     Bd.  3.     Wetzlar,  1856. 

365.  Kurtzer  Bericht  dess  Lobwürdigen  Pfeffers  Baad-  und  Trinckt-Wassers,  Aller  andern  Mine- 
ralischen Gesund-Wasseren  Königin  ....  Von  Joann  Abiss,  Med.  Doct.  Löbl.  Statt  Chur 
und  gedachtem  Baades  Physico  Ordinario.     Veldkirch,  1676. 

366.  (Lor.  Forer)  Etliche  kurtze  Obseruationes,  oder  wahrnemmungen  von  dem  Pfeffersbad,  Von 
einem  Patre  der  Societet  Jesu,  welcher  zum  öfftern  solches  Bad  Selbsten  gebraucht,  zusamen 
getragen  .  .  .  Augsburg,  1642. 

367.  Scharold,  Mannigfaltiges.  Archiv  des  historischen  Vereins  von  Unterfranken  und  Aschaffen- 
burg.    Bd.  5.     Würzburg,  1839. 

368.  Vogt,  Der  Kurort  Hof-Ragaz  in  der  Schweiz.    Gießen,  1857. 

369.  Kaiser,  Die  Therme  von  Ragaz-Pfäfers.    5.  Aufl.    St.  Gallen,  1869. 

370.  Wetzler,  Über  Gesundbrunnen  und  Heilbäder.  Mainz,  1819  u.  1825.  —  Über  Gesundbrunnen 
und  Heilbäder.  2.  Aufl.  (vom  1.  u.  2.  Teil).  Mainz,  1822.  —  Zusätze  und  Verbesserungen  zu 
den  2  Bändern  der  neuen  Ausgabe  des  Werkes  :  Über  Gesundbrunnen  und  Heilbäder.  Mainz,  1822. 

371.  (Zeiller)  Topographia  provinciarum  Austriacarum  Austriae,  Styriae,  Carynthiae,  Carniolae, 
Tyrolis  etc. :  Das  ist  Beschreibung  vnd  Abbildung  der  fürnembsten  Statt  vnd  Platz  in  den 
Österreichischen  Landen  ....  durch  Matthaeum  Merian  in  Franckfurt  am  Meyn,  1649. 

372.  Historisch-physikalische  Beschreibung  des  berühmten  mineralischen  Bades  ....  der  Würtem- 
bergischen  kleinen  Amts-Stadt  Lieben-Zeil,  das  Zeller-Bad  genannt,  herausgegeben  von  J.  A.  G. 
M.  D.  (Geßner).    Stuttgart,  1748. 

373.  Thermae  Argoviä-Badenses.  Das  ist.  Eigentliche  Beschreibung  der  warmen  Bädern  ins  gemein ; 
deß  herrlichen  in  dem  Aergöw  gelegenen  warmen  Bads  zu  Baden  ins  besonder.  Durch  Salonion 
Hottinger.    Baden,  1702. 

374.  Baderbüchlin.  Sechs  köstliche  Tractat,  armen  vnd  reychen,  nutzlich  vnd  notwendig,  von  wasser- 
bädern  .  .  .  .  Durch  den  hocherfarnen  Herren  Theophrastum  Paracelsum.  Mit  fleyß  vnd  müe, 
Doctor  Adams  von  Boden  stein,  zu  einem  guten  neuwen  jar  publicirt.  Gedruckt  zu  Mül- 
hausen,  im  oberen  Elsaß,  durch  Peter  Schmid.  1562. 

375.  Menschlichs  lebens  art  vnd  vrsprung,  vnd  wie  man  daß  befristen  soll  durch  die  wilbäder,  beuor 
zu  Oberbaden.  Ouch  von  deren  crafft,  tugent  vnd  eygentschafft.  Vnd  wie  man  sich  dorinnen 
halten  sol.  Einem  yeglichen  menschen  vast  nutzlich  züwissen.  Durch  den  hochgelerten  doctorem 
Alexandern  Sytzen,  von  Marckpach  nüwlich  beschribben.  Getruckt  zu  Basel,  durch  Adam 
Petri.    1516. 

376.  Boesch,  Eine  Karlsbader  Kur  vor  300  Jahren.  Mitteilungen  aus  dem  germanischen  Museum. 
Nürnberg.  Jg.  1891. 

377.  Fromm,  Über  „Tafelwasser"  in  rechtlicher  und  hygienischer  Beziehung.  Vierteljahrsschrift  für 
gerichtliche  Medicin.  Berlin,  1903.    3.  Folge.    Bd.  25. 

378.  Kurfürst  Augusts  von  Sachsen  Badereise  nach  Langenschwalbach  im  Jahre  1584.  Balneo- 
logische  Zeitung.    Bd.  9.    Wetzlar,  1860. 

379.  Hensing,  Genaue  und  neue  Erforschung  des  Schwalbacher  Sauer-Brunnens.  Franckfurt  am 
Mayn,  1711. 

380.  Gedichte  des  Herrn  von  Hall  er.    Zürich,  1762.    8.  Aufl. 

381.  Seippii  Neue  Beschreibung  der  Pyrmontischen  Stahl-Brunnen.    2.  Aufl.    Hannover,  1719. 

382.  Würtembergische  Jahrbücher.    Jg.  1828.    Stuttgart  und  Tübingen,  1830. 

383.  Martin,  Von  Paracelsus  bis  Scheuchzer.  Zentralblatt  für  physikalische  Therapie  und  Unfall- 
heilkunde.   Bd.  1.    Wien  u.  Berlin,  1905. 


Literatur  42 1 

384.  Hydriatrice.  Aquarvm  medicarvm  sectiones  quatvor:  quarum  elenchus  est  in  sequenti  pagella, 
Avtore  Martino  Ruiando,  Frisigensi,  Doct.  Medico  et  Physico  Professore  in  Schola  Laugingana. 
1568.    Dilingae  excvdebat  Sebaldvs  Mayer. 

385.  (Merv  eille  ux)  Angenehmer  Zeitvertreib  in  den  Bädern  zu  Baaden  in  der  Sclnweitz,  zu  Sclnintz- 
nach  und  Pfeffers.    Aus  dem  Frantzösischen  übersetzet.    Dantzig,  1739. 

386.  Spiegl  der  Artzny  .  . .  gemacht  von  Laurentio  Phryesen  von  Colmar,  der  Philosophy  vnd 
Artznei  Doctor. 

387.  Stricl<er,  Zur  Kulturgeschichte  der  deutschen  Bäder.  Zeitschrift  für  deutsche  Kulturgeschichte. 
Jg.  1856.   Nürnberg. 

388.  Joannis  Guintherij  Andernaci  Medici  Commentarius  de  balneis  et  aquis  medicatis  in  tres 
Dialogos  distinctus.    Argentorati,  MDLXV. 

389.  Tissot,  Anleitung  für  das  Landvolk  in  Absicht  auf  seine  Gesundheit.  Mit  neuen  Zusätzen 
vermehrt.    Aus  dem  Französischen  übersetzt  durch  Hirzel.    Zürich,  1762. 

390.  Von  Kalten,  Warmen,  Minerischen  vnd  Metallischen  Wassern,  sampt  der  vergleichunge  der 
Plantarum  vnd  Erdgewechsen  10  Bücher:  Durch  Leonhart  T hur neiss er  zum  Thurn.  1572. 
Gedruckt  zu  Franckfurt  an  der  Oder,  durch  Johan  Eichhorn. 

391.  Hydriatria  Carolina,  Das  ist:  Kurtze  Beschreybung,  was  das  weit-berühmte,  Kayser-Carlsbad  vor 
köstliche  Mineralien  mit  sich  führet.  —  Durch  Wenceslaum  Hüllingern.  An.  1638.  Anjetzo 
aber  anderweit,  in  Verlegung  Andreas  Bechers,  Apothekers  in  ermeldten  Carls-Bad,  auff  das 
newe  an  das  Liecht  gebracht.   Prag. 

392.  Kurtze  Beschreibung  des  Pyrmontischen  Sauer-Brunnens,  sonst  genandt  der  Heilige  Brunn  . . . 
durch  Georgium  Bolmannum.    Cassel  und  Marburg,  1682. 

393.  Hygia  Weihenzellensis,  oder:  Weihenzellischer  Heil-  und  Wunder-Bronnen  ....  von  Johanne 
Laurentio  Loelio.    Nürnberg  und  Onolzbach,  1682. 

394.  Einige  historische  Nachrichten  und  Anmerkungen  von  der  Qraffschafft  Pyrmont  .  .  von  Sigis- 
mund  Beermann.    Franckfurt  und  Leipzig,  1706. 

395.  Strauß,  Ulrich  von  Hütten.    Leipzig,  1858. 

396.  (Dr.  Ziegler  in  Regensburg)  Bemerkungen  über  den  Kurort  Pfäfers  in  der  Schweiz  aus  dem 
Tagebuche  eines  reisenden  Arztes.  Journal  der  praktischen  Heilkunde.  Herausgegeben  von 
H ufe I and  und  O sann.     Bd.  60.     Berlin,  1825. 

397.  Henrici  Rantzovii  de  conservanda  valetudine  liber,  in  privatum  liberorvm  svorum  vsum  ab 
ipso  conscriptus,  ac  editus  a  Dethlevo  Silvio  Holsato.    Francofordi,  1591. 

398.  Oberbaden  im  Ergöw  der  Eydgnoschafft,  Erstlich  Menschlichs  lebens  Art  vnd  Vrsprung,  vnd 
wie  man  das  befristen  soll  durch  die  Wilbäder,  beuor  zu  Oberbaden.  Ouch  von  deren  krafft, 
fügend  vnd  eygenschafft.  Vnd  wie  man  sich  darinnen  halten  soll.  Einem  jeglichen  menschen 
fast  nutzlich  züwissen.  Durch  den  Hochgelerten  D.  Alexandern  Sitzen,  von  Marckbach  be- 
schriben,  vnd  jetz  widerumb  nüwlich  an  tag  bracht.  1576.  (Nach  der  Vorrede  ist  der  Wieder- 
herausgeber Leonhart  Strübin  Dec.) 

399.  Schweizer,  Die  Bade-Kur  in  Aargauisch  Baden  mit  ihren  Vor-  und  Nachwehen.  Burg- 
dorf, 1834. 

400.  Vom  Wasserbaden  drey  Theyl.  Durch  D.  Martium  Ruiandum,  von  Freysingen,  der  Statt 
Laugingen  Physicum.  MDLXVlll.    Getruckt  zu  Dilingen,  durch  Sebaldum  Mayer. 

401.  Zapf,  Kurtze  Beschreibung  derer  in  einem  Triangul  nahe  bey  einander  liegenden  Gesund- 
Brunnen,  welche  bey  .  .  .  Rastenberg  neulich  entprungen  .  .  .  Zum  4.  mahl  gedruckt  Franck- 
furter  und  Leipziger  Meß  1697. 

402.  Unterricht  von  dem  Gebrauch  des  Sältzer  Wassers  beyläuffig  etwas  vom  verführten 
Carls-Bader-Wasser.    Berlin,  1720. 

403.  Conradi  Redek  eri  .  .  .  brevis  descriptio  .  .  .  Bilfeldiani  fontis  et  ususe  jusdem.  Amstelaedami, 
MDCLXVIll. 

404.  Amüsements  des  eaux  de  Spa  oder  Vergnügungen  und  Ergötzlichkeiten  bey  den  Wassern 
zu  Spaa.  Aus  dem  Französischen  ins  Teutsche  übersetzt  von  P.  G.  v.  K.  Franckfurt  und 
Leipzig,  1735. 

405.  Klub  er,  Beschreibung  von  Baden  bei  Rastatt.    1.  Teil.    Tübingen,  1810. 

406.  J  asander,  Amüsements  des  eaux  de  Bade  en  Autriche.  Das  ist:  Angenehmer  Zeitvertreib 
und  Ergözlichkeiten,  in  dem  Nieder-Oesterreichischen  Baadner-Bad,  nebst  Herrn  D.  Dietmanns 
Untersuchung  von  dessen  Gebrauch  und  Mißbrauch.    Nürnberg,  1747. 


422  Literatur 

407.  Amüsements  des  eaux  de  Schwalbach  oder  Zeitvertreibe  bey  den  Wassern  zu  Schwal- 
bach, denen  Bädern  zu  Wisbaden,  und  dem  Schlangenbade.    Lüttich,  1739. 

408.  Z  wie  r  lein  und  Kühn,  Taschenbuch  für  Brunnen-  und  Badegäste.    Leipzig,  1794. 

409.  Thermarum  Aquisgranensivm,  et Porcetanarvm  Elucidatio, etThaumaturgia  . . .  Francisci  Blond el. 
Editio  tertia.  Aquisgrani,  1688.  —  Außfürliche  Erklärung  vnd  Augenscheinliche  Wunderwirckung 
deren  heylsamen  Badt-  vnd  Trinckwässeren  zu  Aach.  Durch  Franciscum  Blonde].  Aach, 
1688. 

410.  Beschryving  van  de  ...  .  Stadt  Aken  Beschreeven  door  de  Heer  Franziscus  Blondel.  Ge- 
druckt op  Ordre  van  de  Wel.-Ed :  Oroot  Agtb:  Raad  en  Magistraat  der  voorsz.  Stad.  Leiden, 
1727  (Herausgeber:  J.  du  Vivier). 

411.  Ritter,  Kurtze  Beschreibung  der  von  neuem  wieder  hervorgesuchten  und  in  brauchbaren 
Stand  gesetzten,  milch-warmen  iVlineral-Wassern,  hinder  Weissenburg,  Ampts  Winimis  .... 
gelegen.   1696. 

412.  Sammlung  der  Bürgerlichen  und  Policey-O e s  e z e  und  Ordnungen  Löbl.  Stadt  und  Landschaft 
Zürich.   Bd.  2,  1757.   Bd.  4,  1779.    Bd.  5,  1779.   Bd.  6,  1793. 

413.  Lyncker,  Geschichte  der  Stadt  Wolfhagen.  Zeitschrift  des  Vereins  für  hessische  Geschichte 
und  Altertumskunde.    Suppl.  6.    Kassel,  1855. 

414.  Vögel  in,  Geschichte  der  Wasserkirche  und  der  Stadtbibliothek  in  Zürich.  Neujahrsblatt  heraus- 
gegeben von  der  Stadtbibliothek  in  Zürich  auf  das  Jahr  1842—48.    Zürich,  1848. 

415.  Beytrag  zur  Topographie  von  (Ober-)Baden  in  der  Schweitz.  Helvetischer  Kalender  fürs 
Jahr  1786.    Zürich. 

416.  Vetter,  Handbuch  der  Heiiquellenlehre.     1.  und  2.  Teil.    Berlin  und  Wien,  1838. 

417.  (Metobius),  Beschreibung  des  newen  gefundnen  Brunnens  ...  in  der  Graffschafft  Speygel- 
berg  zwo  meil  wegs  von  Hamelen,  an  dem  fluß  Weser  gelegen.   1556. 

418.  Dorer,  Wirkungen  des  natürlich  warmen  Mineral  Bades  zu  Baden  im  Kanton  Argau.  Baden, 
1806. 

419.  Fäsi,  Staats-  und  Erdbeschreibung  der  ganzen  Helvetischen  Eidgenoßschaft.  Bd.  3.  Zürich, 
1766.     Bd.  1,  2.  Aufl.,  1768. 

420.  Tractat  der  Wildbeder  natuer  wirckung  vnd  eigentschafft  mittsampt  vnderweisung  wie  sich  ein 
yeder  bereiten  sol  ee  er  badet,  auch  wie  man  baden,  vnd  ettliche  zufell  der  badenden  wenden 
sol.  Gemacht  mit  grossem  fleiß,  durch  Laurentium  Phriesen  der  freien  kunst  vnnd  artzny 
doctorem.  Getruckt  vnd  seliglich  vollendet  in  der  Keiserlichen  stat  Straßburg  .  .  .  von  Johannem 
Grieningern,  1519. 

421.  Murer,  Beschreibung  des  Habsburgerbads.  Archiv  gemeinnütziger  physischer  und  medi- 
zinischer Kenntnisse.    Herausgegeben  von  Rahn.     Bd.  1.    Zürich,  1787. 

422.  Schultz,  Alltagsleben  einer  deutschen  Frau  des  18.  Jahrhunderts.    Leipzig,  1890. 

423.  Baechtold,  Geschichte  der  deutschen  Litteratur  in  der  Schweiz.    Frauenfeld,  1887  und  1892. 

424.  (Murer),  Localbeschreibung  des  Heilbads  zu  Baden  in  der  Schweiz.  Archiv  gemeinnütziger 
physischer  und  medizinischer  Kenntnisse.  Herausgegeben  von  Rahn.  Bd.  3,  Abt.  2.  Zürich, 
1791. 

425.  Ziegler,  Beschreibung  des  Geirenbads,  in  der  Pfarr  Hinweil,  drey  meilen  von  Zürich  .... 
gelegen.    Zürich,  1662. 

426.  Die  gantze  Bibel,  das  ist  alle  bücher  allts  vnnd  neüws Testaments,  den  vrsprünglichen  spraachen 
nach,  auffs  aller  treüwlichest  verteütschet.  Getruckt  zu  Zürich  bey  Christoffel  Froschouer,  im 
Jar  als  man  zait  MDXLV. 

427.  Neue,  kurze  und  einfaltige  Beschreibung  deß  herrlichen,  und,  wegen  seines  grossen  nutzens,  in  disen 
unseren  Landen  wol  bekandten  Urdorffer-Bads  .  .  .  an  das  helle  Tag-Liecht  gegeben  durch 
Liebhaber  deß  Bads  und  der  Artzney-Kunst.    Zürich,  1691. 

428.  Unda  Jordanis  Fabariana.  Pfeffesserischer  Jordan,  oder  Piscina  Probatica  Fabariana.  Eygent- 
licher  Entwurff  deß  heylreichen  Weltberühmten  Pfaeffersbads Von  Matthaeo  Zimmer- 
mann.    Baden,  1689. 

429.  Naturbuch,  Von  nutz,  eigenschafft,  wunderwirckung  vnd  gebrauch  aller  Geschöpff,  Element  vnd 
Creaturn.  Beschriben,  verordnet  vnnd  verteutscht  durch  Conradum  Mengenberg  er.  Ge- 
truckt zu  Franckenfurt  am  Meyn,  bey  Christian  Egenolff  .  .  .  MDXL. 

430.  Dohme,  Geschichte  der  deutschen  Baukunst.    Berlin,  Grote,  1887. 

431.  Von  Natur,  Eigenschafft,  Wirckung,  vnd  rechtem  Gebrauch,  der  warmen  vnd  wilden  Bäder,  jn- 


Literatur  423 

Sonderheit  aber  der  vier,  so  in  dem  Schwartzwald,  nicht  weit  von  einander  gelegen  sind,  nem- 
Hch  Marggraven  Baden,  Wildbad,  Zellerbad,  vnd  Huberbad.  M.  Philibertus  Leücippaeus. 
Oetruckt  Anno  Christi  1598. 

432.  Meier,  Über  Alwin  Schultz,  Das  höfische  Leben  zur  Zeit  der  Minnesinger.  2.  Aufl.  Zeitschrift 
für  deutsche  Philologie.    Bd.  24.    Halle,  1891. 

433.  (Speth),  Neue  Beschreibung  der  uralten  warmen  Brunnen  und  Bäder  zu  Wißbaden.  4.  Aufl. 
Wißbaden,  1761. 

434.  Meyer,  Urkundenbuch  der  Stadt  Augsburg.    Bd.  1.   Augsburg,  1874. 

435.  Glaser,  Über  Seelenbäder.  Archiv  für  hessische  Geschichte  und  Alterthumskunde.  Bd.  2. 
Darmstadt,  1841. 

436.  Ernst,  Das  Biberacher  Spital  bis  zur  Reformation.  Württembergische  Vierteljahrshefte  für 
Landesgeschichte.    N.  F.  Jg.  VL    Stuttgart,  1897. 

437.  Der  Jüdenbadstub  aufs  neu  viel  kräftiger  als  vorhin  zugericht.  Gedruckt  zu  Ursell,  1606.  Aue- 
tore Adriano  Warnero,  Franco.  (2.  Ausgabe  von  Abb.  70/71)  Scheible,  Das  Schaltjahr.  Bd.  3. 
Stuttgart  und  Leipzig,  1847. 

438.  Die  poetischen  Erzählungen  des  Herrand  von  Wildonie  und  die  kleinen  innerösterreichi- 
schen Minnesinger,  herausgegeben  von  Kummer.  Wien,  1880. 

439.  Jacobs,  Urkundenbuch  der  Stadt  Wernigerode  bis  zum  Jahre  1460.     Halle,  1891. 

440.  Des  Bapsts  vnd  der  Pfaffen  Badstub.    M.  D.  XLVI. 

441.  Bech,  Zu  dem  von  M.  Haupt  herausgegebenen  Gedicht :  Von  dem  übelen  Weibe.  Germania. 
Jg.  17.    Wien,  1872. 

442.  Ortnit  und  die  Wolf dietriche,  herausgegeben  von  Amelung  und  Jänicke.  Deutsches 
Heldenbuch.    4.  Teil.    Berlin,  1873. 

443.  Scheible,  Die  fliegenden  Blätter  des  16.  und  17.  Jahrhunderts.    Stuttgart,  1850. 

444.  (Meyer),  Beschreibung  des  Sauerbrunnens  bey  St.  Moritz  im  Ober-Engadin.  Neujahrs- 
geschenk von  der  neuerrichteten  Gesellschaft  zum  schwarzen  Garten  der  lieben  Zürcherischen 
Jugend  gewidmet,  auf  das  Jahr  1811. 

445.  (Meyer),  Beschreibung  des  Gyrenbades  im  Turbenthal  im  Canton  Zürich.  Neujahrs- 
geschenk von  der  neuerrichteten  Gesellschaft  zum  schwarzen  Garten  der  lieben  Zürcherischen 
Jugend  gewidmet,  auf  das  Jahr  1826. 

446.  Meißner,  Abhandlung  über  die  Bäder  im  Allgemeinen  und  über  die  neuen  (Köberlinschen) 
Apparate  zu  Sprudel-,  Sturz-  und  Dampfbädern  insbesondere.    Leipzig,  1832. 

447.  Sparmann,  Kurtze  doch  gründliche  Beschreibung  aller  in  und  vor  der  Stadt  Töplitz  befind- 
lichen warmen  Bäder.    Dreßden  und  Leipzig,  1733. 

448.  Eigentliche  Beschreibung  deren  berühmten  dreyen  Gesundheits-Bädern  in  dem  Ertz-Hertzog- 
thum  Österreich  unter  der  Enns,  als  Baaden,  Teutsch-Al tenburg  und  Pyrenwarth 
.  .  .  von  J.  A.  C.  V.  S.   Nürnberg  und  Wien,  1734. 

449.  Aller  heilsamen  Bäder  vnd  Brunnen  Natur,  krafft,  tugendt,  vnd  würckung,  so  in  Teutschlanden 
bekandt  vnd  erfahren:  Beschriben  in  Teutscher  sprach,  durch  Gallum  E  tschen  reü  tteru  m, 
der  Artzney  Doctor  zu  Straßburg.    Getruckt  zu  Straßburg  bey  Christian  Müller,  1571. 

450.  Batt,  V.  Babo,  Eitenbenz,  Mone  und  Weber,  Teutsche  Denkmäler.  Lief.  1.  Enthält 
die  Bilder  zum  Sächsischen  Land-  und  Lehnrecht.    Heidelberg,  1820. 

451.  Zur  Kulturgeschichte  der  deutschen  Bäder.  Balneologische  Zeitung.  Bd.  7.  Wetzlar,  1859. 

452.  Oberer,  Gasteiner  Reise-  und  Bade-Zustände  früherer  Zeit.  Balneologische  Zeitung.  Bd.  7. 
Wetzlar,  1859. 

453.  Tissot,  Medizinische  und  chirurgische  Gymnastik  oder  Versuch  über  den  Nutzen  der  Be- 
wegung oder  der  verschiedenen  Leibesübungen,  und  der  Ruhe  bey  Heilung  der  Krankheiten. 
Aus  dem  Französischen    mit  Anmerkungen  des  Herausgebers  bereichert.    Leipzig,  1782. 

454.  Mone,  Über  die  Armenpflege  vom  13.  bis  16.  Jahrhundert.  Zeitschrift  für  die  Geschichte  des 
Oberrheins.   Bd.  1.   Karlsruhe,  1850. 

455.  Vögelin,  Sebastian  Münsters  Cosmographey.    Basler  Jahrbuch  1882. 

456.  Newe  Wunderbeschreibung.  Deß  Wilt,  oder  Waltbads  zu  Pfeffers.  .  .  .  Durch  Michael  Rapha. 
Schmuzen,  von  Poystorff.     Neuburg  an  der  Daunaw,  1665. 

457.  Württembergische  Jahrbücher  1857.     Stuttgart,  1858. 

458.  Reydt,  Hydrophylacium  oder  neuwe  Beschreibung  deß  wunder-heylsammen,  weitberühmten, 
selbst-warmen,  im  Bistumb  Chur  und  Herrschafft  Pfeffers  gelegenen  Bads.    Zug,  1708. 


424  Literatur 

459.  Mauthner,  Die  Heilkräfte  des  kalten  Wasserstrahls.    Wien,  1837. 

460.  Mone,  Zeitschrift  für  die  Geschichte  des  Oberrheins.    Bd.  19.   Karlsruhe,  1866. 

461.  Mone,  Zeitschrift  für  die  Geschichte  des  Oberrheins.   Bd.  17.   Karlsruhe,  1865. 

462.  Wolf,  Biographien  zur  Kulturgeschichte  der  Schweiz.    Cyklus  1.    Zürich,  1858. 

463.  Unschuldiger  Zeitvertreib  im  Carlsbad  unter  einer  vereinten  Gesellschaft.  Franckfurth 
und  Leipzig,  1751. 

464.  Hampe,  Sittenbildliches  aus  Meisterlieder-Handschriften.  Zeitschrift  für  deutsche  Kultur- 
geschichte.  Bd.  4.   Weimar,  1896. 

465.  Plate,  Die  Kunstausdrücke  der  Meistersinger.    Dissertation.    Straßburg,  1887. 

466.  Vitruuius  des  allernamhafftigisten  vnnd  hocherfahrnesten,  römischen  Architecti  ....  Marci 
Vitruuij  Pollionis,  zehen  Bücher  von  der  Architectur  vnd  künstlichem  Bawen.  .  .  .  Durch  D. 
Oualtherum  H.  Riuium  Medic.  et  Mathem.  Vormals  in  Teütsche  sprach  zu  tranferieren,  noch 
von  niemand  sonst  vnderstanden,  sonder  für  vnmüglichen  geachtet  worden.  Getruckt  zu  Basel 
durch  Sebastian  Henricpetri.    MDLXXV. 

467.  Der  wälsche  Gast  des  Thomasin  von  Zirclaria,  herausgegeben  von  Rückert.  Quedlin- 
burg und  Leipzig,  1852. 

468.  Zedlers  Universal-Lexikon.    Bd.  3.    Halle  und  Leipzig,  1733. 

469.  Holtzmann,  Meistergesänge  des  XV.  Jahrhunderts.    Germania.  Jg.  5.   Wien,  1860. 

470.  Simrock,  Die  deutschen  Volksbücher.    Bd.  3.    Frankfurt  a.  M.,  1846. 

471.  Depping,  Reglemens  sur  les  arts  et  metiers  de  Paris,  rediges  au  XIII.  sciecle.  Paris, 
MDCCCXXXVII. 

472.  Stadtordnung  für  Münnerstadt,  gegeben  im  Jahre  1527.  Archiv  des  historischen  Vereins 
für  den  Untermainkreis.   Bd.  3.   Würzburg,  1836. 

473.  Greiner,  Das  ältere  Recht  der  Reichsstadt  Rottweil.    Stuttgart,  1900. 

474.  Hoffmann  von  Fallersleben,  Pestregeln.  Anzeiger  für  Kunde  des  deutschen  Mittelalters. 
Nürnberg,  1832. 

475.  Müller,  Die  Polizeimaßregeln  wider  die  Pestseuchen  des  16.  und  17.  Jahrhunderts  zu  Stettin. 
Baltische  Studien.  Jg.  9.  Heft  2.   Stettin,  1843. 

476.  Mayer,  Zur  Geschichte  der  Pest  im  15.  und  16.  Jahrhundert.  Schau-ins-Land.  Jg.  28.  Frei- 
burg i.  B.,  1901. 

477.  Eyn  tractat  von  der  dotlichen  sucht  der  pestelentz  mit  grosem  fliß  vß  vielen  pucheren  der 
namhaftigesten  lerern  in  der  ertzney  gezogen  vnd  in  das  dutsce  brocht.   Anno  MCCCCLXXXII. 

478.  Fuchs,  Die  ältesten  Schriftsteller  über  die  Lustseuche  in  Deutschland  von  1495  bis  1510. 
Göttingen,  1843. 

479.  Images  de  Saints  et  Saintes  issus  de  la  famille  de  l'empereur  Maximilien  I.  .  .  d'apres  les  des- 
sins  de  Hans  Burgmaie  r.    Vienne,  1799. 

480.  Mey  er- Ähren s.  Geschichtliche  Notizen  über  das  erste  Auftreten  der  Lustseuche  in  der  Schweiz. 
Zürich,  1841. 

481.  Reber,  Beiträge  zur  Geschichte  der  Medicin  und  der  Pharmacie.  S.-A.  der  „Pharmaceutischen 
Post".    Wien,  1900. 

482.  Reber,  Ein  Beitrag  zur  Geschichte  der  Syphilis.  Correspondenzblatt  für  Schweizer  Ärzte. 
Jg.  30.    Basel,  1900. 

483.  Colloquiorum  familiarium  opus.  Des.  Erasmo  Rot.  autore.  Basileae  apud  Mich.  Ising.  MDXLIII. 

484.  Scheible,  Das  Schaltjähr.    Bd.  2.    Stuttgart  und  Leipzig,  1846. 

485.  Newe  erzelungen  von  dem,  auß  etlichen  gemeinen  Baden  verunreinigen  am  schrepffen,  vnnd 
verhalten  dero  vrsachen,  auch  wie  zu  rathen  solchem  sein  macht,  menigiich  damit  sich  vor  zu 
sehen  in  guetem  vermeinet  vnd  beschrieben.  Anno  MDCL  Georgivs  Marivs  genant  Maier 
von  Wvrtzberg  Doctor  Medicus. 

486.  Scharold,  Würzburger  Almosen-Ordnung  vom  Jahre  1533.  Archiv  des  historischen  Vereins 
von  Unterfranken  und  Aschaffenburg.    Bd.  5.    Würzburg,  1839. 

487.  Härder,  Das  Sondersiechenhaus  und  die  H.  Dreikönigskirche  auf  der  Steig  in  Schaffhausen. 
Beiträge  zur  vaterländischen  Geschichte.    Schaffhausen,  1874. 

488.  Bühl  er.  Der  Aussatz  in  der  Schweiz.    Zürich,  1902. 

489.  Kurtzer  vnd  warhafftiger  Bericht:  Was  schwärer  vnd  mühseliger  allerhand  Kranckheiten,  vom 
jähr  1596  biß  ins  1599.  wol  vnnd  glücklich  seyen  geheilet  worden,  durch  die  Gnad  Gottes,  vnd 
wunderbarliche  würckung  deß  Wunderbads  zu  Boll  im  Hertzogthumb  Württemberg  gelegen,  so 


Literatur  425 

da  newlich  erfunden,  .  .  .  vnd  durch  .  .  .  Joannem  Bauhinum  F.  W™üemb.  Archiatrum,  newiich 
eigentlich  vnd  weitleufftig  beschrieben  .  .  .  sampt  vielen  denckwürdigen  Historien  .  .  .  jetzund  aber 
dise  Exempel  trewiich  verzeic4inet  worden,  durch  den  hochgelehrten  H.  Joan.  Rentzium 
F.  W.  Medicum  im  ernielten  Wunderbad.     Mümpelgart,  MDXCIX. 

490.  Kurzgefasste  Geschichte  der  uralten  Familie,  Stadt  und  Grafschaft  Rapperswill.  Ein- 
siedeln, 1821. 

491.  Haeser,  Lehrbuch  der  Geschichte  der  Medicin  und  der  epidemischen  Krankheiten.  3.  Be- 
arbeitung.   Jena,   1875—82. 

492.  Konrads  von  Würzburg  Silvester  von  Wilhelm  Grimm.    Göttingen,  1841. 

493.  Eins  Erbarn  Raths  der  Statt  Nürnberg,  verneute  Gesetz  vnd  Ordnung,  in  gegenwärtigen 
Sterbsläuftten  diß  MDC.  Jars,  auffgericht.    Gedruckt  zu  Nürnberg  durch  Paulum  Kauffmann. 

494.  Meyer-Ahrens,  Der  Stich  in  den  Jahren  1564  und  1565  im  Zusammenhange  mit  den  übrigen 
Epidemien  der  Jahre  1562-^1566.     Zürich,  1848. 

495.  von  Stellen,  Geschichte  der  Heil.  Rom.  Reichs  Freyen  Stadt  Augspurg.  Frankfurt  und 
Leipzig,  1743. 

496.  Jäger,  Geschichte  der  Stadt  Augsburg.    Darmstadt,  1837. 

497.  Ein  schöner  Lobspruch:  Von  der  Fürstlichen  Hauptstatt  JVlünchen,  vnnd  von  dem  gantzen  Bayer- 
land.   Gestellt  durch  Thomas  Greilln,  von  Steinfeldt,  Carinthium.    Gedruckt  Anno  1610. 

498.  Hans  Sachs,  Eyn  Lobspruch  der  Stat  Nürmberg.  Der  Stat  Nürmberg  Ordnung  vnd  wesen 
findestu  in  disem  gdicht  zu  lesen.    Gedruckt  zu  Nürmberg  durch  Kunegund  Hergotin. 

499.  Dietmanns  Untersuchung  des  Nieder-Österreichischen  Badner-Bades,  dessen  Gebrauch  u. 
Mißbrauch  ...  ins  Teutsche  übersetzet  und  mit  einer  Vorrede  D.  Joh.  Nie.  Weißens  ver- 
mehret.   Wien,  1734  (lateinisch  1732). 

500.  Bäum  er.  Die  Geschichte  des  Badewesens.     Breslau,  1903. 

501.  IVVarggraff,  Badewesen  und  Badetechnik  der  Vergangenheit.  Berlin,  1881.  Sammlung  gemein- 
verständlicher wissenschaftlicher  Vorträge,  herausgegeben  von  Virchow  und  Holtzendorff. 
XVI.  Serie.    Heft  380.    Berlin,  1881. 

502.  Strick  1er,  Geschichte  der  Gemeinde  Horgen.    Horgen,  1882. 

503.  Also  hastu  den  Kalender,  der  do  volendet  ist  vff  Montag  vor  Matthie  jm  MCCCCCXIIIII.  Jor. 
Am  Schluß:  Das  regiment  der  gesuntheit.  Getruckt  in  der  loblichen  stat  Basel  durch 
Pamphilum  Gengenbach. 

504.  von  Liliencron,  Deutsches  Calendarium  aus  dem  XIV.  Jahrhundert.  Zeitschrift  für  deutsches 
Altertum.    Bd.  6.    Leipzig,  1848. 

505.  Kalender  mit  allen  astronomischen  haltungen  usw.  Durch  den  wol  erfarnen  D.  Eucharium 
Rößlin,  Statartzt  zu  Franckfurt  am  Meyn,  new  ann  tag  geben.  Gedruckt  zu  Franckfurt 
am  Meyn  bei  Christian  Egenolphen,  1533. 

506.  Newer  Verbesserter  Gregorianischer  Schreib-Kalender  ...  Auffs  Neu  nach  den  Festen 
Constantzer  Bistumbs,  vnd  Eydtgnössischen  Meridian  gerichtet.  Auff  das  Jahr  nach  Christi 
Geburt.  MDCCXXXIX.    Baden,  bey  Joseph  Ludwig  Baidinger,  1739. 

507.  Anzeiger  für  Kunde  des  deutschen  Mittelalters.    Jg.  2.    Nürnberg,  1833. 

508.  Ehespiegel :  Das  ist,  alles  was  vom  heyligen  Ehestande,  nützliches,  nötiges,  vnd  tröstliches  mag 
gesagt  werden.  In  sibentzig  Brautpredigten :  zusammen  verfasset.  Durch  Cyriacum  Spangen- 
berg, im  Thal  Manßfeldt.  Vnd  jetzundt  auffs  neuw  vom  Aufhöre  selbst  fleißig  vbersehen, 
vnd  an  vilen  orten  trefflich  gemehret  vnd  gebessert.  Getruckt  zu  Straßburg,  durch  Samuel 
Emmel.    Anno  MDLXIII. 

509.  Nota  liber  Rationis  Walfardi  Helttampt.  von  Freyberg,  Sammlung  historischer  Schriften  und 
Urkunden.    Bd.  2.    Stuttgart  und  Tübingen,  1829. 

510.  Herschel,  Zur  Geschichte  von  Koldiz.  Anzeiger  für  Kunde  der  deutschen  Vorzeit.  N.  F. 
Bd.  6.    Jg.  1859.     Nürnberg. 

511.  Morel,  Zur  Geschichte  des  Aberglaubens.  Anzeiger  für  Kunde  der  deutschen  Vorzeit.  N.  F. 
Bd.  4.    Jg.  1857.     Nürnberg. 

512.  Lütolf,  Sagen,  Bräuche  und  Legenden  aus  den  fünf  Orten.    Lucern,  1865. 

513.  Rocholz,  Deutscher  Glaube  und  Brauch  im  Spiegel  der  Vorzeit.  Bd.  1.  Deutscher  Unsterb- 
lichkeitsglaube.   Berlin,  1867. 

514.  (Becker),  Schloß  Runkelstein  und  seine  Wandgemälde.  Mittheilungen  der  k.  k.  Central-Com- 
mission  zur  Erforschung  und  Erhaltung  der  Kunst-  und  historischen  Denkmale.  Jg.  4.  N.  F.  Wien,  1878. 


426  Literatur 

515.  Graf  Waldstein,  Nachlese  aus  Runkelstein.  Mittheilungen  der  k.  k.  Central-Commission  zur 
Erforschung  und  Erhaltung  der  Kunst-  und  historischen  Denkmale.    Jg.  20.  N.  F.    Wien,  1894. 

516.  Schönherr,  Das  Schloß  Runkelstein  bei  Bozen.  Mit  einem  Inventar  des  Schlosses  von  1493. 
Innsbruck,  1874. 

517.  Pfau  und  Kinkel,  Beschreibung  der  Burg  Kyburg.  Zürich  1870.  Mitteilungen  der  anti- 
quarischen Gesellschaft  in  Zürich.     Bd.  16. 

518.  Hufeland,  Nöthige  Erinnerung  an  die  Bäder  und  ihre  Wiedereinführung  in  Teutschland. 
Journal  des  Luxus  und  der  Moden.    Weimar,  1790  und  1801. 

519.  Römer-Büchner,  Wohlleben  und  Prachtliebe  der  Gesellschaft  Limburg  zu  Frankfurt  a.  M. 
im  Mittelalter.    Zeitschrift  für  deutsche  Kulturgeschichte.    Jg.  1856.    Nürnberg. 

520.  Die  Kindheit  J  esu,  Gedicht  des  12.  Jahrhunderts.   Herausgegeben  von  Feifalik.  Wien,  1859. 

521.  Hes,  Kaspar  Bankin's  Leben  und  Charakter.  Basel,  1860.  S.-A.  aus  dem  7.  Band  der  Beiträge 
zur  vaterländischen  Geschichte. 

522.  Preuss,  Waschungen  und  Bäder  nach  Bibel  und  Talmud.  Wiener  medizinische  Wochen- 
schrift.    Wien,  1904. 

523.  Weisstein,   Das  Judenbad   in   Speier.     Centralblatt   der  Bauverwaltung.    Jg.  5.     Berlin,  1885. 

524.  Kratz,  Das  Judenbad  in  Friedberg  in  Oberhessen.  Die  Denkmalpflege,  herausgegeben  von 
der  Schriftleitung  des  Centralblattes  der  Bauverwaltung.  Schriftleiter  Sarrazin  und  Schultze. 
Jg.  4.     No.  8.     Beriin,  Ernst  u.  Sohn,  1902. 

525.  Bode,  Geschichte  der  deutschen  Plastik.     Beriin,  1885. 

526.  Erdichtete  Liebesbriefe  des  XV.  Jahrhunderts  in  niederdeutscher  Sprache.  Germania. 
Jg.  10.    Wien,  1865. 

527.  Neuburger  und  Pagel,  Handbuch  der  Geschichte  der  Medizin.    Jena,  1903  ff. 

528.  Rieger,  Über  die  Psychiatrie  in  Würzburg  seit  300  Jahren.    Würzburg,  1899. 

529.  Ettmüller,  Die  Frescobilder  zu  Konstanz.  Mitteilungen  der  antiquarischen  Gesellschaft  in 
Zürich.    Bd.  15.    Zürich,  1866. 

530.  Kudrun.    Bearbeitet  von  Piper.    Stuttgart,  1895. 

531.  Homeyer,  Die  deutschen  Reehtsbücher  des  Mittelalters  und  ihre  Handschriften.    Berlin,  1856. 

532.  Lind,  Ein  Antiphonarium  im  Stifte  St.  Peter  zu  Salzburg.  Mitteilungen  der  k.  k.  Central- 
Commission  zur  Erforschung  und  Erhaltung  der  Baudenkmale.    Jg.  14.     Wien,  1869. 

533.  Schiller  und  Lübben.    Mittelniederdeutsches  Wörterbuch.    Bremen,  1875—1881. 

534.  Mone,  Geschichtliche  Notizen.  Medizinalwesen.  Zeitschrift  für  die  Geschichte  des  Ober- 
rheins.   Bd.  14.    Karisruhe,  1862. 

535.  Weisthümer,  gesammelt  von  Jacob  Grimm.    Göttingen,  1840 — 1869. 

536.  von  Laßberg,  Liedersaal.     Bd.  3.    St.  Gallen  und  Konstanz,  1846. 

537.  Schultz,  Toiletten-Anweisungen  des  14.  Jahrhunderts.  Anzeiger  für  Kunde  der  deutschen 
Vorzeit.     N.  F.  Jg.  24.     Nürnberg,  1877. 

538.  Rahn,  Geschichte  der  bildenden  Künste  in  der  Schweiz.     Zürich,  1876. 

539.  Ennen,  Geschichte  der  Stadt  Köln.    Bd.  1  und  3.    Köln  und  Neuß,  1863  und  1869. 

540.  Well  er.    Altes  aus  allen   Theilen  der   Geschichte  ....    2   Bände.    Chemnitz,    1762  u.  1766. 

541.  Meyer,  Das  Stadtbuch  von  Augsburg,  insbesondere  das  Stadtrecht  vom  Jahre  1276.  Augsburg,  1872. 

542.  D.  Nicolaus  Gentzkow's,  weiland  Bürgermeisters  in  Stralsund,  Tagebuch  von  1558 — 1567. 
Im  Auszuge  mitgeteilt  von  Zober.     Baltische  Studien.    Jg.  12  ff.    Stettin,  1846  ff. 

543.  Grell  mann.  Historische  Kleinigkeiten  zum  Vergnügen  und  Unterricht.    Göttingen,  1794. 

544.  Wehrmann,  Eine  Luxusordnung.  Zeitschrift  des  Vereins  für  Lübeckische  Geschichte  und 
Alterthumskunde.     Bd.  2.    Lübeck,  1867. 

545.  Qengler,  Seelbäder.    Zeitschrift  für  deutsche  Kulturgeschichte.    N.  F.  Jg.  2.    Hannover,  1873. 

546.  Osenbrüggen,  Culturhistorische  Bilder  aus  der  Schweiz.    Leipzig,  1863. 

547.  Das  Lübeckische  Recht.    Unveränderter  Abdruck  von  1728.    Lübeck,  1829. 

548.  Witt  mann,  Pfründe-Ordnung  des  vormaligen  Klosters  Geisenfeld.  Aus  dem  13.  Jahrhundert. 
Quellen  zur  bayerischen  und  deutschen  Geschichte.    Bd.  1.    München,  1856. 

549.  Blumenbach,  Nachricht  von  Herzog  Ernst  des  Jüngern  Beylager  zu  Münden  und  dem  Hof- 
staate daselbst.     Archiv  des  historischen  Vereins  für  Niedersachsen.    Jg.  1849.     Hannover,  1851. 

550.  Gaupp,  Deutsche  Stadtrechte  des  Mittelalters.    Bd.  1.    Breslau,  1851. 

551.  (von  Moos)  Astronomisch-politisch-historisch- und  kirchlicher  Calender  für  Zürich.  2.  u.  3.  Theil. 
Zürich,  1775  u.  1777. 


Literatur  427 

552.  Kopp,  Bilder  und  Schriften  der  Vorzeit.     Mannheim,  1819. 

553.  Biisching,  Das  Schloß  der  deutschen  Ritter  zu  Marienburg.     Berlin,  1823. 

554.  Zinck,  Studentisches  Leben  in  Leipzig  zur  Zeit  des  Kurfürsten  August  (1555— 15S6).  Zeit- 
schrift für  deutsche  Kulturgeschichte.    Bd.  6.    Weimar,  1SQ9. 

555.  Hirsching,  Beytrag  von  Idiotismen  aus  dem  Fürstenthum  Hohenlohe.  Journal  von  und  für 
Deutschland.     Herausgegeben  von  Siegmund  Freyherrn  von  Bibra  (in  Fulda).    Jg.  6.   1789. 

556.  Clauser,  Sylvula  formularum  quotidiani  sermonis,  in  puerorum  gratiam  congesta.    Basel,  1595. 

557.  Staub  und  Tobler,  Schweizerisches  Idiotikon.     Frauenfeld,  1881  ff. 

558.  Das  Landrecht  des  Schwaben  spiegeis  in  der  ältesten  Gestalt,  herausgegeben  von  Wacker- 
nag el.    Zürich  und  Frauenfeld,  1840. 

559.  Gengier,  Deutsche  Stadtreehte  des  Mittelalters.    Erlangen,  1852. 

560.  von  Bülow,  Inventarien  der  S.  Johanniterordenscomthurei  Wildenbruch  aus  den  Jahren  1547 
und  1560.     Baltische  Studien.    Jg.  29.    Stettin,  1879. 

561.  Näher,  Die  deutsche  Burg,  ihre  Entstehung  und  ihr  Wesen,  insbesondere  in  Süddeutschland. 
Deutsche  Bauzeitung.    Jg.  19.     Berlin,  1885. 

562.  Rahn,  Die  mittelalterlichen  Architektur-  und  Kunstdenkmäier  des  Cantons  Thurgau.  (Frauen- 
feld, 1899.) 

563.  Scherb,  Kurze  Anleitung  zur  Erhaltung  und  Wiederstellung  der  Gesundheit  insofern  beydes 
ohne  medizinische  Hülfe  erhalten  werden  kann.    Nach  Tissot  und  Unzer.    Bischoffzell,  1783. 

564.  Senn,  Archiv  traditioneller  Antiquitäten  aus  den  Alpen.    Alpenpost.    Bd.  1.    Glarus,  1871. 

565.  Meyer-Ahrens,  Die  Bäder  und  Badesitten  im  Mittelalter  und  dem  Anfang  der  Neuzeit.  Die 
illustrierte  Schweiz.    Jg.  3.     Bern,  1873. 

566.  H  olzhab,  Supplement  zu  dem  allgemeinen  ...  schweizerischen  Lexicon  von  Leu.  Zürich,  1795. 

567.  Franzisci  Philippi  Florini  ...  Oeconomvs  prvdens  et  legalis.  Oder  Allgemeiner  Klug-  und 
Rechts-verständiger  Haus-Vatter.    Nürnberg,  1705. 

568.  Boesch,  Ein  süddeutsches  bürgerliches  Wohnhaus  vom  Beginne  des  18.  Jahrhunderts.  Mit- 
teilungen aus  dem  germanischen  Nationalmuseum.    Jg.  1897.    Nürnberg,  1897. 

569.  Michelsen,  Der  Mainzer  Hof  zu  Erfurt  am  Ausgange  des  Mittelalters.    Jena,  1853. 

570.  Birlinger,  Ein  Inventar  von  1577.     Alemannia.     Bd.  3.     Bonn,  1875. 

571.  Ein  kurtz  vnd  trüwlich  vnderricht,  wider  die  sorgklich  kranckeyt  der  Pestilentz,  nach  aller  not- 
turfft  vnd  Ordnung  so  in  söllichem  fal,  betracht  vnd  gehalten  werden  mag:  neulich  vß  gangen 
vnd  zu  nutz  gemeyner  Lantschafft  der  eydgnoschafft  zusamen  bracht,  im  XV.  hundert  vnd 
XIX.  Jar.  Zusamen  bracht  vß  dem  Latin  durch  den  hochgelerten  Joachim  Vadianum,  der 
syben  fryen  künsten  vnd  Ertzny  Doctor.    Gedruckt  in  der  loblichen  statt  Basel  durch  Adam  Petri. 

572.  Oslander,  Volksarzneimittel.    3.  Aufl.    2.  Abdruck.    Tübingen,  1844. 

573.  Näf,  Geschichte  der  Kirchengemeinde  Hinweil.    Zürich,  1869. 

574.  de  Lamzweerde,  Monita  salutaria,  de  magno  thermarum  et  acidularum  abusu.  Coloniae 
Agrippinae,  1684. 

575.  H  eff  ner,  Beitrag  zur  Geschichte  der  abendländischen  Lepra  in  Ost-Franken.  Archiv  des  histo- 
rischen Vereines  von  Unterfranken  und  Aschaffenburg.     Bd.  12.  .  Würzburg,  1853. 

576.  T'Boeck  van  de  Vroet-Wijfs  .  .  .  van  den  seer  vermaerden  Jacob  Rvffen.  Ouergeset  in  ons 
Nederlantsche  sprake  deur  Martyn  Everaert.    Amstelredam,.1591. 

577.  Hebammenbuch  .  .  .  durch  Fraw  Louyse  Bourgeois,  der  alten  Königin  in  Frankreich  bestellten 
Amme  ....     Franckfurt,  1628—48. 

578.  Hirzel,  Lese-Buch  für  das  Frauenzimmer  über  die  Hebammenkunst.    Zürich,  1784. 

579.  Herzog  Christophs  zu  Würtemberg  Instruction  für  den  Hofmeister,  Lehrmeister 
und  Unter-Gehülfen  seines  Sohns,  Herzog  Ludwigs  .  .  .  vom  Jahr  1562.  Patriotisches  Archiv 
für  Deutschland.    Bd.  9.    Mannheim  und  Leipzig,  1788. 

580.  Gengier,  Deutsche  Stadtrechts-Alterthümer.     Erlangen,  1882. 

581.  Seh  aab,  Geschichte  der  Stadt  Mainz.    Bd.  1.    Mainz,  1841. 

582.  Mombert,  Das  gemeinschaftliche  Bad  der  jüdischen  Frauen  in  Kellern,  ein  Gegenstand  für  die 
medicinische  Polizei  und  für  praktische  Ärzte.  Zeitschrift  für  die  Staatsarznetkunde.  Bd.  20. 
Eriangen,  1830. 

583.  Beurkundete  Erziehungs-Geschichte  Pfalzgrafen  Friedrichs  als  Churfürsten,  dieses 
Namens  des  IV.  Churf.  Ludwigs  VI.  zu  Pfalz  einigen  Sohns  und  Landes-Nachfolgers.  Patriotisches 
Archiv  für  Deutschland.    Bd.  4.    Franldurt  und  Leipzig,  1786. 


428  Literatur 

584.  Haupt  und  Hofmann,  Altdeutsche  Blätter.    Bd.  1.    Leipzig,  1836. 

585.  Wolfram  von  Eschenbachs  Parzival  und  Titurel.  Herausgegeben  von  Martin.  1.  Teil. 
Halle,  1900. 

586.  Sintenis,  Beschreibung  einer  im  Jahre  1507  zu  Zerbst  aufgeführten  Procession.  Zeitschrift 
für  deutsches  Altertum.     Bd.  2.    Leipzig,  1842. 

587.  Flögel-Ebeling,  Geschichte  des  Grotesk-Komischen.    Leipzig,  1862. 

588.  Förstemann,  Die  Gesetzsammlungen  der  Stadt  Nordhausen  im  15.  und  16.  Jahrhundert. 
Neue  Mittheilungen  aus  dem  Gebiet  historisch-antiquarischer  Forschungen.  Bd.  6.  Halle  und 
Nordhausen,  1843. 

589.  Scharold,  Auszüge  aus  alten  Dorfsordnungen.  Archiv  des  historischen  Vereins  von  Unter- 
franken und  Aschaffenburg.    Bd.  5.    Würzburg,  1839. 

590.  Zeller-Werdmüller,  Die  Züricher  Stadtbücher.    Bd.  2.    Leipzig,  1901. 

591.  Lochner,  Schuldiger  gleichbedeutend  mit  Gläubiger.  Anzeiger  für  Kunde  der  deutschen  Vor- 
zeit.   N.  F.    Bd.  5.  Jg.  1858.  Nürnberg. 

592.  Die  alten  Statuten  der  Stadt  Stolberg  am  Harz.  Neue  Mittheilungen  aus  dem  Gebiet 
historisch-antiquarischer  Forschungen.    Bd.  6.    Halle  und  Nordhausen,  1843. 

593.  Strals  under  Kleider-  und  Hochzeitsordnung  vom  Jahre  1570.  Mitgeteilt  von  Zober. 
Baltische  Studien.  Jg.  21.  Stettin,  1866. 

594.  Handzeichnungen  alter  Meister  aus  der  Albertina  und  anderen  Sammlungen.  Heraus- 
gegeben von  Schönbrunner  und  Med  er.   Bd.  9.  Wien,  Geriach  und  Schenk  (1904). 

595.  Prattica  auff  das  künfftig  jar,  von  körn,  win,  vnd  andern  fruchten,  auch  von  kranckheiten,  kriegen, 
tod,  thüre,  vnd  andern  dingen,  so  sich  alls  zebesorgen,  allenthalben  zutragen  vi'erden.  Durch  D. 
Hanß  Wye  rman,  der  siben  fulen  künsten  meister,  in  der  nechsten  Statt  bey  Chiliion,  do  man  die 
hüriing  facht.  Mit  priuilegium  auff  12.  monat  nit  nach  zetrucken,  aber  wol  abzeschryben.  Ge- 
dicht zu  Chillion,  in  der  wachtstuben,  bey  meister  Hanß  Seltengelt,  gleich  bey  der  vvachtkannen. 
(Erschien  auch  als:  Practica  vff  das  MDLXV.  jar  u.  s.  w.     Getruckt  zu  Chillion  .  .  .  1564.) 

596.  Endres  Tuchers  Baumeisterbuch  der  Stadt  Nürnberg.  Herausgegeben  von  Lexer.  Bibliothek 
des  litterarischen  Vereins  in  Stuttgart.   Bd.  64.   Stuttgart,  1862. 

597.  Heimfahrt  von  Jerusalem  Hans  Stockar's  von  Schaffhausen,  Pilgers  zum  heiligen  Grabe  im 
Jahr  des  Heus  1519  und  Tagebuch  von  1520  bis  1529.    (Herausgegeben  von  Maurer-Con- 

■stant.)   Schaffhausen,  1839. 

598.  (Fischart),  Affentheuriich  Raupengeheurliche  Geschichtsklitterung  .  .  .  Durch  Huldrich  Ellopo- 
scleron.    Gedruckt  zur  Grensing  im  Gänsserich,  1590. 

599.  Stöbe  r.  Vierundfünfzig  verschiedenartige  FamiHen-  und  Gesellschaftsfeste  und  Zechgelegen- 
heiten. Aus  Fischarts  Gargantua,  Ausgabe  von  1608.  Anzeiger  für  Kunde  der  deutschen  Vor- 
zeit.    N.  F.  Bd.  2.  Jg.  1855.  Nürnberg. 

600.  Senn,  Alte  Offnungen,  Landtrechte,  Dorff  Rächte  vnd  Hofsrechtte  aus  der  Ostschvi/eiz.  Frauen- 
feld, 1873. 

601.  Kluge,  Etymologisches  Wörterbuch  der  deutschen  Sprache.    5.  Aufl.    Straßburg,  1894. 

602.  Nutzliche  vnnd  trostliche  vnderrichtung,  wie  sich  mencklich  in  diser  gefahriichen  zeyt  der  peste- 
lentz  halten  solle  .  .  .  durch  Heinrich  Pantaleon,  Ordinarium  Physikum  inn  der  loplichen 
hohen  schul  zu  Basel,  1564. 

603.  Neue  Pestordnung  der  Statt  Zürich :  Samt  einem  kurzen  Bericht,  vifie  man  sich  mit  Gottes  hülffe 
vor  dieser  kranckheit  bewahren,  und  dieselbige  heilen  solle,  auf  ungleiche  Naturen  gerichtet. 
Durch  Joh.  Heinrich  Lavatern,  beyder  Arzneyen  Doctorn.  Zürich,  1668.  (Auch  unter  dem  Titel: 
Getreue  Anleitung,  wie  man  sich  zu  besorgender  Pestzeit  verhalten,  mit  Gottes  hülffe  vor  dieser 
kranckheit  bewahren  usw.) 

604.  Consilium  politico-physicum.  Gründliches  Bedencken,  vnd  getrewer  Rath,  was  eine  Stadt,  in 
welcher,   den   vorgangenen  Herbst,  die  Pest   ein   wenig  angefangen,  künfftigen  Früling,  in  den 

Gassen  oder  Strassen,   wie   auch   in   öffentlichen    Privathäusern,  fürnemen  solle durch 

Davidem  Herlicium,  der  Philosophie  vnd  Medicinae  Doctorem,  jetzund  zu  Stargard  in  Pommern, 
Astronomum  vnd  Medicum.  Gedruckt  zu  Nürnberg,  In  Verlegung  Georg  Endters  deß  Eltern, 
Buchhändlers.   MDCXXIII. 

605.  Ein  nutzlicher  bericht  vnd  regiment.  Wie  zu  disen  gefährlichen  Sterbensläuffen  vor  der  Pesti- 
lentz  vmb  vns  herumb  vnd  andern  ohrten  eingerissen.  Gesunde  zu  verwahren,  vnnd  Krancke 
widerumb   zu   curieren   seyen.     Gestellt  durch,  Joannem  Schleherum:  Doctorem   Philos:  et 


Literatur  429 

Medic:   Physicum   Constantiensem.     Getruckt  zu  Costantz   am   Bodensee,   bey  Jacob  Straub, 
1611. 

606.  Ein  kurtzer  Bericht:  Wie  man  sich  in  denen  jtzo  vorstehenden  Sterbensleufften,  mit  der  Prae- 
seruation  oder  Verwahrungen,  Dornach  auch  der  Curation  der  Pestiientz,  vnd  etzlicher  jrer  ac- 
cidentien,  oder  zufeilen,  verhalten  sol.  Zu  dienste  den  Einwohnern  der  Churfürstlichen  Stadt 
Dreßden  u.  s.  w.  von  Johann  Neefen,  der  Ertzney  Doctorn,  u.  Churfürstlichem  Sechsischen 
Leibmedico.    MDLXXVII. 

607.  Vonn  der  Pestiientz  ein  nützHch  Regiment,  auff  diese  Zeit  gestellet  ....  Durch  D.  Jodocum 
Will  ich,  Franckfort  an  der  Oder. 

608.  Kurtzer  vnd  einfältiger  doch  nützHcher  vnd  nothwendiger  Bericht  von  der  Pestiientz  .  .  .  Auff 
Anordnung  vnd  Befehl  eines  Ehrnvesten  Hochweisen  Raths  der  Stadt  Halle,  .  .  .  durch  Matthiam 
Untzerum.    Hall  in  Sachsen,  1607. 

609.  Ephrussi,  Les  Bains  de  femmes  d'Albert  Durer.    Nuremberg. 

610.  König,  Concilium  medicum.    Bern,  1721. 

611.  Bergius,  Abhandlung  von  denen  kalten  Bädern  .  .  .,  aus  dem  Schwedischen  übersetzt  von 
Qeorgi,  zum  Druck  befördert  und  mit  Anmerkungen  auch  einer  Vorrede  vom  Nutzen  des 
Badens  überhaupt  und  insbesondere  der  kalten  Bäder  versehen  von  Rhades.    Stettin,  1766. 

612.  (Sanchez),  Bemerkungen  über  den  Gebrauch  der  Dampfbäder  bey  verschiedenen  Völkern, 
insbesondere  in  Rußland.     Aus  dem  Russischen.     Memmingen,  1789. 

613.  Hirsch,  Von  den  Vortheilen  der  in  den  Kaiserlich  Russischen  Staaten  gebräuchlichen  Dampf- 
oder Schwitzbäder  und  ihrer  Einrichtung.     Bamberg,  1816. 

614.  Uden,  Nachrichten  das  zu  Berlin  angelegte  englische  Dampfbad  betreffend.    Berlin,  1781. 

615.  Meyer,  Brunnen,  Mineralbäder,  Wasch-  und  Badeanstalten  in  Mittelfranken  1855/56.  Balneo- 
logische  Zeitung.    Bd.  5.    Wetzlar,  1857. 

616.  Schär,  Über  öffentliche  Wasch-  und  Badeanstalten.  Balneologische  Zeitung.  Bd.  1.  Wetzlar, 
1855. 

617.  Mayer,  Badegelegenheiten,  Mineralbäder,  Bad-  und  Waschanstalten  im  Reg.-Bezirk  Mittel- 
franken 1856—57.    Balneologische  Zeitung.    Bd.  7.  Wetzlar,  1859. 

618.  Pappenheim,  Öffentliche  Badeanstalten.    Balneologische  Zeitung.   Bd.  6.  Wetzlar,  1858. 

619.  Glaser,  Urkunden  zur  Geschichte  der  Stadt  Qrünberg.  Archiv  für  hessische  Geschichte  und 
Altertumskunde.    Bd.  3.    Darmstadt,  1844. 

620.  Lassar,  Die  Cultur-Aufgabe  der  Volksbäder.    Berlin,  1819. 

621.  von  Liebenau,  Das  alte  Luzern.    Luzern,  Prell,  1881. 

622.  Hirsche],  Hydriatica  oder  Begründung  der  Wasserheilkunde  auf  wissenschaftlichen  Principien, 
Geschichte  und  Literatur.    Leipzig,  1840. 

623.  Kunstdenkmäler  im  Großherzogtum  Hessen.  Schäfer,  Ehemaliger  Kreis  Wimpfen.  Darm- 
stadt, 1898. 

624.  Die  Dresdener  Bilderhandschrift  des  Sachsenspiegels.  Herausgegeben  von  Karl  von 
Amira.     Bd.  1.     Leipzig,  1802. 

625.  Kugler,  Kleine  Schriften  und  Studien  zur  Kunstgeschichte.    Bd.  1.    Stuttgart,  1853. 

626.  Hüll  mann,  Städtewesen  des  Mittelalters.    4.  Teil.    Bonn,  1829. 

627.  Baumann  ,  Quellen  zur  Geschichte  des  Bauernkrieges  aus  Rotenburg  an  der  Tauber.  Bibliothek 
des  litterarischen  Vereins  in  Stuttgart.    Tübingen,  1878. 

628.  Des  Weitberümbten  Hochgelehrten  vnd  Erfarnen  Aureoli  Theophrasti  Paracelsi  Medici,  u. 
Wund  vnd  Artzney  Buch  ....  Sampt  vier  Büchern  wolermeldts  Theophrasti  Paracelsi,  so  jetzt 
erst  hinzu  kommen.  Alles  mit  sonderlichem  fleiß  durch  Herrn  Adam  von  Bodenstein,  beyder 
Artzneyen  Doctorn,  zu  nutzen  vnd  wolfart  Teutscher  Nation  in  Truck  geben  ....  Getruckt  zu 
Franckfurt  am  Mayn,  Anno  1565. 

629.  Hie  nach  volget  ein  scharffes  künstlichs  gedieht  von  einem  Tyrannen  vnd  etzlichen  grausamen, 
vnmenschlichen  geschichten,  Erstlich  durch  den  Ernuesten  vnd  hochberümpten  hern  VIrichen 
von  Hütten  gekrönten  vnd  Orator  jm  latein  seer  zirlich  beschriben,  darnach  durch  andere,  jn 
dz  teutsch,  wie  sich  das  hat  schicken  wollen  bracht  ....  (Ist  Übersetzung  von:  Phalarismus 
Dialogus  Hvttenicvs  ...  Mense  Martio  An.  M.D.XVII.) 

630.  (Fi schart)  Aller  Practick  Großmütter.  Ein  dickgeprockte  newe  vnnd  trewe,  laurhaffte  vnnd 
jmmerdaurhaffte  Procdick  .  . .  gestellet  durch  gut  duncken,  oder  gut  truncken  des  Stirnweisen 
H.  Winhold  Wustblüt  vom  Nebelschiff,   des  Königs  Artsus  von  Landagrewel  höchsten  Stern- 


430  Literatur 

gauckler,   Practickträumer  vnd   Kalender   reimer  .  .  .  Kumm  kratzen  vnd  Brieffeiegen,  nach  laut 
der  Pructick.   MDLXXII. 

631.  von  Rodt,   Bern  im  18.  Jahrhundert.     Bern,  Schmid  u.  Francke,  IQOl. 

632.  Kurtze  vnd  eygentliche  Beschreibung,  Von  Vrsprung,  Natur,  Qualitet  vnd  Würckung,  deß  Weit- 
berümbten,  Heylsamen,  vnd  Warmen  Bads  Pfeffers  in  Obern  Schweytz,  deß  Fiirstenthumbs 
Pfeffers  gelegen.  Vngefahr  vor  80.  Jahren  durch  den  Hochgelehrten  Herren  Theophrastum 
Paracelsum  Medicinae  Doctorem,  etc.  beschriben,  vnnd  der  Welt  zu  Nutz  an  Tag  gegeben. 
Anjetzo  aber  menigklichen  zu  besserer  erkandtnuß  obgedachten  Bads  Nutzbarkeiten,  widerumb 
mit  fleiß  vbersehen,  vnd  in  öffentlichen  Truck  verfertiget.  Durch  Johann  Beyern,  deß  Freyen 
Fürstlichen  Oottshaus  Pfeffers  HoffSchreibern.  Oetruckt  in  dem  Qräfflichen  Marckt  Embs,  bey 
Bartholome  Schnell,  Anno  1619. 

633.  Offterdinger,  Anleitung  für  das  Landvolk  in  Absicht  auf  seine  Gesundheit.  2.  Aufl.  Zürich,  1782. 

634.  Selinger,  Vincenz  Prießnitz.    Wien,  1852. 

635.  Über  die  unmittelbare  Wirkung  der  Luft  auf  die  Oberfläche  des  menschlichen 
Körpers.  Aus  Lichtenbergs  Magazin  für  das  Neueste  aus  der  Physik  und  Naturgeschichte. 
Bd.  3.  4.  Stück.  Archiv  gemeinnütziger  physischer  und  medizinischer  Kenntnisse  .  .  .  heraus- 
gegeben von  Rahn.    Bd.  1.    Zürich,  1787. 

636.  Der  Curgast  deutscher  Kaltwasserheilanstalten.    Leipzig,  1845. 

637.  Rausse,  Über  die  gewöhnlichsten  ärztlichen  Mißgriffe  beim  Gebrauch  des  Wassers  als  Heil- 
mittel.   Leipzig. 

638.  Rausse,  Der  Geist  der  Gräfenberger  Wasserkur.    Zeitz,  1838. 

639.  Rausse,  Miszellen  zu  den  verschiedenen  Heilmethoden.  Neu  herausgegeben  von  Winkler. 
Leipzig. 

640.  Rausse,  Wasser  thut's  freilich!  oder  Miszellen  zur  Gräfenberger  Wasserkur.  5.  Aufl.  Heraus- 
gegeben von  Hahn.    Leipzig  (1858). 

641.  Professor  Dr.  Oertel  in  Ansbach  ...  als  Theolog,  Philolog  und  Hydrolog,  von  ihm  selbst  dar- 
gestellt.   Erlangen,  1840. 

642.  Hufeland,  Praktische  Übersicht  der  vorzüglichsten  Heilquellen  Teutschlands  nach  eignen  Er- 
farungen.    Berlin,  1815. 

643.  Wendt,  Über  die  Bedeutung  und  Wirkung  der  russischen  Dampfbäder.    Breslau,  1830. 

644.  von  Kahtlor,  Über  die  zweckmäßige  Anwendung  der  Haus-  und  Flußbäder  zur  Erhaltung 
der  Gesundheit,  Jugend  und  Schönheit.    Wien,  1822. 

645.  Klein,  De  aere,  aquis  et  locis  agri  Erbacensis  atque  Breubergensis,  largi  Odenwaldiae  tractus. 
Francofurti  et  Lipsiae,  1754. 

646.  Spengler,  Was  wir  bringen?  Balneologische  Zeitung.    Bd.  1.    Wetzlar,  1855. 

647.  Munde,  Memoiren  eines  Wasserarztes.    Dresden  und  Leipzig,  1844. 

648.  Winternitz,  EHe  Hydrotherapie  auf  physiologischer  und  klinischer  Grundlage.  Wien,  1877 
—1880.    2.  Aufl.  des  1.  Bds.    Wien  und  Leipzig,  1890. 

649.  Currie,  Über  die  Wirkungen  des  kalten  und  warmen  Wassers  als  eines  Heilmittels  im  Fieber 
und   in   andern   Krankheiten.    Nach  der  2.  Ausgabe  übersetzt  von  Michaelis.    Leipzig,  1801. 

650.  Bergius,  Von  dem  Nutzen  der  kalten  Bäder.  Aus  dem  Schwedischen  übersetzt  und  mit  An- 
merkungen und  Zusätzen  vermehrt  von  Rhades.  Neue  Ausgabe  mit  einer  Vorrede  vom  Geh. 
Rath  Baidinger.    Marburg,  1793. 

651.  Ehrenberg,  Ansichten  über  die  Gräfenberger  Wassercuren  begründet  auf  einen  längeren 
Aufenthalt  daselbst.    Leipzig,  1840. 

652.  Pochhammer,  Russische  Dampfbäder  als  Heilmittel  durch  Erfolge  bewährt  ...  Mit  einer 
kurzen  Anweisung  zum  Gebrauche  der  russischen  Dampfbäder  von  Schmidt.    Berlin,  1824. 

653.  Die  orthopädische  Heilanstalt  und  das  russische  Dampfbad  von  Dr.  A.  Mayer  in  Würzburg. 
Würzburg,  1829. 

654.  (Grüner)  Was  fängt  man  mit  den  Barbirern  und  Barbirstuben,  mit  den  Badern  und  Badstuben 
an?  Almanach  für  Ärzte  und  Nichtärzte  auf  das  Jahr  1789.  Herausgegeben  von  Grüner. 
Jena,  1789. 

655.  De  Peste  Philippi  Theophrasti  Paracelsi,  des  hocherfarnen  Teutschen  Philosophi,  vnd  beyder 
Artzney  Doctoris,  an  die  Statt  Stertzingen  geschriben.  Item,  etliche  Consilia  Theophrasti  Para- 
celsi ....  Vorhin  nie  getruckt,  jetzunder  aber  alles  durch  Doctorem  Toxiten  gefertigt  .  .  . 
Getruckt  zu  Straßburg  bey  Niclauß  Wyriot.  MDLXXVI. 


Literatur  431 

656.  Zwierlein,  Allgemeine  Brunnenschrift  für  Brunnengäste  und  Ärzte.  Weißenfels  u.  Leipzig,  17Q3. 

657.  Glur,  Roggwyler  Chronik.     Zofingen,  1835. 

658.  Dauter,  Von  dem  äußerlichen,  örtlichen  Gebrauche  des  kalten  Wassers  in  verschiedenen  Krank- 
heiten des  menschlichen  Körpers.    Leipzig,  1784. 

659.  Renard,  Das  Bad  als  Mittel  zur  Erhaltung  und  Wiederherstellung  der  Gesundheit  und  Schönheit. 
Frei  bearbeitet  nach  Halle,  Guilbert  und  Nysten.     Mainz,  1814. 

660.  Hahnemann,  Anleitung  alte  Schäden  und  faule  Geschwüre  gründlich  zu  heilen.    Leipzig,  1784. 

661.  Hausse,  Anleitung  zur  Ausübung  der  Wasserheilkunde  für  Jedermann,  der  zu  lesen  versteht. 
Herausgegeben  von  Hahn.    1.  Abt.    Leipzig,  1850. 

662.  Über  die  äußerliche  Anwendung  des  kalten  Wassers  in  hitzigen  Fiebern.  Drei  Preisschriften 
der  Herren  Frölich,  Reuß  u.  Pitschaft.  Herausgegeben  von  Hufeland.  Journal  der 
practischen  Heilkunde.  Herausgegeben  von  Hufeland.  Supplementstück  des  Jahrgangs  1822. 
Berlin,  1823. 

663.  Etwas  über  Populärmediz in  (von  einem  ungenannten  Verfasser  eingesendet).  Archiv  gemein- 
nütziger physischer  und  medizinischer  Kenntnisse.  Herausgegeben  von  Rah n.  Bd.  3.  Zürich,  1790. 

664.  ä  G  e  h  e  m  a ,  Der  krancke  Soldat  bittende,  daß  er  hinführo  besser  möge  conserviret,  mitleidiger 
tractiret,  und  vorsichtiger  curiret  werden.  Allen  Hohen  Qenerals-Persohnen  und  brafen  Offi- 
cirern,  die  ihre  Soldaten  lieben,  zu  sonderbahren  Nutzen.  1690. 

665.  Langenbeck,  Nosologie  und  Therapie  der  chirurgischen  Krankheiten  in  Verbindung  mit  der 
Beschreibung  der  chirurgischen  Operationen  oder  gesammte  ausführliche  Chirurgie  für  practische 
Ärzte  und  Wundärzte.     Bd.  1.     Göttingen,  1822. 

666.  Döbereiner,  Anleitung  zur  Darstellung  und  Anwendung  aller  Arten  der  kräftigsten  Bäder 
und  Heilwässer,  welche  von  Gesunden  und  Kranken  gebraucht  werden.    Jena,  1816. 

667.  Hufeland,  Über  den  Nutzen  der  lauwarmen  Bäder  und  über  den  Nachtheil,  den  die  Ver- 
nachläßigung  derselben  auf  die  Gesundheit  hervorbringt.    Berlin,  1804. 

668.  Weiß,  Handbuch  der  Wasserheilkunde  für  Ärzte  und  Laien.    Leipzig,  1844. 

669.  Kröber,  Prießnitz  in  Qräfenberg  und  seine  Methode,  das  kalte  Wasser  gegen  verschiedene 
Krankheiten  des  menschlichen  Körpers  anzuwenden.    2.  Aufl.  Breslau,  1836. 

670.  Hahn,  Unterricht  von  Krafft  und  Würckung  des  frischen  Wassers  in  die  Leiber  der  Menschen 
besonders  der  Krancken  bey  dessen  innerlichen  und  äußerlichen  Gebrauch.  2.  und  vermehrte 
Auflage.    Breßlau  u.  Leipzig,  1745. 

671.  Küchenmeister,  Die  therapeutische  Anwendung  des  kalten  Wassers  bei  fieberhaften  Krank, 
heilen.     Berlin,  1869. 

672.  Petri,  Wissenschaftliche  Begründung  der  Wasserkur  gestützt  auf  eine  dreizehnjährige  Er- 
fahrung.    Coblenz,  1853. 

673.  Brandis,  Erfahrungen  über  die  Anwendung  der  Kälte  in  Krankheiten.    Berlin,  1833. 

674.  Brandis,  Anleitung  zum  Gebrauche  des  Driburger  Bades  und  Brunnens.    Münster,  1792. 

675.  Thau sing,  Dürers  Briefe,  Tagebücher  und  Reime.  Quellenschriften  für  Kunstgeschichte. 
Bd.  3.    Wien,  1872. 

676.  Ein  hochnutzlicher  tractat,  eygenschafft  vnnd  würckung,  der  wunderbaren  natur  aller  Wildbeder, 
so  in  Teütschen  landen  gelegen  .  .  .  Durch  den  Hochgelerten  Laurentium  Frießen,  der  Artzney 
Doctorem,  mit  hohem  fleiß  zusamen  gezogen.  Getruckt  vnd  vollendet  in  der  Keiserlichen  Statt 
Straßburg  .  . .  durch   Bartholomeum  Grieninger,  im  jar  nach  der  geburt  Christi,  MDXXXVIII. 

677.  Geschichtliches  über  Pyrmont.    Balneologische  Zeitung.    Bd.  5.    Wetzlar,  1857. 

678.  Warum  auf  dem  Lande  nicht  ländlich?  Ein  Zeitvertreib  in  den  Bädern  zu  Baaden. 
Journal  des  Luxus  und  der  Moden.    Weimar,  1788. 

679.  Peyer,  Geschichte  des  Reisens  in  der  Schweiz.    Basel,  1885. 

680.  Kriegs-  und  Soldatendiät.  Das  ist:  Wie  sich  unsere,  im  Feld  liegende  Soldaten  verhalten 
müssen,  damit  sie  gesund  bleiben.  Durch  Johann  von  Muralt,  Doctor  und  Statt-Arzt  Lobl. 
Statt  Zürich.     Zürich,  1712. 

681.  Aureoli  Theophrasti  Paracelsi  schreiben  von  tartarischen  kranckheiten,  nach  dem  alten  nam- 
men.  Vom  grieß  sand  vnnd  stein.  Sampt  dem  Baderbüchlin  wie  deß  der  from  Herr  Paracelsus 
selbs  mundlich  seinen  Secretarijs  zuschreiben  angeben.  (Herausgegeben  von  Adam  von  Boden- 
stein, Datum  Basel,  die  Bartholomei,  1563.) 

682.  Ebel,  Anleitung,  auf  die  nützlichste  und  genußvollste  Art  die  Schweiz  zu  bereisen.  3.  Teil. 
2.  Aufl.    Zürich,  1805. 


432  Literatur 

683.  Tob  1  er,  Schweizerische  Volkslieder.  Bibliothek  älterer  Schriftwerke  der  deutschen  Schweiz. 
Bd.  4.     Frauenfeld,  1882. 

684.  Ein  kurtzes,  notwendiges  und  nützlichs  Büchlein,  von  erfindung,  Beschreibung,  eigenschafft, 
krefften,  Vnd  zuuor  aus,  von  dem  rechten  gebrauch,  des  Keyser  Carlsbads,  Lateinisch  geschrieben, 
von  Fabiano  Sommer,  aus  dem  Keyser  Carlsbad,  der  Philosophien  vnd  Medicin  D.  Jetzt  aber 
auffs  kürtzest,  vnd  einfeltigest  verdeutschet.  Durch  M.  Mathiam  Sommer,  aus  dem  Keyser  Carls- 
bad.   Gedruckt  zu  Leipzig,  Durch  Jacob  Berwalds  Erben.    Anno,  iVlDLXXIL 

685.  Hec  practica  narrat  de  presenti  anno  et  sequentibus  quamplurimis  annis  de  nouis  raris  et  in- 
auditis  rebus  et  gestis  que  futura  sunt  in  hoc  mundo.  Impressione  MCCCCXCIX.  Argentina 
vltima  die  mensis  Decembris. 

686.  von  Liebenau,  Hans  Holbein  d.  J.  Fresken  am  Hertenstein-Hause  in  Luzern  nebst  einer 
Geschichte  der  Familie  Hertenstein.    Luzern,  Prell,  1888. 

687.  Schneeli  und  Heitz,  Initialen  von  Hans  Holbein.     Straßburg,  Heitz  (Heitz  u.  Mündel),  1900. 

688.  Sträter,  Wie  badete  man  in  den  deutschen  Bädern  zu  Zeiten  Carl  V.,  und  wie  badete  man 
namentlich  zu  Aachen  im  Jahre  1520?     Deutsche  Klinik.     Berlin,  1858. 

689.  (Wimpheling?)  De  fide  concubinarum  in  sacerdotes  questio  accessoria  causa  loci  et  vrbani- 
tatis  in  quod-libeto  Heydelbergensi  determinata,  quibusdam  nouis  additionibus  denuo  illustrata. 
Impressum  JVlaguntie  per  Fridericum  Hewnian. 

690.  Forestier,  Der  Ursprung  der  „schottischen  Douche".  Blätter  für  klinische  Hydrotherapie.' 
10.  Jg.    Wien,  1900. 

691.  Notions  sur  les  eaux  minerales  d'Aix-en-Savoie,  d'apres  les  publications  recentes  du 
Dr.  D  e  s  p  i  n  e  fils.    Anneci. 

692.  Despinepere,  Observations  de  medecine  pratique  faites  aux  bains  d'Aix-en-Savoie.  Anneci,  1838. 

693.  Eble,  Das  Wildbad  Gastein  ....  und  die  neu  errichtete  Filial-Bad-Anstalt  zu  Hof-Gastein. 
Wien,  1832. 

694.  Die  älteren  Lübeckischen  Zunftrollen.    Herausgegeben  von  Wehrmann.    Lübeck,  1864. 

695.  Wackernagel,  Die  altdeutschen  Handschriften  der  Basler  Universitätsbibliothek.    Basel,  (1835). 

696.  Schreybkalender  vnd  Marcktbüchlin  vffs  Jar  MDLXXXV  Oestelt  durch  Caspar  Wolffen, 
der  Artznyen  Doctor  zu  Zürich.  Getruckt  zu  Zürych  in  der  Froschow,  by  Christoffel  Froschower. 

697.  Zürcherische  Ausruff-Bilder,  vorstellende  diejenigen  Personen,  welche  in  Zürich  allerhand  so  wol 
verkäuffliche,  als  andere  Sachen  .  .  .  ausruffen.    Zürich  bey  David  Herrliberger  MDCCXLVIII. 

698.  Voigt,  Das  Stillleben  des  Hochmeisters  des  deutschen  Ordens  und  sein  Fürstenhof.  Historisches 
Taschenbuch.    Herausgegeben  von  Raumer.    1.  Jg.    Leipzig,  1830. 

699.  Diätetische  Vorschrift  eines  Arztes  aus  dem  15.  Jahrhundert  an  den  damaligen  Großmeister  des 
deutschen  Ordens.  Almanach  für  Ärzte  und  Nichtärzte  auf  das  Jahr  1784.  Herausgegeben  von 
Grüner.    Jena,  1784. 

700.  Ehren-  unnd  Wunsch-gesang,  als  von  Ihr  Ehrsamen  Weißheit,  Herrn  Burgermeister  Johann 
Conrad  Grebel,  auch  anderen  ansehnlichen  Herren,  Geist-  und  Weltlichen  Standes,  Loblicher 
Stadt  Zürich,  das  von  Natur  warme  Bader-bad  im  1670.  Heil-jahr  gebraucht  ward.    1670. 


VERZEICHNIS  DER  ABBILDUNGEN 


Abb.  1.  Porte  und  Badehaus  (rechts)  im  Kirchspiel  Pihtipudas,  Tavastland  (Finnland).  Holzschnitt 
aus:  Gustav  Retzius,  Finland.    Stockholm,  1881.    5a*. 

„  2.  Inneres  einer  größeren  finnischen  Badestube.  Holzschnitt  aus:  Gustav  Retzius,  Finland. 
Stockholm,  1881.    5a. 

„  3.  Taufe  des  Herzogs  Rathold  von  Friesland.  Holzschnitt  aus:  Stumpf,  Schweizerchronik. 
Zürich,  Froschauer,  1548.    9. 

„  4.  Aus  dem  Bauriß  des  Klosters  St.  Gallen  vom  Jahre  820.  a:  subtus  calefactoria  domus  supra 
dormitorium  (unten  der  Warmraum,  oben  der  Schlafsaal),  b:  lecti  similiter  (Betten  und 
ähnliches),  c:  caminus  ad  calefaciendum  (Kamin  zum  Heizen),  d:  evaporatio  fumi  (Ab- 
leitung des  Rauches),  e:  egressus  de  pisale  (Ausgang  aus  dem  Warmraum).  /:  bal- 
neatorium  et  lavandi  locus  (Bad  und  Waschraum),  g:  exitus  ad  necessarium  (Ausgang 
zum  Abtritt).    /:  sedilia  (Abtritte).    Nach  Keller.    8. 

5.  Aus  dem  Bauriß  des  Klosters  St.  Gallen  vom  Jahre  820.  a:  balneatorium  (Bad),  b:  coquina 
eorundem  (Küche  der  Studenten).    Nach  Keller.    8. 

6.  Aus  dem  Bauriß  des  Klosters  St.  Gallen  vom  Jahre  820.  a:  coquina  (Küche),  b:  cellarium 
(Speisekammer),  c:  balneatorium  (Bad),  d,  e,  f:  cubilia  famulantium  (Kammern  der 
Diener).    Nach  Keller.     8. 

7.  Wasserbad.  Holzschnitt  von  Urs  Graf  aus:  Kalender  des  Doctor  Kung  (Kungsberger). 
Zürich,  Hans  am  Wasen.  1508.     26. 

8.  Schmausen  und  Zechen  von  Mann  und  Frau  im  Wasserbad.  Holzschnitt  aus  dem  Kalender 
von  1481.    Augsburg,  Johannes  Blaubirer. 

9.  Darstellung  des  Planeten  Venus.   Holzschnitt  aus  dem  15.  Jahrhundert.    Beriiner  Blockbuch. 

10.  Darstellung  des  Planeten  Venus.  Holzschnitt  aus:  Eyn  nyge  Kalender  recht  hollende. 
1519.    Lübeck,  Steffen  Arndes. 

11.  Der  Frühling.  Holzschnitt  aus :  Conradi  Celtis  quatuor  libri  amorum.    Nürnberg.  1502.    45. 

12.  Der  Teich  Bethesda.    Holzschnitt  aus  der  Züricher  Bibel.    Zürich,  Froschauer.  1545.    426. 

13.  Kaltes  Bad  auf  dem  Wepchen.  Holzschnitt  aus:  Stumpf,  Schweizerchronik.  Zürich, 
Froschauer,  1548.    9. 

14.  Wasserurteil.  Zeichnung  aus  dem  Heidelberger  Sachsenspiegel.  Handschrift.  13.  Jahrh. 
Nach  Batt,  von  Babo.     450. 

15.  Anna  Ulmerin  wird  als  Hexe  im  Badzuber  von  den  Stadtknechten  ins  Gefängnis  zu  Eß- 
lingen  getragen.    Bilderbogen  von  1551.    107. 

16.  Schwemmen  des  Hans  Hegenheim  in  Luzern  1473.  Holzschnitt  nach  der  Miniatur  aus 
Diebold  Schilling,  Schweizerchronik.    1484.    Nach  VON  Liebenau.    621. 

17.  Kinder  in  ihren  Spielen.    Nach  dem  Gemälde  von  Pieter  Brueohel  (ca.  1520—1569). 

18.  Schwimmen  der  Kinder  mit  luftgefüllten  Tierblasen.  Kpfr.  v.  CONR.  Meyer.  Zürich,  1657.    132. 

19.  Die  Ferrosche  Flußbadeanstalt  in  Wien.  Kpfr.  aus:  Ferro,  Vom  Gebrauch  des  kalten 
Bades.    Wien,  1796.    135. 

20.  Querschnitt  der  Ferroschen  Badeanstalt.  Kpfr.  aus:  Ferro,  Vom  Gebrauch  des  kalten 
Bades.    Wien,  1796.     135. 

21.  Hilfsapparate  zum  Schwimmen  gegen  Ende  des  18.  Jahrhunderts.  Kupfer  von  Schellen- 
bero.    Aus:  XI.  Neujahrstück  ab  dem  schwarzen  Garten.    Zürich,  1796.    177. 

*  Die  Zahlen  hinter  dem  Druckjahr  beziehen  sich  auf  das  Literaturverzeichnis. 

Martin,  Badewesen  28 


434  Verzeichnis  der  Abbildungen 

Abb.  22/23.    Hilfsapparate  zum  Wassertreten  und  Schwimmen  im  15.  Jahrtiundert.    Papierhandsclirift. 
Kantonsbibliothel^  Zürich. 

„    24.    Taucheranzug  im  15.  Jahrhundert.    Papierhandschrift.    KantonsbibHothel<  Zürich. 

„  25.  Die  erste  deutsche  Seebadeanstalt  zu  Doberan  in  iVlecklenburg.  Kpfr.  aus:  Samuel 
OoTTLiEB  VoQEL,  Über  den  Nutzen  und  Gebrauch  der  Seebäder.    Stendal,  1794.     184. 

„  26.  Badeboot  der  Seebadeanstalt  zu  Doberan.  Kpfr.  aus:  Samuel  Qottlieb  Vogel,  Über  den 
Nutzen  und  Gebrauch  der  Seebäder.    Stendal,  1794.    184. 

„  27.  Badknecht  gegen  Ende  des  15.  Jahrhunderts.  Holzschnitt  aus :  Hortus  sanitatis.  Straßburg, 
Joh.  Pryss,  ca.  1498. 

„  28.  Der  Barbier.  Holzschnitt  von  JosT  Amman  aus :  Hans  Sachs,  Beschreibung  aller  Stände. 
Frankfurt,  1568.    208. 

„  29.  Kopfwäsche  des  Königs  Wenzel  von  Böhmen  durch  eine  Bademagd.  Miniatur  aus  der 
deutschen  Wenzelbibel.    Anfang  des  15.  Jahrhunderts.    Nach  von  Schlosser.     286. 

„    30.    Kopfwaschen  im  15.  Jahrhundert.    Papierhandschrift.    Kantonsbibliothek  Zürich. 

„    31.    Schröpfen  im  Bad.    Holzschnitt  aus  dem  Kalender  von  1481.   Augsburg.  Johannes  Blaubirer. 

„    32.    Anlegen    der   Aderlaßbinde.      Holzschnitt    aus    dem    Kalender   von    1481.     Augsburg. 
Johannes  Blaubirer. 

„  33.  Schröpfen  mit  dem  Hörn  im  Mineralbad  zu  Baden  im  Aargau.  Kpfr.  aus:  Hess,  Baden- 
fahrt.   Zürich,  1818.    315. 

„    34.    Schröpfhörner  und  Schnepper.    Kpfr.  aus:  Hess,  Badenfahrt.   Zürich,  1818.    315. 

„    35.    a  Schröpf-,  b  Laßeisen.    Holzschnitt  aus  Dryanders  Arzneispiegel.  Frankfurt,  1547.     233. 

„  36.  Badestube.  Holzschnitt  von  JoST  Amman  aus:  Paracelsus,  Wund-  vnd  Artzney  Buch. 
(Titelholzschnitt  zum  Baderbüchlin.)    Frankfurt  a.  M.,  1565.    628. 

„  37.  Schröpfen  mit  dem  Rasiermesser  und  Schröpfköpfen  in  einer  Badezelle  zu  Aachen.  („Wie 
man  die  Schröpff  Köpfe  im  Bade  gebrauchet".)  Kpfr.  aus :  Amüsements  des  eaux  d'Aix- 
la-Chapelle.    Amsterdam,  1736.     263. 

„  38.  Darstellung  des  Planeten  Luna.  Oben  links  die  Badestube  mit  einem  Bader  und  Baderinnen. 
Holzschnitt  von  Hans  Sebald  Beham.    (1500^1550) 

„    39.    Farbige  Glasscheibe  von  1524.    Im  Besitz  von  Prof.  Rahn  in  Zürich. 

„    40.    Frauenbadstube.    Holzschnitt  von  Hans  Sebald  Beham.    (1500—1550) 

„  41.  Darstellung  eines  nach  Art  der  Badestuben  betriebenen  Mineralbades.  Holzschnitt  von 
Hans  Sebald  Beham.    (1500^1550) 

„  42.  „Prager  Entlein"  an  dem  vom  König  Wenzel  vollendeten  Altstädter  Brückenturm  in  Prag. 
Die  blaufarb  knotenweise  gebundene  Binde  und  der  grüne  Papagei  (Eisvogel),  das  von 
Wenzel  den  Badern  verliehene  Wappen,  welches  sich  auch  häufig  in  den  für  Wenzel  an- 
gefertigten Bilderhandschriften  findet.    Nach  von  Schlosser.    286. 

„  43.  Badestube  zu  Heilzwecken  (Kräuterbadstube).  Holzschnitt  aus:  Eyn  new  Badenfart  von 
L.  Friessen.    Straßburg,  M.  Jacob  Cammer.    ca.  1540.    47. 

„  44.  Joß  Lindouwer,  Bürger  von  Zürich,  Okulist,  Stein-  und  Bruchschneider  und  gewesener  Feld- 
scherer in  Frankreich.  Scheibenriß  von  Hans  JäOGLi  in  Winterthur.  1607.  Aus  der 
Statistik  Schweizerischer  Qlasgemälde  und  Handzeichnungen.  Jg.  1900.  Landesmuseum  Zürich. 

„  45.  Herr  Jakob  von  Warte  im  Wasserbad.  Miniatur  aus  der  Manesseschen  Handschrift. 
14.  Jahrhundert.    Nach  KRAUS.    33. 

„  46.  Die  großen  Bäder  zu  Baden  im  Aargau  mit  den  unter  freiem  Himmel  gelegenen  „freien 
Bädern",  dem  St.  Verenabad  (links  vorn)  und  dem  freien  Bade  (im  Hintergrund),  in  dem 
eine  Reihe  Bauern  geschröpft  wird.  Kupfer  von  F.  Hegi  nach  Martin  Usterl  Neu- 
jahrsgeschenk von  der  Gesellschaft  zum  schwarzen  Garten.    Zürich.    1808.    353. 

„  47.  Wanne  mit  „Baderof".  Holzschnitt  aus:  Eyn  nyge  Kalender  recht  hollende.  Lübeck, 
Steffen  Arndes.    1519. 

„  48.  Tristan  wird  von  Isolde  im  Bad  überfallen.  Wandgemälde  auf  Burg  Runkelstein  in  Tirol. 
Ende  des  14.  Jahrhunderts.    Nach  Selos  und  Zingerle.    305. 

„  49.  Vereinigung  von  Bad-  und  Waschhaus.  Kpfr.  aus  dem  18.  Jahrhundert.  Sammlung 
Pachinger  in  Linz. 

„  50.  Frau  (Bademagd?)  mit  Kind  zum  Bade  gehend.  Bemalung  der  Innenseite  einer  Tür  (der 
Badestube)  im  Erdgeschoß  eines  Puppenhauses  von  ca.  1600  im  germanischen  Museum 
zu  Nürnberg.    Nach  einer  farbigen  Zeichnung  von  Hefner-Alteneck.    236. 


Verzeichnis  der  Abbildungen  435 

Abb.  51.    Badestube  im  Fuggerpalast  zu  Augsburg  (erbaut  1571—81).  Holzschnitt  nach  Dohme.    430. 
„    52.    Siegel  von  Baden  im  Aargau,  a  im  14,  b  im  15.  Jahrhundert  gebraucht.    Schweizerisches 

Landesmuseum  in  Zürich. 
„    53.    Bad   unter  der   Dachtraufe  eines  Bauernhauses.     Holzschnitt  aus  einer  Serie:   „Aus  der 

Gründung  der  Eidgenossenschaft".    1580.    Stadtbibliothek  Zürich. 
„    54.    Dampf-   und   Beräucherungsapparate  des   16.  Jahrhunderts.     Holzschnitt  aus  Dryanders 

Arzneispiegel.    Frankfurt  am  Main.    1547.    233. 
„    55.    Apparate  für  Wasser-  und  Kräuterbäder  im  16.  Jahrhundert.    Holzschnitt  aus  Dryanders 

Arzneispiegel.     Frankfurt  a.  M.    1547.    233. 
„    56.    Sack  aus   Leder   zum   Dauerbad    im   Bett   für   sehr  schwache    Kranke    v.    Lamzweerde. 

Kpfr.    1684.    574. 
„    57.    Rückenschlauch  von  Lamzweerde.    Kpfr.    1684.    574. 
„    58.    Mann  und  Frau  beim  Schmause  im   Hausbadestübchen.      (Der  Mai).    Kpfr.  von  Franz 

Brun.    16.  Jahrhundert. 
„    59.    Doktor  Moser  in  Konstanz  wird  in  der  Hausbadestube  mit  seiner  Geliebten  vom  Ehemanne 

derselben  überrascht  und  zu  Tode  gestriegelt.   16.  Jahrh.  Wyckiana.  Zürich,  Stadtbibliothek. 
„    60.    Bestimmung  der  Badetemperatur  mit  dem  Fuße.    Geburt  der  Maria.    Kupfer  van  Meckenem 

15.  Jahrhundert. 
„     61.    Kinderwäsche  in  der  Hausbadestube.    Kupfer  von  J.  van  Meckenem.    15.  Jahrhundert. 
„    62.    Bathseba  im  Bad  von  David  beobachtet.    Kpfr.  von  Jakob  Binck.    16.  Jahrhundert. 
„    63.    Das  Judenbad  zu  Friedberg  in  Oberhessen  aus  der  Mitte  des  13.  Jahrh.    Nach  Kratz.    524. 
„    64.    Judenbad.  (7  das  warme,  ö das  kalte  Bad.    Kpfr.  aus:  T.  C.  Kirchner,  Jüdisches  Ceremoniel. 

Nürnberg,  1726. 
„    65.    Bademägde.    Deutsche  Wenzelbibel.    Anfang  des  15.  Jahrh.    Nach  von  Schlosser.    286. 
„    66.    Inneres  einer  Badestube.    Philipp  VON  Allendorf,  Der  Juden  Badstub.    Titelholzschnitt. 

1535.    234. 
„    67.    Badestube.    Zeichnung  aus  dem  Heidelberger  Sachsenspiegel.    Handschr.  13.  Jahrh.   Nach 

Batt,  von  Babo.    450. 
„    68.    Badestube.  Kolor.  Zeichnung  aus  dem  Wolfenbütteler  Sachsenspiegel.  Handschrift.  14.  Jahrh. 
„    69.    Begießen  im  Bad.    Kpfr.  aus:  Murner,  Nebulo  nebulonum.    Frankfurt,   Fickwirth,  1663. 
„    70/71.    Juden-Badstub.    1.  In  der  ersten  Figur  stehet  ein  Kaufmann,  der  großen  Handel  will 

treiben.    2.  schlegt  sich  zu  den  Juden  und  wird  von  ihnen  in  die  Gaß  geführt.    3.  handelt 

mit  ihnen.   4.  die  wollen  ihn  baden,  darumb  schöpft  der  Teufel  und  Jud  Wasser.    5.  henken 

den  Kessel  über.    6.  schüren  das  Feuer.    7.  kehren  die  Badstub.   8.  reiben  ihn.   9.  schrepffen 

ihn.    10.   zwachen    ihn.    11.    waschen    ihn   ab.    12.    er   beklaget   sich    seines    Schadens. 

13.   kompt  aber  arm   wieder    zur   Gassen   heraus.    14.   siebet  er,  daß  er  umb  das  Seine 

gekommen.    15.  die  Juden  waschen  die  Sund  ab,  der  Teufel  fischet  sie  wieder  auf.    16.  und 

führet  sie  in  die  Hell.    Kpfr.  aus  dem  16.  Jahrhundert. 
„     72.     Frauenbad  von  Hans  Sebald  Beham.     (1500—1550). 
„    73.    Wasserbad    mit   Dampfheizung.      Nach    einer   farbigen   Zeichnung    aus    dem    Göttinger 

Bellifortis  des  KoNRAD  Kieser  von  1405. 
„    74.    Kräuter-  und  Heilbad.    Nach  einer  farbigen  Zeichnung  aus  dem  Göttinger  Bellifortis  des 

Konrad  Kieser  von  1405. 
„    75.    Badestube  aus  dem  Kalender  von  1515.    Basel,  Pamphilus  Gengenbach.    503. 
„    76.    Im  Kübel  sitzende  Bademagd  mit  Wedeln.    Miniatur  in  der  deutschen  Wenzelbibel.    An- 
fang des  15.  Jahrh.    Nach  von  Schlosser.     286. 
„    77.    Schröpfmann   mit   Badehut   und    Badewedel.      Holzschnitt  aus:    PiCTORiUS,    Laßbüchlin. 

Basel,  Jacob  Kündig,  1555.    246. 
„    78.    König  Wenzel,  der  zur  Bedeckung  der  Scham  den  Wedel  benutzt,  wird  von  Bademägden 

gestrichen.     Miniatur    aus    der  deutschen  Wenzelbibel.      Anfang   des   15.  Jahrhunderts. 

Nach  von  Schlosser.    286. 
„    79.    Adam  u.  Eva.    Holzschnitt  aus  der  Practica  von  1499.    Straßburg.    685. 
„    80.    Badknecht  und  Bademagd.    Kpfr.  aus :  Nürnbergische  Kleider-Arten.    Nürnberg  bei  Johann 

Kramer.    1669. 
„    81.    Bademagd.    Miniatur   aus    der  deutschen    Wenzelbibel.    Anfang    des    15.   Jahrhunderts. 

Nach  von  Schlosser.    286. 


436  Verzeichnis  der  Abbildungen 

Abb.  82.  Badestube.  Holzschnitt  aus:  Michael  Hero,  Schachtafeln  der  Gesuntheyt.  Straßburg, 
Schott.    1533.    231. 

„  83.  Reiben  vor  (links)  und  nach  dem  Bad  (rechts).  Holzschnitt  aus:  Hero,  Schachtafeln 
der  Gesuntheyt.    Straßburg,  Schott.    1533.     231. 

„  84.  Darstellung  der  im  Regimen  sanitatis  geforderten  Vorgänge  zur  Erhaltung  der  Gesund- 
heit. Im  Vordergrunde  Aderlassen,  Schweißbaden  mit  Schröpfen  und  Wasserbaden.  Fabel 
vom  reichen  Mann.    Kpfr.  von  Aldegrever.    1554. 

„      85.    Badeszene.  Darstellung  des  Monats  August.  Handzeichn.  von  Virgil  Solls.  (1514— 1562.)  594. 

„  86.  Badestube  in  Konstanz  zu  Anfang  des  14.  Jahrhunderts.  Wandgemälde  daselbst.  Nach 
Ettmüller.    529. 

„  87.  Morgensuppe  im  16.  Jahrhundert  zu  Baden  im  Aargau.  Titelholzschnitt  zu  „Ein  badenfart 
guter  gsellen"  von  Hans  Achtsinit  (wahrscheinlich  Nikolaus  Manuel).    36. 

„  88.  Darstellungen  aus  dem  Leben  der  Frau.  Links  Badestube  mit  Kindsbetthof  und  Brautbad. 
Kpfr.    Wenzel  Hollar.    1607—1677. 

„  89.  Heilige  (Sainte  Segouleine,  veuve,  abbesse  de  Troclar  en  Albigeois)  einen  Aussätzigen 
badend.    Holzschnitt  von  Hans  Burqkmair  (1473—1531).    479. 

„  90.  Badestube  in  der  ersten  Hälfte  des  16.  Jahrhunderts.  Holzschnitt  aus:  Dryander,  Arznei- 
spiegel.   Frankfurt  a.  M.,  1547.    233. 

„  91.  Deutsche  Badestube  zu  Anfang  des  18.  Jahrhunderts.  Kupfer  aus:  Abraham  a  Santa 
Clara,  Etwas  für  Alle.    Würzburg,  1711.    288. 

„  92.  Darstellung  eines  Jungbrunnens  und  Verherrlichung  der  Heilbäder.  Holzschnitt  von 
Albrecht  Glockendon  nach  Hans  Sebald  Beham  ca.  1570.  (Das  Bild  ist  die  seitliche 
Fortsetzung  zu  Abb.  41.)  Um  1600  wurde  das  Bild  von  Jo.  Theo  de  Bry  verkleinert  in  Holz 
geschnitten. 

„  93.  Jungbrunnen  nach  einer  Freske  von  Hans  Holbein  d.  J.  im  Hertenstein-Hause  zu  Luzern 
(zwischen  1516  und  1519).    Nach  von  Liebenau.    686. 

„  94.  Gesundbrunnen  im  Kloster  Heilbronn.  Kupfer  aus:  Feuerlein,  Heylsbronnisches  Zeug- 
nuß der  götttichen  Güte  und  Vorsorge.    Nürnberg,  1732.    361. 

„      95.    Darstellung  eines  Wildbades,    Federzeichnung  von  Peter  Flötner.    16.  Jahrhundert. 

„  96.  Leuk  im  Wallis.  Holzschnitt  aus :  Sebastian  Münster,  Cosmographiae  universalis  Lib.  VI, 
Basel,  Petri,  1550.    351. 

„      97.    Leuk  im  18.  Jahrhundert.    Kupfer  nach  von  Rodt.    631. 

„  98.  Pump-  und  Heizwerk  des  Sauerbrunnens  zu  Fideris.  Holzschnitt  aus :  Conradus  Gesnerus, 
De  Thermis  Helveticis.    In:  De  Balneis.    Venetiis  (Venedig)  apud  Juntas,  1553.    334. 

„  99.  Baden  im  Aargau.  Holzschnitt  aus:  JOH.  Stumpf,  Schweizerchronik.  Zürich,  Froschauer, 
1548.    9. 

„  100.  Mineralbad.  Titelholzschnitt  aus:  J.  J.  Huqgelin,  Von  heilsamen  Bädern  des  Teutschen- 
lands.    Mühlhausen,  1559.    80. 

„  101.  Mineralbad.  Titelholzschnitt  aus:  Gallus  Etschenreutter,  Aller  heilsamen  Bäder  und 
Brunnen  Natur.    Straßburg,  1571.    449. 

„  102.  Mineralbad  unter  freiem  Himmel  (angeblich  Leuk).  Gemälde  von  Hans  Bock  d.  Ä. 
1597.    Eigentum  der  öffenttichen  Kunstsammlung  in  Basel. 

„  103.  Das  St.  Verenabad  zu  Baden  im  Aargau  1820.  Bleistiftzeichnung  von  Ludwig  Vooel. 
Landesmuseum  Zürich. 

„  104.  Geselliges  Treiben  in  einem  kleinen  Mineralbade  am  Bodensee  im  15.  Jahrhundert.  Aus 
dem  Hausbuch  der  Familie  Goldast  zu  Konstanz,  wahrscheinlich  von  Bartholomäus  Zeit- 
bloni.    Nach  dem  mittelalterlichen  Hausbuch.     150. 

„  105.  Der  zu  Bilfeld  Anno  1666  am  2.  Sontag  nach  der  H.  Drey  Einigkeit  entsprungene  Heyl- 
Brunnen.  Kupfer  aus:  Conradi  Redekeri  descriptio  Bilfeldiani  fontfs.  Amstelaedami, 
1668.    403. 

„  106.  Versand  des  Aachener  Mineralwassers  und  Wiedererwärmen  desselben  zum  Gebrauch. 
(Die  Gestalt  der  Flaschen;  die  Art,  sie  wieder  warm  zu  machen;  die  Wärme  zu  unter- 
halten.) Kupfer  aus:  Blondel,  Beschryving  van  de  Stad  Aken.  Leiden,  1727.  (Das 
Bild  findet  sich  auch  in  der  Ausgabe  von  1688.)    410. 

„  107.  Der  „Cornelische  Badwasser-Brun"  in  Aachen.  Kupfer  aus:  Blondel,  Erklärung  deren 
Badt-  vnd  Trinckwässeren  zu  Aach.    Aachen,  1688.     409. 


Verzeichnis  der  Abbildungen  437 

Abb.  108.    Der  „Kayserliche  Badwasser-Brun".    Kupfer  aus:   Blondel,  Erklärung  deren  Badt-  vnd 

Trinkwässeren  zu  Aach.     Aachen,  1688.     409. 
„    109.    Neuer  Trinkbrunnen   in   Aachen   1727.    (Nieuwe   warme   Fontein   op   alle   vier  Hoeken 

Water  geevende.)  Kupfer  aus :  Blondel,  Beschryving  van  de  Stad  Aken.  Leiden,  1727.    410. 
„    110.    Ansicht  des  warmen  Brunnens  auf  dem  Markte  zu  Aachen.    1.  Der  Brunnen,  wo  man 

trinket.    2.  Der  Spazierplatz.    3.   Das  Herrenbad.    Kupfer  aus:  Amüsements  des  eaux 

d'Aix  !a  Chapelle.    Amsterdam,  1736.    263. 
„    111.    Mineralbad.    Holzschnitt  aus:  Sebastian  Münster,  Cosmographiae  universalis  Lib.  VI. 

Basel,  Petri,  1550.    351. 
„    112.    Das  Herzogsbad  zu  Baden  bei  Wien.    Titelkupfer  aus:  Beschreibung  deren  Qesundheits- 

Bädern  Baaden,  Teutsch-Altenburg  und  Pyrenwarth.    Nürnberg,  1734.    448. 
„    113.    Familienbad  zu  Baden  im  Aargau.    Kupfer  nach  Martin  Usteri  von  F.  Hegi  aus  dem: 

Neujahrsoeschenk  der  Gesellschaft  zum  schwarzen  Garten.    Zürich,  1808.    353. 
„    114.    Mineralbad.    Titelholzschnitt  zu  :  Hans  Foltz,  Gedicht  von  den  naturheißen  Bädern.    37. 
„    115.    Badehalle  in  Aachen  1736.    (Die  Art,  wie  man  sich  badet.)     Kupfer  aus:   Amüsements 

des  eaux  d'Aix  la  Chapelle.    Amsterdam,  1736.    263. 
„    116.    Mineralbad  aus  dem  Ende  des  17.  Jahrhunderts.    Gleichzeitige  Radierung  im  germanischen 

Museum  zu  Nürnberg. 
„    117.    Titelholzschnitt  von  E.  Schlitzoc  (?)  zur  ersten  Ausgabe  von:  Laurentius  Phries,  Traktat 

der  Wildbäder.    Straßburg,  1519.    420. 
„    118.    Titelholzschnitt  zur  dritten  Ausgabe  von:  Laurentius  Phries,  Traktat  der  Wildbäder. 

„Eyn  new  Badenfart.    Wildt  Bäder  L.  Friessen".    Straßburg,  Jacob  Gammen    Mitte  des 

16.  Jahrhunderts.    47. 
„    119.    Franz  Blondel  d.  A.,  Badearzt  in  Aachen.    Kupfer  aus:  Erklärung  deren  heylsamen 

Badt-  und  Trinckwässeren  zu  Aach.    Aachen,  1688.    409. 
„    120.    Balneum  Plummers  (Plombieres).    Holzschnitt  aus:  Conradus  Gesnerus,  De  Thermis 

Germanicis.    In:  De  Balneis.    Venetiis  (Venedig)  apud  Juntas.    1553.    334. 
„     121.    Bad  Gastein  im  17.  Jahrhundert.    Gleichzeitiger  Stich. 
„    122.    Bad  Grießbach  im  Rauchtale.     Kupfer.    18.  Jahrhundert. 
„    123.    Der  Säuerbrunnen  zu  St.  Moritz  im  Qber-Engadin.    Kupfer  aus  dem  :  Neujahrsoeschenk 

der  Gesellschaft  zum  schwarzen  Garten.    Zürich,  1811.     444. 
„    124.    Titelholzschnitt  zu:  Metobius'  Schrift  über  Pyrmont.    1556.    417. 
„    125.    Inseckt  aus  den  Nieren  einer  Frauen  gekommen  durch  Würckung  derer  Wasser  des  Pouhons. 

Kupfer  aus :   Les  amusements  de  Spa :   or,  the  galanteries   of  the  Spaw  in  Germany. 

London,  1745. 
„    126.    Bad  Walkershofen  in  Bayern  1551.    Holzschnitt  aus  einem  Flugblatt  des  16.  Jahrhunderts. 
„    127.    Dorf  Hornhausen  sampt  den  darin  entspringenden  Heilbronnen  1646.  Kupfer  von  V.  Wagner. 
„    128.    Gesundbrunnen  bei  Ham.    Kupfer  aus:  Peter  Hesselius,  Hertzfließende  Betrachtungen 

von  dem  Elbe-Strom.    Altona,  1675. 
„  ,129.    Der  Brunnen  bei  Burgwinnumb  in  Franken.    Holzschnitt  aus  einem  Flugblatt  von  ca.  1600. 
„    130.    Pfäfers   1610.    Holzschnitt  von  Joseph  Pleb  nach  einem  Modell   von  Fabricius  Hil- 

danus.    Aus:  Guilhelmus  Fabricius  Hildanus,  De  conservanda  valetudine.    Frank- 
furt a.  M.,  Merian,  1629.     22. 
„    131.    Pfäfers  1784.    Kupfer  von  J.  J.  M.    Zürich.    Stadtbibliothek. 
„    132.    Gleichzeitiger  Gebrauch  von  Dusche  und  Mineralbad  in  den  alten  Stadtbädern  zu  Aachen. 

Kpfr.  aus:  Blondel,  Erklärung  deren  Badt- vnd  Trinckwässeren  zu  Aach.  Aachen,  1688.  409. 
„    133.    Auf-  und  absteigende  Duschen  (Stillicidia  oder  Wassergüß)  im  St.  Cornelii-  (oben)  und 

im   Rosenbade  (unten)  zu  Aachen.    Kupfer  aus:   Blondel,  Erklärung  deren  Badt-  vnd 

Trinckwässeren  zu  Aach.    Aachen,  1688.    409. 
„    134.    Entwurf  Blondels  zu  Dampfbädern   in  Aachen.    Kupfer  aus:   Blondel,  Thermarum 

Aquisgranensium  et  Porcetananarum  elucidatio  et  thaumaturgia.    Aachen,  1688.    409. 
„    135.    Bilder  aus  Aachen  von  1827.    a  Die  Art,  wie  man  das  warme  Wasser  auf  die  schwachen 

Glieder  fließen  läßt,    b  Trockenbad  oder  auf  was  für  Art  man  den  Dampf  von  dem 

Wasser  auf  die  kranken  Glieder  bringt,    c  Gebrauch  des  trockenen  oder  Dampfbades. 

d  Das  halbe  Dunstbad.    e  Das  halbe  Wasserbad.    Kupfer  aus:  Blondel,  Beschryving 
van  de  Stad  Aken.    Leiden,  1727.    410. 


438  Verzeichnis  der  Abbildungen 

Abb.  136.    Dampfbad  zu  Baden  im  Aargau.    Kupfer  aus  dem :  Neujahrsgeschenk  der  Gesellschaft 
zum  schwarzen  Garten.    Zürich,  1827.     353. 
„    137.    Badgericht  in  der  zweiten  Hälfte  des  16.  Jahrhunderts.    Holzschnitt  aus:  Münster,  Cos- 
mographey.    Basel,  1598.    318. 

138.  Männerbad  im  Anfang  des  16.  Jahrhunderts.    Aus  einem  Holzschnitt  von  A.  Dürer. 

139.  Wie  etlich  Herren  vnd  Burger  zusamen  geschossen.  Die  Herren  Bürgermeister  Johansen 
Kambly  vnd  Herrenn  Secl<elmeister  Cunrath  Aescher.  Einen  Ochsen  gan  Baden  zu  einem 
Baden  Schenclce  gebracht.  1576.  Nach  einer  farbigen  Zeichnung  der  Wyckiana.  Zürich, 
Stadtbibliothek. 

140.  Das  Freibad  zu  Baden  im  Aargau  1820.  Aquarell  von  Ludwig  Vogel.  Zürich,  Landesmuseum. 

141.  Mineralbad  von  ca.  1600.  Federzeichnung  von  Bartholomäus  Lingq  in  Straßburg. 
Statistik  schweizerischer  Glasgemälde  und  Handzeichnungen.  Jg.  1904.  Zürich,  Landes- 
museum. 

142.  Karlsbad  vor  dem  Brande  von  1759  mit  den  Holzrinnen  (2),  die  vom  Sprudel  aus  längs 
der  Tepl  und  über  dieselbe  das  Thermalwasser  in  die  im  ersten  Stock  gelegenen  Bad- 
stüblein  der  Uferhäuser  leiteten.    Kupfer. 

143.  Armenbad  in  Burtscheid  mit  zwei  Strohhütten  zum  Schwitzen.  Kupfer  aus:  Blondel, 
Beschryving  van  de  Stad  Aken.  Leiden,  1727.  (Befindet  sich  schon  in  der  Ausgabe  von 
1688,  in  der  ersten  Auflage  von  1685  fehlen  die  Strohhütten.)    410. 

144.  Der  Sprudel  zu  Karlsbad  im  17.  Jahrhundert.    Kupfer  von  G.  Hupschmann. 

145.  Vergnügungen  beim  Mineralbade  in  der  zweiten  Hälfte  des  16.  Jahrhunderts.  Holzschnitt 
aus:  MÜNSTER,  Cosmographey.    Basel,  1598.    318. 

146.  M.  MUCHHEIMIN  von  Vrl  Ein  nüw  Lied,  in  Badenfärten  lustig  zesingen.  Getruckt  im 
Jar  1617. 

147.  Gyrenbad  bei  Turbenthal  im  Kanton  Zürich.  Kupfer  aus  dem:  Neujahrsgeschenk  der 
Gesellschaft  zum  schwarzen  Garten.    Zürich,  1826.     445. 

148.  Frauenbad  um  1560.  Zeichnung  aus  einer  alchimistischen  Handschrift  des  germanischen 
Museums  in  Nürnberg. 

149.  Das  Täfeli  im  Hinterhof  zu  Baden  im  Aargau  im  18.  Jahrhundert.  Kupfer  von  Hegi 
aus:  David  Hess,  Die  Badenfahrt,    Zürich,  1818.    315. 

150.  Die  Matte  zu  Baden  im  Aargau.  Kupfer  aus  dem:  Neujahrsgeschenk  der  Gesellschaft 
zum  schwarzen  Garten.    Zürich,  1809.    353. 

151.  Der  Brunnenplatz  zu  Pyrmont  mit  dem  Trinkbrunnen  (dem  Kuppelbau  rechts)  und  dem 
vor  ihm  liegenden  Badebrunnen.  Kupfer  nach  Weitsch  von  Geyser.  Aus:  Marcard, 
Beschreibung  von  Pyrmont.    Leipzig,  1784.    342. 

152.  Ansicht  des  Markts  zu  Spa  und  des  Brunnens  Pouhon.  Kupfer  aus:  Les  Amüsements 
de  Spa:  or,  the  galanteries  of  the  Spaw  in  Germany.     London,  1745. 

153.  Aachen  1727.  De  Oroote  Vergaader-Plaats  van  alle  gebrekkelyke  Menschen,  die  sig  na 
de  Fonteinen  begeeven  om  de  Wateren  te  Drinken.  Kupfer  aus :  Blondel,  Beschryving 
van  de  Stad  Aken.    Leiden,  1727.     410. 

154.  Der  Spaziergang  bei  den  Brunnen  zu  Aachen.  Aus:  Amüsements  des  eaux  d'Aix  la 
Chapelle,  oder  Zeitvertreib  bey  den  Wassern  zu  Achen.    Berlin,  1737.    263. 

155.  Die  „Allee"  in  Pyrmont.  Kupfer  nach  Weitsch  von  Geyser.  Aus :  Marcard,  Be- 
schreibung von  Pyrmont.    Leipzig,  1784.    342. 

156.  Titelkupfer  zu:  Hahn,  Unterricht  von  Krafft  und  Würckung  des  frischen  Wassers. 
Breßlau  und  Leipzig,  1745.    670. 

157.  Priessnitz'  Walddusche  in  Gräfenberg.  Aus:  Kröber,  Priessnitz  in  Gräfenberg. 
Breslau,  1836.    669. 

158.  Schlußkupfer  aus:  David  Hess,  Die  Badenfahrt.    Zürich,  1818.    315. 

159.  Leiste  aus:  De  Balneis  Venetiis  (Venedig)  aput  Juntas.    1553.    333. 


Die  Initialen  sind  mit  Ausnahme  von  Abb.  65  von  Hans  Holbein  d.  J. '". 


NAMENREGISTER 


Abemetzy  364 
Abiß  255,  420 
Abraham  a  Santa  Clara  96,   180, 

214,  353,  417 
Achtsinit  182,  409 
Adalbero  von  Augsburg  6 
Adamy  418 

Agnes  von  Ungarn  248,  323 
Albicus  von  Prag  204 
Albrecht  Achilles  229 
Albrecht  von  Bayern  67,  177,  183, 

400 
Albrecht  von  Österreich  64 
Albrecht  von  Weißenstein  298 
Aldegrever  173 
Alexander,  heiliger  33 
Amalie  von  Veldenz  19 
von  Amerongen  262 
von  Amira  147,  429 
Amis  36 

Amman  74,  75,  76,  80,  82,  167 
Ammianus  IVlarcellinus  418 
Anastasia  von  Hohenklingen  246 
Anemorinus  19 
Angilbert  229 
Anna  von  Weinsberg  19 
Anshelm  34,  37,  411 
Arndes  13,  108 
von  Arnim  418 
von  Arx  9,  408 
Auer  414 

August  von  Sachsen  282,  420 
Augustin,  heiliger  73 
Avicenna  73,  205 

Baader  409,  414 
von  Babo  35,  147,  423 
Baccius  304,  335,  338 
Bachstrom  51 
Bader  418 
Baechtold  422 
von  Bahder  415 
Baidinger  376 
Baidung  Grien  211,  216 


Bär  415 

Barbarossa  40 

Barrie  217 

Bartels  415 

Barther  217 

Batt  35,  147,  423 

Bauhin    126,   137,    158,   290,   294, 

303—305,  307,  418,  425 
Baumann  412,  429 
Bäumer  425 
Bebel  338 
Becher  405,  419 
Becker  181,  410,  425 
Beermann  421 
Beham   13,  44,  75,  84,  85,  89,  91, 

118,  120,  138,  158,  159,  167,  211, 

223,  277 
Benedikt,  heiliger  8,  111 
Beneke  415 
Beowulf  39 
Bergius  429,  430 
Bernauer  400 
BernouUi  145 
Bertuch  43,  218 
Beyer  96 
Binck  139 
Bintz  412 
Birlinger  410,  427 
Blaubirer  77,  79 
Blondel    157,    256,  258—60,   279, 

303—305,  307,  308,  335,  360,  422 
Blumenauer  403 
Blumenbach  416,  426 
Bluntschli  412,  417 
Bock  243 
Bode  136,  426 
von  Bodenstein  27,  285 
Bodmann  189,  412 
Boesch  136,  412,  420,  427 
Bolmann  294,  360,  421 
Boner  125,  155,  415 
Bourgeois  137,  427 
Brandis  377  ff.,  386,  431 
Braun  22,  410 


Breitinger  328 

Brentano  418 

Brönnenberg  414 

Brueghel  41,  42 

Brügger  409 

Brun  91,  130 

Brunner  415 

Brunßfels    18,    74,   128,   136,   153, 

162,  409 
de  Bry  90,  223 
Bühler  424 
Bullinger  329 
von  Biilow  427 
von  Bunge  414 
Bünting  225,  291 
Burgkmair  202,  203,  424 
Burkhardt  25 
Büsching  136,  427 

Calvin  262 

Cammer  98,  274 

Campell  236 

Du  Cange  6 

Capeller  420 

Cardilucius  277 

de  Caro  308 

Cäsar  39 

Cäsarius  von  Heisterbach  9,  230 

Celtis  17 

Cesareti  50 

Christoph  von  Baden  16,  66 

Christoph  von  Württemberg  325, 

427 
Clauser  51,  104,  119,  427 
Cohausen  229. 
Collinus  27,  226 
Columba,  heilige  24,  26,  30 
Corvinus  187 
Cräviach  76 

Crato  von  Crafftheim  205 
De  la  Curne  418 
Currie  366—368,  397,  430 
Cysat  24,  26,  28,  106,  410 


440 


Namenregister 


Dagobert  226 

Dändliker  65,  414 

Dauter  386,  431 

Davison  30 

Depping  145,  424 

Despine  306,  432 

Dieffenbach  81,  140 

Dietmann  212,  421,  425 

Döbereiner  365,  366,  431 

Dohme  117,  422 

Dorer  253,  255,  422 

von  Dreyhaupt  414 

Dryander  19,  74,  76,  81,  124,  128, 

157—159,  161,  212,  415 
Dürer  75,  132,  208,  211,  261,  320, 

321,  340,  431 
Dürsteier  415 

Ebel  301,  337,  431 

Ebeling  428 

Eberhard  III  283,  329 

Eberhard  der  Qreiner  231 

Eble  432 

Eckart  420 

Egli  413 

Ehrenberg  388,  430 

Einhard  40,  230,  412 

Eisenhart  86 

Ekkehart  6  ff.,  408 

Eleonora  von  Österreich  324 

Elisabeth,  heilige  9,  72,  203,  415 

Ellenborg  77,  158,  206 

Ennen  426 

Ephrussi  211,  429 

Erasmus  von  Rotterdam  31,  208, 

411,  424 
Ernst  423 

Ernst  von  Bayern  67,  325,  400 
Escher  57  ff.,  61,   326,  413,    414 
Etienne  47 
Etschenreutter  123,  125,  132,  137, 

1 59, 1 71 , 1 76, 242, 299, 253, 256, 299 
Ettmüller  176,  426 

Paber  84 

Fabricius   Hildanus    11,   33,   127, 

206,  255,  276,  283,  298,  299,  310, 

330,  331,  408,  411 
Falconer  378 
Falk  210,  414 
Faloppius  126 
Fäsi  300,  329,  422 
Fechter  416 

Ferro  42,  45,  47—50,  378,  399,  412 
Feuerlein  228,  420 
Feurbergk  siehe  Pyrmontanus 


Ficker  369 

Fidicin  186,  414 

Fischart  156,  173,  188,  428,  429 

Fischer  45 

Flenntz  303 

Flögel  428 

Flötner  233 

Florinus  427 

Floyer   29  ff.,   43,   371,   376,   380, 

386,  398,  411 
Foltz  5,   15,  45,   75,  87,  118,  119, 

164,    200,    201,    261,    265-267, 

272,  277,  345,  409 
Forer  420 
Forestier  306,  432 
Förstemann  412,  417,  428 
Frank  178 

Franke  siehe  Rauße 
Franklin  365 
von  Freyberg  414,  425 
Freytag  53,  413 
Fricker  409 
Friedland  43 
Friedrich  III.  64,  227 
Friedrich  August  von  Polen  353 
Friedrich  der  Große  216 
Friedrich  der  Jüngere  von  Sachsen 

193 
Friedrich  der  Weise  188 
Friedrich  Franz  von  Mecklenburg 

62 
Friedrich  von  Österreich  64,  348 
Frölich  367,  431 
Fromm  420 
Frommann  183,  409 
Froschauer  4,  23,  27,  238 
Frost  94 
Fuchs  424 
Fugger  90,  116,  117 
Füßli  418 

Galen  79,  364 

Ganz  416 

Gärtner  413 

Gaupp  426 

ä  Qehema  216,  431 

Geiler  von  Kaisersberg  81,  84, 
165,  175,  182,  337 

Gengenbach  162,  425 

Oengler  178,  191,  426,  427 

Oentzkow  127,  128,  130,  161,  187, 
426 

Genzmer  413 

Georg  von  Bayern  65 

Georg  Friedrich  von  Branden- 
burg 280,  316,  324 


Georg  von  Württemberg-Mömpel- 

gard  329 
Gerharz  259 
Geßner    28,    128,   236,    237,   256, 

264,  268,  281,  303,  310,  419 
Geyser  358,  361 
von  Gimbernat  308  ff. 
Glaser  423,  429 
von  Gleichen-Rußwurm  118 
Glockendon  223 
Glur  431 

Goethe  60,  96,  167,  248,  353,  359 
Goldast  250 
Göldi  418 
Gossenbrot  348 
Gottfried  III.  229 
Graf  11 
Grafenfeld  388 
von  Grafenried  325 
Grebel  432 
Gredinger  16,  173 
Gregor  von  Tours  80 
Greift  119 
Greill  425 
Qreiner  424 
Grellmann  213,  426 
Grimm  23,  34,  35,  37,   121,  408, 

411,  413,  426 
Grob  329 
Grote  414 
Grüner  47,  80,  194,  215,  216,  401, 

413,  430,  432 
Grünpeck  207 
Gsell  Fels  411 
Guarinonius  42,  51,  79,  90,  123, 

129,  146,  162,  167,  168,  176,  178, 

196,  210,  213,  412 
Gudrun  177,  426 
Guillaume  de  la  Villeneuve  145 
Guler  20,  278,  345,  410 
Gundeifinger  87 
Gundelsheimer  259 
Günther  253,  256,  280,  299,  302, 

421 
Guts-Muths  43,  50,  52,  412 

Häberer  108 

Hadrian  39 

Haeser  425 

von  der  Hagen  136,  411,  415 

Hagenmeier  47 

Hahn  368  ff.,  380,  392,  393,  398, 

431 
Hahnemann  194,  377,  382  ff.,  431 
Halevy  175 
von  Haller  285,  420 


Namenregister 


441 


Hampe  116,  416,  424 

Handsch  de  Limiisa  252 

Hans  am  Wasen  10,  409 

Hans  von  Ems  14 

Hans  von  Rechberg  348 

Hans  von  Schweinichen  121 

Hans  von  Waldheim  14,  251 

Härder  424 

Hartmann  von  Aue  203,  417 

Hätzlerin   104,   163,  180,  183,  416 

Haupt  416,  428 

Hauser  410,  413 

Hecht  259 

Heffner  427 

von  Hefner-Alteneck  116,  415 

Hegel  417 

Hegi  107,  265,  356 

Heidegger  325 

Heineken  46 

von  Heinemann  147 

Heinrich  I.  9 

Heinrich  III.  35 

Heinrich  IV.  9 

Heinrich  von  Bayern  40 

Heinrich  (Henricus)  von  Langen- 
stein  HO,  231,  245 

Heinrich  von  Kempten  102 

Heinrich  von  Veldeck  417 

Heitz  409,  432 

Helbling  70,  72,  75,  144,  146,  148, 
151,  152,  163,  415 

Held  45 

Hemmerlin  87,  417 

Henricus  de  Hervordia  230,  286, 
291 

Henricus  Münsingen  205 

Hensing  420 

Herbord  4,  408 

Heresbach  42 

Herlicius  205,  206 

Hero   74,   152,   169,  171,  180,  415 

Herrand  von  Wildonie  86,  150, 
151,  165,  423 

Herrliberger  401,  432 

Herz  378 

Herschel  425 

Heß  15,  80,  153,  168,  246,  253, 
255,  264,  307,  325,  329,  332,  337, 
356,  398,  409,  418,  420,  426 

Hesselius  296 

Heyne  1,  3,  4,  126,  408 

Hidgen  29 

Hildebrand  280 

Hille  411 

Hiltprand  205 

Hingst  87,  414 


Hippokrates  371,  372 

Hirsch  216,  217,  429| 

Hirschel  429 

Hirsching  427 

Hirzel  137,  427 

Hof  46 

Hofmann  374,  376,  378,  428 

Hoffmann  von  Fallersleben  424 

Holbein  224,  432,  438 

Hollar  185 

Holzhab  325,  427 

Homeyer  426 

Hörn  367,  368 

Hornlocher  327 

Horst  420 

Hottinger  268,  420 

Hufeland  136,  218,  268,  300,  366, 

367,  395,  402,  426,  430,  431 
Hugo  von  Trimberg  412 
Huggelin  24,  77,  236,  241,  411 
Hüllinger  421 
Hüllmann  429 
Hunziker  412 
Hupschmann  336 
von  Hütten  90,  163,  299,  331,  417, 

421,  429 

Ibrahim-ibn-Jakub  1,  4 

Isilin  43 

Iso,  Mönch  in  St.  Gallen  8,  9 

Jacobs  423 

Jäger  92,  226,  227,  410,  420,  425 

Jäggli  99 

Jakob  von  Warte  14,  103 

Janus  62 

Jasander  421 

Joachim  II.  186 

Joel  181 

Johann  Friedrich  186 

Johann  Friedrich  der  Mittlere  von 

Sachsen  193 
Johann  von  Eberstein  231. 
Johann  von  Werdenberg  192 
Johann  Wilhelm  von  Sachsen  193 
Jordanus  209 

Kaiser  418,  420 

Kaltenbaeck  413 

Kambly  326 

von  Kahtlor  218,  402,  430 

Kari  IV.  213,  227,  229,  406 

Kart  V.  346 

Kari  VIII.  207 

Kari  der  Dicke  8 

Kari  der  Große  40,  229,  230,  412 


Kasteriitz  368 

Kaufringer  70,  83,  108,  121,  416 

Keller  5,  7,  144,  222,  408,  412,  417 

Kempfe  24,  411 

Kerner  255,  268  ff.,  306,  345,  396, 

418 
Keßler  51 
Ki burger  4 
Kieffer  256 
Kiene  419 
Kieser  151,  160,  161 
Kinkel  426 
Kirchner  141 
Klein  215,  430 
Klüber  267,  421 
Kluge  194,  428 
Kneipp  370 
von  Kobbe  394 
Kochendörffer  3,  6,  408 
Koelliker  61,  414 
Kohl  46 
Kolweck  419 
König  213,  429 
König  vom  Odenwald   119,   180, 

195,  220 
Konrad  von  Fusesbrunn  134 
Konrad  von  Megenberg  277,  422 
Konrad  von  Würzburg  203,  417, 

425 
Kopp  412,  427 
Krafft  221,  339 
Kramer  167 
Kratz  140,  426 
Kraus  409,  419 
Krieg  von  Hochfelden  409 
Kriegk  193,  412 
Kröber  394,  431 
Küchenmeister  370,  431 
Kugler  429 
Kühn  422 
Kündig  163 

Küngsberger  73,  173,  416 
Künz  394 
Künzli  169 

Labenwolf  233 

de  Lamzweerde  128,  129,  427 

Lange  233 

Langenbeck  377,  431 

Lassar  221,  429 

von  Laßberg  426 

Lavater  60,  89,  126,  204—206,  414, 

417,  428 
Leconte  51 
Leopold  I.  94 
Leopold  von  Österreich  64,  348 


442 


Namenregister 


Lersch  251,  410 
von  Lersner  42,  412 
Leucippaeus   253,   256,   267,  269, 

276 
Lichtenberg  62,  364 
von  Liebenau  37,  224,  409,  429, 432 
von  Liliencron  410,  425 
Lind  426 
Lindauer  99 
Lindenmayr  215 
Lingg  332 
Liutprand  230 
Lochmann  316 
Lochner  428 

Locke  31,  32,  43,  137,  411 
Löffler  329 
von  Loga  233 
Löle  297,  421 
Lombard  376 
Lothar  229 
Lübben  426 
Lucas  306 

Lucas  van  Leyden  72 
St.  Ludgerus  25 
Ludwig  IL  213 
Ludwig  III.  66 
Ludwig  XI.  204 
Ludwig  XII.  249 
Ludwig  der  Bayer  262 
Ludwig  der  Fromme  8,  35,  64 
Lundorf  353 
Luther  36,  86,  193,  217,  282,  370, 

412 
Lütolf  425 
Lutz  44 
Lynclier  422 

Maaler  5,  51,  120,  413 

Maier   von    Wurzbach    (Marius) 

209,  400 
IVlalcarida  285 
Manesse  14,  103,  104 
Manuel  182 
Marcard  48,  49,  62,  104,  217,  279, 

306,  342,  386,  402,  413,  419 
Marcuse  413 
Maret  378 

Margarete  von  Württemberg  325 
Marggraff  425 
Marquard  von  Fulda  210 
Martaller  92 
Marteau  45,  378,  413 
Martin  3,  408,  410,  417,  420 
Martinus  Bohemus  19 
Matthes  48,  397,  413 
von  Maurer  412,  414 


Mauthner  424 

Maximilian  207,  249,  346,  424 

Maximilian  II.  64 

Maximilian  von  Stühlingen  325 

May  47,  413 

Mayer  424,  429,  430 

Mechinger  276,  303,  419 

van  Meckenem  135,  136 

Meier  423 

von  Meiller  413 

Meiner  354 

Meiß  414 

Meißner  221,  423 

Melanchthon  293 

Meltinger  73 

Merveilleux  278,  353,  421 

Metlinger  137 

Metobius  286  ff.,  290, 291,  330,  422 

Metzger  62 

Meyer  42,  46,  285,  412,  419,  423, 

426,  429 
Meyer-Ahrens   113,  170,  411,  412, 

427 
Meyer  von  Knonau  6,  408 
Michael  von  Hohensax  348 
Michelsen  427 
Minkwitz  193 
Moehsen  401 
Mombert  140,  427 
Monboddo  364 
Mönch  von  St.  Gallen  6  ff.,   230, 

408 
Mone  410,  412,  415,  416,  419,  423, 

424,  426 
Montaigne  251,  323,  324,  418 
von  Moos  426 
More  37 
Morel  425 

Moritz  von  Hessen  324 
Moser  131,   263,  268,  354  ff.,  418 
Muchheim  339 
Muffel  73 
Muheim  339 
Müllenhoff  412 
Müller  19,  79,  245,  416,  418 
Munde  387,  389  ff.,  394,  396,  400, 

430 
Münster  132,  234,  262,  299  ff.,  314, 

338,  418,  419 
von  Muralt  216,  431 
Mure'r  57,  59,  413,  422 
Murner  13,  14,  74, 80, 132,  144,  146, 

152,  153,  162,  164,  278,  408 
Musa  376 
Myconius  131 
Mylius  368 


Näf  427 

Näher  427 

Nater  414 

Neef  206,  429 

Neithart  14,  86,  164,  227 

Neuburger  426 

Nork  410 

Oberer  423 

Ochs  416 

Öchsli  56,  57,  413 

Offterdinger  377,  430 

Olberg  48 

Örtel  370,  393,  394,  430 

Osenbrüggen  412,  426 

Osiander  427 

Osse  166 

Oswald  von  Wolkenstein  18,  163, 

418 
Otto  Heinrich  bei  Rhein  325 
Otto  414 
Otto  IL  40 
Otto  von  Bamberg  4,  25,  33,  408 

Pachinger  114 

Pagel  426 

Pansa  162,  310,  419 

Pantaleon   15,   81,  204,  205,   207, 

246,  279,  280,  310  ff.,  323,   330, 

335,  339,  340,  343,  345,  409,  428 
Pappenheim  221,  429 
Paracelsus    10,   11,   28,   82,    127, 

205,  272,  280,  284,  294,  298,  352, 

408,  411,  420,  429,  431 
Pare  80,  376 
Parzival  83 
Pauli  73 
Paumgarten    130,   252,   280,   303, 

416 
Pelicanus  329 
Percy  376 
Peter  I.  342 
Peters  416 
Petrarca  21 

Petri  234,  262,  400,  431 
Petrus  de  Ebano  157 
Petrus  de  Spina  276 
Petrus  de  Tussignano  236,   265, 

272,  419 
Peyer  431 
Pf  äff  417 
Pfau  426 
Pfotenhauer  417 
von  Pfuel  52 
Pfyffer  418 
Philander  von  Sittewald  34,  91,  410 


Namenregister 


443 


Philipp  bei  Riiein  282 

Philipp    von   Allendorf    146,   153, 

164,  165,  182,  280,  415 
Phries  98,  127, 132, 157,  272  ff.,  276, 

278,  303,  421,  422,  431 
Pictorius   19,  42,  78,  79,  129,  157, 

159,  163,  264,  277,  280,  339,  340, 

413,  416 
Pipin  230 
Pirckheimer  208 
Pitschaft  431 
Plate  424 
Platter  200 
Pleb  298 
Pleiaer  416,  417 
Plinius  236 
Ploiiquet  51,  364,  413 
Pochhammer  216,  217,  430 
Poggio  239,   245,   261,   262,   278, 

329 
Poitevin  45,  46 
Preuß  138,  426 
Prießnitz  28,  30,  33,  48,  256,  363, 

366,  379,  387  ff.,  398 
Pryss  72 
Pyrmontanus  (Feurbergk)  19,  255, 

291,  293,  330,  400,  410 

Querhammer  190,  191 

Räbmann  338,  343 

Radziwili  280 

Raffael  118 

Rahn  57,  61,  88,  325,  327,  364,  412, 

413,  419,  426,  427 
Ramsden  402 
Rantzau  39,  304,  421 
Rathold  von  Friesland  4 
Rau  414 

von  Raumer  401,  413 
Rauße  370,  379,  387,  388,  395,  396, 

430,  431 
Reber  417,  424 
Redeker  257,  421 
Reginard  von  Lüttich  9 
Reil  157 

Reinmar  von  Zvifeter  34 
Rem  82,  119,  253, 255, 280,  282,  416 
Renard  431 
Rentzius  200,  425 
Renz  419 

Retzius  2,  3,  71,  113,  408 
Reuß  367,  376,  431 
Reydt  277,  304,  423 
Reyscher  414 
Riecke  413 


Rieger  426 

Ringholz  416 

Ritter  262,  422 

Rocholz  193,  194,  425 

Rocquebertin  249 

von  Rodt  235,  413,  416,  430 

Römer-Büchner  426 

Rosenblut  172 

Rößlin  21,  136,  174,  410,  420,  425 

Roth  71,  191,  208,  211,  277,  414 

Roth  von  Schreckenstein  415 

Rousseau  32,  43,  136,  411 

Röust  326 

de  la  Roux  46 

Rotschild  269 

Rüdiger  415 

Rudolf  II.  64 

Rueff  79,  134,  277,  290,  416,  427 

Ruland  92,  196,  201,  236,  277—279, 
352,  417,  421 

Runge  24  ff.,  59,  410 

Ruodlieb  8 

Rüsch  27,  28,  91,  112,  206,  306, 
332,  368,  369,  395,  411 

Ryff  18,  19,  39,  42,  72,  78—80,  90, 
106,  109,  118,  120,  123-127,  129, 
137,  156—159,  161—163,  168, 
170-172,  212,  213,  264,  269,  277, 
280,  282,  303—305,  310,  409,  415, 
416,  424 

Sach  93,  408 

Sachs  13,  44,  69,  74—76,  81,  105, 

119,  120,  145,  148,  151,  152,  160, 

167,  170,  173,  181,  182,  211,  225, 

409,  414,  425 
Sachse  411 
von  Sal  168 
Salzmann  43,  50 
Sanchez  216,  217,  429 
Sanders  417 
Santorio  129 
Sastrow  164 
Schaab  427 
Schäfer  429 
von  Schallern  46 
Schalyß  151 
Schär  429 

Scharold  415,  417,  424,  428 
Scheible  51,  409,  412,  413,  416,  424 
Schelhammer  215 
Schellenberg  50 
Scherb  112,  427 
Scheuchzer  10,  11,  27,  28,  32  ff., 

265,  269,  374,  408,  411,  419 
Schiler  339 


Schiller  353,  360,  426 

Schilling  37 

Schleher  205,  428 

Schlitzoc  273 

von  Schlosser  75,  93,  94,  144,  163, 

164,  167,  417 
Schmeller  409,  415 
Schmid  119 
Schmucker  376 
Schmuz  299,  423 
Schneeli  432 

Schnorr  von  Carolsfeld  419 
Schoder  277 
Schönherr  426 
Schöpf  163 
Schott  337 
Schreger  46,   158,  217,  219,   364, 

365,  408 
Schrott  390 
Schultz  126,  134,  231,  414,  422,  423, 

426 
Schweizer  325,  421 

Schwenckfeld  22,  416 

Scribonius  35 

Sebiz  21,  128,  258,  352,  410 

von  Segesser  414 

Seifrit  der  Futraer  20 

Seipp  294,  420 

Selinger  388,  390,  430 

Selos  109,  418 

Sender  105,  417 

Senn,  112,  113,  127,  427,  428 

Simler  20,  57,   127,  332,  338,  339, 
409-411 

Simrock  409,  424 

Sintenis  428 

Solger  417 

Solls  174 

Sommer  (Summer)  252,  404 ff.,  432 

Sommerer  19 

Soranus  39 

Spangenberg  425 

Sparmann  423 

Spengler  397,  419,  430 

Speth  423 

Sprengel  411 

Stark  365 

Staub  427 

Steinfeld  269 

Steinhausen  410 

Steinhövel  145,  325 

von  Stetten  425 

Stephani  6,  230,  408 

Stieler  96 

Stöber  188,  428 

Stockar  127,  162,  428 


444 


Namenregister 


Stolberg  60 

Stoltze  417 

Störk  47,  399 

Stracholf  64 

Sträter  432 

Strauß  421 

Stricker  176,  421 

Strickler  425 

Strigel  136 

Strobelberger  419 

Strübin  314,  343,  421 

Stumpf  4,  26,  27,  85,  145,  238,  298, 

352,  408 
Sturm  42 
Succow  365 
Suchenwirt  165 
van  Swieten  47,  399 
Sytz  276,  279,  304,  420,  421 

Tabernaemontanus  258,  259,  268, 

283,  285,  293,  294,  418 
Tacitus  1,  39,  59,  408,  412 
Tannhäuser  102,  248 
Tanstätter  206 
Teichner  9,  184 
Thausing  431 
Theden  370,  375,  376 
Thilenius  410 

Thietmar  von  Merseburg  412 
Thoman  147 
Thomas  von  Molk  45 
Thomasin  von  Zirclaria  424 
Thorspeden  48 
Thurneisser  127,  128,  159,  280, 294, 

331,  421 
von  Tieffenbach  348 
Tissot  32,  218,  378,  380,  421,  423, 

427 
Tobler  427,  432 
Tourte-Cherbuliez  363 
Troll  410 
Trotzendorf  43 
Tschudi  27,  411 
Tucher  69,  116,  118,  177,  321,  414, 

428 

Udalrich  von  Augsburg  6 
Uden  216,  429 
Uhiand  409 


Ulmerin  35,  36 

Ulrich  von  Liechtenstein  83,  102, 

104,  146,  151,  416 
Untzer  207,  429 
Unzer  427 
Usteri  107,  265 

Vadianus  siehe  von  Watt 

Varges  416 

St.  Verena  246-248,  311 

Vetter  422 

Vinar  304 

Vitruv  424 

Vogel  62,  63,  222, 247,  264,  331, 416 

Vögelin  413,  422,  423 

Vogt  256,  301,  305,  420 

Voigt  432 

Wackernagel  357,  409,  432 

Wagner  27,  32,  330,  411 

Walch  329 

Waldmann  249 

Waldstein  110,  426 

Walfhart  177,  183 

Walthier  24,  411 

Warner  423 

Waser  328 

von  Watt  (Vadianus)  123,  125,  204, 

205,  206,  427 
Weber  110 
Wehrmann  426 
Weiß  388,  425,  431 
Weisstein  426 
Weitsch  358,  361 
Weller  426 
Welper  46 
Welser  251,  252 
Wendt  430 
Wenzel  von  Böhmen  73,   75,   93, 

141,  164 
von  Werdenberg  348 
Westenrieder  186,  402 
Wetzler  157,  218  ff.,  262,  269,  354, 

402,  420 
Wiborad,  heilige  9 
Wichelhausen  47,  401,  413 
Wichner  25,  113,  343,  411 
Widmann  siehe  Mechinger 
Wieland  168 


Wildvogel  120,  145,  416 

Wilhelm  Hirsaugensis  8 

Wilhelm  von  Sachsen  251,  280 

Will  419 

Willi  412 

Willich  46,  206 

Wimpheling  321,  432 

Winternitz  370,  397,  398,  430 

Wintperger  19 

Wirnt  von  Gravensberg  417 

Wittenweiler  73,  157,  415 

Wittich  74 

Wittie  31 

Wittmann  426 

Wohlgemuth  16 

Wolf  410,  424,  431 

Wolfenschießen  121,  122,  132 

Wolfring  220 

Wolfger  von  Ellenbrechtskirchen 

83,  210,  416 
Wolfram  von  Eschenbach,  80,  165, 

168,  416,  428 
Weltmann  62 
Wuttke  23,  410 
Wyck  131,  204 
Wyerman  428 
Wynmann  53,  59,  61 

Zapf  125,  296,  421 

Zappert  9,  39,  65,  70,  72,  94,  147, 

165,  230,  408 
Zedier  120,  126,  134,  159,  168,  212, 

213,  424 
Zeiller  22,  140,  201,  213,  263,  295, 

343,  410,  411,  420 
Zeitblom  250 
Zeller-Werdmüller  428 
Zeuß  416 

Ziegler  411,  421,  422 
Zimmermann  201,  422 
Zinck  427 

Zingerle  109,  418    " 
Zinken  145 
Zoller  168 
Zuckert   295,  297,  306—308,   361, 

419 
Zwierlein  217,  305,  361,  362,  400, 

402,  413,  422,  431 
Zwingli  57,  413 


ORTSREGISTER 


Aachen  59,  146,  222,  229,  230,  256, 
258-261,  267,  276,  277,  279,  282, 
290,  303,  304—308,  321,  335,  340, 
353,  360—362 

Aadorf  132 

Aawangen  132 

Admont  116 

Aigues-Chaudes  323 

Aix  306,  308 

Aliensbach  42,  213 

Altenburg  69 

Altenmarkt  114,  133,  171 

Altenzella  93 

Altona  217 

Amberg  44,  181,  204 

Antegast  268 

Apenrade  63 

Appenzell  194 

Arzbach  259 

Augsburg  19,  91,  94,  98,  105,  111, 
116,  117,  121,132,  142,  147,168, 
184,  186,  187,  196,  218,  219,  400 

Augsport  226 

Baden  (Aargau)  14,  15,  64,  67,  81, 
87,  92,  120,  143,  168,  197,  200, 
208,  221,  222,  236  ff.,  246—249, 
251,  253,  255,  256,  261,  262,  264 
—266,  268,  272,  278,  279,  303, 
305,  307,  309  ff.,  328,  330-332, 
334-337,  339,  340,  342—345, 
348,  352,  353,  356-358,  363 

Baden-Baden  16,  19,  22,  82,  108, 
170,  200,  222,  226,  251,  253,  255, 
256,  265,  267,  269,  270,  276,  277, 
278,  283,  294,  304,  307,  310,  330, 
334—336,  359 

Baden  (bei  Wien)  19,  143,  222, 
227,  263,  269,  272,  294,  339—341, 
343,  344,  353 

Badenbrunn  226 


Badenweiler  222,  264 

Badhütten  22 

Bahrenfeld  217 

ßallenstädt  46 

Baitersweil  113 

Bamberg  69,  78,  87,  138,  142,  166, 

169,  177,  178,  183,  191 
Basel   15,   21,   34,    55,   83,  86,  87, 

100,  160,  166,  169,  178,  179,  188, 

199,  200,  201,  210,  327,  329,  356, 

399 
Bassersdorf  211 
Bayreuth  46 
Bellerive  201 
St.  Bedes  Brunnen  29 
Beinwyl  25 
Bergen  193 
Berlin  46,  66,  98,   132,   186,  187, 

197,  216,  217,  221,  367,  386 
Bern  44,  59,  68,  91,  170,  213,  337 
Bernang  115 
Bernhausen  200 
Bertrich  222,  229 
Biberach  22,  203 
Bichelsheim  9 
Bielefeld  257,  296 
Bilin  227 
Bingen  67 
Bischofszeil  112 
Blankenburg  217 
Blankenhain  23,  38 
St.  Blasien  115,  259 
Böblingen  67,  178,  192 
Bocken  211 

Bell  126, 151, 170, 200,  207,  290,  344 
Bordeaux  366 

Bormio  11,  236,  278,  345,  352 
Bräunungen  71,  78,  169,  182 
Braunschweig  46,  92,  93,  184,  192 
Bremen  46,  177 
Breslau  70, 85, 98, 148, 166, 183,  217 


Brieg  134,  200,  277 
Brighthelmstone  62 
Bromfield  62 
Bruchsal  66,  196 
Brückenau  305,  361—363 
Brunn  209 
Bunzlau  23 
Burgau  171,  210 
Burgbernheim  229 
Burgwinnumb  297 
Burtscheid  267,  334,  338 
Butzbach  66,  67,  133,  178,  179,  189 

Cannstatt  20,  169,  218,  377 

Cappel  s.  Kappe! 

Celle  46 

Colberg  63 

Cölleda  191 

Cöln  s.  Köln 

Cotrone  40 

Dachau  126 

Danzig  68,  217 

Deal  62 

Denkendorf  73,  179 

Dessau  48 

Dijon  366 

Dießbach  28 

Dietrichshag  25 

Dießenhofen  211 

Disentis  255 

Döbeln  191 

Dorneck  40 

Dreieicher  Wildbann  35,  180 

Dresden  99,  189,  190,  217 

Driburg  305,  377 

Durlach  148,  152,  169,  179 

Eger  210,  257,  361 
Elisen  305 
Einingen  4 


*  Das  Literaturverzeichnis  ist  im  Ortsverzeichnis  nicht  berücksichtigt  worden. 


446 


Ortsregister 


Einöd  227 

Einsiedeln  67 

Elgersburg  400 

Elgg  44,  113,  325 

Elmen  217 

Eltvil  283 

St.  Emmeran  122,  226 

Ems  19,  230,  259,  265,  277,  278 

Enatbülil  82 

Enggisstein  97 

Klein-Engstringen  25 

Erfurt  37,  92,   116,    121,  142,  149, 

184,  190,  192,  193 
Eßlingen  35,  44,  179,  183 
Ethausen  175 
Ettenhausen  215 
Euerdorf  168 

Fideris  236,  237 

Frankfurt  40,  42,  44, 46,  47,  69-71, 
88,  92,  94,  100, 105,  118,  132,  133, 
139,  142,  175,  177—181,  184,  193, 
196,  205,  208,  211,  217,  219,  231 

Franzensbad  257,  259 

Frickenhausen  88 

Friedberg  140 

Freiberg  61,  87,  98,  178,  189-191, 
201 

Freiburg  69,  188 

Freien walde  217,  361 

Fulda  210 

Fürth  220 

St.  Gallen  4  ff.,  64,  69,  81,  111,  113, 

115 
Oastein   227,   269,   277,  278,  282, 

402  ff. 
Gehren  94,  96,  203 
Oeisenfeld  129 
Qerinersheim  65 
Qerolzhofen  77,  178,  184,  186, 192, 

197 
Olarus  59 
Glauchau  190 
Gleichenberg  227 
Glotterbad  18,  262,  338,  341—344 
Goeß  112 
Goldberg  43 
Oontenschwyl  330 
Göppingen  277,  283,  284,  286 
Görlitz  68,  133,  134,  142,  169,  181, 

184,  186 
Goslar  195 
Gotha  91,  100 
Göttingen  213,  354 
Gräfenberg  393,  394 


Graz  52,  399 

Griesbach  258,  283,  284,  326 
Grimma  189 
Grindelwald  363 
Gronau  93 
Grünberg  186,  189 
Gurnigelbad  337 
Gyrenbad  329,  342,  343 

Hadlikon  127 

Halberstadt  99 

Hall  64,  201,  231 

Halle    14,  66,  92,   188-191,  210, 

217 
Ham  296,  297 
Haltingen  179 
Hamburg  43,   70,  71,  86,  93,  94, 

101,  126,  132,  166,  177,  193,  195, 

217,  220 
Hannover  66,  189—191 
Havelberg  186 
Heidelberg  14 

Heilbronn  186,  200,  227,  228 
Heilbrönnle  28 
Heilbrunn  25,  227 
Heiligenkreuz  66 
H  elfte  217 
Helgoland  63 
Herzogen  -  Baden    s.    Baden    im 

Aargau 
Hildesheim   14,    19,   66,   68,  142, 

160,  181,  192,  210 
Hinweil  211 
Höfen  20 
Hohenlohe  126 
Honwick-Brunnen  29 
Hornhausen  295 
Hub  340,  345 
Huisheim  120,  152,  165 

Iffetzheim  66,  133 
Imnau  354 

Jakobsbrunnen  24,  28 

Jebenhausen  284 

Jena  47,  96,  97,  100,  170,  188,  189, 

210 
Jeninser-Alp  28 
Juckibrünnelein  28 
Juist  62 

Kaltbrunn  25 

Kappel  246,  251 

Karlsbad  139,  200,  227,  251,  252, 
255,  259,  261,  265,  267,  270,  272, 
277,  280,  303,  308,  310,  333—336, 
353,  354,  359—362,  396,  404  ff. 


Kempraten  201 

Kempten  194 

Kenia  100 

Kiel  63,  377 

Kissingen  227,  277 

Klosterneuburg  69,  177,  179,  263 

Koldiz  188 

Köln  21,  98,  132,  139,   182,   197, 

217 
Königgrätz  189 
Königsberg  25 
Königsfeld  213 
Konstanz  36,  51,  55,   85,  98,  131, 

138,  166,  176,  177,  183,  198,  245, 

250,  251,  277 
Kopenhagen  52 
Krauchthaler-Bad  27 
Krautheim  218 
Kreuznach  231,  331 
Kuckucksbad  18 
Kunigernheim  210 
Kuppenheim  66,  133 
Kyburg  115 

Laimnau  22 

Langeneybad  332 

Langenschwalbach  s.  Schwalbach 

Langensteinenbach  183 

Lauchstädt  305,  353 

Leipzig  67,  213,  217 

Leuk  11,  24,  27,  82,  200-202,  234, 

235,  243,  253,  255,  265,  269,  285, 

338,  339,  343,  359 
Leyznick  190 
Liebenwerda  282 
Liebenzell  66,   133,  201,  231,  253, 

256,  265,  267,  277,  278,  294,  325, 

329 
Liegnitz  213 
Lindenhart  25 
Liverpool  220 
London  220 
Losdorf  346 
Lübeck  13,  100,  133,  181,  187,  189, 

190,  193,  195,  400 
Lucca  303,  324 
Ludgeriquelle  25 
Lüneburg  166 
Luthernbad  279,  331 
Luzern  36,  65,  86,  183,  199,  200, 

204,  208,  224,  246,  249,  251 

Magdeburg  187,  217 
Mainau  16,  19,  173,  401 
Mainberg  305 
Mainz  110,  139,  210,  231 


Ortsregister 


AAl 


Mannheim  47 

Margate  62 

Marienbad  270,  396 

Marienberg  133 

Marienburg  65,  111,  401 

Marienzeli  65 

Margrafen-Baden  s.  Baden-Baden 

Marlei  121 

S.  Martino  11 

Mayenbad  326 

Maulbronn  111 

Mautern  25 

Maschanzertobel  28 

Mastricht  5Q 

Meinhardt  264,  331,  346,  347 

Meiningen  190 

Memel  217 

Meißen  44,  120,  138 

Merchendorff  209 

Meßl<irch  45,  210 

St.  Mongahs  Brunnen  29 

St.  Moritz  284-286 

Mosbach  179  '      ^  . 

Mülhausen  36 

München  68,   116,   142,   148,  184, 

186,  193,  214,  218 
Münden  111 
Münerstadt  175 
Munzach  25,  201 
Muri  215 
Murten  251 
Musl<au  217 

Nabburg  138 

Naumburg  100 

Nenndorf  305,  402 

Neuffen  200 

Neustadt  118 

Niederbronn  21,  277 

Nieder-Urnen  253 

Norderney  62 

Nordhausen  187,  296 

Nudersdorf  217 

Nüdlingen  168 

Nürnberg  46,  67—69,  71,  73,  79, 
98,  100,  115,  116,  118,  120,  130, 
142,  166—168,  170,  175,  177,  181, 
183,  184,  186—188,193,204,205, 
207—209,  211,  218,  224,  233,  277, 
321,  329,  343,  402 

Nydelbad  145 

Nymphenburg  116 

Ochsenfurt  210 
Öffingen  20 
Osterode  23,  34 


Ottingen  120 
Ottoborn  25 

Paris  45,  145 

Passau  65,  67,  83,  126,  210 

St.  Peter  259 

Petersthal  258,  283 

Pfäfers  10,  15,  20,  24,  192,  201, 
202,  206,  234,  252,  253,  255,  256, 
260,    262,    265-267,    276,    277, 

280,  298  ff.,  310,  324,  330—332, 
334,  337,  338,  344,  345,  348  ff., 
352,  358 

Pfaffenhofen  67 

Pfäffikon  144 

Pfullendorf  118,  120 

Philippsburg  67 

Pilatus  32 

Plombieres  227,  265,  276,  277,  280, 

281,  294,  307,  324,  333 
Plummers  s.  Plombieres 
Potsdam  216,  217 

Prag  68,  93,  217 

Prez  108,  123 

Pritzwalk  184,  186 

Puttbus  63 

Pyrmont  26,  48,  141,  225,  230,  255, 
259,  286  ff.,  294,  295,  305,  330, 
342, 347,  354,  358—362, 374,  386, 
402 

Ragaz  28,  301 

Raitenbuch  178 

Ramsen  15,  21,  327 

Randersacker  209 

Rapperswil  201 

Rastatt  66 

Rastenberg  259,  296 

Rathhausen  40 

Regensburg  20,  64,  68,  87,   177, 

184,  210 
Rehburg  305 
Reichenau  230 
Reutlingen  69 
Riga  66,  92,  170,  210 
Rigikaltbad,  24,  26,  28 
Rippoldsau  258 
Rischialp  26 
Roggwyl  218 
Roigheim  341 
Ronneburg  305 
Rorbach  18 
Rostock  119,  187 
Rotenburg  68 
Rottweil  178 
Rügenwalde  63 


Runkelstein  109,  110 
Rußwyl  65 

Salerno  11,  172 

Salmannsweiler  111,  118 

Salzburg  190 

Groß  Salze  217 

Sakramentswaid  25 

Sargard  46 

Schaffhausen  127,  327 

Neu-Schauenburg  356  ff. 

Scheveningen  63 

Schinznach  143,  357 

Schlangenbad  264,  362 

Schneeberg  191 

Schnepfenthal  50,  52 

Schönfeld  77 

Schornheim  210 

Schulpforta  43 

Schwabach  141,  286,  293,  361 

Schwalbach  258,  278,  282,  283, 

Schwanden  10 

Schwarzach  67 

Schwendikaltbad  26,  27 

Seebach  258 

Selters  259 

Sigmaringen  37 

Silberbrünnlein  18 

Soden  231 

Sommerach  209 

Sonthofen  16 

Spa  227,  259,   260,   286,  290,  291, 

302,  353,  359—362 
Speicher  368 
Speyer  34,  69,   87,   140,  142,    179, 

196,  210 
Spiegelberg  s.  Pyrmont 
Stadelhofen  246 
Stäfa  248 
Stegen  144 
Steinenbach  211 
Stettin  204,  205,  214,  217 
Stolberg  184,  186 
Stralsund  127,  187 
Straßburg  11,  36 
Strechau  25 

Stuttgart  20,  52,  133,  197,  200 
Sulzbad  21 
Sulzdorf  209 
Sundelf  ingen  178 
Swinemünde  63 

Tänikon  112,  115,  215 
Tannegg  113 

Teplitz  82,  143,  227,  280,  294,  335, 
345 


448 

Thiersberg  110,  111 

Tobelbad  26,  207,  262,  334,  346 

Töß  246 

Travemünde  63 

Tüffer  227 

Überkingen  226,  284 

Überlingen  277 

Ulm    18,  66,  68,  70,   84,  92,   96, 

98,  105,  119,  121,  148,  170,  181, 

183,  186,  210,  226,  326 
Ulrichsbrunn  25 
Urdorf  329,  339 
Urspringen  77 

Val  Sinistra  1,  4 
Villach  294 
Villingen  178 
Vilshofen  192 
Volkerschwil  211 
Voran  111 

Waidenstein  211 
Waldulm  132 
Walkershofen  292,  297 
Walliserbad  s.  Leuk 
Waltershausen  190,  193 
Wangeroog  63 
Wannenbad  248 
Warmbrunn  22,  82,  227,  335 
Wartburg  110,  111 


Ortsregister 

Wattwyler  Bad  340 

Weihenzell  297 

Weikendorf  44 

Weimar  211,  217 

Weißenfels  217,  226 

Weißenhorn  42,  147,  182 

Wepchenbad  27 

Werberichshausen  175 

Wernigerode  87,  169 

Wessobrunn  35 

Wetelsheim  178 

Wettingen  40 

Wettrungen  68 

Wetzikon  113 

Wien  42,  44,  47,  97,  98,  100,  142, 
189,  190,  204,  205,  210,  217,  220, 
278,  284,  367,  368,  399,  402 

Wiener-Neustadt  44 

Wiesbaden  222,  231  ff.,  264,  265, 
267,  269,  280,  283,  352—354, 
362 

Wiezikon  113 

Wildbad  19,  82,  231,  251,  253,  255 
—257,  263—265,  267,  268,  269  ff., 
272,  276,  280,  282,  294,  302,  310, 
325,  329,  334,  337,  344-346, 
354  ff.,  358 

Wildenbruch  106,  111,  119,  162 

Wildungen  227 

Wimpfen  210 

St.  Winfreds  Brunnen  29,  31 


Winterthur  19,  59,  64,  66,  67,  162, 
168,  169,  197,  199,  202,  214 

Wismar  181 

Wolfach  325 

Wolfshagen  324 

Worms  11,  236,  278,  352 

Würzburg  44,  67,  68,  89,  95,  96, 
99,  121,  134,  148,  166,  170,  175, 
176,  183,  190,  196,  199,  203,  209, 
210,  329 

Wyck  63 

Ypphofen  199 

Zaysenhausen  268 

Zell  144 

Zellerbad  s.  Liebenzeil 

Zerbst  100,  101,  146,  166 

Zittau  68, 171, 184, 186, 188, 189, 193 

Zizersdorf  67 

Zoppot  63,  305 

Zürich  11,  23,  34,  36,  43,  45,  51, 
53  ff.,  65,  66,  69-71,  73,  77,  78, 
80,  88,  94-98,  100,  101,  112, 
113,  115,  130,  131,144,  160,  162, 
168,  170,  175,  183,  197,  198,  201,  , 
204—206,  208,  211,  212,  226,  246,  , 
249,  251,  298,  324-329,  400,  401 

Zurzach  246,  248,  249,  311 

Zwickau  68, 183, 188, 190—192,  210 


BERICHTIGUNGEN 

S.    18  Z.    6  V.  o.,  S.  128  Z.  2  v.  o.  und  Z.  14  v.  u.  lies  Brunssfels  statt  Brunfels 

S.  194  Z.  13  V.  u.  lies  Hahnemann  statt  Hahneman 

S.     4  Z.    6  V.  u.  lies  Herbord  statt  Herbold 

S.  193  Z.  13  V.  o.  lies  Krieok  statt  Krieg 

S.  136  Z. 

S.    79  Z. 


5  V.  u.  lies  Rousseau  statt  Rouseau 


5  V.  u.  und  S.  134  Z.  11  v.  u.  lies  Rueff  statt  Ryff 
S.  145  Z.  12  V.  o.  lies  Steinhövel  statt  Steinhöwel 
S.  136  Z.    8  V.  o.  lies  Strigel  statt  Striggel 


GEDRUCKT  IN  DER  FROiVlJVlANNSCHEN  BUCHDRUCKEREI  (HERMANN  POHLE)   IN  JENA 


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